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I

Performative Räume r Verführerische


Bilder - Montierte Blicke
Zur Konstruktion von Geschlecht im Interieur

(.HRISTIANE KpTITzT

2005 veröffentlichte das Modemagazin W'unter dem Titel Doruestic Bliss


cine Fotoserie von Steven Klein, in der die Hollywoodstars Brad Pitt und
Angelina Jolie als Paar der 1960er Jahre auftreten, >>playing house in Palm
,\prings,..t Die Fotografien zeichnen sich durch den ständigen Wechsel des
tnise en scöne und der dadurch erzeugten Stimmungen aus: Szenen stereoty-
per Häuslichkeit alternieren mit Darstellungen einer in leeren Posen erstarr-
len Paarbeziehung, die, so legen es weitere Aufnahmen des Portfolio nahe,
immer wieder in Situationen von Bedrohung und Gewalt übergehen. Der
Schauplatz dagegen bleibt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, stets der
gleiche: das vorgestellte Familien- und Eheleben spielt sich im Interieur ab.
Die Settings der Serie nehmen dabei Bezug auf einen spezifischen archi-
tekturhistorischen Ort. Kleins Referenz grlt den Bauten des 1945 bis in die
l960er Jahre verfolgten Case Study House Programffis, das Wohnmodelle
für den amerikanischen Mittelstand der Nachkriegszeit propagierte (vgl.
Shulman 2000). Der Bezug ist hier allerdings ein doppelter, richtet er sich
doch sowohl auf Architektur und Interieur wie auf deren mediale Repräsen-
tationen. Der Architekturfotograf Julius Shulman hatte die Häuser durch
eine Vielzahl von Aufnahmen wiedergegeben; erst durch seine suggestiven
Bildfindungen fanden die Bauten internationale Beachtung und wurden zu
lkonen westlicher Lebensform. Gehören die Musterhäuser zum Kanon der
Architekturgeschichte der Moderne, haben Shulmans Fotografien Eingang
in das kulturelle Bildgedächtnis gefunden'. Worauf Kleins bis zu regelrech-

t http:llmydesignfix .coml2009106ldomestic-bliss-steven-kleid ( 12.10.2010)


2 Silke Wenk weist auf die besondere Funktion des kulturellen Bildgedächtnisses
hin, die vor allem daraus resultiere, dass es Dimensionen nicht nur des Überin-
dividuellen, sondern auch des Politischen enthalte. >>Das kulturelle Bildge-
dächtnis ist den Individuen nichts äußerliches, es bestimmt, was wie gesehen
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ten Zitaten reichende Adaptionen sich dabei genau beziehen, auf dic rlrr von Rice angeführten »doubleness<< erschöpft, sondern darüber hinaus
tekturen oder ihre Bilder, ist nicht zweifelsfrei zu entscheiden. ,rr rt'lr Wahrnehmungen und Betrachterpositionen umfaßt . Zwischen Bewoh-
Die Fotoserie dient mir hier als Ausgangspunkt für meinen Beitrlrg rr,'rlin und Wohnung/Interieur laufen beständig Kommunikationsprozesse
Interieur und seiner Bedeutung ftir die Konstituierung des Subjektrrs, ,rlr. hei denen Bedeutungen erzeugt und ausgetauscht werden; erst durch
wie zu zeigen sein wird, ein geschlechtlich markiertes ist. Ich bewegt. ,lrt'sti Interaktionen wird >>Wohnen mit und im Bewohner in Gang gesetzt<<
dabei auf dem Terrain eines Forschungsfeldes zu Architektur und tNrcrhaus 2006: 59).
