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KOMPAKTAUSGABE

enthält die folgenden


Schlumpfgeschichten:

1958 –1966 KOMPAKTAUSGABE


DER FLIEGENDE SCHLUMPF
BLAUSCHLÜMPFE UND SCHWARZSCHLÜMPFE
DER GEFANGENE SCHLUMPF
SCHLUMPFONIE IN C
SCHLUMPFISSIMUS, KÖNIG DER SCHLÜMPFE
DAS ZAUBEREI UND DIE SCHLÜMPFE
SCHLUMPFINE
SCHLÜMPFE IN NOT

Sie sind zwar winzig klein,

DIE SCHLÜMPFE
haben aber weltweit Riesenerfolge gefeiert: die Schlümpfe.
Die blauen Zwerge aus der Feder des Comic-Zauberers Peyo haben
es seit ihrem ersten Auftritt 1958 als Nebenfiguren im Ritter-Funny
Johann und Pfiffikus rasch zu großer Beliebtheit gebracht: mit eigener
Comicserie, einer umfangreichen Figurenkollektion und zahlreichen
Auftritten als Film- und Fernsehstars.

Diese Kompaktausgabe versammelt nun erstmals alle klassischen


Schlumpf-Comics in der chronologischen Reihenfolge ihrer ersten Ver-
öffentlichung im Albumformat, ergänzt um vielfältige Informationen,
Dokumente und Illustrationen zu ihrer Entstehung.

Mit anderen Worten:


das umfangreiche Making Of eines Comic-Mythos.

ISBN: 978-3-95839-961-7
VON
€ 41,00 [A]
€ 39,95 [D]

www.toonfish-verlag.de KOMPAKTAUSGABE

26 mm
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© Dupuis, 1958–1966 für die Erstveröffentlichungen im Magazin Spirou.
© Dupuis, 2013 für die vorliegende Kompaktausgabe.

Coverillustration: Peyo.
Illustration auf Seite 3 aus dem Album Das Zauberei und die Schlümpfe.

Einführung:
Zeichnungen, Skizzen und Coverabbildungen auf den Seiten 4, 5, 9, 11, 15,
17, 19, 23, 35 und 38 © I.M.P.S., 2013.
Schmutztitel: © I.M.P.S. / Dupuis, 2013; Seiten 6 und 7: © Lucien De Gieter, 2013;
Seite 8: © 2013; Seite 10: © 2013 für die Fotos
und © I.M.P.S. / Dupuis, 2013 für den Spirou-Titelkopf;
Seite 12 : © 2013; Seite 13 : © 2013 für das Foto
und © I.M.P.S. / Dupuis, 2013 für das Cover des Mini-Albums;
Seiten 14 und 18: © I.M.P.S. / Dupuis, 2013; Seiten 20 und 21: © Illustrated Press;
Seite 22: © François Walthéry, 2013 für das Foto
und © I.M.P.S. / Dupuis, 2013 für das Cover und das Panel des Mini-Albums;
Seite 23: © 2013 für das Foto und © I.M.P.S. / Dupuis, 2013
für die Auszüge aus dem Spirou-Magazin;
Seite 24: © D.R. / Dupuis, 2013; Seiten 25 und 26: © François Walthéry, 2013;
Seite 27: © Illustrated Press, 2013 für das Foto oben
und © François Walthéry, 2013 für das Foto rechts;
Seite 28: © 2013 für das Foto oben, © François Walthéry, 2013 für das Foto darunter
und © I.M.P.S. / Dupuis, 2013 für das Cover des Spirou-Magazin;
Seite 29: © I.M.P.S. / Kwatta / Dupuis, 2013; Seite 30: © I.M.P.S. / Kellogg’s / Dupuis, 2013;
Seite 31: © I.M.P.S. / Dupuis, 2013; Seite 32: © 2013;
Seite 33: © François Walthéry, 2013 für die Fotos
und © I.M.P.S. / Dupuis, 2013 für das Cover des Spirou-Magazin;
Seiten 34, 35, 36 und 37: © I.M.P.S. / Dupuis, 2013; Seite 39: © 2013;
Seiten 40–51: © I.M.P.S. / Dupuis, 2013; Seite 54: © 2013.
Alle Rechte vorbehalten.
Comicseiten: © I.M.P.S. / Dupuis, 2013.

toonfish ist ein Imprint des ­­SPLITTER Verlags


Auflage 11/2016
© Splitter Verlag GmbH & Co. KG ·­­Bielefeld 2016
Aus dem Französischen von Delia Wüllner-Schulz
Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung der Einführung: Martin Budde
LES SCHTROUMPFS: INTÉGRALE 1 ©
Copyright © - 2016 - Licensed through I.M.P.S. (Brussels) - www.smurf.com
Bearbeitung: Delia Wüllner-Schulz
Lettering: Kai Frenken
Covergestaltung: Dirk Schulz · Herstellung: Horst Gotta
Alle deutschen Rechte vorbehalten
für die digitale Veröffentlichung
ISBN (epub): 978-3-95839-775-0
ISBN (mobi): 978-3-95839-776-7
ISBN (pdf): 978-3-95839-777-4

Weitere Infos und den Newsletter zu unserem Verlagsprogramm unter:


www.toonfish-verlag.de
VON
Einleitung von Hugues Dayez

KOMPAKTAUSGABE

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Zwerge, gezeichnet vom jungen
Pierre Culliford alias Peyo für
den Trickfilm Le Cadeau à la Fée
(»Das Feengeschenk«, 1945).
Aus dem Film wird letztendlich
nichts, aber diese kleinen
Figuren werden ihn später
inspirieren, als es darum geht,
die Schlümpfe zu erfinden.

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Das Studio Peyo, 1966.
Linke Seite
Peyo (oben) und Lucien de Gieter.
Rechte Seite
Walthéry und Gos.

