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Projektanalyse https://fhm-online-university.de/mod/book/tool/print/index.php?

id=2488

Projektanalyse

Website: FHM Online-University


Kurs: Modul: Projektmanagement
Buch: Projektanalyse
Gedruckt von: Annika Weber
Datum: Tuesday, 24. August 2021, 13:23

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Projektanalyse https://fhm-online-university.de/mod/book/tool/print/index.php?id=2488

Inhaltsverzeichnis
1. Qualifikationsziele des Lernabschnitts

2. Zielanalyse: Inhaltliche Analyse

3. Zielanalyse: Zielkonflikte und Prioritäten

4. Umfeldanalyse

5. Stakeholderanalyse

6. Risikoanalyse

7. Vertragsanalyse

8. Projektbewertung
8.1. Wirkungsbezogene Bewertung – Strategiebeitrag
8.2. Wirkungsbezogene Bewertung – Architekturbeitrag
8.3. Wirkungsbezogene Bewertung – Betriebsbeitrag
8.4. Wirkungsbezogene Bewertung – Wirtschaftlichkeit
8.5. Wirkungsbezogene Bewertung – Unternehmensrisiko
8.6. Wirkungsbezogene Bewertung – Organisatorische Veränderung
8.7. Abwicklungsbezogene Bewertung – Abwicklungsrisiko
8.8. Abwicklungsbezogene Bewertung – Abwicklungskomplexität
8.9. Abwicklungsbezogene Bewertung – Ressourcenbedarf
8.10. Abwicklungsbezogene Bewertung – Mitarbeiterbelastungsgrad
8.11. Abwicklungsbezogene Bewertung – Zeitliche Projektabwicklung
8.12. Abwicklungsbezogene Bewertung – Projektabhängigkeiten

9. Projektentscheidung

10. Zusammenfassung des Lernabschnitts

1. Qualifikationsziele des Lernabschnitts


Am Ende dieses Lernabschnitts

• können Sie Projektanfragen inhaltlich und vertraglich analysieren,


• sind Sie in der Lage, Zielkonflikte durch Priorisierung zu überwinden,
• können Sie das Umfeld des Projektes systematisch analysieren,
• können Sie betroffene Interessengruppen identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Handhabung formulieren,
• sind Sie in der Lage, Risiken zu identifizieren und vorausschauend mögliche Maßnahmen zu definieren,
• kennen Sie Abläufe von Entscheidungsprozessen bei internen und externen Projekten.

2. Zielanalyse: Inhaltliche Analyse

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Am Anfang eines Projektes steht die Projektidee, die sich z.B. aus einem Kundenauftrag, aus der Unzufriedenheit
mit der aktuellen Situation, aufgrund wirtschaftlicher Erfordernisse oder des Bedarfes an Investitionsgütern
ergeben kann. Dabei ist das Projekt Teil eines Lebenszyklus der zu erstellenden Leistung oder des Produktes.
Aus dem Bewusstsein heraus, „etwas tun zu müssen“, entsteht das Projekt: eine Idee, die entwickelt und realisiert
wird. Das fertiggestellte Produkt (oder die Leistung) wird eingesetzt, angepasst, weiter eingesetzt, irgendwann (am
Ende der Nutzungsdauer bzw. Produktlebenszeit) aufgelöst und es bleibt lediglich das Bewusstsein „es gab da mal
etwas“.

Abbildung 3: Projekt als Teil des Produktlebenszyklus

In der Zielanalyse geht es darum, zu prüfen, ob der Projektauftrag klar formuliert ist. Dazu kann die bereits
weithin bekannte SMART-Regel angewandt werden, wonach ein Ziel „spezifisch“, „messbar“, „attraktiv“,
„realistisch“ und „terminiert“ formuliert sein muss, um erfolgreich erreichbar zu sein. Eine smarte Zielformulierung
ist z.B. „Bis zum 31.12.2017 muss die Durchlaufzeit für Kundenaufträge um mindestens 20 Prozent verkürzt worden
sein“.

Vereinfacht sind die Grundfragen „wozu“, „für wen“, „welche Messkriterien“ und „was ist das Endergebnis“ zu
klären. Es muss verstanden werden,

• was für den Entscheidungsträger erreicht werden soll,


• was der Auftraggeber für wen erreichen möchte,
• wozu er es möchte,
• wieviel er investieren kann und will,
• mit welchem Ergebnis er zufrieden sein wird,
• welche Qualität/Leistung der Auftraggeber erwartet.

Bei der Zielanalyse sind daher folgende Punkte zu beachten:

• Projektziele sind zwischen Auftraggeber und Auftraggeber abgestimmt


• Projektziele beschreiben den zu erreichenden Zustand
• Projektziele sind erreichbar
• Projektziele und Teilziele sind in sich widerspruchsfrei formuliert
• Projektziele und Teilziele sind möglichst eindeutig (nicht interpretierbar) formuliert
• Die Erreichung der Projektziele kann gemessen bzw. geprüft werden
• Das Projektziel ist lösungsneutral formuliert (der Lösungsweg ist nicht bereits vorweggenommen)

Dabei können Ziele grundsätzlich inhaltlich unterschieden werden in Ergebnisziele und Vorgehensziele.