das transdiziplinär ausgerichtet ist, jedoch in erster Linie von Prämiss(.n Signifikantes Merkmal der Beziehung zwischen Nutzerl-innen und Inte-
methodischen Ansätzen der Visual Studies und Gender Studies gepnii:t isr n('ur ist seine Performativität: Mit den sozialen und kulturellen Kontexten
Dieses Forschungsfeld geht von einer engen Beziehung zwischen ,rrrrlcrt sich auch die Struktur der Konstellationen; die medientechnologische
len und räumlichen Ordnungen aus, die an der Herstellung von Bedeut I rrtwicklung beeinflusst zudem die Art und Weise, wie Bilder entstehen und
und gesellschaftlichen Machtverhältnissen beteiligt sind. Bild uncl 1
,r rrscntiert werden (vgl. Hentschel 200 1
).
stellen sich aus dieser Perspektive nicht als getrennte Einheiten, dus Irn Folgenden sollen deshalb exemplarisch einige Anordnungen von
des Realen auf der einen und des Imaginären auf der anderen Seite, llrltl/Raum/Bewohnern im 19. und 20. Jahrhundert vor jeweils unterschied-
als aufeinander bezogene, interagierende Teile eines Gefüges dar. Dcr' lr, lrcm kulturellen Hintergrund vorgestellt werden. Dabei werde ich den
rielle Raum ist demnach stets verbunden mit Imagines, die Vorstcllrr 'ir lrwerpunkt auf die Frage legen, wie Geschlecht im Interieur produziert
evozieren und Stimmungen vermitteln. Miteinander vernetzte Stratcgit.rr rr url, und zwat zum einen als Markierung der Subjekte und zum anderen als
Visualisierung und Verräumlichung, anders gesagt, ein komplexes l'rrrschreibung in die Objekte. Vorauszuschicken ist an dieser Stelle, dass
von Raumanordnungen, Bildinszenierungen und Blickpositionir.r'rr r, lr rnich jeweils auf Konzepte beziehe, die Modelle anbieten und Idealvor-
bestimmen Wahrnehmung und Verortung der Betrachter/-innen; sic ,lt'llungen entwerfen. Formen sozialen Gebrauchs, die über die Aneignung
sieren, was sichtbar (oder auch nichtsichtbar) wird und wer von wc rlr'r .jeweiligen Konzepte Auskunft geben könnten, müssen unberücksichtigt
Standort aus das »Zu-Sehen-Gegebene<< in den Blick nehmcrr l,l,'il-ren.3
(Nierhaus 2006: 59).
Beim Interieur ist die gegenseitige Abhängigkeit von Materialitrit
Imagination bereits in der Begriffsbedeutung selbst angelegt. Wt.r l. ScHAUpL ATz AsrHETrscHER KuLTUR:
Interieur spreche, so Charles Rice, könne sowohl das Innere eines
Dns lrurERrEUR DES 19. JAHRHUNDERTS
meinen wie die Repräsentation eines Innenraumes:

l):rs [nterieur kann eine Erfindung des 19. Jahrhunderts genannt werden. Die
»Doubleness is manifest in a semantic development that marks the emergcn('t. ul
rrrr rclcrne Industriegesellschaft entwickelte den Grunds atz separatq Sphären,
interior t . .l The interior thus emerged with significance as a physicrrl,
rr,rch dem der Bereich des Öffentlichen vom dem des Privaten getrennt zu
dimensional space, as well as a an image, whether it be a two-dimensional
rlt'rrlteo sei. Diese Dichotomisierung eines >Draußen< der Produktion und des
tation such as a painting, a print in a portfolio of decoration, or a flat backtlrop ',1;urtes und eines >Drinnen< der Reproduktion und Rekreation konstituierte
could conjure up an interior as a theatrical scene t...1 Significantly, douhlt.nt.\h
,lrt'Wohnung als einen Ort, an dem Privatheit bzw. das Subjekt als Privates
volves the interdependence between image and space, with neither sensc l'rt.irrpl
rrrit seinen Gefühlsbindungen und Wertevorstellungen geformt wird.