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Die erste Geburt der
Schlümpfe
»Am Anfang war das Wort«, heißt es in der ›Schtroumpf‹ gesagt habe? Beim besten Willen,
Bibel. Am Anfang der Schlümpfe steht zualler- ich weiß es nicht«, räumte er ein. »Auf jeden
erst dieser seltsame Begriff, zumindest für Fall hat mir André geantwortet: ›Hier, bitte,
französisch geschulte Ohren: »Schtroumpf«. dein Schtroumpf!‹ Und ich entgegnete: ›Danke,
So lautet nämlich der Originalname der blauen dass du ihn mir geschtroumpft hast. Wenn
Wichtel im frankophonen Sprachraum, was ich ihn nicht mehr brauche, werde ich ihn dir
für alle, die mit dem Deutschen vertraut sind, zurückschtroumpfen‹, und so weiter…« Diese
noch seltsamer klingt, denn ein »Strumpf« ist »Schtroumpf«-Mahlzeit wurde zu einem Mo-
hierzulande natürlich hinlänglich bekannt und ment großer Heiterkeit während ihres Urlaubs
etwas völlig anderes. und zu einer bleibenden Erinnerung.
Die Geschichte dahinter ist folgende: Im Einige Monate später, am 8. Mai 1958, begann
September 1957 verbrachten die jungen Eltern im Comic-Magazin Spirou das neunte Aben-
Pierre Culliford alias Peyo, André Franquin teuer von Peyos Mittelalter-Saga »Johann und
(der Zeichner von »Spirou« und »Gaston«) und Pfiffikus« mit dem Titel »La Flûte à six trous«
ihre jeweiligen Ehefrauen einen gemeinsamen (»Die Flöte mit sechs Löchern«). Dafür hatte er
Urlaub in Saint-Idesbald, einem kleinen Badeort sich eine Geschichte um eine verzauberte Flöte
an der belgischen Küste. Bei einem Essen suchte ausgedacht. Diese fällt Pfiffikus in die Hände
Peyo den Salzstreuer, entdeckte ihn am anderen und hat die Macht, Menschen bis zur Erschöp-
Linke Seite
Ende des Tisches und wollte Franquin darum fung tanzen zu lassen. Aber wer hat diese Zau-
Franquin (lks.) und Peyo,
bitten, nur fiel ihm das passende Wort nicht ein: berflöte erschaffen? Peyo überlegte: »Zuerst
Freunde fürs Leben.
»André, würdest du mir bitte mal das… na, sagte ich mir, ein Zauberer, eine Hexe… Und
die… ach, den Schtroumpf neben dir geben?« dann kam mir der Einfall: Warum nicht ein Oben
Der Begriff traf ins Schwarze, und Peyo hat Kobold, eins dieser kleinen Wesen, von denen Die allererste Zeichnung
seine Entstehung im Laufe seiner Karriere man weiß, dass sie nachts aktiv sind, die man eines Schlumpfs, damals
hunderte Male erzählt: »Warum ich aber nur höchst selten sieht?« noch mit fünf Fingern!

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Und wenn er schon dabei war, so würden seine
»Schtroumpfs« auch ihre eigene Sprache spre-
chen: Schtroumpf!
Dass diese Bezeichnung einige Zeit später, als
Peyos Kobolde begannen, auch im deutsch-
sprachigen Raum aktiv zu werden, nicht
einfach übernommen werden konnte, liegt auf
der Hand. Wie dann der Schtroumpf dort zum
Schlumpf wurde, ist zwar nicht restlos geklärt.
Fürs Erste genügt aber zu wissen, dass dieser
Name bereits Mitte der sechziger Jahre im
Umlauf war.
Doch zurück zum allerersten Auftritt
dieser Schlümpfe: Nachdem sie während
der Vorveröffentlichung des Zauberflöten-
Peyo arbeitete als Szenarist ganz ähnlich wie Abenteuers im Spirou-Magazin den ganzen
Oben der New Yorker Filmemacher Woody Allen: Sommer über mit Johann und Pfiffikus
1945 ist Pierre Culliford (rechts) Sobald er eine Idee hatte, und sei es auch nur Versteck gespielt hatten, traten sie am 23.
Kolorist im Trickfilmstudio CBA. um in Ansatz, notierte er sie auf einem Zettel, Oktober 1958 das erste Mal ans Licht der
den er in eine Schublade steckte… um sie Öffentlichkeit, über fünf Monate nach dem
Ganz oben links
womöglich erst Monate, wenn nicht gar Jahre Beginn dieser Geschichte! Dabei zeigte sich:
Ein Titelkopf des Spirou-Magazins
später zu verwenden. Bei der Kreation seiner Schlümpfe sind »so groß wie drei Äpfel«, was
(Nr. 1072 vom 30. Oktober 1958).
Kobolde kam ihm nun eine Erinnerung in den man aber nicht wörtlich nehmen muss, son-
Sinn. Mit 17, im Sommer 1945, hatte er als Ko- dern nur eine Umschreibung ist für »ziemlich
Ganz oben rechts
Porträt von Pierre Culliford lorist in einem kleinen Brüsseler Zeichentrick- klein«. Sie sind rund 100 Jahre alt und haben
alias Peyo, 1956. Studio gearbeitet, der CBA. Unter dessen einen Anführer, den Großen Schlumpf, der
Filmprojekten gab es eins mit dem Titel »Le seinerseits 542 Lenze zählt. Was ihre blaue
Rechte Seite Cadeau à la Fée« (»Das Feengeschenk«), in Hautfarbe betrifft, so ergab sich diese aus
Erster Cover-Entwurf für das dem Zwerge mit umgestülpten Blüten auf dem einer Abwägung von Nine Culliford, Peyos
»Johann und Pfiffikus«-Album, das Kopf auftraten. Die CBA ging in Konkurs, und Ehefrau und Stammkoloristin: »Ich war nach
auf Deutsch unter dem Titel »Die der Film wurde nie fertiggestellt, aber diese dem Ausschlussprinzip vorgegangen. Da
Schlümpfe und die Zauberflöte« Figuren blieben dem jungen Culliford im Ge- sich die Schlümpfe anfangs dauernd im Ge-
erscheinen sollte.
dächtnis. Die Zwerge, die er nun für »Johann büsch versteckten, konnte ich sie nicht grün
und Pfiffikus« erschuf, tauschten also ihren färben, sie wären im Dekors untergegangen!
Blumenkopfschmuck gegen blütenweiße phry- Rot wären sie zu auffällig gewesen … Und
gische Mützen. Blieb nur noch, einen Namen ein leuchtendes Gelb war auch nicht sehr
für sie zu finden... Da hatte Peyo eine zündende glücklich. Blieb also Blau, das war nicht
Idee: Warum nicht den Begriff »Schtroumpf« sehr schwierig!« Rosa hingegen verbot
verwenden, mit dem sich Franquin und er im sich von selbst – für Peyo war klar, dass die
letzten Sommer so köstlich amüsiert hatten? Schlümpfe keine menschlichen Wesen sind.

