Wehnert - Festschriften
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access to Theologische Rundschau
Jürgen Wehnert
Die Flut der Festschriften und Sammelbände, die ein Gelehrtenleben ehren
oder dessen persönliche (Zwischen-)Summe ziehen, hält ungebrochen an.
Seit dem letzten Sammelbericht1 sind zahlreiche neue Titel erschienen, die
hier naturgemäß nicht vollständig, sondern nur in einer hoffentlich plausi
blen Auswahl vorgestellt werden können. Angesichts der Fülle der Publika
tionen war der Bericht nunmehr aufzuteilen: Zunächst werden die Fest
ments to JSJ 82). Brill, Leiden/Boston 2003, XIV + 389 S. - Jesus Christus als die
Mitte der Schrift. Studien zur Hermeneutik des Evangeliums [für Otfried Hofius
zum 60. Geburtstag], hg. von C. Landmesser, H.-J. Eckstein und H. lichtenberger
(BZNW 86). Verlag Walter de Gruyter, Berlin/New York 1997, XII + 1000 S. - The
Social World of Formative Christianity and Judaism. Essays in Tribute to Howard
Clark Kee, ed. by J. Neusner, E.S. Frerichs, P. Borgen and R. Horsley. Fortress Press,
Philadelphia 1988, XII + 368 S. - Unterwegs mit Paulus. Otto Kuss zum 100. Ge
burtstag, hg. von J. Hainz für das Collegium Biblicum München. Verlag Friedrich
Pustet, Regensburg 2006, VII + 294 S. - Die Weisheit - Ursprünge und Rezeption.
Festschrift für Karl Löning zum 65. Geburtstag, hg. von M. Faßnacht, A. Lein
häupl-Wilke und S. Lücking (NTA N.F. 44). Aschendorff Verlag, Münster 2003, 308 S.
- Text und Geschichte. Facetten theologischen Arbeitens aus dem Freundes- und
Schülerkreis. Dieter Lührmann zum 60. Geburtstag, hg. von S. Maser und E. Sch
iarb (MThSt 50). N.G. Elwert Verlag, Marburg 1999, VII + 312 S.
Als Einleitung mag ein modifiziertes Selbstzitat aus dem letzten Bericht ge
nügen: Die in den Festgaben - ein neuer Trend sind monothematische
Sammlungen - vorgelegten Beiträge dokumentieren immer deutlicher die
konkurrierenden exegetischen Trends der Gegenwart und stellen mehrheit
lich auf oft originelle Art unter Beweis, dass neutestamentliche Forschung
ihren zentralen Untersuchungsgegenstand im Kontext der antiken Welt-,
Sozial- und Geistesgeschichte verortet, ihn von hierher interpretiert und
seine Botschaft zur Sprache bringt. Die beeindruckendsten Festschriften lie
fern in der Polyphonie ihrer zahlreichen Mitarbeiter aus (oft) mehreren Kon
tinenten höchst anregende Mikrokosmen der gegenwärtigen neutestamentli
chen Wissenschaft, deren Facettenreichtum unerschöpflicher zu sein scheint
denn je und deshalb auf Bindeglieder wie die hier vorgestellten Publikatio
nen angewiesen ist - erst sie machen auch die spezialisierteste Einzelstudie
als Teil eines Gesamtprojekts verständlich, zu dessen aktuellen Standards ein
lebhafter, internationaler Kommunikationsfluss gehört, der über die Fächer
grenzen der Disziplin »Neues Testament« weit hinausreicht.
Die enorme Zahl der in den Jubelschriften enthaltenen Beiträge stellt den
Berichterstatter angesichts des beschränkten Raums vor eine unerfreuliche
Entscheidung: Entweder flüchtet er sich aus Gründen der Gleichbehandlung
aller Beiträge in eine ermüdende Paraphrase der Inhaltsverzeichnisse, oder er
greift mit Mut zum subjektiven Urteil aus jedem Band eine Handvoll solider,
origineller und skurriler Arbeiten heraus, die eine ausführlichere Behandlung
verdienen. Im ersten Fall werden die Leser der Rezension verprellt, im zwei
ten Fall die Autoren der übergangenen Beiträge. Die vorliegende Bespre
chung geht den zweiten Weg, da sie zum Weiterlesen animieren und nicht
der Eitelkeit von Autoren dienen will.2
2 Bei der Auswertung etlicher der insgesamt 31 Festgaben haben mich die studenti
schen Hilfskräfte Kirsten Koller (Paderborn), Katja Kruse und Carolin Schladot (beide
Braunschweig) tatkräftig unterstützt; dafür sei ihnen auch hier herzlich gedankt.
der mit guten Gründen als ein Amalgam aus jüdischer Angelologie und hel
lenistischer Göttermetamorphose, wie es sich auch bei Philo finde (119f.).
Bemerkenswerte Beiträge zu Paulus liefern ferner N. Walter (»Ekklesiolo
gische Vorstellungen bei Paulus - Mitbringsel aus Antiochia?«, 173-195),
der zentrale Kategorien der paulinischen Ekklesiologie (einschließlich des
exxXr)a(a-Begriffs) als Erbe der antiochenischen Zeit des Apostels verständ
lich macht, und H.-W. Kuhn, der als Frucht des Münchner Projekts »Qumran
und das Neue Testament« einen aktualisierten Überblick über Parallelen zwi
schen Texten der Qumrangemeinde und Paulus gibt (227-246). Kuhns Aus
wertung des Materials kommt zu dem sehr zurückhaltenden Urteil, dass eine
direkte Abhängigkeit des Paulus von Qumranschriften unwahrscheinlich sei;
nur in Einzelfällen (Deutung der Gemeinde als Tempel und Gottes Pflan
zung) stehe eine Aufnahme von - wie vermittelten? - Qumrantraditionen zu
vermuten.
