Die Integration Evidenzbasierter Multidisziplinärer Behandlungskomponenten Orofazialer Dysfunktionen in Die Logopädische Therapie Myofunktioneller Störungen
Die Integration Evidenzbasierter Multidisziplinärer Behandlungskomponenten Orofazialer Dysfunktionen in Die Logopädische Therapie Myofunktioneller Störungen
Masterarbeit
Vorgelegt von:
Karin Spiegl
Personenkennzeichen:
1830037020
Erstbetreuer:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Walch
Gutachterin:
Katharina Schreiber
Eingereicht am:
14.08.2020
Kurzfassung
Im Hintergrund dieser Arbeit steht der Wunsch, alle beteiligten Disziplinen im Hinblick auf
die Sinnhaftigkeit einer fächerübergreifenden Herangehensweise zur Behandlung des
Störungsbildes OFD zu sensibilisieren. Des Weiteren sollte auf die Bedeutung einer
salutogenetisch orientierten Denk- und Handlungsweise aufmerksam gemacht werden. Die
Arbeit zielt im Wesentlichen darauf ab, ein ganzheitliches Verständnis für den Umgang mit
dem Störungskomplex OFD zu fördern.
Die methodische Vorgehensweise bei der Verfassung dieser Arbeit gestaltete sich in Form
einer Sichtung relevanter Informationen aus einschlägigen Portalen und Datenbanken,
einer Studienselektion mit der Extraktion und Synthese wesentlicher Aspekte und eine
Darstellung der Ergebnisse in Form einer tabellarischen Übersicht.
Die forschungsleitenden Kernfragen der Arbeit konnten durch die Ergebnisse aus meiner
Recherchetätigkeit größtenteils beantwortet und verifiziert werden. Sowohl die Existenz, als
auch die Wirksamkeit symptomorientierter multidisziplinärer Behandlungskomponenten der
OFD wurden bestätigt und nachgewiesen. Die Möglichkeit einer Integration alternativer
Therapiemethoden in die logopädische Behandlung der OFD besteht, ist jedoch an die
Bereitschaft der Behandelnden zur Implementierung ganzheitlicher Verfahren gebunden.
I
Abstract
This thesis deals with the possibilities of integrating symptom-oriented approaches to the
treatment of orofacial dysfunctions (OFD) from different medical specialties into the
logopedic therapy of myofunctional disorders. The questions will be examined as to which
extend multidisciplinary therapy methods already exist, whether they have scientific
evidence and how it would be possible to integrate existing approaches in the practical work
of speech therapists. This paper also includes a section that deals more closely with the
topic of prevention and salutogenesis and shows multidisciplinary intervention options that
can prevent the development of orofacial dysfunctions in a prophylactic manner. One basic
objective of this work is to sensitize all involved disciplines with regard to the
meaningfulness of an interdisciplinary approach to the treatment of OFD.
The knowledge-driven core questions of the work were largely answered and verified by the
results of my research work. Both the existence and the effectiveness of symptom-oriented
multidisciplinary treatment components of OFD have been confirmed and proven. The
possibility of integrating alternative therapy methods into the logopedic treatment of the
OFD exists, however, is dependent on the willingness of the practitioner to implement
holistic procedures.
II
Abkürzungsverzeichnis
AT Autogenes Training
CS Chronische Sinusitis
EEG Elektroenzephalografie
EMG Elektromyografie
NAF Nasenluftstrom
OVA Ovalbumin
III
TQ Thymocinon
ZRL Zungenruhelage
IV
Inhaltsverzeichnis
KURZFASSUNG ...................................................................................................I
ABSTRACT ....................................................................................................... II
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ..............................................................................III
INHALTSVERZEICHNIS ........................................................................................ V
1. EINLEITUNG ............................................................................................... 8
V
4.3 MULTIDISZIPLINÄRE UND/ODER KOMPLEMENTÄRMEDIZINISCHE INTERVENTION ....................66
4.3.1 Vermeidung eingeschränkter Nasenatmung ................................................66
4.3.2 Frühzeitige Beobachtung und Behandlung von Dysgnathien ............................67
4.3.3 Motorische & sensorische Fähigkeiten, Muskeltonus und Körperhaltung..............68
5. METHODE ................................................................................................ 70
6. ERGEBNISSE ............................................................................................ 74
8. LITERATURVERZEICHNIS ............................................................................ 84
9. ABBILDUNGSVERZEICHNIS ......................................................................... 90
VI
1. Einleitung
Die Orofaziale Dysfunktion (im Folgenden auch OFD) stellt gegenwärtig ein
behandlungsbedürftiges ganzkörperliches Störungsbild dar, von dem immer mehr
Menschen jeder Altersgruppe betroffen zu sein scheinen, wie auch aus meiner
therapeutischen Arbeit als Logopädin an der Anzahl an Zuweisungen mit dieser Diagnose
deutlich ersichtlich ist.
Obwohl das Störungsbild mittlerweile multidisziplinär größtenteils bekannt ist, gibt es viele
unzureichend oder nicht behandelte Patientinnen und Patienten, die als Konsequenz
dessen spätestens im höheren Lebensalter die Auswirkungen dieses Symptomkomplexes
erfahren und sich durch den stärker werdenden Leidensdruck aus eigenem Antrieb in eine
Behandlung begeben wollen.
Die Ursachen Orofazialer Dysfunktionen sind multifaktoriell, genauso wie die Zugänge zur
therapeutischen Behandlung der OFD mannigfaltig sind, abhängig von der Anamnese, der
Ausprägung der jeweiligen Symptome und der aktiven Mitarbeit der Betroffenen. In meiner
langjährigen Therapiepraxis habe ich die Erfahrung gemacht, dass es zumeist nicht
ausreicht, dieses vielschichtige symptomatologische Erscheinungsbild der OFD mit einer
einzigen Therapieform zu behandeln und so eine multidisziplinäre Zusammenarbeit
unabdingbar ist, um sowohl für die Behandelnden, als auch für die Patientinnen und
Patienten ein befriedigendes Ergebnis erzielen zu können.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde man sich des Zusammenhanges zwischen
fehlerhaften orofazialen Funktionsabläufen und kieferorthopädischen
Behandlungsproblemen bewusst und die Kieferorthopädinnen und Kieferorthopäden
begannen, sich mit dieser Thematik genauer zu beschäftigen. Während anfänglich alle
Funktionsabläufe im orofazialen Bereich als isolierte und voneinander unabhängige
Geschehnisse betrachtet wurden, wurde das stomatognathe System in den letzten
Jahrzehnten zunehmend als funktionell zusammenhängende Einheit erkannt, dessen
Funktionsabläufe eine wichtige formgebende Wirkung aufweisen (vgl. Bigenzahn et al. in
Springer & Schrey-Dern, 2003, S.1).
Die Einheit von fließenden Funktions- und Bewegungsabläufen der orofazialen Muskulatur
steht wiederum in Abhängigkeit zu weiteren unabdingbaren physischen und psychischen
Faktoren, wie beispielsweise zu einer physiologischen Körperhaltung, einem gesunden
Bewegungsapparat oder einer ausgewogenen Ernährungsweise (vgl. Meilinger, 1999, S.
16).
Unter den Behandelnden der OFD entwickelt sich langsam das Bewusstsein, dass die
Wechselwirkungen dieser vielen Faktoren eine multidisziplinäre Herangehensweise in der
8
Therapie erfordern und eine einseitige, isolierte Behandlungsmethode in den meisten
Fällen zu keinen befriedigenden Ergebnissen führt.
1.1 Problemstellung
Bei der Recherche zum Themenbereich „Behandlung Orofazialer Dysfunktionen“, kommen
zahlreiche verschiedene Behandlungsansätze zutage, die symptomorientierte Maßnahmen
beinhalten, jedoch keine symptomübergreifenden und ganzheitlich ausgerichteten
Therapieformen integrieren. Dieser Zugang bewirkt in den meisten Fällen zwar eine
vorübergehende Linderung einzeln auftretender Symptome des Krankheitsbildes, führt
aber nicht zu einem dauerhaften Behandlungserfolg.
Wie von Anita Kittel beschrieben, dürfen sekundäre Faktoren, die die Primärfunktionen im
orofazialen Bereich beeinflussen, nicht außer Acht gelassen werden, um Therapieerfolge
erzielen zu können (2014, S.11).
Auch aus meiner logopädischen Praxis kann ich berichten, dass die erfolgreiche
Behandlung der OFD einer sehr komplexen und differenzierten Herangehensweise bedarf
und daher unter vielen Kolleginnen und Kollegen ein unbeliebtes Therapiefeld darstellt und
die Therapie Myofunktioneller Störungen (im Folgenden auch MFS) oft als „Stiefkind“ der
Logopädie bezeichnet wird (vgl. Ruben & Wittich, 2014, S. 28). Um dieser Problematik
entgegenzuwirken, ist es mir ein Anliegen, in der logopädischen Therapie der OFD eine
Vorgehensweise zu entwickeln, die eine Implementierung sekundärer
Behandlungsmethoden in die primäre logopädische Intervention beinhaltet. Dazu bedarf es
der Überlegung, welches profunde multidisziplinäre Wissen über die Entstehung und
Behandlung Orofazialer Dysfunktionen bereits existiert und wie man es praxisorientiert und
rechtlich gedeckt in die logopädische Therapie einbauen kann, ohne dabei
kompetenzüberschreitend vorzugehen.
Des Weiteren möchte ich das Augenmerk auf die Thematik der Prävention richten, um
Maßnahmen zu erkennen, die dabei hilfreich wären, der Entstehung Orofazialer
Dysfunktionen entgegenzuwirken bzw. den Grad der Ausprägung einzelner Symptome
vorab zu senken. Diese Überlegung entsteht aus der Tatsache, dass das Störungsbild OFD
zwar unter behandelnden Kolleginnen und Kollegen verschiedener Ärzte- und
Therapeutengruppen bekannt ist, die Patientinnen und Patienten aber mit dieser Diagnose
zumeist ad hoc nichts anfangen können.
Die Verantwortung für die eigene Gesundheit ist nicht ausschließlich in die Hände der
Behandelnden zu legen, sondern beginnt bei jedem selbst. „Gesundheit ist die erste Pflicht
im Leben“, schrieb Oscar Wilde 1895 (zitiert nach Schlegel-Matthies, 2015, S.18). Die
Aufklärung der Patientinnen und Patienten über die Prävention, die Erhaltung und die
9
Wiedererlangung ihres eigenen Gesundheitszustandes sollte deshalb ein wesentlicher
Bestandteil jeder therapeutischen Tätigkeit sein.
Der Medizinsoziologe und Stressforscher Aaron Antonovsky sah mit seinem Salutogenese-
Modell die Überwindung der Zweiteilung von Krankheit und Gesundheit. Das bedeutet, dass
jeder Mensch gleichzeitig krank und gesund ist und somit als „Schwimmer im Fluss des
Lebens“ bezeichnet werden kann (zitiert nach Zentrum für Salutogenese, 2018). Basierend
auf dieser Aussage ist jeder Mensch ständig damit beschäftigt, seine Gesundheit selbst
herzustellen und zu erhalten und trägt somit einen wesentlichen Teil zu seinem eigenen
Wohlergehen bei. Das Modell der Salutogenese, das im Kontrast zur Pathogenese das
Thema der Entstehung und der Erhaltung der Gesundheit bearbeitet, wird in den letzten
Jahren nicht nur als ein zentraler Faktor der Komplementärmedizin betrachtet, sondern
mittlerweile auch als essentieller Bestandteil der Schulmedizin anerkannt. Den
Behandelnden und Betroffenen wird die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit der
eigenen Gesundheit nach und nach bewusst. Gleichzeitig gewinnt der Begriff der
Selbstwirksamkeit im Gesundheitswesen kontinuierlich an Aufmerksamkeit.
Der Terminus „Selbstwirksamkeit“ wurde von Albert Bandura, einem „Professor of Social
Science in Psychology“ an der Stanford University in den 1970er Jahren gegründet und
dessen Bedeutung wurde seitdem oftmalig diskutiert. Interpretiert man diesen Begriff heute
alltagssprachlich, bezeichnet er die Fähigkeit des Menschen, seine Motivation durch
eigeninitiatives Handeln in die Tat umzusetzen, um seine Ziele zu erreichen (vgl. Fuchs,
2005, S. 17). Anknüpfend an diese Interpretation ist es auch mir ein Anliegen, die betroffene
Zielgruppe aufzuklären, um selbstwirksames Handeln der Patientinnen und Patienten zu
aktivieren und der Entstehung einer OFD entgegenzuwirken.
10
Behandlung der Patientinnen und Patienten von Nutzen sein. Die Behandlungsmethoden
richten sich zumeist nach der Hauptsymptomatik der Betroffenen und die Zuweisungen
erfolgen in Abhängigkeit von den akut bestehenden Beschwerden der Patientinnen und
Patienten. Eine einseitige und rein symptomorientierte Behandlung, die die Genesis einer
Erkrankung mit ihren ursächlichen Zusammenhängen nicht hinterfragt, kann meiner
Meinung nach nicht das Ziel einer bestmöglichen Behandlung für dieses Störungsbild
darstellen. Deshalb wäre eine multidisziplinäre Herangehensweise ein für das Erlangen
eines Therapieerfolges unerlässlicher Schritt im Rahmen der Behandlung einer OFD, wie
unter anderem als eine Schlussfolgerung beim Symposium des Arbeitskreises für
Myofunktionelle Therapie in Wien festgestellt wurde:
„Störungen im orofazialen Bereich sind immer ganzheitlich, das heißt von mehreren
Fachaspekten her zu begreifen, zu diagnostizieren und zu behandeln“ (Hahn in Hahn et al.,
1995, S. 6).
1.1.2 Bewusstseinsbildung
„Wer nichts weiß, muss alles glauben“, äußerte Marie von Ebner-Eschenbach schon im 19.
Jahrhundert. Hinterfragt man bewusst das Vorwissen seiner Patientinnen und Patienten,
gelangt man rasch zu der Erkenntnis, dass trotz Informationsfülle im Internet und anderer
frei zugänglicher Informationsquellen nur sehr wenig an Fachwissen über die spezifische
Erkrankung der OFD an die breite Öffentlichkeit gelangt. „Hätte ich das nur schon früher
gewusst“, argumentieren meine Klientinnen und Klienten, „dann hätte ich ganz anders
gehandelt!“. Diese Aussage begleitet mich nun seit Jahren in meiner Therapiepraxis und
lässt mich letztendlich zur Überzeugung kommen, dass im Bereich der Aufklärung und
Information über die Diagnose OFD noch einiges an Arbeit geleistet werden muss, um eine
langfristige präventive Wirksamkeit erzielen zu können. Auf die Frage der Zuständigkeit
ergibt sich aufgrund der zahlreich am Störungsbild OFD Behandelnden wiederum nur eine
sinnvolle Antwort, nämlich die der Zusammenarbeit aller beteiligten Disziplinen.
Obwohl in erster Linie Logopädinnen und Logopäden als kompetente Ansprechpartner bei
der Vorbeugung und Behandlung von Parafunktionen des orofazialen Systems gesehen
werden, muss die Prävention doch ein multidisziplinäres Anliegen sein, betonte auch
Furtenbach (vgl. Furtenbach et al., 2013, S. 218).
11
Niedersachsen, die einen Plan vorgibt, wie die Intervention und die multidisziplinäre
Zusammenarbeit dieser Berufsgruppen zu erfolgen hat (vgl. Ruben & Wittich, 2014, S. 28).
Obwohl diese Maßnahme meiner Ansicht nach schon ein Schritt in die richtige Richtung ist,
sehe ich darin noch großes Entwicklungspotential, da dieser vorgegebene Ablaufplan
wiederum ausschließlich drei Gruppen von behandelnden Expertinnen und Experten
einschließt und alle anderen möglicherweise für einen Behandlungserfolg maßgeblich
beteiligten Disziplinen wie z.B. die Osteopathie, Physiotherapie oder Ergotherapie dabei
völlig unberücksichtigt bleiben.
Die Komplexität des Störungsbildes OFD mit seinem theoretischen Wissen zu erkennen
und die Bereitschaft hervorzubringen, multidisziplinär zu handeln wären wesentliche
Bausteine für eine patientenorientierte Vorgehensweise mit einer realistischen Aussicht auf
einen für alle Beteiligten positiven Therapieerfolg. Die Orientierung zur Kooperation
inkludiert auch das Eingeständnis des Behandelnden an sich selbst, dass die eigene
Therapiemethode gegebenenfalls nicht ausreichen könnte bzw. nicht der Hauptweg in die
Richtung der Problemlösung sein könnte. Gefühle wie Stolz, Unfehlbarkeit und
vermeintliche Vollkommenheit der Therapeutin bzw. des Therapeuten stehen einem guten
Behandlungserfolg im Wege, da sie die Patientin oder den Patienten zumeist in ein
Abhängigkeitsverhältnis zu den Erstbehandelnden bringen. Der Begriff der Adhärenz sollte
bei der Therapieplanung immer mitberücksichtigt werden, da er die ausgeglichenen
Interaktionsbeziehungen zwischen Therapeutin und Klientin bzw. zwischen Therapeut und
Klient im gesamten Behandlungsprozess umfasst und im Gegensatz zum Begriff der
Compliance die stärkere Partizipation der Patientin oder des Patienten an deren oder
dessen Genesungsverlauf beinhaltet (vgl. Franz, 2019).
12
Welche salutogenetisch orientierten Aufklärungs- und Präventionsansätze existieren
bereits und wie können sie in die logopädische Therapie integriert werden?
Besteht eine Möglichkeit zur multidisziplinären Kooperation bei der Behandlung der
OFD?
Das primäre Ziel meiner Arbeit ist es, eine Darstellung über die komplex vorhandene
Ursachen- und Symptomvielfalt der OFD zu verfertigen und einen Überblick über
vorhandene, aktuelle, evidenzbasierte Behandlungskomponenten zu schaffen, sowohl für
meine eigene Berufsgruppe, als auch multidisziplinär gedacht. Die Wirkungsweise der
bereits existierenden Behandlungskomponenten sollte dabei genauer beschrieben werden
und auf die Therapie einzelner Symptome eingegangen werden, sofern
therapieübergreifende Behandlungsmethoden des gesamten Symptomkomplexes in
meinen Recherchen nicht auffindbar oder klinisch irrelevant sind. Dabei sollte der „Ist-
Stand“ der aktuell angewandten Methoden der das Störungsbild OFD behandelnden
Fachgruppen erhoben werden und die klinisch relevanten Therapieverfahren genauer
beschrieben werden. Meine Absicht ist es, eine Übersicht an für die logopädische Therapie
relevanten Behandlungszugängen zu erstellen, die sowohl herkömmliche
schulmedizinische Therapieformen als auch komplementärmedizinische Ansätze wie z.B.
aus der Osteopathie oder Homöopathie beinhaltet. Komplementärmedizinische Ansätze
wurden bisher in der Therapie von OFD meiner Wahrnehmung nach fast völlig außer Acht
gelassen, obwohl sie meiner Meinung nach einen maßgeblichen Beitrag zur Behandlung
dieses Störungsbildes leisten. Mit dieser Problemstellung möchte ich mich unter anderem
in meiner Arbeit auseinandersetzen und einen Lösungsweg dafür finden, wie man als
Logopädin oder Logopäde einen ganzheitlich orientierten Behandlungsansatz in die
herkömmliche logopädische Therapie Orofazialer Dysfunktionen sinnvoll einbauen kann.
