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DIPLOMARBEIT

Titel der Diplomarbeit

„Die Straßen Adolf Hitlers“ –

Reichsautobahnen 1933 – 1941

Verfasser

Michael Matzke

angestrebter akademischer Grad


Magister der Philosophie (Mag. phil.)

Wien, im Oktober 2008

Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 312 295


Studienrichtung lt. Studienblatt: Geschichte
Betreuerin / Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Wolfdieter Bihl
„Diese Bauwerke sollen nicht gedacht sein für
das Jahr 1940, auch nicht für das Jahr 2000,
sondern sie sollen hineinragen gleich den
Domen unserer Vergangenheit in die
Jahrtausende der Zukunft.“

Fritz Todt (1937)

Abb.: Ankündigung der Ausstellung „Die Straßen Adolf Hitlers“ in Linz

„Die Autobahnen sind eine seltsame


Architektur, tausende Kilometer lang, aber
als Bauwerk etwas flach.“

Ernst Bloch (1937) aus dem Londoner Exil


INHALTSVERZEICHNIS

1. VORWORT…………………………………..…………………7

2. VORGESCHICHTE UND IDEEN…………….….………… 12

2.1 Verkehrspolitische Voraussetzungen……………………………… 12


2.2 Autobahnplanungen in Deutschland vor 1933…………………… 16
2.2.1 Die AVUS………………………………………….................... 16
2.2.2 Die HAFRABA………………………………………………….. 19
2.2.3 Die Verbindungsstraße Köln-Bonn…………………………... 23
2.2.4 Weitere Autobahnplanungen…………………………………. 25
2.3 Autobahnprojekte außerhalb Deutschlands……………………… 28
2.3.1 Italien……………………………………………………………. 28
2.3.2 Frankreich………………………………………………………. 32
2.3.3 Großbritannien…………………………………………………. 34
2.3.4 USA………………………………………………….................. 35

3. PLANUNG UND GESTALTUNG………..……..……......... 40

3.1 Die Anfänge des Reichsautobahnbaus……………………………. 40


3.2 Organisationsstruktur………………………………………………… 45
3.3 Finanzierung……………………………………………………………. 49
3.4 Das Reichsautobahn-Netz…………………………………………….54
3.5 Die Reichsautobahn-Baustellen…………………………………….. 58
3.5.1 Die Lage der Bauarbeiter……………………………………... 58
3.5.2 Zwangsarbeit …………………………………………………...64

4. PROPAGANDA UND MOTIVE……………………………. 69

4.1 Inszenierung des Autobahnbaus…………………………………… 69


4.2 Verkehrspolitische Bedeutung……………………………………… 74
4.2.1 Personenkraftwagenverkehr………………………………….. 74
4.2.2 Güterfernverkehr………………………………………………. 81
4.2.3 Omnibus-Fernverkehr…………………………………………. 84
4.3 Militärpolitischer Nutzen……………………………………………… 87
4.4 Arbeitsmarktpolitischer Effekt………………………………………. 90

5. MYTHOS UND ÄSTHETIK………………………………….95

5.1 „Pyramiden des Dritten Reichs“……………………………………. 95


5.2 Kulturbauten an der Autobahn…………………………………….. 100
5.3 Die Autobahn als Teil der Landschaft……………………………. 107
5.4 Die Autobahn im Spiegel der Kunst………………………………. 111

6. REICHSAUTOBAHNEN IN ÖSTERREICH…………….. 119

6.1 Autobahnplanungen vor 1938………………………………………119


6.2 Baubeginn in der „Ostmark“…………..…..………………………. 122
6.3 Autobahn Salzburg – Wien ………………………………………… 126
6.4 Weitere Autobahnprojekte …………………………………………. 130

7. SCHLUSSWORT…………………………………………...136

8. LITERATURVERZEICHNIS………………………………. 139

9. ANHANG……………………………………………………. 160

9.1 Abkürzungsverzeichnis……………………………………………...160
9.2 Tabellenverzeichnis………………………………........................... 162
9.3 Anlagen- und Abbildungsverzeichnis…………………..………... 163
9.4 Anlagen und Abbildungen………………………………………….. 165
9.5 Zusammenfassung…………………………………………………... 189
9.6 Lebenslauf……………………………………………………………...191
7

1. Vorwort
Verkehrschaos und Unfallinferno, Stauszenario und Transithölle,
kontinuierlich hohe Lärmpegel und immanente Immissionsbelastungen –
so präsentiert sich das Phänomen „Autobahn“ am Beginn des 21.
Jahrhunderts.

Doch jeder benützt die Autobahn. Unsere Güter rollen täglich auf ihr.
Anscheinend haben wir die Schattenseiten der Massenmotorisierung
längst als Selbstverständlichkeit hingenommen. Der zivilisierte Bürger des
Technikzeitalters wirkt bereit, einen hohen Preis zu zahlen für die
Annehmlichkeiten, die genau diese Autobahn zu bieten verspricht: Die
komfortable Überwindung von Raum, das relativ sichere Vorankommen
auf wohlgeordneten Verkehrswegen, die völlige Unabhängigkeit von
Fahrplänen und die ultimative Verwirklichung individueller Freiheitsträume
durch die freie Fahrt im eigenen Automobil. Ein Individualismus, der sich
freilich nur allzu oft durch die Summierung tausender Einzelwünsche ins
kollektivistische Gegenteil verkehrt.

Wo liegen die Wurzeln dieser Entwicklung? Wann wurde der allererste


Impuls ausgelöst? Wer hat die Autobahnen eigentlich erbaut?

Wer in Österreich oder Deutschland diese oder ähnliche Fragen stellt,


erhält quer durch die Bevölkerung immer wieder dieselben stereotypen
Antworten: „Hitler hat die Autobahnen gebaut!“ Sie seien letztlich
Kriegsvorbereitungen gewesen. Und meist wird einen Atemzug später
angefügt: „Und er hat dadurch die Arbeitslosigkeit beseitigt.“ Alles,
zumindest vieles, am Dritten Reich sei falsch und verbrecherisch
gewesen, heißt es oft weiter in der so genannten „öffentlichen Meinung“,
aber die Autobahnen – sie könnten zu den wenigen Positiva bilanziert und
auf der scheinbaren „Haben“-Seite des Dritten Reichs verbucht werden.
8

Fest steht, dass eine dergestalt oberflächliche Beantwortung dieser


Fragen einer näheren – und vor allem wissenschaftlichen – Betrachtung
nicht standhält.

Im Oktober 2007 löste die deutsche Fernsehmoderatorin Eva Herman in


einer TV-Talkshow eine heftige Diskussionswelle aus, als sie die
Reichsautobahnen neben dem NS-Wertebild über Frauen und Mütter zu
den angeblich positiven Aspekten des Nationalsozialismus zählte.1 Die
dahinter stehende Grundsatzfrage geht ins Philosophische: Ist es
denkmöglich oder zulässig, dass ein verbrecherisches Regime wie das
nationalsozialistische auch Gutes in die Welt gesetzt haben kann? Setzt
sich jemand, der positive Aspekte in der NS-Politik zu orten glaubt,
automatisch dem Verdacht der Verharmlosung von millionenfach
begangenen Gewaltverbrechen aus? Ist das scheinbar Positive denn
wirklich das, was es vorgibt zu sein? Oder verkleidet es sich nur hinter
einer Fassade von sorgsam gehegten Mythen und bewusst platzierten
Lügen, die es in einem gänzlich anderen – nämlich viel besseren – Licht
erscheinen lassen?

Die Annäherung an das Thema „Reichsautobahnen“ lässt gleich zu


Beginn ein Geflecht von solchen Mythen erkennen, die eng mit den
historischen Fakten verwoben und von diesen nur schwer trennbar sind.
Das Instrument der NS-Propaganda scheint sehr erfolgreich gewirkt zu
haben, denn die Mythen von den Reichsautobahnen als „Straßen Adolf
Hitlers“ sind in den Köpfen auch heutiger Rezipienten oft fester verankert
als die tatsächlich nachweisbaren historischen Tatsachen.

1
Vgl. Wolfgang Wippermann: Autobahn und Mutterkreuz. Historikerstreit der
schweigenden Mehrheit, Berlin 2008, S. 111.: Zitat Eva Herman in der TV-Talkshow
„Johannes B. Kerner“ am 9. Oktober 2007 im ZDF: „Natürlich ist er [der Begriff
Gleichschaltung; Anm. d. Verf.] da [in der NS-Zeit; Anm. d. Verf.] benutzt worden, aber es
sind auch Autobahnen damals gebaut worden, und wir fahren heute drauf.“
9

Die Geschichte der Reichsautobahnen kann sich daher nicht nur auf die
Geschichte der Konzeption, Planung und Baudurchführung jener 3.870
Kilometer Nur-Autostraßen erstrecken, die von 1933 bis 1941 im Dritten
Reich errichtet wurden. Sie versteht sich ausdrücklich auch als
Faszinationsgeschichte und muss sich tiefer und kreativer diesem äußerst
vielschichtigen Thema annähern. Sie muss versuchen, den sich
verselbstständigt habenden Mythos dieses Bauwerks Stück für Stück
einzufangen und die durch ausgeklügelte Propaganda erzeugten, bis
heute nachwirkenden „Bilder im Kopf“ von den historischen Tatsachen zu
trennen. Behutsam zu entflechten gilt es die mythischen Bilder von den
auffindbaren und hinterlassenen Fakten, die in mancherlei Detail eine
andere, bisweilen komplett konträre Sprache sprechen.

Die vorliegende Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, in ihrem ersten Teil
den tatsächlichen Wurzeln der Autobahnidee nachzugehen. Dargestellt
werden die vom NS-Staat stets verschwiegenen Vor-Projekte, die in den
meisten Fällen zwar nicht über das Planungsstadium hinausgekommen
sind, aber einen soliden theoretischen „Unterbau“ für die NS-Bauherren
bildeten. Ein ausführlicher Blick auf den Bau von Hochleistungsstraßen im
europäischen und außereuropäischen Ausland rundet die
Bestandsaufnahme ab.

In einem nächsten Schritt wird untersucht, welche Planungsschritte


einsetzten, um das Werk der Reichsautobahnen im Deutschen Reich
faktisch entstehen zu lassen. Die straffe Organisation und die
weitgehende Entmachtung partikularer und föderativer Interessen waren
dabei einem anfangs zügigen Baufortschritt nur förderlich. Die
gesetzlichen Voraussetzungen und das Durchgriffsrecht des neu
geschaffenen Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen leisteten
dazu einen wichtigen Beitrag. Erkauft wurde der Fortschritt durch
unmenschliche Arbeitsbedingungen an den Reichsautobahn-Baustellen,
auch durch Zwangsarbeit.
10

Schließlich wird der Propaganda auf den Grund gegangen, die Planung,
Bau, Eröffnung und Betrieb der Reichsautobahnstrecken im Sinne einer
vollständigen Inszenierung und Indoktrinierung ständig begleitete. Speziell
die pompöse Gestaltung von Eröffnungszeremonien ließ das Motiv
erkennen, den Reichsautobahnbau vor dem Hintergrund der
Massenarbeitslosigkeit der 1930er-Jahre als heilbringendes Wundermittel
in Szene zu setzen. Kritisch hinterfragt werden sollen auch die
verkehrspolitische Bedeutung und der militärpolitische Aspekt der neuen
sich netzartig durch das Deutsche Reich ziehenden Verkehrsadern.

Der Mythos der Reichsautobahnen erschöpft sich aber nicht in der


Inszenierung von Spatenstichfeiern und Autobahneröffnungen. Gepflegt
wurde das Bild der Reichsautobahn auch und gerade im Hinblick auf die
Rezeption durch die Nachwelt. Der Autobahnraum wurde bewusst als
architektonisches Kulturdenkmal gestaltet, die Autobahnlinie selbst nach
ästhetischen Kriterien in die sie umgebende Landschaft eingepflegt.
Darzustellen ist, wie das gesamte verfügbare Spektrum an Medien und
Kunst aufgeboten wurde, um dem Werk Reichsautobahn in der
Außendarstellung eine überhöhte, gleichsam überirdische Bedeutung zu
verleihen.

Das abschließende Kapitel widmet sich einer spezifisch österreichischen


Sicht des Themas. Nach einer kurzen Sichtung der Autobahnplanungen
vor dem Anschluss wird der Baustart in der „Ostmark“ beleuchtet. Auch
wenn nahezu keine Reichsautobahnen in Österreich eröffnet werden
konnten, bildeten die umfangreichen Detailplanungen eine Grundlage für
den späteren Ausbau des Autobahnnetzes in der Zweiten Republik.

Die zugrunde gelegte wissenschaftliche Literatur hat sich – von wenigen


Ausnahmen abgesehen – erst in den letzten zehn Jahren intensiver mit
dem Faszinosum Reichsautobahn befasst. Der Großteil der
Veröffentlichungen konzentriert sich auf Teilaspekte des vielschichtigen
Themas, etwa auf die Fragen der Finanzierung des Autobahnbaus, des
Streikverhaltens von Autobahnarbeitern, auf die Frage der
11

raumerschließenden Wirkung der neuen Strecken oder etwa auf das


Thema des Omnibusverkehrs auf der Reichsautobahn. Ergänzend wurden
für diese Arbeit zahlreiche zeitgenössische Artikel aus Fachzeitschriften
herangezogen, die sich ihrerseits mit interessanten Detailfragen
auseinandersetzen - vorzugsweise aus den Zeitschriften Die Straße und
Der Straßenbau.

Sehr herzlich danken möchte ich Herrn Univ.-Prof. Dr. Wolfdieter Bihl für
die Vergabe des interessanten Themas und für die Übernahme der
wissenschaftlichen Betreuung dieser Arbeit.

Vielen Dank sage ich auch an Herrn Mag. Michael Hagler für zahlreiche
praktische Ratschläge - und an meine Freundin Doris für ihre liebevolle
Geduld.
12

2. Vorgeschichte und Ideen

2.1 Verkehrspolitische Voraussetzungen


Im Deutschland der Weimarer Republik erfreute sich der „pferdelose
Selbstfahrer“ – wie Carl Benz Ende des 19. Jhdt. seine Erfindung
bezeichnete – steigender Beliebtheit. Das Kraftfahrzeug trat langsam aber
sicher seinen Siegeszug an, auch wenn vorerst nur eine kleine
Bevölkerungsgruppe die neue technische Errungenschaft nutzen konnte.
Nach 1920 begann auch in Deutschland die Autoindustrie zu boomen –
ganz nach dem Vorbild anderer westlicher Industriestaaten, insbesondere
Frankreichs, Großbritanniens und der USA. Eine große Anzahl von Auto-
Fabrikaten wurde gebaut, und es entstand der neue Zweig der
Zubehörindustrie. So produzierte etwa die Firma Continental im Jahr 1921
einen Riesenluftreifen, der den Fahrkomfort der Automobile entscheidend
verbessern konnte.2

Bis zum Ende der 1920er-Jahre wurde das Automobil jedoch vorwiegend
als Luxusgegenstand betrachtet. Dessen Benutzung zielte mehr auf die
Befriedigung von Sport- und Freizeitinteressen gehobener
Gesellschaftsschichten ab als auf die Überwindung von Raum. Das Auto
diente nicht primär dem Zweck täglicher Fortbewegung, sondern war
Mittel für sonntägliche Sportereignisse oder repräsentative
Vergnügungsfahrten3. Die eigentliche Transportaufgabe kam zumindest im
Fernverkehr fast ausschließlich der Eisenbahn zu. Deren Schienen-
Streckennetz war bis zum Ende des Ersten Weltkriegs weitgehend
abgeschlossen, auch wenn der weitere Ausbau in der Weimarer Republik
stagnierte.

2
Volkhard Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, Freiburg
2007, S. 7.
3
Peter Reichel: Der schöne Schein des Dritten Reiches. Faszination und Gewalt des
Faschismus, München – Wien 1991, S. 276 f.
13

Deutschland war in den Jahren vor 1933 im Vergleich zu anderen


Industrieländern deutlich weniger motorisiert. Die erste gesamtdeutsche
Verkehrszählung von 1924/25 ergab sogar noch einen knappen
Vorsprung des „Gespannverkehrs“ – also der Pferdefuhrwerke –
gegenüber den Kraftfahrzeugen. Im Jahr 1929 wurde eine Delegation des
US-Automobilherstellers General Motors nach Deutschland entsandt und
kam zum Schluss, dass die Entwicklung des deutschen Automobilmarkts
gegenüber dem US-amerikanischen um nicht weniger als 18 Jahre
hinterherhinke.4 Im Jahr 1932 kamen in Deutschland auf 1.000 Einwohner
acht Personenkraftfahrzeuge. In den USA waren es zu diesem Zeitpunkt
bereits 183. Drei Jahre später, also 1935, hatte bereits jeder fünfte US-
Amerikaner ein Auto. In Deutschland mussten – statistisch gesehen – 75
Einwohner ein Automobil teilen.5

Auch wenn sich der Autoverkehr auf deutschen Straßen nur schleppend
entwickelte, die Technik der Fahrzeuge war längst ausgereifter als der
Zustand der Straßen, die sie befuhren. Der Straßenbelag, die Breite der
Fahrbahnen und der Radius von Kurven waren für die Erfordernisse von
Pferdefuhrwerken konzipiert. Verwinkelte Straßenzüge, viel zu enge
Stadtdurchfahrten und Alleen, allerorts Schlaglöcher und die
Staubentwicklung der Schotterbeläge ließen kaum höhere
Geschwindigkeiten zu. Die fehlende Trennung von Kraftfahrverkehr und
Fußgängern erwies sich zudem als ständige Gefahrenquelle, die immer
wieder in schweren Unfällen gipfelte. „Radfahrer, Fuhrwerke, Schafherden
– alles Dinge, die dem sportlich eingestellten `zünftigen´ Herrenfahrer
manchmal vielleicht Spaß bereiten, für den Berufsfahrer aber störende
Hindernisse waren und wohl noch sind“, hieß es in einem Aufsatz aus
dem Jahre 1935.6 Überdies machten „Gänse, Hühner und Enten dem

4
Thomas Zeller: Straße, Bahn, Panorama. Verkehrswege und Landschaftsveränderung
in Deutschland von 1930 bis 1990, Frankfurt 2002, S. 45.
5
Erhard Schütz und Eckhard Gruber: Mythos Reichsautobahn. Bau und Inszenierung der
„Straßen des Führers“ 1933-1941, Berlin 1996, S. 142.
6
Oskar Weller: Das Fahren auf den Autobahnen, in: Die Straße 2 (1935), S. 188 f.
14

Wagenlenker das Fahren ebenso sauer wie Bauernfuhrwerke und


ausgetriebenes Vieh, denen man in und bei den Dörfern häufig
begegnete.“7 Es hatte den Anschein, dass die nur für Pferdefuhrwerke
und Karren konzipierten Straßen in ihrem vernachlässigten Zustand von
der anbrechenden Flut der neuen Verkehrsmittel geradezu überrollt
wurden.8 In einem Artikel aus dem Jahr 1931 wurden die Landstraßen gar
als „Schlachtfelder des Kraftverkehrs“9 bezeichnet.

Angesichts steigender Motorisierungszahlen wurde der Wunsch nach


autogerechten Straßen immer drängender. Die logische Forderung war
die Trennung von Verkehrsmitteln und somit der forcierte Bau von
Kraftwagenstraßen, von deren Benützung Fußgänger, Fuhrwerke und
Radfahrer ausgeschlossen sein sollten. Diese „Nur-Autostraßen“ sollten
der Sicherheit der Automobilisten dienen und überdies ein rasches und
bequemes Vorankommen ermöglichen.

Diesem Wunsch entgegen stand in der Weimarer Republik die mangelnde


Finanzierbarkeit derartiger Großprojekte – vor allem angesichts der sich
anbahnenden Wirtschaftskrise. So ließ Reichsverkehrsminister Guérard
verlauten, dass Deutschland einfach „zu arm für solche Luxusstraßen“
sei.10 Dies deckte sich mit der weit verbreiteten Ansicht, dass derartige
Straßen lediglich der Steigerung der Bequemlichkeit und eben der
Befriedigung eines Luxusbedürfnisses dienen könnten.11 In diese Richtung
argumentierten zunächst auch Teile der NSDAP, insbesondere deren

7
Hans Pflug: Die deutschen Reichsautobahnen, Berlin 1940, S. 14.
8
Claudia Windisch-Hojnacki: Die Reichsautobahn. Konzeption und Bau der RAB, ihre
ästhetischen Aspekte sowie ihre Illustration in Malerei, Literatur, Fotografie und Plastik,
Diss. Bonn 1989, S. 20.
9
HAFRABA Mitteilungsblatt, Heft 5/1931, S. 6.
10
Martin Kornrumpf: HAFRABA e.V. Deutsche Autobahnplanung 1926-1934. Bonn 1990,
S. 42.
11
Kurt Gustav Kaftan: Der Kampf um die Autobahnen. Geschichte und Entwicklung des
Autobahngedankens in Deutschland von 1907-1935 unter Berücksichtigung ähnlicher
Pläne und Bestrebungen im übrigen Europa, Berlin 1955, S. 152.
15

„sozialrevolutionärer Flügel“ um die Brüder Strasser12, die in der Planung


von Nur-Autostraßen lediglich die Erfüllung von Wünschen Privilegierter
sahen. Hitler sollte nach der Machtergreifung eine völlig andere
Verkehrspolitik einschlagen.

Doch selbst wenn der politische Wille und ausreichende finanzielle Mittel
vorhanden gewesen wären: Die Verwirklichung eines überregionalen
Autostraßennetzes vor 1933 wäre an den Verwaltungsstrukturen
gescheitert. Im deutschen Straßenwesen herrschte ein unorganisierter
Wirrwarr von Kompetenzträgern, die auf lokaler und regionaler Ebene für
den Bau und Unterhalt von Straßen zuständig waren. Diese Strukturen
gingen großteils auf gewachsene Traditionen zurück, die ihrerseits ihre
Wurzeln aus der Zeit vor 1918 hatten. Deutschlandweit wurden 64.000
Straßenbauämter gezählt.13 Fast hatte es den Anschein, als ob jede
Straße von einer anderen Behörde verwaltet wurde. Der Versuch einer
zentralen Lenkung – etwa durch das Reichsverkehrsministerium – wäre
zum Scheitern verurteilt gewesen und wirkungslos geblieben.

So lag es vorrangig in der Hand privater Vereine und Gesellschaften, sich


Gedanken über die Zukunft des deutschen Straßenwesens zu machen
und die Grundlagen für die Planung und den Aufbau eines überregionalen
Autostraßennetzes zu erarbeiten.

12
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 34.
13
Arend Vosselman: Reichsautobahn. Schönheit – Natur – Technik, Kiel 2005, S. 7.
16

2.2 Autobahnplanungen in Deutschland vor


1933

2.2.1 Die AVUS

Bereits im Jahr 1909 formierte sich eine private Gruppe aus Industriellen
und einflussreichen Automobilisten mit dem Ziel, eine in Deutschland bis
dahin völlig neuartige Straße zu errichten. Am 23. Jänner 1909 fand in den
Räumlichkeiten des Kaiserlichen Automobil-Clubs die Gründungs-
versammlung für die „Automobil-Verkehrs- und Uebungsstraße G.m.b.H“,
statt – kurz „AVUS“ genannt. Daran beteiligt war auch Prinz Heinrich, der
jüngere Bruder Kaiser Wilhelms II.

Die erste Anregung dafür war anlässlich des Internationalen


Kaiserpreisrennens im Jahr 1907 gegeben worden. Aufgrund der
umfangreichen Straßensperren und der beträchtlichen Staubentwicklung
im Zug des Rennens wurde der Plan zum Bau einer zementierten und für
den Parallelverkehr geeigneten Straße ins Auge gefasst.

Die AVUS wurde zunächst als Rennstrecke und als Testfahrbahn für die
aufkommende Autoindustrie konzipiert. Fuhrwerke, Radfahrer und
Fußgänger sollten von der Benützung ausgeschlossen sein. Als reine
Automobilstraße ohne Kreuzungen mit getrennten Richtungsfahrbahnen
nahm sie zwei der wesentlichen Merkmale der späteren Autobahn vorweg
und wurde somit zum Archetyp für deutsche Autobahnen. Das konnte zu
diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht vorhergesehen werden. Die Wahl
der Abkürzung „AVUS“ für die Teststrecke – „avus“ bedeutet ja im
Lateinischen „Ahnherr“ oder „Großvater“ – steht damit offensichtlich in
keinem Zusammenhang.

Als Standort wurde im Jahr 1911 Berlin gewählt. Erste Streckenvorschläge


in Schlesien, im Elsass, bei Aachen oder im Taunus bei Frankfurt hatten
sich nicht durchgesetzt. Ein geeignetes Gelände ließ sich hingegen im
Grunewald zwischen dem Westen Berlins und Potsdam ausmachen. Bald
17

setzte sich die Erkenntnis durch, dass eine Automobilstraße doch mehr
sein könnte als die Marotte einiger fanatischer Motorsport-Leute.14 Im
Raum Groß-Berlin waren gegen 1910 bereits rund 6.500 Kraftfahrzeuge
gemeldet. Eine Einbeziehung einer Nur-Autostraße in das Berliner
Straßennetz lag somit nahe.

Im Jahr 1913 konnte mit den Bauarbeiten für die AVUS begonnen werden.
Der Bauentwurf sah eine geradlinige Verbindung zwischen Berlin und den
westlichen Vororten Nikolassee, Wannsee und Babelsberg vor. Die
Streckenlänge wurde zunächst mit 17 km geplant, dann aber aus
Finanzierungsgründen auf 10 km reduziert. Die Fahrspuren sollten 4
Meter breit sein. Der Straßenbelag sollte aus staubfreiem, griffigem
Makadam bestehen. Die beiden getrennten Richtungsfahrbahnen wurden
aus Schutz vor Unfällen oder vor Wildwechsel eingezäunt. Bald nach
Ausbruch des Ersten Weltkrieges mussten die Arbeiten allerdings
eingestellt werden.

Nach dem Krieg fand der Dornröschen-Schlaf der AVUS überraschend


schnell ein Ende. Unter tatkräftiger Finanzierung des Mühlheimer
Industriellen Hugo Stinnes, der das Projekt als Kapitalanlage sah, wurden
die Bauarbeiten im Jahr 1921 wieder aufgenommen. Am 24. September
desselben Jahres konnte das erste Rennen auf der AVUS starten. Auch
am nächsten Tag fand ein Rennen statt.15

In den folgenden Jahren wurde die AVUS als eine Art „Freiluft-
Laboratorium“ für die Erprobung von Kraftfahrzeugen, Motoren und
unterschiedlichen Straßenbelägen verwendet.16 Bereits 1921 konnte bei
Testfahrten die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreicht werden.

14
Hellmuth Reiners: Das Schicksal der AVUS. Entstehungs- und Baugeschichte, in: Die
Straße 6 (1939): S. 119 f.
15
Peter Norden: Unternehmen Autobahn. Die abenteuerliche Entwicklung zum
modernsten Verkehrsnetz Europas, Bayreuth 1983, S. 24.
16
Reiners: Das Schicksal der AVUS, S. 120.
18

1925 steigerte sich die Motorenleistung auf 190 Kilometer pro Stunde.
Wenig später wurde bei Versuchsfahrten der Reifenindustrie die
Geschwindigkeitsgrenze von 200 km/h überschritten. Für die Herstellung
einer Versuchsstrecke aus Teerbeton wurden Spezialmaschinen
entwickelt – etwa die Stampfhammermaschine. Die dabei gewonnen
Erfahrungen konnten auch im Straßenbau der folgenden Jahre angewandt
werden. Daneben experimentierte man mit den Straßenbelägen
Teermakadam und Kleinpflaster. Daraus konnten für die
Straßenbautechnik zahlreiche Erkenntnisse gewonnen werden.

Die AVUS als Rennbahn zog hunderttausende Berliner in ihren Bann.


Rennsportlegenden wie Rudolf Caracciola oder Manfred von Brauchitsch
testeten die neuesten stromlinienförmigen Rennwagen-Modelle, etwa von
Mercedes Benz oder Alfa Romeo. 1937 wurde die damals unfassbare
Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h überboten. Im selben Jahr wurde die
Nordkurve der AVUS als Steilkurve ausgebaut, die bei einem
Neigungswinkel von 43 Grad erst Temporekorde dieser Art möglich
machte, allerdings auch entsprechend unfallträchtig war.17 Seit Oktober
1921 durften auch private Fahrer die Rennbahn gegen eine
Benutzungsgebühr befahren.

Obwohl die AVUS ursprünglich nicht für den öffentlichen Verkehr gedacht
war, gilt die kreuzungsfreie, mehrspurige Straße mit bepflanztem
Mittelstreifen heute als Prototyp der Autobahnen in Deutschland. 1938
wurde die AVUS in das Netz der Reichsautobahnen als Zubringer zum
Berliner Autobahnring integriert.18

17
Hubert Marquart: Die AVUS als Rennbahn, in: Die Straße 6 (1939): S. 121 f.
18
Carl Schnell: Die AVUS wird Reichsautobahn, in: Die Straße 6 (1939): S. 122 ff. Die
Trasse der AVUS ist heute ein Teil der Autobahn A115 im Bereich der Südwesteinfahrt
von Berlin. Die Steilkurve wurde erst im Jahr 1967 abgerissen.
19

2.2.2 Die HAFRABA

Die Idee von einem Autobahnnetz quer durch Deutschland wurde bereits
lange vor dem Bau der Reichsautobahnen in Fachkreisen diskutiert. Einer
der beteiligten Experten war Willy Hof, seit 1915 Generaldirektor der
Deutschen Handelsgesellschaft und außerdem selbst begeisterter
Automobilsportler. Als er 1922 ein Autorennen in Baden-Baden gewann,
soll er ausgerufen haben: „Reißt doch die Schienenstränge aus den
Bahndämmen und baut Autostraßen darauf!“19 Zusammen mit dem
Frankfurter Oberbaurat Hermann Uhlfelder bereiste Hof im Jahr 1925
Oberitalien, um dort die eben eröffnete Autostrada zu besichtigen und sich
mit deren Erbauer Dr. Piero Puricelli zu beraten.

Von der Verwirklichung einer exklusiv für den Autoverkehr reservierten


Straße in Italien stark beeindruckt, zogen Hof und Uhlfelder den Professor
für Statik und Eisenbau Robert Otzen aus Hannover hinzu. Gemeinsam
erarbeiteten sie einen Plan für die verkehrsgünstigste Nord-Süd-Trasse
einer Autobahnstrecke quer durch Deutschland – von Hamburg über
Frankfurt nach Basel (daher die Bezeichnung „HAFRABA“). In einem
weiteren Schritt war die Verlängerung der Route durch die Schweiz bis
Genua angedacht. Der Senat der Stadt Hamburg stand dem Projekt
zunächst skeptisch gegenüber, bezweifelte er doch die Möglichkeit einer
wirtschaftlichen Durchführung in absehbarer Zeit.20

Dennoch gelang es Hof, binnen kurzem eine beträchtliche Anzahl von


Vertretern aus Politik, Industrie, Kommunalverwaltung und verschiedenen
Interessenverbänden um seine Idee zu sammeln. Als am 6. November
1926 der Gründungsakt für den Verein HAFRABA in der
Geschlechterstube des Frankfurter Rathauses vollzogen wurde, gab es

19
Zitiert nach: Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 29.
20
Ab 1928 wurden nicht zuletzt wegen dieser zunächst ablehnenden Haltung Hamburgs
die Hansestädte Lübeck und Bremen in die Planung miteinbezogen. Der Vereinsname
„HAFRABA“ stand ab diesem Zeitpunkt nicht mehr für „Hamburg – Frankfurt – Basel“,
sondern für „Hansestädte – Frankfurt – Basel“.
20

kaum namhafte Bauunternehmen, die dem Konsortium fernblieben.21 Am


stärksten an der Realisierung interessiert war naturgemäß die
Baustoffindustrie, die sich mit der Umsetzung der Autostraßenpläne einen
positiven Effekt auf die Auftragslage erwartete. Auch spielten die
wirtschaftlichen Interessen der Automobilindustrie und der Banken eine
Rolle.

Vorrangiges Ziel der HAFRABA war allerdings zunächst die Propagierung


des für Deutschland neuartigen Konzepts einer nur für den
Automobilverkehr reservierten Straße. Noch gab es viele, die derartige
Planungen belächelten oder als Utopie ablehnten.22 Auch Teile der
HAFRABA – Vereinsmitglieder selbst traten vehementer für den Ausbau
der bestehenden Landesstraßen ein als für den Neubau eines
Fernstraßennetzes. In Ausstellungen und Vorträgen wurde daher die
verkehrspolitische Notwendigkeit eines solchen ebenso dargestellt wie in
der Vereinszeitschrift. Diese hieß ab 1928 „HAFRABA-Mitteilungen“,
später erhielt sie den zukunftsweisenden Titel Die Autobahn. Der Begriff
„Autobahn“ erschien das erste Mal zu Beginn des Jahres 1927 in einer
Fachzeitschrift.23 In Analogie zur „Eisenbahn“ sollte das für den
Kraftwagenverkehr vorgesehene Straßennetz „Autobahn“ genannt
werden. Der Begriff „Autobahn“ war also – genauso wie die Idee der
Autobahn selbst – schon lange vor dessen Vereinnahmung durch Hitler
gebräuchlich.

21
Andreas Busch: Die Geschichte des Autobahnbaus in Deutschland bis 1945. Bad
Langensalza ²2004, S. 8.
22
Thomas Kunze und Rainer Stommer: Geschichte der Reichsautobahn, in: Rainer
Stommer (Hrsg.): Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten Reichs. Analysen zur Ästhetik
eines unbewältigten Mythos, Marburg 1995, S. 25.
23
In der Zeitschrift Verkehrstechnik Nr. 5 vom 4. Februar 1927 verwendete der Autor Dr.-
Ing. Speck den Begriff „Autobahn“ in seinem Aufsatz: Die Bedeutung der Autofernstraßen
und der Plan einer Autofernstraße Berlin – Leipzig – München, zitiert nach Stern: Der
Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, S. 10. Andere Quellen nennen
Robert Otzen als Urheber des Begriffs „Autobahn“, datiert auf das Jahr 1929. Vgl. z.B.
Kornrumpf: HAFRABA e.V., S. 44 oder Ralph Johannes – Gerhard Wölki: Die Autobahn
und ihre Rastanlagen, Petersberg 2005, S. 189 Anm. 6.
21

Die zweite Bestrebung der HAFRABA bestand darin, baureife Pläne für
die beabsichtigte Nord-Süd-Straßenverbindung zu entwerfen. Die
Geländeverhältnisse wurden minutiös erfasst, Kurvenradien festgelegt und
der maximale Steigungswinkel von Straßenabschnitten auf 7,5 bis 8 %
fixiert. Die ersten Planungsentwürfe sahen zwar noch keine getrennten
Richtungsfahrbahnen vor. Ab Sommer 1931 waren aber in den Bauplänen
für die 7 Meter breite Fahrbahn je zwei Fahrstreifen pro Richtung
reserviert. Weitere Punkte der Planungsrichtlinien umfassten Fragen der
baulichen Gestaltung von Zu- und Abfahrten, Kreuzungspunkten und
Nebenanlagen. Selbst der Entwurf einer „Kleeblatt-Kreuzung“ floss
erstmals in die Baupläne ein. Der Erfinder dieser markanten
Autobahnkreuzungen war ein Schweizer Schlosserlehrling namens Willy
Sarbach. Er war durch eine HAFRABA – Ausstellung in Basel im Jahr
1927 darin angeregt worden, den Schnittpunkt zweier Autobahnen in Form
eines kleeblattförmigen Autobahnknotens zu entwerfen.24 Finanziert
wurden die umfangreichen Vorarbeiten durch die Beiträge der
Vereinsmitglieder. Insgesamt erarbeiteten die Experten der HAFRABA
nicht weniger als 70 Bände mit baureifen Projektunterlagen und
allgemeinen technischen Richtlinien – eine unschätzbar wertvolle
Grundlage, die Voraussetzung für den raschen Baubeginn an den
Reichsautobahnen schon kurz nach Hitlers Machtübernahme im Jahr
1933 war.

Das größte Problem bei der Umsetzung des Autobahnprojekts lag in der
Finanzierung. Als durchschnittliche Baukosten wurden 300.000 RM pro
Kilometer veranschlagt. Eine Übernahme durch die öffentliche Hand war
nicht zu erwarten. Einerseits ergaben Verkehrszählungen entlang der
angepeilten Strecke ein zu geringes Fahrzeugaufkommen. Andererseits,
wurde argumentiert, dass für den Fernverkehr ohnehin ein gut
ausgebautes Eisenbahnnetz zur Verfügung stehe. Die HAFRABA musste
sich daher am Vorbild der italienischen Autostrada orientieren und die
Einhebung von Mautgebühren ins Auge fassen. Dem stand allerdings das

24
Kaftan: Der Kampf um die Autobahnen, S. 101.
22

geltende Finanzausgleichsgesetz vom 9. April 1927 entgegen, in dessen §


13 die Einhebung von Straßenbenützungsgebühren ausdrücklich
untersagt wurde. Ab dem Jahr 1930 versuchte die HAFRABA, mit
Unterstützung einflussreicher Politiker im Reichstag einen
parlamentarischen Abänderungsantrag zu erwirken, doch scheiterte dieser
letztlich an der strikt ablehnenden Haltung der KPD und auch der
NSDAP.25 Die Reichsbahn verhinderte außerdem die Erteilung einer
gesetzlich zulässigen Ausnahmebewilligung, da sie um ihr
Güterbeförderungs-Monopol fürchtete. Nach dem Sturz der Regierung
Heinrich Brüning (1930 – 1932) hatte der Verein noch dazu einen seiner
wichtigsten Förderer verloren.

Als Konsequenz sah sich die HAFRABA gezwungen, ihre Strategie zu


ändern. War bisher das geplante Gesamtnetz im Vordergrund gestanden,
konzentrierten sich nun die Planungen auf das Teilstück Frankfurt –
Darmstadt – Heidelberg. Hier ergaben Verkehrsdatenzählungen bereits
1928 täglich 2.000 Fahrzeuge im Fernverkehr. Für diesen Teilbereich
wurden jetzt umso umfassendere Vorarbeiten angestellt. An den Beginn
der eigentlichen Bauarbeiten war aber während der Weimarer Republik
aus den genannten Gründen nicht zu denken.

Der Wert der Vorarbeiten der HAFRABA ist für den Reichsautobahnbau
ab 1933 nicht hoch genug einzuschätzen. Willy Hof traf am 6. April 1933
mit dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler zusammen, um ihm die
HAFRABA – Pläne zu unterbreiten. Hitlers Ingenieure mussten lediglich
die fertig ausgearbeiteten Vorlagen ausführen oder bestenfalls geringfügig
adaptieren.26 So ist es auch kein Zufall, dass im Mai 1935 als erste fertig
ausgebaute Reichsautobahnstrecke die Verbindung Frankfurt – Darmstadt
für den Verkehr freigegeben werden konnte.