mary.<< (Rice 2007:2)

l);rs Private wurde im 19. Jahrhundert neben Öffentlichkeit und Produktion zu einer
Untersuchungen zum Wohnen aus der Forschung zu Raum und (it'st'lr '('nlt'alcn gesellschaftlichen Formation von Wertkategorien und seine >Mitte< ist das
in Kunst- und Kulturgeschichte erweitern und differenzieren dicsc 'l'lrt'.,,'
\\ olrncn. Es wurde als Ort der gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen For-
der genannten theoretisch-methodischen Grundlage: Wohnen, so wt'islr rltt,
rrrrt'r'Lu1gvon Individuum, Familie, Geschlechterdifferenz und Privatheit, samt all
Beiträge nach, vollzieht sich in vielfältigen Konstellationen, dic sit'lr rrit lrt ur
rlrrt'r' sozialen Implikationen (Warenkonsum, geschlechtliche Arbeitsteilung, Fami-
lrt'rrslruktur etc.) situiert« (Nierhaus 2006: 58f.; vgl. auch Sparke 2010: 9).
{
und mit welchen Bedeutungen verbunden wird.t...]<< Untcr Ilol'ululrli rrrrl lrrrlrl
Silverman spricht Wenk von im Bildreservoir vorgegebcnclr >l)iu'slt'ltrrnl',,prt Wic rlie: Iiragc nac:h clcr Aneignung durch wechselnde Bewohnerschaften in das
rametern<, die sich als das >Vor-Gesehcnc, unvcrsclrcns aulilriilrg('n. st'llrr,t rlntl, Irrt:llrotlist:lrr: (icl'iist dcl' Intcricurhistoriografic integriert werden könnte, wird
wo ein RückgrifT auf Vorhandcnes nicht systclnatisch gcplliurl ist (Wt.rrh .'(N ll rtn"/,t'it 1.it'r'rrrlt'tlisliulicrl (vgl. rlic llc:itriigc clcr Konl'cronz Intcrior Lives 2010
22; Silvcrnranrr 1997: 5tt). rlt's lVlorlt'rrr ltt'sr';ut'lr ('t'rrlrt'. l(ittlslort I IIrivt'r'siliil l,ottrkln)
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Privatheit und Wohnen als Projekt der Verbürgerlichung verlangte naclr rlichotomische Gegens atz- bzw. Ergänzungsdenken bezeichnend. Konzent-
räumlichen und bildlichen Anordnungen, in und mit denen die Kompetcrr rrtion im Herren-und Speisezimmer versus Zerstreutheit im Salon und Da-
zen des Wahrnehmens und entsprechenden Agierens eingeübt werden konn. rrrenzimmer.<< (Nierhaus 1999b: 106) (vgl. Abb. 1) Die Bedeutung von
ten, die zur Erlangung eines spezifischen Weltverhältnisses für notwenclig ( icschlechterkonstrukten im Interieur geht jedoch darüber hinaus und er-
erachtet wurden. :;treckt sich auf die Wohnung als Ganzes. >>Die Beförderung des Schönen<<
Diese weitreichende Bedeutung des Interieurs ftir die Formierung von lrcfindet der bekannteste unter den Kultur- und Wohntheoretiker der Zeit,
Individuum und Gesellschaft erklärt das zeitgenössische Interesse am Tlrc lrrkob Falke, stellvertretend für viele andere, sei die ureigenste Aufgabe der
ma. Besonders in der zweiten Jahrhunderthälfte nimmt die Zahl einschlügi lir'au; Falke bezog sich damit auf die der bürgerlichen Frau übertragene
ger Literatur stetig zu. Einrichtungsratgeber, Zeitschriften zum Bereich clcr' Vcrantwortung für die Entfaltung einer ästhetischen Kultur, die in der Woh-
Innendekoration und Abhandlungen zur künstlerischen Gestaltung des Hau nlrng ihren bevorzugtes Schauplatz erhalten sollte (Falke IBII: 341). Die
ses konzipieren das >ideale< Heim und seine Bewohner/-innen und gebcn Aufforderung an die Frauen zur tätigen Arbeit für die »Kunst im Hause<<,