Des Weiteren möchte ich besonders für meine eigene Berufsgruppe ein Bewusstsein dafür
schaffen, dass nicht nur ein einzig möglicher Therapieweg in der Behandlung einer OFD
existiert, sondern komplementärmedizinische Verfahren zumindest eine hilfreiche
Ergänzung darstellen und somit die Therapiefortschritte beschleunigen können.
Einen weiteren Schwerpunkt bei der Zielsetzung meiner Arbeit möchte ich auf das Thema
Prävention und Salutogenese legen, da sich der Fokus des Behandlungsprozesses der
OFD meist ausschließlich auf den therapeutischen Teil beschränkt, auf die präventiven
Maßnahmen und die kausalen Zusammenhänge jedoch kaum genauer Bezug genommen
wird. Salutogenetisch orientierte Aufklärungs-, Präventions- und
Behandlungsmöglichkeiten sollten dabei detailliert betrachtet werden und als wichtige
Hauptbestandteile in die logopädische Therapie der MFS einfließen. Der Stellenwert der
Aufklärungsarbeit im Hinblick auf die Vermeidbarkeit des Auftretens einer OFD sollte im
13
Rahmen meiner Masterarbeit verstärkt in den Fokus der Behandlung gelangen, da es sich
hierbei um ein Störungsbild handelt, dessen Ausmaß und Verlauf durch die frühe
Intervention der Betroffenen selbst maßgeblich positiv beeinflusst werden kann. Die Rolle
der Eigenverantwortlichkeit der Patientinnen und Patienten sollte dabei als ein
entscheidender Faktor für den Krankheitsverlauf herausgearbeitet werden.
Ein besonderes Augenmerk möchte ich in dieser Problematik wie bereits erwähnt auf die
Gewichtung einer salutogenetisch ausgerichteten Denkweise legen, sowohl die
Behandelnden, als auch die Patientinnen und Patienten betreffend, da der Schwerpunkt in
der Behandlung von Krankheiten meist pathogenetisch, also krankheitsorientiert
ausgerichtet ist und auf die vorhandenen Ressourcen der Betroffenen oftmals nur wenig
Rücksicht genommen wird.
14
Im Kapitel 3 beschäftige ich mich mit den aktuellen logopädischen und multidisziplinären
bzw. komplementärmedizinischen Behandlungsmethoden der OFD und gehe anhand von
Studien, die durch meine Recherche zutage kamen, näher auf den gegenwärtigen
Forschungstand zum Thema Behandlung der OFD ein. Die angeführten
komplementärmedizinischen Therapieformen werden vorab allgemein vorgestellt und
deren Anwendungsbereiche (auch in Bezug auf die Behandlungsmöglichkeiten der OFD)
anschließend ausführlich beschrieben.
Das Kapitel 4 ist der Thematik Prävention und Salutogenese gewidmet. Zunächst geht es
um die Begriffsherkunft und deren Bedeutung in der Medizin. Im Anschluss werden
gegenwärtig angewandte logopädische und multidisziplinäre bzw.
komplementärmedizinische Interventionsmöglichkeiten vorgestellt, die zur
Krankheitsvermeidung der OFD einen wesentlichen Beitrag leisten können. Studienbelege,
die für die Darstellung präventiver Maßnahmen eine Relevanz aufweisen, werden dabei
berücksichtigt und im Einzelnen angeführt.
Im fünften Kapitel wird die Vorgehensweise bei meiner Recherchetätigkeit erklärt und die
methodischen Aspekte aller wesentlichen Schritte beschrieben, die im Zuge meiner
Forschungsarbeit verwertbare Ergebnisse erbracht haben.
Eine Zusammenfassung der wesentlichen Outcomes meiner Arbeit findet sich in Kapitel 6.
Diese gestaltet sich zum Teil in Form einer Tabelle, die den Leserinnen und Lesern einen
Überblick über die gefundenen Studien und deren Evidenz verschaffen soll. Weiters werden
jene Resultate präsentiert, die aus den recherchierten Quellen zur Beantwortung meiner in
der Einleitung genannten Fragestellungen hervorgegangen sind.
15
2. Theorie und Hintergrund
Bigenzahn beschreibt das orofaziale System wie folgt: „Generell umfasst das orofaziale
System die anatomischen Strukturen des Ansatzrohres. Im Speziellen lässt sich die
orofaziale Muskulatur nach ihrer Funktion in die mimische Muskulatur, die Kaumuskulatur
und die dem Schluckakt dienenden Muskeln unterteilen“ (Bigenzahn in Friedrich et al.,
2000, S. 153).
2.1.1 Ansatzrohr
Unter dem Begriff Ansatzrohr oder auch Vokaltrakt genannt, sind alle lufthaltigen
räumlichen Strukturen oberhalb der Glottis (stimmbildendes Organ) gemeint, die der Klang-
und Lautbildung dienen (vgl. Friedrich in Friedrich et al., 2000, S. 39).
16
2.1.2 Orofaziale Muskulatur
Die drei bereits nach Bigenzahn zitierten Hauptbestandteile der orofazialen Muskulatur
lassen sich in weitere Muskeluntergruppen aufgliedern:
17
Abbildung 3: Schädelseitenansicht mit Kaumuskeln (Quelle: ebd., S. 9)
Bigenzahn bezeichnet die dritte Hauptmuskelgruppe der orofazialen Muskulatur als die dem
Schluckakt dienende Muskelgruppe. Ich würde diesen Begriff nicht verwenden, da am
gesamten Schluckakt noch viele weitere Muskeln beteiligt sind. Diese Muskelgruppe, die
dem Schluckakt dient, bildet den inneren Funktionskreis der orofazialen Muskulatur, aus
diesem Grund würde ich eher den Begriff innere orofaziale Muskulatur verwenden. Sie
besteht aus Zunge, Mundbodenmuskulatur und Gaumensegelmuskulatur (vgl. Bigenzahn
in Friedrich et. al., 2000, S. 153-154).
Neben den vielen Funktionen der Zunge, wie z.B. der des Schluckens, des Schmeckens
oder des Artikulierens ist eine ihrer wichtigsten Funktionen ihre Ruheposition. Da ich in den
nächsten Kapiteln noch des Öfteren auf die Wichtigkeit einer korrekten Zungenruhelage
eingehen werde, möchte ich diesen Begriff kurz näher erläutern.
In der Ruhelage der Zunge bildet das erste Drittel ihres sichtbaren Anteils leichten
Kontakt mit dem Alveolarrand des harten Gaumens. Der Zungendruck richtet sich
gegen den harten Gaumen und formt dadurch bereits ab dem ersten Lebensjahr
18
des Kindes den Gaumen flach und breit, um ausreichend Platz für die Zähne zu
schaffen. Die Zungenspitze berührt die Innenseite der Schneidezähne nicht, übt
aber trotzdem leichten Druck nach vorne aus, der jedoch vom Gegendruck der
Lippen nach hinten wieder ausgeglichen wird. Dadurch bleiben die Zähne in einer
geraden Position. Die Lippen sind in der ZRL geschlossen, dadurch entsteht im
Mundraum ein Unterdruck, der ein Verweilen der Zunge am Gaumen erleichtert.
Damit ein permanenter Mundschluss möglich ist, muss eine freie Nasenatmung
gewährleistet sein. Die periorale Muskulatur und besonders der Kinnmuskel (M.
mentalis) sollen bei einem physiologischen Mundschluss in einem
Ruhetonuszustand sein. Die Zahnreihen berühren sich in einer physiologischen
Zungenruheposition nicht, in der Kieferorthopädie spricht man dabei von einer
statischen Okklusion. Diesen lockeren Schwebezustand bestätigen auch Kittel
(2014, S. 18), Kannengieser (2019, S. 102) und Fischer-Voosholz & Spenthof (2002,
S. 5). Ob die Zahnreihen beim Schluckvorgang aufeinandertreffen, ist sowohl in der
Logopädie als auch in der Kieferorthopädie nach wie vor eine umstrittene Frage, da
sich auch bei Schluckaktuntersuchungen beide Varianten gezeigt haben.
Physiologische ZRL:
19
Dosierung des nasalen Luftstroms bei der Bildung von Lauten, deren Anteil an nasalem
Klang durch die Bewegung des Gaumensegels beeinflusst wird.
Laut Pfaller-Frank (2019) wird unter einer Orofazialen Dysfunktion oder Myofunktionellen
Störung ein Erscheinungsbild verstanden, das durch muskuläre und sensorische
Auffälligkeiten im Bereich der orofazialen Muskulatur, also der Gesichts- und
Mundmuskulatur charakterisiert ist. Sie ist weiters gekennzeichnet durch
Normabweichungen der Bewegungsabläufe beim Sprechen, Schlucken, Atmen und den
sogenannten Ruhepositionen der intraoralen und mimischen Strukturen, die u.a. in der
Kombination mit Dysfunktionen der Nasenatmung, der Zahn- und/oder Kieferstellung, der
Gesamtkörperhaltung und der Artikulation auftreten können. Wie Pfaller-Frank schon
erwähnt, ist die OFD ein Störungsbild, dessen genaue Beschreibung des Sachverhalts in
der Definition oftmals sehr divergiert, da sie von der Diagnostik bzw. von Kriterien abhängig
ist, über deren Ausgestaltung grundsätzlich keine einheitliche Meinung besteht und welche
daher nicht objektiv messbar sind (S. 202).
Aus dieser Beschreibung geht bereits die Problematik der fehlenden Einheitlichkeit einer
Begriffsdefinition für die OFD hervor. Auch in meinen Literaturrecherchen nach einer
genauen Beschreibung der OFD bin ich auf sehr unterschiedliche Auslegungen und
Bezeichnungen für das Störungsbild gestoßen. Bei der Suche nach frühen Definitionen der
OFD, findet sich z.B. Garliner (1989), der Orofaziale Dysfunktionen von Myofunktionellen
Störungen differenziert, da er die OFD als Funktionsstörungen sieht, die den gesamten
orofazialen Bereich betreffen, während diese sich bei MFS ausschließlich auf die äußere
20
und innere Mundmuskulatur beschränken und somit nur als eine Erscheinungsform einer
OFD gesehen werden.
Bei der Suche nach dem Begriff in der ICD-Klassifikation der WHO finden sich unter dem
Code F82.2 die Bezeichnungen „umschriebene Entwicklungsstörung der Mundmotorik“,
„myofunktionelle Störung“ sowie „orofacial“.
Je aktueller die Literatur, desto weniger genau lässt sich meiner Recherche nach eine klare
terminologische Abgrenzung zwischen den einzelnen Begriffen erkennen, was unter
anderem an der Tatsache liegen könnte, dass eine klare Eingrenzung des
Störungskomplexes OFD immer schwieriger wird, da in den letzten Jahrzehnten von den
Behandelnden zahlreiche weitere Kontextfaktoren erkannt wurden, die zur Entstehung und
dem Verlauf der Störung beitragen. Abad Bender bestätigt meine Vermutung, dass sich
Symptome der OFD nur selten ausschließlich auf den orofazialen Bereich begrenzen
lassen, sondern gesamtkörperliche Auffälligkeiten berücksichtigt werden müssen (2017, S.
1). Die symptomale und kausale Komplexität und die Frage, ob sich Primär- und
Sekundärsymptome wechselseitig bedingen, stellen auch laut Ruben und Wittich eine
therapeutische Herausforderung dar (2014, S. 22).
Diese Erkenntnis entsteht aus dem fortschreitenden Bewusstsein über die Bedeutung
multimodaler kausaler Zusammenhänge in der Entstehung der OFD. Dies kann einerseits
als durchaus positiver Faktor betrachtet werden, stellt aber andererseits eine weitere
Komplexität in der dadurch noch umfassender werdenden Behandlung des Störungsbildes
dar.
21
2.2.1 Ätiologische Faktoren
In diesem Kapitel gehe ich auf die häufigsten und wichtigsten Ursachen für die Entstehung
einer OFD ein, deren Reihung nach dem Zeitpunkt ihres Entstehens angelegt ist.
Genetische Einflussfaktoren
Über die Existenz genetisch bedingter Ursachen einer OFD wird nach wie vor heftig
diskutiert, da bislang dazu noch zu wenig Forschung betrieben wurde. Aus den
Anamnesegesprächen und der Beobachtung meiner Klientinnen und Klienten und deren
Angehörigen konnte ich jedoch ein familiär gehäuft auftretendes, ähnliches
Erscheinungsbild der OFD erkennen. Dies betrifft vor allem Symptome wie
geschwächter Muskeltonus, fehlender Mundschluss, ähnliche Kiefer- und
Zahnstellungen, die Neigung zu Allergien mit behinderter Nasenatmung und
Fehlfunktionen der Bewegungsabläufe im Sprechapparat. Dieses Erkennen von
Parallelen untermauert meine Annahme, dass genetische Ursachen sehr wohl existent
sind, da sie nicht allein durch Lebensstilfaktoren erklärt werden können.
Kommt es intrauterin zu einer Störung oder Unterbrechung bei der Ausbildung der
Muskulatur, treten Dystonien in der Motorik der Gesamtkörpermuskulatur auf. Dies
betrifft auch die Zungen- und Gesichtsmuskulatur, deren Erscheinungsbild sich schon
bei der Geburt als hypo- oder hyperton beschreiben lässt. Durch eine
Sauerstoffunterversorgung des ungeborenen Kindes kann es außerdem zu einer
tiefensensorischen und/oder vestibulären Minderleistung kommen, die wiederum
Auswirkungen auf das Auftreten einer OFD haben kann (vgl. Kittel, 2014, S. 41).
Ebenso ursächlich für das Auftreten einer OFD könnte ein angeborenes Ankyloglosson
(verkürztes oder angewachsenes Zungenbändchen) sein, wodurch die
Zungenbewegungen oft nur sehr eingeschränkt bis kaum möglich sind und die
Ausbildung einer physiologischen ZRL nicht zustande kommen kann.
Echte Makroglossien sind von Geburt an zu große Zungen, sie treten allerdings äußerst
selten auf, man findet sie bei Syndromen mit Missbildung wie beispielsweise bei einer
Trisomie 21 (Morbus Down). Oftmals wird diese von Ärztinnen und Ärzten falsch
diagnostiziert, da die Zunge im Rahmen einer OFD durch ihre Schlaffheit und
Unbeweglichkeit zu groß erscheint, sich durch eine entsprechende Therapie und
ausreichendes Training jedoch optisch sehr rasch verändert und anschließend wieder
kleiner aussieht.
22
Etwas häufiger treten angeborene Anomalien der Kiefer und des Gaumens auf. Bei
Spaltbildungen wie der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte passt sich die Zunge an die
strukturellen Gegebenheiten des Mundraums an und eine korrekte Zungenlage ist in
diesem Falle kaum möglich. Auch die Beweglichkeit von Gaumensegel und Zunge ist
dadurch eingeschränkt und durch ihre fasziale Verbindung mit den anderen orofazialen
Strukturen gerät das Muskelgleichgewicht außer Balance (vgl. Bigenzahn et al. in
Springer & Schrey-Dern, 2003, S. 29).
Ein falsch erlerntes Schluckmuster resultiert in den meisten Fällen aus der zu langen
Verwendung von Ernährungs- bzw. Beruhigungssaugern. Kinder sollten im Idealfall nicht
länger als bis zu ihrem ersten Lebensjahr Flaschennahrung bzw. einen
Beruhigungssauger bekommen, da sie ab diesem Zeitpunkt keine Säuglinge mehr sind,
sondern durch das Vorhandensein ihrer Zähne bereits feste Nahrung zu sich nehmen
können. Bei Säuglingen ist ein infantiles Schluckmuster mit einer Zungenbewegung
nach unten und vorne physiologisch, da sie den Zungendruck nach vorne benötigen, um
die Milch aus der Brust der Mutter zu pumpen. Könnte das Kind bereits feste Nahrung
essen, wäre dieses Säuglingsschluckmuster nicht mehr von Nöten, da eine infantile ZRL
mit einem Bewegungsablauf nach vorne die Zahn- und Kieferstellung negativ beeinflusst
und die Zungen- und Kaumuskulatur durch die ausschließliche Gabe flüssiger Nahrung
nicht richtig ausgeprägt wird. Das infantile Schluckmuster entwickelt sich bei zu langer
Verwendung von Ernährungs- und Beruhigungssaugern nicht zu einer physiologischen
ZRL sowie zu einem gaumengerichteten Schlucken und wird sowohl im Kleinkind-, als
auch im Erwachsenenalter oft beibehalten, woraus sehr häufig die Entstehung vieler
Symptome einer OFD zurückzuführen ist.
Andere orale Habits (Angewohnheiten), wie z.B. Daumenlutschen, haben ebenso eine
negative Auswirkung auf die Entwicklung einer adulten ZRL, einer physiologischen
Schluckfunktion, die Kieferformung und die Zahnstellung. Auf das Auftreten oraler Habits
und deren Ursachen werde ich im anschließenden Kapitel noch näher eingehen.
Ernährung
Die Art der Nahrung spielt für das Ausbleiben oder die Entstehung einer OFD eine
wesentliche Rolle. Ein Phänomen unserer heutigen Gesellschaft ist es, dass immer mehr
Kinder und Jugendliche vorwiegend sehr weiche und zu süße Nahrung zu sich nehmen.
Die Konsistenz der Nahrung ist wichtig für eine gute Ausprägung der orofazialen
Muskulatur, da beim Kauen fester Nahrung sowohl die Kaumuskulatur, als auch die
Zungenmuskulatur und das richtige Schlucken trainiert werden. Ernährt man sich
23
hauptsächlich mit weicher Kost, wie z.B. Semmeln anstatt Brot mit Rinde, Smoothies
anstelle von frischem Obst oder Joghurt statt einer festen Jause, wird die orofaziale
Muskulatur nicht ausreichend trainiert und der Muskeltonus sinkt. Zu süße Nahrung hat
nicht nur negative Auswirkungen auf die Zähne, sie verursacht unter anderem auch
starke Blutzuckerschwankungen, die eine rasche Ermüdung und einen niedrigen
Muskeltonus zur Folge haben (vgl. Kittel, 2014, S. 45).