25
Kunze – Stommer: Geschichte der Reichsautobahn, S. 25.
26
Vgl. im Gegensatz dazu Vosselman: Reichsautobahn. Schönheit – Natur – Technik, S
9, der die Unterschiede zwischen dem HAFRABA–Modell und den Reichsautobahnen
hinsichtlich landschaftsgebundener Linienführung und Fahrbahnquerschnitten betont.
23

2.2.3 Die Verbindungsstraße Köln – Bonn

Waren den Bemühungen der HAFRABA zum Bau einer Deutschland


querenden Transitstrecke vor 1933 kein Erfolg beschienen, konnte
wenigstens ein Autobahnprojekt während der Weimarer Republik in die
Tat umgesetzt werden, die Verbindung Köln – Bonn. Dieses rund 20
Kilometer lange Straßenstück wies – abgesehen von fehlender
Mitteltrennung der Richtungsfahrbahnen – alle Merkmale auf, die
Autobahncharakter hatten. Dazu gehörte in erster Linie ihre Widmung als
Nur-Autostraße27. Fuhrwerke und Fußgänger waren von ihrer Benützung
definitiv ausgeschlossen.

Das verkehrspolitische Ziel der Verbindung Köln – Bonn war freilich im


Gegensatz zur HAFRABA deutlich weniger ambitioniert. Nicht ging es
darum, ein ganz Deutschland umfassendes überregionales Verkehrsnetz
aufzubauen. Automobilverkehr wurde ausdrücklich als Nahverkehr
verstanden.28 Es wurde lediglich daran gedacht, die bisherige
Straßeninfrastruktur auf der stark frequentierten Rhein-Ruhr-Achse den
ständig wachsenden Verkehrserfordernissen anzupassen. Denn täglich
wurden um 1930 zwischen Köln und Bonn bis zu 4.000 Kraftfahrzeuge
gezählt, womit dieser Abschnitt der am stärksten befahrene in ganz
Deutschland war. Da ein Ausbau der bisherigen Verbindungen nicht
zweckmäßig erschien, beschloss der Provinzialausschuss der
Rheinprovinz am 15. Februar 1929 den Neubau einer vierspurigen,
kreuzungsfreien Autostraße.

Die Fahrbahnbreite wurde mit 16 Meter angesetzt. Die


Richtungsfahrbahnen waren für Höchstgeschwindigkeiten bis zu 120 km/h
ausgelegt. Sie wurden durch einen breiten weißen Mittelstreifen
voneinander getrennt und verfügten jeweils über eine Fahrspur und eine

27
Bevor sich der Ausdruck „Autobahn“ im allgemeinen Sprachgebrauch durchsetzen
konnte, waren neben „Nur-Autostraße“ wahlweise auch die Begriffe „Kraftfahrtstraße“,
„reine Autostraße“ oder „Rein-Autostraße“ in Verwendung.
28
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 45.
24

Überholspur. Brücken und Unterführungen sollten tendenziell


unfallträchtige Kreuzungspunkte entschärfen.

Die Baukosten betrugen 11 Millionen RM, der weitere Ausbau der Strecke
bis Düsseldorf wurde zusätzlich mit 18 ½ Millionen RM veranschlagt. Die
Kosten sollten aus Beiträgen der Kraftfahrzeugsteuer eingetrieben
werden. Ausschlaggebend für den Bau waren aber auch Aspekte der
Arbeitsbeschaffung. Über 5.500 Arbeitslosen wurde für die Dauer der
Bauarbeiten eine „Notstandsarbeit“ angeboten, ein am Höhepunkt der
Wirtschaftskrise bewusst gesetzter politischer Akt.

Am 6. August 1932 konnte die Autostraße Köln – Bonn feierlich für den
Verkehr freigegeben werden.29 Die Eröffnungszeremonie leitete der
damalige Oberbürgermeister der Stadt Köln und Vorsitzende der
Rheinischen Provinzialverwaltung Dr. Konrad Adenauer. Der nachmalige
erste Bundeskanzler der BRD war somit – pointiert gesagt – der erste
Politiker Deutschlands, der deutlich vor Adolf Hitler eine Autobahn auf
deutschem Gebiet eröffnen konnte. Adenauer war im Übrigen auch
Aufsichtsratsvorsitzender der nicht zur Reichsbahn gehörenden Köln-
Bonner Eisenbahnen AG und konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen,
welche Konkurrenz dem System Schiene mit den Autobahnen langfristig
entgegen wuchs.

Der „Mutter aller Autobahnen“ wurde im Dritten Reich formell nur der
untergeordnete Status einer „Landstraße erster Ordnung“ zugebilligt.30 Zu
ungeliebt war für die NS-Propaganda ihre Entstehungsgeschichte. Die
emsig verbreitete Legende, dass Hitler die Autobahnen nach Deutschland
gebracht, ja diese für Deutschland erfunden hätte, ließ sich anhand der
Strecke Köln – Bonn keinesfalls festmachen, sondern nur allzu deutlich

29
Karl Lärmer: Die Wahrheit über den Autobahnbau. Eine populärwissenschaftliche
Studie, Berlin 1963, S. 16.
30
Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, S. 12.
25

widerlegen. Im Autoatlas mit dem Titel „Deutschland, das Land der


schönen Autostraßen“ aus dem Jahr 1938 war die „Landstraße 1.
Ordnung Nr. 185“ im Gegensatz zu den Reichsautobahnen aus diesem
Grund vorsorglich gar nicht eingezeichnet.31

2.2.4 Weitere Autobahnplanungen

Die Notwendigkeit eines Ausbaus der Straßeninfrastruktur in Deutschland


war bereits in den 1920er-Jahren erkannt worden. 1921 wurde der
„Deutsche Straßenbauverband“ (DSV) ins Leben gerufen. Diese
Organisation setzte sich vorwiegend aus Beamten zusammen und legte
drei Jahre später einen Plan für den Ausbau der Staats- und
Provinzialstraßen vor. Dieser durchaus ambitionierte Plan enthielt
Vorschläge für die Errichtung eines Fernverkehrsstraßennetzes von rund
30.000 Kilometer Länge.32

Seit dem Frühjahr 1924 bemühte sich parallel dazu eine


„Studiengesellschaft für den Automobilstraßenbau“ (STUFA) um die
Errichtung autogerechter Straßen. An der Gründungsversammlung
nahmen rund 300 Personen teil, allesamt Vertreter von Baufirmen und
Interessenverbänden. Im Gegensatz zum DSV war die STUFA auf
Privatinitiative vorwiegend der Industrie entstanden. 15.000 Kilometer
Landstraßen sollten zu Fernverkehrsstraßen ausgebaut werden. 1928
wurde die konzipierte Streckenlänge auf 22.500 Kilometer erweitert. Auf
dieser Grundlage wurde 1930 eine „Karte der Fernverkehrsstraßen
Deutschlands“ entwickelt, auf deren Basis das Reichsverkehrsministerium
erstmals einheitliche Richtlinien für die technische Gestaltung von
Fernstraßen definierte.

Beiden Verbänden gemeinsam war allerdings, dass sie den Neubau von
Nur-Autostraßen ablehnten und die Erweiterung und Verbreiterung des

31
Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, S. 110 Anm. 9.
32
Kunze – Stommer: Geschichte der Reichsautobahn, S. 23.
26

bestehenden Landstraßennetzes für ausreichend erachteten. Im Jahr


1928 hoben Vertreter von Banken und Wirtschaftsorganisationen die
„Studiengesellschaft für die Finanzierung des Deutschen Straßenbaus“
(STUFISTRA) aus der Taufe. Die öffentlichen Kassen waren leer und man
plante, die für den Gesamtausbau anfallenden Kosten von rund 3 ½
Milliarden RM über eine Anleihefinanzierung aufzubringen. Denn die
Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer reichten für das Großprojekt bei
weitem nicht aus. Letztlich scheiterte aber das Finanzierungsmodell an
der unzulänglichen organisatorischen Umsetzung und an den finanziellen
Voraussetzungen.33

Weitere Straßenbauplanungen beschränkten sich in der Folge auf den


Versuch, Teilstrecken auszubauen und an die Erfordernisse des
steigenden Kraftfahrzeugaufkommens anzupassen. So verfolgten im Jahr
1926 die Verantwortlichen von Mannheim und Heidelberg das Ziel, ihre
beiden Städte durch eine autobahnähnliche Straße zu verbinden, und
gründeten die „Nordbadische Autostraßen-Gesellschaft“.34 Die
ausgearbeiteten Pläne für eine 15 Kilometer lange Autobahn wurden
später von der HAFRABA übernommen, aber eben auch von dieser nicht
umgesetzt.

Zwischen München, Leipzig und Berlin sollte eine über 660 Kilometer
umfassende Fernstraße errichtet werden, die in Anlehnung an die
Anfangsbuchstaben der beteiligten Städte mit MÜLEIBERL abgekürzt
wurde. Dieses Projekt kam aber vor 1933 ebenso wenig zustande wie
eine 15-Kilometer-Schnellverbindung zwischen München und dem
Starnberger See, die speziell für den Ausflugstourismus gedacht war. Erst
in der NS-Zeit wurde der betreffende Abschnitt in die Reichsautobahn
München – Lindau miteinbezogen.

33
Kaftan: Der Kampf um die Autobahnen, S. 22 ff.
34
Busch: Geschichte des Autobahnbaus in Deutschland bis 1945, S. 7.
27

Die „Gesellschaft der Freunde und Förderer der Kraftwagenbahn Leipzig –


Halle“ (LEHA) wollte diese beiden Großstädte durch eine Autobahn
miteinander verbunden wissen. Für den Flughafen Halle-Leipzig bei
Schkeuditz sollte eine kreuzungsfreie Anschlussstelle vorgesehen sein.
Mit 1. Februar 1933 schrieb die Gesellschaft einen Wettbewerb unter
Architekten und Ingenieuren aus, mit dem Ziel, Vorschläge für die
Planung, Linienführung und Kostenermittlung zu erhalten.35 Doch auch
hier überschritten die geschätzten Baukosten von 300.000 RM pro
Kilometer - und rund 7 bis 12 Millionen RM Gesamtbaukosten - jeglichen
vorhandenen Budgetrahmen. Erst wesentlich später konnte dieses Projekt
in abgewandelter Streckenführung realisiert werden.36

Neben der Verbindung Köln – Bonn konnte lediglich eine weitere kurze
autobahnähnliche Straße vor der Eröffnung der ersten Reichsautobahn für
den Verkehr freigegeben werden. Die Umgehungsstraße Opladen wurde
von 1931 bis 1933 als Teilstrecke der geplanten Autobahn Köln –
Düsseldorf von der Rheinischen Provinzialverwaltung errichtet. Sie war
allerdings nur 2 ½ km lang und wurde nördlich und südlich von Opladen
als Umfahrung an die bereits bestehende Provinzialstraße angeschlossen.
Die Freigabe dieses Splitterstücks wurde am 27. September 1933 gefeiert,
genau vier Tage nach dem offiziellen Start des Reichsautobahnbaus am
23. September. Begangen wurde der Eröffnungsakt nun nicht mehr durch
Konrad Adenauer, den Oberbürgermeister von Köln. Jetzt leitete Fritz Todt
die Zeremonie, der von Hitler eingesetzte Generalinspektor für das
deutsche Straßenwesen, der sich in den folgenden Jahren zur Zentralfigur
für die Planung und Errichtung der Reichsautobahnen entwickelte.

35
Hans Lübke: Der Wettbewerb für die Kraftwagenbahn Leipzig – Halle, in: Der
Straßenbau 24 (1933), S. 126 ff.
36
Lärmer: Die Wahrheit über den Autobahnbau, S. 15.
28

2.3 Autobahnprojekte außerhalb Deutschlands

2.3.1 Italien

Die frühen Autobahnprojekte in Deutschland hatten hauptsächlich ein


Vorbild - die Autostrada in Italien. Ausgerechnet im Land südlich des
Brenner wurde erstmals in der europäischen Geschichte die Idee einer
vierspurigen, kreuzungsfreien Überlandverbindung in die Tat umgesetzt.
Und das, obwohl Italien in den 1920er-Jahren zu den am schwächsten
motorisierten Staaten Europas gehörte. Im Jahr 1929 entfielen in Italien
218 Einwohner auf einen Kraftwagen. In Deutschland waren es zu dieser
Zeit immerhin schon 111. In Frankreich mussten sich – statistisch
betrachtet – 38 Personen ein Automobil teilen, in Großbritannien gar nur
35.37

1922 hatte der Mailänder Ingenieur Enrico Belloni den Bau einer Autobahn
zwischen Mailand und Venedig vorgeschlagen, außerdem eine
Verbindung zwischen Livorno und Ancona, die um mehr als 100 Kilometer
kürzer sein sollte als die bestehende Zugverbindung zwischen den beiden
Städten. Die Pläne wurden aber als unrealistisch verworfen.

Kurz darauf legte der Mailänder Ingenieur und Unternehmer Dr. Piero
Puricelli den Plan für eine Autostrada vor, die von Mailand zu den
oberitalienischen Seen führen sollte. Puricelli hatte schon früh das
verkehrspolitische Erfordernis erkannt, Straßen zu bauen, die
ausschließlich für den Autoverkehr reserviert waren. Gerade im
Industriegebiet Oberitaliens sah er genug Potenzial für die Errichtung
einer solchen Strecke, waren doch mehr als ein Viertel aller in Italien
zugelassenen Fahrzeuge in der Lombardei gemeldet. Auf dem neuen

37
Hermann Uhlfelder: Die oberitalienischen Autobahnen, in: HAFRABA-Mitteilungsblatt 6
(1930), S. 11.
29

Autobahnabschnitt waren seiner Einschätzung nach bis zu 2.000 Fahrten


täglich zu erwarten.38

Puricelli hatte zuvor die neue Rennstrecke in Monza erbaut und war nicht
zuletzt dadurch Benito Mussolini aufgefallen, der seine Pläne tatkräftig
unterstützte. Nach der Machtübernahme der Faschisten gab Mussolini
seine Zustimmung für die Errichtung einer Baugesellschaft (Società
anonima autostrade) mit Sitz in Mailand. Den Faschisten kam das Projekt
zur Ankurbelung der Wirtschaft sehr gelegen, da sich in Italien Rezession
und steigende Arbeitslosigkeit breit machten. Ab März 1923 konnten die
Bauarbeiten beginnen. Am 21. September 1924 wurde die erste Autobahn
Europas unter Anwesenheit des italienischen Königs feierlich eröffnet.

Zwei straßentechnische Merkmale machten das Besondere der über 50


Kilometer langen Autostrada aus: Sie durfte nur von Kraftfahrzeugen
befahren werden, und es wurden keine Kreuzungen angelegt, sondern
ausschließlich Über- und Unterführungen. Eine bauliche Trennung
zwischen den Fahrbahnen gab es hingegen nicht. Auch war bloß ein
Fahrstreifen pro Richtung angelegt. Die Benützung stand der Öffentlichkeit
frei, jedoch nur unter Gebührenpflicht. 1925 konnte das Streckennetz auf
86 Kilometer ausgebaut werden.

Der Bau der Autobahn wurde von Mussolini nicht zuletzt deshalb
gefördert, weil er ihren propagandistischen Wert sehr früh erkannt hatte.
Die Modernität der neuen Straßen sollte Aufbruch, Fortschritt, Macht und
die Größe Italiens demonstrieren. Die Aufbauarbeit wurde als große
nationale Leistung beschrieben. Im Unterschied zu Hitler und Deutschland
knapp ein Jahrzehnt später ließ es der Duce sogar zu, dass nicht nur er,
sondern auch der Baumeister selbst im Mittelpunkt mythischer

38
Bernd Kreuzer: Tempo 130. Kultur- und Planungsgeschichte der Autobahnen in
Oberösterreich, Linz 2005, S. 19.
30

Heldenverehrung standen. Puricelli wurde zum „Straßenkönig“ gekürt39


und erfreute sich auch international höchsten Ansehens.

Was nun folgte, war der rasche Ausbau des Autobahnnetzes in großem
Stil. 1929 konnte die Autobahn Neapel – Pompeji (21 km) dem Verkehr
übergeben werden. 1931 folgte der Abschnitt Bergamo – Brescia (45 km).
1932 wurde die 129-Kilometer-Strecke zwischen Turin und Mailand
eröffnet, die vom Fiat-Konzern mitfinanziert wurde. Ein Jahr später
standen Schnellverbindungen von Florenz zur Küste (83 km) und auch
von Padua nach Venedig (25 km) zur Verfügung. Für all diese Strecken
musste Maut bezahlt werden. Ausnahme war die 20 Kilometer lange
Straße zwischen Rom und Ostia, die nur dem nichtkommerziellen Verkehr
offen stand. Bei Bergamo entstand nach US-amerikanischem Vorbild ein
über 100 Meter breiter Verteilerkreis. Er stand seinerseits Modell für
ähnliche Verkehrsbauten der deutschen Reichsautobahn.40 Bis 1935
konnte das privatwirtschaftlich betriebene Autobahnnetz Italiens auf
beachtenswerte 478 Kilometer ausgebaut werden. Schon 1927 hatte man
eine Straßenbau- und –verwaltungsgesellschaft gegründet, die Azienda
Autonoma Statale della Strada (AASS)41. Sie war für die Wartung und
Komplettsanierung des gesamten italienischen Straßennetzes sowie für
die Straßenaufsicht verantwortlich.

Ein verkehrspolitisches Kuriosum stellte die Autocamionale dar, eine nur


für LKW reservierte Autobahn zwischen dem Seehafen von Genua und
den Industriestädten Turin und Mailand. Sie wurde laut italienischer
Propaganda vom Duce selbst angeregt und sollte die alte Gebirgsstraße
zwischen Genua und Serravalle Scrivia mit ihren scharfen Kurven und
ihrem starken Gefälle ersetzen. Die 50 Kilometer lange Strecke von
Genua ins Hinterland wurde 1935 fertig gestellt. Zehn Tunnelanlagen,

39
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 46.
40
Roberto Bosco: Die italienischen Autobahnen, in: Die Straße 6 (1939), S. 458.
41
Als Nachfolgeorganisation wurde 1962 die Azienda Nazionale Autonoma della Strada
(ANAS) gegründet, die heute noch besteht.
31

knapp 30 größere und über 300 kleinere Brücken standen nun


ausschließlich dem Güterverkehr zur Verfügung, darunter auch der
Montanesi-Viadukt mit fünf Bögen von jeweils 27 Meter Spannweite.42 Am
Hafen von Genua wurde ein riesiger Rangierplatz für den Warenumschlag
mit daran anschließenden Betriebsgebäuden errichtet. Eine imposante,
spiralförmige Rampe half, den beträchtlichen Höhenunterschied zwischen
Hafen und Autobahnanschluss zu überwinden.

Nach der Fertigstellung der Autocamionale wurden in Italien vorerst keine


weiteren Autobahnen mehr gebaut. Die finanziellen Erwartungen in die
mautpflichtigen Strecken konnten ab Ende der 1920er-Jahre langfristig
nicht erfüllt werden. Mit zunehmender wirtschaftlicher Depression
verringerten sich sukzessive die Mauteinnahmen. Immer mehr italienische
Autofahrer verzichteten auf den Luxus einer Fahrt auf der
gebührenpflichtigen Autostrada zugunsten der weniger kommoden, aber
kostenfreien Landstraße.

Auch wenn das geringe Verkehrsaufkommen den Bau des italienischen


Autobahnnetzes vielleicht nicht gerechtfertigt hätte: Die Vorbildwirkung für
den Bau der deutschen Reichsautobahnen darf nicht unterschätzt werden.
Auch die Nutzbarmachung des Autobahngedankens für das Instrument
der faschistischen Propaganda wurde in Italien zu Beginn der 1930er-
Jahre erfolgreich vorexerziert. Die Propagandisten des Dritten Reichs
sollten wenig später auf diesen Erfahrungen aufbauen und sie
perfektionieren.

42
Kurt Gustav Kaftan: Die „Autocamionale“. Geschichte und Beschreibung der
interessanten Lastwagen-Autobahn von Genua nach Serravalle Scrivia in Italien, in: Der
Straßenbau 28 (1937), S. 183 ff.
32

2.3.2 Frankreich

Frankreich gehörte in den 1920er- und 1930er-Jahren zu den Staaten


Europas, die am höchsten motorisiert waren. Dennoch wurde kein
annähernd so umfassendes Autobahnnetz entwickelt wie im südlichen
Nachbarland Italien. Der wesentliche Grund lag darin, dass es in
Frankreich ohnehin ein gut ausgebautes Netz von Nationalstraßen
(Routes Nationales) gab, das bereits im Jahr 1926 eine
Gesamtstreckenlänge von 40.000 Kilometern umfasste. Dieses konnte
ohne allzu großen Aufwand an die verkehrstechnischen Erfordernisse des
Automobilverkehrs angepasst werden.43

Dennoch wurden Planungen angestellt, Straßen mit autobahnähnlichem


Charakter zumindest im Raum Paris und in den anderen Ballungsräumen
zu errichten. In den Jahren 1934 bis 1936 wurde westlich von Paris eine
Ausfallstraße (Autoroute de l´Ouest) erbaut, die getrennte
Richtungsfahrbahnen hatte. Außerdem sollte Paris in den 1930er-Jahren
einen Autobahnring erhalten (Boulevard Périphérique), der fünf der
wichtigsten Ausfallstraßen miteinander verbunden hätte.

Detailliert erarbeitet wurden ab 1927 Pläne für eine Streckenführung von


Paris nach Tocqueville. Die Straße sollte privat finanziert werden und vor
allem Touristen als direkte Autostraßen-Verbindung von Le Havre nach
Paris dienen.

Umfassend gestaltet wurden ab 1929 die Planungen für eine Autoroute du


Nord, die in ihrem Endausbau eine Gesamtlänge von 370 Kilometern
erreichen sollte. Ein Strang war von Paris nach Calais konzipiert, ein
weiterer von Paris nach Lille. Anschlussmöglichkeiten nach Belgien, in die
Niederlande und nach Großbritannien waren angedacht. Auch der Bau
eines Straßentunnels unter dem Ärmelkanal wurde bereits in Erwägung

43
Ingrid Strohkark: Die Wahrnehmung von `Landschaft´ und der Bau von Autobahnen in
Deutschland, Frankreich und Italien vor 1933, Diss. Berlin 2001, S. 94.
33

gezogen.44 Die Autoroute sollte der Startschuss für den Aufbau eines
nationalen, mautpflichtigen Autobahnnetzes sein. Im Jahr 1932 wurden
außerdem Planungen für eine Autobahnverbindung zwischen den Städten
Lyon und Evian aufgenommen. Die Fahrbahnen sollten 7 Meter breit sein
und durch einen Mittelstreifen separiert werden. Ein 1.800 Meter langer
Tunnel durch den Mont de l´Epine war vorgesehen.

Insgesamt konzipierte die französische Autobahngesellschaft C.A.R.


(Compagnie des Autoroutes) ein Streckennetz von 750 Kilometer Länge.
Auch weitere Anbindungen an Nachbarstaaten wurden entworfen,
darunter Küstenautobahnen nach Italien und Spanien und ein
Verbindungsstück zur HAFRABA nach Deutschland. Realisiert wurden
diese Projekte vor dem Zweiten Weltkrieg jedoch nicht.

Eine autobahnähnliche Straße, die im Jahre 1926 tatsächlich eröffnet


werden konnte, war die Autoroute du Puy-de-Dôme. Diese Autobahn
wurde exklusiv für den Tourismus errichtet und führte vom Fuß des
gleichnamigen Berges auf den Gipfel. Sie folgte dabei der
Streckenführung einer Eisenbahnlinie aus dem Jahr 1907, die während
des Ersten Weltkrieges zerstört worden war. Bei Steigungsstrecken bis zu
12 % hatte sie eher den Charakter einer gut ausgebauten, kurvenreichen
Aussichtsstraße. Für ihre Bewertung als Autobahn spricht allerdings, dass
die Fahrbahnen baulich getrennt und dass entlang der 6-Kilometer-Trasse
keine Kreuzungen angelegt waren. Im Auftrag der Gesellschaft
Compagnie des Tramways de Clermont-Ferrand erbaut, konnte die
Autoroute du Puy-de-Dôme von jedermann mautpflichtig vom 1. Mai bis 1.
November jedes Jahres befahren werden.

44
Strohkark: Die Wahrnehmung von `Landschaft´, S. 98.
34

2.3.3 Großbritannien

Großbritannien entwickelte als erster Industriestaat der Welt zeitgleich mit


dem industriellen Aufbau eine fortschrittliche Verkehrsinfrastruktur.
Allerdings war diese geprägt von einem leistungsfähigen Netz an
Schifffahrtskanälen und Eisenbahnverbindungen. Die Notwendigkeit eines
engmaschig ausgebauten Fernstraßensystems schien dadurch zunächst
in den Hintergrund gerückt zu sein.

Erst in den 1930er-Jahren setzte relativ spät ein Umdenken ein. Die
Liverpool-East Lancashire Road wurde als erste moderne Autostraße von
König George V. am 18. Juli 1934 eröffnet. Sie war jedoch nicht
kreuzungsfrei, was bereits in den ersten Jahren zu zahlreichen schweren
Unfällen führte. Die folgenden Motorways wurden fortan als Nur-
Autostraßen mit niveaufreien Auf- und Abfahrten angelegt.

1936 wurde im Trunk Roads Act die Entstehung eines landesweiten


Fernstraßennetzes verfügt. Daraufhin erarbeitete die Institution of
Highway Engineers einen Streckenplan, der überregionale
Straßenverbindungen zwischen den größeren Städten und Grafschaften
vorsah. Dieser Plan wurde 1938 adaptiert und enthielt Grundlagen für eine
Gesamtstreckenlänge von 1.600 Kilometern.

Vorbild für diese Strecken waren zu diesem Zeitpunkt längst die bereits in
Betrieb befindlichen Reichsautobahnen Deutschlands geworden. 1937
inspizierte eine über 200-köpfige britische Delegation die deutschen
Autobahnbaustellen, darunter Abgeordnete, Beamte und Techniker.45 Die
Reaktionen und Eindrücke waren zum Teil euphorisch. So schrieb die
Times am 7. Oktober 1937: „Die deutsche Straßenpolitik kostet weniger,

45
Xaver Dorsch: Engländer auf deutschen Autobahnen. Zum Besuch der German Roads
Delegation vom 25. September 1937 bis 3. Oktober 1937 in Deutschland, in: Die Straße
4 (1937), S. 595 ff.
35

wahrt die Schönheit der Landschaft und gibt den Autofahrern einen so
sicheren Weg wie nur irgend möglich.“46

In der Grafschaft Lancashire wurde daraufhin der Bau einer 62-Meilen-


Versuchsstrecke47 ins Auge gefasst. Die Umsetzung dieser und ähnlicher
Projekte scheiterte jedoch am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.

2.3.4 USA

Die Straßenentwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika ist


indirekt eng verbunden mit dem Namen Henry Ford. Der Pionier des
amerikanischen Automobilbaus stellte im Jahr 1908 mit großem Erfolg
sein Modell „Ford T“ – auch Tin Lizzy48 genannt – der Öffentlichkeit vor
und löste damit in den USA einen rasanten Prozess der
Massenmotorisierung aus. Innerhalb von 20 Jahren verfügten mehr als 50
% der US-amerikanischen Familien über ein Automobil. Im Jahr 1925
waren in den USA bereits 20 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen. Acht
von zehn weltweit produzierten Kraftfahrzeugen waren 1927 in den USA
im Einsatz. 1937 hatte sich das Fahrzeugaufkommen auf über 30
Millionen gesteigert.49

Folglich musste das bestehende Netz von Landstraßen möglichst zügig an


das immer stärker steigende Verkehrsaufkommen angepasst werden.
Doch waren dafür in den Jahren während und nach der Wirtschaftskrise
die finanziellen Mittel nur eingeschränkt vorhanden. Hinzu kam, dass die
US-Bundesstaaten im mittleren und äußersten Westen vorwiegend über

46
Zitiert nach Reichsautobahnbau 1933 – 1939. Eine Übersicht / Das Ausland, in: Die
Straße 6 (1939) S. 249.
47
62 Meilen entsprechen einer Distanz von knapp 100 Kilometern.
48
Tin Lizzy könnte frei übersetzt werden mit „Blecherne Liesl“. Der „Ford T“ war mit 15
Millionen verkauften Stück bis zum 17. Februar 1972 das meistverkaufte Automodell der
Welt. Danach wurde ihm dieser Rang vom VW Käfer abgenommen.
49
The Statistical History of the United States. From Colonial Times to the Present, New
York 1976, S. 716.
36

die Schiene verkehrstechnisch erschlossen waren. Die Überlandstraßen


waren schlecht gepflegt und mitunter nicht für den Kraftfahrzeugverkehr
geeignet. Im Jahr 1911 hatten nur etwas mehr als 10 % der
amerikanischen Überlandstraßen einen befestigten Belag.50 Bereits 1893
war allerdings in Bellefontaine im Bundesstaat Ohio die weltweit erste
Betonstraße errichtet worden. Bis zum Jahr 1927 wurden in den
Vereinigten Staaten Betonstraßen im Ausmaß von insgesamt 80.000
Kilometer Länge erbaut.51

Die erste Autobahn der Welt entstand in den USA im Raum New York.
Der Long Island Motor Parkway wurde von 1908 bis 1911 errichtet und
ging auf William K. Vanderbilt jr. zurück, der einer bekannten
Eisenbahndynastie entstammte. Ursprünglich war die asphaltierte
Privatstraße nur 10 Kilometer lang und 10 Meter breit und diente als
Rennstrecke für den Vanderbilt Challenge Cup.52 Später wurde sie auf 45
Meilen53 erweitert und gegen Mautgebühr für die öffentliche Benützung
freigegeben. Der Long Island Motor Parkway kann als Autobahn
charakterisiert werden, da er als erste öffentliche Straße überhaupt durch
die Anlage von Über- oder Unterführungen kreuzungsfrei gehalten wurde.

Im Jahr 1916 erließ der US-amerikanische Kongress den Federal-Aid


Road Act (Gesetz über Bundeshilfe für den Straßenbau). Größere
Bauvorhaben wurden allerdings zunächst durch den Eintritt der USA in
den Ersten Weltkrieg vereitelt. Schon 1913 war der Bau des Lincoln
Highway begonnen worden – der ersten transkontinentalen Fernstraße

50
“Get the farmers out of the mud!“ war in den USA bereits im 1. Jahrzehnt des 20. Jhdt.
ein geläufiger verkehrspolitischer Slogan.
51
Vgl. Benjamin Steininger: Raum – Maschine Reichsautobahn. Zur Dynamik eines
bekannt/unbekannten Bauwerks, Berlin 2005, S. 36: Auch andere Städte nehmen für sich
in Anspruch, die weltweit erste Betonstraße erbaut zu haben, darunter Rochester im
Bundesstaat New York, Wayne County in Michigan und Breslau.
52
Maxwell G. Lay: Die Geschichte der Straße. Vom Trampelpfad zur Autobahn, Frankfurt
– New York 1994, S. 255.
53
45 Meilen entsprechen einer Distanz von 72,4 Kilometern.
37

der USA, die von New York nach San Francsico führen sollte. 1921 wurde
der Federal-Aid Road Act als Folge des raschen Anstiegs des
Autoverkehrs novelliert und der Bau von bundesstaatenübergreifenden
Fernstraßen – der sogenannten interstates – in Aussicht genommen. Die
bekannteste dieser Strecken war die „Route 66“ zwischen Chicago und
Los Angeles, die ab 1927 errichtet wurde. Diese Fernverbindungen waren
jedoch im Gegensatz zu den Autobahnen zumeist nur zweispurig
ausgebaut. Rund um die urbanen Zentren kam manchmal eine dritte oder
sogar vierte Fahrspur hinzu.

Besonders in den dicht besiedelten Regionen der US-Ostküste wurde die


Verkehrsbelastung ab den 1920er-Jahren immer drückender.54 Praktikable
Konzepte zur Bewältigung der Autoverkehrsströme wurden notwendiger
denn je. 1907 bis 1925 wurde im New Yorker Stadtteil Bronx die erste
städtische Autostraße der USA angelegt. Der Bronx River Parkway diente
in erster Linie als Ausflugsstraße und war Vorbild für weitere Projekte im
Großraum New York.

Ab 1924 war es vor allem der Stadtplaner Robert Moses, der mit seinen
Parkways ein mehr als 100 Meilen umfassendes Autostraßennetz entwarf.
Diese Straßen waren speziell für die gut verdienenden Autobesitzer der
amerikanischen Mittel- und Oberschicht angelegt. Sie sollten der
automobilen New Yorker Stadtbevölkerung als Ausflugsstrecken ins
Hinterland von Long Island dienen. Die Brücken und Unterführungen
waren bewusst so niedrig gehalten, dass die Parkways von den
öffentlichen Autobussen nicht befahren werden konnten. Wer kein eigenes
Auto hatte, war damit de facto von der Benützung dieser Straßen
ausgeschlossen.55 Neu am Konzept der Parkways war, dass die Straßen

54
Der Begriff traffic jam („Verkehrsstau“) erscheint erstmals im Jahr 1910 in einer
Ausgabe der Saturday Evening Post. Vgl. Bernd Kreuzer: Schnelle Straßen braucht das
Land. Planung und Umsetzung der Autobahnen in Österreich seit den Zwanziger Jahren,
gezeigt am Beispiel Oberösterreich, Diss. Wien 2007, S. 21.
55
Lay: Die Geschichte der Straße, S. 256.
38

bewusst und möglichst sanft in die sie umgebende Landschaft eingepasst


waren. Der Grünraum am Straßenrand sollte anregend gestaltet sein, der
Zweck als Erholungsstraße für die großstädtische Bevölkerung auch in der
Linienführung zum Ausdruck kommen. Visualisierungskonzepte wurden
entwickelt, die dem Fahrer und Mitfahrer ein möglichst einprägsames
optisches Fahrterlebnis ermöglichen sollten. Genau dieser Aspekt hatte
beträchtliche Vorbildwirkung für die deutschen Reichsautobahnen, die ein
knappes Jahrzehnt danach zu bauen begonnen wurden.56

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise sah die US-amerikanische Regierung in


der Errichtung von Parkways ein adäquates Mittel zur Eindämmung der
Arbeitslosigkeit. So wurde 1932 der 24 Kilometer lange Abschnitt des
George Washington Memorial Parkway von Washington D.C. nach Mount
Vernon zum ehemaligen Wohnhaus von George Washington eröffnet.57 In
New York entstand an der Westseite von Manhattan der Henry Hudson
Parkway, der über getrennte Richtungsfahrbahnen und drei Fahrstreifen
pro Fahrtrichtung verfügte. Der gezielte Einsatz von Arbeitslosen für den
Bau hochrangiger Straßen während der Wirtschaftskrise ist eine weitere
Parallele zum Bau der Autobahnen im Deutschen Reich.

Im Gegensatz zu den Parkways, die dem Personen- und Ausflugsverkehr


vorbehalten waren, wurden ab den 1930er-Jahren Freeways konzipiert.
Diese standen auch dem gewerblichen Güterverkehr offen. 1940 wurde
der Pasadena Freeway als Stadtautobahn zwischen dem Zentrum von
Los Angeles und dem gleichnamigen Vorort eröffnet. Der Plan eines
Super-Highway zwischen Washington und Boston konnte hingegen vor
dem Zweiten Weltkrieg nicht realisiert werden. Dieser Plan sah insgesamt

56
Vgl. Charlotte Reitsam: Die Landschaften der RAB. Raumgestaltung und Bepflanzung,
in: Wolfgang Wirth (Hrsg.), Die Autobahn. Von der Idee zur Wirklichkeit, Vorträge der
gleichnamigen Tagung im Straßenmuseum Germersheim 2004, Köln 2005, S. 89 – 166.
Vgl. auch Bruno Wehner: Die landschaftliche Ausgestaltung der nordamerikanischen
Park- und Verkehrsstraßen, in: Die Straße 3 (1936), S. 599 – 601, und Wolfgang Singer:
Parkstraßen in den Vereinigten Staaten, in: Die Straße 2 (1935), S. 175 – 177.
57
Kreuzer: Tempo 130, S. 17.
39

12 Fahrspuren und jeweils drei Richtungsfahrbahnen – getrennt für den


lokalen Verkehr, den Expressverkehr und den gewerblichen Güterverkehr
– vor.

Bis in die 1930er-Jahre waren die amerikanischen Autobahn- oder


Autostraßenprojekte räumlich meist auf die bevölkerungsreichen
Großstädte und deren Umland beschränkt. Erst ab diesem Zeitraum
wurde in den USA der Bau von Überlandautobahnen in Angriff
genommen. Prominentestes Beispiel ist neben dem Merrit Parkway
zwischen New York und Hartford (Connecticut) der Pennsylvania
Turnpike, eine Fernverkehrsstrecke zwischen Pittsburgh und Harrisburg.
Diese 160 Meilen58 umfassende Strecke wurde von 1938 bis 1940 entlang
der Trasse einer nie vollendeten Eisenbahnlinie erbaut.

Einige deutsche Reichsautobahnen waren zu diesem Zeitpunkt bereits in


Betrieb und waren für diese Fernverkehrsstraße in mancher baulicher
Beziehung Vorbild: So bestand die Fahrbahndecke durchgehend aus
Beton. Die Richtungsfahrbahnen waren durch breite Mittelstreifen
voneinander getrennt und verfügten über einen Pannenstreifen am
Straßenrand. Die Fahrzeit zwischen den beiden Großstädten konnte nach
der Eröffnung am 1. Oktober 1940 von 5 ½ auf 2 ½ Stunden verringert
werden.

Abgesehen davon konnte ein umfassendes nationales Fernstraßennetz in


den USA erst nach dem Zweiten Weltkrieg verwirklicht werden.