Von den Studien zu den übrigen ntl. Schriften verdienen etliche besondere E
nung: G. Tbeißen entwickelt in seiner historisch-soziologischen Untersuchung
12,1-4 und Mk 10,35-45 (»Die Verfolgung unter Agrippa I. und die Autoritä
tur der Jerusalemer Gemeinde«, 263-289) die beachtliche These, dass die Erm
des Zebedaiden Jakobus die Ablösung charismatischer Autoritäten der Jesuszei
funktionale Amtsträger eingeleitet habe. A. Undemann (»Mose und Jesus C
Zum Verständnis des Gesetzes im Johannesevangelium«, 309-334) widmet si
Joh 1,17 ausgehend, der oft behandelten Frage, wie der vierte Evangelist das V
nis zwischen Mose und Jesus Christus auffasst. Nach Analyse aller Mose- und
Belege im Joh gelangt Lindemann zu dem überzeugenden Fazit, dass Joh 1
Sinne »heilsgeschichtlicher Kontinuität« zu verstehen sei : Die johanneische Ge
»lebt in der ungebrochenen Tradition des Gesetzes«, während »die Juden« »d
sche Tradition mißverstehen und mißachten« (334). Eine von Lindemann ausg
traditionsgeschichtliche Betrachtung des Liebesgebots Jesu würde zum selben
führen: Es ist die johanneische Interpretation des Mose-Gebots Lev 19,17f.,
J. Augenstein (Das Liebesgebot im Johannesevangelium und in den Johannesbr
1993) gezeigt hat.
Ein exegetisches Minenfeld betritt M. Theobald in seiner Untersuchun
»>Spruchgut< im Johannesevangelium« (335-367). Theobald schließt sich de
ckers Joh-Kommentar zugrunde liegenden Hypothese an, dass es sich bei de
zellen der johanneischen Reden um traditionelles Spruchgut der Gemeinde h
29 diesem Stratum zugewiesene Sprucheinheiten werden von Theobald zusam
stellt (337-346) und unter den von Becker vorgegebenen methodologischen, for
tischen und theologischen Gesichtspunkten systematisiert (346-354). Als eige
ger Beitrag Theobalds folgen »Weiterführende Beobachtungen und Überleg
(354-367), die die methodischen Schwächen der Rekonstruktion Beckers kur
beiseite schieben (sie sei »insgesamt überzeugend«, 354) und sie im Folgenden a
chertes Resultat der Forschung begreifen, das nur noch der weiteren tradition
formkritischen Durchdringung bedarf. Die Standfestigkeit des Hypothesenturm
dadurch kaum nennenswert erhöht.
Unter dem schönen Titel »Stärken des Randes« (391-417) unternimmt M. Karrer
eine konzentrierte Gesamtbetrachtung der Apk unter forschungsgeschichtlichen, lite
rarischen (Stichwort »Apokalypse«) und christologischen Aspekten, die die Sonderstel
lung des sperrigen Buches im jüdisch-christlichen Traditionsstrom und damit auch im
nd. Kanon eindrucksvoll vor Augen führt.
Aus dem ersten Teil verdient unter ntl. Aspekt T.K. Seims Studie »Abra
ham, Ancestor or Archetype?« (27-42) Beachtung. Seim zeigt, dass die
Abrahamsvorstellungen in 4 Makk und Lk/Apg auf die Existenz einer sonst
unbekannten Abraham-Tradition des hellenistischen Judentums hinweisen:
In ihr ist der vorbildliche, mit Unsterblichkeit beschenkte Patriarch zum
Hoffnungsträger geworden, zu dem sich Männer wie Frauen als seine verhei
ßenen Söhne und Töchter bekennen, um im Vertrauen auf ihn ihr Todesge
schick zu überwinden.
Der hier vor allem interessierende zweite Hauptteil ist in die Abschnitte
»The Synoptic Gospels«, »The Pauline Epistles« und »Other Early Christian
Writings« gegliedert. Zu den bemerkenswertesten Beiträgen zählt A.Y. Col
lin? Studie »Jesus' Action in Herod's Temple« (45-61) über die historischen
Hintergründe der sog. Tempelreinigung Jesu (Mk 11,15-18). Da die Periko
pe ein für Mk untypisches Interesse an ritueller Reinheit zeige, sei anzuneh
men, dass sie ein Ereignis aus dem Leben Jesu widerspiegele (47). Die bisher
vorgeschlagenen politischen oder ökonomischen Motive für Jesu Aktion
weist Collins zurück und postuliert stattdessen, dass die Gründe in Herodes'
Umgestaltung des Tempelberges lägen: Die Einrichtung eines Tempelvor
hofs für Heiden widerspreche dem Tempelideal von Ez und Tempelrolle,
dem sich auch Jesus verpflichtet wusste. Seine Aktion zielte auf die Ausdeh
nung der Heiligkeit und Reinheit des Tempels auf den Heidenvorhof, der
u.a. durch die Münzbilder von Fremdgöttern entweiht worden sei. Ob man
Jesus eine solche Tempelideologie unterstellen darf, erscheint angesichts der
sonstigen Überlieferung freilich zweifelhaft. Hält man die im Oxyrhynchos
Papyrus 840 enthaltene Tradition über Jesu bewusste Missachtung von Rein
heitsvorschriften im Tempelbereich für authentisch, wird man Collins' These
für unzutreffend halten müssen.