• Ergebnisziele
◦ finanzielle Ziele (Betriebskostenziele, investorische Beträge aus Zielvorgabe)
◦ funktionale Ziele (Leistungsziele, Sicherheitsziele)

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◦ personelle Ziele (sozialpolitische Ziele, ökologische Ziele)


◦ soziale Ziele
• Vorgehensziele
◦ Terminziele
◦ Budgetziele
◦ Personalziele
◦ Politikziele

3. Zielanalyse: Zielkonflikte und Prioritäten


Im Rahmen der Zielanalyse eines Projektes sind die wesentlichen Ziel-Dimensionen zu klären:

• Zeit:
◦ Welche Zeit steht zur Verfügung?
◦ Wie viel Zeit wird benötigt?
◦ Wann sind Projektanfang und Projektende zu erwarten?

• Ressourcen:
◦ Welche Personen und Sachmittel stehen zur Verfügung?
◦ Welche Kosten dürfen entstehen?

• Qualität/Leistungsumfang:
◦ Was gehört zum Qualitäts-/Leistungsumfang?
◦ Was gehört nicht zum Qualitäts-/Leistungsumfang?
◦ Was soll Bestandteil des Ergebnisses sein (qualitativ/quantitativ)?

Dabei ist es im Allgemeinen nicht möglich, alle Dimensionen gleichzeitig zu verfolgen, also ein Ziel z.B. billig, schnell
und hochwertig zu erreichen. Die Dimensionen Ressourcen, Zeit und Leistungsumfang stellen somit
Zielkonflikte dar, häufig dargestellt anhand eines „magischen Dreiecks“. In der Literatur gibt es auch
Sichtweisen, wonach Leistungsumfang und Qualität separat betrachtet werden. Dabei wird die Leistung bezüglich
der Qualität rein qualitativ verstanden und der Leistungsumfang rein quantitativ. Auch bei dieser Sichtweise
ergeben sich Zielkonflikte, vereinfacht formuliert als Entscheidung zwischen „Masse“ oder „Klasse“.

Eine Handhabung dieser Zielkonflikte ist nur durch eine Priorisierung einer der drei Dimensionen Kosten,
Zeit, Qualität/Leistungsumfang zu erreichen: Dabei wird jeder Dimension eine Priorität hoch, mittel oder niedrig
zugeordnet, wobei jede Priorität nur einmal zuzuordnen ist. Diese Prioritäten sind aus dem Projektziel abzuleiten
bzw. mit dem Auftraggeber abzustimmen. Dies ist für das laufende Projektcontrolling entscheidend: Wenn z.B.
Terminverzögerungen drohen, die Einhaltung der terminlichen Vorgabe jedoch oberste Priorität hat, kann der
Projektleiter ggf. zu Lasten der Kosten und/oder der Qualität entscheiden, um den Fertigstellungstermin einhalten
zu können.

Tabelle 1: Projekt-Prioritäten und Maßnahmen

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4. Umfeldanalyse
Ein Projekt findet in einem offenen, dynamischen und komplexen sozio-technischen System statt. Es unterliegt
z.B. folgenden Einflussfaktoren:

• ökologisch (u.a. Klima, Umweltverhalten…)


• juristisch (u.a. Gesetze, EU-Richtlinien…)
• politisch (u.a. Protektionismus…)
• volks- und gesamtwirtschaftlich
• betriebswirtschaftlich (u.a. Kosten, Rentabilität…)
• finanziell (u.a. Kapitalpolitik, Kreditpolitik, Zinsen…)
• personell (u.a. Arbeitsplätze, Personalpolitik…)
• sozial, psychologisch (u.a. Gesellschaft, Mentalität…)
• technisch (u.a. technologische Entwicklung, technische Trends…)

Diese Umfeldanalyse kann systematisch z.B. nach Art einer PESTEL-Analyse erfolgen: Dabei werden die für
das Projekt relevanten politischen (political), wirtschaftlichen (economic), sozio-kulturellen (social),
technologischen (technological), ökologisch-geografischen (environmental) und rechtlichen (legal)
Einflussfaktoren identifiziert. So sind auch die möglichen Auswirkungen der Einflussfaktoren auf das
Projekt zu analysieren und die Hintergründe offenzulegen. Im Gegensatz z.B. zu einer IST-Analyse werden auch
zukünftige Einflussfaktoren berücksichtigt.

5. Stakeholderanalyse
Mit Blick auf die Umfeldanalyse ist auch von Interesse, vor der Projektentscheidung einen Überblick über mögliche
Interessengruppen zu haben. Einige dieser sogenannten Stakeholder des Projektes können ein derart großes
negatives Interesse an dem Projekt haben und über so große Macht verfügen, das Projekt zu verhindern, dass ein
Projekt unrealisierbar erscheint und ein Projektauftrag abgelehnt wird. Eine Stakeholder-Analyse ist daher bereits
vor der Entscheidung, den Projektauftrag anzunehmen, von großer Bedeutung. So werden frühzeitig Betroffene des
Projektes identifiziert, deren Interessen analysiert und entsprechende Maßnahmen formuliert.