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Die zweite Geburt der
Schlümpfe
Yvan Delporte und Peyo. Am 2. Juli 1959, in der Feriennummer des darüber zu verhandeln. Delporte hat diesen
Spirou-Magazins, lag dem Heft eine besonde- historischen Moment in seiner üblichen tro-
re Beilage bei: ein 48-seitiges Minialbum zum ckenen Art geschildert: »Im Verlag Dupuis
Selberbasteln, das erstmals die Schlümpfe gab es ein Triumvirat. Paul [Dupuis] küm-
in einem eigenständigen Abenteuer prä- merte sich um die Druckerei, Charles hatte
sentierte, und zwar unter dem Titel »Les die künstlerische Ader und überwachte den
Schtoumpfs noirs« (»Die schwarzen Schlümp- Inhalt des Magazins, und ihr Schwager René
fe«). Die Idee zu diesem kleinen Heftchen Matthews war für die flämischen Ausgaben
war von Yvan Delporte ausgegangen, dem zuständig. Ich fing an, das Projekt zu erläu-
einfallsreichen Chefredakteur des Magazins. tern: Für die nächste Sondernummer würden
Und sie beruhte auf einer sehr einfachen Re- wir etwas noch nie Dagewesenes machen, ein
chenmethode: Aus drei Bögen im A 4-Format ganzes Album im Miniformat... Antwort von
ließ sich mit ein paar Mal falten, drei Schnit- Paul: ›Hmja, und Sie glauben, das wird den
ten mit einer Schere und zwei Heftklammern Verkauf des Magazins steigern?‹ Wir: ›Ja,
ein kleines Büchlein in den Abmessungen 7 ganz bestimmt!‹ Paul: ›Was hältst du davon,
x 10 cm erstellen... Das ideale Format, um so Charles?‹ Antwort von Charles: ›Oh, ich
kleine Persönchen wie die Schlümpfe in Szene finde das sehr gut, aber wir müssen Matthews
zu setzen! fragen...‹ Reaktion von Matthews: ›Ich halte
Yvan stellte seine Idee Peyo vor, der davon das für keine so gute Idee, es wird bloß Papier
sehr angetan war, sich aber fragte, welchen verschwenden!‹ Also sagten die beiden ande-
Preis er denn für diese Miniseiten vom Ver- ren zu Peyo und mir im Chor: ›Das ist sehr
leger verlangen könnte. Die beiden Kum- gut, machen Sie das!‹ Und die Zahlen gaben
pane begaben sich also nach Marcinelle zum uns recht, denn die Mini-Alben ließen die
Stammsitz des Verlagshauses Dupuis, um Verkäufe des Magazins ansteigen.«

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Seit den Anfängen seiner Karriere war Peyo und wieder das eine oder andere«, erläuterte Thierry Culliford, Peyos Sohn,
stets sein eigener Szenarist gewesen, er hatte Delporte. »Dann ging ich nach Hause und posiert für die Bastelanleitung der

die Abenteuer von Johann und Pfiffikus im- schrieb all das auf, was Peyo gesagt hatte. Mini-Alben in Spirou Nr. 1180 vom
24. November 1960.
mer allein verfasst. Aber mit den schwarzen Damit war er‘s zufrieden!«
Schlümpfen begann eine lange und fruchtbare Trotz des reduzierten Umfangs von 48 Mi-
Titelbild des Mini-Albums
Zusammenarbeit mit Yvan Delporte. Doch niseiten entfalten »Die schwarzen Schlümp-
»Die schwarzen Schlümpfe«,
wie konnten Pierre Culliford mit (klein-) fe« als Geschichte eine uneingeschränkte
erschienen in Spirou Nr. 1107
bürgerlichem Brüsseler Hintergrund und Wirkung. Diese Episode um eine Epidemie,
am 2. Juli 1959.
einem relativ konventionellen Geschmack und die sich rasch unter den blauen Zwergen aus- Diese Geschichte findet sich als
der bärtige Anarchist Yvan Delporte, der sich breitet – anfangs angesteckt durch die Bss- vollständiger Faksimilenachdruck
für britischen Nonsens und den Surrealismus Mücke, verwandeln sie sich nach und nach hier in diesem Band ab Seite 40.
begeisterte, so vergleichsweise leicht zueinan- in kleine schwarze Dämonen, die nur noch
derfinden? Der Spirou-Chefredakteur hatte undeutliche Laute von sich geben (»Gnak!
dafür so seine Erklärung: »Peyo und ich, wir Gnak!«) – vereint Spannung und Poesie. Ent-
waren fast auf den Tag genau gleich alt! Wir worfen als leichte sommerliche Zerstreuung,
waren von sehr unterschiedlichem Naturell, bewies diese Erzählung, dass Peyos kleine
aber wir verstanden uns gut und hatten eine Persönlichkeiten das Zeug zu mehr hatten, als
ganze Anzahl gemeinsamer Interessen... So nur Mitläufer zu sein, und sehr wohl auch als
lief es also praktisch wie von selbst.« Die selbstständige Stars auftreten konnten.
Arbeitsmethode der beiden Kompagnons war
ziemlich effektiv: Sie trafen sich zu umfassen-
den Brainstormings. »Peyo hielt einen Stift in
der Hand und machte Skizzen während der
Diskussionen, ich hingegen notierte mir hin