Spricht man über die möglichen Ursachen für die Entstehung einer OFD, würde man
vielleicht nicht sofort an diese möglichen Faktoren und deren Folgen denken. Trotzdem
gehen ein Mangel an Bewegung und ein damit verbundenes Übergewicht mit dem
Auftreten einiger Symptome der OFD einher. Übergewicht entsteht meist durch eine
falsche Ernährung und/oder einen Bewegungsmangel und wirkt sich wiederum negativ
auf den Gesamtkörpertonus, den Muskeltonus der orofazialen Muskulatur und auf die
Körper- und Kopfhaltung aus.
Diese Phänomene treten oftmals schon bei sehr kleinen Kindern auf, die nach ihrer
Geburt länger durch eine Nasensonde ernährt wurden. Als weitere Gründe wären
beispielsweise das Vorhandensein von Allergien, die zur Anschwellung der
Nasenschleimhaut führen, häufig wiederkehrende Rhinopathien (Erkrankungen im
Nasenbereich) durch eine fehlende Filter- und Schutzfunktion, adenoide Vegetationen
wie in etwa Nasenpolypen und Nasenscheidewandverkrümmungen oder deren
Verletzungen anzuführen. Auch unphysiologische Atemvorgänge wie z.B. eine thorakale
Flachatmung bei Motilitätsstörungen des Zwerchfells führen bei den Betroffenen oftmals
zu einem vermehrten Drang, durch den Mund zu atmen.
Ist eine physiologische Nasenatmung nicht möglich und atmet man dauerhaft
vorwiegend durch den Mund, verkürzt sich die periorale Muskulatur und ein Mundschluss
ist nicht mehr möglich. Ein fehlender Mundschluss hat wiederum das Ausbleiben einer
physiologischen ZRL und deren bereits zuvor von mir genannten Auswirkungen wie
beispielsweise Kiefer- und Zahnfehlstellungen (offener Biss, Kreuzbiss, Prognathie oder
Progenie), Schluckfehlfunktionen, Aussprachefehler etc. zur Folge.
24
spielt unter anderem eine wesentliche Rolle in der Homöostase und für die
Mitochondrienfunktion (vgl. Linge et al., 2019). Bei der Mundatmung entfällt die
Produktion von Stickstoffmonoxid und die Patientinnen und Patienten leiden häufig an
Schlafstörungen, Müdigkeit und Unkonzentriertheit.
Kieferorthopädische Geräte
Zahn- und Kieferfehlstellungen werden meist schon sehr früh durch den Einsatz von
kieferorthopädischen Geräten behandelt. Diese Fehlstellungen können sowohl
genetisch bedingt als auch erworben sein, eine Differenzierung dieser beiden Gruppen
spielt für den Behandlungszeitpunkt und für die Behandlungsschwerpunkte auf jeden
Fall eine wesentliche Rolle. In der interdisziplinären logopädischen und
kieferorthopädischen Behandlung von Kieferfehlstellungen sollte man sich zuerst
überlegen, ob diese durch eine bereits davor bestehende Symptomatik wie
Zungenpressen etc. verursacht wurde oder ob die Fehlstellung umgekehrt schon
anlagebedingt existent war und die auftretenden Symptome einer OFD durch die
Anomalie bedingt wurden. Die sprichwörtliche Frage nach dem Huhn und dem Ei lässt
sich in vielen Fällen durch eine genaue Anamneseerhebung beantworten und bestimmt
das weitere Vorgehen in der Behandlung.
Sehr viele Kolleginnen und Kollegen meiner Berufsgruppe erachten es als nicht sinnvoll,
die Betroffenen während der Dauer der kieferorthopädischen Behandlungsmaßnahmen
zu therapieren und auch Kittel ist der Ansicht, dass „bei latenter Schwäche der
orofazialen Muskulatur durch kieferorthopädische Geräte Fehlhaltungen bzw.
Fehlfunktionen entstehen können“ (Kittel, 2014, S. 47). Diese Aussage möchte ich
aufgrund meiner langjährigen praktischen Erfahrung in der Behandlung von
myofunktionellen Auffälligkeiten bekräftigen. In der logopädischen Therapie hart
erarbeitete Fortschritte werden oftmals durch den zu raschen oder parallelen Einsatz
von kieferorthopädischen Geräten wieder zunichtegemacht. Als Hauptursachen dafür
möchte ich zum einen anführen, dass Geräte wie Aktivatoren oder Oberkieferplatten der
Zunge wenig Platz lassen und einen Gaumenkontakt verhindern, zum anderen
erschweren sie erheblich den Mundschluss und führen zusätzlich sehr häufig zu
Artikulationsschwierigkeiten.
Weitere Ursachen
Als weitere Ursachen für die Entstehung einer OFD möchte ich noch folgende anführen:
Hirnnervenparesen (Fazialisparese, Trigeminusparese, Hyopoglossusparese etc.),
idiopathisch oder durch neurologische Ausfälle bedingt, Syndrome (Pierre-Robin-
Syndrom, Moebius-Syndrom, Down-Syndrom etc.), Tumore, Verletzungen oder
25
Operationen im orofazialen Bereich, Arzneimittel mit entspannender Wirkung sowie
allgemein psychische oder physische Überlastung.
Aus meiner fünfzehnjährigen, intensiven Arbeit mit betroffenen Patientinnen und Patienten
kann ich berichten, dass kein einziges Erscheinungsbild der OFD mit einem anderen
vollkommen ident ist und es die jeweilige Konstitution, die Vorgeschichte und die äußeren
Einflüsse zu einem individuell unterschiedlichen Symptomkomplex machen. Daher ist es
für mich unabdingbar, sich alle Aspekte, die mit dem jeweiligen Erscheinungsbild
einhergehen könnten, mit zu bedenken. Eine äußerliche Beurteilung einzelner Merkmale
ist zwar unerlässlich, um sich ein vollständigeres Bild der Störung machen und ein
individuell angepasstes Behandlungskonzept erstellen zu können, bedarf es jedoch einer
genaueren Hinterfragung zu deren Pathogenese. Eine Vorgehensweise, die bei vielen
Kolleginnen und Kollegen meiner Berufsgruppe immer nach dem gleichen Schema abläuft,
kann meiner Meinung nach nicht zu einem befriedigenden Therapieergebnis führen. Aus
diesem Grund möchte ich die OFD aus einem weiteren und unkonventionelleren Blickwinkel
betrachten.
Im Folgenden werden sowohl die geläufigsten Symptome der OFD beschrieben, als auch
deren Zusammenhänge mit weiter gefassten Erscheinungsformen beleuchtet. Dazu
unterteile ich vorerst die Symptome in zwei Gruppen. Die erste Gruppe umfasst jene
Erscheinungen, die sich primär auf den orofazialen Bereich beziehen, während die zweite
Gruppe aus den gesamtkörperlichen Ausprägungen besteht, die mit einer OFD im
Zusammenhang stehen können. Beide Symptomkomplexe stehen miteinander in einer
26
Wechselbeziehung und können daher nicht getrennt voneinander betrachtet werden (vgl.
Ruben & Wittich, 2017, S. 13).
1. Orofaziale Symptomatik
Orale Habits
Periorale Ekzeme
Unter perioralen Ekzemen versteht man entzündliche Bläschen oder Knötchen, die rund
um den Mundbereich auftreten und deren Erscheinen (in Verbindung mit anderen
Symptomen einer OFD) sehr wahrscheinlich mit einer Mundatmung und vermehrtem
Speichelfluss im Zusammenhang steht.
Bei manchen Betroffenen zeigen sich nicht nur motorische Auffälligkeiten der gesamten
orofazialen Muskulatur, sondern auch Schwierigkeiten in der oralen und fazialen
Wahrnehmung. Durch eine herabgesetzte Tiefensensibilität und mangelndes
Stellungsempfinden können die Patientinnen und Patienten beispielswiese ihren
27
Mundraum räumlich schlechter ertasten, was wiederum zu Artikulationsproblemen
führen kann (vgl. Kittel, 2014, S. 22).
Orofaziales Muskelungleichgewicht
Für eine korrekte Bildung von Lauten bedarf es neben einer gut funktionierenden
Zungen- und Mundmotorik wiederum eines ausgeglichenen Muskeltonus, intra- und
perioraler taktil-kinästhetischer Fähigkeiten und einer physiologischen Atmung. Bei etwa
der Hälfte der Betroffenen, die Symptome einer OFD aufweisen, liegt gleichzeitig eine
Artikulationsstörung vor. Zumeist handelt es sich um die Gruppe der Frikative
(Reibelaute), zu denen beispielsweise die Laute [s] oder [sch] zugeordnet werden, da
zur Bildung dieser Laute sowohl eine besonders gute Feinmotorik der Zunge und Lippen,
als auch eine ausgeprägte intraorale Wahrnehmung vorhanden sein muss. Man
bezeichnet eine fehlerhafte Bildung des Lautes [s] als Sigmatismus, von einem
Schetismus spricht man dann, wenn der Laut [sch] betroffen ist. Manchmal existiert eine
Kombination aus beiden, es kann aber auch eine allgemeine inter- oder addentale
Bildung (Bildung der Laute zwischen oder an den Zähnen) aller Zungenspitzenlaute ([n],
[d], [t], [l], [s]) festgestellt werden (vgl. Kittel, 2014, S. 32).
28
Dysgnathien (Gebissanomalien)
Fehlstellungen der Zähne oder der Kiefer treten im Rahmen einer OFD dann auf, wenn
unphysiologische oder fehlende Einflüsse der orofazialen Muskelfunktion vorliegen.
„Form follows function“ oder umgekehrt „Function follows form“ bedeutet in der
Behandlung der Myofunktionellen Störung eine Wechselwirkung in der Ausbildung von
harten und weichen Strukturen des orofazialen Apparates, deren wechselseitige
Einflüsse aufeinander letztendlich ein Gleichgewicht ergeben sollen. Das bedeutet, dass
die anatomische Form der Kiefer durch Druck oder Zug der umgebenden Muskeln und
Faszien ausgebildet wird und umgekehrt. Die knöchernen Gebilde unseres Mundraumes
werden stark durch die Funktion der weichen Gebilde beeinflusst, während sich auch die
Beschaffenheit der Muskulatur durch eine bereits bestehende Dysgnathie verändert.
Diese Tatsache spielt vor allem im Kindesalter eine maßgebliche Rolle, da durch die
Entwicklung einer physiologischen Zungenruhelage zwischen dem ersten und zweiten
Lebensjahr und durch die formenden Kräfte der Zunge auf den Gaumen die
Oberkieferentwicklung beeinflusst wird. Bewirken Faktoren wie z.B. lange
Lutschgewohnheiten eine persistierende infantile Zungenfunktion, bleibt der Kiefer
schmal und hoch. Daraus kann sich ein Platzmangel für die Zähne, ein zu kleiner
Oberkiefer oder vorverlagerter Unterkiefer (Progenie) oder auch ein Kreuzbiss
entwickeln. Liegt die Zunge in ihrer Ruhelage und Schluckfunktion gar zwischen den
Zähnen, entsteht in den meisten Fällen ein frontal offener Biss.
Ein anderes Resultat eines kaum vorhandenen Gaumenkontaktes der Zunge stellt ein
leicht induzierbarer Würgereiz dar, da die anfängliche Hypersensibilität der sensorischen
Rezeptoren des Gaumens erst durch den Druck der Zunge abnimmt und bei
ausbleibender Desensibilisierung bestehen bleibt. Die Zone im Mundraum, in der der
Würgereflex ausgelöst wird, wandert mit der Entwicklung der Zungenruheposition am
Gaumen immer weiter nach hinten. Fehlt dieser Entwicklungsprozess, geschieht die
29
Auslösung des Reflexes bereits im vorderen Mundbereich (dies wird oft beim
Zähneputzen bemerkt).
Zahneindrücke an den Rändern der Zunge und den Wangentaschen entstehen durch
eine schlaffe Zungen- und Wangenmuskulatur, da diese durch ihre Hypotonie keine
Spannung aufbauen kann und in ihrer Ruheposition vor allem seitlich auf die Zähne
drückt.
Schmerzen, die in Verbindung mit einer OFD auftreten, können unter anderem im
Rahmen einer CMD wie bei Kieferfehlstellungen, Kiefergelenksproblemen, Bruxismus
(Zähneknirschen) oder bei taktil-kinästhetischen Dysfunktionen verursacht werden.
Folgende Symptome können bei der CMD häufig auftreten: Schmerzen im Kiefergelenk,
mandibuläre Dysfunktionen, Kiefergelenksgeräusche, anormale Kieferbewegungen,
Kopfschmerzen, Muskelverspannungen der Hals- und Nackenmuskulatur,
eingeschränkte Mundöffnung und Tinnitus (vgl. Ridder, 2018, S. 6-7).
Da die Symptome der CMD nicht nur den orofazialen Bereich, sondern auch die
Halswirbelsäule und in der Sekundärsymptomatik die Psyche und den gesamten Körper
betreffen können, existieren bereits viele Therapieformen aus den unterschiedlichsten
Disziplinen. Auf die therapieübergreifenden Behandlungsansätze der CMD werde ich in
einem späteren Kapitel noch genauer eingehen.
Das orofaziale System steht in einem komplexen funktionellen Zusammenhang mit dem
ganzen Körper. Durch diese komplexe Verbindung der Funktionsabläufe im Körper
treten deren Störungen nicht nur lokal auf, sondern erscheinen ebenso in der Form
globaler Symptome, die wiederum eine Rückwirkung auf den orofazialen Bereich haben
können. Im Folgenden erkläre ich diese wechselseitige Wirkung anhand von
30
Erscheinungsformen, die sowohl einen lokalen, als auch einen gesamtkörperlichen
Zusammenhang mit der OFD aufweisen.
Die Wahrnehmung von Druck, Bewegung, Wärme, Kälte, Schmerz etc. wird über
Rezeptoren in der Haut und an den Gelenken an das Gehirn weitergeleitet und
verarbeitet, wo diese Reize gebündelt werden und eine Anpassungsreaktion stattfindet.
Die wichtigsten sensorischen Informationen, die wir aus unserer Umwelt erhalten, laufen
über die „Fuß-Hand-Mund“-Linie, wo sich auch die meisten Rezeptoren unseres Körpers
befinden. Aus diesem Grund stehen orofaziale Funktionen in engem Zusammenhang
mit unserem Körper und dessen Fähigkeit der sensorischen Integration (vgl. Ruben &
Wittich, 2017, S. 15-16). Eine Hyper- oder Hyposensibilität im orofazialen Trakt findet
demnach nicht nur lokal statt, sondern basiert auf einer Wahrnehmungsstörung des
gesamten Körpers.
Die Tonusregulation ist, wie die Bereiche der Wahrnehmung und Motorik, ein
gesamtkörperlicher Prozess und findet sowohl in der Peripherie als auch orofazial statt.
Ist die Spannung der orofazialen Muskulatur unausgeglichen, so kann man bei
Betrachtung des gesamten Körpers Parallelen finden (vgl. Kittel, 2014, S. 31).
Ein Erklärungsansatz dazu ist, dass unser Körper wie ein Tensegrity-Modell aufgebaut
ist, das aus Druck- und Zugelementen besteht und durch unsere Faszien verbunden ist.
Unsere Muskeln und Faszien sind dabei mit den Traktionselementen vergleichbar,
während die Knochen den Kompressionsteilen entsprechen. Dieses Modell besitzt die
Fähigkeit, aus den Einzelteilen des Körpers ein mechanisches Ganzes zu bilden. Eine
31
Spannungserhöhung in einer unserer Körperstrukturen führt parallel zu einer erhöhten
Spannung im gesamten Körper und umgekehrt. Orofaziale Dysfunktionen stehen daher
in Wechselwirkung mit den Funktionen des gesamten Halte-Stützapparates (vgl. Codoni,
2015, S. 138).
Die folgenden Abbildungen 6 und 7 stellen einen plastischen Nachbau des Tensegrity-
Modells und dessen Flexibilität dar.
Gleichgewichtsprobleme, Schwindel
32
Ein weiterer Grund für Gleichgewichtsprobleme im Zusammenhang mit einer OFD
könnte die Tatsache sein, dass Gleichgewichtsinformationen durch Bewegungen des
Kopfes und des Körpers ausgelöst werden und diese Informationen bei
Einschränkungen des Bewegungsumfanges im Gleichgewichtsorgan nicht ausreichend
differenziert werden können (vgl. Ruben & Wittich, 2017, S. 34).
Kopfschmerzen, Migräne
Kopfschmerzen oder Migräne werden vor allem bei Erscheinungsformen der OFD
beobachtet, deren Symptomkomplex eine CMD oder eine Kieferfehlstellung beinhaltet.
Durch Fehlhaltungen, Fehlbelastungen oder Funktionsstörungen der
craniomandibulären Strukturen kann es in den benachbarten Bereichen auf Dauer zu
Schmerzen oder migräneartigen Beschwerden kommen. Manche Patientinnen und
Patienten klagen auch über Sehstörungen oder Tinnitus (vgl. Beushausen, 2019, S. 21).
Wie bereits im Kapitel „Ätiologie“ erklärt, wird eine behinderte Nasenatmung als
Symptom der OFD in vielen Fällen durch vergrößertes lymphatisches Gewebe im
Nasenrachenbereich, Allergien oder rezidivierende Rhinitiden verursacht. Diese führen
wiederum zu einer Unterbelüftung des Mittelohres, wodurch vor Ort eine
Flüssigkeitsansammlung (Paukenerguss) entstehen kann, was oftmals eine
Hörminderung zur Folge hat. Häufige Mittelohrentzündungen, wie sie besonders bei
Kindern in Verbindung mit einer OFD auftreten, können zu einer Versteifung der
Gehörknöchelchen führen und eine Mittelohrschwerhörigkeit herbeiführen.
Das Thema Unkonzentriertheit wurde ebenso im Kapitel über die Ursachen der OFD
kurz angeschnitten. Diese treten vor allem bei Patientinnen und Patienten mit einer
behinderten Nasenatmung auf, da diese wie bereits erwähnt zu einer
Sauerstoffunterversorgung und damit zu Konzentrationsschwierigkeiten, rascher
Ermüdung und Abgeschlagenheit führt. Die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin)
erklärt diese Symptomatik mit der Unterbrechung eines Meridians, der über Ober- und
Unterlippe verläuft. Durch eine offene Mundhaltung wird der Meridian unterbrochen, was
zu Defiziten der Aufmerksamkeit, Konzentration und Wachheit führen kann (vgl.
Kubiena, 2011, S. 82).
33
Psychosoziale Komponenten
Da die OFD für die Betroffenen in einer starken Ausprägungsform meist eine sichtbare
optische Veränderung mit sich bringt, kann daraus für die Patientinnen und Patienten
ein großer Leidensdruck entstehen. Symptome wie Kieferfehlstellungen, starker
Speichelfluss, Artikulationsstörungen oder eine offene Mundhaltung können bei
Menschen zu psychischen und sozialen Belastungen führen.