Die Stakeholder-Analyse erfolgt in den folgenden drei Schritten:

[1] Stakeholder identifizieren

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• alle Individuen, Gruppen oder Organisationen, die ein mögliches Interesse an dem Projekt und einen möglichen
Einfluss auf das Projekt haben
• alle internen/direkten Projekt-Beteiligten (aus dem Vertrag)
• alle externen/indirekten Projekt-Beteiligten (aus dem Umfeld)

[2] Stakeholder analysieren

• Verständnis entwickeln der wichtigsten Projekt-Akteure


• Analyse von Informationen über Rollen, Interessen, Wissen und die Gesamtposition der einzelnen Stakeholder im
Projekt

[3] Maßnahmen formulieren

• beurteilen, wie wichtige Akteure wahrscheinlich in verschiedenen Situationen reagieren, um zu planen, wie sie zu
beeinflussen sind, um ihre Unterstützung zu verstärken oder ihre Gegenwehr zu mildern
• erarbeiten, wie mit den Stakeholder-Gruppen zu kommunizieren ist

[1] Stakeholder identifizieren

Mögliche Stakeholder eines Projektes können sein:

• Sponsor
◦ von der Konzeption bis zum Projektabschluss
◦ stellt Ressourcen und Unterstützung
◦ extern oder intern
◦ Sprecher des Projektes
◦ Entscheiden über den Umfang des Projektes
◦ Autorisieren „Go“-Entscheidungen oder treffen „No-Go“-Entscheidungen
◦ weitreichender Einfluss
• Kunden und Anwender
◦ genehmigen, verwalten oder nutzen das Projekt-Ergebnis
◦ extern oder intern
◦ manchmal Vertragsautorität
◦ weitreichender Einfluss
• Verkäufer
◦ Vertragspartner / Lieferanten
◦ extern oder intern
◦ wenig Einfluss
• Geschäftspartner
◦ externe Organisationen
◦ besondere Beziehung zu Sponsor, Kunden oder eigenem Unternehmen
◦ bieten spezielle Dienstleistungen

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• Organisationseinheiten
◦ intern
◦ verschiedene Bereiche
◦ unterstützen die Projektumgebung
◦ arbeiten zusammen, um Ziele zu erreichen
• Manager
◦ Schlüsselpersonen für das Projekt
◦ Großes Know-how im eigenen Thema
◦ führen ihre eigenen Mitarbeiter und weisen sie dem Projekt zu
◦ weitreichender Einfluss
• andere Stakeholder
◦ Regierung / Behörden
◦ Finanzinstitutionen / Kreditinstitute
◦ Berater
◦ …

[2] Stakeholder analysieren

Zur Analyse der Stakeholder-Interessen sind folgende Schlüsselfragen hilfreich:

• Welche finanziellen oder emotionalen Interessen haben die Stakeholder am Ergebnis des Projektes?
• Sind sie positiv oder negativ?
• Was motiviert sie am meisten?
• Welche Informationen wollen sie von Ihnen?
• Wie wollen sie Informationen von Ihnen erhalten?
• Was ist der beste Weg, um mit ihnen zu kommunizieren?
• Was ist ihre aktuelle Meinung Ihrer Arbeit?
• Basiert die Meinung auf den richtigen Informationen?
• Wer beeinflusst ihre Meinung allgemein und wer beeinflusst ihre Meinung über das Projekt?
• Können einige von ihnen wichtige Akteure als Beeinflusser im Projekt werden?
• Wenn sie nicht geeignet sind, positiv zu sein, was kann man tun, um sie zu gewinnen, um das Projekt zu
unterstützen?
• Wenn einige neutral sind, können sie positiv gestimmt werden – oder wie wird man damit fertig, wenn sie eine
negative Einstellung entwickeln?
• Wer sonst könnte durch deren Meinung beeinflusst werden? Handeln diese Akteure in ihrem eigenen Interesse?

[3] Maßnahmen formulieren

Es können verschiedene Modelle zur Klassifikation von Stakeholdern und Ableitung von Maßnahmen
eingesetzt werden:

• Power-Interest-Grid
Die Stakeholder werden auf Basis ihrer Autorität (Macht) und ihrer Betroffenheit (Interesse) eingeordnet.
• Power-Influence-Grid
Die Stakeholder werden auf Basis ihrer Autorität (Macht) und ihrer aktiven Beteiligung (Einfluss) eingeordnet.

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• Influence-Impact-Grid
Die Stakeholder werden auf Basis ihrer aktiven Beteiligung (Einfluss) und ihrer Fähigkeit, die Projektplanung
oder -ausführung zu verändern (Einwirkung), eingeordnet.
• Salience-Model
Die Stakeholder werden auf Basis ihrer Durchsetzungsfähigkeit, Dringlichkeit (Notwendigkeit sofortiger
Beachtung) und Legitimierung (der Einfluss ist angemessen) eingeordnet, also gemäß ihrer jeweiligen Salienz
(Auffälligkeit).