P.B. Duff regt in seiner Interpretation der zweiten Antithese der Bergpredigt an, den
Ausdruck sv TÎj xagôîa (Mt 5,28) nicht, wie üblich, lokal, sondern instrumental aufzu
fassen (»Vision and Violence«, 63-75). Wie in den übrigen Antithesen gehe es auch
hier um ein sozial schädliches Verhalten, konkret um die Verfuhrung verheirateter
Frauen durch das lüsterne Herz - ein jedenfalls origineller Gedanke. Wesentlich spe
kulativer mutet KD. Kotanskys groß angelegter Versuch an, die Figur der Blutflüssigen
durch religionsgeschichtliche Vergleiche als Konstrukt aus metaphorischen und my
thologischen Motiven zu begreifen (»Jesus and the Lady of the Abyss [Mark
5:25-34]«, 77-120). Die Frau sei »eine archetypische Figur«, deren Interaktion mit
Jesus sowohl »eine Bändigung der Urflut« als auch »eine heilige Hochzeit« repräsentie
re. In ihrem Zusammenspiel mit der Tochter des Jairus erweise sie sich als deren »my
thologisches Gegenstück«, da ihre Berührung Jesu »eine Art Tod« zur Folge habe
(118). Diese Konstruktion wird so bestimmt an den markinischen Text herangetragen,
dass das christologische Interesse, das der Evangelist mit der von ihm geschaffenen
Sandwich-Perikope verbindet, vollständig aus dem Blick gerät.
Unter den Paulusstudien des Bandes ragt neben N.A. Dahls und D. Hell
holms materialreicher Untersuchung »Garment-Metaphors : the Old and the
New Human Being« (139-158) sowie I. Gruenwalds sozialanthropologischer
Studie »Paul and Ritual Theory. The Case of the >Lord's Supper< in 1 Corin
thians 10 and 11« (159-187) vor allem H. Koesters »Paul's Letters as Theo
logy for the Community« (215-225) hervor. Koesters ebenso knapper wie
weiser Beitrag über das Vermächtnis der paulinischen Theologie stellt ein
drucksvoll heraus, dass die Rechtfertigungslehre des Apostels nicht auf per
sönliche Moral und Religiosität zielt, sondern auf die Schaffung »einer alter
nativen Gemeinde am Ende aller Zeiten« (219).
Von den übrigen Studien des zweiten Teils müssen erwähnt werden L.R. Donelsons
hermeneutische Untersuchung zum selten behandelten Jud (»Jude as Text with Excess
of Context«, 279-295) und A.]. Dröges wider den Stachel lockende Studie »Discerning
the Body. Early Christian Sex and Other Apocryphal Acts« (297-320). Angesichts des
paulinischen Freiheitspathos' kann Droge den harschen Umgang mit dem Unzucht
sünder in 1 Kor 5,1-5 nur auf die mangelnde Courage des Apostels zurückführen,
nach den eigenen Prinzipien zu handeln (304) - eine Lanze zugunsten der libertinisti
schen Tradition im frühen Christentum, die freilich den paulinischen Kerngedanken
ignoriert, dass der an Christus bzw. am Geist teilhabende Gläubige in Übereinstim
mung mit dem göttlichen Willen (Lev 18,8!) lebt oder leben sollte.
Die abschließenden Beiträge des Bandes greifen z.T. weit über das NT hinaus. Sie
behandeln sehr disparate Themen wie Johannes Chrysostomos' Lektüre des Gal
(M.M. Mitchell: »Reading Rhetoric with Patristic Exegetes«, 333-355), die Kategorie
der TiQoa'iQsaiç bei Epiktet (E. Asmis: »Choice in Epictetus' Philosophy«, 385-412)
oder Nietzsches Verständnis des frühen Christentums (H. Cancik und H. Cancik-Lin
demaier. »The >Pre-Existent Form< [Präexistenz-Form] of Christianity«, 413-434).
Unter dem Obertitel »Jesus and the Kingdom« wirft J.D.G. Dunn die inter
essante rezeptionsgeschichtliche Frage auf: »How Would His Message Have
Been Heard?« (3-36) Als Antwort liefert Dunn zunächst eine Liste von 14
tus antithetisch auf, so dass dem Ende des Gesetzes der Anfang in Christus
entspreche, wie aus Kol 1,15-20 hervorgehe. Dass man den Ursprung des
Kol offenlassen und gleichzeitig dessen Inhalt für Paulus in Anspruch
nehmen kann (140-142), ist freilich ein exegetisches Kunststück, das der
Kernthese nicht zugute kommt. Tatsächlich ist das Gesetzesverständnis des
christlichen Paulus viel komplexer, als dass es sich auf Hookers schlichte
heilsgeschichtliche Formel bringen ließe. - In »The Impact of the Situational
Contexts for Paul's Use of Baptismal Traditions in His Letters« (147-175)
beschreibt D. Hellholm die pragmatische Funktion der vom Apostel in apolo
getischen Zusammenhängen verwendeten Taufformeln (Rom 6; 1 Kor 1;
Gal 3). Die anregende Studie mündet in eine behutsame Rekonstruktion der
ältesten christlichen Taufliturgie.
zum Verhältnis zwischen Joh und Qumran, der zu wohltuend zurückhaltenden Bewer
tungen gelangt (»Dualism in the Fourth Gospel and the Dead Sea Scrolls : A Reassess
ment of the Problem«, 281-303). - Von den Philo-Studien sei aus ntl. Perspektive
besonders auf die wortstatistischen Untersuchungen von K. Fuglseth hingewiesen
(»Common Words in the New Testament and Philo: Some Results from a Complete
Vocabulary Comparison«, 393-414).
mit dem Vollkommenheitsgedanken zu dem Resultat, dass es »die durch Jesus ermög
lichte vollkommene Erfüllung des Willens Gottes« ist, die die matthäische Gemeinde
»gegenüber der pharisäischen Variante jüdischen Lebens als die wahre Sachwalterin
des theologischen Erbes Israels auszeichnen soll« (152).