Handlungsanweisungen für die Realisierung der Idealvorstellungen (Nicr' von der Assemblierung der Möbel und Dinge bis zur Produktion von texti-
haus 1999a:84f.; Rossberg 1999). It:n lJmhüllungen in Handarbeiten reichend, verband sich dabei mit der
Wie sahen die Interieurs aus bzw. wie sollten sie aussehen? klentifizierung von Weiblichkeit und Material. In schöngeistiger sowie in
Bei der bürgerlichen Wohnung nach 1850, stellt Wolfgang Brönner irr rvissenschaftlicher Literatur trifft man auf Anverwandlungen von Stoffen
seiner einschlägigen Untersuchung fest, >>handelt es sich um ein formal urrtl urrd weiblichem Körper (Nierhaus 1999a: 88f.), idiomatisch in Begriffen
funktional differenziertes Gebilde. Das heißt, Form und Funktion der eirr wie der >seidenweichen Haut< oder >samtweichen Haaren< komprimiert; in
zelnen Räume sind aufeinander bezogen und bilden einen immer festercrr, rlcr zeitgenössischen Malerei findet sich eine Vielzahl von Darstellungen
auch mit der Zeit formelhafter werdenden Kanon<< (Brönner 1982: 36lt ), lrandarbeitender oder auf Liegemöbeln ruhender Frauen in Kleidern, die sich
Konkret wurden diese Differenzierungs- und Formalisierungsstrategien irr Irarmonisch in die »kunstreich geschmückte Umgebung<< (Falke 1871 : 456)
der Zuordnung der Räume zu definierten Zwecken und in ihrer Ausgestal einfügen. Bei diesen Analogsetzungen ist es insbesondere das Ineinander-
tung in unterschiedlichen Stilen (Nierhaus 1999b: 96).Eine Vielzahl kleinc iibergehen von Stoff und weiblichem Körper, das betont wird, nahezl eine
rer Gegenstände wie Lampen, Vasen, Blumenständer, Figuren und Statuct Amalgamierung von Stoff und Körper, die als Ausdrucksmedium des
ten komplettieren das Mobiliar, dessen Teile malerisch gruppiert und rcli' Wohngefühls dient (Nierhaus 1999a:87). In den Wohnkonzepten des späten
rentiell aufeinander bezogen wurden. Durch symbolische Besetzungen unrl 19. Jahrhunderts waren Vorstellungen von Geschlecht und Geschlechterrol-
assoziative Verbindungen riefen diese Ensembles eine gleichnishafte B il lon somit gleichsam überdeterminiert: Als Gestalterinnen und Geschmacks-
derwelt hervor, die an die Bewohner appellierten, sie in einen dialogischcrr bildnerinnen waren die Frauen für die Realisierung des Wohnens ebenso
Austausch einbanden (Nierhaus 1999b: 100f.). Schließlich sorgten textilc uefragt wie F'igurationen von Weiblichkeit für die Anmutungsqualitäten des
Hüllen, die Oberflächen der Möbel und Wände überzogen und Fensteröl'l' lnterieurs als eigentlichem Kern des Privaten.
nungen verdeckten, für die Abschließung von der Außenwelt, die Walk'r
Benjamin von der historistischen Wohnung als >>Futteral<< der Menschcrr
sprechen ließ (Benjamin 1982:292). Das ideale Interieur zeigt sich als Kort
tinuum von sich überlagernden Raum- und Bildeinheiten, die eine engr'
Verbindung mit den Bewohnern anstrebten, seien diese nun über Blickhc
wegungen als Betrachter angesprochen oder durch ihre Körper integraler
Teil des Zu-Betrachtenden.
Dieses Beziehungsgeflecht erhielt seine besondere Ausprägung durclr
die Kodices der Geschlechterordnung. Die Differenzierung nach Funktiorrr:rr
korrespondierte mit einer Markierung männlicher und weiblicher Ortt'.