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Großer Erfolg im
Kleinformat
Der allererste Auftritt Die Mini-Alben werden zu einer der belieb- zen musste. Und im Rahmen des mittelalterli-
von Gargamel auf Seite 6 testen Erfindungen in Spirou und entwickeln chen Bildrepertoires konnte es sich dabei nur
des Mini-Albums sich im Laufe der Zeit zu einem ganz eigenen um eine Hexe oder einen Zauberer handeln.
»Der gefangene Schlumpf«,
Genre. Manche Autoren spezialisieren sich Eine Hexe hatte Peyo schon erschaffen: Ra-
erschienen in Spirou Nr. 1130
förmlich darauf mit Serien, die auf dieses chel, eine wertvolle Verbündete von Johann
am 10. Dezember 1959.
Format zugeschnitten sind: Rosy und Deli- und Pfiffikus... Blieb also noch der Zauberer.
ège etwa mit Bobo, Noël Bissot mit seinem Und der erscheint nun in »Der gefangene
Das Cover des besagten Bastelhefts.
Der Originaltitel »Le Voleur de
Baron oder Charles Degotte mit Flagada Schlumpf« gleich zu Beginn: Für die Anwen-
Schtroumpfs« bedeutet in etwa (auf Deutsch als Firlefanz im Fix & Foxi- dung einer Formel, mit der man den Stein
»Der Schlumpfräuber«. Magazin, wo zahlreiche dieser Miniheftchen in der Weisen erschaffen kann und dadurch
Lizenz erschienen). jedes beliebige Metall in Gold verwandeln,
Die Starzeichner von Spirou wandten sich bedarf es eines Schlumpfs. Und verfügt Peyo
dieser Form dagegen meist nur zu besonde- über die Gabe, seine Geschichten perfekt auf
ren Anlässen zu, um dem jungen Publikum den Punkt zu bringen, so hat Delporte ein
ein kleines Extra-Geschenk zu überreichen. untrügliches Gespür für passende Namen.
Das sah sich gegen Ende 1959 gleich zweimal Er war es, der Franquins »Helden ohne Job«
verwöhnt. Denn in der Weihnachtssonder- Gaston getauft hatte, und er gab auch Peyos
nummer vom 17. Dezember erschien zum Zauberer den Namen Gargamel. »Allzu stolz
einen ein Mini-Album von André Franquin bin ich nicht darauf«, gab er zu, »denn es ist
mit dem Titel »Noël et l‘Elaoin« (dt. als eine Anlehnung an Gargamelle, die Mutter
»Nicki und der Elaoin«), das seither legendär Rabelais‘ Riesen Gargantua.« Um Schlümpfe
geworden ist, und in der Woche zuvor hatte zu fangen, stellt dieser Gargamel ihnen eine
Peyo sein zweites Bastelheft präsentiert: Falle, denn er weiß, dass sie versessen sind
»Der gefangene Schlumpf«. auf Sarsaparille... Noch so eine Entdeckung
»Je gelungener der Schurke, desto besser der von Delporte! »Peyo nahm an, ich hätte diese
Film«, hat Alfred Hitchcock erklärt. Wollte er Pflanze erfunden! Er war sehr erstaunt, als
die Welt seiner Schlümpfe weiter ausbauen, er dann eines Tages bei einem Kräuterhänd-
war Peyo wohlbewusst, dass er ihnen dazu ler auf Sarsaparille stieß.«
eine Gefahr, einen Widersacher entgegenset-

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Anfänge eines Studios
Anders als seine Freunde Franquin oder Damals lebte der Schöpfer der Schlümpfe in
Morris war Peyo kein Zeichenvirtuose, der in einem Appartement in der Avenue Coghen
Höchstgeschwindigkeit eine Seite nach der in Uccle, einem grünen Vorort im Süden
anderen produzierte. »Er sah sich selbst stets von Brüssel. Sein Atelier hatte er in einem
als ein ›mühsamer Zeichner‹!«, erinnerte Dienstbotenzimmer auf halber Treppe einge-
sich seine Ehefrau Nine. Sehr oft erschienen richtet, das von der eigentlichen Wohnung ge-
die Fortsetzungen von Johann und Pfiffikus trennt lag. Deuquet kam regelmäßig vorbei,
in Spirou im Rhythmus von lediglich einer um ihm in diesem winzigen Arbeitszimmer
Seite pro Woche. Das Hinzukommen der Mini- zur Hand zu gehen: »Der Raum war gerade
Alben, die wöchentlichen Gags um den Kater mal 2,50 x 3 m groß. Peyo rauchte zudem wie
Pussy, die er weiterhin für die Brüsseler ein Schlot – und ich auch! Die Wände waren
Zeitung Le Soir zeichnete, dazu das Ausar- gelb, die Luft blau vor Rauch, die Aschenbe-
beiten neuer Abenteuer von Johann: All das cher ähnelten Pyramiden: Es war verrückt!
summierte sich zu einer Arbeitsbelastung, Darin stand ein langer Tisch, er arbeitete
der sich Peyo immer weniger gewachsen sah. auf der einen Seite, ich auf der anderen. Ich
Durch die Vermittlung von Charles Dupuis habe mich sehr schnell seinem Zeichenstil
sicherte sich der Zeichner die Hilfe eines jun- angepasst, ich lernte, Schlümpfe zu zeichnen,
gen Assistenten namens Gérard Deuquet, der Hintergründe, und das Lettering zu machen.«
gerade im Verlag ein Praktikum absolvierte.

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Cover des Mini-Albums Am 7. April 1960 präsentiert die Oster-Son- ordentlich unkomplizierter und freundlicher
»Das Zauberei und die Schlümpfe«, derausgabe von Spirou ein drittes Miniheft Mensch.« Diese Vorliebe für das Einfache
erschienen in Spirou Nr. 1147 mit den Schlümpfen: »Das Zauberei und die bringt Peyo dazu, seine Schlümpfe leicht zu
vom 7. April 1960.
Schlümpfe«. Peyo ist jedoch mit Johann und überarbeiten: Von nun an werden sie nur noch
Pfiffikus vollauf beschäftigt, die Serie, die ihm vier statt fünf Finger an jeder Hand haben,
Rechts daneben Seite 15
nach wie vor am wichtigsten ist: Er hat gerade ein zusätzlicher Aspekt, um zu verdeutlichen,
aus dieser Geschichte, von der man
sein Meisterwerk »Der Streit um die sieben dass sie keine kleinen Menschen sind. Die Zu-
festhalten darf, dass weder die
Reinzeichnung noch das Lettering
Quellen« abgeschlossen und arbeitet bereits sammenarbeit von Peyo und Deuquet bleibt
von Peyo stammen. am nächsten Abenteuer seiner Lieblingshel- vorübergehend. Letzterem fällt es schwer,
den, »Der Ring derer von Hohenfels«. Unter sich an die Disziplin im Comic zu gewöhnen,
diesen Umständen ist es wenig verwunderlich, und wendet sich der Werbung zu, später auch
dass er die komplette Reinzeichnung in Tusche der Malerei. Aber der Vater der Schlümpfe
und das Lettering der Zauberei-Geschichte hatte dadurch Gefallen daran gefunden, mit
Gérard Deuquet übertrug. »Peyo hat mir im- anderen Zeichnern zusammenzuarbeiten: Als
mer wieder gesagt: ›Ich zeichne schlecht, und er gegen Ende desselben Jahres 1960 mit
das erlaubt mir, sehr einfach zu zeichnen.‹ Er Benni Bärenstark begann, überließ er die
fand, dass für Kinder alles einfach und voll- Hintergründe einem seiner talentierten Kolle-
kommen lesbar sein sollte. Das war es, was er gen, und zwar Will, dem Zeichner von »Tif et
bei Hergé schätzte. Er war selbst ein außer- Tondu« (dt. als Harry und Platte).