Wer sich einen Überblick über aktuelle Trends in der Erforschung speziell
des paulinischen Thoraverständnisses verschaffen will, wird mit dieser facet
tenreichen Sammlung bestens bedient. Aufgrund ihrer durchweg exquisiten
Qualität verdient sie das besondere Interesse der Fachwissenschaft und
sollte zu den Pflichtanschaffungen jeder Fachbibliothek gehören.
In »Resurrection in Q?« (85-97) zeigt N.T. Wright, dass die Quelle Q von
apokalyptischen Erwartungen geprägt sei (hierzu gehöre auch die Auferste
hung der Toten: Q 7,22). Die Frage, ob Q auch von Jesu eigener Auferste
hung spreche (92f.), sei vor diesem Hintergrund zu bejahen: Das »Jona-Zei
chen« (Q 11,29 f.) müsse in diesem Sinne interpretiert werden, da im folgen
den Logion 11,31 f. die Königin von Saba und die Leute von Ninive als Auf
erstandene erscheinen. Diese populäre allegorisierende Deutung von Q
11,29 f. im Sog von Mt 12,40 ist mit einiger Sicherheit verfehlt. Es geht hier
(wie in der Parallele Mk 8,11 f.) um die Abwehr von Schauwundern: Das
Zeichen des Jona ist seine Predigt - wie sich auch den zeitgenössischen
»Leben der Propheten« entnehmen lässt, wo dieses Zeichen explizit in Jonas
eschatologischer Predigt besteht.
M.D. Hooker geht in »Creative Conflict: The Torah and Christology« (117-136) der
Frage nach, inwieweit die christologische Deutung Jesu zum Disput zwischen Christen
und Juden über die Thora beigetragen hat, und veranschaulicht diese Problematik an
einschlägigen Texten der synoptischen Evangelien (mit einem Ausblick auf Joh). - Der
Form des Evangeliums widmet sich R.A. Burridge in »Gospel, Genre, Christological
Controversy and the Absence of Rabbinic Biography: Some Implications of the Bio
graphical Hypothesis« (137-156) und deutet sie vor dem Hintergrund des Fehlens
von Biographien rabbinischer Autoritäten als unmittelbaren Ausdruck christologi
schen Denkens: Die Zentralstellung Jesu, die der der Thora im Judentum entspreche
(s. W.D. Davies), habe literarische Anleihen an der griechischen Biographie erforder
lich gemacht.
Von den Paulus-Studien sind zu erwähnen E.E. Ellis'1 »Preformed Traditions and
Their Implications for Pauline Christology« (303-320), der u.a. zu den kühnen Resul
taten gelangt, dass die christliche Trinitätslehre bereits in vorpaulinischen Traditionen
wurzele und dass der jüdische »unitarian monotheism« wahrscheinlich »a development
in rabbinic Judaism, apparendy in reaction to Christianity« sei (319), sowie P. Borgens
kurze Studie »Openly Portrayed as Crucified: Some Observations on Gal 3:1-14«
(345-353). Borgen bezieht die in Gal 3,10.13 zitierten Verfluchungsworte Dtn 27,26;
21,23 auf die historische Verurteilung Jesu als Krimineller nach dem Gesetz, wodurch
deutlich werde, dass die, die ihn verurteilten, unter dem Fluch des Gesetzes standen.
Daher warne Paulus davor, sich auf die Seite des Gesetzes zu schlagen, sondern beim
Glauben zu bleiben, der außerhalb der fatalen »jurisdiction of the Law« stehe - ein
immerhin ansprechender Gedanke.
gen des Apostels (1 Thess 2,14ff.; Rom 11,25ff.) nicht als widersprüchlich zu bewer
ten: Sie spiegelten die Entdeckungen des Paulus bei seiner Suche nach »Gottes Fuß
spuren in seiner Geschichte mit Israel« (79) wider - also keinen Lernprozess des
Apostels, sondern »das von Anfang an überaus vielschichtige Israelproblem« (83). -
H. Frankemölle (»Die Tora Gottes für Israel, die Jünger Jesu und die Völker. Zu einem
Aspekt von Schrift und Tradition im Matthäusevangelium«, 85-118) findet auf die
Frage, ob »die Tora-Theologie des MtEv in Kontinuität zum Ersten Testament steht«
(87), eine bemerkenswert spitzfindige Antwort: »Nach dem mt Jesus haben die Jünger
nicht die Tora Israels zu übernehmen, sondern die Tora Jahwes« (100), rede doch Jesus
in der Bergpredigt nicht als neuer Mose, sondern »als Immanuel Gottes selbst« (98).
Ob Frankemölle mit seiner Unterscheidung zwischen den Begriffen »Tora Israels«
bzw. »Mose-Tora« (jüdisch) und »Tora Jahwes« bzw. »der Wille Gottes« (christlich), die
Mt selbst ganz fremd ist, den beabsichtigten Beitrag zum jüdisch-christlichen Dialog
leistet, möchte ich bezweifeln, zumal es abschließend richtig heißt: »Eine >neue Lehre<
verkündet Jesus Immanuel nicht.« (115) - »Das Gesetz im lukanischen Doppelwerk«
(119-133) entschärft H. Merkel-. Die widersprüchlichen Aussagen über die Dignität
des jüdischen Gesetzes in Lk/Apg seien durch die historische Darstellungsweise des
Verfassers bestimmt - die christliche Gegenwart des Lukas zeige »keine Spur von Ge
setzlichkeit« (129), die Hochschätzung des Gesetzes sei ohne soteriologische Bedeu
tung, sondern Reflex der »in der Alten Welt herrschendejn] Überzeugung, dass Treue
zu den von den Vätern ererbten Gesetzen und Bräuchen notwendig sei« (130). Das
lässt sich freilich nur behaupten, wenn man Bedeutung und Wirkungsgeschichte des
sog. Aposteldekrets, dessen Thora-Bestimmungen die Apg dreimal zitiert, herunter
spielt oder einen Satz wie Apg 21,20, wonach die in Jerusalem lebenden Myriaden von
Gläubigen als »Eiferer für das Gesetz« charakterisiert sind, ganz ignoriert.