Stilcharaktere wurden mit Geschlechtscharakteren korreliert: So sollte ctwrr
die im altdeutschen Stil gehaltene Ausstattung des Arbeitszimmers dic 'l'lrl
kraft und Konzentrationsfähigkeit des Mannes repräsentieren, währcnrl rlit'
Rokokoformen des Salons komplementär auf die Zerstreutheit dcr linrrr
verwiesen. »Insgesamt ist bei den raum- und geschlechtsbczogcncn llcnt'rr
nungcn clcr Ausstallungcn das l'iir dic Gcsc:hlcrc:hlc:r'slrul<lur charirl<tcristisclrt'.
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',rt'lr, sowohl den Einfluss des Weiblichen wie der Frauen auf die Wohnung
i t bcschränken. Gottfried Sempers Theorie der Bekleidung, die den Archi-
t,'kturdiskurs des 19. Jahrhunderts auf eine neue Grundlage gestellt hatte,
r,;rlr den Bestrebungen der Reformer die Richtung vor. Semper sah im
W:rrrclabschluss (des Hauses) ein Kleid, das nächstgeordnet zur textilen
llt'lileidung des menschlichen Körpers Schutz vor der Witterung bot; in
rlrt'ser primärenZweckbestimmung müsse die textile Hülle als Ursprung der
,,\rchitektur verstanden werden. Sempers Favorisierung der ornamentierten
lliille gegenüber der Konstruktion verlieh der Beschäftigung mit kunst-
lrrrndwerklichen Gegenständen Legitimation; die evolutionsgeschichtliche
r\usrichtung seiner Theorie, die vom historischen Wechsel der jeweiligen
rArchitektur-)Kleider ausging, gestattete es den Vertretern der Reform zu-
rlr'r11, für eine zeitgemäße Form der Wohnung und ihrer Ausstattung zu
rvcrben (vgl. Threuter 2001). Mit der Annahme einer historischen Kontin-
l,cnz der Be-Kleidungen entstand aber auch ein Dilemma, das Handeln und
licde der Modernisierer nachhaltig begleiten sollte: Wenn die Hüllen aus-
trrLrschbar waren, haftete ihnen zwangsläufig der Charakter des Modischen
;ur. In seiner Studie White Walls, Designer Dresses hat Mark Wigley analy-
:;icrt, wie das >>Gespenst<< der Mode und damit des Weiblichen den Archi-
Abb. l: Herren-Zimtner 1879 tr:kturdiskurs der Moderne regelrecht verfolgte und durch den Einsatz rheto-
rischer Mittel gebannt werden sollte: >>If modern architecture haunts con-
lornporary debates then it is itself haunted by the spectre of fashion. t...1
ll. BeFRETTES WoHNEN oDER BeFREIUNG voM Although the phenomenon is rarely,if ever, analyzed as such, and the term
rs only invoked to reestablish the limits, the space of modern architecture is
WoHNEN? KoNZEPTE DER AncHTTEKTUR- tlofined by its exclusion of fashion.« (Wigley 1995: 52)
AvANTGARDE IN DEN 192OER JAHREN Das galt auch für die Programme des in den l920er Jahren entstandenen
sog. Neuen Bauens, dessen Protagonisten sich von dem Ziel, das Ornament
Die Ubiquität von Frau und Weiblichkeit im damit grundsätzlich als weib- rl zähmen, wie sie die Kunstgewerbereform um 1900 zunächst angestrebt
lich definierten Interieur stellte für die Vertreter der Wohntheorie ein zu lratte (Oc6n Fernändez 2004), lossagten und zum Verzicht auf die Hülle
nutzendes Potential dar, war für sie gleichzeitig aber auch mit Risiken be- zugunsten des >wahren< architektonischen Kerns aufriefen. Das Interieur
haftet, die Kontrollmaßnahmen erforderlich machten. Mit der Aufforderung, sollte von allen verführerischen Bildern >gereinigt<, die Dinge in ihm zum