58
160 Meilen entsprechen einer Distanz von rund 260 Kilometern.
40

3. Planung und Gestaltung

3.1 Die Anfänge des Reichsautobahnbaus


Die nationalsozialistischen Medien verbreiteten ab dem Jahr 1933 die
Legende, dass Adolf Hitler bereits während seiner Haft in Landsberg am
Lech im Jahr 1924 den Plan hatte, nach der Machtergreifung ganz
Deutschland mit einem kreuzungsfreien Netz von Hochleistungsstraßen
zu überziehen.59 Selbst Fritz Todt, ab 1933 Generalinspektor für das
deutsche Straßenwesen und selbst die treibende Kraft hinter dem
Reichsautobahnbau, deckte diese Führerlegende in der Öffentlichkeit. In
einem Aufsatz schrieb er, dass „der Führer selbst […] als Festungshäftling
in Landsberg […] dieses kühne Konzept entwickelt hatte.“60

Im Gegensatz zu diesen propagandistischen Behauptungen findet sich in


den frühen Schriften Hitlers nichts, was auf diesen Plan hindeutet. Im
Gegenteil: Auch in Mein Kampf ging Hitler auf diese Idee nicht ein. Das
Thema Verkehr wird hingegen in einem gänzlich anderen Licht gesehen:

„Die Leichtigkeit des modernen Verkehrs schüttelt die Menschen


derart durcheinander, dass langsam und stetig die Stammesgrenzen
verwischt werden und so selbst das kulturelle Bild sich allmählich
auszugleichen beginnt.“61

Kann in dieser Einschätzung Hitlers noch eine deutliche Skepsis


gegenüber dem Aufbau einer modernen Straßeninfrastruktur gesehen
werden, änderte sich seine Einstellung spätestens mit der
Machtübernahme Anfang 1933 radikal. Keine zwei Wochen nach seiner
Ernennung zum Reichskanzler stellte Hitler in seinem Kabinett den Bau
von kreuzungsfreien Autostraßen zur Diskussion und klagte über Mängel

59
Busch: Geschichte des Autobahnbaus, S. 4.
60
Fritz Todt: Die Straßen Adolf Hitlers, in: Die Straße 6 (1939). S. 240.
61
Adolf Hitler: Mein Kampf, München 1938, Band 2, S. 647.
41

des deutschen Straßenwesens, die er während seiner „Kampfzeit“ bei


seinen Fahrten durch Deutschland nur allzu gut kennen gelernt habe.62

Nur zwölf Tage nach Amtsantritt kündigte Hitler öffentlich einen


ambitionierten Straßenbauplan an, als er am 11. Februar 1933 die
„Internationale Automobil- und Motorradausstellung“ in Berlin eröffnete:

„So wie das Pferdefuhrwerk einst sich seine Wege schuf, die Eisenbahn
den dafür nötigen Schienenweg baute, muss der Kraftverkehr die für ihn
erforderlichen Autostraßen erhalten“, führte Hitler in seiner Rede aus, und:
„Wenn man früher die Lebenshöhe von Völkern oft nach Kilometerzahl der
Eisenbahnschienen zu messen versuchte, dann wird man in Zukunft die
Kilometerzahl der für den Kraftfahrer geeigneten Straßen als Maßstab
dafür anzulegen haben.“63

Diese begeisterte Zuwendung Hitlers zum Projekt Autobahnbau stand in


eklatantem Gegensatz zur ursprünglichen Haltung der NSDAP zum
Autobahngedanken. Noch 1930 hatte die NSDAP als Oppositionspartei im
Deutschen Reichstag sämtliche Pläne zum Aufbau eines Autobahnnetzes
torpediert.64 Einerseits waren Teile des völkisch-nationalen Flügels der
Partei eher technikfeindlich eingestellt und daher gegen ein Großprojekt
dieses Ausmaßes gewesen. Andererseits waren in der Partei
antikapitalistische und antibürgerliche Vorbehalte gegen Autobahnen
artikuliert worden, die doch letztlich nur dem verschwenderischen Luxus
der gesellschaftlichen Oberschicht dienen könnten. Hinzu kam, dass
mehrere Mitglieder der HAFRABA, auf deren fertig ausgearbeitete Pläne
Zugriff genommen werden sollte, Juden waren.

62
Franz W. Seidler: Fritz Todt, Baumeister des Dritten Reiches, Berlin 1986, S. 97.
63
Zitiert nach Max Domarus: Hitler: Reden und Proklamationen, Band 1, Teil 1, 1932 –
1934, München 1965, S. 209.
64
Johannes – Wölki: Die Autobahn und ihre Rastanlagen, S. 12.
42

Ziel Hitlers musste es daher in dieser Phase sein, die parteiinternen


Widerstände zu versöhnen und die Autobahn als Ausdruck eines
Volksgemeinschaftsgedankens propagandistisch zu positionieren. Die
Kehrtwendung der NSDAP-Parteilinie hin zum Ausbau des Straßennetzes
war in erster Linie Ausdruck eines „politischen Gespürs für die
propagandistische Ausnutzbarkeit von Vorhaben, mit denen sich weite
Bevölkerungskreise begeistern und industrielle Profithoffnungen erfüllen
ließen.“65 Der Wille der neuen Regierung zum entschlossenen Fortschritt
musste breiten Bevölkerungsschichten gegenüber sichtbar gemacht
werden. Angesichts sechs Millionen Arbeitsloser sollte mit dem
Autobahngedanken und der damit verbundenen Arbeitsbeschaffung eine
optimistische Zukunftseinschätzung einhergehen. Aber auch Hitlers
persönliche Vorliebe für das Automobil als modernes und
zukunftsverheißendes Fortbewegungsmittel war ein Grund für die
Propagierung des Autobahngedankens.66

So war es nur konsequent, als Hitler am 1. Mai 1933 in seiner Rede zum
„Tag der deutschen Arbeit“ auf dem Tempelhofer Feld in Berlin den
Straßenneubau als eine „gigantische Aufgabe, die Milliarden erfordert“
bezeichnete. „Wir werden die Widerstände dagegen aus dem Wege
räumen und die Aufgabe groß beginnen. Wir werden damit eine Serie
öffentlicher Arbeiten einleiten, die mithelfen, die Arbeitslosenzahl immer
weiter herunterzudrücken.“67

Am 18. Mai 1933 beriet sich Hitler mit Verkehrsexperten über die
Umsetzung der Autobahnidee. Er bestand darauf, dass künftig der
Kraftwagenverkehr genauso eigene Verkehrswege in Deutschland haben
müsse wie die Eisenbahn. Einwände aus dem Reichsverkehrsministerium
zur mangelnden wirtschaftlichen Nutzbarkeit von Autobahnen wurden von
Hitler zurückgewiesen. In einer Klausurtagung mit hochrangigen

65
Kunze – Stommer: Geschichte der Reichsautobahn, S. 26.
66
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 58.
67
Domarus: Hitler: Reden und Proklamationen, Band 1, Teil 1, S. 263.
43

Vertretern der Industrie vom 27. bis 29. Mai 1933 referierte Hitler vor
Wirtschaftsgrößen wie Robert Bosch, Carl Friedrich von Siemens, Hugo
Stinnes oder Fritz Thyssen. Es gelang ihm dabei, diese vom Projekt zu
überzeugen oder zumindest klarzustellen, dass jeglicher Widerstand
dagegen zwecklos wäre.68

Nun galt es für Hitler, einen geeigneten Fachmann zu finden, der die in
Aussicht genommene Aufgabe in seinem Sinn projektieren, leiten und
überwachen konnte. Später sollte Hitler über ihn sagen: „Es war
notwendig für mich in erster Linie einen Mann zu suchen, dem ich das
Werk anvertrauen konnte […] und der vor allem mit unverbrauchtem,
gläubigem Sinn an diese Riesenarbeit heranging, […] der sagte: `Jawohl,
mein Führer, ich verstehe Ihre Auffassung, Ihren Auftrag. Vertrauen Sie
mir das an, ich werde dafür sorgen, dass wir das durchführen´.“69

Der gesuchte Mann war Dr.-Ing. Fritz Todt. Geboren 1891 in Pforzheim,
war er seit Jänner 1923 Mitglied der NSDAP und hatte an der
Technischen Hochschule München Bauingenieurswesen studiert. Seit
November 1921 hatte er als Ingenieur im Bauunternehmen Sager &
Woerner in München gearbeitet und ab 1927 dessen Abteilung für
Straßenbau geleitet. 1931 befasste er sich als Straßenbauexperte in
seiner Dissertation mit dem Bau von Landstraßendecken und lieferte
dabei unter anderem den Befund ab, dass „ein Überfall des Automobils
auf die Landstraßen70 stattgefunden [habe], dem diese zunächst restlos
unterlegen sind.“71 Im selben Jahr wurde Todt SA-Mitglied und übernahm

68
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 14.
69
Zitiert nach Eduard Schönleben: Fritz Todt. Der Mensch. Der Ingenieur. Der
Nationalsozialist, Oldenburg 1943, S. 111.
70
Seit 1914 hatte sich der KFZ-Bestand in Deutschland auf 1,5 Millionen
Motorfahrzeuge verfünffacht.
71
Fritz Todt: Fehlerquellen beim Bau von Landstraßendecken aus Teer und Asphalt,
Halle/Saale, Diss. 1931, S. 1
44

im neu gegründeten „Kampfbund Deutscher Architekten und Ingenieure“


(KDAI) das Amt des Leiters der Fachgruppe „Bauingenieure“.72

Die politische Arbeit im Dienst der NSDAP veranlasste Todt auch, seine
Gedanken in politischen Schriften zusammenzufassen. Im April 1932
sandte er seine Vorschläge zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit unter dem
Titel „Deutsche Arbeitsbelehnung“ an den Gauwirtschaftsberater Dr. Pfaff
in München. Im Dezember desselben Jahres ergänzte er diese
Überlegungen durch seine knapp 50 Seiten lange Denkschrift
„Straßenbau und Straßenverwaltung“, die wegen ihres braunen Einbandes
kurz „Brauner Bericht“ genannt wurde.

Darin kritisierte Todt zunächst das verkehrspolitische Versagen der


Weimarer Republik, dessen Schuld in einer zu schwachen technischen
Führung, in mangelnder Finanzplanung und in der zu kapitalistisch
eingestellten Industrie zu suchen sei. In einem zweiten Teil entwickelte er
Richtlinien für die künftige Entwicklung des Straßenbaus in Deutschland,
wobei er die Straßen als „Lebensadern der Nation“73 bewertete. Todt ging
von der Neuerrichtung eines 5.000 bis 6.000 Kilometer langen
Autobahnnetzes aus und schlug vor, durch verminderten Einsatz von
Baumaschinen bis zu 600.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Beim Bau von
Autobahnen und Landstraßen sollten die Aspekte der Landesverteidigung
ebenso Berücksichtigung finden wie der Personen- und Güterverkehr und
die Kulturförderung. Todt riet zur Einrichtung einer zentralisierten
staatlichen Institution als überwachender Zentrale für den Straßenbau. Ein
fähiger Fachmann mit zwei bis drei Mitarbeitern müsste genügen, schrieb
er, und empfahl sich damit selbst unübersehbar für höhere Aufgaben.

Dieser „Braune Bericht“ wurde von Todt an Rudolf Heß, damals Leiter der
Politischen Kommission des Braunen Hauses, gesandt. Heß legte ihn im
April 1933 Hitler vor, als jener Maßnahmen zur Beseitigung der

72
Seidler: Fritz Todt, S. 27 f.
73
Seidler: a.a.O., S. 31.
45

Arbeitslosigkeit konzipierte. Todt war zu diesem Zeitpunkt in der NSDAP


bereits als Straßenbaufachmann anerkannt. Diesem Ruf und auch einer
persönlichen Empfehlung des Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht
bei Hitler konnte Todt seine Berufung zum „Generalinspektor für das
deutsche Straßenwesen“ am 30. Juni 1933 verdanken.74 Durchgesetzt
hatte sich Todt damit gegen Gottfried Feder, den langjährigen
wirtschaftspolitischen Chefideologen der NSDAP, seit 1924 Mitglied des
Reichstages, der aber im Gegensatz zu Todt weder ein Praktiker noch ein
guter Organisator zu sein schien.

3.2 Organisationsstruktur
Nach Hitlers öffentlichen Ankündigungen wurden zunächst vehemente
Widerstände gegen das Projekt Reichsautobahn hörbar. Das
Reichsfinanzministerium bezweifelte die Finanzierungsmöglichkeit des
Großprojekts. Die Reichswehr befürchtete strategische Nachteile beim
Bau von Autobahnen in Grenznähe. Diese könnten etwa die Franzosen zu
einem raschen Einmarsch nach Deutschland motivieren. Speziell die
Reichsbahn, vertreten durch Generaldirektor Julius Dorpmüller, sah in den
neu geplanten Fernverkehrswegen eine drohende Konkurrenz für ihre
bisherige faktische Monopolstellung beim Personenverkehr, vor allem
aber bei der Güterbeförderung.

Aus machtstrategischen Überlegungen sollte daher die Reichsbahn in den


Autobahnbau eng eingebunden werden. Fritz Todt soll Hitler diesen
Schachzug vorgeschlagen oder ihn zumindest in diesem Vorgehen

74
Karl-Heinz Ludwig: Technik und Ingenieure im Dritten Reich, Düsseldorf 1974, S. 304.
Vgl. auch Hedwig Singer (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Organisation Todt,
Osnabrück 1998, S. 346.
46

bestärkt haben.75 Außerdem verfügte die Reichsbahn über genügend


Erfahrung und über die technischen und personellen Ressourcen zum
Aufbau und zur Verwaltung eines Infrastrukturprojektes dieses Ausmaßes.

Am 27. Juni 1933 wurde das „Gesetz über die Errichtung des
Unternehmens Reichsautobahnen“ erlassen. Darin wurden zwei neue
Institutionen geschaffen: Das „Unternehmen Reichsautobahnen“ als Filiale
der Deutschen Reichsbahn und das Amt des „Generalinspektors für das
deutsche Straßenwesen“.76 Der Generalinspektor sollte für die Gestaltung
und Linienführung der Autobahnen zuständig sein, das „Unternehmen
Reichsautobahnen“ war für die Bauausführung verantwortlich77. Das
Aufgabengebiet zwischen beiden Behörden war allerdings willkürlich
definiert und führte in der Folge immer wieder zu Kompetenzkonflikten.
Erst mit 1. Jänner 1941 wurde das „Unternehmen Reichsautobahnen“ als
Dienststelle in das Generalinspektorat eingegliedert. Die administrativen
Bindungen an die Reichsbahn wurden erst dann gelöst, als der Großteil
der Strecken bereits gebaut war.78

Mit dem „Erlass über den Generalinspektor für das deutsche


Straßenwesen“ vom 30. November 1933 stärkte Hitler die Position seines
Vertrauensmanns Todt, indem er ihn zum Leiter einer „Obersten
Reichsbehörde“ ernannte. Dieser Schritt Hitlers geschah ohne formellen
Beschluss des Reichskabinetts und gegen den Widerstand des Innen- und
Verkehrsressorts. Fritz Todt hatte jetzt annähernd ministerielle Gewalt und
unterstand vor allem direkt dem Reichskanzler. Dadurch war erstmals ein

75
Alfred Gottwaldt: Julius Dorpmüller, die Reichsbahn und die Autobahn, Verkehrspolitik
und das Leben des Verkehrsministers bis 1945, Berlin 1995, S. 40.
76
Der Titel „Generalinspektor“ griff auf Bezeichnungen im preußischen Heer zurück.
77
§ 3: „Das Unternehmen `Reichsautobahnen´ hat das ausschließliche Recht zum Bauen
und betreiben von Kraftfahrbahnen“; § 5: „Der Reichskanzler bestellt einen
Generaldirektor für das deutsche Straßennetz; dieser bestimmt die Linienführung und
Ausgestaltung der Kraftfahrbahnen.“
78
Vgl. Ludwig: Technik und Ingenieure im Dritten Reich, S. 333, und Gottwaldt: Julius
Dorpmüller, S. 42.
47

führerunmittelbares Zentralorgan außerhalb der Organisation der


Reichsregierung entstanden.79 Als Generalinspektor agierte er einerseits
als Behörde, andererseits als Wirtschaftsmanager - eine funktionale
Mischform, die bei gleichzeitiger faktischer Entmachtung des
Reichskabinetts eine Voraussetzung für den raschen Baubeginn war.80
Hinzu kam, dass Fritz Todt ab 1933 direkten Zugang zu Hitler hatte und so
die Durchsetzungskraft seines Amtes sukzessive erhöhen konnte.81

Eine weitere Stärkung erfuhr Fritz Todt als Generalinspektor für das
deutsche Straßenwesen mit dem „Gesetz über die einstweilige
Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltung“ vom 22.
März 1934. Dieses übertrug ihm die Vollmacht, alle Straßen im Reich neu
zu klassifizieren. Das Gesetz sah die vier Kategorien „Reichsautobahnen“,
„Reichsstraßen“, „Landstraßen I. Ordnung“ und „Landstraßen II. Ordnung“
vor. Der Generalinspektor konnte so Kompetenzen der Länder an sich
ziehen und hatte ein General-Aufsichtsrecht über alle Straßen
82
Deutschlands. Dies war ein wesentlicher organisatorischer Schritt gegen
die bisher vorherrschende organisatorische Zersplitterung im deutschen
Straßenwesen. Erst so wurde für den Reichsautobahnbau eine zentrale
Durchgriffsmöglichkeit geschaffen.

Die Planung der Linienführung sollte die „Gesellschaft zur Vorbereitung


der Reichsautobahnen“ (GEZUVOR) übernehmen. Auch die
wirtschaftliche, technische und verkehrspolitische Koordination lief hier
zusammen. Die Gesellschaft konstituierte sich am 18. August 1933 als
Nachfolgeorganisation der HAFRABA. Fritz Todt konnte somit auf die
Vorbereitungsarbeiten der HAFRABA Zugriff nehmen. Die umfangreichen
Detailplanungen waren in jeweils 20-Kilometer-Abschnitte gegliedert und
in insgesamt 70 Bänden dokumentiert – eine weitere entscheidende

79
Martin Broszat: Der Staat Hitlers, München 1969, S. 330.
80
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 59.
81
Seidler: Fritz Todt, S. 100.
82
Vgl. Karl Massar: Die deutschen Landstraßen, in: Die Straße 2 (1935), S 76 ff.
48

Voraussetzung für den zügigen Start des Reichsautobahnbaus. Bereits


am 1. Juni 1934 füllten die minutiös ausgearbeiteten Streckenpläne,
Gutachten und Kostenvoranschläge der GEZUVOR nicht weniger als 788
Bände, die bei Todts Behörde zur Entscheidung eingereicht wurden.83
Willy Hof, der bisherige Vorsitzende der HAFRABA, wurde zunächst auch
Vorsitzender der GEZUVOR, trat aber Ende 1934 von diesem Amt zurück.
Nur Hitler selbst sollte als Urheber der Autobahnidee in der deutschen
Öffentlichkeit sichtbar werden. 1935 wurde die GEZUVOR der
Reichsstelle für Raumordnung unterstellt und als „Gesellschaft zur
Vorbereitung der Reichsplanung und Raumordnung“ weitergeführt.

Das „Unternehmen Reichsautobahnen“ als Zweigunternehmen der


Deutschen Reichsbahn war in einen Vorstand und einen Verwaltungsrat
gegliedert. Zur Bauausführung wurden zunächst neun „Oberste
Bauleitungen für den Bau der Kraftwagenbahnen“ (OBK) gegründet. Die
erste Bauleitung nahm bereits am 24. Juni 1933 in Frankfurt am Main ihre
Tätigkeit auf, also noch vor der Erlassung des Reichsautobahn-Gesetzes.
Das zeigt, mit welcher Dringlichkeit die Arbeiten nach Wunsch Hitlers
beginnen sollten. Ab Dezember 1937 wurden sie „Oberste Bauleitungen
für die Reichsautobahnen“ (OBR) genannt. Das Wort „Kraftwagenbahn“
sei auch im Dienstgebrauch auszumerzen, schrieb Todt.84 Die
Straßenbeschilderungen hatten auf die „Reichsautobahn“ hinzuweisen,
nicht etwa bloß auf die „Autobahn“. Später wurde die Zahl der Obersten
Bauleitungen auf 15 erweitert. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 gab
es 17 Oberste Bauleitungen.85 Ihnen unterstellt waren 80 – später 100 –
regional organisierte Bauleitungen, die die Arbeit an den
Reichsautobahnbaustellen unter der Oberaufsicht des Generalinspektors
weitgehend selbstständig ausführten.

83
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 56.
84
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 56.
85
In Frankfurt am Main, München, Königsberg, Stettin, Essen, Köln, Hamburg, Dresden,
Breslau, Stuttgart, Halle, Hannover, Nürnberg, Kassel, Berlin, Linz und Wien.
49

3.3 Finanzierung
So ambitioniert das Projekt „Reichsautobahnen“ von Hitler 1933
angekündigt worden war, so wenig solide waren die Kostenkalkulationen,
die diesem Projekt zugrunde lagen. Charakteristisch für das Verhältnis
zwischen Baufortschritt und den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln
war, dass sich der Baufortschritt nicht an den verfügbaren Mitteln
orientierte. Die Aufbringung der Finanzmittel hatte sich nach den von Hitler
vorgegebenen Bauzielen zu richten.86 Hinzu kam, dass diese Bauziele
nicht zuletzt nach der Einverleibung Österreichs und des Sudetenlandes
immer wieder erweitert wurden und Hitler selbst mehrfach persönlich
Weisungen erteilte, die für die Haushaltsgebarung völlig unkalkulierbar
waren.87

Die Reichsbahn, der das „Unternehmen Reichsautobahnen“


organisatorisch angegliedert war, musste ein Grundkapital in Höhe von 50
Millionen RM bereitstellen.88 Dieser Betrag wurde als Startkapital bei der
Gründung des „Unternehmens Reichsautobahnen“ am 25. August 1933
eingezahlt. Insgesamt steuerte die Reichsbahn 3,1 Milliarden RM für den
Autobahnbau bei.89 Reichsbahn-Generaldirektor Julius Dorpmüller wurde
im Gegenzug Vorsitzender des Verwaltungsrates und des Vorstandes der
Reichsautobahnen.

86
Friedrich Hartmannsgruber: „… ungeachtet der noch ungeklärten Finanzierung“.
Finanzplanung und Kapitalbeschaffung für den Bau der Reichsautobahnen 1933 – 1945,
in: Historische Zeitschrift 278, 2004, H. 3, S. 638.
87
Vgl. Hartmannsgruber: a.a.O. S. 648: Im März 1935 ließ Hitler bei Bayreuth die
Bauarbeiten plötzlich einstellen, da er bei planmäßiger Fortführung eine Beeinträchtigung
des Landschaftsbildes oder der Linienführung befürchtete.
88
Vgl. Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, S. 13: Hier wird
betont, dass dieser Akt ein schweres Opfer und eine Demütigung für die Bahn darstellte,
„ohne dass sie sich dessen erwehren konnte“.
89
Lothar Gall und Manfred Pohl (Hrsg.): Die Eisenbahn in Deutschland – Von den
Anfängen bis zur Gegenwart, München 1999, S. 217.
50

Die zweite Finanzstütze sollte ein unter der Ägide der Reichsbank
konzipiertes System der Finanzierung durch Wechselkredite sein. Zu
diesem Zweck wurde eine „Reichsautobahnen-Bedarfs-Gesellschaft
m.b.H.“ (RABG) als Tochter der Deutschen Verkehrs-Kredit-Bank AG
gegründet - eine reine Phantomfirma, die reelle Kapitalkraft vorspielen
sollte.90 Das „Unternehmen Reichsautobahnen“ erhielt von der RABG
gegen Ausstellung von Wechseln die notwendigen Mittel zur Bezahlung
von Unternehmen und Lieferanten. Diese Wechsel wurden von der
Verkehrs-Kredit-Bank diskontiert und von der Reichsbank rediskontiert,
ein durchaus riskantes Verfahren, auf dessen Grundlage bis 1936
Darlehen in Höhe von 600 Millionen RM zusammenkamen.

Obwohl das Reich die Garantie für die Verbindlichkeiten übernahm,


musste ständig um die Gewährung ausreichender Kredite gerungen
werden. Die Direktion und der Verwaltungsrat der Reichsautobahnen
konnten keine langfristigen Finanzplanungen vornehmen. Der oberste
Bauherr selbst blieb angesichts der unsicheren Finanzgrundlagen
unbeeindruckt. Immer wieder wies Hitler den Generalinspektor an, den
Reichsautobahnbau jedenfalls in der vereinbarten Geschwindigkeit
auszuführen, da er neben der Sicherstellung der Aufrüstung die wichtigste
Finanzierungsaufgabe des Reiches sei.91

Trotz des Widerstands Adolf Hitlers zog sich die Deutsche Reichsbank
unter ihrem Präsidenten Hjalmar Schacht im Jahr 1936 aus dem
Finanzierungsmodell über die Wechselkontingente zurück, da dieses
budgetpolitisch nicht mehr vertretbar war. Nun mussten rasch neue
Kreditquellen und zusätzliche Einnahmenfelder lukriert werden.

Schon im Dezember 1935 hatte Reichsfinanzminister Schwerin von


Krosigk die stärkere Einbindung der „Reichsanstalt für
Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ (RAVAV)

90
Hartmannsgruber: Finanzplanung und Kapitalbeschaffung, S. 654.
91
Hartmannsgruber: a.a.O., S. 659.
51

gefordert. Diese konnte Überschüsse verbuchen, da infolge der


Konjunkturbelebung zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich weniger
Arbeitslosenversicherungsbeiträge ausgezahlt werden mussten.92 In den
folgenden Jahren übernahm die RAVAV den Löwenanteil der
Kreditfinanzierung und steuerte so bis zur Einstellung des Autobahnbaus
1942 fast drei Viertel aller Finanzzuschüsse bei. Das entsprach einem
Gesamtinvestitionsaufkommen von fast 60 %.93 Die Gesamtschuld des
„Unternehmens Reichsautobahnen“ bei der Arbeitslosenversicherung
betrug im Frühjahr 1943 dreieinhalb Milliarden Reichsmark. Dabei wurde
völlig außer Acht gelassen, dass die Versichertenbeiträge der
Arbeitslosenversicherung für den Reichshaushalt wie eine verdeckte
Steuer zweckentfremdet wurden.94

Folgende Aufstellung verdeutlicht den Anteil der Kreditbeiträge der


einzelnen Institutionen und deren Anteil an den effektiven Baukosten.95

Tabelle 1: Anteil der Kreditbeiträge und Baukosten

% der Kredite % der Baukosten


Deutsche Reichsbahn 8,8 7,1
Reichsfinanzministerium 10,3 8,3
Reichsversicherung 2,2 1,7
Privatversicherungen 5,2 4,2
RAVAV 73,5 59,4

Trotz der millionenschweren Zuschüsse verschiedener meist öffentlicher


Institutionen mussten weitere Einnahmequellen aus dem Kraftverkehr
selbst erschlossen werden. Dabei sollte die vom Regime erwünschte

92
Seidler: Fritz Todt, S. 121.
93
Die finanziellen Zuschüsse der RAVAV waren beträchtlich: 1937: 225 Mio. RM, 1938:
250 Mio. RM, 1939: 800 Mio. RM, 1940: 500 Mio. RM, 1941: 1.200 Mio. RM. 1942/43
kamen nochmals 510 Mio. RM hinzu.
94
Hartmannsgruber: Finanzplanung und Kapitalbeschaffung, S. 665.
95
Zahlen zitiert nach Busch: Geschichte des Autobahnbaus, S. 16.
52

Motorisierung aber nicht beeinträchtigt werden. Eine Kraftfahrzeugsteuer


für Neuwagen oder die Einführung einer Autobahnmaut wie in Italien
kamen daher nicht in Frage. Schon § 13 des Finanzausgleichsgesetzes
vom 9. April 1927 hatte die Einhebung von Benutzungsgebühren für
öffentliche Straßen untersagt.96 Im Reichsautobahn-Gesetz vom 27. Juni
1933 war hingegen die Möglichkeit einer Bemautung von
Autobahnstrecken ausdrücklich vorgesehen97. Sie wurde aber nicht
umgesetzt.98

Im Juni 1936 wurde eine Beförderungssteuer-Novelle erlassen, die den


gewerblichen Güter- und Personenverkehr stärker besteuerte. Mit 1.
Dezember 1936 ließ Hitler die Mineralölsteuer und den Benzinzoll
erhöhen. Schon Ende 1935 waren die Abgaben auf Diesel und Schmieröl
angehoben worden.99 Pro Liter Benzin mussten 1936 um die 40 Pfennig
bezahlt werden – etwa der halbe Stundenlohn eines Facharbeiters.100

All diese finanzpolitischen Maßnahmen konnten eine exzessive


Kostenexplosion beim Bau der Reichsautobahnen nicht verhindern.
Generalinspektor Todt und Reichsbahn-Generaldirektor Dorpmüller
gingen im Jahr 1934 noch von einem Baukilometerpreis von rund 500.000
RM aus. Ende desselben Jahres lagen die tatsächlichen Kosten bereits
bei 738.000 RM. In den folgenden Jahren steigerten sich die
Baukilometerkosten auf 757.000 RM (1936) und legten pro weiteres
Baujahr rund 60.000 RM zu. Im März 1940 überschritten sie mit 1.120.000

96
Martin Kornrumpf: HAFRABA e.V. Deutsche Autobahnplanung 1926-1934. Bonn 1990,
S. 37 ff.
97
Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens Reichsautobahnen vom 27. Juni
1933: § 7: „Das Unternehmen Reichsautobahnen hat das Recht, Benutzungsgebühren zu
erheben. Der Gebührentarif bedarf der Genehmigung des Reichsverkehrsministers.“
98
Vgl. Ludwig: Technik und Ingenieure im Dritten Reich, S. 308.
99
Kaftan: Der Kampf um die Autobahnen, S. 162 f.
100
Heidrun Edelmann: Vom Luxusgut zum Gebrauchsgegenstand. Die Geschichte der
Verbreitung von Personenkraftwagen in Deutschland, Frankfurt am Main 1989, S. 180 ff.
53

RM für jeden errichteten Autobahnkilometer die Millionengrenze. Nur der


vom Krieg erzwungene Baustopp konnte die in Gang gesetzte
Kostenspirale stoppen.101

Gründe für die ständig steigenden Investitionen waren speziell in den


Anfangsjahren der hohe Personalaufwand an den Baustellen und der
ständig drohende Baustoffmangel, etwa bei Zement und Kies. Durch das
von oben vorgegebene kühne Bauziel von 1.000 fertig gestellten
Autobahnkilometern pro Jahr wurden Fehler und Schlampigkeiten in der
Bauausführung in Kauf genommen. Deren Reparaturen forderten hohen
finanziellen Tribut. Auch die ausgiebige Einbeziehung
landschaftsästhetischer Aspekte und die Beschäftigung von
Landschaftsanwälten rissen große Löcher ins Baubudget. Der Bau von
Zubringerstraßen zu den Reichsautobahnen wurde ursprünglich nicht in
der Kostenkalkulation berücksichtigt, schlug sich dann aber doch massiv
auf die Gesamtkosten nieder.

Als kostensenkend erwies sich die Möglichkeit, die vorhandene


Infrastruktur der Reichsbahn nützen zu können, zum Beispiel beim
Transport von Baufrachten zum Dienstguttarif oder bei der
Inanspruchnahme von Räumlichkeiten der Reichsbahndirektion. Auch die
umfassenden technischen Projektstudien der HAFRABA, die ja fertig
ausgearbeitet vorlagen, schlugen nicht mehr budgetär zu Buche. Die
Enteignung von Grundstücken für den Trassenbau musste zwar
„angemessen“ sein.102 In der Praxis wurden aber Grundstücke von
Gebietskörperschaften oft zu einem symbolischen Preis übergeben,
andere Liegenschaften deutlich unter ihrem Verkehrswert abgelöst. Die
jeweiligen Entschädigungsbescheide waren gerichtlich nicht anfechtbar.

101
Vgl. Hartmannsgruber: Finanzplanung und Kapitalbeschaffung, S. 652 ff., der sich mit
den vorliegenden Zahlen auf Prüfungsberichte des Rechnungshofes des Deutschen
Reiches und des Hauptprüfungsamts der Deutschen Reichsbahn bezieht.
102
Vgl. § 9 des Gesetzes über die Errichtung eines Unternehmens Reichsautobahnen
vom 27. Juni 1933.
54

Die Finanzierung des Reichsautobahnbaus endete in einem budgetären


Desaster, auch und gerade weil diese mit der immer stärker werdenden
Finanzierung der Kriegs- und Rüstungsindustrie konkurrierte. Am 18.
September 1944 löste Albert Speer als Rüstungsminister das
„Unternehmen Reichsautobahnen“ auf und überführte es in die
unmittelbare Reichsverwaltung. Das ohnehin hoch verschuldete Reich
musste somit in die Schuldverhältnisse des Unternehmens eintreten. Bis
zum 31. März 1945 hatte sich in Zusammenhang mit dem
Reichsautobahnbau die ungeheure Summe von 4.564.670.000 RM103 an
Verbindlichkeiten angehäuft – ein riesiger Schuldenberg, dessen Tilgung
nur der verlorene Krieg ersparte.104

3.4 Das Reichsautobahn-Netz


Dank der umfassenden Vorarbeiten der HAFRABA konnten die
Bauarbeiten an den Reichsautobahnen rasch begonnen werden. Schon
am 23. September 1933 vollzog Hitler den ersten Spatenstich an der
geplanten Autobahnstrecke Frankfurt am Main – Darmstadt – Heidelberg.
Doch war dies mehr ein propagandistischer Akt. Der nahende Winter ließ
die Arbeiten zunächst ins Stocken geraten. Fritz Todt startete dennoch am
19. Dezember 1933 bei Elbling die Bauarbeiten für eine Teilstrecke nach
Königsberg, um ein Zeichen gegen die in Ostpreußen besonders hohe
Arbeitslosigkeit zu setzen.

Am 21. März 1934 eröffnete Hitler die Baustelle in Unterhaching an der


geplanten Reichsautobahnstrecke München – Landesgrenze. Zeitgleich
wurden – über das gesamte Deutsche Reich verstreut – die Arbeiten an
insgesamt 22 Baustellen aufgenommen. Unter der Aufsicht der Obersten
Bauleitungen wurden zu diesem Zeitpunkt 15.000 Arbeiter an den
Baustellen verpflichtet. Die Auswahl der Bauplätze folgte dabei nicht

103
Busch: Geschichte des Autobahnbaus, S. 17.
104
Hartmannsgruber: Finanzplanung und Kapitalbeschaffung, S. 681.
55

primär verkehrspolitischen Kriterien. Vielmehr ging es darum, die groß


angelegten Bauarbeiten für die Bevölkerung im Land sichtbar zu machen,
um daraus einen größtmöglichen propagandistischen Erfolg zu erzielen.105
Im Oktober 1934 waren bereits 1.500 Autobahnkilometer in Bau.

Sieben Monate später, am 19. Mai 1935, konnte als erste


Autobahnstrecke des Dritten Reiches das Teilstück zwischen Frankfurt
und Darmstadt für den Verkehr freigegeben werden. Die Verbindung war
zwar nur 22 Kilometer lang. Doch noch im selben Jahr folgten die
Eröffnungen der Strecken München – Holzkirchen (25 Kilometer) und
Darmstadt – Heidelberg (mit immerhin 61 Kilometer Länge).

Charakteristisch für die Anfangsjahre des Reichsautobahnbaus war, dass


zunächst nur relativ kurze Teilstücke fertig gestellt werden konnten. Erst
ab 1940 wurde das geplante zusammenhängende Autobahnnetz deutlich
erkennbar. Bereits im August 1933 hatte Fritz Todt den Plan für ein
Grundnetz von 7.000 Kilometer Länge in Aussicht gestellt. Ende 1938
wurde der Grundnetzplan nach dem Anschluss Österreichs und der
Einverleibung des Sudetenlandes von 7.000 auf 12.000 Kilometer erhöht.

Der Gesamtnetzplatz sah zwei Nord-Süd-Linien vor, die einerseits von


Lübeck über Hamburg und Frankfurt am Main nach Karlsruhe (entlang der
ursprünglichen HAFRABA-Linie) und andererseits von Königsberg über
Berlin nach Leipzig führen sollten. Drei Autobahnverbindungen sollten als
West-Ost-Tangenten angelegt werden: Die Strecken Karlsruhe – Ulm –
München – Salzburg, Kassel – Dresden – Breslau sowie vom Ruhrgebiet
über Hannover und Berlin nach Frankfurt an der Oder. Drei weitere
Autobahnfernstrecken sollten Deutschland diagonal queren, und zwar
über die Routen Duisburg – Passau, Hamburg – Gleiwitz und Aachen –
Hamburg.106

105
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 60.
106
Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, S. 15.
56

Das Olympiajahr 1936 war der Auftakt der „Autobahnjahre“, die Zeit des
größten Fortschritts im Reichsautobahnbau. Am 27. September 1936
wurde auf der Strecke Berlin – Breslau der 1.000ste Autobahnkilometer
dem Verkehr übergeben. Gleichzeitig wurden vier weitere Strecken
eröffnet. Bis 1938 konnte eine große Anzahl von Autobahnenteilstücken in
Betrieb genommen werden. Allein in diesem Jahr waren es 42
Teilstrecken.

Zur rascheren Verwirklichung einigten sich Reichskanzler Hitler,


Generalinspektor Todt und Reichbahndirektor Dorpmüller auf das
anspruchsvolle Ziel, ab nun das Autobahnnetz jährlich um jeweils 1.000
Kilometer zu erweitern. Dieser Plan konnte bis zum Ausbruch des Krieges
eingehalten werden. Am 17. Dezember 1937 wurde der 2.000ste
Kilometer eröffnet, am 15. Dezember 1938 der 3.000ste.107 Die folgende
Tabelle gibt einen Überblick über die Anzahl der pro Baujahr fertig
gestellten Baukilometer der Reichsautobahnen.108

Tabelle 2: Darstellung des Baufortschritts 1935 – 1941

Jahr 1935 1936 1937 1938 1939 1940 1941


Km/Jahr 108 979 923 1036 255 436 90
Gesamt 108 1087 2010 3046 3301 3737 3827

Der Höhepunkt des Autobahnbaus war 1938 längst überschritten. Zum


einen hatte sich die Arbeitsmarktlage nicht zuletzt durch die Forcierung
der Rüstungsindustrie erholt, und an vielen Autobahnbaustellen waren die
Arbeitskräfte knapp geworden. Zum anderen waren wegen der Errichtung
einer Vielzahl von militärisch bedeutsamen Bauten einschneidende

107
Johannes – Wölki: Die Autobahn und ihre Rastanlagen, S. 189 Anm. 17.
108
Stern: a.a.O., S. 18.
57

Materialbeschränkungen auferlegt. So mussten etwa vermehrt Natursteine


statt Stahlbetonkonstruktionen verwendet werden.109

Im Juni 1938 betraute Hitler außerdem Fritz Todt mit der Aufgabe, den
Westwall auszubauen. Mit immensem Tempo wurden die Arbeiten in
Angriff genommen. Für die „Organisation Todt“ (OT) wirkten an diesem
Projekt im Oktober 1938 bereits 342.000 Arbeiter mit, die meisten von
ihnen zwangsrekrutiert. Hinzu kamen noch 100.000 Arbeiter des
Reichsarbeitsdienstes (RAD) und zahlreiche Pionierdivisionen. Todt ließ
zwar mit 6.000 Arbeitern verhältnismäßig wenige von den
Reichsautobahnbaustellen abziehen. Er musste aber ein Drittel der
vorhandenen Baumaschinen und ein Fünftel des zugeteilten
Zementkontigents für den Westwallbau zur Verfügung stellen.110

Am 14. September 1941 wurde der letzte Spatenstich für eine


Autobahnbaustelle vorgenommen. Zur Jahreswende 1941/42 musste Todt
nicht zuletzt unter dem Eindruck des Russlandfeldzuges einen
allgemeinen Baustopp verfügen. Bis auf wenige Rest- und
Sicherungsarbeiten wurde daraufhin der Bau komplett eingestellt.
Ingenieure und Techniker wurden abgezogen und waren fortan meist im
Rahmen der „Organisation Todt“ tätig, etwa zur Wiederherstellung
zerstörter Brücken in den besetzten Gebieten.