Nachfolgend zur einfachen Anwendung das Power-Interest-Grid erläutert: Positioniert werden die Stakeholder
gemäß der jeweiligen Macht (niedrig, hoch) und dem jeweiligen Interesse (negativ, positiv). Daraus lassen sich
einfach Handlungs- bzw. Kommunikationsempfehlungen für die jeweiligen Stakeholder-Gruppen ableiten:

• „Bremser“ zufriedenstellen
Diese Stakeholder haben eine negative Einstellung zum Projekt und einen starken Einfluss. Bei ihnen ist zu
überlegen, wie ihre Einstellungen zum Positiven geändert und sie zu Promotoren des Projektes werden können –
ggf. werden sie in Entscheidungsprozesse integriert.

• „Unwichtige“ beobachten
Diese Gruppe hat zwar eine negative Einstellung zum Projekt, aber keine nennenswerten Einflussmöglichkeiten.
Sie sind mit geringstem Aufwand über die allgemeine Projektkommunikation zu informieren (Newsletter,
Website, Pressemeldungen). Durch positive Öffentlichkeitsarbeit können sie eventuell zu Unterstützern des
Projektes werden, dies ist aber (aufgrund der fehlenden Macht) nicht weiter von Belang.

• „Schlüsselfiguren“ in Entscheidungsprozesse integrieren


Auf die „Hauptakteure“ des Projektes ist besonderer Augenmerk zu legen: Sie haben ein positives Interesse und
eine große Macht, ihre Interessen durchzusetzen. Sie sind in die Entscheidungsprozesse des Projektes zu
integrieren (Entscheidungsgremium), ihnen ist regelmäßig zu berichten.

• „Unterstützer“ zu Botschaftern machen


Interessengruppen mit positivem Interesse und geringer Macht erwarten nur ein gewisses Maß an Beteiligung. Ihr
Interesse kann genutzt werden durch die Beteiligung in Bereichen mit geringem Risiko. Sie können positive
Botschafter des Projektes sein und sollten daher immer gut informiert sein.

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Abbildung 4: Power-Interest-Grid zur Stakeholder-Analyse

6. Risikoanalyse
Am Anfang eines Projektes müssen die möglichen Risiken abgeschätzt werden können, um eine fundierte
Projektentscheidung treffen zu können. Dabei können natürlich nicht alle denkbaren und undenkbaren Risiken
vorhergesehen und evaluiert werden. Es geht vielmehr darum, sich möglicher (wahrscheinlicher) Risiken bewusst zu
sein und im Falle des Eintretens durch entsprechend formulierte Maßnahmen vorbereitet zu sein. Zur
Identifizierung möglicher (wahrscheinlicher) Risiken kann die folgende Checkliste helfen:

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Die identifizierten Risiken gilt es nun, hinsichtlich deren Eintrittswahrscheinlichkeit, Auswirkungsgrad und
Sichtbarkeit (Risikograd) einzustufen. Letztlich muss jedoch klar sein, dass diese Einstufung nur eher grober Art
sein kann: Sie dient nur zu einer groben Einteilung, wie mit den Risiken umzugehen ist. Denn auch ein Risiko, das

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erfahrungsgemäß nur mit 10%iger Wahrscheinlichkeit eintritt, tritt im Schadenfall zu 100% ein.

Die Einstufung der Eintrittswahrscheinlichkeiten der identifizierten Risiken ist relativ schwierig: Fehlen hier
eigene Erfahrungswerte, ist das „Bauchgefühl“ ein schlechter Berater: Experten-Meinungen oder statistische Werte
von einem Versicherer können hier realistischere Einschätzungen liefern. Die Eintrittswahrscheinlichkeit lässt sich
pragmatisch mit einem Prozentwert einstufen, wobei ein Risiko bis 20% als „gering“, bis 50% als „mittel“, bis 60%
als „hoch“ und bis 99% als „sehr hoch“ (sehr wahrscheinlich) gilt. Ein Risiko von 100% gilt übrigens nicht mehr als
Risiko, sondern als bereits eingetretenes Problem. Der Auswirkungsgrad lässt sich bei einem einfach geführten
Risikomanagement in die Stufen „klein“, „mittel“, „groß“ und „sehr groß“ bewerten. Für eine unternehmensweit
gleiche Einordnung sollten Grenzwerte für die Stufen definiert werden.

Nach Projektart können diese Grenzwerte unterschiedlich definiert werden. Bei z.B. Hightech-Produkten zeigt sich
empirisch, dass eine Überschreitung des Projektbudgets weniger gravierend ist als eine Zeitverzögerung: Hightech-
Produkte verloren 33% des Gewinns (nach Steuern), weil sie zu spät geliefert wurden, aber nur 4% des Gewinns,
wenn sie mit 30% Budgetüberschreitung fristgerecht geliefert wurden. Diese Erfahrung ist auch wesentlich für die
Ziel-Priorisierung im Zuge der Projektanalysen vor Projekt-Start.