Abbildung 8 stellt die OFD als ein multisymptomatisches Störungsbild mit orofazialen und
gesamtkörperlichen Erscheinungsformen dar.
Mundatmung Wahrnehmungsstörungen
Inkompletter Auffälligkeiten der Grob-
Lippenschluss und Feinmotorik
Hypersalivation Auffälligkeiten des
Zungenfehlfunktionen Körpertonus, der
Orale Habits Körperhaltung und
Periorale Ekzeme
Sensorische und/ oder
OFD
Bewegung
Persistierende Reflexe
motorische Defizite Gleichgewichtsprobleme,
Muskelungleichgewicht Schwindel
Lautbildungsfehler Kopfschmerzen, Migräne
Dysgnathien Hörminderung durch MO-
Rugae palatinae/ Belüftungsstörung
Würgereiz Konzentrationsprobleme
Zahneindrücke Psychosoziale
Orofacial Pain Komponenten
Status Lymphaticus
CMD-Symptome
Abbildung 8: Multisymptomale Darstellung der OFD (Quelle: eigene Darstellung nach Ruben &
Wittich, 2017, S. 13)
34
2.2.3 Diagnostik der OFD
Dysfunktionen im orofazialen System sind aufgrund ihrer mannigfaltigen Ausprägungen
prädestiniert für eine multidisziplinäre Zusammenarbeit verschiedenster Berufsgruppen.
Der betroffene Mensch mit seiner individuellen Störungsform soll dabei im Fokus des
Feldes der behandelnden Therapeutinnen und Therapeuten stehen. Dazu bedarf es eines
Verständnisses um die Komplexität der funktionellen Abläufe und der Zusammenhänge auf
ganzkörperlicher Ebene. Diese Voraussetzungen dienen als Basis für eine adäquate
Diagnostik (vgl. Codoni, 2019, S. 14).
Durch den fachlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen meiner Berufsgruppe über
die Diagnostik und Therapie Myofunktioneller Störungen und aus meiner eigenen Erfahrung
heraus kann ich zusammenfassend berichten, dass zwar von Seiten der Logopädinnen und
Logopäden Bestrebungen bestehen eine gute Vernetzung im Umgang mit dem
Störungsbild der OFD zu schaffen, dies aber im Praxisalltag leider oft nicht realisierbar ist.
Zum einen liegt dies an teils mangelnder Kooperationsbereitschaft von Kolleginnen und
Kollegen anderer Fachrichtungen, zum anderen fehlt bedauerlicherweise oft das
Grundwissen über die umfassenden Aspekte, die für eine erfolgreiche Behandlung der OFD
zu beachten sind.
Ist eine Kooperation in der therapeutischen und ärztlichen Betreuung der Betroffenen
bereits gegeben, beschränkt sich diese meist auf zu wenige Disziplinen (interdisziplinär
anstatt multidisziplinär) die sich des Störungsbildes OFD annehmen. Dazu zählen die
Logopädie, Kieferorthopädie, Zahnheilkunde, HNO/Phoniatrie, Pädiatrie, Physiotherapie
und in Ausnahmefällen die Orthopädie. Um den individuell unterschiedlichen
Ausprägungen der OFD eine maßgeschneiderte Behandlung zukommen zu lassen, bedarf
es jedoch oft einer weitreichenderen (multidisziplinären) und den ganzen Körper
umfassenden Abklärung des Störungsbildes. Erst durch diesen Weitblick ist man als
erstkontaktierte/r Therapeutin oder Therapeut in der Lage, ein vielschichtiges und der
Patientin oder dem Patienten angepasstes Therapiekonzept zu erstellen. Dabei soll, wie
bereits betont, nicht die oder der Behandelnde, sondern der Mensch mit seinem Problem
im Mittelpunkt stehen.
35
Logopädische Diagnostik
Als Basis für die logopädische Therapie der OFD dienen eine ausführliche
Anamneseerhebung und eine exakte Befundung. Dazu zählen einerseits eine Beurteilung
des inneren und äußeren Funktionskreises in Ruhe und Funktion und andererseits eine
Begutachtung der Primär- und Sekundärfunktionen des stomatognathen Systems. Derzeit
existieren für die Diagnostik im deutschsprachigen Raum nur beschreibende Verfahren und
keine standardisierten Tests (vgl. Adamer in Furtenbach & Adamer, 2016, S. 51-52).
Ein solches Verfahren beschreibt z.B. Adamer, der die Befunderhebung als
Funktionsdiagnostik von außen und innen sieht und diese in extra- und intraorale Diagnostik
gliedert. Die extraorale Diagnostik nach Adamer umfasst eine Befundung der orofazialen
und mimischen Muskulatur, der Atmung durch Nase und Mund, sowie des Lippenschlusses
und des Erscheinungsbildes bzw. der Funktionsweise der Lippen. Die intraorale Diagnostik
beinhaltet eine Begutachtung der Lippenbänder, des Gaumens inklusive Gaumensegel, der
Tonsillen und des Verhältnisses von Zunge zu Gaumen sowie der Erscheinung der Zunge,
ihrer Ruhelage und Funktion. Ebenso Bestandteil der intraoralen Diagnostik sind das
Abbeißen, das Kauen, das Schlucken von Speichel und das Schlucken von flüssiger wie
fester Nahrung. Eine Beurteilung der Sekundärfunktionen mittels Sprach- und Stimmstatus
sowie eine Überprüfung der Stereognose, der Haltung und der Bewegung ergänzen dieses
Diagnostikschema. Zusätzlich rät Adamer zu einer Verlaufsdokumentation mittels Fotos
und Videos (vgl. ebd., S. 81).
Erfreulich ist die Tatsache, dass sich im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten
ergänzend zu einer rein logopädischen Diagnostik des orofazialen Systems unter den
Diagnostikverfahren der Logopädie vermehrt weitere Abklärungsbereiche finden, die eine
interdisziplinäre Statuserhebung der Patientinnen und Patienten miteinbeziehen. Während
Bigenzahn im Jahre 1995 ausschließlich von einer zusätzlichen Notwendigkeit eines
aktuellen HNO- und Zahn-Status spricht (S. 40-41), wird mittlerweile sukzessive die
Wichtigkeit der umfassenderen interdisziplinären Diagnostik erkannt, da sie die
grundlegende Basis für eine multidisziplinäre und damit ganzheitlich orientierte Betreuung
der Patientinnen und Patienten bildet.
36
Interdisziplinäre Befunderhebung
Obwohl das Störungsbild OFD von den einzelnen Disziplinen in seiner Komplexität erkannt
wurde und eine mehr oder weniger ausführliche Befunderhebung stattfindet, scheitert eine
gute interdisziplinäre Zusammenarbeit nach wie vor an der Zusammenführung der
einzelnen Diagnoseergebnisse. Dadurch kann auch kein gemeinsames Vorgehen in der
Therapieplanerstellung stattfinden. In der Recherche zur berufsübergreifenden
Zusammenarbeit bei der Behandlung der OFD fällt auf, dass diese zwar seitens vieler
Disziplinen kaum mehr in Abrede gestellt wird und deren Nützlichkeit für alle Beteiligten
betont wird, die Realisierung dieses Vorhabens in der Praxis jedoch nur vereinzelt
stattfindet und im Endeffekt nur in einer Zementierung der Vormachtstellung der eigenen
Fachrichtung endet.
Weitaus schwieriger gestaltet sich noch das Vorhaben, weitere Disziplinen, wie
beispielsweise aus dem Bereich der Komplementärmedizin, in den Prozess der
therapeutischen Betreuung orofazialer Dysfunktionen miteinzubeziehen. Dazu bedarf es
zum einen der Erkenntnis und Erfahrung der Behandelnden, die die Relevanz einer
erweiterten, multidisziplinären Zusammenarbeit bereits verinnerlicht haben. Zum anderen
fehlt es wiederum an wissenschaftlichen Belegen, die die Wirksamkeit dieser erweiterten
Behandlungsansätze untermauern.
Auf die Fragen der Existenz und der Wirksamkeit evidenzbasierter multidisziplinärer bzw.
komplementärmedizinischer Behandlungsansätze werde ich im anschließenden Kapitel
genauer eingehen.
37
3. Behandlungsmethoden und aktueller Forschungsstand
Für die Behandlung der OFD existiert eine Vielzahl an logopädischen Therapiekonzepten.
In den nachfolgenden Kapiteln wird daher nur ein Auszug aktuell angewandter Methoden
näher vorgestellt. Im letzten Unterkapitel ist eine Auflistung weiterer bestehender
Therapiekonzepte als Ergänzung zu finden.
Die Motivation der Patientin bzw. des Patienten sowie die Integration der neu erlernten
Verhaltensweisen in den Alltag stellen wesentliche Grundsätze der Therapie nach
Garliner dar. Zusätzlich ist die Behandlung aller Gebiete der unphysiologischen
Gesichtsmuskelfunktionen wesentlich für den Erfolg (1989, S. 154).
38
Diagnostische Sitzung
Garliner erhebt vorweg anamnestische Daten zu der Größe der Tonsillen und Adenoide,
den Essgewohnheiten, nervösen Leiden, Habits, Ernährung, Allergien, Stillen,
Flaschennahrung und zur Sprachentwicklung. Im Anschluss werden der orofaziale
Bereich bzw. die einzelnen Funktionen und Abläufe (Okklusion, mimische Muskulatur,
Trinkvorgang, Schluckvorgang) untersucht. Ergänzend wird den Patientinnen und
Patienten ein Film zum Thema Schlucken gezeigt und ein ausführliches Gespräch zu
diesem Thema geführt. Zu Dokumentationszwecken wird vor Beginn der Therapie das
Gesicht aus der Frontal- und der Seitenansicht fotografiert (1989, S. 156-161).
Behandlung
Das Therapiekonzept bietet eine detaillierte Anleitung bzgl. Material und Übungen für
jede einzelne Sitzung. Geplant ist eine Therapiedauer von drei Monaten mit je zwei
Behandlungen pro Woche.
Nachbehandlung
Erhaltende Übungen
Fünf Übungskomplexe mit detaillierter Anleitung für die Zeit der Nachbehandlung
gewährleisten den Erhalt des erzielten Erfolges.
39
weiß. Die Hierarchie der einzelnen Übungen muss exakt eingehalten werden.
Schluckübungen werden daher erst dann durchgeführt, wenn die Muskulatur durch
funktionelles Training vorbereitet wurde. Hier besteht eine eindeutige Differenzierung zur
amerikanischen MFT nach Garliner. Um Langeweile in der Therapie zu vermeiden,
empfiehlt Kittel, verschiedene Übungen anzubieten. Übungen für zuhause sind ein
wesentlicher Bestandteil des Konzeptes (vgl. Kittel, 2009, S. 54-55).
Im Sinne einer Intervallbehandlung kontrolliert die Logopädin bzw. der Logopäde nach
ca. einem halben Jahr einerseits das richtige Schluckmuster und andererseits, ob "sich
die Funktion der Zungen- und Gesichtsmuskulatur an die sich veränderte Form der
Zahn- und Kieferstellung angepasst hat bzw. ob sie mit dem kieferorthopädischen Gerät
bezüglich Zungenruhelage und Schlucken zurechtkommt" (Kittel, 2009, S. 139).
Zu beachten ist weiters, dass jede Anpassung eines kieferorthopädischen Gerätes eine
erneute therapeutische Kontrolle bedingt (vgl. Kittel, 2009, S. 138-139).
40
Die Eckpfeiler des Therapiekonzeptes
Voraussetzung für die Umsetzung des Konzeptes ist das Grundwissen der Logopädin
oder des Logopäden über den Aufbau und den Mechanismus des Kiefergelenkes.
Eine optimale Kopf- und Körperhaltung der Patientin oder des Patienten stellen eine
Bedingung für eine adäquate Kopf- und Kiefergelenkskontrolle dar, da eine vorab
bestehende Pathologie unter keinen Umständen verstärkt werden darf. Daher erfolgt
auch hier vor Beginn der Therapie eine ausführliche Befundaufnahme.
In der Therapie werden manuelle Techniken, welche auf Streichen, Berührung, Zug,
Druck und Vibration basieren, in Kombination mit der Stimulation von Geschmacks- und
Geruchssinn bzw. Seh- und Hörsinn eingesetzt (vgl. Castillo-Morales, 1998, S. 112).
Padovan postuliert, dass alle Sprach- und Sprechstörungen auf Schädigungen des ZNS
(Zentrales Nervensystem) zurückzuführen sind. Das neuerliche Durchleben früher
Bewegungsphasen soll zu einer Nachreifung des ZNS – einer neurofunktionellen
Reorganisation – führen (vgl. Burhop in Burhop et al., 1998, S. 21).
Ziel des Therapiekonzeptes ist zum einen die Behandlung nicht effizienter
Bewegungsabläufe und zum anderen der Erwerb physiologischer Bewegungsabläufe aller
Körpersysteme. Pro Woche sind zwei Behandlungen vorgesehen, solange bis das neu
erlernte Bewegungsmuster integriert wurde.
41
Eine Umfrage aus dem Jahr 2014 zeigt laut Ruben und Wittich, dass die Neurofunktionelle
Reorganisation nach Padovan die am häufigsten eingesetzte Therapiemethode bei
Myofunktionellen Störungen ist. Auch belegen erste wissenschaftliche Vorarbeiten die
Wirksamkeit der Methode (S. 23).
Das Kernstück der Methode bildet eine Sammlung an "rhythmischen Bewegungen, die sich
an physiologischen und ontogenetischen Bewegungsabläufen orientieren". Die Übungen
werden durch Verse und Gedichte begleitet. So entstehen auch der Takt und der Rhythmus
für die Übungen. Durch regelmäßige Wiederholungen werden afferente Informationen an
das Gehirn gesendet und Fehlhaltungen bzw. Kompensationsmechanismen können
reduziert werden. Nur Übungen, die in der Therapieeinheit einwandfrei beherrscht wurden,
dürfen nach Hause mitgegeben werden (Abad Bender, 2017, S. 4).
Da die Körperübungen rein passiv, also ohne Mitarbeit des Patienten bzw. der Patientin
durchgeführt werden, können sie auch bei Wachkoma-Patienten bzw. -Patientinnen oder
Patienten und Patientinnen mit anderen neurologischen Erkrankungen eingesetzt
werden (vgl. Bender, 2017, S. 4-15).
Ziele sind die Verbesserung der Artikulation und der oralen Wahrnehmung, die Regulierung
der Haltung, der Bewegung und der Koordination sowie die Stabilisierung des
Sozialverhaltens und die Sprachförderung.
Die Freude und der Spaß während des Trainings sollen das Störungsbewusstsein der
Kinder abbauen und das Lernen erleichtern. Zusätzlich werden Aufgaben mit nach Hause
gegeben (vgl. Burhop in Burhop et al., 1998, S. 21-23).
42
Aufbau des Therapiekonzeptes
Das Konzept gibt eine maximale Gruppengröße von fünf Kindern und einen
Therapieumfang von einer Stunde pro Woche vor. Außerdem finden vor jeder
Gruppenstunde zwei bis drei Vorbereitungsstunden mit den Eltern statt.
Eine ausführliche Anamnese sowie logopädische Befunderhebung dienen als Basis für die
Therapie. Der Therapieaufbau umfasst Vorbereitungsstunden mit den Eltern,
Gruppentherapiestunden, Verlaufskontrollen und eine Abschlussuntersuchung (vgl.
Bigenzahn, 1995, S. 60-69).
Als Indikationen für eine NF!T® führt Rogge Störungen der Wahrnehmung im orofazialen
Bereich, Koordinations- oder Tonusprobleme von Gesichts- und Mundmuskulatur,
Störungen der motorischen oralen Entwicklung, krankhafte und funktionelle Probleme,
fehlender Rhythmus von Bewegungen, die für die Nahrungsaufnahme wichtig sind, sowie
fehlende oder persistierende orale Reflexe an (vgl. ebd., S. 76-77).
Ziel der NF!T® ist die Verbesserung aller Primärfunktionen, Sekundärfunktionen, der
Zungenbeweglichkeit, der Nasenatmung, des Lymphflusses, der Länge des
Zungenbändchens, der Entwicklung der knöchernen Struktur des Kindes, der
43
physiologischen Formung des Gaumens, des vermehrten Speichelflusses, des intraoralen
Stoffwechsels, der Velumfunktion, der phonologischen Fähigkeiten, der semantisch-
lexikalischen Fähigkeiten, der Hör-Merkspanne, des seriellen Gedächtnisses, des
Blickkontaktes, der Prosodie, der Konzentration sowie der sozialen Kontakte. Zusätzlich
soll der Abbau von Habits und von unerwünschten Reflexen erreicht werden (vgl. ebd., S.
94-104).
Jede Patientin oder Patient erhält eine “Zauberkiste” mit Materialien, die für die Übungen
der NF!T® im Laufe der Therapie benötigt werden. Diese Kiste bleibt bei der oder dem
zu Behandelnden, um dieser oder diesem die Möglichkeit zu gewähren, zuhause
jederzeit üben zu können. Die Kiste beinhaltet Sauger, Kauschlauch, Spatel,
Zahnbürste, Feder, Pusteschlange, Zahngummi, Schokolinsen, Kugelschreiber,
Saughaken, Strohhalme, Tupfer und Wäscheklammer (vgl. ebd., S. 69-74).
Die Übungen der NF!T® bestehen aus Bahnungsübungen und Funktionsübungen. Die
Kombination bzw. Abfolge der Übungen kann von der Therapeutin bzw. dem
Therapeuten individuell zusammengestellt werden. Die Prinzipien "von einfach nach
schwierig" und "von basal zu komplex" stehen dabei im Fokus (Rogge, 2017, S. 123-
126).