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Die Schlümpfe fassen Fuß
Während die Schlümpfe bei den Leserumfra- Oben

gen in Spirou immer mehr Zustimmung finden Die Protestschreiben einiger Lehrer,
die sich über die Schlumpfsprache
und das Johann und Pfiffikus-Album »Die
erregten, inspirierten Peyo zu
Schlümpfe und die Zauberflöte« (im Original
diesem Gag für einen Pfadfinder-
umgetauft von »La flûte à six trous« zu »La
kalender 1963: »Ich habe genug
flûte à six schtroumpfs«) sich besser verkauft
davon, euch ›Schlumpf‹ sprechen
als alle anderen Alben der Serie zuvor, setzt
zu hören! Der Erste, der noch weiter
Peyo die Auftritte seiner blauen Kobolde erst schlumpft, dem schlumpfe ich was
einmal über ein Jahr lang aus. Das elfte Aben- hinter die Schlümpfe, dass er daran
teuer von Johann, »L‘Anneau des Castellac« noch lange schlumpfen wird!«
(dt. als »Der Ring derer von Hohenfels«),
erzählt von einem Komplott, das eines Krimis
würdig wäre, ohne dass darin Magie oder
Zauberei eine Rolle spielten, geschweige denn
auch nur ein einziger Schlumpf. Obendrein
investiert Peyo viel Zeit in »Die roten Taxis«,
den ersten Auftritt von Benni Bärenstark (im
Original »Benoît Brisefer«, was wortwörtlich
»Benedikt Eisenbrecher« hieße). Dieser kleine

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Cover zu den beiden Mini-Alben Junge verfügt über titanische Kräfte und ist Abenteuer von Johann und Pfiffikus, »Das
»Der falsche Schlumpf« aus Spirou damit so etwas wie die belgische Antwort verwunschene Land«. Dieser Titel verrät
Nr. 1211 vom 29. Juni 1961 und auf Superman – solange er keinen Schnupfen schon einiges über den wachsenden Einfluss
»La Faim des Schtroumpfs« bekommt. Diese beiden Geschichten sind der Schlümpfe, ist es doch ihr Terrain, auf
(= »Der Hunger der Schlümpfe«;
Langstreckenerzählungen, die jeweils 60 das sich Johann und Pfiffikus begeben, um sie
auf Deutsch veröffentlicht als
Seiten umfassen. Für humoristische Serien im zu retten. Wovor, das bleibt jedoch lange ein
»Schlümpfe in Not«) aus Spirou
Hause Dupuis ist das eher ungewöhnlich, aber schlumpfiges Rätsel. Das Dorf der kleinen
Nr. 1235 vom 14. Dezember 1961.
so kann Peyo sein Talent als Erzähler richtig Blauen ist in Gefahr durch einen »Schlumpf,

Rechte Seite
entfalten. der Schlumpf schlumpft«. Leserinnen und
Alternativer Cover-Entwurf für Die Schlümpfe lassen sich jedoch so leicht Leser müssen sich wochenlang gedulden, ehe
das Mini-Album »La Faim des nicht unterkriegen. Am 26. Juni 1961 kom- sie endlich erfahren, dass sich dahinter ein
Schtroumpfs«. men sie zurück, anlässlich einer Ferien- Drache verbirgt, der Feuer speit...
Sonderausgabe von Spirou, mit einem vierten Die Schlumpfsprache, einst ein Scherz
Details aus den Seiten 37 und 38 Mini-Album: »Der falsche Schlumpf«. Darin zwischen Franquin und Peyo, hat ihren ganz
des Johann und Pfiffikus-Albums versucht Gargamel mittels eines selbstge- eigenen Reiz und Rang für den Erfolg der
»Die Schlümpfe und die brauten Zaubertranks, sich als einer von Serie. Als Charles Dupuis sich beunruhigt
Zauberflöte« . zeigt angesichts der Proteste von Lehrern
ihnen auszugeben. Und ein halbes Jahr später
sind sie wieder da: Ihr fünftes Miniheft (»La gegen dieses »Kauderwelsch«, dem sie einen
Faim des Schtroumpfs«; dt. als »Schlümpfe in schlechten Einfluss auf Kinder unterstellen,
Not«) ist ein kleines Weihnachtsgeschenk in beschwichtigt ihn Peyo, indem er ihm erklärt,
der entsprechenden Spirou-Sondernummer die Schlümpfe seien bloß eine vorübergehen-
vom 14. Dezember – einer ganz speziellen de Erscheinung.
Ausgabe, denn darin begann auch das zwölfte

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Wie bitte...? Entschuldige, aber Und ihr schlumpft jetzt
wir verstehen dich nicht! mal woanders hin!
Och, aber
Großer Schlumpf,
Ach so, ihr wir...
schlumpft ja
kein Schlumpf!

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Der Wechsel zu voller Größe
Das Jahr 1962 stand also im Zeichen der Ver- seinem Autor ermöglicht, spannende Ge- Linke Seite

öffentlichung des »Verwunschenen Landes«. schichten in der Welt von heute zu erfinden, Im Trickfilm-Studio der TVA

Trotzdem fand Peyo im Februar noch Zeit, so löst er doch nicht dieselbe Begeisterung bewundert Peyo (rechts) 1959 die
vielen Schlümpfe aus Papier.
ein sechstes Mini-Album zu präsentieren: aus wie Peyos blaue Kobolde. Die haben
»Der hundertste Schlumpf«. Der Anlass war knapp vier Jahre nach ihrem ersten Auf-
Oben
das offizielle Erscheinen des hundertsten tritt bereits den Comic-Rahmen gesprengt.
Peyo an seinem Zeichentisch.
Mini-Albums, was allerdings nicht ganz den Das von Dupuis gegründete Trickfilmstudio
Tatsachen entsprach, denn zuvor waren be- TVA hat sich an die Adaption der »schwar-
reits elf dieser Heftchen außerhalb der Reihe zen Schlümpfe« gewagt. Die Animation ist
erschienen, darunter eben auch das allererste, allerdings sehr schlicht, mit ausgeschnit-
»Die schwarzen Schlümpfe«. Danach wandte tenen Papierfiguren, abgefilmt zunächst in
sich Peyo dem zweiten großen Abenteuer von schwarzweiß. Dennoch erzielen diese kurzen
Benni Bärenstark zu, »Madame Adolphine« Filmchen Anfang der 60er Jahre in Belgien
(dt. als »Frau Albertine«). Aber auch wenn einen gewissen Erfolg, und nur wenig später
der Superknirps durchaus Charme hat und es auch in Deutschland, wo sie sporadisch, aber