3.870 Kilometer Reichsautobahnen waren bis zu diesem Zeitpunkt


vollendet worden. Rund 800 Kilometer im Bau befindlicher Strecken
blieben unfertig zurück. Von den fertig gestellten Autobahnen bestanden
rund 80 % aus Betonplatten111, 10 % waren gepflastert, weitere 10 %
waren mit bituminöser Straßendecke ausgeführt. Die voneinander

109
Vgl. Busch: Geschichte des Autobahnbaus, S. 19: Im Jahr 1937 wurde nur mehr ein
Drittel der Menge Baustahl verwendet wie noch ein Jahr zuvor.
110
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 82.
111
Vgl. Karl Lärmer: Autobahnbau in Deutschland 1933 bis 1945. Zu den Hintergründen.
Berlin 1975, S. 58: Im Jahr 1933 hatte es in ganz Deutschland gerade einmal 565
Kilometer betonierter Straßen gegeben.
58

getrennten Richtungsfahrbahnen hatten eine Einheitsbreite von jeweils 7


½ Metern. Bei rund 500 Kilometer Reichsautobahnen war von vornherein
nur eine in beiden Richtungen befahrbare Fahrbahn vorgesehen, etwa in
den besonders verkehrsarmen Regionen Thüringens und Schlesiens. 112

3.5 Die Reichsautobahn-Baustellen

3.5.1 Die Lage der Bauarbeiter

Im Zentrum des Projektes Reichsautobahn sollte nach den Vorstellungen


Hitlers eine neue „Arbeitsoffensive“ stehen, die im Frühjahr 1934
eingeleitet wurde.113 Dies brachte mit sich, dass nicht nur gelernte
Bauarbeiter an den Autobahnbaustellen zum Einsatz kamen, sondern vor
allem auch Arbeitslose. Denn die „Arbeitsschlacht“ an den
Reichsautobahnen zielte primär auf eine Beschäftigung
langzeitarbeitsloser Familienväter aus den städtischen Ballungszentren
ab.

Bis 1934 erhielt das „Unternehmen Reichsautobahnen“ für jeden


Arbeitslosen, den es beschäftigte, eine Grundförderung von der
„Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“
(RAVAV) in Höhe von 2 bis 3 ½ RM pro erbrachtem Tagwerk. Die 360
deutschen Arbeitsämter vermittelten so meist ungelernte Arbeiter an die
Reichsautobahn-Baustellen. Parteimitglieder mit einer Mitgliedsnummer
unter 500.000 wurden bevorzugt, landwirtschaftliche Arbeiter durften nicht
vermittelt werden.114

112
Steininger: Raum – Maschine Reichsautobahn, S. 68.
113
Werner Fehl: „Die Autobahn wird immer glätter, die Bonzen immer fetter…“. Streiks
und kollektives Protestverhalten von Autobahnarbeitern 1934 und 1935, in: Oliver von
Mengersen (Hrsg.): Personen – soziale Bewegungen – Parteien, Beiträge zur Neuesten
Geschichte, Heidelberg 2004, S. 205.
114
Seidler: Fritz Todt, S. 109.
59

Um die größtmögliche Anzahl von Arbeitslosen beschäftigen zu können,


wurden in den ersten beiden Jahren des Reichsautobahnbaus
Baumaschinen kaum eingesetzt. Stattdessen verwendete man
Feldbahnen, und es herrschte an den Baustellen Handarbeit vor.115 Zum
anderen lag der Grund darin, dass manche Spezialmaschinen zur
Herstellung von Betondecken zu diesem Zeitpunkt noch nicht entwickelt
oder lieferbar waren. Die Autobahnbauarbeiter mussten somit die
schweren Erdhubarbeiten ohne Bagger und nur mit Schaufel und Spaten
händisch verrichten. Viele – vor allem ungelernte vermittelte Arbeitslose –
waren der ungewohnt harten körperlichen Arbeit langfristig nicht
gewachsen.

Neben der schlechten Ernährung waren auch die Unterkünfte der


Bauarbeiter in einem durchwegs miserablen Zustand. Ab dem Frühjahr
1934 wurden viele von ihnen in Stallungen, Firmenbaracken, Zelten oder
aufgelassenen Fabrikgebäuden untergebracht. Diese notdürftigen
Übernachtungsmöglichkeiten konnten im Sommer weder die Hitze
ausreichend abhalten noch waren sie winterfest. Hinzu kamen mitunter
überlange Wegstrecken von den Unterkünften zu den Einsatzorten.
Fußmärsche von 12 bis 15 Kilometern und bis zu 3 Stunden Wegzeit
waren keine Seltenheit.116

Die schlechte Entlohnung speziell der von den Arbeitsämtern vermittelten


städtischen Arbeitslosen war kaum höher als die
Arbeitslosenunterstützung und erreichte in den strukturschwachen
Gebieten meist nur 60 % der entsprechenden großstädtischen Tarife.117
Im Gegensatz zur hemmungslosen Glorifizierung der Bauarbeiten an der

115
Vgl. Heinz Herbert Cohrs: Faszination Baumaschinen. Erdbewegung durch fünf
Jahrhunderte, Isernhagen 1995, S. 108 f.
116
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 69.
117
Fehl: Streiks und kollektives Protestverhalten von Autobahnarbeitern 1934 und 1935,
S. 206.
60

Reichsautobahn in den Medien kursierte an den Autobahnbaustellen bald


das Wort von der „Hunger- und Elendsbahn“118.

Spätestens ab Herbst 1934 waren die Reichsautobahn-Baustellen keine


gefragten Arbeitsplätze mehr unter den städtischen Erwerbslosen. Sehr
hoch war die Anzahl der Arbeitsunfälle. In den ersten fünf Baujahren
verunglückte – statistisch betrachtet – auf jeden sechsten
Autobahnkilometer ein Bauarbeiter tödlich.119 Besonders häufig
anzutreffen war eine Unfallerscheinung, die bald unter dem Namen
„Schipperkrankheit“ bekannt wurde. Damit wurde ein Abrissbruch von
Wirbeldornfortsätzen an der Hals- und Brustgrenze bezeichnet.120 Die
Verletzungsursache stimmte mit dem Tätigkeitsbild des typischen
Autobahnarbeiters exakt überein: Die „Schipperkrankheit“ betraf in erster
Linie schlecht genährte, an schwere körperliche Arbeit nicht gewöhnte
Menschen, die unter ungünstigen Arbeitsbedingungen und unter hoher
Belastung regelmäßig und kontinuierlich schwere und schwerste
121
körperliche Arbeit leisten mussten.

Viele sahen ihre letzte Chance in Baustellenflucht oder in einer


provozierten Entlassung. Wer als vermeintlich untauglich enttarnt wurde,
musste mit einer Sperre sämtlicher Unterstützungen bis zu 12 Wochen
rechnen.122 Die allgemeine Unzufriedenheit der Arbeiter in den
Autobahnlagern entlud sich in Schlägereien, Zwistigkeiten und manchmal
in exzessivem Alkoholkonsum. Der kollektive Unmut steigerte sich ab dem
Jahr 1934 derart, dass das Verhalten einzelner Gruppen gegenüber
Bauleitungen und Lagerverwaltung immer provokativer wurde. Neben
demonstrativ skandierten Grußformeln wie „Heil Moskau!“ oder „Rot-

118
Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, S. 16.
119
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 72.
120
Kunze – Stommer: Geschichte der Reichsautobahn, S. 34.
121
Theodor Bauer: Die Entstehung und Verhütung der Schipperkrankheit, in: Die Straße
5 (1938), S. 587 f.
122
Robert Adam: Die Vermittlung von Arbeitskräften zur Reichsautobahn, in: Die Straße
1 (1934), S. 175 ff.
61

Front!“ in den Baulagern wurden bald Parolen laut wie „Heil unserem
Führer, das Volk wird immer dürrer!“ oder „Die Autobahn, sie macht uns
tot, wir wählen morgen wieder rot!“123

Im März 1935 warf das Zentralbüro der DAF dem Generalinspektor vor,
dass sich die Lager der Reichsautobahn zu „Brutstätten neuer
kommunistischer Umtriebe“124 entwickelten. Zu ersten
Arbeitsniederlegungen war es an Autobahnbaustellen bereits im März
1934 gekommen. Im Herbst spitzte sich die Situation an der
Streckenbaustelle Hamburg – Bremen zu. Am Morgen des 12. Oktober
1934 traten beim Baulos Gyhum 380 Beschäftigte in den Streik – eine der
größten und folgenreichsten Arbeitsniederlegungen in der Geschichte des
Dritten Reiches.125 Grund war nicht nur die völlige physische und
psychische Erschöpfung der Arbeiter. Es war auch zu
Auseinandersetzungen mit der Siemens-Bauunion über die Auszahlung
des Verpflegungsgeldes gekommen.

Den Streikenden wurde vom Bauleiter eine Frist von einer halben Stunde
gestellt. Nach fruchtlosem Ablauf ließ Fritz Todt Lager und Dorf sowie den
Bahnhof Gyhum von Gendarmerie und einer Landjägereinheit besetzen
und einen Sonderzug zum Transport der Streikenden in ein
Konzentrationslager zusammenstellen. Unter diesem massiven Druck
wurde den doch noch Arbeitswilligen die Chance gegeben, sich bis 18.00
Uhr in eine Liste einzutragen. 239 Bauarbeiter machten davon Gebrauch,
die restlichen 141 Streikenden lehnten immer noch die Wiederaufnahme
der Arbeit ab. Sie wurden nach Berlin abgeschoben. Dort verhörte sie die
GESTAPO mit dem Ziel, die kommunistischen Rädelsführer
herauszufinden. Letztlich blieben sieben Personen in Haft.

123
Fehl: Streiks und kollektives Protestverhalten von Autobahnarbeitern 1934 und 1935,
S. 210.
124
Fehl: a.a.O., S. 208.
125
Fehl: a.a.O., S. 212.
62

Bei Fritz Todt und den anderen Behörden herrschte Übereinstimmung


darüber, dass ein Streik im nationalsozialistischen Staat unmöglich sei
und dass im Interesse der Arbeitsdisziplin energisch durchgegriffen
werden müsse.126 Vor allem die miserable Unterbringung und die
schlechte Verpflegung und Bezahlung durch die Siemens-Bauunion waren
für den Ausbruch dieses Streiks verantwortlich gewesen.

Ähnliche Fälle von kollektivem Protestverhalten ereigneten sich im Lager


Bursinsee bei Eberswalde. Bei Göttingen nahmen sogar sechs SA-Leute
an einem Solidaritätsstreik teil und forderten die Wiedereinstellung eines
fristlos entlassenen Arbeiters, nachdem dieser seinen Vorgesetzten
beleidigt hatte.127 Als im November 1934 in Oberfranken die Auszahlung
der Tageszulage eingestellt werden sollte, legten zahlreiche Arbeiter ihre
Arbeitsgeräte nieder und sangen öffentlich die Internationale. Zwanzig der
Anstifter wurden von SA-Mannschaften ins Zentralgefängnis nach
Bayreuth gebracht. Auch unter Saararbeitern in Ostpreußen, im Lager
Groß-Rödersdorf und in Württemberg kam es zeitweise zu
Arbeitsniederlegungen mit dem Ziel, die soziale Lage der Arbeiter zu
verbessern. Die in die Illegalität gedrängten Organisationen der
Arbeiterbewegung (Sozialdemokratische Partei, KPD) verfolgten die
Proteste zwar mit großem Interesse. Ihnen fehlten aber die
organisatorischen Strukturen, um das Konfliktverhalten direkt beeinflussen
zu können.128

Für Generalinspektor Todt konnte die so entladene Unzufriedenheit der


Reichsautobahn-Bauarbeiter keinesfalls überraschend sein. Denn auf
Inspektionsreisen hatte er sich selbst ein Bild über die trostlose Lage an
den Autobahnbaustellen machen können. Als erste Sofortmaßnahme
versuchte er, die Autobahnlager und Baustellen zu isolieren. Besuche

126
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 72.
127
Fehl: Streiks und kollektives Protestverhalten von Autobahnarbeitern 1934 und 1935,
S. 215.
128
Fehl: a.a.O., S. 228
63

sollten künftig ausschließlich mit Genehmigung Todts oder der jeweiligen


Bauleitungen möglich sein. Außerdem ging es ihm darum, die
Arbeitsämter derart zu beeinflussen, dass diese möglichst nur linientreue
Arbeiter oder SA-Leute vermittelten, auf keinen Fall aber „nicht genügend
gefestigte oder marxistische Elemente“.129 Allerdings war zu diesem
Zeitpunkt das Interesse von SA-Leuten, am Autobahnbau mitzuwirken,
schon merklich abgekühlt.

Um die Motivation der restlichen Baumannschaften zu sichern, war es nun


notwendig ein Zeichen zu setzen. Fritz Todt versicherte den
„Arbeitskameraden“, für ihre Belange einzutreten und für ordentliche
Unterkünfte und Verpflegung zu sorgen.130 Das Amt „Schönheit der Arbeit“
hatte bereits 1933 einen Entwurf von Musterbaracken mit Sanitär- und
Unterkunftsräumen vorgelegt. Das erste Musterlager der Autobahn an der
Strecke Berlin – Stettin wurde bei Werbellin am 16. Dezember 1934 von
Fritz Todt und Robert Ley mit großem propagandistischen Aufwand
eröffnet. Die deutsche Arbeitsfront (DAF) hatte in die Errichtung der
Musterbaracken für die Reichsautobahnarbeiter zwei Millionen RM
investiert.131

Als flankierende Maßnahme sollte nun auch die Freizeitgestaltung der


Bauarbeiter organisiert werden – eine Aufgabe der DAF-Unterorganisation
„Kraft durch Freude“ (KdF). Der Belegschaft im Musterlager wurden
abends Tonfilme gezeigt, die NS-Kapelle spielte und gelegentlich trat ein
Komiker auf.132 Im Herbst 1935 wurde sogar eine Wanderbühne
gegründet, und 30 Wanderbüchereien pendelten zwischen den
Autobahnlagern. Die Bücherkisten wurden jeden Monat unter den

129
Fehl: a.a.O., S. 216 f.
130
Windisch-Hojnacki: Die Reichsautobahn, S. 115.
131
Michael Schneider: Unterm Hakenkreuz: Arbeiter und Arbeiterbewegung 1933 bis
1939, Bonn 1999, S. 226.
132
Friedhelm Indefrey: „Kraft durch Freude“ in den Reichsautobahnlagern, in: Die Straße
3 (1936), S. 22.
64

Autobahnlagern ausgetauscht.133 Auch Rätselzeitschriften,


Tageszeitungen und die amtliche Ausgabe der Zeitschrift des
Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen Die Straße lagen in
den Arbeitslagern auf. Der Propagandaband „Feierabend an der
Reichsautobahn“ von Hans Schmodde aus dem Jahr 1937 sollte nach
außen hin das Bild einer harmonischen Freizeitgestaltung der
Reichsautobahnarbeiter festigen und so die weiterhin schlechten Arbeits-
und Wohnbedingungen in den Reichsautobahnlagern überdecken.

Am 13. Dezember 1934 verpflichtete das „Gesetz über die Unterkunft bei
Bauten“ die Bauunternehmen, geeignete Schlaf- und
Aufenthaltsräumlichkeiten bereit zu stellen, Küche, Gemeinschafts- und
Trockenräume sowie Waschräume mit fließendem Kalt- und Warmwasser.
Doch letztlich waren die sozialpolitischen Maßnahmen Todts nur
halbherzig und konnten die Lage für das Gros der Bauarbeiter nicht
nachhaltig verbessern.

Als im Jahr 1936 die Vollbeschäftigung erreicht werden konnte, wurden


die Arbeitskräfte knapp – und die Bauunternehmen mussten den Arbeitern
höhere Löhne zugestehen. So waren es letztlich marktwirtschaftliche
Kriterien, die dann doch eine leichte Verbesserung zumindest der
finanziellen Situation der Bauarbeiter bewirken konnten. Damit einher ging
auch die zunehmende Mechanisierung der Bauvorgänge, also der
vermehrte Einsatz von Baumaschinen.

3.5.2 Zwangsarbeit

Mit dem Höhepunkt des Reichsautobahnbaus 1936 wurde der


Arbeitskräftemangel an den Baustellen immer drückender. Grund war
einerseits die Verkündung des „1.000-Kilometer-Programms“. Hitler
versprach erstmals öffentlich im Juni 1937 bei der Eröffnung einer

133
Vgl. Hans-Malte Surén: Freizeitgestaltung in den Unterkunftslagern der
Reichsautobahnen, in: Die Straße 2 (1935), S. 836 f.
65

Teilstrecke bei Dresden, jedes Jahr „weitere 1.000 Kilometer dem Verkehr
zu übergeben, und in sieben Jahren sind wir dann mit unserer ersten
Portion fertig.“134 Andererseits wanderten viele Arbeitskräfte in andere
Industriezweige ab, die eine weniger anstrengende körperliche
Arbeitstätigkeit versprachen.

Um das angekündigte Plansoll von 1.000 Baukilometern pro Jahr zu


erreichen, wurden im November 1937 in Schlesien selbst Frauen und
Kinder mit der Herstellung von Granitpflaster beschäftigt.135 Mit dem
Anschluss Österreichs und der Vermittlung arbeitsloser Österreicher zum
Reichautobahnbau entspannte sich zwar die Lage vorübergehend. Ab Mai
1938 verschlang dann aber der forcierte Ausbau des Westwalls so viele
Arbeitskräfte, dass der Arbeitsmarkt keine nennenswerten Reserven mehr
zur Verfügung stellen konnte.

Als im Jahr 1939 lediglich 255 Streckenkilometer für den Verkehr


freigegeben werden konnten, sah Generalinspektor Todt im Einsatz von
Kriegsgefangenen einen Ausweg. Das Reicharbeitsministerium und auch
das Auswärtige Amt stimmten im Sommer 1940 dem Plan zu, 10.000
vorwiegend osteuropäische Kriegsgefangene an den Autobahnbaustellen
zu beschäftigen.

Voraussetzung war die bauliche Adaptierung der Autobahnlager. Statt 18


Mann sollten nun 36 Gefangene in jeder Baracke untergebracht, die Lager
mit Stacheldraht umzäunt und die Stubenfenster vergittert werden.136 Im
Herbst 1940 waren von insgesamt 62.600 Arbeitskräften bereits 28.600
Kriegs- und Zivilgefangene als Zwangsarbeiter im Einsatz.137

134
Domarus: Hitler: Reden und Proklamationen, Band 1, Teil 2, 1935 – 1938, S. 702.
135
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 81.
136
Seidler: Fritz Todt, S. 111.
137
Zitiert nach Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 87.
66

Anders verhielt es sich zunächst mit dem Einsatz von Juden an den
Reichsautobahnbaustellen. Die Rassenpolitik des nationalsozialistischen
Staates zielte seit 1933 darauf ab, Juden sukzessive aus dem
Arbeitsleben auszuschalten. Im Dezember 1934 verfügte Fritz Todt als
Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, dass Aufträge an
jüdische Firmen in Zusammenhang mit dem Reichsautobahnbau zu
unterlassen seien.138 Und noch 1939 schrieb Todt in einer Weisung an die
Arbeitsämter, dass der Einsatz von Juden nicht mit dem Ansehen der
Reichsautobahnen als `Straßen des Führers´ vereinbar sei. Die Tätigkeit
jüdischer Zwangsarbeiter in Zulieferbetrieben - wie z.B. in Steinbrüchen
oder Kiesgruben - tat hingegen diesem „Ansehen“ offensichtlich keinen
Abbruch.139

Doch nach einigen Jahren Krieg wurde dieses „ideologische Tabu“


gebrochen.140 Um den Weiterbau an der Strecke Frankfurt a. d. Oder –
Posen nicht zu gefährden, erhielt Generalinspektor Todt vom Chef der
Sicherheitspolizei und des SD am 1. November 1940 die Genehmigung,
polnische Juden zum Zwangseinsatz beim Reichsautobahnbau ins
Altreich zu holen. Diese mussten allerdings von den übrigen Arbeitskräften
separiert untergebracht werden. Ihre Rückführung nach Beendigung der
Arbeiten musste gewährleistet sein.141

Die ersten 1.300 polnischen Juden (Männer und Frauen) wurden


daraufhin von der Ghettoverwaltung Litzmannstadt Ende Dezember 1940
zur Strecke Frankfurt a. d. Oder – Posen vermittelt. Arbeitsrecht und

138
Karl Lärmer: Autobahnbau in Deutschland 1933 bis 1945, S. 84. Zum Einsatz
jüdischer Arbeiter vgl. auch Karl Lärmer: Berlin Mitte – Zentrale des
Reichsautobahnbaus, in: Berlinische Monatsschrift 09.2000, S. 17 ff.
139
Vgl. Götz Aly u.a. (Hrsg.): Arbeitsmarkt und Sondererlass. Menschenverwertung,
Rassenpolitik und Arbeitsamt, Berlin 1990, S. 116.
140
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 64.
141
Wolf Gruner: Juden bauen die „Straßen des Führers“. Zwangsarbeit und
Zwangsarbeitslager für nichtdeutsche Juden im Altreich 1940 bis 1943/44, in: Zeitschrift
für Geschichtswissenschaft 44 (1996), S. 791.
67

Mindestlöhne wurden dabei völlig beiseite gelegt. Nach einer Forderung


Himmlers nach Niedrigstentlohnung blieb den jüdischen Zwangsarbeitern
nach zahlreichen Abzügen im Durchschnitt nur ein Tagessold von 10
Pfennig.142

Im Mai 1941 arbeiteten an den Baustellen Stettin – Danzig, Frankfurt –


Posen – Litzmannstadt und Breslau – Krakau insgesamt schon mehr als
7.000 Juden. Der Höhepunkt der Beschäftigung jüdischer Zwangsarbeiter
wurde Ende November 1941 erreicht. Von insgesamt 60.638 an den
Autobahnbaustellen eingesetzten Arbeitern waren zu diesem Zeitpunkt
20.333 Kriegsgefangene und 8.012 Juden. Davon wurde mindestens die
Hälfte auf deutschem Reichsgebiet eingesetzt.143

In Oberschlesien wurde SS-Brigadeführer Albrecht Schmelt zum


Sonderbeauftragten des Reichsführers der SS für den so genannten
„fremdvölkischen Arbeitseinsatz“ berufen. Ohne seine Zustimmung durften
weder staatliche Behörden noch Privatunternehmen zwangsrekrutierte
Juden beschäftigen. Mit der generellen Einstellung der Arbeiten für die
Reichsautobahn Anfang 1942 wurden die Kriegsgefangenen und auch die
jüdischen Zwangsarbeiter in der Regel Rüstungsbaustellen zugewiesen.

Die Reichsautobahnbehörde unterhielt zu diesem Zeitpunkt zumindest 22


Lager mit jüdischen Zwangsbeschäftigten, davon neun in Brandenburg,
zwölf in Schlesien und eines im Raum Trier. Außerdem hatte sie Zugriff
auf die jüdischen Insassen weiterer 50 Zwangsarbeitslager auf
reichsdeutschem Boden, die von privaten Baufirmen unterhalten
wurden.144

142
Gruner: Zwangsarbeit und Zwangsarbeitslager für nichtdeutsche Juden im Altreich
1940 bis 1943/44, S. 792.
143
Gruner: a.a.O., S. 796.
144
Gruner: a.a.O., S. 807.
68

Die ideologische Maxime, alle Juden aus Deutschland zu vertreiben, war -


zumindest vorläufig - zugunsten eines raschen Ausbaus der Ost-West-
Autobahnachsen von der NS-Führung und vom
Reichssicherheitshauptamt über Bord geworfen worden. Nach der
endgültigen Einstellung des Reichsautobahnbaus wurden die meisten
Lager im Jahr 1943 aufgelöst.
69

4. Propaganda und Motive

4.1 Inszenierung des Autobahnbaus


Zeitgleich mit der Planung und Errichtung eines Reichsautobahn-Netzes
startete eine massive Propagandamaschinerie, die das Bild der
Reichsautobahnen in der öffentlichen Wahrnehmung nachhaltig prägte
und zum Teil bis heute nachwirkt. Ziel der umfassenden Maßnahmen war
es, durch die Präsentation des technischen Vorzeigemodells
Reichsautobahn die Macht- und Raumerschließung des NS-Regimes zu
symbolisieren und dadurch die Diktatur zu stabilisieren.145

Als Produkt technischer Höchstleistungen sollten die Reichsautobahnen


als ästhetische Bauwerke „Symbole einer neuen Zeit und eines in
Weiterplanung schöpferischen Willens“146 sein - ein Ausdruck der
„historischen Überlegenheit des nationalsozialistischen
Gesellschaftssystems im Vergleich zu bürgerlich-demokratischen oder
sozialistischen Gesellschaftsformen.“147

Hitler selbst war der hohe propagandistische Wert der Autobahnidee für
die Kreation eines „neuen faschistischen Menschenbildes“ in einer auf
Volks- und Rassegedanken basierenden Volksgemeinschaft148 sehr
bewusst. 1935 sagte er bei der Eröffnung der Internationalen

145
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 66 f.
146
Fritz Hornschuch: Die Straßen Adolf Hitlers in der Kunst. Künstler und
Reichsautobahn, in: Die Straße 3 (1936), S. 574.
147
Kurt H. Lang und Rainer Stommer: „Deutsche Künstler – an die Front des
Straßenbaues!“ Fallstudie zur nationalsozialistischen Bildgattung „Autobahnmalerei“, in:
Rainer Stommer (Hrsg.): Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten Reichs. Analysen zur
Ästhetik eines unbewältigten Mythos, Marburg 1995, S. 92.
148
Lang – Stommer: a.a.O.
70

Automobilausstellung in Berlin über die Reichsautobahnen: „Sie werden in


wenigen Jahren eines der gewaltigsten Propagandamittel […] sein.“149

Sämtliche Register der medialen Massenbeeinflussung wurden ab 1933


gezogen, um die neuen Autobahnen auf die Person Adolf Hitler zu
fokussieren. Die Reichsautobahnen sollten als „Straßen des Führers“ in
der Öffentlichkeit wirken und die Wirklichkeit als „zur Kultur gewordene
technische Leistung“150 inszenieren. Fritz Todt als faktischer Promotor des
Autobahnbaus deckte diese Führerlegende. Es dürfe keinesfalls der
Eindruck entstehen, dass er die die Autobahn gebaut habe, soll er in
vertrautem Kreis geäußert haben. Die Reichsautobahnen müssten einzig
und allein als die „Straßen des Führers“ gelten.151 Gleichzeitig sollten auch
die Leistungen der HAFRABA vergessen werden.

Eine weitere Stoßrichtung der Propaganda lag darin, den Autobahnbau als
zentrale Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und als den entscheidenden
wirtschaftsbelebenden Faktor zu positionieren. Die „Arbeitsschlacht“ an
den Reichsautobahnbaustellen musste als scheinbar allheilbringendes
Instrument gegen die Massenarbeitslosigkeit in Szene gesetzt werden.

Keine denkbare mediale Form der Propagierung des Autobahngedankens


wurde dabei ausgelassen. In Malerei und Fotografie, in Lyrik und
Romanen fand sich das Sujet ebenso wieder wie in Dokumentar- und
Spielfilmen und sogar in Form von Briefmarken und Brettspielen. Auch in
Tages- und Wochenzeitungen wurden Bauplanungen und –fortschritte
euphorisch gefeiert.152

149
Zitiert nach: Meinhold Lurz: Denkmäler an der Autobahn – die Autobahn als Denkmal,
in: Rainer Stommer (Hrsg.): Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten Reichs. Analysen
zur Ästhetik eines unbewältigten Mythos, Marburg 1995, S. 157.
150
Christina Uslular-Thiele: Autobahnen, in: Kunst im Dritten Reich. Dokumente der
Unterwerfung. Ausstellungskatalog Frankfurter Kunstverein 1974, S. 82.
151
Zitiert nach: Manfred von Brauchitsch: Ohne Kampf kein Sieg, Berlin 1967, S. 66 ff.
152
Erhard Schütz: „Jene blassgrauen Bänder“ oder „Anmut, Härte und Zielstrebigkeit“.
Die Reichsautobahn in Literatur und anderen Medien des „Dritten Reiches“, in:
71

In der Anfangszeit war es Fritz Todt selbst, der die Pressearbeit übernahm
und eine nahezu unüberschaubare Fülle von Beiträgen in
Fachzeitschriften verfasste.153 Ab 1934 war Todt als Generalinspektor für
das deutsche Straßenwesen Herausgeber seines eigenen
Propagandamittels, der Zeitschrift Die Straße. Sie erschien alle 14 Tage
unter der Schriftleitung des Chefredakteurs Friedrich Heiß mit einer
Auflage von 50.000 Exemplaren als „Popularisierungsmedium für die
`Straßen des Führers´“.154 Unter weitgehender Unabhängigkeit vom
Propagandaministerium veröffentlichte Die Straße bis zu ihrer Einstellung
im Jahr 1943 technische und ökonomische Fachartikel, aber auch
Fotoserien, Statistiken, Erzählungen, Gedichte und Landschaftsbilder rund
um das Thema Reichsautobahnen.155

Eine besondere Bedeutung kam den publikumswirksam inszenierten


Spatenstichfeiern und Eröffnungszeremonien zu. An möglichst vielen
Stellen gleichzeitig im Reich war mit den Autobahnbauarbeiten begonnen
worden, um die Bevölkerung in dem Glauben zu wiegen, dass mit dem
Projekt Reichsautobahnen ein „gigantischer ökonomischer
Aufwärtstrend“156 verbunden sei. Im Februar 1935 sprach Hitler in seiner
Rede bei der Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung in Berlin
davon, welches „gewaltige Dokument friedlichen Fortschrittes“157 das fertig
gestellte Reichsautobahnnetz darstelle.

Internationales Archiv für Sozialgeschichte der Deutschen Literatur 18 (1993), Heft 2, S.


80 ff.
153
Vgl. Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 24: Die Fachzeitschriften waren
z.B. „Das Motorrad“, „Motor“, „Motor und Sport“, „Neue Kraftfahrerzeitung“,
„Ostpreußische Motorwelt“, „Die Räder“.
154
Schütz: Blassgraue Bänder, S. 81 ff.
155
In der Anfangszeit konkurrierte Die Straße mit der Zeitschrift Die Autobahn der
HAFRABA-Mitglieder Willy Hof und Kurt Kaftan. Am 1. Februar 1935 wurde Die Autobahn
eingestellt und mit dem amtlichen Blatt des Generalinspektors Die Straße vereinigt.
156
Busch: Geschichte des Autobahnbaus in Deutschland bis 1945, S. 31.
157
Domarus: Hitler: Reden und Proklamationen, Band 1, Teil 2, S. 481.
72

Bei der allerersten Spatenstichfeier am 23. September 1933 bei Frankfurt


am Main bekamen 720 zuvor erwerbslose Bauarbeiter vor der Frankfurter
Börse ihre Spaten ausgehändigt – eine bewusst gewählte
propagandistische Ausdrucksform mit dem Ziel, ein deutlich sichtbares
Zeichen gegen die Arbeitslosigkeit zu setzen. Hitler beschwor gleichsam
als „überirdischer Sendbote der Vollbeschäftigung“158 in seiner Rede den
Fleiß, die Fähigkeit und die Entschlusskraft der deutschen Arbeiter und
mahnte, dass das „große Werk an diesem Tag beginnen solle“.159

„Unter dem Jubel der Arbeiter ergriff der Führer […] seinen Spaten und
trat an die Baugeleise“, schrieb Fritz Todt über den eigentlichen Beginn
des Autobahnbaus am Mainufer bei Frankfurt.160 Das Foto vom tatkräftig
schaufelnden Führer als „erstem Arbeiter der Nation“ wurde zu einem der
auflagenstärksten Postkartenmotive und fand auch als Wahlkampfsujet für
die geplante „Reichstagswahl“ im November 1933 Verwendung. Am Ort
des symbolischen ersten Spatenstiches wurde ein Gedenkstein
aufgestellt, die Nachbildung des Originalspatens im Deutschen Museum
präsentiert.161

Noch pompöser als die Spatenstichfeiern inszenierte das Regime die


Eröffnungszeremonien. Als am 19. Mai 1935 die 22 Kilometer lange
Strecke zwischen Frankfurt und Darmstadt als erste Autobahn des Dritten
Reichs eröffnet wurde, mobilisierte man 600.000 Menschen. Sie bildeten
eine ebenso lange Menschenmauer entlang des neuen Straßenabschnitts.
Die tödlich verunglückten Arbeiter wurden wie Kriegshelden geehrt, eine
scheinbare Einmütigkeit zwischen Volk und Führer fingiert. Hinter Hitler

158
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 42
159
Vgl. Völkischer Beobachter vom 24./25.9.1933, S 1.
160
Fritz Todt: Adolf Hitler und seine Straßen, in: Adolf Hitler. Bilder aus dem Leben des
Führers, hrsg. vom Cigaretten-Bilderdienst, Hamburg 1935, S. 81.
161
Der Spaten, mit dem Hitler im März 1934 den Spatenstich für die Reichsautobahn
München – Salzburg vollzogen hatte, wurde am 17. November 1990 bei einer Auktion in
München von einem japanischen Privatmann um umgerechnet 8.700 Euro ersteigert; vgl.
Meldung 090 der österreichischen Presseagentur APA vom 18. November 1990.
73

und den Vertretern der Reichsregierung fuhr eine 20 Kilometer lange


Wagenkolonne, darunter 165 Großlastwagen mit 4.000 Arbeitern.162 Die
Propaganda sollte davon ablenken, dass keiner der Arbeiter jemals in die
Lage versetzt werden konnte, in absehbarer Zeit die Reichsautobahn im
eigenen Fahrzeug zu befahren.

Beschworen wurden die Eröffnung der „Arbeitsschlacht“ und die


angestrebte Überwindung der Arbeitslosigkeit, aber eben auch die
Reichseinheit und nicht zuletzt militärische Stärke. Ein neues
Autobahnteilstück nahe Breslau wurde Anfang Herbst 1936 nicht zufällig
unter Anwesenheit Hitlers mit einer Militärparade eingeweiht. Am 27.
September dieses Jahres waren auch die ersten 1.000 Baukilometer fertig
gestellt. Fünf Teilstrecken wurden an diesem Tag gleichzeitig eröffnet.

Das relativ moderne und raumübergreifende Medium Rundfunk verstärkte


den Propagandaeffekt der Eröffnungszeremonien. Die
„Volksgemeinschaft“ konnte gleichsam flächendeckend informiert und
indoktriniert werden. Führerreden zu Spatenstichfeiern wurden ebenso
übertragen wie etwa Weihnachtsansprachen des Generalinspektors. Bei
der Vollendung des 1.000sten und 2.000sten Kilometers verbreitete der
Rundfunk Sondersendungen.163 Schon im August 1933 sollte Deutschland
mit dem Hörspiel „Wir bauen eine Straße“ von Thilo Scheller über das
Medium Radio auf den bevorstehenden Autobahnbau eingeschworen
werden. Drei Jahre später fanden die ersten 1.000 Kilometer ihren
Niederschlag im Sprechchorspiel „Die Straße in das Reich“164.

Die Zielrichtung der Autobahnpropaganda war durchschaubar: Die


Reichseinheit und „zupackende, zukunftsmächtige Gestaltungskraft des

162
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 54.
163
Vgl. Hans-Günther Marek: Rundfunk und Reichsautobahn, in: Die Straße 4 (1937), S.
110 ff: Die Sendungen hießen „Dem 1.000sten Kilometer entgegen“ und „Dem 2.000sten
Kilometer entgegen“.
164
Thilo Scheller: Die Straße in das Reich. Sprechchorspiel. Musik von Dietrich
Steinbecker, in: Die Straße 3 (1936), S. 24.
74

Nationalsozialismus“165 sollten dokumentiert werden. Das neue


Streckennetz sollte als „Lebensader der Nation“ eine Kulturtat ersten
Ranges sein – ein Ausdruck deutschen Ingenieurswesen und des
erhofften Sieges über die Arbeitslosigkeit. Die in jeder Hinsicht überhöhte
Propagierung der Autobahnidee in der Öffentlichkeit sollte gleichzeitig
dem NS-Staat stabilisierende Wirkung verleihen und ihm selbst dabei ein
Denkmal setzen, das nach den Intentionen der Akteure sinnbildend und
identitätsstiftend weit in die Zukunft wirken sollte.

4.2 Verkehrspolitische Bedeutung

4.2.1 Personenkraftwagenverkehr

Ein nicht zu unterschätzendes Motiv für den Aufbau und Ausbau eines
Reichsautobahnnetzes war Hitlers persönliche Begeisterung für den
Automobilismus. Im Zeitraum zwischen seiner Haftentlassung 1924 und
der Machtergreifung 1933 hatte Hitler im Auto auf deutschen Straßen etwa
1 ½ Millionen Kilometer zurückgelegt.166

Das Kraftfahrzeug als modernitätsverheißendes Vehikel167 sollte sich in


millionenfacher Ausführung über tausende Kilometer von
Reichsautobahnen wälzen, außerdem tausende Lastkraftwagen und KdF-
Busse – so Hitlers Vision. Neben seiner persönlichen Vorliebe für das
Auto waren aber auch das propagandistische, wirtschaftliche und
militärpolitische Potenzial entscheidende Faktoren für die Realisierung des
Autobahnprojekts.

Demgegenüber stand, dass die Motorisierung in Deutschland beim Start


des Autobahnprogramms im Jahr 1933 noch wenig fortgeschritten war.

165
Hartmannsgruber: Finanzplanung und Kapitalbeschaffung, S. 626.
166
Ian Kershaw: Hitler 1889 – 1936, Stuttgart 1998, S. 613.
167
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 58.
75

Die Deutschen galten bisher allenfalls als ein Volk der Motorradfahrer168.
Personenkraftwagen waren trotz der Steuerbefreiung beim Kauf für die
breite Masse der Bevölkerung unerschwinglich.169 Sonntagsausflüge oder
Individualurlaubsreisen mit dem eigenen Fahrzeug fanden kaum statt.