Tabelle 2: Beispiel-Grenzwerte für den Auswirkungsgrad von Risiken (JENNY 2009)

gering mittel hoch sehr hoch


-1- -2- -3- -4-

Kosten <5% 5-10% 10-20% >20%


Kostensteigerung Kostensteigerung Kostensteigerung Kostensteigerung

Leistung geringfügige einige Bereiche sind wichtige Bereiche sind Gesamtergebnis ist
Minderung von betroffen nicht lieferbar nicht lieferbar
Leistungen

Qualität geringfügige wichtige Bereiche Projektergebnisse Projektergebnis ist


Minderung von weisen qualitative weisen große unbrauchbar
Qualität Probleme auf qualitative Probleme
auf

Termin Meilenstein Meilenstein Meilenstein klarer Verzug auf


unbeeinträchtigt qualitativ terminlich gefährdet Endtermin
beeinträchtigt

Wirtschaftlichkeit Minderung des Minderung des Minderung des Minderung des


Gewinns <10% Gewinns 11-20% Gewinns 21-30% Gewinns >30%

Akzeptanz es gibt gewisse betroffene Benutzer wichtige Stakeholder wichtige Stakeholder


Akzeptanzvorbehalte haben haben große akzeptieren das
Akzeptanzprobleme Akzeptanzprobleme Projekt nicht

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Unternehmensrisiko geringfügige ein mehrere Unternehmung ist


Wirkung auf ein oder Unternehmensrisiko Unternehmensrisiken stark gefährdet
mehrere U-Risiken ist mittel bis stark sind mittel bis stark
betroffen betroffen

Zur einfachen Sichtbarmachung der Bedeutung der Risiken werden diese in einem Koordinatensystem eingetragen.
Dabei kann durch Multiplizierung von Eintrittswahrscheinlichkeit (in Prozent) und Auswirkungsgrad
(Stufen 1-4) ein Risikograd für die jeweiligen Risiken berechnet werden. Dieser Wert dient zur Ableitung von der
Risikopolitik (Risikovorsorgestrategie), wie mit dem jeweiligen Risiko umzugehen ist, ab z.B. 0,7 müssen
Maßnahmen eingeleitet werden:

• Risikograd 0,05 - 0,60 -> Risiko akzeptieren


Diese Risiken treten mit geringer Wahrscheinlichkeit ein und bedeuten im Schadenfall nur geringe Auswirkungen,
die akzeptabel sind für das Projekt. Hierfür sind i.d.R. keine Vorsorgemaßnahmen zu definieren.
• Risikograd 0,70 – 1,20 -> Risiko überwälzen
Mögliche Auswirkungen beim Eintreten dieser Risiken können z.B. durch Abschließen einer Versicherung auf
diese überwälzt werden oder durch entsprechende Vertragsgestaltung z.B. Kostendeckelungen auf den Lieferanten
übertragen werden. Somit tragen andere (Dritte) das jeweilige Risiko und mögliche Auswirkungen.
• Risikograd 1,40 - 2,00 -> Risiko vermindern
Hierbei wird versucht, ursachenbezogen die Eintrittswahrscheinlichkeit des jeweiligen Risikos (vor Eintreten)
oder wirkungsbezogen die Auswirkungen eines Schadenfalls (nach Eintreten) durch geeignete Maßnahmen zu
verringern.
• Risikograd 2,10 – 4,00 -> Risiko vermeiden
Diese Risiken sind von höchster Schädlichkeit für das Projekt, deren Eintreten ist auf jeden Fall zu verhindern.
Diese Risiken können auch zu einer Ablehnung der Projekt-Durchführung führen. Entschließt man sich dennoch
zur Durchführung des Projekts, sind alle vorbeugenden Maßnahmen zu treffen, damit der Schadenfall nicht
eintritt. Dies kann z.B. auch durch Änderung des Projektauftrags erfolgen, sodass bestimmte Anforderungen des
Projektauftrags (Qualität/Kosten/Zeit/Leistungsumfang) gestrichen werden.

Abbildung 5: Risiko-Portfolio zur Ableitung der adäquaten Risikopolitik (JENNY 2009)

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7. Vertragsanalyse
Bei externen Projekten sind Auftraggeber und Auftragnehmer unterschiedliche juristische Personen.
Empfehlenswerter Weise sind die Verträge vor Abschluss juristisch zu prüfen. Im Rahmen dieses Moduls sollen
nachfolgend zumindest grundsätzlich notwendige Eigenschaften von Verträgen zur eigenen (rudimentären) Prüfung
erläutert werden mit Blick auf die sich für das Projekt ergebenden Konsequenzen.

Tabelle 3: Vertragsarten

In einem Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sollten die folgenden wesentlichen
Vertragsbestandteile enthalten sein:

• Bezeichnung der Vertragsparteien


• Vertragsgrundlagen, Rechtsgrundlagen
• Vertragsgegenstand

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• Aufgabenstellung
• Leistungen, Spezifikationen
• Termine
• Pflichten, Mitwirkung Arbeitgeber
• Projektorganisation
• Abnahmen, Tests, Zertifikate
• Vertragsdauer, Kündigungsregelungen, Kündigungsfristen
• Honorare, Preise
• Zahlungsbedingungen
• Sonderleistungen, Sonderzahlungen
• Garantien, Gewährleistung
• Haftung, Schadenersatz
• Höhere Gewalt
• Annahmeverzug
• Eigentumsvorbehalt
• Erfüllungsort, Gerichtsstand
• Allgemeine Auftrags- / Vertragsbedingungen
• Vertragsstrafen

8. Projektbewertung
Alle Projekte, die ein Unternehmen durchführt (oder durchzuführen erwägt), sollten kritisch bewertet werden. Bei
jedem Projekt nimmt die Qualität der Informationen (Konkretheit, Realität, Detailliertheit) im Laufe des Projektes
zu. In der Aufnahmephase eines Projektes liegen naturgemäß noch keine konkreten Datenwerte vor und eine
Bewertung erfolgt anhand der Informationen des Projektantrags. Damit steht eine Projektbewertung bereits vor der
Entscheidung an, ob ein angefragtes bestimmtes Projekt durchgeführt wird. Auch im laufenden Projekt
(Führungsphase) und bei Projektabschluss (Abnahmephase) sind entsprechende Bewertungen, dann mit
konkreten und detaillierten Vergangenheitswerten, durchzuführen.