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Oben immer wieder mal in diversen Sendungen mit nicht weniger als 132 Seiten, und bei
Der erste Auftritt von Schlaubi, des Kinderprogramms der ARD auftauchen. den Überraschungen im Inhalt baut er auf
dem Brillenschlumpf, hier noch
Gleichzeitig sind die Schlümpfe in die dritte eine Rückkehr der Schlümpfe, deren letz-
»Der Moralisierer« genannt und
Dimension vorgestoßen: Der Verlag aus ter Auftritt im Heft schon wieder über ein
ohne Brille (auf Seite 7 des
Marcinelle bietet auch Schlüsselanhänger aus halbes Jahr zurückliegt (der Vorabdruck des
Mini-Albums »Der hundertste
Latex und Vinylfiguren seiner beliebtesten »Verwunschenen Landes« endete im Septem-
Schlumpf«).
Comic-Helden an, und dort befinden sich die ber ‚62). Gemeinsam mit Peyo entwirft er das
Cover des Mini-Albums Schlümpfe nun in einer Reihe mit Spirou, Szenario für die erste Episode der kleinen
»Der hundertste Schlumpf«, Gaston, dem Marsupilami und weiteren Blauen im großen Format, die 20 Seiten um-
erschienen in Spirou Nr. 1244 Stars – lieferbar in drei Versionen: blau, fassen und am Stück, also komplett und auf
am 15. Februar 1962. schwarz und als Papa Schlumpf. einmal, publiziert werden soll. So begegnet
Peyo muss sich also den Tatsachen stellen: den Leserinnen und Lesern von Spirou am
Im Büro von Peyo: die Anfänge der Auch wenn Pfiffikus seine Lieblingsfigur 4. April 1963 in der Nr. 1303 »Der fliegende
Figurenfabrikation für Kellogg‘s. bleibt und die Schlümpfe nichts weiter sind Schlumpf«. Und jede Seite weist statt der üb-
Peyo stellt Farbversuche an, bevor als ein Zufallsprodukt – sie sind es, nach lichen vier dabei fünf Zeilen auf – das ist die
die Figürchen als Beigaben in
denen das Publikum verlangt! Zusammen Lösung, damit die Schlümpfe gleichzeitig bild-
Corn-Flakes-Packungen in den
mit Yvan Delporte denkt er über Möglich- füllend erscheinen und trotzdem ihre redu-
Handel gelangen (1964).
keiten nach, wie man sie von den Mini-Alben zierten Proportionen bewahren. Die Geschich-
Foto von François Walthéry.
auf das Format einer klassischen Comic- te vom »fliegenden Schlumpf« ist sehr einfach
Seite übertragen kann, ohne dass die Grafik gehalten und wirkt wie eine Hommage an die
darunter leidet, die bislang nach dem Motto Zeichentrick- und komischen Stummfilme aus
»small is beautiful« verfuhr. Außerdem sind Peyos Kindertagen: Ein Schlumpf versucht
die Schlümpfe solo in Spirou bis dahin immer unverdrossen und mit immer abenteuerliche-
zu speziellen Anlässen erschienen, zu Ostern ren Mitteln, sich in die Lüfte zu schwingen...
etwa oder zu Weihnachten. Nun steht ein be- Die bedeutendste Neuerung in dieser Episode
sonderes Datum ins Haus: Im April 1963 wird ist jedoch Schlaubi, der Brillenschlumpf,
das Magazin seinen 25. Geburtstag feiern! eine Figur, die bereits in »Der hunderts-
Delporte plant eine üppige Sondernummer te Schlumpf« auftauchte (wobei er als der

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LinkS
Peyo zeichneten unter den Augen
einer seiner Figuren aus Latex.

unTen
Die Rubrik »Attenschtroumpf«
(etwa: »Aufgeschlumpft!«) erscheint
mehrere Wochen hintereinander
im Spirou-Magazin und kündigt die
Vorführung der Schlumpffilme in
diversen kinos an. Diese Anzeige
stammt aus nr. 1406 vom
25. März 1965.

eine Werbeseite für die Single mit


dem Lied der Schlümpfe, das die
frühen kurzfilme untermalte (aus
Spirou nr. 1108 vom 8. April 1965).

moralisierende Schlumpf angesprochen wird


und noch keine Brille trägt), hier nun aber
klar umrissen wird: »Es sind die Geschichten
selbst, die die Figuren hervorbringen«, erläu-
terte Delporte. »Wir hatten schnell Bedarf an
einem Einschmeichler. In der Schule ist das
im Allgemeinen der Klassenbeste, der, der
eine Brille trägt, und so kamen wir auf den
Brillenschlumpf!« Schlaubi reiht sich damit
ein in die Galerie unvergess-
licher Streber aus der Kin-
der- und Jugendliteratur
und sitzt Seite an Seite
mit Adalbert, dem
Klassenka-
meraden des
kleinen Nick
von Sempé
und Goscinny...