Im Mai 1933 kündigte Hitler in einer Versammlung vor Industriellen an, die
Anzahl der Personenwagen in Deutschland um drei bis vier Millionen
Stück erhöhen zu wollen. 1936 reduzierte er allerdings diese Vorgabe und
ging von einem PKW-Gesamtbestand von drei bis vier Millionen Stück
aus.170 Die nationalsozialistische Motorisierungspolitik war allerdings auch
in den folgenden Jahren weit davon entfernt, dieses Ziel zu erreichen. Die
Tabelle gibt Aufschluss über die tatsächliche Zahl von gemeldeten
Kraftfahrzeugen in Deutschland im Zeitraum von 1933 bis 1939 am
Beginn des jeweiligen Jahres.171

Tabelle 3: Anzahl gemeldeter KFZ in Deutschland 1933 – 1939

Jahr Motorräder Personenwagen KFZ gesamt


inkl. Kleinkrafträder
1933 866.017 561.042 1,633.297
1934 894.042 580.987 1,682.985
1935 983.994 674.523 1,887.632
1936 1,058.656 809.727 2,157.811
1937 1,184.081 945.085 2,474.591
1938 1,327.189 1,108.433 2,848.466
1939 1,582.872 1,305.608 3,364.503

168
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 142
169
Ein Luxuswagen von Daimler-Benz kostete zwischen 20.000 und 30.000 RM. Das
monatliche Durchschnittseinkommen lag unter 500 RM.
170
Ludwig: Technik und Ingenieure im Dritten Reich, S. 318.
171
Quelle: Motorschau vom Februar 1940, zitiert nach Dorothee Hochstetter:
Motorisierung und „Volksgemeinschaft“. Das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps
(NSKK) 1931 – 1945, München 2005, S. 185.
76

Der selbst auferlegte Anspruch des NS-Regimes auf


Massenmotorisierung des deutschen Volkes wurde somit klar verfehlt. Der
Motorisierungsgrad im Deutschen Reich hinkte im Vergleich zu
Großbritannien oder Frankreich immer noch um rund zehn Jahre
hinterher. 1938 betrug in Deutschland das Verhältnis Einwohner zu
Personenkraftwagen 1 zu 51, in Großbritannien bereits 1 zu 24 und in
Frankreich 1 zu 23.172

In den USA hatte bereits 1935 jeder fünfte Einwohner einen


Personenkraftwagen. Der Ausbau des Straßennetzes konnte mit dieser
rasanten Verkehrsentwicklung allerdings nicht mithalten.173 Als der junge
John F. Kennedy 1937 auf Besuch in Deutschland eine Reichsautobahn
befahren hatte, schrieb er: „Wir fuhren auf einer der neuen Autobahnen,
die die besten Straßen der Welt sind. In Deutschland allerdings wirklich
unnötig, weil der Verkehr gering ist, aber sie würden in den Vereinigten
Staaten großartig sein, weil es keine Geschwindigkeitsbegrenzung
gibt.“174

Und ein US-amerikanischer Straßenbauingenieur aus Michigan brachte


1938 die Diskrepanz zwischen Verkehrsstärke und Straßenraum in
Deutschland auf den Punkt, indem er nicht ohne Neid feststellte:
„Germany has the roads, while we have the traffic.“175

172
Hans-Joachim Braun: Anfänge der Massenmotorisierung, in: Hans-Joachim Braun
und Walter Kaiser (Hrsg.): Energiewirtschaft, Automatisierung, Information seit 1914,
Frankfurt am Main 1992, S. 115.
173
s. oben Kapitel 2.3.4
174
John F. Kennedy: Wilde Jugend, Frankfurt am Main 1993, S. 236; John F. Kennedy
(1917 – 1963) war von 1961 bis 1963 der 35. Präsident der USA.
175
Bruce E. Seely: Visions of American Highways 1900 – 1980, in: Helmuth Trischler
und Hans Liudger Dienel (Hrsg.): Geschichte der Zukunft des Verkehrs.
Verkehrskonzepte von der frühen Neuzeit bis zum 21. Jahrhundert, Frankfurt am Main
1997, S. 269.
77

Angesichts des sich nur zögernd steigernden Verkehrsaufkommens ließen


die Streckenführungen nur eine geringe Raumerschließungswirkung
erwarten176, und der verkehrspolitische Sinn von Reichsautobahnen wurde
auch in Deutschland selbst in Zweifel gezogen. Die Einwände des
Verkehrs- und Finanzministeriums schob Hitler aber genauso beiseite wie
den anfänglichen Widerstand der Reichsbahn. Auch im wissenschaftlichen
Umfeld wurde zunächst der Nutzeffekt unüberhörbar hinterfragt. Professor
Georg Halter von der Technischen Hochschule München setzte sich ab
dem Herbst 1933 in mehreren Denkschriften mit der Frage der
Sinnhaftigkeit der Bauwerke auseinander. Er kam zum Schluss, dass die
bestehenden Landstraßen und Eisenbahnwege für den Personen- und
Warentransport vollauf geeignet seien. Die hohe Reisegeschwindigkeit auf
den Autobahnen würde, so Halter, das Landschaftserlebnis eher vereiteln
als ermöglichen. Nicht zuletzt wegen der unvorteilhaften
volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Rechnung seien die
Reichsautobahnen „Straßen für den heiteren Lebensgenuss reicher
Leute“.177 Im Jänner 1934 wies Fritz Todt Professor Halter in einem
Schreiben zurecht, dass die Verbreitung derartiger Gedanken
unerwünscht und mit der Tätigkeit eines Hochschulprofessors in
Deutschland unvereinbar sei.

Der fehlende verkehrspolitische Nutzen der neuen Autobahnen sollte


durch den Bau eines „Volkswagens“ gleichsam nachträglich legitimiert
werden. Schon 1934 hatte Hitler in Aussicht gestellt, dass in absehbarer
Zeit breite Volksschichten die Autobahnen nützen könnten. Das Auto
sollte nicht mehr Kennzeichen der gesellschaftlichen Oberklasse sein,
sondern als wirkliches „Volksauto“ auch für den Mittelstand erschwinglich
werden.

176
Vgl. Christopher Kopper: Modernität und Scheinmodernität nationalsozialistischer
Herrschaft. Das Beispiel der Verkehrspolitik, in: Christian Jansen, Lutz Niethammer und
Bernd Weisbrod (Hrsg.): Von der Aufgabe der Freiheit. Politische Verantwortung und
bürgerliche Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin 1995, S. 399 ff.
177
Zitiert nach Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 20 ff.
78

Bei der Eröffnung einer Reichsautobahnstrecke nahe Dresden entwickelte


Hitler einmal mehr die zu diesem Zeitpunkt völlig utopische Vision von
stark frequentierten Autobahnen: „Millionen unserer Volkswagen, die
großen Omnibusse unserer KdF-Fahrten und die gewaltigen Fernlast- und
Reisetransporte werden über diese Straßen rollen.“178

Neben der verkehrspolitischen Komponente war das Volkswagen-Projekt


auch ein Versuch des NS-Regimes, eine scheinbare Überwindung der
Klassenspaltung zu suggerieren. Die Propaganda sollte darin gipfeln,
Hitler zum Initiator der Massenmotorisierung zu stilisieren.179

Unter der Projektleitung der Deutschen Arbeitsfront (DAF) wurde am 26.


Mai 1938 offiziell der Grundstein für das Volkswagen-Werk bei
Fallersleben – dem heutigen Wolfsburg – gelegt.180 Ferdinand Porsche
erhielt den Auftrag, einen „KdF“-Wagen zu konstruieren, dessen
Kaufsumme Hitler mit 900, später 990 RM, festsetzte – ein Endpreis, der
nicht einmal die Materialkosten deckte.

Den künftig motorisierten „Volksgenossen“ wurde der Erwerb eines „KdF“-


Wagens in Form von Sparverträgen angeboten: „Fünf Mark die Woche
musst du sparen, willst du im eignen Wagen fahren!“181, lautete der
attraktiv scheinende Werbeslogan. Nach vier Jahren und sieben Monaten
sollte der Preis für das Auto abbezahlt sein. Insgesamt beteiligten sich
336.000 Sparer an der Aktion. Doch der Traum vom mobilen Glück auf
den eigenen vier Rädern war zum Zerplatzen verurteilt. Malte die
Propaganda das Bild vom Freizeitvergnügen der Deutschen im eigenen
Auto auf der Reichsautobahn, hielt die Wirklichkeit diesem Bild alles
andere als stand. Bis Kriegsende wurden lediglich 630 bis 650 KdF-

178
Domarus: Hitler: Reden und Proklamationen, Band 1, Teil 2, S. 702.
179
Vgl. Heidrun Edelmann: Der Traum vom Volkswagen, in: Trischler und Dienel (Hrsg.):
Geschichte der Zukunft des Verkehrs, S. 286.
180
Vgl. Reichel: Der schöne Schein des Dritten Reiches, S. 310.
181
Zitiert nach Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S. 164.
79

Wagen produziert. Demgegenüber liefen in Fallersleben über 50.000


Kübelwagen und über 14.000 Amphibienfahrzeuge vom Band182 – die
militärische Stoßrichtung der Motorisierungskampagne war anhand der
Produktionszahlen unübersehbar.

„Das Deutschland des Autobahnreisenden ist menschenleer“ stand im


Dezember 1938 in einem Feuilleton der Frankfurter Zeitung zu lesen.183
Die mangelnde Auslastung und verkehrspolitische Deplatziertheit der
mehrspurigen Autobahnen wurde mitunter hinter poetischen Worten
kaschiert: „Eine große Ruhe liegt über den Straßen des Führers.“184

Die Rechtfertigung für das gigantische Bauprojekt, dessen in den 1930er-


Jahren nur wenige bedurften, wurde in der Fachpublizistik manchmal in
die ferne Zukunft projiziert. So hieß es in einem Artikel der Zeitschrift Die
Straße im Jahr 1939: „Für das kraftfahrende ganze deutsche Volk von
morgen, nicht für die uns immer noch verhältnismäßig wenigen Vorläufer
von heute, baut Dr. Todt die `Straßen des Führers´, auf denen und durch
die das Kraftfahrwandern in Großdeutschland so ganz besonders schön
geworden ist.“185

Geradezu gefeiert wurde vom NS-Regime der Pfingstverkehr als jährlicher


Höhepunkt der Autobahnstatistik, etwa als während der Pfingstfeiertage
1939 auf der Autobahn Köln – Düsseldorf an einem Tag 20.000
Fahrzeuge gezählt wurden186. Die negativen Folgen einer
Massenmotorisierung wie Umweltbelastung oder chronische
Verkehrsüberlastung, die ab den 1950er-Jahren über Deutschland

182
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 145.
183
Walter Dirks: Das Dreieck auf der Autobahn. Impressionen von einer Fahrt Frankfurt –
Berlin – München – Frankfurt, in: Frankfurter Zeitung. Reichsausgabe Nr. 631/632 vom
11. Dezember 1938, S. 5, zitiert nach Schütz: Blassgraue Bänder, S. 110 ff.
184
Wilfried Bade: Das Auto erobert die Welt, Berlin 1938, S. 331.
185
Walter Ostwald: Fröhliches Kraftfahrwandern, in: Die Straße 6 (1939), S. 282.
186
Rudolf Hoffmann: Der Kraftverkehr zu Pfingsten, in: Die Straße 6 (1939), S. 379.
80

hereinbrechen sollten, waren in dieser Phase des Motorisierungsaufbaus


nicht vorstellbar.

Zu denken geben musste die hohe Anzahl schwerer Verkehrsunfälle. Von


1933 bis 1939 verunglückten pro Jahr durchschnittlich zwischen 6.500 und
8.000 Personen bei Unfällen auf deutschen Straßen tödlich.187 Die Zahl
lag damit deutlich höher als im wesentlich stärker motorisierten Frankreich
oder Großbritannien. Einer der Hauptgründe lag paradoxerweise im
geringeren PKW-Bestand in Deutschland. Denn entsprechend dichter war
der Verbreitungsgrad von Motorrädern. Das Risiko, mit dem Motorrad
tödlich zu verunglücken, war im Vergleich zum PKW deutlich höher.188

Obwohl der Geschwindigkeitskult im Rennsport von den


Nationalsozialisten stark gefördert wurde, sollten die „Straßen des
Führers“ möglichst nicht durch das Blut von Unfallopfern „entweiht“
werden. Noch 1938 hatte der Rennfahrer Rudolf Caracciola von der
Reichsautobahn als Hochgeschwindigkeitsstrecke schwärmen dürfen:
„Die Reichsautobahn bedeutet für mich deshalb das Ideal einer Straße
überhaupt, denn ich befuhr sie mit meinem Rekordwagen schließlich
nahezu mit der äußersten Geschwindigkeit, deren ein Landfahrzeug noch
fähig ist.“189

Bei der Eröffnung der Automobilausstellung in Berlin 1939 mahnte Hitler


nun selbst zu mehr Bedachtsamkeit im Straßenverkehr: „Höchstleistungen
und Schnelligkeit unserer Wagen werden im Allgemeinen durch unsere
Rennwagen und ihre Fahrer […] nachgewiesen und benötigen nicht der

187
Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S. 374.
188
Vgl. auch Robert Meffert: Verkehrsunfälle auf der Reichsautobahn, in: Die Straße 4
(1937), S. 131.
189
Rudolf Caracciola: Was mir die Reichsautobahn bedeutet, in: Die Straße 5 (1938), S.
481.
81

Bestätigung durch mehr oder weniger große dilettantische Fahrer.“190 Um


dem „Laster der ziemlich gottverlassenen Raserei“191 zu begegnen, wurde
ab Mai 1939 die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf den
Reichsautobahnen auf 100 km/h begrenzt, später auf 80 km/h reduziert.
Damit einher gingen allerdings auch die kriegsbedingte Rationierung der
Treibstoffe und der damit verbundene Zwang zum Spritsparen.

4.2.2 Güterfernverkehr

Die Konzeption und Ausführung der Reichsautobahnen zielte primär auf


ein gelungenes Fahrterlebnis von PKW-Insassen ab. Die Linienführung
und der Landschaftseindruck wurden speziell in den gebirgigen Regionen
Süddeutschlands – und ab 1938 auch in Österreich – bei der Planung von
Autobahnstrecken höher bewertet als die Funktion der Straße als
Transportträgerin im Güterverkehr. So wurde etwa bei der Planung der
Trasse der Autobahn Salzburg – Linz – Wien durch das Salzkammergut
eine ungünstigere Linienführung in Kauf genommen, um einen besseren
Blick auf den Mondsee und auf die anderen Salzkammergutseen zu
ermöglichen.192

Außerdem verminderten die vergleichsweise hohen Steigungsstrecken die


Wintertauglichkeit der Straßen für Lastkraftwagen.193 Auch die technische
Belastbarkeit der Lastkraftfahrzeuge war in den 1930er-Jahren
beschränkt. Die Reifen waren weniger haltbar und den tonnenschweren

190
Adolf Hitler: Rede auf der Internationalen Automobil- und Motorradausstellung in
Berlin am 17. Februar 1939, in: Deutsche Kraftfahrt vereint mit Motorwelt 7 (1939), S. 14,
zitiert nach Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 149.
191
Stanislaus M. Zentzytzky: Neues Wandern mit dem Kraftwagen, in: Die Straße 3
(1936), S. 86.
192
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 165.
193
Walter Ostwald: Steigung und Gefälle auf der Reichsautobahn. Praktische
Auswirkungen für den Fahrbetrieb, in: Die Straße 5 (1938), S. 114 f.
82

Lasten nur unzureichend gewachsen. Achskraft und Motorleistung ließen


oft zu wünschen übrig.194

Die Entwicklung des Güterfernverkehrs auf den Reichsautobahnen ist vor


dem schon damals aufkommenden Konkurrenzkampf zwischen Straße
und Schiene zu betrachten. Die Eingliederung des „Unternehmens
Reichsautobahnen“ als Tochterunternehmen in das Konstrukt der
Deutschen Reichsbahn sollte diesen Konflikt entschärfen und beide
Verkehrsträger miteinander versöhnen.195 Dies gelang aber nie
vollständig, erst recht nicht, als mit dem „Gesetz zur Neuregelung der
Verhältnisse der Autobahn“ mit 1. Juni 1938 die Dienststellen der
Reichsautobahnen zu unmittelbaren Reichsbehörden wurden und nicht
mehr Zweigunternehmen der Reichsbahn waren.196

Generalinspektor Todt setzte viel daran, den LKW-Fernverkehr auf den


Reichsautobahnen zu stärken. Sein Ziel war es, ihn aus der bloßen
Zubringerfunktion für die Eisenbahn zu befreien und ihn damit in eine
reale Konkurrenzsituation zur Reichsbahn zu bringen. Er setzte aus
diesem Grund die Gründung eines „Reichskraftwagen-Betriebsverbandes“
(RKB) durch - als Interessenvertretung der Lastkraftwagenunternehmer.
Todt fand dabei zunächst auch Verbündete in den Reihen der
Reichswehr. Sie sah in der Stärkung des Lastkraftwagenverkehrs eine
Möglichkeit, im Kriegsfall eine beträchtliche Anzahl von LKW für den
Truppen- und Materialtransport requirieren zu können.197

Die rigorosen Treibstoffbeschränkungen mit Beginn des Krieges waren


allerdings geeignet, den Güterverkehr zurückzudrängen beziehungsweise

194
Vgl. Jürgen Schmaedicke: Bessere Straßen braucht das Land. Der deutsche
Straßenbau zwischen den Weltkriegen unter den Anforderungen des
Lastkraftwagenverkehrs, in: Harry Niemann und Armin Hermann (Hrsg.): 100 Jahre LKW.
Geschichte und Zukunft des Nutzfahrzeugs, Stuttgart 1997, S. 356 ff.
195
Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S. 165 f.
196
Seidler: Fritz Todt, S. 145.
197
Seidler: a.a.O., S. 147.
83

gar nicht erst aufkommen zu lassen. In der „Verordnung zur


Einschränkung des Güterverkehrs mit Kraftfahrzeugen“ vom 6. Dezember
1939 beschränkte der Reichsverkehrsminister die Beförderung von Gütern
mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr auf jene Frachten, die kriegswichtigen
Gründen dienten.198 Erst als im Winter 1941/42 aufgrund der extremen
Kälte bis zu 70 % der Dampflokomotiven nicht einsatzfähig waren199,
wurden wieder LKW-Kolonnen aktiviert, um Kriegsmaterial an die Front zu
bringen.

Alles in allem gelang es aber der Reichsbahn, ihr Monopol im


Güterfernverkehr de facto zu behalten.200 Im Jahr 1936 wurden 91,5 %
des Güterverkehrs über die Schiene abgewickelt, über Fernlastkraftwagen
nur die restlichen 8,5 %. 1938 wurden knapp 20 Millionen Tonnen mit
Fernverkehrs-LKW befördert, rund 670 Millionen Tonnen hingegen über
Bahn oder Schiff.201

Im Verlauf des Krieges kam es dann nur selten vor, dass wirklich schwere
Lasten über die Reichsautobahn rollten. Im Frühjahr 1940 transportierten
Schwertransporter über 400mal Tankkähne, die im Raum Dresden
hergestellt worden waren, über die Reichsautobahn zur Donau in den
Raum Ingolstadt. U-Boote wurden auf dieselbe Weise aus dem
süddeutschen Raum nach Sachsen an die Elbe gebracht.202 Grund war
die fehlende Schiffbarkeit über Wasserwege, da keine direkten Kanäle zur
Verfügung standen.203

198
RGBl. 1939 I, § 1 lautete: „Der Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen darf bis auf
weiteres nur solche Beförderungen ausführen, welche aus kriegswichtigen Gründen die
Mittelbehörden anordnen oder genehmigen, bei denen der Reichsverkehrsminister
Bevollmächtige für den Nahverkehr bestellt hat.“
199
Vgl. Seidler: Fritz Todt, S. 150: Erst im Februar 1942 gab das Reichsbahnzentralamt
die Anweisung zur Frostschutzausstattung von Lokomotiven aus.
200
Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S. 166.
201
Gottwaldt: Julius Dorpmüller, S. 61.
202
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 91.
203
Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, S. 111, Anm. 64.
84

Letztlich hat aber die Reichsautobahn in der NS-Zeit als Infrastrukturnetz


zur Beförderung gewerblicher Güter nie eine bedeutende Rolle erlangt.

4.2.3 Omnibus-Fernverkehr

Am 19. Mai 1935 wurde das erste Reichsautobahn-Teilstück zwischen


Frankfurt am Main und Darmstadt dem Verkehr übergeben. Nur einen Tag
später eröffnete die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) eine
Schnellbus-Linie auf der neuen Autobahn. Dass eine Bahngesellschaft
eine Fernverkehrs-Omnibuslinie auf einer Autobahn aufnahm, war zu
diesem Zeitpunkt weltweit einzigartig. Völlig unabsehbar war, ob die DRG
nicht dadurch den eigenen Schnellzugbetrieb konkurrenzierte. Doch
musste die Reichsbahn angesichts des unübersehbaren Trends zur
Motorisierung umdenken, um das neue mögliche Geschäftsfeld im
Personenfernverkehr nicht anderen Institutionen – etwa der Reichspost –
zu überlassen.204

Schon seit 1928 hatte die DRG einen Busbetrieb auf deutschen
Landstraßen betrieben, allerdings nur in bescheidenem Rahmen. Die
Personenbeförderungszahlen pro Jahr lagen bei kaum mehr als
500.000.205

Nun sollte die Reichsbahn als Ausgleich für ihr finanzielles und
organisatorisches Engagement beim Reichsautobahnbau das exklusive
Recht zur Personenbeförderung im Linienverkehr auf den Autobahnen
erhalten. Der Reichspost war der Personentransport auf Reichs- und
Landstraßen vorbehalten.206

204
Stern: a.a.O., S. 5: Der neue Slogan der Reichsbahn lautete: „Dem Reiche wir dienen
auf Straßen und Schienen!“
205
Stern: a.a.O., S. 18.
206
Nur die Reichspostbuslinie „Deutsche Alpenpost“, die von Berchtesgaden über
Garmisch nach Lindau fuhr, durfte im Abschnitt Chiemsee – Rosenheim ausnahmsweise
die Reichsautobahn befahren.
85

Die bisherigen Überlandbusse waren allerdings hinsichtlich Motorisierung


und Ausstattung nicht auf die höheren Autobahngeschwindigkeiten
ausgelegt. Ab 1934 gab daher die Reichsbahn die Konstruktion eigener
Fernbusse in Auftrag. Diese sollten – dem Stil der 1930er Jahre
entsprechend – eine moderne aerodynamische Stromlinienform haben
und sich so von herkömmlichen Schwerfahrzeugen optisch abheben.207
Als einer der Väter der Stromlinienform galt der schweizerisch-ungarische
Ingenieur Paul Jaray (1889 – 1974). Karosseriebauer mussten
Patentlizenzen über seine Gesellschaft für Verkehrspatente in Luzern
käuflich erwerben. Das aerodynamische Großfahrzeug sollte nicht nur
eine sichere und komfortable Reise garantieren, sondern auch die
unmittelbare Berührung des Fahrgastes mit der Landschaft
ermöglichen.208

So konstruierte zum Beispiel die Firma Opel / Ludewig einen „Schnell-


Kraftwagen“ mit Lederclubsesseln in nach außen gewandter,
fischgrätförmiger Anordnung. Die Passagiere saßen schräg nach außen
gerichtet mit Blick durch die großen Glasfenster, um das Erlebnis der
vorbeiziehenden „deutschen Landschaft“ während der Fahrt genießen zu
können. Auch wenn sich bei dem Modell des Opel / Ludewig Typ „Aero“
um einen Prototypen handelte und sich die erwähnte Sitzanordnung nicht
durchsetzen konnte: Die Zielsetzung der Vermittlung eines inszenierten
Landschaftserlebnisses war klar erkennbar und wurde über die bloße
Transportfunktion des Autobusverkehrs gestellt.

Der planmäßige Fahrbetrieb wurde im Mai 1935 zunächst mit drei


Teillinien aufgenommen.209 Im Olympiajahr 1936 betrieb die Reichsbahn
bereits 26 Fernbuslinien auf Reichsautobahnen. Über 227.000 Passagiere

207
Vgl. Oskar Weller: Autobahn und Stromlinie, in: Die Straße 2 (1935), S. 115 f.
208
Von Lengerke: Schnell-Großfahrzeuge für Autobahnen, in: Die Reichsbahn 1934, S.
925 f.
209
Die Start- und Endpunkte waren Frankfurt-Hauptbahnhof – Darmstadt-Schloss;
Frankfurt-Hauptbahnhof – Mannheim-Hauptbahnhof; Frankfurt-Hauptbahnhof –
Heidelberg-Hauptbahnhof.
86

wurden mit den Autobahnbussen in diesem Jahr befördert. Ab 1937


wurden auch längere Kursverbindungen eingerichtet, zum Beispiel auf der
Strecke Frankfurt – Karlsruhe, die täglich zwölf Mal befahren wurde.210
1938 bestand der Reichsbahn-Fuhrpark aus rund 170 Autobahn-
Fernbussen.211

Die Fahrten mit dem Reichsautobahn-Omnibus waren allerdings erheblich


teurer als vergleichbare Fahrten mit der Reichsbahn.212 Die Fahrpreise
entsprachen den Tarifen für die 3. Klasse Eilzug, das waren damals rund
4,50 Reichspfennig für jeden gefahrenen Kilometer. Zahlreiche
Reichsomnibuslinien waren daher verhältnismäßig schwach ausgelastet.
Anfang 1936 wurde der Tarif durch die Abschaffung von Zuschlägen
verbilligt, um Busfahrten über die Autobahn attraktiver zu gestalten.

Die zukünftige Bedeutung des Omnibus-Fernverkehrs wurde kurz vor dem


Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unterschiedlich bewertet. Einerseits
konstatierte man eine „ungeahnte Belebung unserer Reichsautobahn
durch Omnibusse“.213 Andererseits lockten schon damals die vom Regime
als greifbar in Aussicht gestellten Versuchungen des Individualverkehrs im
eigenen Volkswagen.214 Der Luxus in der Ausstattung der Fern-

210
Angela Schumacher: „Vor uns die endlosen Straßen, vor uns die lockende, erregende
Ferne…“ – „Vom Tanken und Rasten auf Entdeckerfahrt durch deutsche Lande“, in:
Rainer Stommer (Hrsg.): Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten Reichs. Analysen zur
Ästhetik eines unbewältigten Mythos, Marburg 1995, S. 86 f.
211
Stern: Der Autobahn-Schnellverkehr der Deutschen Reichsbahn, S. 33 ff.:
212
Vgl. Bruno Wehner: Die Bedeutung des Omnibusverkehrs auf der RAB, in: Die Straße
6 (1939), S. 289 ff.
213
Wehner: Bedeutung des Omnibusverkehrs, S. 291.
214
Vgl. Eduard Schönleben: Omnibus und Autobahn, in: Die Straße 5 (1938), S. 452 f.:
„Wer in der Lage ist, einen Volkswagen anzuschaffen und einmal Unabhängigkeit und
Freiheit einer Autoreise erlebt hat, wird Reisen auf alle Fälle im eigenen Wagen machen.
An dieser Entwicklung wird keine verkehrspolitische Maßnahme etwas ändern können.“
87

Omnibusse und die Reisegeschwindigkeit von knapp 100 km/h konnten


langfristig an der Entwicklung hin zum eigenen Automobil nichts ändern.215
Mit dem Ausbruch des Krieges im September 1939 kam auch der ohnehin
nie wirklich lukrative Omnibus-Schnellverkehr auf deutschen
Reichsautobahnen zum Stillstand. Der Treibstoff wurde rationiert, der
Vergnügungs- und Ausflugsverkehr eingestellt. Nur einzelne Strecken
waren für den Berufspendelverkehr zu kriegswichtigen Betrieben
notwendig und wurden – wenn auch nur vorläufig – aufrechterhalten.

4.3 Militärpolitischer Nutzen


Die Verwendungsmöglichkeit der neuen Reichsautobahnen für
Truppentransporte wurde in der propagandistischen Darstellung wortreich
verschleiert. Nach außen hin sollten die Reichsautobahnen nur als
Zeugnis des friedlichen Fortschritts zum Wohl der Mobilität ihrer Bürger
gelten.

Dennoch sind militärstrategische Gesichtspunkte bei Planung und Bau der


Autobahnen zumindest im Hintergrund mitberücksichtigt worden. Hitler
war klar, dass eine gute Straßen-Infrastruktur zwischen den
Wirtschaftszentren, Häfen und Rohstoffbasen eine notwendige
Voraussetzung für eine funktionierende Kriegswirtschaft war. Auch war
aus dem Ersten Weltkrieg bekannt, dass die Mobilität des Heeres ein
entscheidender Faktor in einem technisierten Krieg war.216 In Mein Kampf
äußerte sich Hitler – auch im Hinblick auf den bedauernswerten Zustand
des deutschen Straßenwesens – wie folgt:

215
Die Busse waren z.B. mit tragbaren Telefonanlagen ausgestattet, die in
Kilometerabständen an das Fernsprechnetz angeschlossen werden konnten. Überlegt
wurde außerdem der Einbau von Bord-WCs (Torfstreu-Trockenabort) und kleiner
Waschbecken mit zwei Wasserkannen. Speise- und Schlafwagen kamen hingegen nicht
zur Ausführung.
216
Busch: Geschichte des Autobahnbaus, S. 27.
88

„Der allgemeinen Motorisierung der Welt, die im nächsten Krieg schon in


überwältigender Weise kampfbestimmend in Erscheinung treten wird,
könnte von uns fast nichts entgegen gestellt werden.“217

Fritz Todt analysierte in seinem Braunen Bericht vom Dezember 1932


ebenfalls den baulichen Zustand der deutschen Verkehrswege, also noch
vor seiner Ernennung zum Generalinspektor für das deutsche
Straßenwesen. Als wesentliches Motiv für den Bau von Autobahnen
nannte er strategische Zwecke. Er gab an, dass nach der Errichtung eines
flächendeckenden Autobahnnetzes „eine Armee von 300.000 Mann mit
dem dringendst benötigten Sturmgepäck in 100.000 requirierten
Automobilen in zwei Nächten von der Ostgrenze des Reiches an die
Westgrenze befördert werden kann.“218 Diese militärstrategischen
Überlegungen Todts in seiner Denkschrift zielten als zusätzlicher Köder
darauf ab, Hitler und der Wehrmacht den Bau der Reichsautobahnen als
möglichst attraktiv zu verkaufen.219

Die Begeisterung für die Reichsautobahnen als Verkehrswege für


Truppentransporte spiegelte sich allerdings nur in einzelnen Äußerungen
hoher Militärs wider. So schrieb Generaloberst Guderian 1940 in der
Fachzeitschrift Die Straße, dass die Reichsautobahnen unter anderem bei
der Einverleibung Österreichs 1938 von Vorteil waren: „Ich habe die
Segnungen der Reichsautobahnen schon auf dem Befreiungsmarsch
nach Wien und dann beim Aufmarsch um das Sudetenland, beim
Anmarsch gegen die Tschecho-Slowakei, gegen Polen und gegen die
Westmächte genossen.“220

217
Hitler: Mein Kampf, S. 748.
218
Fritz Todt: Straßenbau und Straßenverwaltung, genannt: Brauner Bericht, zitiert nach
Seidler: Fritz Todt, S. 31.
219
Schütz: Blassgraue Bänder, S. 80.
220
Heinz Guderian: Mit der Panzerwaffe auf der Straße des Sieges, in: Die Straße 7
(1940), S. 504.
89

In der Praxis waren die Reichsautobahnen weder von der Planung noch
von der Linienführung her primär als Militärstraßen angelegt. Der Großteil
der Wehrmachtsexperten betrachtete sie vom militärtechnischen
Standpunkt aus als wenig vorteilhaft: Große Truppenverbände konnten
wesentlich effizienter mit der Bahn in die Aufmarschräume gebracht
werden. Der empfindliche Straßenbelag der Autobahnen war den hohen
Gewichten von Panzerfahrzeugen nicht gewachsen. Bei Luftangriffen
wären deutsche Truppenverbände auf den Autobahnen dem Gegner
schutzlos ausgeliefert gewesen. Die weithin sichtbaren Autobahnstrecken
wären im Fall eines Angriffes markante Orientierungspunkte und
Richtungsweiser für feindliche Bomberverbände gewesen.221 Aus diesem
Grund wurden die hellen Fahrbahndecken nach Beginn des Krieges
schwarz gestrichen. Im Angriffsfall, so wurde weiter von den Militärs
argumentiert, könnten die Reichsautobahntrassen gegnerischen Armeen
als Einmarschrouten dienen.222 Wären außerdem die Autobahnen speziell
für die Vorbereitung eines Angriffskriegs gegen einen östlichen oder
westlichen Nachbarn Deutschlands gebaut worden, hätten im
Streckennetz nicht vorwiegend die Nord-Süd- und Diagonalachsen
vorherrschen dürfen.223

Nur gelegentlich wurden die Vorstellungen der Militärs bei der Planung der
Strecken tatsächlich berücksichtigt, in der eingegliederten „Ostmark“ etwa
bei der Projektierung der Tauernautobahntrasse über den Pass Lueg und
Werfen.224 Auch sparte die Linienführung die Grenzgebiete aus
strategischen Gründen bewusst aus. So hatte das Reichswehrministerium
1935 gegen die Anlage von Reichsautobahnen westlich des Rheins
protestiert - und auch gegen den Bau einer Schwarzwald-Hochstraße, da

221
Vgl. Erich Heinicke: Die Bedeutung der Straße im Luftschutz, in: Die Straße 2 (1935),
S. 414 ff.
222
Brauchitsch: Ohne Kampf kein Sieg, S. 73.
223
Seidler: Fritz Todt, S. 137.
224
Norden: Unternehmen Autobahn, S. 127.
90

dort der Verkehr von den französischen Nachbarn eingesehen werden


hätte können.

Im Zentrum der Reichsautobahnplanungen standen also nicht militärische


Überlegungen, sondern geografische, demografische und ökonomische
Faktoren.225 Tatsächlich war die Reichsautobahn im Verlauf des Krieges –
etwa bei den Angriffen auf Polen und Frankreich – so gut wie
bedeutungslos. Energie-, Material- und Treibstoffknappheit zwangen die
Wehrmacht, die bewährte Transportleistung der Reichsbahn in Anspruch
zu nehmen. Nur gelegentlich wurden gegen Ende des Krieges die so gut
wie leeren Fernstraßen als Startbahnen für Flugzeuge genutzt, etwa in
Bayern bei Rosenheim226 oder nach der Bombardierung der
Messerschmitt-Werke in Regensburg und Augsburg.227

Im Jahr 1945 nutzten die alliierten Truppen die Reichsautobahnen als


Panzeranfahrtsstrecken landeinwärts – allerdings um den Preis ihrer
weitgehenden Beschädigung oder Zerstörung.228

4.4 Arbeitsmarktpolitischer Effekt


Die nationalsozialistische Propaganda stützte sich auf die These, dass die
Autobahnen vornehmlich der Arbeitsbeschaffung dienten229 und damit das
wichtigste Instrument zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit seien. So

225
James D. Shand: The Reichsautobahn / Symbol for the Third Reich, in: Journal of
Contemporary History (JCH) Volume 19 (1984), S. 197. Vgl. hingegen Lärmer:
Autobahnbau in Deutschland 1933 bis 1945, S. 92, der davon abweichend die These
zentraler militärischer Absichten vertritt.
226
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 61.
227
Ulrich Heiß: Industriebauten, in: Winfried Nerdinger (Hrsg.): Bauen im National-
sozialismus. Bayern 1933 – 1945, München 1993, S. 426.
228
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 12.
229
Hartmannsgruber: Finanzplanung und Kapitalbeschaffung, S. 625.
91

erklärte Hitler beim ersten Spatenstich für den Autobahnbau am 23.


September 1933:

„Den zweckmäßigsten Weg, das deutsche Volk wieder in den Prozess der
Arbeit zurückzuführen, sehe ich darin, durch große monumentale Arbeiten
[…] die deutsche Wirtschaft in Gang zu setzen.“230

Die Dringlichkeit eines politischen Programms zur Arbeitsbeschaffung lag


Anfang 1933 auf der Hand. Bei der Machtübernahme durch die
Nationalsozialisten lag die Arbeitslosenzahl in Deutschland über der 6-
Millionen-Marke.231 Die „große Arbeitsschlacht“, die in der
Selbstdarstellung des NS-Regimes mit dem Autobahnbau einsetzen sollte,
bildete – wie der Völkische Beobachter schrieb – den Auftakt zur
„Ausrottung des Grundübels aller Welt, der Arbeitslosigkeit“ 232

Fritz Todt hatte in seinem Braunen Bericht im Dezember 1932 die Zahl
von 600.000 Arbeitsplätzen genannt, die mit dem Bau von
Reichsautobahnen geschaffen werden könnten. Hitler legte diese Zahl
seinem Plan zugrunde, „einen gewaltigen und umfassenden Angriff auf die
233
Arbeitslosigkeit“ zu starten. Das „Hitler-Programm“ – so wurde der
einsetzende Autobahnbau 1934 in der Propaganda bezeichnet – sollte
das Rückgrat für die Zurückdrängung der Arbeitslosigkeit bilden.

Das Autobahnprojekt eignete sich bestens für die Propaganda, um den


zentralen Mythos der Nationalsozialisten als Beseitiger der Arbeitslosigkeit
aufzubauen. Denn ab dem Jahr 1934 wuchsen die Baustellen an

230
Zitiert nach Friedrich Doll: Vom Bau der Reichsautobahn München – Landesgrenze,
in: Die Straße 5 (1938), S. 447.
231
Zahl der Arbeitslosen im Jänner 1933: 6,013.612; Quelle: Statistisches Jahrbuch für
das Deutsche Reich, Berlin 1938, S. 372, zitiert nach Lärmer: Autobahnbau in
Deutschland 1933 bis 1945, S. 52.
232
Völkischer Beobachter vom 21. März 1934
233
Rundfunkansprache Hitlers am 1. Februar 1933, zitiert nach Domarus: Hitler: Reden
und Proklamationen, Band 1, Teil 1, S. 193.
92

zahlreichen weit verstreuten Orten des Deutschen Reichs aus dem


Boden. Die Betriebsamkeit der Ingenieure und Arbeiter war für weite Teile
der Bevölkerung unübersehbar. Die „Wiederkehr der Arbeit“ wurde
bewusst in Szene gesetzt und besonders bei den Spatenstichfeiern und
Eröffnungszeremonien weihevoll inszeniert.

Die durchschnittliche Verweildauer eines Arbeiters auf einem Baulos


betrug allerdings nur fünf Monate.234 Denn der Tariflohn für die
Hilfsarbeiter war außerordentlich gering. Nach Beschwerden über die
verschieden hohen Lohnstufen an den einzelnen Bauplätzen führte
Generalinspektor Todt einen einheitlichen Streckentarif ein.235 Verhinderte
in den Wintermonaten die Witterung eine Fortsetzung des Baufortschritts,
erhielten die Arbeiter eine „Ausfallsunterstützung“ in Höhe von 50 % des
Stundenlohns für Verheiratete und 25 % für Ledige.236

Im September 1933 verkündete Fritz Todt als Generalsinspektor für das


deutsche Straßenwesen, dass bald 300.000 Arbeiter an den neuen
Autobahnbaustellen Arbeit finden würden.237 Doch konnten die Zahlen der
tatsächlich Beschäftigten in keiner der Bauphasen mit dieser Ankündigung
mithalten. Als Ende 1933 die Bautätigkeit winterbedingt nur langsam
anlief, lag der Beschäftigtenstand gerade einmal bei 3.900. Im darauf
folgenden Autobahnjahr 1934 wurden maximal 83.863 Arbeiter angestellt.
Und 1935 waren es in der Spitzenzeit 115.675.238 Die Statistik gipfelte im

234
Fehl: Streiks und kollektives Protestverhalten von Autobahnarbeitern 1934 und 1935,
S. 207.
235
Vgl. Seidler: Fritz Todt, S. 109 f.: Der Grundlohn betrug 52 Pfennig pro Stunde für den
ungelernten Arbeiter. Verheiratete erhielten jeweils 3 Pfennig pro Stunde mehr für
Ehefrau und pro Kind.
236
Vgl. die „Anordnung über Ausfallunterstützung bei Tiefbauarbeiten“ vom 30.
November 1934, in: Die Straße 1 (1934), S. 290.
237
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 45.
238
Vgl. Richard J. Overy: Cars, Roads and Economic Recovery in Germany 1932 –
1938, in: Richard J. Overy (Hrsg.): War and Economy in the Third Reich, Oxford 1994, S.
82 f.
93

Jahr 1936 im absoluten Höchstwert von 124.483 regulär Beschäftigten.