44
Myofunctional Therapy nach Bolton (MFTB)
Myofunktionelle Therapie nach Hahn (MFTH)
Schweizerisches MFT-Übungsprogramm nach Schwitzer (MFTS)
Muskelfunktionsübungen im orofacialen Bereich nach Curschellas (MFÜoB)
Orofaziale und craniocervikale Myotherapie nach Bondi (OCMT)
Muskelfunktionsübungen/Orofaziale Muskelfunktionstherapie nach
Clausnitzer (OMT)
Myofunktionstherapie nach Fischer-Voosholz & Spenthof (OMS)
Wiener Konzept zur Therapie Orofazialer Dysfunktionen
Körperorientierte Sprachtherapie nach Codoni (k-o-s-t®)
5 Phasenmodell der Myofunktionellen Therapie nach Hörstel
„Die Schluckschlus“ - Ein Therapiekonzept für Myofunktionelle Störungen im
Vorschulalter von Kirsten Waschul
Im Kapitel Befunderhebung wurden bereits jene Fachdisziplinen genannt, die sich teils nur
oberflächlich, teils aber auch intensiver mit dem Störungsbild der OFD befassen. Klocker
et al. untersuchten mit Hilfe einer Interview-/Fragebogenstudie die interdisziplinäre
Zusammenarbeit in der Myofunktionellen Therapie, an der 42 Behandlerinnen und
Behandler in 32 logopädischen Praxen teilnahmen. Deren Äußerungen zum Status der
Kooperation ergaben, dass Kieferorthopädinnen und Kieferorthopäden, Kinderärztinnen
und Kinderärzte und Fachärztinnen und -ärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde den
Hauptanteil an Überweisungen von Patientinnen und Patienten mit einer OFD-Symptomatik
ausmachen. Die Qualität der Zusammenarbeit wurde von den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern der Studie mit Hilfe einer Notenskala zwischen 1 und 6 bewertet. Sowohl für
Ärztinnen und Ärzte des HNO-Fachbereiches als auch für Pädiaterinnen und Pädiater
45
ergab die Bewertung eine Durchschnittsnote von 2,7 und für Kieferorthopädinnen und
Kieferorthopäden die Note 3,2. Als sehr kritisch wurde der meist sehr späte
Überweisungszeitpunkt der Ärztinnen und Ärzte betrachtet, da im Allgemeinen ein
frühzeitiger Behandlungsbeginn der Therapie im Alter von 8 Jahren oder jünger bevorzugt
wird. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer erachteten interdisziplinäre
Fortbildungen als einen sinnvollen Vorschlag zur Verbesserung der Zusammenarbeit. Des
Weiteren sollten eine bessere Motivation und Aufklärung der Betroffenen und ein
rechtzeitiges Screening zur Prävention und Früherkennung der Störung die Kooperation
zwischen den Disziplinen verbessern (2000, S. 38-43).
Die Osteopathie ist eine eigenständige, ganzheitliche Behandlungsmethode, die auf die
Aktivierung der Selbstheilungskräfte im Körper abzielt. Sie arbeitet mit strukturell-
funktionellen, viszeralen und craniosacralen Strukturen und integriert diese menschlichen
Systeme.
Laut Böhme (2010) ist eine Kombination manueller Techniken mit zahlreichen anderen
therapeutischen Verfahren zur Steigerung der Effektivität möglich (S. 47).
46
Manualtherapeutische Behandlungsmöglichkeiten der OFD
Die osteopathische Literatur betont die Notwendigkeit manueller Therapien zur Behandlung
von Dysgnathien. Anhand einer systematischen Literaturrecherche wurde im Jahre 2013
die Wirksamkeit der Osteopathie und anderer manueller Behandlungsansätze bei
Malokklusion des Kiefers untersucht. Von 30 ausgewählten Artikeln, welche die
Aufnahmekriterien für die Studie erfüllten, waren 13 Expertinnen- und Expertenmeinungen
ohne Beleg. Aus diesem Grund wurden nur die verbleibenden 17 Studien herangezogen,
worunter einige über die Veränderungen der Malokklusion im Zusammenhang mit
Osteopathie und anderen angewandten manuellen Techniken berichteten. Da durch die
Anwendung von Qualitätsbewertungstools Probleme mit der internen und externen Validität
der Studien identifiziert werden konnten, ist das Ergebnis noch nicht aussagekräftig und es
besteht ein Bedarf an qualitativ hochwertigerer Forschung (vgl. Andresen et at., 2013, S.
99-113). Eine randomisierte, kontrollierte Studie aus dem Jahre 2009 belegt den positiven
Einfluss osteopathischer Behandlungen auf bestimmte Schmerzen und Symptome der
CMD. Die Behandlungsgruppe erhielt im Abstand von je zwei Wochen vier osteopathische
Behandlungen, die Kontrollgruppe (mit derselben CMD-Symptomatik) blieb acht Wochen
lang unbehandelt. Die Messung der Schmerzintensität und die Bewertung der CMD-
Symptomatik ergaben eine signifikante Verbesserung in der Behandlungsgruppe und die
Follow-up-Ergebnisse zeigten weitgehend Stabilität. Die Kontrollgruppe wurde nach
Abschluss der Studie ebenso behandelt und bestätigte die Ergebnisse (vgl. Gerber et al.,
2009, online abrufbar).
47
teilnehmenden Patientinnen und Patienten, die an chronischen CMD- und
Rückenschmerzen litten und bislang eine Therapieresistenz aufwiesen. Es wurde
untersucht, ob das Einbeziehen der CMD in das interdisziplinäre, multimodale
Behandlungskonzept kombiniert mit manualtherapeutischen Maßnahmen eine Linderung
der Beschwerden verursacht. Durch die synchrone Therapie konnte bei 85% der 652
Patientinnen und Patienten trotz vorhergegangener Therapieresistenz eine gute Besserung
der ganzkörperlichen Beschwerden und bei 90% eine Besserung der Beschwerden im
Kiefer erzielt werden. Damit wurde sowohl der Zusammenhang zwischen chronischem
Rückenschmerz und CMD-Symptomen belegt, als auch die Effektivität
manualtherapeutischer Behandlung bei diesen Erscheinungsformen nachgewiesen (S.
428-440).
Laut Finkbeiner beinhaltet die Manuelle Stimmtherapie (MST) nach Münch manuelle
Techniken zur Behandlung funktioneller, organischer und psychogen bedingter Dysphonien
und besteht aus passiven Mobilisierungstechniken und aktiven Übungselementen zur
Eutonisierung der Muskelfunktionsmechanismen in den funktionellen Bereichen der
Haltung, Atmung, Stimme, Sprechen und Schlucken. Eine veröffentlichte Fragebogenstudie
zur MST zeigte, dass diese Techniken, die von speziell ausgebildeten Therapeutinnen und
Therapeuten angewandt wurde, Funktionsverbesserungen zwischen 25-100% in den
Bereichen Atmung, Stimme, Schmerzempfinden, Schlucken, Körperhaltung,
Körperwahrnehmung und Gesamtbeweglichkeit der atem-, stimm-, artikulations- und
schluckgebenden Organe bewirken konnten (2015, S. 1).
48
S. 14). Aufgrund dieser evidenzbasierten Wirksamkeit inhalierter ätherischer Öle könnten
diese bei folgenden Symptomen der OFD zur therapeutischen Anwendung eingesetzt
werden: Behinderte Nasenatmung durch rezidivierende Atemwegsinfekte oder Allergien,
Kopfschmerzen, Migräne, Konzentrationsprobleme, Orofacial Pain oder psychische
Komponenten.
Eine weitere Studie, die ebenso anhand eines Mausmodells durchgeführt wurde, belegte
durch den Einsatz von ätherischem Lavendelöl die Unterdrückung allergischer
Atemwegsentzündungen und Schleimzellhyperplasie, zweier Symptome des
Störungsbildes Asthma bronchiale. Die Mäuse der Asthma-Kontrollgruppe wurden dabei an
den Tagen 0 bis 4 durch eine intraperitoneale Injektion von Ovalbumin (OVA) sensibilisiert
und anschließend an den Tagen 28 bis 30 mit vernebeltem OVA herausgefordert. Die
Mäuse der Untersuchungsgruppe inhalierten Lavendelöl an den Tagen 14 bis 31. An den
Tagen 32 und 33 wurde die allergische Entzündungsreaktion bestimmt. Das relevanteste
Ergebnis der Untersuchung ist, dass sowohl in der Kontroll-, als auch in der
Untersuchungsgruppe eine Erhöhung der Atemwegsresistenz durch Unterdrückung von T-
Helper-2-Zellzytokinen und Muc5b-Expression gehemmt wurde. Daher kann Lavendelöl als
komplementärmedizinische Anwendungsform bei Asthma bronchiale wirksam verwendet
werden (vgl. Ueno-Ilio et al., 2014, S. 109-115).
Antiallergische Effekte zeigte auch die Wirkung von Schwarzkümmelöl, welches zusätzlich
Granulozyten hemmt, die an der allergischen Reaktion beteiligt sind. Berichten zufolge
besitzt Thymocinon (TQ), der Hauptwirkstoff von Schwarzkümmelöl, eine
entzündungshemmende und immunstimulierende Wirkung auf Asthma und Entzündungen
der Bronchien. Dies wurde in einer vorliegenden Studie aus dem Jahre 2006 genauer
untersucht, indem man in einem Mausmodell die Wirkung von TQ auf Entzündungen der
Atemwege bei allergischem Asthma untersuchte. Die histologische Untersuchung des
49
Lungengewebes der beteiligten Mäuse ergab eine Hemmung der allergeninduzierten
Lungenentzündung und der schleimproduzierenden Kelchzellen durch TQ. Diese Daten
bestätigen, dass der Hauptbestandteil von Schwarzkümmelöl allergische Entzündungen
der Atemwege hemmt (vgl. El Gazzar et al., 2006, S. 1135-1142).
3.2.3 Ayurveda
Der Begriff „Ayus“ bedeutet eine Zeitspanne oder auch Leben. „Veda" heißt reines,
vollständiges Wissen von den Naturgesetzen. Damit ist die Gesamtheit aller geistiger und
materieller Naturgesetze gemeint, die das unifeste Universum von einem unmanifesten
einheitlichen Feld aus verwaltet [sic!]. Es wird auch als abstraktes Intelligenzfeld an der
Grenze des Lebens beschrieben, von dem ausgehend das ganze Leben, die Materie und
das Universum gesteuert wird (Urschwingungen des transzendentalen Bewusstseins). Es
geht um die Weisheit der Natur, die auch uns innewohnt und die mittels der Ayurvedischen
Medizin durch bestimmte Techniken wie Yoga oder Meditation in uns geweckt werden soll.
Die natürliche Intelligenz befindet sich in jedem Menschen auf einer transzendenten Ebene,
zu der eine Verbindung hergestellt werden soll, um gesund zu bleiben.
Der Ayurveda ist demnach als reines und vollständiges Wissen vom Leben zu sehen und
reicht vom zeitlich individuell begrenzten Leben bis zum unbegrenzten, kosmischen und
zeitlosen Dasein, das dem eigenen Selbst zugrunde liegt. Da sich aus dem Geist und dem
Bewusstsein erst die Materie bildet, kann man den Ayurveda auch als eine
bewusstseinsbasierte Medizin betrachten.
Die vedische Therapie stellt laut Schrott und Schachinger bei vegetativen Störungen und
seelischen Krankheiten eine mögliche Behandlungsform dar (2016, S. 310-316). Aus
diesem Grund könnte sie bei Symptomen wie Spannungskopfschmerz, Migräne, Schwindel
oder bei psychischen Komponenten zur Anwendung kommen. Weitere vedische
Behandlungen werden bei Atemwegs- und Erkältungskrankheiten wie Tonsillitis, Sinusitis,
Asthma bronchiale, chronische Bronchitis oder hypertrophen Adenoiden eingesetzt (vgl.
ebd., S. 318-322). Da diese oftmals die Ursachen einer persistierenden Mundatmung, einer
Mittelohr-Belüftungsstörung oder eines Status Lymphaticus darstellen, wäre es durchaus
sinnvoll, die Betroffenen begleitend durch eine vedische Therapie dieser Symptome zu
50
betreuen. Techniken wie Meditation oder Yoga könnten weitere hilfreiche therapeutische
Anwendungsmöglichkeiten bei Problemen der Tonusregulation, Konzentrationsproblemen
oder bei der Behandlung zur Verminderung psychischer Belastungen durch OFD darstellen.
Mit dem Ayurvedischen Management bei hypertrophierten Adenoiden beschäftigt sich eine
Fallstudie aus dem Jahre 2015. Wie zuvor im Kapitel Ätiologie der OFD von mir angeführt,
wird in dieser Fallstudie die chronische Hypertrophie von Adenoiden ebenso als Ursache
von Nasenatmungsbehinderung, Veränderungen des Hörvermögens und bestehenden
Dysgnathien angeführt, was wiederum zu pädagogischen und sozialen Problemen führen
kann. Ein alternativer und neuartiger nicht-chirurgischer Ansatz zur Behandlung dieser
Erkrankung wurde mit dem Ziel untersucht, ein ähnlich gutes Ergebnis vergleichbar mit den
Resultaten nach operativen Maßnahmen zu erreichen. Da die Adenoidhypertrophie im
Ayurvedischen aufgrund der stark ähnlichen Symptomatik mit einer Erkrankung namens
Kanthashaluka korreliert, wurde ein sechs Jahre altes männliches Kind mit dieser
Symptomatik für die Fallstudie herangezogen. Der Bub wurde zuvor bereits mit Antibiotika
und Vitaminen behandelt, allerdings erfolglos. Daher wurde den Erziehungsberechtigten zu
einer operativen Entfernung der Nasenpolypen ihres Kindes geraten. Um einen
chirurgischen Eingriff eventuell noch vermeiden zu können, versuchten die Eltern des
Jungen im Rahmen dieser Fallstudie eine ayurvedische Behandlung, die aus einer
Kombination der Einnahme vedischer Medikamente und der Anwendung weiterer vedischer
Verfahren bestand. Bereits nach 15 Tagen ab Einnahmebeginn dieser Medikamente
äußerte der Bub ein subjektives Wohlbefinden. Die Symptomatik klang nach Abschluss
einer einmonatigen Behandlung deutlich ab und reduzierte sich auf eine einfache
Schleimhautverdickung ohne bestehende Adenoidhypertrophie. Dieser Zustand konnte
auch durch wiederholte Röntgenaufnahmen bestätigt werden. Bei einer Nachuntersuchung
nach drei Monaten zeigten die Adenoide eine altersentsprechende Größe, es kam zu
keinem rezidivierenden Auftreten der Symptomatik (vgl. Shankar et al., 2015, S. 1164-
1170).
51
gegensätzliche als auch ergänzende Eigenschaften einer Gesamtheit beinhalten und
miteinander ein Gleichgewicht bilden sollen. Des Weiteren wird in der TCM von immer
wiederkehrenden Rhythmen (5 Wandlungsphasen) und ihren weitreichenden Bezügen zum
menschlichen Organismus gesprochen (vgl. Schulz in Huber & Michalsen, 2014, S. 334-
335). Der Begriff Qi wird in der TCM sehr häufig genannt, damit ist die Lebensenergie
gemeint, die allem Lebendigen innewohnt. Diese Lebenskraft der Natur ist eine ständig
fließende Energie, die den gesamten Körper jedes Lebewesens durchdringt (vgl. Stock-
Schröer et al., 2013, S. 165).
Die Akupunktur stellt eine Behandlungsmethode der TCM dar, die in unseren Breitengraden
mittlerweile eine sehr große Popularität gewonnen hat. Behandelt werden energetisch
und/oder organisch zusammengehörende Akupunkturpunkte auf den Meridianen der
Körperoberfläche, die als genau definierte Bahnen mit besonders dichtem Energiefluss
bezeichnet werden. Dies geschieht durch den Einsatz von Akupunkturnadeln oder Laser
(vgl. ebd., S. 167).
Primäres Ziel aller TCM-Behandlungen ist es, den Energiefluss zu harmonisieren und damit
die Gesundheit des Menschen zu fördern.
Da die Verfahren der TCM vor allem in der östlichen Medizin zur Behandlung beinahe aller
Krankheitsbilder zum Einsatz kommen, könnten diese vermutlich ebenso bei fast allen
Erscheinungsformen der OFD verwendet werden. Um auf die Bedeutung der TCM für die
Behandlung der OFD genauer einzugehen, führe ich im Folgenden einige Studien an, die
die Wirkung der Verfahren im Einzelnen untersucht haben.
In der Internationalen Zeitschrift für Akupunktur findet man beispielsweise eine aktuelle
Studie aus dem Jahre 2019, die sich mit dem Einsatz von Akupunktur bei der Behandlung
von Kiefergelenksstörungen beschäftigt hat. Man ging der Frage nach, ob durch das
Anbringen von Nadeln Funktionsstörungen des Kiefergelenks geheilt werden können. Um
diese Wirksamkeit zu beweisen, wurden 20 Freiwillige im Alter von 18-30 Jahren
ausgewählt, die mittelschwere und schwere Symptome der CMD aufwiesen und sowohl mit
chinesischer Akupunktur als auch mit Scheinakupunktur (Kontrollgruppe) behandelt
wurden. Alle Freiwilligen wurden in 10 Sitzungen, die einmal pro Woche stattfanden, durch
das Setzen von Nadeln an lokalen und entfernteren Stellen des Kiefergelenks mit dem Ziel
behandelt, den Energiefluss des Organismus wiederherzustellen und die Symptomatik zu
lindern. Bei der Kontrolle der Ergebnisse wurde festgestellt, dass die verwendete Technik
eine Remission der Anzeichen der CMD bewirkte und die Freiwilligen am Ende dieser
52
Behandlung nicht mehr als CMD-Patientinnen und -Patienten deklariert werden konnten
(vgl. Costa Rossi Junior et al., 2019, S. 76-81).
Anführen möchte ich auch einen Fallbericht über rezidivierende Nasenpolypen, die durch
chinesische Kräuterkochung (Kräuterdekokt) und Akupunktur behandelt wurden. Zum
Einsatz von CAT und Akupunktur bei der Behandlung von Adenoiden wurde bis zum
Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Fallberichtes noch sehr wenig geforscht. Mittlerweile
gibt es vor allem im Bereich der Akupunktur einige Studien, die die Wirksamkeit dieser
TCM-Verfahren in diesem Zusammenhang belegen. Im Fallbericht, der 2010 publiziert
wurde, ging es um einen australischen Patienten, der an hypertrophen Adenoiden und
Chronischer Rhinosinusitis (CRS) litt. Dieser hatte bereits vier chirurgische Entfernungen
der Adenoide hinter sich, die Polypen traten jedoch immer wieder auf. Eine chinesische
Kräuterkochung in Verbindung mit Akupunktur sollte ihm nun dazu verhelfen, seine
rezidivierende Symptomatik loszuwerden. Die verabreichte Kräutermischung beinhaltete
entzündungshemmende, antibakterielle und antimykotische Eigenschaften, die
möglicherweise einen ausschlaggebenden Teil des Ergebnisses der Behandlung
ausmachten. Das Ergebnis zeigte nämlich, dass eine große Menge an Schleim verschwand
und auch die Nasenpolypen nicht mehr in einem hypertrophen Zustand waren. Dieses
Ergebnis war auch noch dreieinhalb Jahre nach der Untersuchung sichtbar. Die
Anwendung eines chinesischen Kräuterdekokts in Kombination mit Akupunktur verhinderte
in diesem Fall effektiv das Wiederauftreten von Nasenpolypen. Eine weitere Forschung in
diesem Anwendungsbereich findet daher ihre Rechtfertigung (vgl. Miao, 2010, S. 691-695).