das Familienheim auszuschmücken, erging daher an die Frauen zugleich dic: Schweigen gebracht werden, uln seine >klare< Form unverstellt hervortreten
Mahnung, bei der Verschönerungsarbeit das rechte Maß einzuhalten uncl zu lassen. »Licht, Luft, Bewegung, Öffnung« fasste Sigfried Giedion in der
sich vor Übertreibungen zu hüten. Als sich die Diskussion um künstlerischc l)rogrammschrift Befreites Wohnen schlagwortartig Leitgedanken und Ziel-
Reformen gegen Ende des Jahrhunderts verschärfte und auf das Gebiet dcr vorgaben zusammen (Giedion 1929: 7).Mit der Durchsetzung der >reinen,
angewandten Künste zu konzentrieren begann, ging der Wunsch nach der Iiorm war die Erwartung verbunden, Lebensweisen und Identität der Be-
Reglementierung weiblichen Tuns in das Interesse über, mit Blick auf den wohner von Grund auf zu verändern: Der >>Neue Mensch<< in der >>Neuen
Berufsmarkt Zuständigkeiten zu klären. Während sich auf den Gebieten von Wohnung<< sollte mit dem ihn umhüllenden Futteral auch die Einschränkun-
Innendekoration und Kunstgewerbe für Frauen die Möglichkeit zur Profes- gen sozialer Differenzbildungen, damit auch die Klassen- und Geschlech-
sionalisierung bot, sahen viele Vertreter der Reformbewegung gerade hier I crdif fe renz, ab streifen.
ein probates Betätigungsfeld, um ihre innovativen Ideen zu verwirklichelr Bauten wie die Wohnhäuser ftir die Lehrer des Bauhauses scheinen
(Bischoff/Threuter 1999: l0). Künstler wie Henry van dc Velde oder Petcr' sichtbarer Beweis für eine kongeniale Umsetzung des Programms in die
Behrens entschieden sich um die Jahrhundertwende l'Lir cinc Lautbahn als llaupraxis. Dcr Bauhausdirektor Walter Gropius konzipierte die sog. Meis-
Architekten uncl Kunsthandwcrkcr. Dic Zustiindigkcit l'Lir allc Lcl-rcnsl-rcrr:i tcrhäuscr' 1926121, nachclcrn nrit clern [Jmzug von Wcimar nach Dessau der
cltcr itls ltotc:rrticllc:n Auslritgurtgsot'lclt tkrs Nr:ur:n rr:lilllrricrcntl. ot'(lnclr:lr sit' Ilh.,rgirnF, vorrr Irlcirl lrluttlwcrkliclrr:r'Iicrtigung'/,Ln'Irtrlustriclilrrn in dic
rlit' ( icsllrllurtg tlcs lrr(t'r'it'urs ilrrt'rrr l(orrrpt'lt'lrzlrt'l't'it'lr /u rurtl lrt'lrriilrlt'lr
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Wege geleitet worden war. Die Neubauten standen interessierten Besuc:lrt'nt wie der DeStijl-Gruppe erinnert. Immer wieder wird der
lr !,,('rrrt:inschaften
zur Besichtigung offen, ein größeres Publikum fanden sie aber durclr rlit, ll, tr;rt'hter, wie bei dieser Aufnahme, nahe an die Ausstattungsgegenstände
Publikationen des Bauhauses. 1930 stellte Gropius die Meisterhäuser in tlcr Ir r rrrlcl'ührt, Möbel, technische Gerätschaften, selbst die Lüftungsklappe
.

von ihm und Laszlo Moholy-Nagy herausgebebenen Reihe bauhausbiicltrr ,1, , llircktorenwohnhauses werden aus ihrem räumlichen Kontext isoliert
vor (Gropius lg7q.4 Die überwiegend aus Fotografien und wenigen 'l'cxl un(l :rls ltinzelstücke vorgeführt. So vermitteln sie den Eindruck von Subjek-
passagen bestehenden Darstellungen visualisieren die Häuser als plastist'lt rr n (lurchaus ähnlich den psychisierten Dingen im historistischen Interieur.