Den von Luther hart gescholtenen Jak rehabilitiert K. Backhaus (»Condicio Jaco
baea. Jüdische Weisheitstradition und christliche Alltagsethik nach Jak 4,13-17«,
135-158) gründlichst: Die »christliche Originalität des Jak« liege »in der Stiftung eines
christlichen Sinnhorizonts, der die überkommene Ethik [nämlich u.a. der frühjüdi
schen Weisheit] stimuliert, disponiert, kritisiert und integriert« (156, bei Backhaus
kursiv). »Vom Kanonrand« rücke Jak so »in die >intertestamentarische< Mitte« und
werde »zu einem wichtigen Pfeiler der Brücke zwischen den beiden >Testamenten< und
damit auch zwischen den Religionen« (157).
Brief an die Galater? Essay über den literarischen Charakter des letzten
großen Paulusbriefes« (243-258) will F. Vouga den spektakulären Nachweis
führen, dass Gal in Wahrheit nicht an die Galater, sondern als sein »Testa
ment« an »die Kirche der paulinischen Mission insgesamt« und »an das >Ju
denchristentum< in Jerusalem adressiert« worden sei, um »die Wahrheit des
paulinischen Evangeliums« angesichts des vom Apostel befürchteten Kon
flikts in Jerusalem zu belegen (250). Dass die im Gal vorausgesetzte Kon
fliktsituation vielleicht nur »fiktiv« (250. 258) und der emotionale Ton, den
Paulus anschlägt, Bestandteile einer literarischen Stilisierung zum »Testa
ment« sein sollen, ist kaum nachvollziehbar - Vougas These, die, an Rom
durchgespielt, ein Körnchen Wahrheit hätte, ist wohl nur eine Grille.
E.G. Vntergaßmair (»Zur Problematik der lukanischen Passionsgeschichte.
Jesus vor Herodes«, 273-292) führt die Szene Lk 23,6-12 gewiss zu Recht
auf Redaktion des Evangelisten zurück. - G. Schneider behandelt sehr diffe
renziert »Tradition, Kontinuität und Sukzession in der Sicht der Apostelge
schichte« (293-313). Das klare Ergebnis - es gehe dem »Acta-Verfasser um
die ungebrochene Traditionslinie von Jesus her, nicht um >Ämterstrukturen«<
(307) — steht freilich in gewisser Spannung zur Schlussbemerkung, dass in
der Apg »der Gedanke der Amts-Sukzession impliziert« sei (312 f.). - Von
den übrigen exegetischen Beiträgen seien erwähnt die schöne traditionsge
schichtliche Untersuchung von M. Theobald (»Gezogen von Gottes Liebe
(Joh 6,44f). Betrachtungen zur Überlieferung eines johanneischen xHerren
worts<«, 315-341) und A. Sands Studie »Briefe als interpretierende Begleit
schreiben« (373-383) zur ekklesiologischen Funktion der Sendschreiben in
der J ohannes-Apokalypse.
Eine detaillierte Bibliographie des Jubilars (von E. Niediker, 469-478)
sowie Stellen- und Autorenregister runden die z.T. in einer irritierenden
Grauzone zwischen historisch-kritischer Arbeit und katholischer Dogmatik
angesiedelte Ernst-Festschrift ab.
Die optisch wie inhaltlich höchst solide Festschrift für Erich Grässer
bestreiten 26 deutschsprachige Autoren. Obwohl die Beiträge, wenig phanta
sievoll, nach dem Alphabet der Verfassernamen geordnet sind, lassen sich
thematische Schwerpunkte erkennen, die sich weithin mit den im »Vorwort«
der Herausgeber (V-VIII) beschriebenen Forschungsinteressen des Jubilars
decken: Eschatologie, Hebräerbrief, Hermeneutik (»Theologie der Schöp
fung«) sowie, als Spezifikum, Albert Schweitzer. Die Besprechung orientiert
sich an diesen vier Bereichen.