Weitere 270.000 fanden in mittelbarem Zusammenhang mit dem
Autobahnbau Arbeit, etwa in den Zulieferbetrieben wie zum Beispiel in
Zementwerken oder Steinbrüchen.239

Nach einem Jahr der Stagnation setzte dann ab Ende 1937 eine
rückläufige Entwicklung ein. Konnten 1938 noch bis zu 95.306 Mann an
den Autobahnbaustellen beschäftigt werden, sank die Zahl bis November
1939 auf rund 81.000 und bis zum Oktober 1940 auf nur 62.000. Hinzu
kamen allerdings saisonbedingte Schwankungen der Beschäftigtenzahlen.
1935 zum Beispiel waren im Juli mehr als 115.600 Arbeiter im Einsatz, im
Jänner desselben Jahres nur 35.400.240

Der bewusst inszenierte „propagandistische Wirbel“ war in allen Phasen


wesentlich größer als der tatsächliche Umfang der Beschäftigung.241 In
einer Propagandaschrift aus dem Jahr 1934 war davon die Rede, dass
allein auf den Baustellen der Reichsautobahn 250.000 bis 300.000
Arbeiter beschäftigt würden.242 Rudolf Heß nannte bei der Eröffnung eines
internationalen Straßenkongresses in München wider besseres Wissen
die Zahl von 150.000. Und tabellarische Darstellungen von sinkenden
Arbeitslosenzahlen wurden bewusst in Fotomontagen über Bilder von
marschierenden Autobahnarbeiterkolonnen gelegt.

Mit dem Erreichen der Vollbeschäftigung im Jahr 1936 verloren die


Arbeitsplätze an der Reichsautobahn bald an Attraktivität. Zu viele
Arbeitskräfte wurden in der Rüstungsindustrie – etwa in Treibstoff-,
Motoren- und Munitionsfabriken – gebraucht. Die Verdienstmöglichkeiten
dort waren im Regelfall höher, weil übertarifliche Löhne bezahlt wurden.
Der Ausbau des Westwalls band ab 1938 überdies tausende Arbeitskräfte.

239
Shand: The Reichsautobahn, S. 191.
240
Lärmer: Autobahnbau in Deutschland 1933 bis 1945, S. 55.
241
Kunze – Stommer: Geschichte der Reichsautobahn, S. 28.
242
Friedrich Heiß: Deutschland zwischen Nacht und Tag, Berlin 1934, S. 188.
94

Die Fortsetzung des Autobahnbauprogramms war ab 1936 nur mehr unter


dem massiven Einsatz von Maschinen möglich. Jetzt waren etwa auch
Geräte zur Erdbewegung und Fugenherstellung, Mischmaschinen,
Verdichtungs- und Fertigstellungsgeräte lieferbar und an den Baustellen
im Einsatz.243

Anhand der Zahlen belegbar ist, dass in den Jahren des


Reichsautobahnbaus die Arbeitslosigkeit tatsächlich massiv zurückging.
Das ist jedoch einerseits mit dem Wirtschaftsaufschwung zu erklären, der
nach den Jahren der Wirtschaftskrise ab dem Jahr 1933 sukzessiv
einsetzte. Vor allem aber waren es die massiven Investitionen in die
Kriegs- und Rüstungsindustrie, die den Aufschwung am Arbeitsmarkt mit
sich brachten. Der Autobahnbau selbst erreichte in der Praxis kaum mehr
als 4 bis 5 % der Arbeitslosen.244 Der arbeitsmarktpolitische Effekt, den
das NS-Regime in der Autobahnpropaganda aussprach, konnte also in
diesem Ausmaß zu keiner Zeit erfüllt werden. Die immer wieder plakativ
wiederkehrende Feststellung der NS-Propaganda, dass der Bau der
Reichsautobahnen primär der Arbeitsbeschaffung diente, muss demnach
als eine Propagandalegende entlarvt werden.245

243
Vosselman: Reichsautobahn, S. 17.
244
Vgl. Günter Morsch: Arbeit und Brot, Studien zu Lage, Stimmung, Einstellung und
Verhalten der deutschen Arbeiterschaft 1933 – 1936/37, Berlin Diss. 1989, S. 132 ff.
245
Hartmannsgruber: Finanzplanung und Kapitalbeschaffung, S. 625 f.
95

5. Mythos und Ästhetik

5.1 „Pyramiden des Dritten Reichs“


Eine Betrachtung der Geschichte der Reichsautobahnen darf sich nicht im
Versuch erschöpfen, die Faktengeschichte des Bauwerks Autobahn
nachzuzeichnen. Sie ist gleichermaßen eine Geschichte der Mythen, die
das Faktengerüst in bewusster Inszenierung durch die Nationalsozialisten
umrankt und mit diesem mitgewachsen ist. Eine Untersuchung der
Reichsautobahnen muss sich daher ausdrücklich auch als
„Faszinationsgeschichte“ verstehen, wobei Wirklichkeit und Wirkung im
historischen Prozess wie in der kollektiven Erinnerung nicht – oder nicht
leicht – auseinander gehalten werden können.246

Im Zentrum steht der Mythos von den „Straßen Adolf Hitlers“247: Die
Legende, Hitler habe die Autobahn für Deutschland erfunden, nach
Deutschland gebracht. Gewiss: Der persönliche Nachdruck „des Führers“
mag zweifellos ein Motor für den raschen Baubeginn und Baufortschritt
gewesen sein: Die vorangegangenen Darstellungen – besonders im
Kapitel 2 – lassen aber deutlich erkennen, dass der Trend zum
Autobahnbau in Deutschland in eine europäische und außereuropäische
Entwicklung eingebettet war und Hitler „auf diesen Zug aufgesprungen“
ist. Dennoch ist der Mythos von den „Straßen des Führers“ einer der
zählebigsten, den das Dritte Reich hinterlassen hat.

Der zweite Mythos der Reichsautobahnen als „Wundermittel zur


Arbeitsbeschaffung“ wurde im vorigen Kapitel ins rechte Licht gerückt und
damit in seiner Kernaussage widerlegt. Es steht zwar fest, dass der
Autobahnbau zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit beigetragen hat. Zum

246
Vgl. Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 66.
247
Schütz – Gruber bezeichnen ihn als „Schöpfungsmythos“, in: Mythos Reichsautobahn,
S. 7
96

viel beschworenen Rückgrat der Vollbeschäftigung konnte er aber nicht


avancieren.

Bleibt noch die mythische Vorstellung, dass den Nationalsozialisten mit


der Errichtung des 3.870 Kilometer langen Fernstraßennetzes ein
überdimensional großes Werk gelungen sei, das weit in die Zukunft wirken
sollte und konnte. Wohl legitim ist es zwar, bei aller aufrechten und
notwendigen Kritik am nationalsozialistischen Unrechtsstaat die
Straßenbauleistung in den Jahren von 1933 bis 1941 von einem rein
bautechnisch-verkehrsplanerischen Standpunkt aus anzuerkennen.

Der Anspruch Hitlers an „seine Straßen“ war aber deutlich höher und
wurde in der Propagandadarstellung nach außen hin noch künstlich
überhöht: Hitler sah in ihnen ein „Monument des Tausendjährigen
Reiches“. Als Zeugnis der „Unsterblichkeit“ seines Wirkens sollten sie mit
den Pyramiden der Pharaonen verglichen werden dürfen.248 Nach der
Kapitulation Frankreichs äußerte sich Hitler 1940: „Wir werden den Krieg
gewinnen, aber sichern werden wir den Sieg durch unsere Bauten, die
Deutschland zum Zentrum Europas machen werden.“249 Diese sollten als
prominenter Teil der NS-Architektur die Macht der Herrschenden und
damit auch die Ohnmacht der Beherrschten demonstrieren.250

Eilfertig stimmte auch der österreichische Dichter Josef Weinheber in die


mythische Inszenierung der Straßenbauwerke ein, als er 1941 schrieb:
„Wie sonst nur wen´ge Werke von Menschenhand, der Pyramiden ewiges
Mal vielleicht. Vielleicht die Bauten noch des alten Rom […]“251 Über den

248
Seidler: Fritz Todt, S. 100.
249
Zitiert nach Anna Teut: Architektur im Dritten Reich 1933 – 1945, Bauwelt-
Fundamente 19 (1967), S. 13.
250
Vgl. Hans-Jochen Kunst: Architektur und Macht. Überlegungen zur NS-Architektur, in:
Rainer Stommer (Hrsg.): Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten Reichs. Analysen zur
Ästhetik eines unbewältigten Mythos, Marburg 1995, S. 197.
251
Josef Weinheber: Ode an die Straßen Adolf Hitlers, in: Josef Weinheber: Blut und
Stahl, Potsdam 1941.
97

Bauauftrag hatte schon 1938 Wilfried Bade geschrieben: „Nicht Straßen


[…] sollten entstehen, sondern Kunstwerke. So wie einst Tempel
entstanden und keine Hütten, Dome und keine Bethäuser, Pyramiden und
keine Grabsteine…“252

Diesen Anspruch auf Ewigkeit hatte Hitler selbst schon bekräftigt, als er im
Juni 1937 eine Autobahn zwischen Dresden und Chemnitz eröffnete:
„Diese Straßen werden niemals vergehen [...]. Auf diesen Straßen wird
sich in wenigen Jahrzehnten ein gewaltiger Verkehr abspielen, an dem
das ganze Volk teilhaben wird.“253

Syberberg bezeichnete die Reichsautobahnen als „`Hitlers Versailles´ -


[…] statt der Könige sollten nicht nur Parteigenossen auf ihnen fahren – in
einem sozial zugänglichen Auto, das er `Volkswagen´ nannte.“254 Auf der
Autobahn fahren, das war geradezu „kultischer Dienst am Dritten
Reich“.255

Sichtbarster Teil dieses Autobahnkultes waren die Autobahnbrücken. Sie


waren der bestgeeignete architektonische Ausdruck für den selbst
auferlegten Anspruch auf Ewigkeit. Im Zeitraum von 1933 bis 1941
wurden 9.000 Autobahnbrücken errichtet. Rund 300 davon - also etwa 3
% - waren Großbrücken, für die jeweils mehr als 500.000 RM investiert
wurden. Insgesamt floss von den 6 ½ Milliarden RM Gesamtkosten für
den Reichsautobahnbau knapp ein Drittel, also etwa 2 Milliarden RM, dem
Bau von Brücken zu.256 Davon entfielen rund ein Drittel auf

252
Bade: Das Auto erobert die Welt, S. 317.
253
Zitiert nach: Die Straße 4 (1937), S. 6.
254
Hans-Jürgen Syberberg: Hitler und die Staatskunst. Die mephistophelische
Avantgarde des 20. Jahrhunderts, in: Realismus. Zwischen Revolution und Reaktion
1919 – 1939, München 1981, S. 385.
255
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 104.
256
Rainer Stommer: Triumph der Technik. Autobahnbrücken zwischen Ingenieuraufgabe
und Kulturdenkmal, in: Rainer Stommer (Hrsg.): Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten
Reichs. Analysen zur Ästhetik eines unbewältigten Mythos, Marburg 1995, S. 49.
98

Erdhubarbeiten, ein weiteres Drittel auf die Herstellung der


Fahrbahndecken und der Rest auf die Hochbauten.257

Kleinere Autobahnüberführungen sollten nach den Vorstellungen des


Brückenarchitekten Paul Bonatz möglichst wenig auffallend und
258
massereich sein und viel Durchsicht und Überblick bieten. Der Bau der
großen Autobahnbrücken hingegen wurde als politische und kulturelle
Aufgabe verstanden. Speziell die Großbrücken sollten sich in ihrer
ästhetischen Wirkung primär an den Betrachter und an den Bewohner der
Landschaft richten. Dem Benützer der Autobahn blieb diese in der Regel
verborgen.259

Fritz Todt forderte, gerade auch beim Brückenbau keine scheinbaren


Nebensächlichkeiten zu vernachlässigen: „Und wenn wir den
steingemauerten Vorkopf nur für die paar Bauern machen, die hier ihr Feld
pflügen, diese werden daraus lernen, auch ihre kleinen Aufgaben
anständig zu machen, und wenn es nur die Mauer um den Misthaufen ist,
wir wollen die Menschen zur Baukultur erziehen.“260

Eine einheitliche Linie bei der architektonischen Gestaltung der


Autobahnbrücken gab es hingegen nicht. Etwa zwei Drittel der
Großbrücken wurden als Stahlbrücken aufgezogen. Diese waren im
Vergleich zu den Steinbrücken kostengünstiger und aufgrund der
industriellen Vorproduktion rascher zu montieren. Außerdem konnten sie
besser an die Geländebedingungen, etwa an Landschaftskurven und
Gefälle, angepasst werden.261 Die Mangfallbrücke wurde 1934/35 im
Verlauf der Autobahnstrecke München – Landesgrenze Salzburg erbaut

257
Kaftan: Der Kampf um die Autobahnen, S. 162.
258
Paul Bonatz: Die Form der Brücken der Reichsautobahn, in: Die Straße 1 (1934), S.
14.
259
Stommer: Triumph der Technik, S. 57.
260
Zitiert nach Paul Bonatz: Dr. Todt und seine Reichsautobahn, in: Deutsche Kunst,
März 1942, S. 51.
261
Stommer: Triumph der Technik, S. 60.
99

und erwies sich mit ihren fast 320 Meter Länge und 70 Meter Höhe als
Vorbild für die nun folgenden Stahlbrückenkonstruktionen. Auch zwei
Hängebrücken kamen zur Ausführung: Die Rheinbrücke bei Köln des
neben Friedrich Tamms262 bekanntesten Brückenarchitekten Paul Bonatz
und die Elbhochbrücke bei Hamburg, die nach dem Vorbild der George-
Washington-Bridge in New York gestaltet wurde.

Da ab dem Jahr 1936 der Rohstoff Stahl im Rahmen des Autarkie-


Programms eingespart werden musste, waren die Architekten gezwungen,
auf Stahlbetonbauweise umzustellen. Besonders beliebt waren die großen
Betonbogenbrücken, zum Beispiel die Brücke über die Saalach bei
Salzburg mit 90 Meter Stützweite oder die Teufelstalbrücke bei Hermsdorf
- mit ihrer Spannweite von 138 Metern damals ein beliebtes Ausflugsziel.

Am markantesten waren die Natursteinbrücken, die ab 1935 in bewusster


architektonischer Abkehr zu den Stahl-Eisenbahnkonstruktionen des 19.
Jahrhunderts errichtet wurden. Ihr Vorteil war, dass der Verbrauch der
wertvollen Rohstoffe Stahl und Zement gesenkt werden konnte. Die
Bauzeit verlängerte sich dafür maßgeblich, und der Einsatz von
Arbeitskräften war besonders kostenintensiv. Die Natursteinbetriebe
hatten ab 1934 Hochkonjunktur und konnten ihre Belegschaft verdoppeln,
auch wenn viele Handwerker das Steinhauen und Steinbauen erst wieder
erlernen mussten.263 Die Bauentwürfe knüpften an römische Viadukte
oder an mittelalterliche Brücken an. Klassische Vorbilder wie Tortürme
oder figürlicher Schmuck wurden aufgenommen und sollten als imperiale
Herrschergebärde die Großbauten noch monumentaler wirken lassen.264
Das Natursteinmauerwerk korrespondierte außerdem mit dem Thema des

262
Friedrich Tamms plante unter anderem auch die Flaktürme in Wien und legte im Jahr
1970 das erste Wiener U-Bahn-Konzept vor; vgl. Erich Dimitz: Der Flakturm im
Esterhazypark, in: Hintergründe 1/08, S. 8 f.
263
Seidler: Fritz Todt, S. 115.
264
Stommer: Triumph der Technik, S. 71.
100

naturbedingt Gewachsenen und war nach Vorstellung der Bauherren


durchaus geeignet, die Aura der Unzerstörbarkeit zu unterstützen.265

Die Plassenburg bei Kulmbach wurde als Schulungsstätte für Architekten


und Ingenieure eingerichtet. Auch Fritz Todt hielt dort Vorträge, etwa Ende
August 1940 über das Thema Brückenbau.

Selbst vorgegebenes Ziel des Nationalsozialismus war es, Natur, Mensch


und Technik durch die Architektur in der Landschaft miteinander zu
versöhnen.266 Die Einbindung der Reichsautobahn in die Landschaft sollte
ein Beitrag dazu sein. Der scheinbar unlogische Gegensatz der
faschistischen Ideologie zwischen der „Blut und Boden“ – verbundenen,
naturhaft dargestellten „Volksgemeinschaft“ einerseits und dem forcierten
Einsatz industrieller Produktion andererseits sollte aufgelöst werden.267

5.2 Kulturbauten an der Autobahn


Aufgabe der Reichsautobahn war es in den Augen ihrer Schöpfer, nicht
bloß als Verkehrsweg zu dienen. Zusätzlich zu ihrer Funktion als
Fortbewegungsgrundlage wurde sie hochstilisiert als „Kulturträger […], wie
es die alten Straßen zu allen Zeiten der Geschichte gewesen sind.“268

Was für die Straße galt, musste erst recht für die Bauten entlang der
Reichsautobahn gelten, besonders für Tankstellen und Raststätten. Ihnen
wurde im Landschaftsraum die Aufgabe zugewiesen, als „Orte verstärkter
Gemeinschaftlichkeit […] die landmannschaftlichen Besonderheiten

265
Kunst: Architektur und Macht, S. 197.
266
Steininger: Raum – Maschine Reichsautobahn, S. 129.
267
Claudia Gabriele Philipp: „Die schöne Straße im Bau und unter Verkehr“. Zur
Konstituierung des Mythos von der Autobahn durch die mediale Verbreitung und Ästhetik
der Fotografie, in: Rainer Stommer (Hrsg.): Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten
Reichs. Analysen zur Ästhetik eines unbewältigten Mythos, Marburg 1995, S. 132.
268
Fritz Todt: Der nordische Mensch und der Verkehr, in: Die Straße 4 (1937), S. 394 ff.
101

sinnfällig zu machen“269 und so die Integration der neuen


Straßenbauwerke in die „Volksgemeinschaft“ zu verdeutlichen. Nicht nur
die Autobahnbrücken, sondern eben auch die Nebenbauten entlang der
Strecke wurden auf diese Weise zu Kulturdenkmalen aufgewertet, die je
nach ihrer räumlichen Lage im Deutschen Reich das „Stammesbild des
jeweiligen Gaues widerspiegeln“270 sollten.

Für Tankstellen legte am 10. November 1936 eine Verordnung über die
Baugestaltung fest, dass „bauliche Anlagen […] Ausdruck `anständiger
Baugesinnung´ und werkgerechter Durchbildung sein müssten […] und
auf die Eigenart oder die beabsichtigte Gestaltung des Orts-, Straßen-
oder Landschaftsbildes […] Rücksicht zu nehmen“ sei.271

Die bis dahin errichteten Tankstellen hatten nicht unbedingt diese


Anforderungen erfüllt, sondern galten mit ihren zentral angelegten
Pavillons und den seitlich vorgelagerten Zapfsäulen als reine
Zweckbauten, als „notwendiges technisches Zubehör des Verkehrs“.272
Zur Deckung des dringenden Bedarfs wurden in der Anfangszeit auch
Behelfstankstellen aus Holz errichtet. Auch kamen mobile
Tankgelegenheiten zum Einsatz.273

Erst die zweite Bauphase stand unter dem Eindruck der Betonung der
ästhetisch-ideologischen Funktion der Versorgungseinrichtungen. Am 1.
Mai 1936 wurde an der Strecke Mannheim – Frankfurt die erste
Reichsautobahntankstelle in Betrieb genommen. Charakteristisch am
Gebäude waren der halbrunde Tankwartraum und das flügelähnlich nach
hinten ausladende Flachdach. Die ersten Tankstellen wurden direkt auf
den dreieckigen Knotenpunkten von Anschlussstellen platziert. Doch

269
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn: S. 133.
270
Alwin Seifert: Die Wiedergeburt landschaftsgebundenen Bauens, in: Die Straße 8
(1941), S. 289.
271
RGBl. Teil 1 (1936), Nr. 106, S. 938, zitiert nach Vosselman: Reichsautobahn, S. 22.
272
Werner Lindner: Einzellösungen für Tankstellen, in: Die Straße 5 (1938), S. 175.
273
Johannes – Wölki: Die Autobahn und ihre Rastanlagen, S. 17.
102

erwies sich die Lage praktisch inmitten des Verkehrsgeschehens bei den
Auf- und Abfahrten als wenig praktikabel, weil „gerade bei den
Dreiecksanlagen sehr häufig Um- und Gegenfahrten und auch
Verkehrsschwierigkeiten auftraten.“274 Später errichtete Tankstellenbauten
wurden „in Seitenlage“ neben der Strecke mit eigenen Zu- und Abfahrten
geplant.275

Die Tankstellen wurden von der „Reichsautobahn-Kraftstoffgesellschaft“


(RAK) betrieben. Sie bezog den Treibstoff direkt von den Mineralölfirmen
und verkaufte ihn an den Tankstellen ohne Nennung des Markennamens.
Denn jegliche Reklame an der Reichsautobahn wurde als geeignet
angesehen, das Landschaftsbild und damit das Fahrterlebnis
beeinträchtigen zu können, und war daher verboten. Im Abstand von 30
bis 40 Kilometern waren die Tankstellen über die Strecke verteilt. Im
Umkreis von 10 Kilometern untersagte Fritz Todt den Bau von privaten
Tankstellen, damit die Rentabilität der RAK nicht gefährdet werden
konnte.276

In Michendorf bei Berlin wurde eine Tankwartschule gegründet. Die


uniformierten Vertreter der Reichsautobahn wurden dort in einem straffen,
aber höflichen Kundenumgang geschult.277

Hohe Ansprüche hinsichtlich der Wahl des Standortes, der Baumaterialien


und Formen hatten die NS-Architekten auch bei den Raststationen an der
Reichsautobahn. Deren Errichtung und Erhaltung konnte daher ebenfalls
nicht in private Hände gelegt werden. Sie oblag der eigens gegründeten

274
Vgl. Bruno Wehner: Reichsautobahn-Tankanlagen, in: Die Straße 7 (1940), S. 472,
der mit den zitierten Worten die Gefahr von „Geisterfahrern“ im Umkreis von
Autobahntankstellen beschreibt.
275
Je nach Bauausführung unterschied man die Bautypen „Frankfurt“, „Hannover“ und
„Fürstenwalde“.
276
Seidler: Fritz Todt, S. 107.
277
Vgl. Paul Bonatz und Bruno Wehner: Reichsautobahn-Tankanlagen, Berlin 1942, S. 7
ff.
103

„Reichsautobahn-Raststättengesellschaft“ (RAR). Sie arbeitete in den


Folgejahren eng mit der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (KdF)
zusammen. Mitglieder der HJ und des NSKK unternahmen regelmäßig
Ausflugsfahrten mit den Fern-Omnibussen und sorgten so für rentable
Auslastungen. Vorsitzender des Aufsichtsrates der RAR war niemand
geringerer als Fritz Todt selbst.

Hinsichtlich der Funktionalität der Raststationen wurde in der Fachliteratur


genau unterschieden: Der „Rasthof“ war für Übernachtungen und längere
Aufenthalte geeignet. Das „Rasthaus“ diente als Stützpunkt für den
kurzfristigen Durchgangsverkehr, wobei gelegentlich
Beherbergungseinrichtungen vorhanden sein konnten. In „Raststätten“
konnte man lediglich Getränke und einfache Imbisse erwerben.278

Sowohl bei Tankstellen als auch bei den Raststationen legten die
Landschaftsarchitekten größten Wert auf eine stilvolle Einbettung in die
Umgebung. Maßgeblich für die Wahl des Standortes waren Kriterien wie
schöne Aussicht, landschaftlich herausragende Punkte oder die Nähe
eindrucksvoller historischer Bauwerke.279 An den Parkplätzen waren oft
Bäume gepflanzt, die im Sommer Schatten spenden sollten. Hinter oder
neben den Betriebsgebäuden waren Grünflächen oder Erholungsgärten
angelegt. Wiesen- und Weideflächen und mitunter Teiche mit
Badegelegenheiten sollten dazu geeignet sein, den landverbundenen
Charakter der Raststation zu betonen und Erholung zu ermöglichen.280
Tankstelle und Raststätte konnten entweder in baulicher Einheit oder
voneinander getrennt errichtet sein.281 Befanden sich Betriebsstätten an
beiden Seiten der Autobahn, wurden sie öfters durch einen unterirdischen

278
Vgl. Bruno Wehner: Betriebsanlagen des Kraftverkehrs – klare Begriffsbestimmung,
in: Der Straßenbau 29 (1938), S. 387 und S. 404 ff.
279
Windisch-Hojnacki: Die Reichsautobahn, S. 103.
280
Max K. Schwarz: Tankstellen, Straßenmeistereien und Raststätten – Betriebs-
organismen an der Reichsautobahn, in: Die Straße 6 (1939), S. 660 ff.
281
Windisch-Hojnacki: Die Reichsautobahn, S. 92.
104

Fußgängertunnel verbunden. In dessen beleuchteten Vitrinen waren


Streckenmodelle der Autobahnen oder regionale Kunstartikel ausgestellt.

Die großen Rasthäuser wurden als eine „Art neuer Zentren der
automobilen Welt“ und „ruhende Pole im konstanten Fluss des LKW-,
PKW- und Omnibusverkehrs“282 konzipiert. Von den fünf
bemerkenswertesten Rasthauskomplexen im System der
Reichsautobahn283 war die Rastanlage am Chiemsee an der Autobahn
München – Landesgrenze Salzburg am größten und am bedeutendsten.

Nach einem Jahr Bauzeit unter dem Architekten Fritz Norkauer wurde der
Gebäudekomplex am 27. August 1938 eröffnet und entsprach den damals
modernsten technischen Voraussetzungen. Hitler soll selbst angeregt
haben, die Autobahntrasse wegen der wunderbaren Aussicht unmittelbar
am Ufer des Chiemsees zu verlegen.284 Die Kaffeeterrasse unter freiem
Himmel bot Platz für 1.300 Gäste. Zur Übernachtung stand die
vergleichsweise bescheidene Anzahl von 53 Hotelzimmern zur Verfügung.
Hinzu kamen eine Tankstelle, Werkstätten, eine Wäscherei, eine
Fleischhauerei – und ein Erkerzimmer im Erdgeschoß, das
„Führerzimmer“ genannt wurde. Eine Badeanstalt mit Sprungturm direkt
am See und eine Dampferanlegestation ergänzten die künstlich
erschaffene Erholungswelt. Eingebettet wurde die kleine „Dorfsiedlung“ in
das Formenrepertoire alpenländischer Bauernhäuser.285 In
architektonischen Details wie Giebelformen, Lärchenschindeln,
schmiedeeisernen Gittern und hölzernen Fensterläden wurde ein bewusst
rustikaler – landverbundener Eindruck vermittelt.

282
Steininger: Raum – Maschine Reichsautobahn, S. 154 f.
283
Das waren der Rasthof bei Hermsdorf, die Rasthäuser in der Holledau, am Chiemsee,
im Siegerland und der Rasthof „Magdeburger Börde“.
284
Vosselman: Reichsautobahn, S. 26.
285
Schumacher: Vor uns die endlosen Straßen, S. 85.
105

Das übergeordnete ideologische Ziel war es, mit Bauwerken wie diesen,
wie es in einem Artikel in Die Straße 1936 hieß, eine „gesunde
landschaftliche Raumeinheit auf naturgesetzlicher Grundlage“286 zu
schaffen. Doch mündete dieses Bestreben letztlich im untauglichen
Versuch, das Bild einer „Wunschvergangenheit“287, die es in dieser Form
nie gegeben hatte, auf die Gegenwart zu übertragen und in die Zukunft zu
projizieren.

Neben Tankstellen und Raststationen wurden auch Betriebsanlagen der


Autobahnmeistereien an den Autobahnen gebaut, im Abstand von rund 50
Kilometern. Sie wurden meist in der Umgebung von Siedlungen errichtet,
damit die Autobahnbauer und –erhalter nicht von der jeweiligen
Dorfbevölkerung ausgeschlossen waren.288 Zum typischen Personalstand
gehörten 15 bis 20 Arbeiter, zum Beispiel ausgebildete Schlosser, Maurer
oder Gärtner. Neben der Erhaltung des Fahrbahnbelags oblag ihnen die
Pflege der Rast- und Parkplätze, der Bankette, der Verkehrsanlagen und
die Schneeräumung.289

Dem Mythos von den „Straßen Adolf Hitlers“ und der ihnen zugrunde
liegenden „Arbeitsschlacht“ musste nach den Vorstellungen der
Nationalsozialisten durch die Errichtung zahlreicher Denkmäler gehuldigt
werden. In den ersten Jahren waren die figürlichen Darstellungen entlang
der Reichsautobahn noch vergleichsweise bescheiden. Etwa wurden
Hoheitsadler mit Hakenkreuzschild in den Fängen dargestellt, gelegentlich
in Kombination mit dem geflügelten Rad als Symbol der Reichsbahn.290

Bald schon steigerten sich die Denkmäler zu überlebensgroßen


Monumenten, die in den meisten Fällen die immer wiederkehrende

286
Hinrich Meyer-Jungclaussen: Von der landschaftlichen Gestaltung der Kulturstätte
zwischen Halle und Leipzig durch die Reichsautobahn, in: Die Straße 3 (1936), S. 239 f.
287
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 135.
288
Seidler: Fritz Todt, S. 141.
289
Windisch-Hojnacki: Die Reichsautobahn, S. 107 f.
290
Lurz: Denkmäler an der Autobahn, S. 163.
106

Glorifizierung der „Helden der Arbeit“ thematisierten. So begegneten


einander im Verlauf der Autobahn Hannover – Kassel auf einem Pfeiler
der Werrabrücke die beiden 7 ½ Meter hohen Steingestalten des
„Arbeiters der Stirn“ (Konstrukteur) und des „Arbeiters der Faust“
(Bauarbeiter). Nur in deren ergänzendem Zusammenwirken sei das Werk
„Reichsautobahn“ gemeinsam vollbracht worden, so die Botschaft der
Darstellung.291 Gelegentlich wurden auch Kriegerdenkmäler angelegt, die
in kurzen Fußmärschen von Autobahnparkplätzen aus aufgesucht werden
konnten.

In erster Linie aber war die Autobahn selbst als Denkmal inszeniert. Der
Autofahrer sollte als Akteur die Schönheit der deutschen Landschaft und
ihrer Sehenswürdigkeiten „durch die Windschutzscheibe ähnlich einem
Film auf einer Leinwand erleben, der an ihm vorüberrauscht.“292 Die
Protagonisten des Dritten Reichs wollten sich selbst und ihre Ideologie
verewigt wissen und auch künftigen Generationen diese als sichtbares
und erfahrbares Denkmal hinterlassen.

In diesem Sinn äußerte sich auch ein enger Mitarbeiter Albert Speers
1941, als er schrieb: „Die Bauten Adolf Hitlers sollen dann noch ihren
symbolischen Wert besitzen, wenn sie den praktischen nach
293
Jahrhunderten vielleicht schon verloren haben.“ Zu diesem Zeitpunkt
war das Vorzeigeprojekt nationalsozialistischer Freizeitkultur an der
Reichsautobahn, das Rasthaus Chiemsee, längst zu einem
Genesungsheim der Wehrmacht umfunktioniert und so seiner ursprünglich
vorgesehenen Bedeutung entzogen worden.

291
Lurz: a.a.O., S. 162.
292
Lurz: a.a.O., S. 179.
293
Rudolf Wolters: Brücken. Zu den Arbeiten des Architekten Fritz Tamms, in: Die
Baukunst. Die Kunst im Deutschen Reich, Jänner 1941, S. 3.
107

5.3 Die Autobahn als Teil der Landschaft


Die ersten Reichsautobahnstrecken waren bautechnisch noch sehr nach
dem Vorbild der italienischen Autostrada in die Landschaft eingepasst:
Lange, möglichst gerade Strecken wurden zunächst als Ideal gesehen.294
Bei der Eröffnung der Ortsumfahrung von Opladen im September 1933
meinte Generalinspektor Fritz Todt:

„Wir wollen unser Ziel weit vor uns sehen, wir wollen gerade und zügig
dem Ziel zustreben. Kreuzungen überwinden wir, unnötige Windungen
sind uns fremd. Ausweichen wollen wir nicht, wir schaffen uns genügend
Bahn zum Vorwärtskommen. Und wir brauchen eine Bahn, die uns
gestattet, ein zu uns passendes Tempo einzuhalten. So bauen wir im
Dritten Reich die Straßen, so erziehen wir die Menschen, so errichten wir
das ganze nationalsozialistische Reich.“295

Auf dem ersten eröffneten Teilstück der Reichsautobahn zwischen


Frankfurt am Main und Heidelberg gab es folglich eine schnurgerade
Strecke von fast 10 Kilometer Länge.296

Allerdings setzte schon bald ein Umdenken ein. Die Autobahn, so lehrte
Emil Maier-Dorn, der „Reichsschulungswalter“ des „Nationalsozialistischen
Bundes Deutscher Technik“ (NSBDT), habe nicht die Aufgabe, „die
kürzeste, sondern die edelste Verbindung zweier Punkte […] zu
schaffen.“297 Die neuen Straßen sollten demnach nicht nur möglichst

294
Vgl. Bosco: Die italienischen Autobahnen, S. 455: Die längste Gerade der
italienischen Autostrada führte durch die Po-Ebene und war 21 Kilometer lang.
295
Fritz Todt am 27. September 1933, zitiert nach Lärmer: Autobahnbau in Deutschland
1933 bis 1945, S. 120 f.
296
Steininger: Raum – Maschine Reichsautobahn, S. 90.
297
Emil Maier-Dorn: Die kulturelle Bedeutung der Reichsautobahn, in: Die Straße 5
(1938), S. 736 ff.
108

rationell große Entfernungen überwinden helfen. Sie sollten sich „dem


Gelände anschmiegen, es nicht […] brutal durchqueren und zerreißen.“298

Das Konzept der „schwingenden Straße“ war geboren. Ab sofort musste


auf die Kriterien der Ästhetik und optimalen Linienführung beim
Trassenbau größte Rücksicht genommen werden. Völlig beabsichtigt
wurden ab nun stärkere Kurvenradien und Höhenunterschiede in Kauf
genommen, um den Streckenverlauf an die Gegebenheiten der
Landschaft anzupassen und dem künftigen Benutzer einen perfekt
inszenierten visuellen Konsum von Landschaft zu ermöglichen.299

In der so bewusst herbeigerufenen Negierung der geraden Strecke als


charakteristischer Linie des „althergebrachten“ Verkehrsmittels Eisenbahn
waren die Autobahnen künftig daraufhin angelegt, für den automobilen
Konsumenten den „Wechsel von Bildern zu einer Art Landschaftsakkord
zusammenzuklingen“ zu lassen.300 Der Reichsautobahn als „Ikone des
Nationalsozialismus und auch der deutschen Technik“301 wurde die Rolle
zugewiesen, durch ihre harmonische Einfügung in die Landschaft eine
scheinbare Versöhnung von Technik und Natur zu beweisen. Der Wunsch
einer attraktiven Gestaltung des Straßenraumes war indes kein so neuer
Gedanke. Schon zuvor waren diese Ideen in den Konzepten der US-
amerikanischen Parkstraßen verwirklicht worden.

Im Juni 1935 wurde ein „Reichsnaturschutz-Gesetz“ erlassen und die


Materie Landschaftsschutz erstmals deutschlandweit einheitlich normiert.
Im Mai 1936 folgte ein „Schutzwald-Gesetz“. Die Regelungen zielten aber
nicht darauf ab, ökologischen Naturraum per se zu schützen oder vor
Veränderungen zu bewahren. Sie waren vielmehr Grundlage für die

298
Albert Speer: Der Baumeister Fritz Todt, in: Deutsche Technik 10 (1942), S. 128,
zitiert nach Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 125.
299
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 206.
300
Walter Ostwald: Fahrterlebnis und Straßenbau, in: Die Straße 4 (1937), S. 559.
301
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 76.
109

künstliche Umgestaltung von Naturlandschaften im Zuge des


Autobahnbaus nach streng festgelegten, als ästhetisch definierten
Kriterien.

„Auf der Reichsautobahn ist der Kraftfahrer im Märchenland!“, schwärmte


ein Autor 1939 in einem Artikel der offiziellen Zeitschrift des
Reichsautobahnbaus.302 Und in deutlicher Übersteigerung der
tatsächlichen Fahrtbewegungen auf der „schwingenden Straße“ wurde
berichtet, dass das Fahrterlebnis „ein schwereloses Schweben, ganz
ähnlich wie beim Fliegen“303 sei. Auch in späteren Veröffentlichungen
wurde das bildhafte Motiv vom „Flug über die Reichsautobahn“ immer
wieder strapaziert.304

Bald schon war der Begriff des „Autowanderns“ ins Leben gerufen. Die
Kunst der Fahrt mit dem Kraftwagen wurde als Quelle der Erholung jedem
Deutschen ans Herz gelegt. Der „immer wieder auflebende Wunschtraum
des freien, unabhängigen Reisens und Wanderns in ferne Ziele“305 wurde
als ein leicht fassbares Ziel formuliert. Ein Ziel freilich, das den
allermeisten Deutschen finanziell unleistbar war. Abgesehen davon waren
die Ideale „Freiheit“ und „Unabhängigkeit“ keineswegs solche, die die
nationalsozialistische Diktatur für ihre „Volksgenossen“ tatsächlich
verwirklicht haben wollte.

Seit November 1933 ließ sich Generalinspektor Todt vom Münchener


Gartenarchitekten Alwin Seifert beraten. Seifert hatte Todt schriftlich
vorgeschlagen, die geplanten Autobahnböschungen fachmännisch zu
begrünen und überhaupt bei der Findung einer idealen Trassenlinie

302
Walter Ostwald: Reichsautobahnfahrt im ersten Deutschlandring, in: Die Straße 6
(1939), S. 6 ff.
303
Heinrich Hauser: Autowandern als wachsende Bewegung, in: Die Straße 3 (1936), S.
455.
304
Vgl. Herybert Menzel: Das Erlebnis der Reichsautobahn, in: Die Straße 8 (1941), S.
373: „Wir schweben, werden fast vogelgleich.“
305
Todt: Der nordische Mensch, S. 394 ff.
110

landschaftsgestaltend mitzuwirken. Er entwickelte sich in den Folgejahren


zur Galionsfigur der Landschaftsarchitekten und setzte auch durch, dass
jede Oberste Bauleitung einen eigenen Landschaftsarchitekten
zugewiesen erhielt. Diese waren dafür verantwortlich, unharmonisch
wirkende Landschaftseinschnitte zu vermeiden, auf alten Baumbestand zu
achten und die Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen durch passende
Pflanzengemeinschaften zu begrünen. Die dabei angewandte
Gartenbaukunst sollte dem Kriterium der „Bodenständigkeit“ genügen, die
Gestaltung der Kulturlandschaft in allen ihren Einzelheiten „kerndeutsch“
sein.306

Dem Wald als deutschem Ursymbol kam bei der Gestaltung des
Autobahnraumes eine besondere Bedeutung zu. „Es liegt mir daran, dass
die Ausbildung der Strecke […] so vorgenommen wird, […] dass man nicht
den Eindruck einer Kunstbahn hat, sondern dass man ein
naturverbundenes Gefühl in diesem herrlichen Walde empfindet.“307,
schrieb Todt bereits 1933 in seinem ersten Brief an Seifert. Gleich von
Anfang an fixierte er damit seine klaren Vorstellungen von der Wichtigkeit
einer inszenierten Landschaft als Umgebung der Reichsautobahn.