53
TCM-Diagnose wurden an unspezifischen Kontroll-Akupoints getestet. Die VAS und NAF
wurden vor Akupunkturbeginn und 15 und 30 Minuten danach bewertet und gemessen. Die
Resultate der Messungen äußerten sich dahingehend, dass in der Kontrollakupunktur eine
signifikante Verbesserung der VAS und eine Verschlechterung der NAF festgestellt werden
konnte. Signifikante Verbesserungen in beiden Bereichen zeigte die Verum-Akupunktur.
Diese Signifikanz der Verbesserung durch die Verum-Akupunktur konnte auch nach einiger
Zeit noch nachgewiesen werden (vgl. Sertel et al., 2009, S. 23-28).
Es liegt noch eine Anzahl weiterer interessanter Studien zur Wirksamkeit traditionell
chinesisch medizinischer Verfahren vor, die als ergänzende Behandlung von Symptomen
der OFD eine Relevanz aufweisen könnten. Drei davon möchte ich noch kurz anführen:
eine systematische Überprüfung der klinischen Wirksamkeit der Akupunktur bei allergischer
Rhinitis (vgl. Roberts et al., 2008, S. 13) und
Mundakupunktur
Passend zum Thema Akupunktur möchte ich in diesem Unterkapitel noch kurz auf das
Spezialgebiet der Mundakupunktur eingehen, die die traditionelle klassische Akupunktur
ergänzt und von Dr. Jochen Gleditsch in den 1980er Jahren entwickelt wurde. Sie beruht
auf spezifischen Reflexpunkten auf der Mundschleimhaut und erlaubt eine diagnostische,
vorwiegend jedoch eine therapeutische Nutzung. Die Mundakupunktur ist eine Form der
Injektionsakupunktur, bei der als Injektionsmittel Lokalanästhetika und isotonische
Kochsalzlösung verwendet werden. Sie ist zudem charakterisiert durch eine unmittelbar
eintretende Wirkung, im Besonderen bei Störungen und Schmerzen am
Bewegungssystem. Durch die systemische Wechselbeziehung der Schleimhautpunkte mit
je einem dazugehörigen inneren Organ wird eine Wirkung auch an ferneren Organen und
Funktionen erreicht. Sie stellt somit eine Form der Regulationstherapie dar (vgl. Gleditsch,
2005, S. 13-15).
54
Einsatzbereiche der Mundakupunktur bei OFD
Eine von Simma et al. durchgeführte, randomisierte, placebo-kontrollierte Studie konnte die
Wirksamkeit der Mundakupunktur bei craniomandibulärer Schmerzsymptomatik belegen.
Ziel dieser Studie war es, einen Beweis für die Wirksamkeit der sofort eintretenden Effekte
von Mikrosystem-Akupunktur bei Patientinnen und Patienten mit Störungen im
craniomandibulären System zu erbringen. Untersucht wurden dabei die subjektive
Schmerzintensität (VAS), die muskuläre Funktionalität (Druckdolenzen-Scores), die
Mundöffnung, die Axiografie und die palpierten und therapierten Akupunkturareale. 23
Patientinnen und Patienten mit Symptomen der CMD wurden dafür ausgewählt und in zwei
Gruppen eingeteilt (Verumgruppe und Kontrollgruppe). Die Kontrollgruppe erhielt eine
Placebo-Lasertherapie. Die Ergebnisse nach der Behandlung waren vor allem im Bereich
der Verbesserung des muskulären Schmerzempfindens in der Akupunkturgruppe im
Vergleich zur Placebogruppe signifikant. Ebenso signifikant von Vorteil für die tatsächlich
behandelte Gruppe waren die Unterschiede der Druckschmerzen der Nacken- und
Kaumuskulatur. Außerdem ließen sich in der Verumgruppe in den getätigten
Aufzeichnungen häufiger Verbesserungen der Öffnungs- und Schließbewegung der Kiefer
erkennen. Verbesserungen gab es in der akupunktierten Gruppe ebenfalls im Bereich der
Protrusions- und Retrusionsbewegung, diese zeigten allerdings keine statistische Relevanz
(vgl. Simma et al., 2009, S. 6-11).
3.2.5 Homöopathie
Die Homöopathie ist eine Arzneimitteltherapie, die von dem deutschen Arzt, Chemiker und
Pharmazeuten Samuel Hahnemann (1755-1843) begründet wurde. Nach einem
Selbstversuch mit Chinarinde im Jahre 1790 formulierte Hahnemann die „Ähnlichkeitsregel“
und kombinierte sie mit dem Prinzip der „Potenzierung“ der Wirkstoffe. Bei Anwendung
dieser Prinzipien soll ein Mittel, das in seiner Urform bestimmte Beschwerden auslöst, eine
Krankheit mit denselben Symptomen kurieren, wenn es nach bestimmten Regeln stark
verdünnt verabreicht wird. Bei der homöopathischen Therapie einer Erkrankung werden
also solche Wirkstoffe hochverdünnt und verschüttelt („potenziert oder dynamisiert“)
angewendet, welche bei gesunden Menschen genau diese Symptome hervorrufen würden
55
(„Ähnlichkeitsprinzip“). Die Gabe der jeweils an die Krankheitszeichen angepassten
Arzneimittel erfolgt in Form von Globuli (mit dem Wirkstoff versetzte Zuckerkügelchen),
Lösungen oder Tabletten und soll als Stimulus die Selbstheilungskräfte des Organismus
aktivieren bzw. in die richtigen Bahnen lenken (vgl. Böhme, 2010, S. 33).
Im Sinne einer Regulationsmedizin wird die Homöopathie als alleinige Maßnahme vor allem
bei funktionellen Beschwerden und psychosomatischen Erkrankungen eingesetzt, findet
aber auch bei vielen anderen Erkrankungen als unterstützende Behandlung breite
Anwendung. Sie kann dabei aufgrund ihres günstigen Nebenwirkungsprofils auch parallel
mit allopathischen Medikamenten angewendet werden (vgl. Linke-Cordes in Huber &
Michalsen, 2014, S. 186).
In einer prospektiven, multizentrischen Beobachtungsstudie aus dem Jahr 2012 wurde die
Wirksamkeit von Homöopathie bei Chronischer Sinusitis (CS) untersucht, um deren
therapeutischen Nutzen bei der Behandlung der CS festzustellen. Dazu wurden 628
Patientinnen und Patienten mit CS mit insgesamt 13 von 17 vordefinierten
homöopathischen Arzneimitteln aus dem Repertoire für die pathologischen Symptome der
CS behandelt. Vier aus dieser Medikamentengruppe wurden nie verschrieben. Die
Symptome wurden anhand des CSAS (Chronical Sinusitis Assessment Score) bewertet.
550 Patientinnen und Patienten wurden zumindest einmal nachuntersucht. Nach einer
Behandlungszeit von 3 und 6 Monaten konnte eine statisch signifikante Reduktion des
CSAS nachgewiesen werden. Eine Verbesserung konnte auch anhand des radiologischen
Erscheinungsbildes erkannt werden. Am nützlichsten erwiesen sich die homöopathischen
Arzneimittel Silicea (Sil.), Calcium carbonicum Hahnemanni (Calc.), Lycopodium (Lyc.),
56
Phosphor (Phos.) und Kalium Jodatum (Kali Jod.). Obwohl aus der Studie die Annahme
hervorgeht, dass homöopathische Arzneimittel bei CS-Patientinnen und Patienten wirksam
sein können, sind kontrollierte Versuche für die weitere Validierung erforderlich (vgl. Nayak
et al., 2012, S. 84-91).
Abschließend ist anzumerken, dass die Studienlandschaft innerhalb der Homöopathie von
heterogener Qualität ist. Kritiker setzen die geringe Zahl von randomisierten, kontrollierten
Studien mit mangelnder Evidenz gleich. Sie bleibt daher eine der umstrittensten
Therapieformen innerhalb der medizinischen Fachgebiete.
57
werden kann. Einen Nachweis für eine Reduktion des Kortisolspiegels findet man über das
Feedback der Herzratenvariabilität. Angewandt wird diese Methode sehr oft bei
Dysfunktionen des autonomen Nervensystems, die mit Angststörungen, Stress und
Depressionen einhergehen und zudem sehr häufig mit einer Entgleisung der Sympathikus-
und Parasympathikusaktivität verbunden sind. Dabei kommen Entspannungsverfahren wie
die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Atemtechniken oder geführte
Visualisierungen zum Einsatz, mit deren Hilfe ein Zustand der Entspannung herbeigeführt
werden kann (vgl. Brunnhuber & Michalsen in Huber & Michalsen, 2014, S. 404-405).
Biofeedbackmethoden sind ein bereits länger bekanntes und eingesetztes Verfahren in der
logopädischen Therapie Myofunktioneller Störungen. Vor allem zur Behandlung von
Hypernasalität, die häufig in Verbindung mit Problemen der Tonusregulation auftritt, wird
unterstützendes Biofeedback empfohlen. Die Durchführung erfolgt dabei mittels
Beobachtung respiratorischer Vorgänge, Einsatz eines flexiblen Nasenendoskops oder
Nasometers oder mit Hilfe eines Spiegels, bei der die ausströmende Atemluft während der
Phonation über den Behauchungsgrad des Spiegels veranschaulicht werden kann. Eine
weitere visuelle Biofeedbackmethode, bei der ein Spiegel als Hilfsmittel dient, kommt beim
aktiven Muskeltraining der orofazialen Muskulatur zur Anwendung. Dabei kann die Patientin
oder der Patient die korrekte Ausführung ihrer oder seiner Übungen visuell über das
Spiegelbild kontrollieren. Dieses Hilfsverfahren ist eines der geläufigsten in der
logopädischen Behandlung der OFD. Neben den soeben genannten Einsatzmöglichkeiten
der Biofeedbackmethoden können diese außerdem bei Symptomen wie Mundatmung,
inkomplettem Lippenschluss, oralen Habits, sensorischen oder motorischen Defiziten,
Lautbildungsfehlern, Wahrnehmungsstörungen, Auffälligkeiten des Körpertonus, der
Körperhaltung und der Bewegung, Konzentrationsproblemen und psychischen
Auffälligkeiten angewandt werden und decken somit ein sehr breites Spektrum der OFD-
Symptomatik ab. Da das Erlernen neuer Funktionen einen wesentlichen Bestandteil in der
Behandlung Orofazialer Dysfunktionsstörungen ausmacht, werden Biofeedbackmethoden
gerne zur Selbstkontrolle der Therapiefortschritte verwendet.
58
durch gezielte logopädische Zungenübungen in Kombination mit einer
Biofeedbackmethode durchgeführt werden, die aus Computerspielen bestand, die von der
Zunge gesteuert wurden. Ein in die Mundhöhle integriertes Instrument fungierte dabei als
Joystick für die Steuerung der digitalen Spiele. Die Umsetzung erfolgte in elf wöchentlich
stattfindenden Therapiesitzungen, wobei der Patient dazu angehalten wurde, das
kombinierte Übungsprogramm auch zuhause täglich durchzuführen. Bereits nach acht
Sitzungen konnte eine deutliche Verbesserung der Werte festgestellt werden. Nach einer
zwölfwöchigen Therapie mit Biofeedback und myofunktionellen Übungen zeigte sich eine
positive Entwicklung der Zungenstärke, die klinisch wahrnehmbar war und durch
Druckmessung per IOPI bestätigt wurde. Trotz des Therapieerfolges konnten nach Ende
der Sitzungen die alters- und geschlechtsabhängigen Normwerte nicht erreicht werden (vgl.
Vargas Maia et al., 2019, Online-Version).
In Abbildung 9 sieht man eine grafische Darstellung des Instrumentes, das bei dieser
Biofeedbackmethode zum Einsatz kam.
Abbildung 9: Instrument (Joystick), das intraoral von der Zunge bedient wird (Quelle: Vargas Maia
et al., 2019, Online-Version)
59
Die Abbildung 10 veranschaulicht den Zustand der Zungenkraft vor der durchgeführten
Behandlung, in Abbildung 11 ist eine deutliche Besserung zu erkennen.
Abbildung 10 und 11: Zungenkraft vor und nach der kombinierten Behandlung (Quelle: siehe ebd.)
Aus dem Diagramm der Abbildung 12 sind sowohl die Normwerte, als auch die während
und nach der Behandlung gemessenen Werte abzulesen.
Abbildung 12: Diagramm der Zungendruckmessungen - Normwerte und Werte im Verlauf (Quelle:
siehe ebd.)
Mentales Training
Mental zu trainieren bedeutet, durch die Vorstellung und das Imitieren von
Bewegungsabläufen etwas zu lernen. Diese Methode wird z.B. häufig von
Spitzensportlerinnen bzw. -sportlern oder Musikerinnen bzw. -musikern verwendet, um ihre
sportliche oder musikalische Leistung zu optimieren. Obwohl der Begriff Mentales Training
60
sehr oft synonym mit dem Begriff Bewegungsvorstellung verwendet wird, sind die
Bedeutungen der beiden Begriffe nicht ident. Die Vorstellung einer Bewegung alleine führt
nicht zum Mentalen Training. Dies geschieht erst durch das regelmäßige Üben mit der
Intention, die Bewegung zu verbessern. Durch Imagination und Beobachtung einer
Bewegung werden große Teile des motorischen Kortex stimuliert und erregt, die der
Planung und Ausführung einer Bewegung vorgeschaltet sind. Dadurch wird die neuronale
Ansteuerung der in den Bewegungsablauf involvierten Muskulatur beschleunigt und
verbessert. Bewegungsvorstellungstraining kann und wird bereits zu therapeutischen
Zwecken verwendet, sofern die Voraussetzungen für ein gutes Vorstellungsvermögen
gegeben sind. Diese bestehen aus intakten kortikalen Strukturen und anatomischen
Bahnen, die in die Regelkreise der Vorgänge involviert sind. Da die Methode des Mentalen
Trainings keine herkömmliche Therapieform wie die Logopädie, Physio- oder Ergotherapie
ersetzen kann, ist sie als komplementärmedizinische Methode zur Verbesserung der
Trainingsergebnisse anzusehen (vgl. Dettmers & Nedelka, 2011, S. 24-31).
Mentales Training wird vor allem im Bereich der therapeutischen Neurorehabilitation zum
Erlernen neuer und Wiedererlernen alter Bewegungsabläufe eingesetzt. Die Wirksamkeit
der Bewegungsvorstellung wurde bereits in einigen klinischen, randomisierten und
kontrollierten Studien belegt (vgl. ebd., S. 28). Da im Symptomkomplex der OFD gestörte
Bewegungsabläufe der orofazialen Muskulatur eine wesentliche Rolle spielen, könnte das
Mentale Training in der Myofunktionellen Therapie als zusätzliche Methode sehr hilfreich
sein. Motorische Defizite im orofazialen Bereich, Lautbildungsfehler,
Zungenfunktionsstörungen, Orofacial Pain und Auffälligkeiten der Grob- und Feinmotorik
stellen mögliche Symptome der OFD dar, deren herkömmliche Behandlungsweise mit der
Anwendung von Mentalem Training ergänzt werden könnte.
61
3.2.7 Weitere Behandlungsmöglichkeiten der OFD
Im Laufe meiner Recherchetätigkeiten stellte ich fest, dass das breite Spektrum an
multidisziplinären und/oder komplementärmedizinischen Therapierichtungen enorm viele
Behandlungsmöglichkeiten für alle Arten von Erkrankungen im orofazialen Bereich bietet.
Da dieses große Ausmaß an praktizierenden Fachdisziplinen, deren spezielle
Anwendungsbereiche zur therapieübergreifenden Behandlung der OFD weitere
Möglichkeiten darstellen, mein Untersuchungspotential weit übersteigen würde, möchte ich
im Folgenden nur noch einzelne Beispiele ergänzender Disziplinen nennen, deren
Relevanz in Bezug auf die OFD-Behandlung für mich bedeutsam erscheint:
Erneut möchte ich darauf hinweisen, dass diese Auflistung keinen Anspruch auf
Vollständigkeit erhebt und ihre Reihenfolge in der Nennung in keinem Zusammenhang mit
deren Bedeutung für die Behandlung der OFD steht.
62
4. Prävention & Salutogenese
4.1 Allgemeines
Der Begriff Prävention ist aus dem historisch älteren Begriff Krankheitsprävention
entstanden und entwickelte sich im 19. Jahrhundert im Rahmen einer sozial-politischen
Diskussion über soziale Hygiene und Volksgesundheit. Unter Prävention in Verbindung mit
Gesundheit (synonym auch Vorbeugung, Vorsorge oder Prophylaxe) versteht man im
Allgemeinen jede Art von Eingriffshandlung, die eine Vermeidung des Auftretens oder der
Ausbreitung von Krankheiten zur Folge hat. Der Begriff Gesundheitsförderung steht
hingegen für alle Eingriffshandlungen, die zur individuellen Fähigkeit der
Lebensbewältigung einen Beitrag leisten. Wie ich in der Einleitung meiner Arbeit bereits
erwähnt habe, ist dieser Grundgedanke auf den Medizinsoziologen und Stressforscher
Aaron Antonovsky (1987) zurückzuführen, der dafür den Begriff der Salutogenese
etablierte. Mit der Entwicklung seines Salutogenese-Modells wollte Antonovsky eine strikte
Zweiteilung der Begriffe Krankheit und Gesundheit überwinden, da alle
Interventionsformen, die mit den genannten Begriffen in Verbindung stehen, darauf
abzielen, daraus einen Gewinn für die individuelle als auch für die kollektive Gesundheit zu
erlangen (vgl. Hurrelmann et al. in Hurrelmann et al., 2014, S. 13-14). Zusammenfassend
können demnach die beiden Begriffe Krankheitsprävention und Salutogenese als
unterschiedliche Eingriffshandlungen mit differenten Wirkungsgrundsätzen bezeichnet
werden.
63
steht in diesem Fall nicht die Krankheitsentstehung, sondern die salutogenetische Wirkung
im Vordergrund. Es geht dabei nicht um die Elimination von Risikofaktoren, sondern viel
mehr um den Aufbau von Schutzfaktoren und Ressourcen zur Erhaltung oder
Verbesserung des Gesundheitszustandes. Mögliche Schutzfaktoren sind soziale und
wirtschaftliche Faktoren, Umweltfaktoren, verhaltensbedingte und psychische Faktoren
sowie die Möglichkeit, gesundheitsrelevante Leistungen in Anspruch zu nehmen (vgl. ebd.,
S. 15-16).
Die Prävention von Krankheiten und die Erhaltung und Förderung der Gesundheit liegt
somit zu einem beträchtlichen Teil in der Eigenverantwortung jedes einzelnen Menschen,
sofern dieser dazu in der Lage ist. Menschen, die nicht die Fähigkeiten dazu besitzen, in
den Bereichen Prävention und Salutogenese eigenverantwortlich zu handeln, sind auf die
Unterstützung von außen angewiesen. Solche Hilfestellungen können beispielsweise von
Eltern, Bezugspersonen, Pflegepersonen, Therapeutinnen und Therapeuten, Ärztinnen und
Ärzten etc. geleistet werden. Da ich als Logopädin bei der Ausübung meiner definierten
Tätigkeitsbereiche selbst diese Funktion übernehme, ist es für mich nicht nur eine Pflicht,
sondern auch ein großes Anliegen, dies in der Praxis so gut wie möglich umzusetzen und
damit einen wesentlichen Beitrag zum Wohlergehen meiner Patientinnen und Patienten zu
leisten. Welche von Logopädinnen und Logopäden bzw. von anderen Disziplinen
geleisteten Maßnahmen und Hilfestellungen dazu dienlich sind, um im speziellen Fall der
Entstehung einer OFD entgegenzuwirken, wird in den anschließenden Kapiteln näher
erläutert.