Den Reigen von Studien zur ntl. Eschatologie eröffnet J. Beckers »Endzeit
liche Völkermission und antiochenische Christologie« (1-21). Nach einer
Skizze aktueller Problemstellungen in der Erforschung des vorpaulinischen
Christentums rekonstruiert Becker Grundzüge des christologischen Den
kens der antiochenischen Gemeinde, die durch ihre Christusverkündigung
unter Nichtjuden die entscheidende Weichenstellung in der Entwicklung des
frühen Christentums vollzogen habe. - Die Eschatologie der Synoptiker
stößt auf breites Interesse: G. Klein (»Eschatologie und Schöpfung bei
Lukas«, 145-154) entdeckt in den Doxologien Lk 2,14 und 19,38 die Pfeiler
einer »kosmischen Liturgie«, die einen »das Evangelium überspannenden
Verweisungszusammenhang« (145 f.) konstituieren. Gegen »militante jüdi
sche Messianologie« lasse Lk einen »grandiosefn] Doppelchor von Engeln
und Menschen« antreten, der einen durch das Kommen des Erlösers ermög
Studien zum Hebr steuern H. Lohr, W. Schmithals und H. Schröer bei. Lohr unter
nimmt eine Verhältnisbestimmung von »Anthropologie und Eschatologie im Hebräer
brief« (169-199): »Das Nichtaufgehen im Vorfindlichen, die überweltliche Dimension
menschlicher Existenz, ihre Hoffnung und Verantwortlichkeit« bestimmten die »Ge
genwartssituation der Adressaten« im Schnittpunkt beider Kategorien (195). Schmithals
(321-342) identifiziert die Empfänger des Hebr als ehemalige Heiden und Gottes
fürchtige, die »Mitglieder der >judenchristlichen< Gemeinde« wurden, sich aber nun,
»des Schutzes der religio licita« beraubt, zur Synagoge zurückwandten. Hebr wolle des
halb »die bedrängten Christen zu erneuter Standhaftigkeit ermutigen« (242). Schröer
macht deutlich, welch erhebliches Potential Hebr für alle Felder kirchlichen Handelns
besitzt (»Die Exegese des Hebräerbriefs als Herausforderung für die Praktische Theo
logie«, 375-385).
Schweitzer, um dessen Erbe sich der Jubilar besonders verdient gemacht hat.
A. Bultmann-Lemke behandelt, vor allem mittels sprechender Zitate, »Albert
Schweitzers Ethik und die Menschenrechte« (47-51), C. Günter »Das »ele
mentare Denken* als Schnittpunkt von Philosophie und Religion bei Albert
Schweitzer« unter dem treffenden Obertitel »Denkende Frömmigkeit und
frommes Denken« (69-84). Von speziellem ntl. Interesse ist W. Zagers Bei
trag über Schweitzers Interpretation des Gal (427-448). Zager führt in die
Straßburger Gal-Vorlesung (Sommersemester 1906) des Gelehrten ein und
zeigt eindrucksvoll, dass Schweitzers exegetische Urteile (zur Lokalisierung
der galatischen Gemeinden, zum Verhältnis zwischen Gal 2 und Apg 15
sowie zur Mitte der paulinischen Theologie, die er als das »Sein-in-Christus«
bestimmt) nach wie vor Impulse für die Paulus- und Actaforschung geben
können.
Die solide Festgabe für den Gräzisten G.F. Hawthorne eröffnet eine
Einführung in das Lebenswerk des Jubilars von seinen Schülern A.M.
Donaldson und T.B. Sailors (1—8). Ihr schließen sich zwölf methodisch
und thematisch vielfältige Beiträge an, die den Bereichen »Greek and Exeg
esis«, »Gospels and Acts« sowie »Epistles« zugeordnet sind.
Von den drei Aufsätzen des ersten Teils verdienen zunächst DA. Aunes
»Lexical Glosses and Definitions of Öspaneucj« (11-21) Beachtung. Nach
Aunes Untersuchungen bezeichnet das Verb bei den Synoptikern und in der
Apg die spontane physische Wiederherstellung eines Kranken, und zwar - in
kritischer Korrektur der Arbeit von L. Wells (»The Greek Language of Hea
ling from Homer to New Testament Times«, 1998) - ohne jeden metaphori
sehen Nebensinn. Ebenso anregend ist D.L Penneys »Finding the Devil in the
Details: Onomastic Exegesis and the Naming of Evil in the World of the
New Testament« (37—52): Hier wird auf scharfsinnige Weise untersucht,
welche Termini für Böses aus welchen Gründen in der Zeit des Zweiten
Drei der vier Studien zu den ntl. Briefen sind dem vom Jubilar kommentierten Phil
gewidmet. S.E. Fowl (»Philippians 1:28b, One More Time«, 167-179) möchte in
diesem kontrovers interpretierten Vers das Wort anopsia nicht, wie üblich, auf die
Gegner der Christen, sondern auf diese selbst beziehen, so dass sich der pauünische
Satz martyrologisch deuten lasse. - G. W. Hansen untersucht die sozialen Beziehungen
der Christen in Philippi (»Transformation of Relationships«, 181-204), während F.S.
Thielman die Gründe zusammenstellt, die für Ephesus als Abfassungsort des Phil spre
chen (»Ephesus and the Literary Setting of Philippians«, 205-223). - Der letzte Bei
trag analysiert die Semantik des Wortes àïïEiQoccnoç in Jak 1,13 (P.H. Davids, 225-240)
- es verweise auf Gottes Freiheit gegenüber dem menschlichen Trachten nach Bösem.
Den soliden, von hohem Respekt gegenüber dem Jubilar geprägten Band
beschließen eine Bibliographie Hawthornes (241 -244) sowie Autoren- und
Stellenregister.
Ausgedehnt wie die wissenschaftlichen Interessen Antonius Hilhorsts
ist das Spektrum der ihm gewidmeten »Studies in Ancient Cultural Interac
tion«. Die 23 nach dem Alphabet der Verfassernamen angeordneten Beiträge
behandeln, nicht selten mit originellen Querverbindungen, jüdische und
christliche, biblische und nachbiblische, antike und mittelalterliche Texte; ein
(kaum überraschender) Schwerpunkt auf der apokryphen Literatur ist unver
kennbar.
Die Fülle des Gebotenen kann hier nur angedeutet werden: Sie reicht von traditi
onsgeschichtlichen Studien (7. C^aches^: »The Eagle on the Tree : A Homeric Motif in
Jewish and Christian Literature«, 87-99) über Arbeiten zu Qumran (u.a. F.G. Mar
tineç »Greek Loanwords in the Copper Scroll«, 119-145), zur Septuaginta (A. van der
Kooij: »The Interpretation of Metaphorical Language: A Characteristic of LXX-Isaiah«,
179-185), zum rabbinischen Schrifttum (G. Stemberger: »»Moses received Torah ...< (m.