Zwischen den Bauingenieuren und Landschaftsarchitekten kam es


allerdings in den Folgejahren – von der Öffentlichkeit weitgehend
unbemerkt – immer wieder zu Auseinandersetzungen, speziell auch
zwischen Todt und Seifert. Streitpunkte waren unter anderem die Fragen
der richtigen Linienführung der Autobahn und der geeigneten
Bepflanzung. Todt hielt zum Beispiel die Menge der eingesetzten Bäume
und Sträucher neben der Fahrbahn um den vier- bis fünffachen Faktor
überzogen und befürchtete, dass dadurch der visuelle Gesamteindruck für
den Fahrer beeinträchtigt werden konnte. Die Ingenieure des
Generalinspektorats wollten die Landschaft als Bestandteil eines
modernen, tempogeladenen Erfahrens einer Autoreise in Szene setzen.

306
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 127.
307
Zitiert nach Alwin Seifert: Ein Leben für die Landschaft, Düsseldorf–Köln 1962, S. 37 f.
111

Den Landschaftsanwälten ging es hingegen um ökologische Restauration


unter den Vorgaben einer „bodenständigen“ Ästhetik.308 Der Begriff
„Bodenständigkeit“ erstreckte sich zum Beispiel auf das Verbot der
Bepflanzung des Autobahnraumes mit „fremdländischen“ Gehölzen wie
Douglastannen oder Rhododendren. Er betraf aber auch die Verwendung
von Baustoffen und Bauformen, die zur jeweiligen Landschaft passen
mussten.309 Trotz der oft heftig ausgetragenen Konflikte erhielt Seifert zu
seinem 50. Geburtstag im Jahr 1940 von Todt den Ehrentitel
„Reichslandschaftsanwalt des Generalinspektors für das deutsche
Straßenwesen“ verliehen. Seifert hatte nun das Recht, bei allen Obersten
Bauleitungen mitzureden und eine Art Oberaufsicht über alle
Landschaftsanwälte.310

Dieser scheinbar sanfte Umgang mit der Natur bei der Entwicklung und
Errichtung der neuen Straßeninfrastruktur kann allerdings nicht als eine
Art Vorläufermodell für eine Ökologiebewegung gesehen werden. Zu
unterschiedlich waren die Motive des NS-Staates. Natur sollte nicht um
ihrer selbst willen bewahrt und gepflegt werden. Sie sollte – in eine
Statistenrolle gedrängt – nur eine würdige Kulisse sein für eine „völkische
Inszenierung“ des Kulturraumes Reichsautobahn.

5.4 Die Autobahn im Spiegel der Kunst


Der Reichsautobahnbau war nicht nur in ökonomisch-technischer Hinsicht
ein Mammutprojekt. Er wurde von Anfang an begleitet von einem Bündel
zahlreicher flankierender Maßnahmen – mit dem Ziel, parallel zum Aufbau
eines Hochleistungsstraßennetzes den Mythos der „Straßen des Führers“
zu kultivieren. Die Nationalsozialisten bedienten sich dabei gekonnt
sämtlicher Formen medialer Inszenierungsmöglichkeiten, um das

308
Zeller: Straße, Bahn, Panorama, S. 186.
309
Johannes – Wölki: Die Autobahn und ihre Rastanlagen, S. 31.
310
Seifert: Ein Leben für die Landschaft, S. 47.
112

ansonsten „anonyme“ Projekt zum Werk eines Urhebers zu machen und


ihm so einen übergeordneten Zweck und Nutzen zuzuschreiben.311

Rundfunk und Malerei, Fotografie und Film, Romane, Erzählungen,


Feuilletons und selbst die Kunstform der Lyrik mussten sich den
Intentionen der Propaganda unterordnen und den sorgsam gepflegten
Mythen rund um den Autobahnbau dienlich sein. Im Zentrum stand Adolf
Hitler als scheinbar alleiniger Urheber des Gedankens und Schöpfer
„seiner“ neuen Straßen. In der Kunst gefeiert wurden auch stets
wiederkehrend die Motive des tatkräftig vorangetriebenen gemeinsamen
Werkes, der Volksgemeinschaft an den Autobahnbaustellen und das Bild
der ausgereiften technischen Ästhetik, eingebettet in eine vollendete,
„gesunde“, deutsche Landschaft. Und über allem stand der ehrgeizige
Anspruch des Führers, dass „dieses Dritte Reich Dokumente der Kunst
und Kultur aufweisen muss, die Jahrtausende überdauern […],
gemeinsam verbindende Mittelpunkte, die die Menschen brauchen, wenn
sie nicht zerfallen sollen.“312

Auch bei der künstlerischen Umsetzung des Reichsautobahngedankens


ging die Initiative von Fritz Todt aus. Er behielt in großer Umtriebigkeit
sämtliche Fäden des Projekts in seinen Händen. Am 4. Februar 1936 rief
er die bildenden Künstler auf, die neuen deutschen Autobahnen
künstlerisch darzustellen. Bis zum Herbst wurden 1.200 Arbeiten
eingereicht. Etwa die Hälfte konnte im September in München in der
Ausstellung „Die Straßen Adolf Hitlers in der Kunst“ präsentiert werden,
darunter eine Reihe von Ölbildern. Diese Ausstellung wanderte weiter
nach Berlin und Breslau. Sie kam im Jahr 1940 sogar nach Prag und 1942
nach Budapest.313

311
Schütz: Blassgraue Bänder: S. 76 ff.
312
Zitiert nach Jochen Thies: Architekt der Weltherrschaft. Die „Endziele“ Hitlers,
Königstein 1980, S. 38.
313
Windisch-Hojnacki: Die Reichsautobahn, S. 200 ff.
113

Die Künstler waren in der Wahl des Themas und des Stils verblüffend
unabhängig, wenn sie nur die Schönheit der Reichsautobahnen
glorifizierten. Als beliebteste Sujets erwiesen sich die monumentalen
Konstruktionen der Autobahnbrücken, darunter die Baustelle bei der
Mangfallbrücke. Bald entstand das eigene Genre der Autobahnmalerei.
Die meisten Gemälde waren Auftragsbilder, teils von privaten Käufern314
bestellt, teils vom Generalinspektor selbst. Todt beauftragte die Maler, den
Fortgang der Bauarbeiten künstlerisch zu dokumentieren.

Zu den bedeutendsten Malern der neuen Kunstrichtung gehörte Ernst


Vollbehr. Er konnte auf eine umfangreiche künstlerische Erfahrung als
Kriegsmaler im Ersten Weltkrieg zurückblicken und hatte sich danach als
Tropenmaler einen Namen gemacht. In seinen „Malfahrten auf den
Bauplätzen der Straßen Adolf Hitlers“ dokumentierte er in grellen Farben
die „Arbeitsschlacht“ an den Großbaustellen.315 Maler und Grafiker wie
Wolf Panizza, Carl Theodor Protzen, Friedhelm Sporn, Wilhelm Heise,
Georg Fritz oder Erich Mercker trugen mit ihren Werken dazu bei, das Bild
und Ansehen der Autobahnen künstlerisch zu überhöhen.

Fritz Todt wählte auch den Wiener Aquarellmaler Ernst Huber aus, um die
„Straßen des Führers“ ins rechte Bild zu setzen. Huber war Mitglied der
Wiener Secession. Als Dank für sein künstlerisches Engagement bekam
er die Gunst des Regimes zu spüren: Es wurde ihm nicht nur ein Gratis-
Volkswagen versprochen. Er erhielt auch das „wertvollste Dokument“ für
wehrfähige Männer während des Zweiten Weltkriegs, den U.K.-Bescheid
(U.K. bedeutete „unabkömmlich“).316 So konnte er nun das gesamte
Deutsche Reich, ohne auf Benzinrationierungen achten zu müssen,

314
Windisch-Hojnacki: a.a.O., S. 202.
315
Ernst Vollbehr: Arbeitsschlacht. Fünf Jahre Malfahrten auf den Bauplätzen der
„Straßen Adolf Hitlers“, Berlin 1939.
316
Wolfgang Georg Fischer: Ein Maler erlebt die Reichsautobahn. Der Wiener
Landschaftsmaler Ernst Huber als Propagandakünstler, in: Kunst und Diktatur.
Architektur, Bildhauerei und Malerei in Österreich, Deutschland, Italien und der
Sowjetunion 1922 bis 1956, Baden 1994, S. 367.
114

durchstreifen und jeden ihm geeignet erscheinenden Autobahn-


Blickwinkel malerisch einfangen. Im November 1940 ließ Fritz Todt
Hubers Aquarelle im Wiener Künstlerhaus in der Ausstellung „Ein Maler
erlebt die Reichsautobahn“ zeigen.

Hubers Kollege Ernst Vollbehr bezeichnete sich selbst zu dieser Zeit


längst als „Reichsautobahnmaler“317 und veröffentlichte auch zwei
Bildbände mit insgesamt 100 Werken zum Thema. Doch schon zu Beginn
des Reichsautobahnbaus 1934 war das deutsche Publikum auf die neuen
Autobahnen künstlerisch eingestimmt worden. In der Ausstellung „Die
Straße“ zeigte das Generalinspektorat in München acht monumentale
Wandbilder. Unter dem Gesamttitel „Die deutsche Straße im Wandel der
Zeiten“ zeichnete sie die Entwicklung vom „altgermanischen Bohlenweg“
über die „römische Straße“ zur Reichsautobahn nach.318 Dem Medium
Malerei kam zunächst die wichtigste künstlerische Funktion zu. Als ab
1936 ein immer sichtbarer werdendes Autobahnnetz entstand, begann
langsam die eigene Anschauung in Verbindung mit der Fotografie die
Reichsautobahnmalerei zu konkurrenzieren.319

Das Medium Fotografie wurde in mehrfacher Weise in den Dienst der


Autobahnidee gestellt. Einerseits im Rahmen propagandistischer
Berichterstattung, etwa anlässlich von Spatenstichfeiern und
Eröffnungszeremonien. Zum anderen entstanden zahlreiche Fotos aus
wissenschaftlichem Interesse, aufgenommen zum Beispiel von den
Architekten Paul Bonatz oder Friedrich Tamms oder vom
Reichslandschaftsanwalt Alwin Seifert. Die abgelichteten Motive waren
Brücken, Rastplätze, Böschungsbepflanzungen oder Betriebsgebäude.
Auch Fritz Todt selbst hatte bei der Besichtigung von Baustellen oft seine
Kamera dabei.320

317
Ernst Vollbehr: Die Straßen Adolf Hitlers, Leipzig 1935, S. 5.
318
Vosselman: Reichsautobahn, S. 32 f.
319
Lang – Stommer: Deutsche Künstler, S. 105.
320
Vgl. Schönleben: Fritz Todt, S. 21.
115

Deutlich anspruchsvoller war die künstlerische Propagandafotografie, die


auf hohem ästhetischen Niveau Sympathiewerbung für die
Reichsautobahn machte321. Veröffentlicht wurden die Fotos in Bildbänden,
Kunstzeitschriften und in der Zeitschrift Die Straße sowie in diversen
Ausstellungen. 1936 rief Todt zur Teilnahme an einem
Lichtbildwettbewerb auf. Unter dem Motto „Die schöne Straße im Bau und
unter Verkehr“ sollten die Teilnehmer das bauliche Wunderwerk
Reichsautobahn in fototechnisch einwandfreier Art und bildmäßig
künstlerischer Form darstellen.322 Preisgekrönt wurde eine Aufnahme von
Otto Illauer, die den „schwingenden“ Straßenverlauf über den Irschenberg
an der Teilstrecke München – Salzburg darstellte. In ihrem Aufbau enthält
sie kompositorische Elemente, die der klassischen europäischen
Landschaftsmalerei entnommen waren.

Der Höhepunkt der Reichsautobahn-Fotografie ist verbunden mit dem


Namen Erna Lendvai-Dircksen. Sie rückte in ihrem Fotoband
323
„Reichsautobahn – Mensch und Werk“ die Bodenständigkeit der
Reichsautobahn-Arbeiter in den Mittelpunkt. In Analogie zu den
weltbekannten Schwarz-Weiß-Aufnahmen des US-Amerikaners Lewis W.
Hine zu Beginn der 1930er-Jahre über die Erbauer des Empire State
Building in New York324 inszenierte Lendvai-Dircksen Porträts der Arbeiter
und heroisierte sie so zu „Helden des Handwerks und der Erdarbeit“.325
Die Heroisierung der „Arbeiter der Faust“ in der Fotokunst täuschte aber:
Sie entsprach nicht dem tatsächlichen gesellschaftlichen Status des
Arbeiters im Dritten Reich.

321
Vosselman: Reichsautobahn, S. 35.
322
Vgl. Alfred Becker: Die schöne Straße im Bau und unter Verkehr, in: Die Straße 3
(1936), S. 661 ff.
323
Erna Lendvai-Dircksen: Reichsautobahn – Mensch und Werk, Bayreuth 1942.
324
Lewis W. Hine: Men at Work. Photographic Studies of Modern Men and Machines.
With a Supplement of 18 Related Photographs, Reprint New York 1977.
325
Philipp: Die schöne Straße im Bau und unter Verkehr, S. 122.
116

Auch in der Autobahnfotografie wurden sonst zumeist die monumentalen


Werke der Reichsautobahnbrücken verewigt. In die Bildkompositionen
fügte sich nicht zufällig oft das Motiv eines pflügenden Bauers oder
hütenden Hirten vor den aufragenden Pfeilern einer Natursteinbrücke ein.
Das alte Bodenständige sollte mit der neuen technischen Moderne
verbunden werden, um – zumindest in der Kunst – den dadurch
aufkommenden Gegensatz zu versöhnen.

Hoch waren die Erwartungen Fritz Todts in die relativ junge Kunstform des
Spielfilms: „Ein Film, wie ich ihn mir vorstelle“, sagte er im Februar 1935
vor NS-Kulturschaffenden, „muss eine Symphonie sein.“326 Ein solches
filmisches Meisterwerk über den Reichsautobahnbau ist aber nie zustande
gekommen. Der UFA-Spielfilm „Mann für Mann“ von Regisseur Otto
Wendler mit Gustav Knuth und Gisela Uhlen in den Hauptrollen wurde im
Juli 1939 in Danzig uraufgeführt. Er war der einzige Spielfilm, der den
Autobahnbau explizit zum Thema hatte, konnte sich aber nicht zum
großen Publikumserfolg entwickeln.

Abgesehen von den laufenden Wochenschaubeiträgen blieb die filmische


Berichterstattung sonst eine Domäne des Dokumentarfilms. Darunter
befand sich Informationsmaterial, zum Beispiel über „Die Betondecke“,
„Moorsprengungen“ oder die Entwicklung „Vom Wald zur
327
Straßendecke“. Gelegentlich waren auch Propagandafilme in die Form
von Dokumentationen gekleidet, etwa in „Die Alpenstraße“ (1935), „Steine
geben Brot“ (1936) oder „Vierhundert bauen eine Brücke“ (1937). Einige
Filme wandten sich an den deutschen Verkehrsteilnehmer mit dem Ziel,
Fahrten auf der Autobahn offen zu bewerben. Die Quintessenz von
„Schnelle Straßen“ oder „Bahn frei“ aus dem Jahr 1935 war die Aussage,
dass Fahrten auf der Autobahn sicherer, zügiger, bequemer und
freizeitschonender seien. Spritverbrauch und Fahrzeugverschleiß auf den

326
Zitiert nach Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 118.
327
Vgl. Schütz: Blassgraue Bänder, S 90 f.
117

Landstraßen seien wesentlich höher, da deutlich mehr gebremst und


gekuppelt werden müsse.

Auf dem Gebiet der Schreibkunst fühlten sich Dichter – oder


selbsternannte „Dichterfürsten“ – dazu berufen, ihr poetisches Talent, so
vorhanden, dem Autobahnwerk zu widmen. Das ewig wiederkehrende
Thema war allerdings reichlich variantenarm. Fast unisono wurde die
Reichsautobahn als vom Führer gewolltes Werk deutscher Arbeit
beschworen.328 In teils kaum zu überbietender Schwülstigkeit schwärmten
vielfach auch dichtende Laien von „des Führers Größe und Wohltat“, von
den Themen der Einigkeit und Ewigkeit, von der allumfassenden
Raumwirkung der großen Bauwerke. Die Zeitschrift Die Straße war eine
dankbare Plattform zur Verbreitung der lyrischen Ergüsse.

„In Ehrfurcht, vor dem Vater des Vaterlands, beug sich die Stirn!“ meinte
da etwa der andernorts verdiente österreichische Dichter Josef Weinheber
in seiner „Ode an die Straßen Adolf Hitlers“.329 Und Thilo Scheller schrieb
in seinem Gedicht: „Siehe die Straßen des Führers leiten dich stolz in das
nächste Jahrtausend!“330 Mit der „schwingenden Bewegung“ als Symbol
der Autobahnlinien kokettierte auch Georg Zemke, als er folgende Zeilen
zu Papier brachte: „Nach kühnem Maß, das wir im Blute tragen, schwingt
sich ihr Rhythmus durch das Reich […], der kühne Schwung der Brücken
wird nie enden.“331

In den Prosadarstellungen wurden diese Motive fortgesponnen, aber auch


erweitert. Schon in ihrem Titel wiesen die Erzählungen auf ihre Funktion
als „Autobahnromane“ hin. Egal, ob sie „Eine Straße geht durchs Land“332,

328
Schütz: Blassgraue Bänder, S. 91.
329
Weinheber: Blut und Stahl, Potsdam 1941.
330
Thilo Scheller: Die Straßen des Führers, in: Die Straße 6 (1939), S. 239.
331
Georg Zemke: Die Straßen des Führers, in: Die Straße 8 (1941), S. 276.
332
Georg Oedemann: Eine Straße geht durchs Land. Ein Gegenwartsroman, Berlin 1938.
118

„Die Straße aus Eisen und Stein“333, „Die Nibelungenstraße“334 oder


„Granit und Herz“335 hießen. Immer wieder wurde das kameradschaftlich
erbrachte große gemeinsame Werk beschworen. Dem Ingenieur wurde
dabei oft die Rolle des Mittlers zwischen Bauern und Arbeitern zugeteilt.
Mögliche Sorgen der Anrainer um die Zerstörung der Landschaft durch
den Autobahnbau versuchte man in den Erzählungen aufzufangen: „Nein,
das Tal ist nicht tot. Sie haben die frisch aufgeworfenen Böschungen mit
jungen Bäumen bepflanzt. Und der Bach, hier plätschert er.“, heißt es da
etwa bei Oedemann. Und auch der österreichische Dichter Karl Heinrich
Waggerl lieferte pflichtgemäß seinen Beitrag zur Reichsautobahn ab: „Sie
fügt sich in das Ganze mit der Selbstverständlichkeit eines Naturgebildes,
wie ein Flusslauf anderswo und so, als hätte der Schöpfer sie allerletzt
noch dazugeschaffen und das schöne Bild damit erst vollendet“.336

Egal welcher Kunstform sich die Propagandisten des Dritten Reichs


bedienten: Keine Möglichkeit wurde ausgelassen, das Werk
Reichsautobahn und Hitler als dessen scheinbaren einzigen Urheber unter
dem Deckmantel des kulturellen Anspruchs in Szene zu setzen. Hinzu
traten die kontinuierlich strapazierten Bilder von der „Einheit im Volk“, von
der Bewältigung der großen Bauaufgabe und von der Versöhnung
zwischen Natur und Technik, die dem Regime anhand des Autobahnbaus
gelungen wäre. Die vielfältigen Darstellungsformen in der Kunst waren
somit die wichtigsten Medien in der Inszenierung des Autobahnbaus und
in der Begründung seiner Mythen.

333
Heinz Oskar Wuttig: Die Straße aus Eisen und Stein. Ein Roman von froher
Kameradschaft, Berlin 1936.
334
Arno Thauß: Die Nibelungenstraße. Ein Roman vom Autostraßenbau, Berlin 1937.
335
Kurt Schuder: Granit und Herz. Die Straßen Adolf Hitlers – ein Dombau unserer Zeit,
Braunschweig – Berlin – Hamburg 1940.
336
Karl Heinrich Waggerl: Pfingstidyll an der Reichsautobahn. Mit handkolorierten
Zeichnungen und Bildern von Ernst Huber, Potsdam 1941, S. 8.
119

6. Reichsautobahnen in Österreich

6.1 Autobahnplanungen vor 1938


In Österreich konnten Autobahnprojekte vor dem Jahr 1938 nicht in die
Tat umgesetzt werden. Die dringende Notwendigkeit der Erneuerung des
Straßennetzes wurde allerdings auch hierzulande deutlich erkannt. Ab
1928 forcierte die österreichische Regierung ein „Projekt zur planmäßigen
neuzeitlichen Instandsetzung der Bundesstraßen“.337 Man zog die
Errichtung von Autostraßen in Erwägung, von denen Fußgänger und
Fuhrwerke ferngehalten werden sollten. Bis 1931 konnten knapp 500
Kilometer an neuen Hauptdurchzugsstraßen fertig gestellt werden.

Die Motorisierung lief indessen im europäischen Vergleich nur schleppend


an. Bei einer Verkehrszählung im Jahr 1926 war österreichweit noch ein
knapper Überhang an Fuhrwerken vor Motorfahrzeugen gezählt worden.
1927 kam in Österreich auf 316 Einwohner ein Automobil, zehn Jahre
später lag das Verhältnis bei 1 zu 134. Österreich lag damit deutlich hinter
der Schweiz (Verhältnis 1 zu 46), hinter dem Deutschen Reich (1 zu 47)
und nur knapp vor der Tschechoslowakischen Republik (1 zu 139). Am 30.
September 1937 waren in Österreich 119.585 Kraftfahrzeuge gemeldet,
davon 28.081 Personenkraftwagen.338

Schon gut zehn Jahre zuvor war der erste Entwurf für eine Nur-Autostraße
in Österreich entwickelt worden. Diese sollte nach den Plänen der
Zivilingenieure Bernhard Merth und Franz Gaudernak im Süden Wiens
ihren Ausgang nehmen. Ganz nach dem Vorbild der italienischen
Autostrada sollte sie in möglichst langen geraden Strecken das Wiener
Becken queren und – an Wr. Neustadt vorbei – beim Semmering

337
Vgl. Georg Rigele: Die Wiener Höhenstraße. Autos, Landschaft und Politik in den
Dreißiger Jahren, Wien 1993, S. 47.
338
Statistik der Kraftfahrzeuge in Österreich 1930 - 1937, zitiert nach Rigele, S. 52 ff.
120

enden.339 Rechtfertigen sollte der Bau der neuen Strecke einerseits die
damals verhältnismäßig hohe Verkehrsbelastung von 1.400 Fahrzeugen
pro Tag im Raum Traiskirchen340. Andererseits wurde dadurch eine
Belebung des Ausflugstourismus zwischen der Großstadt Wien und dem
Semmeringgebiet erwartet. Die Fahrzeit Wien – Gloggnitz sollte nach der
Eröffnung der Autostraße Wien – Semmering nur mehr 45 Minuten
betragen. Realisiert wurde das Projekt aber nie.

In Zugzwang kam die österreichische Verkehrsplanung durch die


Einbindung Österreichs in ein europäisches Fernstraßenprojekt. Bei einer
Tagung des Internationalen Tourismusverbandes A.I.T. im Jahr 1930 in
Istanbul wurde die Herstellung einer Straßenfernverbindung quer durch
Europa zwischen London und Istanbul beschlossen. In einer
Folgekonferenz im September 1935 in Budapest verpflichtete sich auch
Österreich, seinen Beitrag zur geplanten Transkontinentalstraße London –
Istanbul zu leisten.

Nicht vorgesehen war dabei allerdings der Neubau einer Transitstrecke


quer durch Europa. Vielmehr ging es darum, die bereits bestehenden oder
kurz vor der Errichtung stehenden Straßen mit baulichen
Mindeststandards auszustatten, zum Beispiel hinsichtlich Linienführung,
Gefälle oder Straßenprofil.341 Auf österreichischem Gebiet war der
Streckenverlauf dieser ersten „Europastraße“ von Passau über Linz und
St. Pölten nach Wien und weiter zur ungarischen Grenze bei Nickelsdorf
angedacht. In der Presse wurde der europäischen West-Ost-Verbindung
als internationaler Handelsroute zwischen Großbritannien und dem Orient
größte Bedeutung zugemessen. Das Investitionsvolumen für die bauliche

339
Bernhard Merth: Das Projekt einer Autostraße Wien – Semmering, in: Zeitschrift des
Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins (ZÖIAV) 1926, S. 463 ff.
340
Kreuzer: Schnelle Straßen braucht das Land, S. 52.
341
Vgl. P. Le Gavrian: Bericht über die Trans-Europastraße London – Istanbul, in: Der
Straßenbau 27 (1936), S. 84.
121

Erfüllung der vereinbarten Streckenstandards wurde auf 300.000 Schilling


pro Baukilometer geschätzt.342

In den 1930er-Jahren legten weitere österreichische Techniker


Planungsentwürfe für Nur-Autostraßen in Österreich vor. In Oberösterreich
wurde der Plan einer Fernstraße entlang der Donau („Nibelungenstraße“)
angeregt. Im Hausruck- und Innviertel sollte eine Autostraße zwischen
Grieskirchen und Schärding entstehen und in Vorarlberg zwischen
Dornbirn und der Schweizer Grenze bei St. Margrethen.343 Der Tiroler
Ingenieur Helmuth Thurner, der seit 1935 beim Reichsautobahnbau im
Raum Nürnberg mitwirkte, unterbreitete Trassenvorschläge für eine
Autostraßenstrecke auf der Brennerroute durch Tirol.344

Im Jahr 1936 legte Professor Leopold Oerley von der Technischen


Hochschule Wien das Projekt einer neuen Generation österreichischer
Fernstraßen vor.345 Eingebettet in einen europäischen Rahmen, lag das
Kernstück seiner Pläne in der Errichtung eines über 1.700 Kilometer
langen Netzes von 9 Meter breiten Fernstraßen mit Über- und
Unterführungen sowie Ortsumfahrungen.346 Parallel dazu präsentierten
auch der „Erfinder“ der italienischen Autobahnen Dr. Piero Puricelli und
der Pressereferent der HAFRABA Kurt Gustav Kaftan jeweils eigene
Entwürfe für ein europäisches Autobahnnetz, die sich teilweise mit
Oerleys Vorschlägen deckten. Oerley veranschlagte Baukosten in Höhe
von 540 Millionen Schilling. Der zuständige Ministerialrat in der
Straßenbauabteilung des Handelsministeriums, Ing. Karl Reichenvater,
schmetterte allerdings den Projektplan ab. Die geplanten Investitionen

342
Vgl. Artikel der Linzer Tagespost vom 19. Februar 1931: „Der Landweg nach Indien.
Die Nibelungenstraße im mitteleuropäischen Verkehrsproblem.“
343
Kreuzer: Tempo 130, S. 42.
344
Helmuth Thurner: Die Alpendurchquerung einer Autobahn zwischen dem Deutschen
Reich, Österreich und Italien, in: Die Straße 4 (1937), S. 728 f.
345
Vgl. Leopold Oerley: Das Fernstraßenproblem Europas und seine Lösung für Länder
geringerer Bevölkerungsdichte, Wien 1936.
346
Rigele: Höhenstraße, S. 51.
122

seien unverhältnismäßig hoch im Hinblick auf die noch nicht voll


ausgeschöpfte Auslastung der bereits bestehenden zweispurigen
Bundesstraßen.347

Im Frühjahr 1937 bereiste Fritz Todt als Generalinspektor für das


deutsche Straßenwesen das vorläufig noch freie Österreich und bewarb in
Vorträgen – unter anderem in Wien und Linz – sein Projekt der deutschen
Reichsautobahnen. Diese Präsentationen blieben nicht ohne Echo. Es
entstand in Österreich eine öffentliche Diskussion, in deren Verlauf
zahlreiche Privatpersonen Vorschläge für Trassenvarianten einbrachten.
Vor allem musste die Frage geklärt werden, ob und in welcher Form die
österreichischen Straßen den Fernverkehr aufnehmen konnten, der auf
den deutschen Reichsautobahnen schon jetzt direkt bis zur
österreichischen Grenze geführt wurde.348 Doch fehlte in Österreich eine
zentrale Koordinationsstelle ähnlich dem deutschen Generalsinspektor,
die Planung und Bau von Fernstraßen organisieren und vorantreiben hätte
können.349

6.2 Baubeginn in der „Ostmark“


Unmittelbar nach dem „Anschluss“ am 12. März 1938 begann sich auch
der Anschluss Österreichs an das deutsche Reichsautobahnnetz in
geradezu atemberaubendem Tempo abzuzeichnen. Nur acht Tage nach
dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich wurde am 20. März in
Linz eine erste Bauabteilung (BAR) errichtet.350 Am 23. März wurde die
„Verordnung zur wirtschaftlichen Wiederbelebung Österreichs“ erlassen.
Sie ermächtigte den deutschen Reichsfinanzminister, Reichsmittel „zur
Förderung der nationalen Arbeit im Land Österreich“ zur Verfügung zu

347
Karl Reichenvater: Zur Frage des Baues von Fernstraßen in Österreich, in: Das
Straßenwesen 4 (1936), S. 37 ff.
348
Kreuzer: Schnelle Straßen braucht das Land, S. 69 f.
349
Kreuzer: a.a.O., S. 73.
350
Kreuzer: Tempo 130, S. 53.
123

stellen.351 Der Reichsautobahnbau wurde darin als besonders


förderungswürdiges Unternehmen verstanden. Am selben Tag erließ Fritz
Todt die Anweisung, alle Straßen, die vom Führer eventuell benützt
werden könnten, durch Aufbringung einer Chlor-Kalzium-Schicht staubfrei
zu machen.352

Ab dem 25. März galt auf österreichischem Gebiet deutsches


Reichsautobahnrecht. Einen Tag später hielt Hermann Göring am Wiener
Nordwestbahnhof eine Rede, in der er den neuen Reichsbürgern der
„Ostmark“ ein „Aufbauprogramm“ versprach, darunter auch den Bau von
1.100 Kilometer Reichsautobahnen.353 Nach dem Anschluss des
Sudetenlandes am 1. Dezember 1938 wurde das geplante Streckennetz in
Österreich auf 1.422 Kilometer erweitert. Neu hinzu kamen Planungen für
eine Durchgangsautobahn Wien – Brünn – Breslau, für eine
Nordwestumfahrung Wiens und für eine Südstrecke zwischen Salzburg,
Klagenfurt und Graz.354

Am 28. März 1938 traf Fritz Todt im Heeresministerium in Wien mit


österreichischen Landesbauräten zusammen, um ihnen die Richtlinien des
deutschen Straßenbaus vorzustellen. In Bezugnahme auf die offene Frage
der Finanzierung der Reichsautobahnen in der „Ostmark“ antwortete Todt:
„Unsere Grundeinstellung darf nicht in haushaltsrechtlichem Denken
befangen sein. Ein aufbauendes Volk, das auf Jahrhunderte seine Zukunft
vorausdenken muss, kann sich mehr leisten als ein verfallendes. Die
Natursteinbrücken der Reichsautobahnen kosten vielleicht 300 Millionen
RM mehr, als wenn die Brücken in Eisen ausgeführt worden wären. Das

351
„Verordnung zur wirtschaftlichen Wiederbelebung Österreichs“: RGBl. 1938 I, S. 309
f., zitiert nach Seidler: Fritz Todt, S. 104.
352
Seidler: a.a.O.
353
Die Verkündigung des Aufbauprogramms für Österreich durch Generalfeldmarschall
Hermann Göring, in: Die Straße 5 (1938), S. 224.
354
Kreuzer: Schnelle Straßen braucht das Land, S. 92.
124

heißt aber nichts anderes, als dass das deutsche Volk eben um ein halbes
Jahr länger an den Reichsautobahnen arbeitet als sonst.“355

Keine vier Wochen nach dem Anschluss vollzog Adolf Hitler am 7. April
1938 den ersten Spatenstich an der bisherigen Reichsgrenze zwischen
Deutschland und Österreich am Walserberg. Das Datum drei Tage vor der
geplanten Volksabstimmung am 10. April wurde nicht zufällig gewählt. Der
Welser Anzeiger brachte in einem Zeitungsartikel konsequenterweise
beide Ereignisse in einen Zusammenhang:

„Das Reichsautobahnnetz ist das größte Bauwerk aller Zeiten. Die Welt
beneidet uns darum. Deutsches Volk, sei stolz auf dieses Werk des
Führers! Gib ihm am 10. April dein `Ja´!“356

Dass innerhalb weniger Wochen nach dem Anschluss mit dem Bau der
ersten Reichsautobahn begonnen werden konnte, war von langer Hand
geplant. Bereits im Juli 1937 hatte Todt in einem Schreiben an
Ministerialrat Eduard Schönleben festgehalten, dass „nunmehr die
Planung einer Reichsautobahn Salzburg – Linz – Wien und Passau – Linz
in Angriff“ genommen werden müsse. Gleichzeitig ersuchte er ihn in dieser
Sache um größte Vertraulichkeit.357

Die Vorbereitungen für den Reichsautobahnbau in Österreich mussten vor


dem März 1938 verdeckt laufen, stellten sie doch einen Eingriff in die
Angelegenheiten des (damals noch) souveränen Nachbarstaates dar.358
1938 deutete Fritz Todt am Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg an,
dass er und seine Behörde „auf diese Aufgabe nicht ganz unvorbereitet

355
Auszug aus: Die Straße 5 (1938), S. 258.
356
Welser Anzeiger vom 2. April 1938, S. 10, zitiert nach Kreuzer: Schnelle Straßen
braucht das Land, S. 80.
357
Lärmer: Autobahnbau in Deutschland 1933 bis 1945, S. 100 f.
358
Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn: S. 64.
125

waren“.359 Inoffiziell hatte Todt schon seit 1937 vertrauliche Gespräche mit
Österreichern über den Reichsautobahnbau geführt. Als ihn im Oktober
1937 eine briefliche Anfrage eines Fremdenverkehrsvereins aus dem
Salzkammergut zum möglichen Bau von Autobahnen erreichte, hielt sich
Todt aber bedeckt und entgegnete: Er müsse von einer Stellungnahme
absehen, da es sich bei dieser Frage um eine innerösterreichische
Angelegenheit handle.

Bei der Planung des Reichsautobahnnetzes wurde darauf Wert gelegt,


möglichst alle „Gaue“ mit dem Altreich zu verbinden. Die Verkehrswege in
Österreich selbst sollten verbessert und Anschlüsse an die
Nachbarstaaten geschaffen werden. In Linz und Wien wurden 1938
Oberste Bauleitungen (OBR) eingerichtet, 1939 wurde die Planungsstelle
Villach in den Rang einer OBR erhoben.360 Über die genaue Führung des
Streckennetzes waren sich die Planer kurz nach dem Anschluss
offensichtlich selbst nicht im Klaren: Während Göring in seiner Rede am
Wiener Nordwestbahnhof im Wesentlichen drei Streckenlinien
ankündigte361, fügte Todt noch im selben Jahr Trassenplanungen auf der
Inntal- und Brennerstrecke sowie zwischen Wels und Liezen hinzu.

Der Mythos von den „Straßen Adolf Hitlers“ musste natürlich auch in der
„Ostmark“ gefördert werden. Bereits am 28. März 1938 konnte Fritz Todt
in der Wiener Secession die gleichnamige Propagandaausstellung
eröffnen.362 Diese wurde später auch in Linz, Graz, Eisenstadt und
Klagenfurt präsentiert.

359
Fritz Todt: Der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen berichtet auf dem
Parteitag Großdeutschlands über die Straßen des Führers als Schrittmacher der
Wirtschaft, in: Die Straße 5 (1938), S. 600 f.
360
Kreuzer: Schnelle Straßen braucht das Land, S. 91.
361
Die Autobahnlinien Salzburg – Linz – Wien, Passau – Linz und Wien – Radstadt –
Salzburg mit einem Zubringer nach Graz.
362
Reichsautobahnausstellung in der Wiener Secession, in: Die Straße 5 (1938), S. 224.
126

6.3 Autobahn Salzburg – Wien


Im April 1938 hielt Fritz Todt in Salzburg eine Rede vor der
„Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen“ und formulierte darin das
Ziel, dass Österreich das schönste Reiseland Europas werden müsse.363
Der neu zu errichtenden Reichsautobahn zwischen Salzburg und Wien
kam dabei eine zentrale Rolle zu. Speziell die künftige Autobahntrasse
durch das Salzkammergut sei geeignet, den Benützern der Autobahn „die
volle landschaftliche Schönheit der deutschen Ostmark“364 zu vermitteln.

Todt maß die künftige „Westautobahn“ in Österreich somit an denselben


hohen landschaftsästhetischen Kriterien wie das bisherige Vorzeigestück
der deutschen Reichsautobahnen, die Autobahn zwischen München und
der Salzburger Landesgrenze. Hier hatte ja Hitler persönlich in die
Trassenplanung eingegriffen, um den Autobahnverlauf in möglichster
Nähe zum Ufer des Chiemsees mit bestem Ausblick auf das
Alpenpanorama zu gestalten.365 Auch Fritz Todt war vom Ergebnis
angetan, als er schrieb, dass „die große weite Fläche des Chiemsees
voraus und links der Fahrbahn […] noch jeden, der an diese Stelle kam,
überrascht und gefesselt“ habe.366

Unmittelbar nach dem Anschluss wurde noch im März 1938 damit


begonnen, die Reichsautobahn-Trasse zwischen Salzburg, Linz und Wien
im Detail festzulegen. Fritz Todt war mehrmals selbst in Österreich und
befuhr die in Frage kommenden Streckenabschnitte teilweise mit dem
Auto, teilweise überflog er sie mit dem Flugzeug. Er konnte auf eine
umfangreiche Erfahrung als Pilot und Flugzeugbeobachter aus dem
Ersten Weltkrieg zurückgreifen und schrieb 1938: „Wer einmal im Leben

363
Seidler: Fritz Todt, S. 108.
364
Fritz Todt: Reichsautobahn Salzburg – Linz – Wien, in: Die Straße 5 (1938), S. 408 ff.
365
Shand: The Reichsautobahn, S. 196.
366
Fritz Todt: Der landschaftliche Charakter der Autobahn München – Landesgrenze, in:
Die Straße 2 (1935), S. 67 f.
127

Flieger war, bleibt Flieger in seinem Herzen und bleibt mit der Luftwaffe
verbunden.“367

In Abweichung zur heutigen Strecke der Westautobahn ließ Todt die Linie
der Autobahn Salzburg – Wien ein Stück durch das Salzkammergut legen.
Vom Mondsee sollte die Trasse deutlich südlicher fast bis zum Westufer
des Attersees verlaufen anstatt weiter nördlicher im Alpenvorland über
Straßwalchen und Vöcklabruck.368 Der erwartete Ausblick auf die
Salzkammergutseen und auf das Höllengebirge wog bei der Entscheidung
deutlich mehr als die mangelnde „Winterfestigkeit“ der Salzkammergut-
Trasse. Die verkehrstechnischen Probleme bei Schnee und Eis – speziell
für den Schwerverkehr – nahm Todt bewusst in Kauf, ein weiteres Indiz
dafür, dass der landschaftsästhetische Aspekt wesentlich größere
Bedeutung hatte als der verkehrspolitische. Dass die Bauarbeiten entlang
dieser Südtrasse wegen der schwierigeren geologischen Bedingungen
wesentlich aufwändiger sein würden, durfte ebenfalls keine Rolle
spielen.369

Die NS-Straßenbauer planten außerdem nicht, die Autobahn Salzburg –


Wien im Osten direkt nach Wien zu führen. Die Trasse sollte rund 25
Kilometer vor Wien nach Süden schwenken und entlang des heutigen
Streckenverlaufs der Wiener Außenringautobahn (A21) südöstlich von

367
Zitiert nach Schönleben: Fritz Todt, S. 30; vgl. auch Seidler: Fritz Todt: S. 365 ff.: Die
Liebe zum Fliegen wurde Todt letztlich zum Verhängnis. Am 8. Februar 1942 starb er
zusammen mit vier Begleitern bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe des
Führerhauptquartiers Wolfsschanze. Der Verdacht auf ein Attentat konnte nie bewiesen
werden.
368
Vgl. Kreuzer: Tempo 130, S. 66 f.: Nach ihrem Verlauf am Westhang des Attersees
über die sogenannte Limbergtrasse sollte die Autobahn im Raum St. Georgen wieder in
die heutige Trasse der A1 einmünden.
369
Schon beim Bau der Reichsautobahn München – Salzburg mussten ungünstige
geologische und bodenphysikalische Bedingungen überwunden werden. Vgl. Friedrich
Doll: Vom Bau der Reichsautobahn München – Landesgrenze, in: Die Straße 2 (1935), S.
153 – 157, und: derselbe: Technische Aufgaben beim Bau der Reichsautobahnstrecke
München – Landesgrenze, in: Die Straße 2 (1935), S. 432 – 440.
128

Wien in einen Autobahnknoten münden und dort auf drei weitere


Autobahnen treffen.370

Im Frühjahr 1938 startete die Bautätigkeit. Unter der Oberaufsicht der


Obersten Bauleitung (OBR) München entstanden Bauabteilungen (BAR)
in Salzburg, Seewalchen und Kammer-Schörfling. Der OBR Linz
unterstanden Bauabteilungen in Linz, Wels, Amstetten, Eferding, St.
Pölten und später auch in Liezen.371 Bald schon machte sich aber ein
eklatanter Mangel an Arbeitskräften bemerkbar. Die geplante Erweiterung
des Streckennetzes von 1.100 auf 1.422 Kilometer verschärfte Ende 1938
noch die Situation. Allein im Bereich der BAR Linz fehlten an die 2.000
Arbeiter bei einem Beschäftigungsstand von 7.900 Arbeitern im April
1939. Großer Bedarf herrschte besonders an qualifizierten Facharbeitern
für den Streckenausbau. Nach Kriegsbeginn wurde zudem das
Baumaterial knapp. Mit dem Start des Westfeldzugs gegen Frankreich im
Mai 1940 mussten sogar die Arbeiten für drei Monate ruhen.