64
verdeutlicht und wiederholt betont wird. Das fortwährende Stillen des Säuglings über eine
Zeitspanne von mindestens einem halben Jahr gewährleistet laut Kittel das Erlernen und
die Prägung eines funktionell physiologischen Schluckmusters in der frühkindlichen
Entwicklung (vgl. ebd., S. 42). Dies beeinflusst wiederum die Kiefer- und
Zahnstellungsentwicklung zum Positiven, da durch einen frühzeitig korrekt erlernten
Schluckvorgang eine anatomische Ausformung des harten Gaumens stattfinden kann und
unterdessen intraoraler Raum zur Ausprägung der mandibulären, maxillaren und dentalen
Strukturen geschaffen wird. Als weitere positive Begleit- und Folgeerscheinung einer
physiologischen Schluckabfolge ist das Training der am Schluckvorgang beteiligten
orofazialen Muskulatur zu nennen, wodurch die Herstellung eines muskulären
Gleichgewichts begünstigt, ein permanent bestehender Mundschluss erleichtert und der
Erwerb einer physiologischen ZRL gefördert wird. Eine gut trainierte Zungenmuskulatur
bildet wiederum eine wichtige Grundlage für das spätere Erlernen und die Ausführung
exakter Artikulationsbewegungen. Die Aktivität der beteiligten Muskulatur, die während des
Trinkens aus einer Babyflasche stattfindet, unterscheidet sich von der orofazialen
Muskeltätigkeit beim Stillen. Besteht für die Mutter keine Möglichkeit bzw. kein Interesse,
ihren Säugling zu stillen, ist eine Optimierung des Flaschensaugens laut Fachliteratur
unumgänglich (vgl. Kittel, 2009, S. 40-42 und Furtenbach in Furtenbach et al., 2013, S. 101-
103). Wie diese Optimierung im besten Falle aussehen könnte, wurde bereits im Kapitel
Ätiologie erklärt. Bei speziellen Anliegen rund um das Thema Stillen sind die Hilfeleistungen
der Stillberatung zu empfehlen.
65
ebenfalls häufig zur Entstehung einer Myofunktionellen Störung bei und sollte daher
vermieden werden (vgl. Kittel, 2009, S. 40-48).
Sowohl bei der Nahrungsaufnahme, als auch bei der oralen Exploration der Umwelt
entwickelt sich die orale Wahrnehmungsfähigkeit (Stereognosefähigkeit) des Kindes. Durch
orale Reizangebote unterschiedlicher Qualität (Festigkeit, Konsistenz, Geschmack, Geruch
etc.) gelangt das Kind an unterschiedliche Informationen aus seiner Umwelt. Taktil-
kinästhetische, vestibuläre, propriozeptive, olfaktorische und gustatorische Systeme
werden aktiviert und ausgereift. Die Beschaffenheit der Nahrung ist dabei genauso wichtig
wie dem Kind die Möglichkeit zu bieten, sowohl seinen eigenen Körper (Hände, Finger,
Füße), als auch Objekte aus der Umwelt oral zu erkunden (vgl. Furtenbach in Furtenbach
et. al, 2013, S. 94-95).
66
In der Logopädie werden Übungen zur Förderung der Nasenatmung, die eine dauerhafte
Durchgängigkeit der Atemluft erleichtern können, angeboten.
Genauer eingehen möchte ich auf das Thema Ernährung, da diese einen erwiesenen
Zusammenhang mit dem Auftreten von Allergien hat und somit für die Entstehung einer
dauerhaft behinderten Nasenatmung mitverantwortlich sein kann. In einer amerikanischen
Studie wurde die Beziehung von Weizen- und Milchallergien zu Chronischer polypoider
Sinusitis (CPS) und rezidivierenden Krankheiten der Atemwege erforscht. Dazu wurden
Blutproben von 50 gesunden Probandinnen und Probanden und 50 Kontrollen mit klinisch
und radiologisch diagnostizierter CPS und chronischer adenoider Hypertrophie entnommen
und auf häufige Lebensmittelallergien (einschließlich Weizen- und Milchallergien)
untersucht. Niemand der insgesamt 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichtete im
Vorhinein von einer symptomatischen Lebensmittelallergie. Das Ergebnis der Studie zeigte,
dass 15% der 100 getesteten Menschen eine bisher noch nicht diagnostizierte Allergie
gegen Inhalationsallergene (Staub, Roggen und Pollen) und Lebensmittel (Mais und
Eiweiß) aufwiesen. 12% von 50 Patientinnen und Patienten mit CPS zeigte eine
Weizenallergie, 14% eine Milchallergie. In der Kontrollgruppe hatten 14% eine
Weizenallergie, jedoch niemand eine Milchallergie. In der Gruppe mit chronisch
hypertrophierten Adenoiden waren 14% positiv auf Milchallergie, verglichen zu keinem Fall
der Getesteten der Kontrollgruppe. Dieses Ergebnis zeigt eine starke statistische
Signifikanz und führt zu der Schlussfolgerung, dass Kuhmilchallergie (aber keine
Weizenallergie) einen relevanten pathogenetischen Zusammenhang mit chronischen
Nasenpolypen haben kann (vgl. Lill et al., 2011, S. 221-224).
67
Osteopathische Interventionen können die Entwicklung des stomatognathen Systems
beeinflussen. Diese Erkenntnis geht aus einer Studie hervor, die sich mit der Frage nach
dem aktuellen Stand der kieferorthopädischen Diagnostik und Therapie bei juvenilen
Dysgnathien und den möglichen Behandlungsansätzen der Osteopathie befasst hat. Dabei
wurden in Form einer systematischen Literaturrecherche die Ursachen von Dysgnathien
aus osteopathischer und kieferorthopädischer Sicht beleuchtet und ein interdisziplinärer
Ansatz vorgestellt. Die Kieferorthopädie sieht vorwiegend ätiologisch-genetische und
Umweltfaktoren (z.B. Habits), alle Myofunktionellen Störungen des orofazialen Systems
und die Körperhaltung als mögliche Ursachen für die Entwicklung von Dysgnathien. Die
Osteopathie diskutiert hingegen Funktionsstörungen des gesamten Körpersystems, vor
allem aber der Schädelbasis als möglichen Entstehungsgrund. In der funktionellen
Kieferorthopädie wird versucht, die craniale und orofaziale Entwicklung in Größe und
Richtung zu beeinflussen, während osteopathische Behandlungen eher darauf abzielen,
die Funktion zu verbessern, um eine Wachstumsselbstregulation zu aktivieren. Die
Berücksichtigung und Miteinbeziehung des stomatognathen Systems in die osteopathische
Intervention fordert die Bereitschaft einer interdisziplinären Zusammenarbeit (vgl. Tümpling,
2006, online abrufbar).
68
Mitbewegungen der Gesichtsmuskulatur, oft auch in Kombination mit Bewegungen der
Zunge. Der neue Bewegungsablauf muss erst integriert, differenziert und automatisiert
werden, um eine Senkung des Körper- und Gesichtstonus zu bewirken. Auch die Fähigkeit,
feine und genaue Linien zu schreiben, entwickelt sich erst im Laufe der Zeit, da aus
grobmotorischen Bewegungen des gesamten Körpers erst durch Integration und
Ausdifferenzierung feinmotorische möglich werden.
Jedes untergeordnete System unseres Körpers ist mit allen anderen Systemen vernetzt.
Bei Menschen, die Auffälligkeiten in der Motorik oder im Wahrnehmungsbereich zeigen,
lässt sich sehr häufig eine ähnliche Symptomatik im orofazialen Bereich erkennen,
begründet durch die Verknüpfung aller Systeme. Prävention kann daher in Bezug auf die
OFD nicht nur durch vorbeugende Maßnahmen stattfinden, die sich direkt auf den
orofazialen Bereich ausrichten. Sie muss ihren Ansatzpunkt auch am gesamtkörperlichen
Zustand des Menschen haben. Motorische und sensorische Fähigkeiten, ein geregelter
Gesamtmuskeltonus und eine gute Körperhaltung sind die Grundvoraussetzungen für ein
muskuläres Gleichgewicht, auch im orofazialen Bereich. Um diese Voraussetzungen zu
schaffen bzw. sie zu bewahren, ist die Zusammenarbeit von therapeutischen (z.B.
Physiotherapie, Ergotherapie, Diätologie, Psychologie), medizinischen (z.B. Pädiatrie,
Innere Medizin, Orthopädie), komplementärmedizinischen (z.B. Osteopathie),
pädagogischen oder beratenden Fachrichtungen, die präventiv und salutogenetisch
ausgerichtete Interventionen anbieten, unumgänglich.
69
5. Methode
In diesem Kapitel geht es um die Vorgehensweise bei der Suche nach evidenzbasierten
Erkenntnissen bezogen auf meine Fragestellungen. Es beinhaltet eine Beschreibung der
methodischen Aspekte aller wesentlichen Schritte meiner Recherche, um mein
systematisches Vorgehen für die Leserinnen und Leser dieser Arbeit besser verständlich
und nachvollziehbar zu machen. Bei der Schilderung der angewandten Methoden werde
ich versuchen, den zeitlichen Ablauf meiner Arbeitsschritte zu berücksichtigen und diese in
einer konsekutiven Weise darzulegen. Am Ende des Kapitels werde ich die essentiellen
methodischen Vorgänge in Form einer grafischen Übersicht zusammenfassend darstellen.
5.1.1 Terminologie
Bei der genauen Auseinandersetzung mit dem Titel meiner Arbeit und den formulierten
Fragestellungen zur Aufarbeitung meines Themas wurde mir klar, dass ich mich vorerst mit
der genauen Terminologie des Krankheitsbildes und den damit im Kontext stehenden
Begriffen beschäftigen musste. Um auch die Leserinnen und Leser meiner Arbeit mit den
verwendeten Terminologien vertraut zu machen, wurden die am häufigsten verwendeten in
einem eigenen Kapitel (Kapitel 2.1) genau erklärt. Es kristallisierten sich die Begriffe
„orofazial“, „myofunktionell“, „temporomandibulär“, „Dysfunktion“, „multidisziplinär“,
„interdisziplinär“, „komplementärmedizinisch“, „Prävention“, „effektiv“, „evidenzbasiert“,
„Wirkungsweise“, „randomisiert“, „kontrolliert“, „Studie“, und „Review“ als sinnvolle
Schlagwörter für den Beginn meiner Recherche heraus. Bei der Eingabe eher allgemein
formulierter Begriffe gelangte ich im Laufe der Suche zu immer spezifischeren
Bezeichnungen und selektierte diese wiederum nach der Bedeutung für meine
Fragestellung. Da es sich größtenteils um medizinische Fachbegriffe handelt, die im
internationalen Raum dieselbe Verwendung finden und ich dadurch aus einem großen Pool
an publizierter Literatur schöpfen konnte, war es naheliegend, meine Schlagwortsuche
auch auf Englisch durchzuführen. Begrifflichkeiten, die regional oder national eine
abweichende Bezeichnung haben, musste ich ihrer Bedeutung nach der international
geläufigen Bezeichnung anpassen.
70
5.1.2 Konkrete Suche zur Fragestellung
Um zu den richtigen Publikationen passend zu meiner Fragestellung zu gelangen, war es
notwendig, die Suche von vorne herein etwas zu limitieren, um „falsche“ oder
„unbrauchbare“ Ergebnisse auszuschließen und auf direktem Wege zu den richtigen
Treffern zu gelangen. Verwendet man beispielsweise den Begriff „craniomandibulär“, ohne
ihn im Vorhinein an Bedingungen zu knüpfen, gelangt man zu unzähligen
Veröffentlichungen, die für die Beantwortung meiner konkreten Fragen wenig relevant sind.
Aus diesem Grund musste ich mir überlegen, mit welchen Einschränkungen ich meine
Suche gestalten werde und in welcher Kombination ich meine Schlagwörter verwende, um
zu den gewünschten Ergebnissen zu gelangen. Diese Kriterien mussten im Verlauf meiner
Recherche mehrmals adaptiert werden.
Die definitive Suche anhand meiner verwendeten Schlagwörter fand in folgenden Portalen
statt:
Fachdatenbanken
Hierbei wurden aufgrund der Suche meist weitere Abstracts vorgeschlagen, die von
mir anschließend systematisch nach brauchbaren Ergebnissen durchsucht wurden.
71
„Hand search“: Durchblättern der Inhaltsverzeichnisse von Fachzeitschriften, die
zusätzliche Publikationen enthalten könnten, aber nicht in den systematisch
abgefragten Datenbanken gelistet sind
Da naturgemäß nur ein kleiner Anteil der zur Auswahl stehenden Publikationen alle
Kriterien erfüllen kann, musste ich meinen Selektionsprozess nach eigenem Ermessen und
nach Relevanz der Veröffentlichungen für meine Thematik anpassen. Publikationen, die für
mich in Frage kamen, musste ich im Anschluss in ihrer Volltext-Version beschaffen und
diese wiederum nach ihrer Bedeutung für meine Thesis überprüfen. Hatte ich zu einer
speziellen Fragestellung zu wenig brauchbares Material, musste ich mich erneut auf die
Suche begeben oder von den zuvor übrig gebliebenen „Verdächtigen“ die Volltext-
Versionen akquirieren und entscheiden, ob sie für mich in Frage kommen.
72
verschiedene Phasen meines Arbeitsprozesses auf. Die neuen Erkenntnisse aus den
Publikationen wurden sowohl für die allgemeine Theoriebildung, als auch für die
Legitimierung von Hypothesen, das Erkennen von Zusammenhängen und für die
Entwicklung neuer Ideen verwendet. Dies geschah in permanenter Weise beim Verfassen
jedes einzelnen Kapitels meiner Arbeit und mündete in die Ausarbeitung der Ergebnisse in
Form einer Tabelle, in der alle wesentlichen Erkenntnisse inklusive Literaturangaben
zusammengefasst wurden.
73
6. Ergebnisse
In der folgenden Tabelle (Tabelle 1) werden alle im Zuge meiner Recherche gefundenen
Behandlungsansätze aus dem komplementärmedizinischen Bereich bezogen auf die
einzelnen Symptome der OFD angeführt. Dabei findet man einen Verweis auf deren
Referenz und eine Zusammenfassung der Studienergebnisse (siehe Kapitel 3.2).
74
KOMPLEMENTÄR-
SYMPTOMATIK MEDIZINISCHE OUTCOME/
STUDIEN REFERENZ
DER OFD BEHANDLUNGS- EVIDENZ
ANSÄTZE
Wirksamkeit von
ätherischem Lavendelöl Erhöhung der
zur Unterdrückung Ueno-Ilio et Atemwegs-
Aromatherapie
allergischer Atemwegs- al., 2014 resistenz bei
entzündungen und Asthma bronch.
Schleimzellhyperplasie
Schwarz-
kümmelöl hemmt
Antiallergische Effekte El Gazzar et
allerg.
von Schwarzkümmelöl al., 2006
Entzündungen
der Atemwege
Ayurvedisches
Abklingen der
Management bei Shankar et
Ayurveda Symptomatik
hypertrophierten al., 2015
nachgewiesen
Adenoiden
Mundatmung/ Behandlung
rezidivierender Verhinderung
Inkompletter Nasenpolypen durch Miao, 2010 von Rezidiven
Lippenschluss TCM (CAT und Kräuterdekokt und nachgewiesen
Akupunktur) Akupunktur
(im Zusammenhang
Wirkung von Akupunktur
mit chronischen Signifikanter
bei verstopfter Nase Sertel et al.,
Anstieg des
Erkrankungen der aufgrund chron. Sinusitis, 2009
Nasenluftstroms
hypertroph. Adenoide
Atemwege)
Keine
Wirksamkeit der
Roberts et signifikante
Akupunktur bei
al., 2008 Veränderung
allergischer Rhinitis
nachweisbar
Verifikation der
Akupunktur bei
Wirksamkeit der
Patientinnen und Brinkhaus et
ausgewählten
Patienten mit saisonaler al., 2013
Akupunktur-
allergischer Rhinitis
punkte
Für die Evidenz
der Wirksamkeit
Wirksamkeit der
Nayak et al., sind weitere
Homöopathie Homöopathie bei
2012, kontrollierte
Chronischer Sinusitis
Studien erforder-
lich
Signifikante
Wirksamkeit der
Frass & Auswirkungen
Homöopathie bei
Ullmann, der homöopath.
allergischen
2010 Anwendungen
Atemwegserkrankungen
beschrieben
Bio-Feedback
Beziehung von Weizen-
Zusammenhang
und Milchallergien zu
zwischen
chronischer polypoider Lill et al.,
Ernährungstherapie Kuhmilchallergie
Sinusitis (CPS) und 2011
und CPS
rezidivierenden
nachgewiesen
Atemwegs-erkrankungen
Hypersalivation Homöopathie
Rehabilitation der Steigerung der
Vargas Maia
Bio-Feedback Zungenkraft mittels Bio- Zungenstärke
et al., 2019
Feedback nachgewiesen
75
Stärkung der
Zungen-
Effekte von mentalem
muskulatur und
Zungenfehlfunktion Training in Kombination Suso-Martí
Mentales Training Schmerz-
mit physischem Training et al., 2020,
reduktion im oro-
im orofazialen Bereich
fazialen Bereich
nachgewiesen
Homöopathie
Bio-Feedback
Orale Habits Manualtherapie
Homöopahtie
Bio-Feedback,
Mentales Training
Manualtherapie
Muskelungleichgewicht Ayurveda (Yoga)
(auf ganzkörperl. Ebene) Bio-Feedback
Artikulatorische Manualtherapie
Auffälligkeiten Bio-Feedback,
Mentales Training
Ergebnis nicht
Wirksamkeit der
Andresen et aussagekräftig;
Manualtherapie Osteopathie bei
Dysgnathien al., 2013 weitere Studien
Malokklusion des Kiefers
erforderlich
Manualtherapeutische Losert-
Effektivität
Wirksamkeit auf CMD- Bruggner et
nachgewiesen
Symptome al., 2019
Einfluss osteopathischer
Gerber et Signifikante
Manualtherapie Behandlung auf orofaziale
al., Verbesserung
Schmerzen und
2009 der Ergebnisse
Symptome der CMD
Aromatherapie
Akupunktureffekt auf
Schmerzen, Senken der
Einschränkung der Muskel-
Mundöffnung und auf die hypertonie,
Zotelli et al.,
Energie-Meridiane bei Verbesserung
2017
Orofacial Pain Patientinnen und der Mundöffnung
TCM (Akupunktur, Patienten mit und Abnahme
Mundakupunktur) temporomandibulärer der Schmerzen
Dysfunktion
Verbesserung
Wirksamkeit der
Simma et des muskulären
Mundakupunktur bei
al., Schmerz-
craniomandibulärer
2009 empfindens
Schmerzsymptomatik
nachgewiesen
Homöopathie
Schmerz-
Effekte von mentalem
reduktion im
Training in Kombination Suso-Martí
Mentales Training orofazialen
mit physischem Training et al., 2020
Bereich
im orofazialen Bereich
nachgewiesen
Manualtherapie
Status Lymphaticus Ayurveda
TMC (Akupressur-
Techniken)
Einfluss osteopathischer Gerber et Signifikante
Manualtherapie Behandlung auf al., Verbesserung
Symptome der CMD 2009 der Ergebnisse
Einsatz von Akupunktur Costa Rossi Remission der
CMD-Symptomatik Akupunktur bei der Behandlung von Junior et al., Anzeichen
Kiefergelenksstörungen 2019 nachgewiesen
Verbesserung
Wirksamkeit der
Simma et der Schmerz-
Mundakupunktur bei
Mundakupunktur al., symptomatik und
craniomandibulärer
2009 Kiefer-
Schmerzsymptomatik
bewegungen
76
Wahrnehmungs- Manualtherapie
störungen Bio-Feedback
Funktionelle
Körpertonus und Auswirkungen der MFT Funktionsver-
Finkbeiner,
Manualtherapie nach Münch auf Atmung, besserung
Körperhaltung, 2015
Haltung, Tonus, nachgewiesen
Bewegung Artikulation etc.