Avot 1:1): Rabbinic Conceptions of Revelation«, 285-299) und zur nachbiblischen Li
teratur (u.a. MA. Knibb: »The Use of Scripture in 1 Enoch 17-19«, 165-178; G.P.
Luttikhuui^en : »The Critical Rewriting of Genesis in the Gnostic Apocryphon of John«,
187-200) bis zur Behandlung von Kirchenväter- und mittelalterlicher Literatur
(G.J.M. Bartelink-. Dlllitteratus in Early Christian and Medieval Texts: Church and Illi
teracy«, 1-12;/ Tromp: »Origen on the Assumption of Moses«, 323-240).
erklären sei dieser Befund am ehesten durch die Annahme einer unabhängi
gen Benutzung der ati. Weiheitsliteratur (insbesondere Prov 20,22; Gen
50,20), was Bolyki durch (eher vage) Beobachtungen zum Sitz im Leben der
Regel erhärten möchte. - ].]. Collins' Studie »Life after Death in Pseudo-Pho
cylides« (75-86) verdient verständlicherweise auch das Interesse der ntl.
Forschung. Collins untersucht erneut Anthropologie und Eschatologie dieser
hellenistisch-jüdischen Dichtung wohl des 1. Jh.s n.Chr. und gelangt zu dem
Resultat, dass der Verfasser volkstümliche Vorstellungen unterschiedlicher
Herkunft zu einem einigermaßen kohärenten Amalgam verschmelze: »After
death, the physical body returns to the earth, the soul goes to Hades, and the
spirit returns to the air, to God.« (85) Auf dieser Basis könne er sowohl den
Glauben an die Unsterblichkeit der Seele teilen (weil der Hades nicht das
Ende bedeutet) als auch die vorsichtige Hoffnung einer körperlichen Aufer
stehung aus der Erde, die ihm aus jüdischer Tradition bekannt sei.
E. Noorts vorzügliche Studie »BsOaßaga to toû àyîou ' Iioâvvou toû
Ba7iT!a|i.aioç. Remarks about Storied Places at the Jordan, John the Baptist
and the Madaba Mosaic Map« (221-241) verbindet archäologischen Spür
mit exegetischem Scharfsinn. Noort zeigt durch Auswertung der verfügba
ren Quellen, dass hinsichtlich der angenommenen Wirkungsstätte des Täu
fers seit dem 6. Jh. eine Verschiebung vom Ost- zum Westufer des Jordan
stattgefunden hat. Damit einhergegangen sei eine theologische Umakzentu
ierung der Person des Johannes — vom Elia redivivus zum göttlichen Instru
ment der Taufe Jesu.
and Jerusalem« (255-262) über die NT-Ausgabe von 1535. Die Autorin führt darin
den Nachweis, dass sich Erasmus in den Anmerkungen zu Gal 4,25, speziell zum
schwierigen Verb auatot^siv (= »[typologisch] entsprechen«), Auskünften des spani
schen Theologen Johannes Genesius Sepulvedas bedient hat, ohne seine Quelle offen
zulegen.
Mit rund tausend Seiten ist der edle Leinenband für Otfried Hofius der
mit Abstand voluminöseste, der in dieser Besprechung vorzustellen ist.
Solche Quantität - 32 Beiträge, die den vier Abteilungen »Erkenntnis und
Gewissheit«, »Diskussion um die Mitte«, »Exegetische Perspektiven« und
»Wirkungen des Evangeliums« zugeordnet sind - macht es dem Rezensenten
Anfang an bestanden hat, wie u.a. die Gleichsetzung des (Horeb-)Felsens mit
dem präexistenten Christus in 1 Kor 10,2-4 belege (499). Der Präexistenz
gedanke gehe als »Folge der Auferstehungserscheinungen« auf das älteste
Christentum zurück, da die Identifikation Christi mit dem Kyrios des AT bei
Paulus und seinen Gemeinden »ohne weitere Begründung [...] längst voraus
gesetzt wird« (517). Hengeis generalisierende Schlussfolgerung: »Die Vor
stellung einer bloßen adoptianischen Christologie war schon in der Urge
meinde vor Paulus kaum mehr möglich« (ebd.), erscheint mir angesichts der
sehr unterschiedlichen Textbefunde in der frühchristlichen Literatur überzo
Die Mt-Studien von H.-J. Eckstein (»Die Weisung Jesu Christi und die Tora
des Mose nach dem Matthäusevangelium«, 379-403) und D. Scbellong
(»Christus fidus interpres Legis. Zur Auslegung von Mt 5,17-20«, 659-687)
gelangen zu ähnlichen Resultaten. Bei Eckstein überragt Christus als Offen
barer des götdichen Willens jede Thora, so dass in der matthäischen Ge
meinde »entscheidende [...] Teile der schriftlichen Tora« für ungültig erklärt
werden können (400). Enger am Text von Mt 5,17-20 bleibt Schellong, der
die »geringsten Gebote« (Mt 5,19) auf die ethischen Weisungen zugunsten
der Gering-Geachteten beziehen möchte (675 f.) und auf diesem bedenkli
chen Weg zum Fazit gelangt, dass »die Zeremonialgebote in der Bergpredigt
nicht vorkommen« (683). - Unter dem Titel »Der Gehorsam des Gottessoh
nes« behandelt T. Söding fast monographisch die »Christologie der matthä
ischen Versuchungserzählung (4,1-11)« (711-750), die, exemplarisch für
das gesamte Mt, im Nebeneinander von Hoheit und Niedrigkeit sowie »es
sentieller« Gottes- und Menschenzugehörigkeit Jesu bestehe.