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von 20 Seiten im Großformat ergeben. So
beschloss er, die ersten beiden Episoden
seiner blauen Zwerge, »Die schwarzen
Schlümpfe« und »Der gefangene Schlumpf«,
noch einmal neu zu zeichnen... aber nicht ganz
allein: »Francis half mir bei dieser auf Dauer
ziemlich eintönigen Aufgabe, bei der der Spaß
am Erfinden entfiel«, erklärte Peyo. Francis
war der Künstlername des damals 25-jährigen
Francis Bertrand (1937-1994). Er hatte Peyo
schon beim »Verwunschenen Land«, indem
er das Lettering und Tuschen des Dekors
übernahm. Das Gleiche machte er auch bei
den Schlümpfen. Nine Culliford erinnerte
sich: »Zu der Zeit arbeiteten mein Mann
und Francis immer noch in diesem kleinen
Dienstbotenzimmer, und da beide rauchten,
Das erste Album der war es der Horror! Francis machte seine
Schlümpfe Sache gut, aber zwischen den beiden hat es nie
Francis Bertrand, Nun, da die Schlümpfe im großen Format so richtig funktioniert, sie passten charakter-
alias Francis. erschienen, stand auch einer Aufnahme in das lich nicht recht zusammen. Er ist nicht allzu
Albumprogramm des Verlagshauses Dupuis lange geblieben.«
nichts mehr im Wege. Ein Zweiklassenpro- Das Album »Die schwarzen Schlümpfe« (dt.
gramm im Übrigen: Die Lieblingsserien der »Blauschlümpfe und Schwarzschlümpfe«)
Gebrüder Dupuis und ihres Vertriebsdienstes erschien 1963 und umfasste somit drei Erzäh-
hatten ein Anrecht auf kartonierte Ausgaben, lungen à 20 Seiten: neben der Titelgeschichte
mithin Hardcover, die stabiler und natürlich und »Der gefangene Schlumpf« auch noch
etwas teurer waren, während die für weni- die vom »fliegenden Schlumpf«. Allerdings
ger wichtig gehaltenen sich mit »Broschu- wurde im Originalalbum die Abfolge die
ren«, also Softcover, begnügen mussten. So beiden letzteren Episoden vertauscht und
erschien der Spirou von Franquin im festen damit die Chronologie durcheinanderge-
Einband, Lucky Luke von Morris hingegen bracht. Mit dem Ergebnis, dass in der zweiten
als Broschur... Andere Serien begannen im Geschichte bereits von Gargamel die Rede ist,
Hardcover und wurden im Softcover fort- obwohl sein Debüt erst in der nachfolgenden
gesetzt: zum Beispiel Jerry Spring von Jijé. Story stattfindet. Aber trotz dieses kleinen
Eine nicht immer leicht zu durchschauende Schnitzers wird der Band ein Erfolg. Und
Verlagspolitik. Peyo etwa musste bis zum 11. auf der Rückseite ist zu lesen: »Wenn euch
Band seiner Reihe Johann und Pfiffikus war- dieses Album gefallen hat, versäumt nicht
ten, »Dem Ring derer von Hohenfels«, ehe den nächsten Band mit Schlumpfgeschichten:
ihm eine kartonierte Ausgabe zugestanden Das Zauberei und die Schlümpfe, Schlümpfe
wurde. Für Die Schlümpfe wiederum wurde in Not und Der falsche Schlumpf.« Die Pläne
von Anfang an beschlossen, sie im Hardcover Peyos sind klar: Er beabsichtigt, zuerst die
zu publizieren – ein Ausweis ihrer Beliebt- Episoden aus den Mini-Alben im großen
heit. Peyo stellte eine einfache Rechnung auf: Format wiederzuverwenden, was ihm Zeit
Mithilfe einiger kleinerer Änderungen des lassen würde, um sich neuen Abenteuern von
Layouts konnte eine 46 Seiten lange Mini- Johann und Pfiffikus sowie Benni Bären-
Album-Story Material für eine Geschichte stark zuzuwenden...

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Ein Assistent in kurzen Hosen
namens François Walthéry
Abgesehen von Will, der die Hintergründe Zuhause zum Brüsseler Appartement Peyos Walthéry, im Begriff, sich
zu Benni Bärenstark zeichnet, hat Peyo den und wieder zurück. Um ihm diese anstren- einen Schlumpf einzuverleiben.
idealen Mitarbeiter noch nicht gefunden, der gende Fahrerei zu ersparen, sucht Peyo ein Dieses Foto veranschaulicht
ihm effektiv bei den Schlümpfen assistieren kleines Zimmer für ihn ganz in seiner Nähe in die familiäre Arbeitsatmosphäre

könnte. Gérard Deuquet verspürt nicht das Uccle. Als Feuertaufe soll der junge François bei Peyo (1964).

Comic-Fieber in sich, und Francis möchte an einer neuen Schlumpf-Episode von 20 Sei-
lieber eigene Serien zeichnen (wenig später ten mitarbeiten, die für die Weihnachtsson-
startet er »La Ford T«, auf Deutsch u. a. als dernummer 1963 vorgesehen ist: »Schlump-
»Marcus und Meister Müller«, zusammen mit fonie in c«. Geschrieben gemeinsam mit
Tillieux). Da kommt zu Beginn des Sommers Delporte, kreist diese Geschichte um ein ganz
1963 ein 17-jähriger Bursche aus der Provinz ähnliches Thema wie »Die Schlümpfe und die
zur Spirou-Redaktion, in Shorts und begleitet Zauberflöte«: Ein Schlumpf träumt davon,
von seiner Mutter. Als Referenz bringt er ein Musiker zu sein, ist aber leider – wie Pfiffikus
paar Gags um den kleinen Pipo mit, die im – vollkommen unmusikalisch. Er bekommt
Magazin Junior des Verlagshauses Lombard ein magisches Instrument, das Blasiphon, das
erschienen sind. »Yvan Delporte bemerkte immer den richtigen Ton trifft. In Wahrheit
in meinen Zeichnungen gewisse Details, versetzt dieses Instrument seine Zuhörer in
und er wusste, dass Peyo gerade jemanden tiefe Bewusstlosigkeit: Es ist eine Falle, die
suchte, um Francis zu ersetzen«, erinnert sich sich Gargamel ausgedacht hat... Walthéry ist
Walthéry. voll guten Willens, aber es hilft nichts – seine
Ab September arbeitet Walthéry dann bei Versuche, Schlümpfe zu zeichnen, sind wenig
Peyo. Anfangs pendelt der Junge aus Cherat- überzeugend. Aber Peyo, der das Potenzial
te, einem kleinen Dorf in der Umgebung von seines jungen Assistenten erahnt, setzt ihn
Lüttich, tagtäglich mit dem Zug von seinem deshalb nicht auf dies Straße: »Er beauftragte

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mich, lieber eine ganze Reihe von Musik-
instrumenten zu zeichnen, denn in dieser
Geschichte bilden die Schlümpfe ein ganzes
Orchester. Ich zeichnete also ein Klavier,
das aus einem Baumstamm gearbeitet ist,
und solche Sachen«, erläutert Walthéry. Ein
hervorragender Entschluss, denn François
stammt vom Lande und versteht darum sehr
viel mehr von der Natur als der Städter Peyo.
Was nur allzu verständlich ist. Als der Autor
von Johann und Pfiffikus beispielsweise das
Verwunschene Land erschuf, ließ er sich dazu
von den hochgewachsenen, aber etwas kargen
Buchenwäldern von Soignes am Stadtrand
von Brüssel inspirieren. Durch die Ankunft
von Walthéry und bald noch weiteren Mit-
arbeitern verändern sich nach und nach die
Landschaften in den Schlumpf-Erzählungen:
Sie werden immer ländlicher und ursprüng-
licher.