Bio-Feedback
Manualtherapie
Persistierende Reflexe
Akupunktur
Gleichgewichtsprobleme,
Manualtherapie
Schwindel
Manualtherapie
Aromatherapie
Kopfschmerzen, Ayurveda
Migräne TCM (Akupunktur,
CAT)
Homöopahtie
Ayurveda
Hörminderung durch
TCM (Akupunktur,
MO-Belüftungsstörung CAT)
Bio-Feedback
Aromatherapie
Ayurveda
(Meditation)
Konzentrationsprobleme TCM (Akupunktur,
CAT)
Homöopathie
Bio-Feedback
Aromatherapie
Psychosoziale Ayurveda
(Meditation)
Komponenten TCM (CAT)
Homöopathie
Bio-Feedback
Tabelle 1: Multidisziplinäre Behandlungsansätze der OFD in Bezug auf die Symptomatik (eigene
Darstellung)
Auffallend ist, dass die Studienlage in Abhängigkeit von einzelnen Symptomen keine
gleichmäßige Ergiebigkeit aufweist. Symptome, deren Auftreten einen multikausalen
ätiologischen Hintergrund als Ausgangslage vorliegen haben, werden von vielen
unterschiedlichen Fachdisziplinen behandelt. Hierbei findet man eine Vielzahl an
Therapieansätzen, deren Evidenz zum größten Teil sogar mehrfach belegt wurde. Den
größten Umfang an Studien gibt es aktuell zur Behandlung von Symptomen, deren
Auftreten im Zusammenhang mit chronisch rezidivierenden Erkrankungen der Atemwege
charakterisiert ist. Hervorheben möchte ich dabei vor allem die Ansätze aus der
aromatherapeutischen Behandlung, deren Wirksamkeit bei allergischen und entzündlichen
77
Prozessen im HNO-Bereich bereits mehrfach nachgewiesen wurde. Einen ansehnlichen
Behandlungserfolg findet man auch beim Einsatz manualtherapeutischer Verfahren, deren
Anwendung bei mehreren Symptomen der OFD (z.B. bei Dysgnathien, CMD-Symptomen
oder Schmerzen im orofazialen Bereich) mit einer großen Evidenz legitimiert wurde. Als
eine weitere sehr wertvolle komplementärmedizinische Behandlungsalternative haben sich
im Zuge meiner Nachforschungen Methoden aus der TCM herauskristallisiert. Diese
erwiesen sich sowohl bei der Behandlung einzelner orofazialer Symptome (z.B.
Mundakupunktur zur Schmerzbehandlung), als auch bei der Therapie von
Ganzkörpersymptomen als wirksam.
Im Bereich der Logopädie gestalten sich diese Maßnahmen vor allem in Form von
Aufklärungs- und Beratungsgesprächen mit betroffenen Eltern, da sich eine Intervention,
die so früh wie möglich stattfindet, als effektivste Vermeidungsstrategie der OFD erweist.
Zusammenfassend wird den Eltern dabei nahegelegt, das Saugbedürfnis ihrer Babys, wenn
möglich an der Brust zu stillen. Weiters ist es von Vorteil, den Kindern das Explorieren mit
Mund und Händen zu ermöglichen und das Abbeißen und Kauen adäquater Nahrung zu
sichern. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil primärer logopädischer Prävention ist das
Vermeiden bzw. Ausschalten exogener Störfaktoren, die die Entstehung einer OFD
begünstigen könnten. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit kompetentem
Fachpersonal (z.B. aus der Stillberatung) ist in jedem Fall zu befürworten.
78
auftretenden Symptomatik der OFD finden. Geht es um eine Sicherstellung der
Nasenatmung, sind es neben der HNO-Heilkunde die komplementärmedizinischen
Fachdisziplinen TCM, Ayurveda, Homöopathie, Ernährungsberatung und Aromatherapie,
die mit ihrer Sachverständigkeit und aus ihrer therapeutischen Erfahrung die wirksamsten
Hilfestellungen anbieten können. Dies wurde fallweise auch mit Studienergebnissen
untermauert (siehe Kapitel 4.3.1). Für die Vermeidung von Dysgnathien, die im
Zusammenhang mit einer OFD stehen könnten, sind abgesehen von logopädischen
Interventionen auch kieferorthopädische oder manualtherapeutische Maßnahmen von
großer Bedeutung. Um die Risikofaktoren zu vermeiden, die zur Entstehung von
Symptomen beitragen, die den ganzen Körper miteinbeziehen, sind präventiv und
salutogenetisch ausgerichtete Interventionen von therapeutischen (z.B. Physiotherapie,
Ergotherapie, Diätologie, Psychologie), medizinischen (z.B. Pädiatrie, Innere Medizin,
Orthopädie), komplementärmedizinischen (z.B. Osteopathie), pädagogischen oder
beratenden Fachrichtungen wirksam. Auch hierzu gibt es evidenzbasierte Belege (siehe
Kapitel 4.3.2).
79
7. Zusammenfassung und Diskussion
Zu Beginn meiner Arbeit habe ich erwähnt, dass es mir ein persönliches Anliegen ist, auf
die Wichtigkeit einer ganzheitlichen Betrachtungsweise im Umgang mit dem komplexen
Störungsbild der OFD aufmerksam zu machen. Obwohl das Bewusstsein langsam in die
Köpfe der Behandelnden eindringt, dass es einer multidisziplinären Herangehensweise in
der Therapie der OFD bedarf, um zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu gelangen,
gestaltet sich die Umsetzung in der Praxis noch sehr langsam und schwierig. Aus diesem
Grund habe ich mich dazu entschlossen, mich im Rahmen meiner Masterarbeit eingehend
mit dieser Problematik auseinanderzusetzen. Auf welche anfangs gestellten Kernfragen
meiner Problemstellung ich im Zuge meiner Recherchen Antworten finden konnte und in
welchen Bereichen noch fachtheoretische und praktische Weiterentwicklung notwendig
wäre, erörtere ich im Anschluss.
80
besonders gute Möglichkeit für eine sinnvolle therapieübergreifende integrative
Behandlungsform der OFD in der logopädischen Praxis wäre die Implementierung von Bio-
Feedback-Methoden. Ein gelungenes Beispiel dafür wurde im Kapitel 3.2.6 anhand eines
Fallberichtes beschrieben, in dem es um die Rehabilitation der Zungenmuskulatur durch
gezielte logopädische Zungenübungen in Kombination mit einer Biofeedbackmethode, die
in Form eines Computerspiels aufbereitet war, ging. Therapieformen, deren Anwendungen
eine zusätzliche Qualifikation oder Ausbildung verlangen, dürfen natürlich nicht direkt in die
logopädische Behandlung miteinbezogen werden. Mit dem Wissen über die Wirksamkeit
spezieller Anwendungen und Techniken besitzt die Logopädin bzw. der Logopäde jedoch
das Privileg, seine Patientin oder seinen Patienten an diese Fachdisziplinen
weiterempfehlen zu können und erweitert somit folglich seine eigene Beratungskompetenz.
Daraus entsteht wiederum ein Profit für alle Beteiligten. Als Therapieempfehlung würde ich
daher meinen Kolleginnen und Kollegen, die das Störungsbild OFD behandeln,
vorschlagen, sich ein grundlegendes Wissen über die symptomorientierten
multidisziplinären Behandlungsmethoden anzueignen, um sie entweder in die eigene
Therapiepraxis einbinden zu können oder mit den zuständigen Fachdisziplinen ein
gemeinsam definiertes Behandlungskonzept erstellen zu können. Das Erreichen eines
bestmöglichen Ergebnisses für die Patientin oder den Patienten sollte dabei immer im
Fokus stehen, auch wenn eine multidisziplinär orientierte Behandlungsweise womöglich
einen vorerst größeren Therapieaufwand für alle Beteiligten bedeutet.
Als ich mich mit dem Thema Prävention und Salutogenese bezogen auf das Störungsbild
OFD eingängiger beschäftigt habe, kam ich zu dem positiven Ergebnis, dass eine
multidisziplinäre Zusammenarbeit in diesem Bereich – wenn auch noch nicht
zufriedenstellend – so doch in Ansätzen bereits vorhanden ist. Wenn es um konkrete
Hilfestellungen und Maßnahmen geht, die aus dem logopädischen Bereich kommen,
werden bereits andere Fachdisziplinen wie etwa die Pädiatrie, Psychologie oder die
Stillberatung als kompetente Partner in der Beratung der Betroffenen empfohlen bzw. zu
Rate gezogen. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit besteht teilweise auch bei der frühen
Intervention zur Vermeidung von Dysgnathien. Hierbei handelt es sich meist um eine
Kooperation zwischen Logopädie und Kieferorthopädie. Übersehen wird noch immer, dass
zudem eine Vielzahl an weiteren effektiven multidisziplinären Interventionsmöglichkeiten
besteht, die für die Prävention der OFD hilfreiche Varianten darstellen und deren
Wirksamkeit in der Prophylaxe durch eine verstärkte Kooperation der Disziplinen weitaus
stärker befördert werden könnte. Wie in meinen einleitenden Worten dieser Arbeit erwähnt,
mangelt es hierbei nicht an vorhandener Kompetenz oder Möglichkeiten, sondern meistens
an einer grundlegenden Bereitschaft zur intensiveren Zusammenarbeit.
81
Zusammenfassend lässt sich also anmerken, dass sowohl in der Schulmedizin als auch in
komplementärmedizinischen Fachbereichen wirksame symptomorientierte
Behandlungskomponenten und Interventionsmöglichkeiten existieren, die in die
herkömmliche logopädische Therapie Myofunktioneller Störungen integriert werden
können. Voraussetzungen dafür sind das Interesse und die Bereitschaft der Beteiligten,
sich auf eine multidisziplinäre Vorgehensweise in der Behandlung einzulassen.
In der Prävention der OFD sind zwar einige multidisziplinäre Ansätze vorhanden, es müsste
jedoch noch mehr Augenmerk auf den Stellenwert einer fächerübergreifenden
salutogenetisch orientierten Herangehensweise gelegt werden. Die intensivere Vernetzung
von Disziplinen könnte meiner Meinung nach z.B. durch den fachlichen Austausch im
Rahmen gemeinsamer Fortbildungen erfolgen.
Das primäre Ziel meiner Arbeit ist es, das Störungsbild der OFD in seiner Komplexität
darzustellen und einen Überblick über vorhandene, aktuelle evidenzbasierte
Behandlungskomponenten zu schaffen. Durch eine intensiv betriebene Recherche und die
nähere Auseinandersetzung mit dem aktuellen Forschungsstand konnte ich die
Wirksamkeit einiger unkonventioneller symptomorientierter Behandlungsansätze
verifizieren. Da das breite Spektrum an multidisziplinären und/oder
komplementärmedizinischen Therapierichtungen enorm viele Behandlungsmöglichkeiten
von Symptomen der OFD bietet, konnte ich mich nicht mit allen zutage geförderten Studien
eingängiger beschäftigen, sondern nur einen ersten Überblick über die aktuelle Studienlage
liefern. Die Durchführung eines Studienvergleichs zur Effektivität multidisziplinärer
Behandlungsansätze einzelner Symptome oder Symptomkomplexe wäre eine interessante
Grundlage für eine weitere Masterarbeit. Denkbar wäre auch die Erstellung eines
„Leitfadens“ für Kolleginnen und Kollegen aus der Logopädie und für alle weiteren
beteiligten Fachdisziplinen, der als eine Art Handbuch für die praktische Anwendung
symptomorientierter multidisziplinärer Therapiemöglichkeiten fungieren könnte. Meine
primäre Zielsetzung war die Erstellung einer Zusammenschau über die Varianten in der
Behandlung der OFD. Der „Ist“-Stand angewandter logopädischer und
komplementärmedizinischer Methoden wurde erhoben und einzelne klinisch relevante
Verfahren näher beschrieben.
Ein weiteres Ziel meiner Arbeit war es, auf das Thema Prävention und Salutogenese näher
einzugehen und im Zusammenhang mit der OFD ausführlicher zu beleuchten. Dabei sollten
salutogenetisch orientierte Beratungs-, Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten
detailliert erklärt und dargestellt werden. Diese Absicht wurde in Kapitel 4 unter anderem
durch das Anführen konkreter Beispiele aus der Praxis und aus meinen recherchierten
Studien umgesetzt. Weiters wurde in diesem Kapitel auf die wichtige Rolle prophylaktischer
82
Interventionen hingewiesen und der Zusammenhang zwischen der Kenntnis über mögliche
Risikofaktoren und der Entstehung einer OFD erläutert. Maßnahmen und Hilfestellungen,
die zur Vermeidung oder zur Verhinderung eines pathogenetischen Verlaufs des
Störungsbildes einen erheblichen Beitrag leisten können, wurden zuerst nach Relevanz
selektiert und anschließend im Ergebnisteil zusammengefasst. Die bedeutende Rolle der
Eigenverantwortlichkeit der Patientinnen und Patienten geht zwar aus den beschriebenen
vorbeugenden Maßnahmen für die Betroffenen und die Bezugspersonen hervor, wurde
jedoch von mir nicht im Detail herausgearbeitet. Begründet durch diesen Umstand verfolge
ich die Absicht, im Anschluss an meine Masterarbeit eventuell noch einen Folder zum
Thema Prävention der OFD zu erstellen, um Betroffene, Eltern oder Bezugspersonen auf
die Bedeutsamkeit der Selbstbestimmung aufmerksam zu machen.
Die Arbeit mit Patientinnen und Patienten (besonders an, in und um deren Mund) erfordert
Respekt, Einfühlsamkeit sowie eine individuell angepasste Interaktion und gestaltet sich oft
als Gratwanderung für alle behandelnden Disziplinen. Eine gute Zusammenarbeit aller
Beteiligten erleichtert zwar den Weg der Behandlung, verlangt aber auch ein ausreichendes
Maß an Grundwissen um die Kompetenzen der jeweils anderen Fachrichtungen.
Durch das Verfassen meiner Arbeit möchte ich einen Beitrag zu einem höheren
Bewusstsein über die Existenz und die Bedeutung multidisziplinärer Lösungswege zur
Behandlung der OFD leisten. Mit dem Aufzeigen der bestehenden Behandlungsvarianten
und deren nachgewiesener Evidenz sollte die Fülle an verschiedensten
Therapiemöglichkeiten dargeboten werden, aus der sich jede Therapeutin und jeder
Therapeut in unterschiedlichster Weise bedienen und ein für die Patientin oder den
Patienten maßgeschneidertes Konzept zusammenstellen kann. Nachweislich wirksame
multidisziplinäre und/oder komplementärmedizinische Verfahren sollten als eine hilfreiche
Ergänzung für das Repertoire an eigenen Behandlungsmethoden aufgezeigt werden und
das Erlangen eines zufriedenstellenden Therapieergebnisses erleichtern. Wenn mir dieses
Vorhaben auch nur ansatzweise gelungen ist, bin ich mit dem Resultat meiner Arbeit
zufrieden.
83
8. Literaturverzeichnis
Bücher
Beushausen, U. (2019). Wenn die Zähne knirschen. Logopädie bei Kieferproblemen durch
Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) und Bruxismus, 1. Auflage. Idstein: Schulz-
Kirchner.
Burhop, U., Determann, N. et al. (1998). Mundmotorische Förderung in der Gruppe. Der
Berliner Therapieansatz, 2. Auflage. München: Ernst Reinhardt.
Furtenbach, M. & Adamer, I. (Hrsg.) et al. (2016). Myofunktionelle Therapie KOMPAKT II.
Diagnostik und Therapie. Wien: Praesens.
84
Gleditsch, J. M. (2005). Mundakupunktur. Ein Schlüssel zum Verständnis regulativer
Funktionssysteme, 8. Auflage. München: Elsevier.
Hahn, H., Helms, P. & Freiesleben, D. (1995). Jahrbuch des Arbeitskreises für
Myofunktionelle Therapie (MFT). Myofunktionelle Therapie bei orofacialen Dyskinesien, 2.
Auflage. Frankfurt am Main: Peter Lang.
Rogge, E. (2017). Neurofunktions!therapie in der Praxis (NF!T®): „Die Zunge hat keine
Ohren!“, 3. Auflage. Dortmund: Modernes Lernen.
85
Zeitschriften
Andresen, T., Bahr, C. & Ciranna-Raab, C. (2013). Efficacy of osteopathy and other manual
treatment approaches for malocclusion – A systematic review of evidence. In International
Journal of Osteopathic Medicine. Supports open access, 16/2, S. 99-113.
Brinkhaus, B., Ortiz, M. et al. (2013). Akupunktur bei Patienten mit allergischer Rhinitis –
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9. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 9-12: Vargas Maia, A., Moreira Moraes Furlan, R. et al. (2019). Tongue
strength rehabilitation using biofeedback: a case report. In CoDAS,
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10. Tabellenverzeichnis
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