Nachfolgend werden Methoden zur Bewertung eines Projektes nach Wirkungs- und Abwicklungsaspekten
vorgestellt.

8.1. Wirkungsbezogene Bewertung – Strategiebeitrag


Die grundsätzliche Frage lautet „Welchen strategischen Beitrag liefert das Vorhaben?“.

Zur Beantwortung sind die strategischen Unternehmensziele aufzuführen und zu gewichten. Daran werden die
Projekte gemessen und können entsprechend dieser unternehmerischen Rangfolge realisiert werden. Die
Entscheidung, wann ein Projekt von hoher strategischer Bedeutung ist, kann gemäß der Einordnung des
Strategiebeitrags erfolgen. Die genauen Charakteristika eines strategisch bedeutenden Projekts sind für jedes
Unternehmen verschieden, weisen jedoch grundsätzlich ein hohes unternehmerisches Risiko auf, einen sehr hohen
Ressourcenaufwand und die Projektabwicklung nimmt viel Zeit in Anspruch.

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Abbildung 6: Strategiebeitragsbewertung zur Festlegung der strategischen Reihenfolge und Kriterienachse (JENNY
2009)

8.2. Wirkungsbezogene Bewertung – Architekturbeitrag


Die grundsätzliche Frage lautet „Entspricht und/oder unterstützt das Vorhaben die Architektur?“.

Jedes Unternehmen verfügt über eine gewisse „Architektur“, d.h. Organisation und Rahmenbedingungen auch z.B.
für die Abwicklung von Projekten. Mit der Unternehmensarchitektur werden Ziele verfolgt wie z.B. die vertikale
Integrität (Unterstützung der Geschäftsziele und Berücksichtigung strategischer Entscheidungen), horizontale
Integrität (Abstimmung aller Systeme), Verständlichkeit (durch Reduktion der Komplexität), Flexibilität (durch
Modularität) und ein optimales Nutzen-Kosten-Verhältnis. Mit einer „Architekturbeitragsbewertung“ wird
analysiert, im welchem Maße die einzelnen Architekturbereiche für die Durchführung des jeweiligen Projekts ihren
Beitrag leisten. Leistet z.B. die Informationsarchitektur für die Durchführung des Projektes A keinen Beitrag, weil
die Informationsarchitektur nicht für die Durchführung des Projektes A ausgelegt ist und mit der Durchführung
dieses Projektes überfordert wäre, so ist der Beitrag Null (0 Punkte). Im Gegensatz dazu leistet die
Informationsarchitektur des Unternehmens einen hohen Beitrag zur Durchführung des Projektes B, weil sie in
hohem Maße geeignet bzw. kompatibel ist und wird mit 6 Punkten bewertet.

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Abbildung 7: Architekturbeitragsbewertung zur Festlegung der architektonischen Reihenfolge und Kriterienachse


(JENNY 2009)

8.3. Wirkungsbezogene Bewertung – Betriebsbeitrag


Die grundsätzliche Frage lautet „Welchen Beitrag bringt das Vorhaben für den operativen Betrieb?“.

Hierzu wird ermittelt, wie sich die Durchführung eines bestimmten Projektes auf betrieblich relevante Merkmale
auswirkt.

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Abbildung 8: Betriebsbeitragsbewertung zur Festlegung der betrieblichen Reihenfolge und Kriterienachse (JENNY
2009)

8.4. Wirkungsbezogene Bewertung – Wirtschaftlichkeit


Die grundsätzliche Frage lautet „Wie wirtschaftlich ist das Vorhaben?“.

Zur Einschätzung dieser Frage können aus der quantifizierbaren (monetären) Perspektive z.B. Kostenvergleichs-,
Gewinnvergleichs-, Rentabilitäts-, Amortisationsrechnungen oder Kapitalwertmethoden angewendet werden. Zur
weiteren strategischen Beurteilung können z.B. ROI (return on investment) oder NPV (net present value) ermittelt
werden. Nicht quantifizierbare (qualitative) Aspekte können anhand einer Nutzenbewertung berücksichtigt
werden.

Abbildung 9: Berechnen des quantiativen und qualitativen Beitrags eines Projekts (JENNY 2009)

8.5. Wirkungsbezogene Bewertung – Unternehmensrisiko

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Die grundsätzliche Frage lautet „Wie beeinflusst das Vorhaben die Unternehmensrisiken?“.

Jedes Projekt birgt verschiedene Risiken, welche die Durchführung des Projektes behindern können. Aus
unternehmensstrategischer Sicht stellen sich auch betriebswirtschaftliche Risiken (z.B. hinsichtlich Haftung,
Liquidität, Rechtsproblemen) für das Unternehmen, welche vorab genauer zu bewerten sind.