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Die Entstehung des »Studios
Peyo«
Als Vater zweier Kinder, Thierry und Bärenstark-Abenteuer und einem Szenario
Véronique, zunehmend beliebterer Autor bei für Johann und Pfiffikus ausbrütet. Er muss
Dupuis und Hauptverantwortlicher für einige einen Gang zulegen: ein »richtiges« Album an-
nicht ganz unbedeutende Serien fühlte sich streben, mit mindestens doppeltem Umfang.
Peyo in seinem Appartement in der Avenue Um diese Herausforderung zu meistern, wen- Linke Seite, oben
Coghan zunehmend beengt. Im April 1964 det er sich wie gewöhnlich an seinen Kompli- Von links nach rechts: Walthéry, Nine
zieht er darum mit seiner Familie in ein zen Delporte. Zusammen denken sie sich eine Culliford – die Ehefrau von Peyo –
freistehendes Haus, das er in der Avenue de Parabel auf die Macht und ihren Missbrauch und Peyo selbst beim Betrachten der
Boetendael hat bauen lassen. Damit bleibt aus. Das Sujet des »Schlumpfissimus« ist von Fotos von einem Pfadfinderlager, die
er zwar in Uccle, aber die Umstände ändern exemplarischer Einfachheit: Papa Schlumpf Walthéry mitgebracht hat (1964).

sich nachhaltig: Das neue Haus ist von einem bricht zu einer Reise auf, und in seiner Abwe-
Linke Seite, unten
Garten umgeben, und er beschließt, im ersten senheit wählen die Schlümpfe einen Anführer.
Im Büro von Peyo: Walthéry arbeitet
Stock sein Büro einzurichten sowie in einem Berauscht von der Macht, entwickelt sich
an eine Seite von Jacky und Celestin
angrenzenden Zimmer ein Atelier für Walthé- der zum Diktator, Widerstand formiert sich...
für Le Soir illustré (1964).
ry und alle, die da noch kommen mögen... So gerät das friedliche Schlumpfland an den
Beruflich bemerkt Peyo, der am 25. Juni 36 Rand eines Bürgerkriegs. In diesen lebhaften Rechte Seite
Jahre alt wird, zu seiner Verwirrung, dass Kontext stellen Peyo und Delporte eine Fülle Peyo im Kreis seiner Familie, mit
er sich an einem Scheideweg befindet: Seine amüsanter Anmerkungen zu den verschie- Ehefrau Nine und ihren beiden
Schlümpfe, die sechs Jahre zuvor eher zum densten Themen, wie Wahlversprechungen, Kindern Thierry und Véronique.
Spaß nebenher entstanden sind, haben sich zu die nicht eingelöst werden, Tricksereien am
Stars gemausert – sie sind es, nach denen das Wahltag selbst oder der Personenkult... Alle Das 1964 errichtete Haus von Peyo.
Publikum verlangt und für die sich zuneh- beide geben im »Schlumpfissimus« ihr Bestes: Später wurde es noch weiß verputzt.
mend Handel und Werbung interessieren. Peyo sein Gespür für Layout und eine absolut
Er kann sich nun nicht mehr damit begnügen, effektive Erzählweise, Delporte sein Talent
20-Seiten-Episoden mit seinen blauen Zwer- für griffige Gags und pointierte Dialoge.
gen abzuliefern, die er zwischen einem Benni Aber wenn Walthéry nicht in der Lage ist,

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aber er sagte mir nicht, wieso. Das musste ich
selber herausfinden! Er beschäftigte keine
Assistenten, um sie auszubilden, sondern um
mit seinen Serien voranzukommen... Das war
sehr hart: Ich erinnere mich, dass ich seiten-
weise Büsche gezeichnet habe, reihenweise
Wolkenlinien, um mir einen spontaneren
Strich anzueignen, der dem Peyos ähnelte.«
Dieser Intensivkurs trägt Früchte: Der Schü-
ler de Ribaupierre übernimmt das gesamte
Tuschen des »Schlumpfissimus« und entwirft
dazu Dekors. »Das Schloss des Schlumpfis-
simus zum Beispiel, das ist von mir!«, sagt
Derib.
Die Veröffentlichung dieses ersten großen
Schlumpf-Abenteuers beginnt in Spirou am
10. September 1964 und endet acht Monate
Oben Schlümpfe zu zeichnen, wer wird dann beim später, am 20. Mai im Folgejahr. »Schlump-
Claude de Ribaupierre, alias Derib. »Schlumpfissimus« mit Hand anlegen? Glück- fissimus, König der Schlümpfe« erscheint im
licherweise hatte Peyo kurz vor dem Umzug Rhythmus von einer Seite pro Woche, ein
Véronique Culliford, die Tochter
in sein neues Domizil Besuch von einem jun- reduziertes Tempo, das sich sonst eigent-
Peyos, sieht Derib bei der Arbeit an
gen Zeichner aus der Schweiz erhalten, der lich nur noch ein Hergé oder E. P. Jacobs in
einer Seite des »Schlumpfissimus«
gerade ein Praktikum in einer Brüsseler Wer- Tintin erlauben können. Warum nun ein solch
zu (1964).
beagentur absolviert: Claude de Ribeaupierre langsames Voranschreiten vonseiten Peyos?
Cover des Spirou-Magazins alias Derib. Angetan vom »Händchen« des Gewiss, er hat schon betont, dass er kein
Nr. 1381 vom 1. Oktober 1964. jungen Schweizers, lud Peyo ihn ein, sich ihm virtuoser Zeichner sei, aber der eigentliche
so bald wie möglich in seinem neuen Heim Grund ist ein anderer: Peyo ist mittlerweile
Rechte Seite anzuschließen. »Ich kam im Spätfrühling ein vielbeschäftigter Mann! Walthéry kann
Zwei Werbe-Halbseiter für den an, völlig begeistert, in Belgien zu sein, denn es bezeugen: »Das Telefon klingelte ununter-
Brotaufstrich Kwatta, erschienen in in der Schweiz wusste man mit dem Begriff brochen, er bekam immer mehr Werbeaufträ-
Spirou Nr. 1382 vom 8. Oktober 1964 ›Comic‹ kaum etwas anzufangen«, erinnert ge, und ich weiß nicht, ob er so leicht etwas
und in Nr. 1387 vom 12. November sich Derib. »Peyo war sehr sympathisch, aber ablehnen konnte.«
1964. Peyo entwarf eine ganze Reihe
kein Pädagoge. Wenn ihm eine Zeichnung Nine Culliford bestätigt das: »Pierre ist es
solcher Anzeigen.
nicht gefiel, sagte er zu mir: ›Das geht nicht!‹, immer sehr schwergefallen, Nein zu sagen!«

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