Hitler hatte als Ziel vorgegeben, dass die Autobahn Salzburg – Wien
innerhalb von drei Jahren nach dem Spatenstich fertig gestellt werden
müsse (also bis zum 7. April 1941).372 Doch war es aufgrund der
Schwierigkeiten absehbar, dass dieser Termin nicht eingehalten werden
konnte. Immerhin wurden am 13. September 1941 die ersten beiden
fertigen Abschnitte der Reichsautobahn in der „Ostmark“ für den Verkehr
freigegeben. Es handelte sich um zwei kurze Teilstücke im Raum
Salzburg mit einer Gesamtlänge von 16,8 Kilometern. Das waren ein Teil
der heutigen Westautobahn (A1) zwischen der Anschlussstelle Salzburg-
Mitte und der Grenze Walserberg373 und das erste Stück der heutigen

370
Das waren die geplanten Autobahnstrecken Wien – Graz – Klagenfurt, Wien –
Nickeldorf – Ungarn und Wien – Brünn – Breslau.
371
Kreuzer: Schnelle Straßen braucht das Land, S. 91 f.
372
Hartmannsgruber: Finanzplanung und Kapitalbeschaffung, S. 673 Anm. 186.
373
Genauer gesagt endete dieses Teilstück bei der Behelfs-Anschlussstelle
Schwarzbach etwa 700 Meter westlich der Landesgrenze.
129

Tauernautobahn (A10) zwischen dem Knoten Salzburg und der


Anschlussstelle Salzburg-Süd.

Zu Beginn des Jahres 1942 wurden schließlich alle Bauarbeiten an der


Reichsautobahn eingestellt. Aufgrund des Kriegseinsatzes waren immer
mehr Arbeitskräfte abgezogen worden, und die Bautätigkeit konnte nicht
aufrechterhalten werden. Außer den erwähnten Teilstücken rund um die
Stadt Salzburg blieben nur Autobahnbaustellen zurück, vorwiegend
entlang der heutigen Westautobahn, Tauernautobahn und Wiener
Außenringautobahn. Hier waren große Teile der Erdhubarbeiten bereits
voll im Gang und zahlreiche Brückenbauwerke aufgezogen. Dennoch
konnte in Ober- und Niederösterreich während der NS-Zeit kein einziger
Kilometer Reichsautobahn eröffnet werden.

Im Jahr 1940 wurden Architekten der „Ostmark“ dazu aufgerufen, im


Rahmen eines Wettbewerbs Entwürfe für eine Raststätte mit Tankanlage
an der Reichsautobahn Salzburg – Wien einzureichen. Der geplante
Standort lag zwischen Melk und Pöchlarn nur vier Kilometer vom
Benediktinerstift Melk entfernt. Die Nähe der barocken Abtei, hieß es in
einem Artikel in Die Straße, „drückte der gestellten Bauaufgabe ihren
besonderen Stempel auf. Sie war für die Wahl des Standortes für die
Raststätte bestimmend, ist doch zu unterstellen, dass eine ansehnliche
Zahl der Reichsautobahn-Verkehrsteilnehmer einem solch prächtigen
Kleinod gerne eine Spanne Zeit schenkt, um es entweder aufzusuchen
oder aber um sich von einer sonnigen Terrasse oder von einem
behaglichen Gastraum aus an seinem überwältigenden Anblick zu
erbauen.“374

Geplant waren Gasträume für 140 Personen, auf der Terrasse sollten 300
Gäste Platz finden. Auf beiden Seiten der Autobahn waren Tankstellen
erforderlich. Die der Raststätte abgewandte Fahrbahn musste durch einen

374
Oskar Hoffmann: Wettbewerb für die Tankstelle und die Rastanlagen in Melk –
Pöchlarn, in: Die Straße 7 (1941), S. 102 ff.
130

Fußgängertunnel mit dem Rastgebäude verbunden werden. Der größte


Wert wurde auf eine „bodenständige“, landschaftsbezogene Bauweise
gelegt. Die eingereichten 66 Entwürfe waren allerdings nicht geeignet, die
Jury unter dem Vorsitz des Brückenarchitekten Paul Bonatz zu
überzeugen.

Unvollendet wie die Autobahn selbst blieb auch ein überdimensioniertes


Denkmal, das am Ort des ersten Spatenstiches an der Grenze bei
Salzburg-Walserberg zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen
aufgestellt werden hätte sollen. Der Bildhauer Josef Thorak stellte vier
muskulöse Giganten von 17 Meter Höhe dar, die – dem steinerollenden
Sisyphos gleich – einen riesigen Felsblock schieben, für die NS-
Propaganda eine willkommene Demonstration für die „Arbeiter der
Faust“.375

Noch viel monumentaler wären die beiden 70 Meter hohen Türme


gewesen, die Albert Speer für das bisherige Ende der Reichsautobahn an
der deutsch-österreichischen Grenze bei Piding geplant hatte. Auf deren
Spitze manifestierten Reichsadler auf Hakenkreuzen den
Herrschaftsanspruch des Nationalsozialismus über dem symbolischen
Eingangstor zum Deutschen Reich. Nach der Einverleibung Österreichs
hätten die Monumente an der neuen Reichsgrenze zu Ungarn aufgestellt
werden sollen.376

6.4 Weitere Autobahnprojekte


Die „Reichsautobahnstrecke Nr. 129“ – sie entspricht der heutigen
Tauernautobahn zwischen Salzburg und Kärnten – war die einzige
Reichsautobahn, die während der NS-Zeit zumindest auf einer kurzen
Strecke tatsächlich befahren werden konnte, sieht man vom fast ebenso

375
Lurz: Denkmäler an der Autobahn, S. 161 f.
376
Kreuzer: Tempo 130, S. 57 ff.
131

kurzen Teilstück auf der Verbindung Salzburg – Wien im Raum Salzburg


ab. Seit dem 13. September 1941 waren 7 Kilometer der Tauernautobahn
zwischen dem Autobahndreieck Salzburg und der Anschlussstelle
Salzburg-Süd für den Verkehr freigegeben. Das Verkehrsaufkommen war
freilich verschwindend gering. Die Bauarbeiten waren indessen bereits
Anfang 1939 in vollem Umfang aufgenommen worden. Fritz Todt setzte zu
diesem Zeitpunkt eine Planungsgruppe unter der Leitung österreichischer
Ingenieure ein. Der nördliche Abschnitt zwischen Salzburg und Eben im
Pongau stand unter der Aufsicht der OBR München, für den südlichen
Abschnitt gründete er die OBR Villach.

Die Planung stellte Todt und seine Mannschaft vor große


Herausforderungen, war doch der Bau einer Reichsautobahntrasse bisher
nie durch hochalpines Gebiet verlaufen. Der Tauernhauptkamm musste
untertunnelt werden. Dafür wurden nicht weniger als zehn verschiedene
Trassierungen vorgeschlagen und minutiös untersucht.377 Fest stand
lediglich, dass der Gebirgszug nicht über einen einzigen Großtunnel,
sondern über zwei kürzere Tunnelanlagen (Tauern- und
Katschbergtunnel) durchquert werden sollte. Nach Abwägung aller
Argumente erwies sich die heute realisierte Trassenlinie von Salzburg
über Eben im Pongau, über Flachau durch das Liesertal und über Spittal
an der Drau nach Villach als die bestgeeignete Variante.

Offen blieb zunächst die geplante Streckenführung im Abschnitt zwischen


Eben und dem Katschbergtunnel. Die eingesetzte Planungsgruppe
favorisierte die (letztlich nach dem Krieg verwirklichte) Linie durch das
Zederhaustal. Todt selbst bevorzugte eine Streckenführung weiter
östlicher über die Lantschfeldtrasse an Mauterndorf vorbei. Ein Vorteil
dieser Variante wäre die bessere Anbindung des Skigebietes Obertauern
an die Autobahn gewesen. Auch Hermann Göring setzte sich für die

377
Günther Köllensperger: Planung, Projektierung und Bau der Tauernautobahn-
Scheitelstrecke, in: Tauernautobahn-Scheitelstrecke, hrsg. von der Tauernautobahn-AG,
Band 1, Salzburg 1976, S. 30 f.
132

Lantschfeldtrasse ein, wollte er doch als Besitzer der Burg Mauterndorf im


Lungau die prestigeträchtige Reichsautobahn in seiner Nähe wissen. Das
enge Lantschfeldtal galt allerdings als besonders lawinengefährdet und als
alles andere als wintersicher. Das Zederhaustal war im Vergleich dazu
breiter und sonniger, die Streckenführung hier zudem um 12 Kilometer
kürzer.378 Das Ende der NS-Autobahnplanungen 1942 ließ eine
Entscheidung in dieser Frage nicht mehr zu.

Mit dem Bau der Reichsautobahn über den Tauern war bis dahin an
mehreren Stellen begonnen worden. Am 10. Mai 1939 fand der erste
Spatenstich auf Kärntner Seite bei Molzbichl nahe Spittal an der Drau
statt. Die Bohrungen für den Wolfsbergtunnel bei Spittal waren weit
gediehen. Der Tunnel wurde schon mit einem 8 ½ Meter hohen
Betongewölbe versehen. Beim Katschbergtunnel legten die Bautechniker
einen 2,4 Kilometer langen Firststollen an.379 Beim Tauerntunnel und
Ofenauer Tunnel nahe Werfen waren Vorarbeiten im Gang, ebenso bei
der Ursteinbrücke über die Salzach südlich von Salzburg.

Die Topografie der „Ostmark“ erforderte generell die Planung zahlreicher


Autobahntunnel im Hochgebirge. Fritz Todt errichtete daher bei der OBR
Villach im Jahr 1941 eine Tunnelbau-Forschungsstelle, in der
Grundsatzfragen wie Belüftungstechnik oder Querschnittsmessung
untersucht wurden. Alle Obersten Bauleitungen des Reiches wurden
angewiesen, sich künftig diesbezüglich an die OBR Villach zu wenden.380
Ende 1942 machten der Kriegsverlauf und der Mangel an Arbeitskräften
und Baumaterial eine Fortsetzung der Arbeiten unmöglich.

Bei der Planung einer Autobahnlinie von Wels in Oberösterreich durch das
Pyhrngebiet nach Liezen und weiter ins Ennstal bis Radstadt spielten
Fragen der Tunneltechnik ebenfalls eine wichtige Rolle. War noch 1938

378
Köllensperger: Tauernautobahn-Scheitelstrecke, S. 33.
379
Dieser lag rund 2 Kilometer westlich der heutigen Katschberg-Tunnelröhre.
380
Kreuzer: Schnelle Straßen braucht das Land, S. 104.
133

lediglich von einer dreispurigen Straße über den Pyhrnpass die Rede,
wurde schon im Frühjahr 1939 ein 600 Meter langer Scheiteltunnel
vorgeschlagen. Weitere Varianten sahen insgesamt neun Tunnelanlagen
mit einer Gesamtlänge von 10 Kilometern vor.381 Als Alternative wurde ein
Streckenverlauf über das Stodertal mit prächtigem Ausblick auf das Tote
Gebirge überlegt. Dessen Verwirklichung erschien aber aufgrund der
ungünstigen bodenphysikalischen Verhältnisse als zu kostspielig und
damit als undurchführbar.

Zumindest in Bauentwürfen fertig gestellt werden konnte die


Reichsautobahnstrecke von Passau nach Linz. Sie entsprach dem
österreichischen Verlauf der bereits erwähnten Transkontinentalstraße
London – Istanbul. Bereits im Frühjahr 1937 hatte Fritz Todt in dieser
Sache einer Besprechung in Linz beigewohnt. Im Sommer desselben
Jahres suchte die OBR München eine geeignete Stelle für einen
Autobahn-Grenzübergang zwischen Bayern und Oberösterreich aus,
obwohl nach außen hin der Eindruck eines baldig geplanten
„Anschlusses“ Österreichs ans Reich vermieden werden musste. Ein von
Leopold Oerley ein Jahr zuvor vorgeschlagener Fernstraßenausbau
entlang des oberösterreichischen Donautals stand jetzt nicht mehr zur
Debatte.

Nach der Angliederung des Sudetenlandes liefen im Juni 1940


Vorbereitungen für den Streckenausbau zwischen Linz und Budweis an.
Vorgesehen war, dass dieser Reichsautobahnzweig von der Autobahn
Salzburg – Wien bei Linz-Ebelsberg Richtung Norden beginnen und über
Gallneukirchen und Schenkenfelden bis Budweis führen sollte. Eine
alternative Streckenführung ab Wallern von der Autobahn Passau – Linz
ausgehend wurde ebenfalls diskutiert, bald aber wieder verworfen.382

381
Kreuzer: Tempo 130, S. 74.
382
Kreuzer: Schnelle Straßen braucht das Land, S. 106.
134

Von 1939 bis 1941 war auch Tirol Schauplatz umfangreicher Planungen
für eine Autobahn entlang der Brennerstrecke, also für das Inntal und
Wipptal von Kufstein über Innsbruck nach Matrei am Brenner. Die
Reichsautobahn sollte allerdings – im Gegensatz zu heute – nicht direkt
im Inntal verlaufen, sondern auf hochgelegenen Mittelgebirgsterrassen
abseits der größeren Orte des Tiroler Unterlands. Auch an Innsbruck wäre
diese Trasse in rund 300 Meter Höhe nördlich von Aldrans und westlich
der Linie Vill – Igls – Patsch vorbeigezogen. Sie war mit Rücksicht auf die
politischen und militärischen Ziele der Achse Rom – Berlin als
Transitkorridor gedacht, ohne auf die Bedürfnisse des Tiroler
383
Lokalverkehrs einzugehen.

Bei Matrei am Brenner war das vorläufige Ende der Autobahn angedacht.
Ab da sollte eine neun Meter breite Brenner-Autostraße zum Brennerpass
hinaufführen. Auch hier konnte während der NS-Zeit die Entscheidung für
die endgültige Variante nicht getroffen werden. Ein Vorschlag sah eine
Trassenführung von Pfons über den Osthang des Silltals zum Brenner vor.
Bessere Chancen auf Verwirklichung versprach die zweite Variante. Sie
hätte von Pfons ein Stück ins Gschnitztal geführt und von dort in einer
großen Kehre auf fast 1.400 Meter Höhe zum Westufer des Brennersees.
Von dieser Straßenführung versprachen sich die Verkehrsplaner einen
besseren Effekt auf die Fremdenverkehrsentwicklung im Bereich des
Nösslacher Plateaus.384

Die Arbeit an den Autobahnbaustellen der „Ostmark“ wurde nach dem


Vorbild im Altreich organisiert. Im Jahr 1939 gab es 61
Reichsautobahnlager auf österreichischem Boden, in denen 18.000
Arbeiter beschäftigt waren. Der Beschäftigten-Höchststand wurde im

383
Leo Feist: Planung und Projektierung der Brenner-Autobahn, in: Die Brenner-
Autobahn. Die erste alpenüberquerende Vollautobahn, hrsg. von der Brenner-Autobahn-
Aktiengesellschaft, Innsbruck 1972, S. 50.
384
Feist: Brenner-Autobahn, S. 52.
135

Sommer 1939 erreicht, als die Zahl auf 22.000 hochkletterte.385 Das
größte Lager entstand im Jahr 1941 im oberösterreichischen Haid. Mit
dem Aufschwung der Rüstungsindustrie machte sich auch bald in
Österreich ein eklatanter Arbeitskräftemangel an den Baustellen
bemerkbar. Analog zur Situation in Deutschland gingen nun die Obersten
Bauleitungen daran, auch in Österreich Fremd- und Zwangsarbeiter –
vorwiegend aus Polen – einzusetzen. Angesichts des geringen
Stundenlohns von 10 bis 15 Reichspfennig und ihrer zwangsweisen
Verbringung nach Österreich war es nicht verwunderlich, dass deren
Motivation und Leistungsbereitschaft an den Baustellen äußerst gering
waren. So hieß es in einem Bericht der Presseabteilung Todts: „Linz
berichtet, dass die eingesetzten polnischen Arbeiter durchweg
unterernährt und schlecht gekleidet gewesen seien, dass ihre
Arbeitsfreude sehr zu wünschen übrig gelassen habe. […] Auch Wien
äußert sich dahin, dass der polnische Arbeiter […] nur bei strengster
Aufsicht Brauchbares leistet.“386

Mit der Einstellung aller Bauarbeiten 1942 waren in Österreich nur die
erwähnten 17 Kilometer Reichsautobahnstrecken im Raum Salzburg
zustande gekommen. Große Teile der „Westautobahn“ waren bereits in
Konstruktion, zahlreiche Brücken in ihrem Rohbau schon weit gediehen.387
Auch mehrere Stellen der „Tauernautobahn“ standen in Bearbeitung.

Das ambitionierte Konzept eines flächendeckenden


Reichsautobahnnetzes in Österreich konnte aber – im Gegensatz zu
Deutschland – nicht einmal in Ansätzen verwirklicht werden.

385
Ein Jahr Reichsautobahnen in der Ostmark, in: Verkehrstechnische Woche 1939, S.
187, zitiert nach Kreuzer: Tempo 130, S. 103.
386
Matthias Leuze: Der Kriegseinsatz der Reichsautobahn. Herbst 1939, Sommer 1940.
Werkschriftenreihe der Presseabteilung des Reichsministers Dr. Todt, Bd. 3, S. 13 und
40, zitiert nach Schütz – Gruber: Mythos Reichsautobahn, S. 86 Anm. 54.
387
Allein in Oberösterreich waren entlang der Autobahnlinie Salzburg – Wien 116
Streckenkilometer in Fertigung; vgl. Kreuzer: Schnelle Straßen, S. 157.
136

7. Schlusswort
Mit Fortschreiten des Zweiten Weltkrieges wurden die ohnehin schwach
frequentierten Autobahnen im Deutschen Reich noch leerer. Schon seit
September 1939 hatten Privatpersonen nur noch in Ausnahmefällen die
Autobahnen mit dem eigenen Fahrzeug befahren dürfen. Ab August 1943
wurden die vermeintlichen Nur-Autostraßen mangels sonstiger Auslastung
auch für Radfahrer freigegeben. Ab 1944 wurden Reichsautobahnanlagen
Ziele feindlicher Bombenangriffe. Die Autobahnbrücke über den Rhein bei
Köln-Rodenkirchen zum Beispiel wurde mehrfach von Bomben getroffen
und stürzte am 28. Jänner 1945 ein. Damit war die größte Hängebrücke
Europas vernichtet.388 Der Straßendienst der Straßenmeistereien wurde
Ende Jänner 1945 eingestellt.

Am 19. März 1945 gab Hitler den Befehl, alle „militärischen Verkehrs-,
Nachrichten-, Industrie- und Versorgungsanlagen“ beim Rückzug zu
zerstören. Ziel sollte es sein, bei Geländepreisgabe „eine Verkehrswüste
im preisgegebenen Gebiet“ zu hinterlassen.389 Auch eine Vielzahl von
Großbrücken und Talübergängen wurde gesprengt, um den alliierten
Truppen den Vormarsch ins Deutsche Reich zu erschweren. Zuvor hatten
hochrangige NS-Funktionäre die leergefegten Straßen gerade noch
nutzen können, um sich abzusetzen.390

Was also ist geblieben von den fertig gestellten 3.870 Kilometern
Reichsautobahnstrecken? Auch wenn Teilabschnitte von einrückenden
Panzerkolonnen beschädigt oder durch Selbstzerstörung vernichtet
worden waren: Der größere Teil des Autobahnnetzes hatte den Krieg
relativ unversehrt überstanden. Er bildete in der Aufbauzeit danach eine
unerlässliche infrastrukturelle Basis für den Wiederaufbau und den

388
Vosselman: Reichsautobahn, S. 38.
389
Zitiert nach: Dokumente des Verbrechens. Aus Akten des Dritten Reiches 1933 bis
1945, Band I: Schlüsseldokumente, Berlin 1993, S. 260 f.
390
Vgl. Albert Speer: Erinnerungen, Berlin 1969, S. 446.
137

wirtschaftlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland.391 In Österreich


waren die umfassend gediehenen Reichsautobahnplanungen eine erste
Grundlage für den schrittweisen Aufbau eines hochrangigen
Straßennetzes in der Zweiten Republik.

Nach dem tatsächlichen Einsetzen der bereits vom NS-Regime erhofften


Massenmotorisierung ab den 1950er-Jahren konnten die Autobahnen
letztlich doch den verkehrspolitischen Zweck erfüllen, der ihnen zum
Zeitpunkt ihrer Erbauung versagt geblieben war. Sie entwickelten nach
und nach die Funktion des wichtigsten Verkehrsträgers einer hoch
entwickelten Industrie- und Freizeitgesellschaft. Die Weichen dafür waren
in der NS-Zeit gestellt worden, als der Ausbau des
Hochleistungsstraßennetzes forciert worden war.

Hitlers Traum von der Reichsautobahn als strategischem Faktor in der


Kriegführung hatte sich aber ebenso wenig erfüllt wie sein Wunsch, mit
dem gigantischen Bauprojekt der Massenarbeitslosigkeit mit einem Schlag
zu begegnen.

Nur selten erinnern heute bauliche Merkmale an die „NS-Vergangenheit“


des einen oder anderen Autobahn-Bauwerks. Von den in Takt
gebliebenen Brückenpfeilern wurden Hakenkreuze und andere
nationalsozialistische Hoheitszeichen abmontiert oder weggemeißelt. Da
und dort lassen sich noch in der Landschaft Brückenfragmente oder
Trassierungen für letztlich nie fertig gebaute oder genutzte
Autobahnstrecken entdecken.392

391
Zur Situation in der DDR vgl. Axel Dossmann: Begrenzte Mobilität. Eine
Kulturgeschichte der Autobahnen in der DDR, Essen 2003.
392
Vgl. Dieter Mayer-Gürr: Autobahnruinen, in: Rainer Stommer (Hrsg.):
Reichsautobahn. Pyramiden des Dritten Reichs. Analysen zur Ästhetik eines
unbewältigten Mythos, Marburg 1995, S. 135 ff.
138

Der nachhaltigste Erfolg des „Unternehmens Reichsautobahnen“ lag


letztlich in seiner Legendenbildung. Obwohl Hitler mit der Umsetzung
seiner Visionen gänzlich gescheitert war: Die sorgsam gepflegten Mythen
der nationalsozialistischen Propaganda haben ihre Wirkung nicht verfehlt.
Sie scheinen bis heute in einer Art verselbstständigtem Eigenleben das
Paradeprojekt deutscher Ingenieurstechnik zu umranken.

Hitler war weder Erfinder noch erster Erbauer einer Autobahn in


Deutschland, er hat allerdings die Errichtung von Reichsautobahnen mit
Nachdruck betrieben. Vor allem aber verstand er es, das Projekt des
Autobahnbaus für seine Zwecke zu instrumentalisieren und so sich selbst
und die behauptete Größe des nationalsozialistischen Regimes in den
„Straßen Adolf Hitlers“ zu verewigen.
139

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9. Anhang

9.1 Abkürzungsverzeichnis
a.a.O. am angegebenen Ort

AASS Azienda Autonoma Statale della Strada

A.I.T. Alliance Internationale de Tourisme

ANAS Azienda Nazionale Autonoma della Strada

AVUS Automobil-Verkehrs- und Uebungsstraße G.m.b.H

BAR Bauabteilung Reichsautobahnen

C.A.R. Compagnie des Autoroutes

DAF Deutsche Arbeitsfront

DRG Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft

DSV Deutscher Straßenbauverband

GESTAPO Geheime Staatspolizei

GEZUVOR Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen

HAFRABA Verein zur Vorbereitung der Autostraße Hamburg


(Hansestädte) – Frankfurt – Basel

HJ Hitler-Jugend

KDAI Kampfbund Deutscher Architekten und Ingenieure

KdF Kraft durch Freude

KFZ Kraftfahrzeuge

KPD Kommunistische Partei Deutschlands

LEHA Gesellschaft der Freunde und Förderer der


Kraftwagenbahn Leipzig – Halle

LKW Lastkraftwagen

MÜLEIBERL Projekt München – Leipzig – Berlin


161

NS nationalsozialistisch

NSBDT Nationalsozialistischer Bund Deutscher Technik

NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

NSKK Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps

OBK Oberste Bauleitung für den Bau der


Kraftwagenbahnen

OBR Oberste Bauleitung für die Reichsautobahnen

OT Organisation Todt

PKW Personenkraftwagen

RAB Reichsautobahnen

RABG Reichsautobahnen-Bedarfs-Gesellschaft m.b.H.

RAD Reichsarbeitsdienst

RAK Reichsautobahn-Kraftstoffgesellschaft

RAR Reichsautobahn-Raststättengesellschaft

RAVAV Reichsanstalt für Arbeitslosenvermittlung und


Arbeitslosenversicherung

RGBl. Reichsgesetzblatt

RKB Reichskraftwagen-Betriebsverband

RM Reichsmark

SA Sturmabteilung

SS Schutzstaffel

STUFA Studiengesellschaft für den Automobilstraßenbau

STUFISTRA Studiengesellschaft für die Finanzierung des


Deutschen Straßenbaus

UFA Universum Film AG

ZÖIAV Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und


Architektenvereins
162

9.2 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anteil der Kreditbeiträge und Baukosten…………………...51

Tabelle 2: Darstellung des Baufortschritts 1935 – 1941……………… 56

Tabelle 3: Anzahl gemeldeter KFZ in Deutschland 1933 – 1939…….. 75


163

9.3 Anlagen- und Abbildungsverzeichnis


Abb. 1: Die geplante Linienführung der HAFRABA mit Verlängerung nach
Genua (in: Kunze - Stommer, S. 33)

Abb. 2: Dr.-Ing. Fritz Todt (1891 – 1942)


(in: Schönleben 1943, S. 3)

Abb. 3: Organigramm des „Unternehmens Reichsautobahnen“


(in: Kreuzer 2005, S. 31)

Abb. 4: Hitlers erster Spatenstich am 23. September 1933


(in: Schütz – Gruber, S. 43)

Abb. 5: Nachbildung des Spatens, mit dem der Reichsautobahnbau


begann (in: Schütz – Gruber, S. 46)

Abb. 6: „Ausmarsch“ zum ersten Spatenstich, ganz rechts: Fritz Todt


(in: Schütz – Gruber, S. 42)

Abb. 7: Handarbeit auf einer Autobahnbaustelle


(in: Schütz – Gruber, S. 73)

Abb. 8: Eröffnung der ersten Autobahnstrecke am 19. Mai 1935


(in: Schütz – Gruber, S. 55)

Abb. 9: Stand der Bauarbeiten an der Reichsautobahn im Mai 1936


(in: Die Straße 3 (1936), S. 321)

Abb. 10: Stand der Bauarbeiten an der Reichsautobahn im August 1941


(in: Stern, Deckblatt)

Abb. 11: Die Reichsautobahn als „schwingende Straße“


(in: Vosselman, S. 17)

Abb. 12: Modell einer „Kleeblattkreuzung“


(in: Schütz – Gruber, Außeneinband)

Abb. 13: Schwarz gefärbte Fahrbahnen als Tarnung vor feindlicher


Luftaufklärung
(in: Schütz – Gruber, S. 89)

Abb. 14: Schnellbrief des Chefs des Sicherheitspolizei und des SD an Fritz
Todt zum Einsatz jüdischer Zwangsarbeiter auf der Strecke
Frankfurt/Oder – Posen (in: Schütz – Gruber, S. 85)

Abb. 15: Die erste Reichsautobahn-Tankstelle bei Darmstadt


(in: Vosselman, S. 23)

Abb. 16: Viel Verkehr an der Reichsautobahn gab es nur in der


Fotomontage. (in: Stern, S. 34)

Abb. 17: Innenausstattung des Fern-Omnibus-Modells Opel / Ludewig


(in: Stern: S. 23)
164

Abb. 18: Skizze des Innenraums des Fern-Omnibus-Modells Opel /


Ludewig: Die Sitze der Fahrgäste sind fischgrätförmig nach außen
gerichtet. (in: Stern, S. 22)

Abb. 19: Werbeplakat für Reichsbahn-Omnibusfahrten


(in: Stern, S. 37)

Abb. 20: Das „Führerzimmer“ im Rasthaus am Chiemsee


(in: Johannes – Wölki, S. 77)

Abb. 21: Rasthaus am Chiemsee mit Reichsautobahn


(in: Johannes – Wölki, S. 73)

Abb. 22: Autobahnlyrik zu Ehren der „Straßen des Führers“


(in: Die Straße 6 (1939), S. 239)

Abb. 23: Georg Zemke: „Die Straßen des Führers“


(in: Die Straße 8 (1941), S. 276)

Abb. 24: Planungen für das Reichsautobahn-Netz in der „Ostmark“ im


Frühjahr 1938 (in: Kreuzer 2005, S. 53)

Abb. 25: Planungen für das Reichsautobahn-Netz in der „Ostmark“ im


August 1941(in: Stern, Deckblatt)

Abb. 26: Adolf Hitler unmittelbar vor dem ersten Spatenstich


in Österreich am 7. April 1938 (rechts: Fritz Todt)
(in: Schütz – Gruber, S. 63)

Abb. 27: Die geplante Trassenlinie der „Westautobahn“ 1938: In


Abweichung zur heutigen Strecke führt sie durch das
Salzkammergut westlich des Attersees und südwestlich von Wien
durch den Wienerwald. (in: Die Straße 5 (1938), S. 409)

Abb. 28: Trassenstudien für die Tauernautobahn aus dem Jahr 1938
(in: Köllensperger, S. 31)

Abb. 29: Von Albert Speer geplantes Monument an der Reichsgrenze bei
Salzburg
(in: Schütz – Gruber, S. 156)

Abb. 30: Das preisgekrönte Foto von Otto Illauer aus dem Jahr 1936 zeigt
die Reichsautobahn in Bayern an der Strecke München – Salzburg
über den Irschenberg.
(in: Philipp: S. 117)

Abb. 31: Autobahnmalerei: „Autobahn bei Irschenberg“ von Wolf Panizza


(in: Vosselman: S. 138)

Abb. 32: Autobahnmalerei: „Autobahn bei Salzburg“ von Ernst Huber


(in: Kreuzer 2005, S. 94)
165

9.4 Anlagen und Abbildungen

Abb. 1: Die geplante Linienführung der HAFRABA mit Verlängerung nach


Genua
166

Abb. 2: Dr.-Ing. Fritz Todt (1891 – 1942)


167

Abb. 3: Organigramm des „Unternehmens Reichsautobahnen“


168

Abb. 4: Hitlers erster Spatenstich am 23. September 1933


169

Abb. 5: Nachbildung des Spatens, mit dem der Reichsautobahnbau


begann

Abb. 6: „Ausmarsch“ zum ersten Spatenstich, ganz rechts: Fritz Todt


170

Abb. 7: Handarbeit auf einer Autobahnbaustelle

Abb. 8: Eröffnung der ersten Autobahnstrecke am 19. Mai 1935


171

Abb. 9: Stand der Bauarbeiten an der Reichsautobahn im Mai 1936


172

Abb. 10: Stand der Bauarbeiten an der Reichsautobahn im August 1941


173

Abb. 11: Die Reichsautobahn als „schwingende Straße“

Abb. 12: Modell einer „Kleeblattkreuzung“


174

Abb. 13: Schwarz gefärbte Fahrbahnen als Tarnung vor feindlicher


Luftaufklärung
175

Abb. 14: Schnellbrief des Chefs des Sicherheitspolizei und des SD an


Fritz Todt zum Einsatz jüdischer Zwangsarbeiter auf der Strecke
Frankfurt/Oder - Posen
176

Abb. 15: Die erste Reichsautobahn-Tankstelle bei Darmstadt

Abb. 16: Viel Verkehr an der Reichsautobahn gab es nur in der


Fotomontage.
177

Abb. 17: Innenausstattung des Fern-Omnibus-Modells Opel / Ludewig

Abb. 18: Skizze des Innenraums des Fern-Omnibus-Modells Opel /


Ludewig: Die Sitze der Fahrgäste sind fischgrätförmig nach außen
gerichtet.
178

Abb. 19: Werbeplakat für Reichsbahn-Omnibusfahrten


179

Abb. 20: Das „Führerzimmer“ im Rasthaus am Chiemsee

Abb. 21: Rasthaus am Chiemsee mit Reichsautobahn


180

Abb. 22: Autobahnlyrik zu Ehren der „Straßen des Führers“


181

Abb. 23: Georg Zemke: „Die Straßen des Führers“


182

Abb. 24: Planungen für das Reichsautobahn-Netz in der „Ostmark“ im


Frühjahr 1938

Abb. 25: Planungen für das Reichsautobahn-Netz in der „Ostmark“ im


August 1941
183

Abb. 26: Adolf Hitler unmittelbar vor dem ersten Spatenstich


in Österreich am 7. April 1938 (rechts: Fritz Todt)

Abb. 27: Die geplante Trassenlinie der „Westautobahn“ 1938:


In Abweichung zur heutigen Strecke führt sie durch das Salzkammergut
westlich des Attersees und südwestlich von Wien durch den Wienerwald.
184

Abb. 28: Trassenstudien für die Tauernautobahn aus dem Jahr 1938
185

Abb. 29: Von Albert Speer geplantes Monument an der Reichsgrenze bei
Salzburg
186

Abb. 30: Das preisgekrönte Foto von Otto Illauer aus dem Jahr 1936 zeigt
die Reichsautobahn in Bayern an der Strecke München – Salzburg
über den Irschenberg.
187

Abb. 31: Autobahnmalerei: „Autobahn bei Irschenberg“ von Wolf Panizza


188

Abb. 32: Autobahnmalerei: „Autobahn bei Salzburg“ von Ernst Huber


189

9.5 Zusammenfassung

Der Mythos von den Reichsautobahnen als „Straßen Adolf Hitlers“ wurde
vom NS-Regime mit allen verfügbaren Propagandamitteln inszeniert.
Tatsächlich war Hitler weder Erfinder noch erster Erbauer der deutschen
Autobahnen. Deren Errichtung wurde aber als Prestigeprojekt deutscher
Technik ab 1933 massiv forciert, die Ausführungskompetenz im Amt eines
Generalinspektors zentralisiert. Trotz nicht ausreichender
Finanzgrundlage entstand bis Ende 1941 ein Reichsautobahn-Netz von
3.870 Kilometern. Dies gelang ab 1940 nur unter massivem Einsatz von
Zwangsarbeitern.

Mangels fortgeschrittener Motorisierung blieb die verkehrspolitische


Bedeutung der Reichsautobahn während der NS-Zeit gering. Auch als
militärischer Transportweg wurde sie von der Wehrmacht nie akzeptiert.
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit ging weit weniger auf die Beschäftigung
an den Autobahnbaustellen zurück, als vom Regime dargestellt wurde.

Umso größer war der Ewigkeitsanspruch, den Hitler mit der Errichtung der
Reichsautobahnen erhob. Speziell Autobahnbrücken sollten die
scheinbare Größe des Nationalsozialismus symbolisieren. Der
Linienverlauf und die Gestaltung der Fahrbahnen mussten hohe
landschaftsästhetische Kriterien erfüllen. Kunst und Medien wurden gezielt
eingesetzt, um den Mythos von den Reichsautobahnen zu festigen.

In Österreich startete der Bau von Reichsautobahnen unmittelbar nach


dem Anschluss im März 1938. Bis zur kriegsbedingten Einstellung aller
Arbeiten konnten aber nur wenige Baukilometer im Raum Salzburg fertig
gestellt werden.
191

9.6 Lebenslauf

Name Michael Matzke


geboren 13. Februar 1967 in Wien
Staatsbürgerschaft Österreich

Schulbildung
1973 bis 1977 Volksschule Wien 6, Mittelgasse 24
1977 bis 1985 Bundesgymnasium Wien 6, Amerlingstraße 6
1985 Matura mit Auszeichnung

Studium
1985 Studium der Rechtswissenschaften an der
Universität Wien

1986 Abschluss des 1. Studienabschnitts des


Studiums der Rechtswissenschaften

1987 Studium der Geschichte und einer Kombination


gewählter Fächer (Politikwissenschaft,
Philosophie, Rechtsgeschichte, Rechts-
philosophie) an der Universität Wien

1989 Abschluss des 1. Studienabschnitts der


Studienrichtung Geschichte

Beruf
seit 1995 Redakteur in der ORF-Verkehrsredaktion,
zuständig für die Recherche, Aufbereitung und
Präsentation aktueller Verkehrsinformation und
verkehrsjournalistischer Themen in den ORF-
Radioprogrammen

seit 1997 Stellvertretender Leiter der ORF-


Verkehrsredaktion; Projektleitung und Mitarbeit
bei zahlreichen Projekten, insbesondere bei der
Einführung der digitalen Verkehrsinformation
„RDS-TMC“ in Österreich

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