Abbildung 10: Bewertung des Einflusses der geplanten Projekte auf die Unternehmensrisiken (JENNY 2009)

8.6. Wirkungsbezogene Bewertung – Organisatorische Veränderung


Die grundsätzliche Frage lautet „Wie groß ist die Wirkung des Projekts auf die Organisation?“.

Damit wird analysiert, auf welche Bereiche und in welchem Maße ein Projekt Auswirkungen hat. Bei zu großer
Veränderung durch das Projekt verringern sich erfahrungsgemäß die Produktivität und es vergrößert sich die
Personalfluktuation der betroffenen Bereiche.

Abbildung 11: Organisatorische Veränderungsstärke eines geplanten Vorhabens (JENNY 2009)

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8.7. Abwicklungsbezogene Bewertung – Abwicklungsrisiko


Die grundsätzliche Frage lautet „Welche Risiken hat das Vorhaben während der Projektabwicklung?“.

Im Gegensatz zur Risikoanalyse auf Projektebene werden hierbei insbesondere die Risiken für die
Abwicklungsprozesse analysiert.

Abbildung 12: Projektbewertung nach Abwicklungsrisiko (Änderungsgrad) und Abwicklungsrisikograd (JENNY


2009)

8.8. Abwicklungsbezogene Bewertung – Abwicklungskomplexität


Die grundsätzliche Frage lautet „Wie komplex ist das Vorhaben?“.

Die Abwicklungskomplexität eines Projektes kann z.B. anhand der regionalen/räumlichen Verteilung des Teams,
der Abhängigkeiten zu anderen Projekten oder der Anzahl der involvierten Parteien beurteilt werden. Tendenziell
gelten Projekte mit zunehmender Aufgabenvernetzung und Internationalisierung als komplex.

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Abbildung 13: Bewertung der Abwicklungskomplexität eines Projektes (JENNY 2009)

8.9. Abwicklungsbezogene Bewertung – Ressourcenbedarf


Die grundsätzliche Frage lautet „Wie groß sind die Investitionen und/oder der Personalbedarf?“.

Zur Beurteilung des Investitions- und Entwicklungsvolumens wird der Bedarf an Finanz-, Personal- und
Betriebsmitteln geschätzt und für ein Projekt nach Grenzwerten eingeordnet.

Abbildung 14: Generelle Kriterien des Ressourcenbedarfs (JENNY 2009)

8.10. Abwicklungsbezogene Bewertung – Mitarbeiterbelastungsgrad


Die grundsätzliche Frage lautet „Welche Belastung bewirkt das Projekt in der Belegschaft?“.

Der Ressourcenbedarf hinsichtlich der Personalmittel kann näher spezifiziert werden als Belastung durch z.B.
Betroffenheit der jeweiligen Organisationseinheiten, der Zeitintensität, der Anzahl der involvierten Stellen oder
Schlüsselpersonen.

Abbildung 15: Bewertung der Mitarbeiterbelastung (im eigenen Unternehmen) (JENNY 2009)

8.11. Abwicklungsbezogene Bewertung – Zeitliche Projektabwicklung


Die grundsätzliche Frage lautet „Wie viel Zeit wird für die Projektabwicklung benötigt?“.

Diese kann relativ einfach anhand der benötigten Zeit z.B. in Monaten ermittelt und eingeordnet werden. Aus der
Betrachtung im Zusammenhang mit anderen Aspekten (z.B. Wirtschaftlichkeit oder Personalmittelbelastung) ergibt
sich eine Aussage über das Projekt.

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Abbildung 16: Bewertung der zeitlichen Abwicklung (Durchlaufzeit) eines Projektes (JENNY 2009)

8.12. Abwicklungsbezogene Bewertung – Projektabhängigkeiten


Die grundsätzliche Frage lautet „Welche Abhängigkeit besteht zu anderen Projekten?“.

Zwischen verschiedenen Projekten eines Unternehmens können sich Abhängigkeiten ergeben z.B. durch
projektübergreifende Verknüpfungen von Aufgaben, durch eine eventuelle Risikoverstärkung oder
Ressourcenabhängigkeiten, wenn verschiedene Projekte auf die gleichen Ressourcen zugreifen. Dies abzubilden ist
der Zweck der Analyse der Projektabhängigkeiten, indem der Grad der Abhängigkeit zwischen verschiedenen
Projekten geschätzt und in einer Einflussmatrix eingetragen wird. Die Zeilen- und Spaltensummen ermöglichen
verschiedene Aussagen:

• Aktivsumme
Durch das Addieren aller Bewertungsintensitäten einer Zeile errechnet sich die Aktivsumme eines Projekts (wie
stark demnach ein betrachtetes Projekt aktiv auf die übrigen Projekte im Portfolio einwirkt).
• Passivsumme
Durch das Addieren aller Bewertungsintensitäten einer Spalte erhält man die Passivsumme eines Projekts
(demnach, wie empfindlich ein betrachtetes Projekt auf Veränderungen der übrigen Projekte reagiert).
• Q-Wert
Aktivsumme/Passivsumme*100 ergibt den Q-Wert eines Projektes. Demnach bedeutet ein hoher Q-Wert, dass
das Projekt eine aktive Rolle im Portfolio hat im Vergleich zu einem niedrigen Q-Wert eines Projektes, das eine
passive Rolle hat.
• P-Wert
Aktivsumme*Passivsumme eines Projekte ergibt den P-Wert und damit, welche Rolle das betrachtete Projekt im
Portfolio spielt.