Als Nachtrag zur letzten Sammelbesprechung ist die bereits 1988 erschie
nene Festschrift für den US-amerikanischen Gelehrten Howard C. Kee an
Aus der nd. Fachdiskussion nicht mehr wegzudenken sind u.a. die Beiträge von 5.
Freyne (»Bandits in Galilee«, 50-68), der sich hinsichtlich eines sozial-revolutionär ge
summten Bevölkerungspotentials im Galiläa des 1. Jh.s n.Chr. sehr zurückhaltend
äußert, von S. Saldarini zu dem von Mk entworfenen Pharisäerbild (69-77: »a politi
cal-interest group that is out of power«, 74) oder von G. Uidemann, der eine Kostpro
be seines viel beachteten Acta-Kommentars vorlegt (109-125). - Aus dem Paulus-Teil
des Bandes seien erwähnt: R. JewettsThese, dass Paulus Lebensunterhalt und Reisekos
ten durch Zuwendungen seiner Patronin Phoebe (Rom 16,1 f.) bestreiten konnte
(142-161),/.P. Sampleys Studie über die von Paulus im Dienste des Evangeliums in 2
Kor 10-13 eingesetzten rhetorischen Mittel (162-177) sowie H. Räisänens Analyse
der geradezu verzweifelten Argumentationsgänge des Apostels in Rom 9-11
(178-206). - Aus dem abschließenden Teil seien herausgegriffen J. Riches' Vorschlag
zu einer Neubestimmung der Semantik von Jesu Gleichnissen (235-263: »Jesus at
tempted to express what the coming kingdom would be like, what kind of society it
would involve, and how such developments were consistent with God's nature and
actions as so far as revealed to Jews«, 236), f.D.G. Dunns gründliche Studie über »Pha
risees, Sinners, and Jesus« (264-289) sowie H. Andersons Untersuchung zu den unter
schiedlichen Akzenten, die die vier Evangelisten bei ihrer Begründung der Autorität
Jesu setzen (290-310).
Gesetz über sich selbst hinaus verweist, indem es auf die Anerkennung
Christi ziele (185). Wehr (»>Nahe ist dir das Wort<«, 192-206) analysiert die
paulinische Interpretation ad. Texte am Beispiel Rom 10,5-10 vor dem Hin
tergrund der Schriftexgese des hellenistischen Judentums und illustriert so
den, aus heutiger Perspektive, durchaus problematischen Umgang des Apos
tels mit dem biblischen Text. - Zu erwähnen bleibt schließlich R. Dillmanns
gründliche pragmatische Studie »Seine Briefe sind schwer und stark (vgl. 2
Kor 10,10)« (111-131) zur Funktion der Präskripte von Gal und Rom.
Der Band hinterlässt einen zwiespältigen Gesamteindruck - die umfassen
de posthume Auseinandersetzung mit der Person und dem Werk eines Ge
lehrten hat gewiss jedes wissenschaftsgeschichtliche Recht auf ihrer Seite,
doch treten diese Bemühungen in Gefahr, auch längst Obsoletem eine Auf
merksamkeit zu zollen, die sachlich schwer zu rechtfertigen ist. Ob der Ge
ehrte, nach dem hier von ihm entworfenen Bild, von der Festgabe entzückt
gewesen wäre? Der Rezensent möchte es bezweifeln und wünschen, dass
diese Spielart der Gattung eine rare Einzelerscheinung bleibt.
Ein gelungenes Beispiel für die Gattung der thematischen Festschrift ist
der Karl Löning gewidmete Band »Die Weisheit — Ursprünge und Rezep
tion«. Der Bogen der darin versammelten (mit Ausnahme von S. Emmel)
deutschsprachigen Beiträge dreier Autorinnen und elfer Autoren spannt sich
von M. Küchlers einleitendem, die Testamente übergreifenden Essay zur
»Weisheit der Paradiese« (5-15), über Beiträge zur ad. und nach-atl. Weisheit
- hervorzuheben sind hier E. Sevenich-Bax' Untersuchung zur »Schule in
Israel als Sitz der Weisheit« (59-77) und die von M. Ebner angesichts der
konkurrierenden Konzepte in äthHen und Sir aufgeworfene Frage »Wo
findet die Weisheit ihren Ort?« (79-103) - hin zu ntl. Detailstudien, die den
Schwerpunkt des Bandes ausmachen. Zwei Arbeiten zum frühen Christen
tum (B. Aland zur Weisheit bei Irenaus von Lyon und S. Emmel zum Nag
Hammadi-Traktat »Die Interpretation der Gnosis«) sowie die lesenswerte re
ligionspädagogische Studie »Weitergabe lebensrelevanten Wissens - aber
wie?« von/. Bickmann (277-296) schließen den thematischen Bogen.
M. Fassnacht (»Konfrontation mit der Weisheit Jesu«, 105-124) behandelt
die Weisheitsthematik frappierenderweise anhand des markinischen Wunder
zyklus 5,21 -43. Vor dem Hintergrund von Mk 6,2 entwickelt Fassnacht die
These, dass hier »die Sinnlinie >Krankheit/Tod< >Rettung/Leben«<
eng mit den weisheitlichen »Sinnlinien >Wissen< <-> >Nicht-wissen< und
>Macht< verknüpft« sei (110f.). Als Pointe ergibt sich: »Die Weisheit der an
Blutfluss leidenden Frau besteht darin, dass sie ihr Wissen zu einer rettenden
Begegnung mit dem Weisheitslehrer Jesus nutzt« (122, unter Hinweis auf den