Abbildung 17: Einflussmatrix der gegenseitigen Beeinflussung (JENNY 2009)

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Die Rolle eines Projektes im Portfolio lässt sich auch grafisch darstellen (anhand der Achsen „Aktivsumme“ und
„Passivsumme“).

Durch die Positionierung ergeben sich vier Schlüsselfeldbereiche:

• pufferndes Schlüsselfeld (puffernd)


Die hier positionierten Projekte haben wenig Einfluss auf das Portfoliogeschehen, werden kaum von anderen
Projekten beeinflusst und beeinflussen auch kaum andere Projekte. Veränderungen in diesen Projekten sind
demnach nicht gravierend, da sie auf das Portfolio nur „träge“ wirken.
• passives Schlüsselfeld (Indikatoren)
Die hier positionierten Projekte haben selbst wenig Einfluss auf das Portfoliogeschehen, werden jedoch von
anderen Projekten stark beeinflusst und können daher als die „Leidtragenden“ am Ende einer Veränderungskette
verstanden werden.
• aktives Schlüsselfeld (Stellhelbel)
Projekte in diesem Feld beeinflussen andere Projekte sehr aktiv, werden aber selbst nur wenig beeinflusst. Sie sind
demnach die Stellhebel, welche das ganze Portfolio anders ausrichten können.
• kritisches Schlüsselfeld (ambivalent)
Diese Projekte beeinflussen andere Projekte sehr aktiv und werden selbst von anderen Projekten stark beeinflusst.
Sie sind daher kritisch, da bei einer Veränderung dieser Projekte Kettenreaktionen ausgelöst werden können, die
sich durch das gesamte Portfolio fortpflanzen.

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Abbildung 18: Rollenverteilung im Projekt-Portfolio und Kritieren des Projektabhängigkeitsgrades (JENNY 2009)

9. Projektentscheidung
Sind die Rahmenbedingungen des Projektes analysiert, die Verträge geprüft, Stakeholder identifiziert, mögliche
Risiken evaluiert, so ist das Projekt zur Entscheidung vorzulegen. Der Entscheidungsprozessablauf
unterscheidet sich ausgehend davon, ob es (beim externen Projekt) einen externen Auftraggeber oder (beim
internen Projekt) ein internes Entscheidungsgremium gibt.

Beim internen Projekt ist der Projektantrag zu erstellen und dem Entscheidungsgremium
(Unternehmensvertreter) als Entscheidungsvorlage vorzulegen. Im Falle einer positiven Entscheidung wird der
Projektleiter mit der Durchführung des Projektes beauftragt. Die Gremiumsentscheidung ist damit der
Projektauftrag des „internen Auftraggebers“.

Abbildung 19: Ablauf Projektentscheidung beim internen Projekt (CRONENBROECK 2004)

Beim externen Projekt findet die Projektanalyse parallel zur Akquisitionsphase statt, der Vertrieb hat dem
potenziellen (externen) Auftraggeber ein Angebot vorgelegt. Entscheidet dieser positiv, wird mit dem
Auftragnehmer ein Vertrag über die zu erbringenden Leistungen abgeschlossen. Dieser Vertragsabschluss ist der
Projektauftrag des (externen) Auftraggebers. Der Projektleiter hat nun die im Laufe der Verhandlungen sich
ergebenden Änderungen im Projektauftrag zu berücksichtigen und zu planen.

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Abbildung 20: Ablauf Projektentscheidung beim externen Projekt (CRONENBROECK 2004)

10. Zusammenfassung des Lernabschnitts


Zu Beginn eines Projektes ist dieses zunächst auf die Zielsetzungen und das Vorhandensein wesentlicher
inhaltlicher Beschreibungen zu prüfen. Dabei sind auch die Prioritäten klar zu definieren, um im Falle von
eintretenden Veränderungen kompromissfähig zu sein. Eine Analyse des politischen, wirtschaftlichen, sozio-
kulturellen, technologischen, ökologisch-geografischen und rechtlichen Umfeldes, in dem das Projekt stattfindet,
ermöglicht unter anderem eine systematische Analyse der möglichen Risiken. Wie mit diesen umzugehen ist, ergibt
sich aus der jeweiligen Einordnung und Risikopolitik. Zur Umfeldanalyse gehören auch die Identifizierung
Betroffener und die Analyse deren Interessen und Einflussmöglichkeiten auf das Projekt. Die Kenntnis hierüber
kann zur vorbeugenden Formulierung von Kommunikation und Maßnahmen zum Umgang mit diesen
Stakeholdern genutzt werden, um das Projekt möglichst störungsfrei und erfolgreich durchführen zu können. Der
Verlauf des eigentlichen Projektentscheidungsprozesses ist abhängig davon, ob es sich um ein internes oder
externes Projekt handelt, ob also ein externer Auftraggeber zu berücksichtigen ist oder nicht.

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