entwickelte, ornamentlose Kuben, bei denen die Grenzen zwischen Nlrtttt Arrs der modernen Wohnung, konstatiert Irene Nierhaus bezugnehmend
und Architektur sowie zwischen Innen- und Außenräumen fließende Übcr rrrl tlrrs Haus Tugendhat von 1929, seien die Bilder keineswegs verschwun-
gängen gewichen sind: Die Häuser werden in den >>baum- und pflanzctt ,1, n , rurstatt einer Bild-Tilgung habe vielmehr ein Bild-Wechsel stattgefun-
wuchs<< der Umgebung >>eingewebt<< (ebd.: 88), große Fenster und Auf.lcrr ,lt n ,,Anstelle des narativen Redeflusses der historistischen Interieurs tritt
wohnräume durchbrechen die Wände und öffnen sie nach außen. I)itr , rr(' sirnultane Koexistenz von Bildeinheiten und Blickbewegungen, die mit
Raumprogramm verzichtet auf eine geschlechtertopografische Differenzir' \rr:,st:hnitt, Nah- und Fernblick, Aufscheinen und Verschwinden den Be-
rung der Räume; aus dem Interieur ist der >>unnötige Ballast [...] vergangc \\ (,lurcr als aktiven Wahrnehmungskörper definieren und in Bewegung
ne[r] Gesellschaftsformen<< (ebd.: 101) entfernt worden, Bleiberecht genir' , r,zt'n [...].« (Nierhaus 2006: 68). Die Bewohner/-innen blieben damit in das
ßen nur noch die Möbel und Gegenstände, die für ein >>sinnvolles funklio t i,'lrigc von Bild- und Raumeinheiten eingebunden, als Betrachter/-innen
nieren des täglichen Lebens<< (ebd.) notwendig erscheinen. Dieser Prinrirl rrrrrl ggf.auch als Bildobjekte: »Sie montieren Blicke, Bild- und Raumein-
der Funktionsgerechtigkeit, das Stilformen obsolet werden lässt, bestimrrrl lr, rlt'tr ztJ einer losen Rahmenhandlung, in der sie sich selbst als Protagonis-
die abstrakte Formgebung. tr rr lrr:obachten<< (ebd.).
Sind hier aber wirklich alle Elemente, die das historistische Interictrt l)ie Darstellung des Bauhausbuches zeigt die Räume der Meisterhäuser
auszeichneten, verschwunden, wird der narrative mit Geschlechterimagilrcs *t'rlgchend menschenleer. Beim Direktorenhaus machen die Herausgeber
aufgeladene Bilderfluss durch den transparenten Raum ersetzt? Und: Sintl .rllt'r'tlings eine wichtige Ausnahme. Den F'otografien der Innenräume stehen
die Bewohner aus den ihr Verhalten regulierenden Konstellationen von Biltl Irrt'r streifen aus einem Film über das Haus gegenüber5, auf denen zwei
und Raum entlassen, die Frau von Zuständigkeit für die Gestaltung clcr' ir,'rl'rliche Figuren zu sehen sind, die auf die Einrichtung verweisen, die
Wohnung >befreit<? I l,rrrclhabung der Möbel und Geräte vorführen (vgl. Abb. 2). Die Textpassa-
Eine eingehendere Betrachtung der visuellen Repräsentationen im Bau" jeweiliger Habi-
'r'rr eeben keine Auskunft über die Identität der Frauen, ihr
hausbuch lässt hier Zweifel aufkommen. Die Fotografien des Buches inszc- ru:, und ihre räumliche Situierung lässt jedoch vermuten, dass es sich um die
nieren die Häuser als visuelle Erlebnisse, die durch alternierende Blickposi- I lre ll'au des Bauhausdirektors, Ise Gropius, und um das gemeinsame
tionierungen und einprägsame Bildgestaltungen hervorgerufen werden. So I )ir'lrstmädchen handelt. Das ,In-Gang-Setzen< des Wohnens, das verdeutli-
bezieht etwa der Blick durch die >>ungeteilte spiegelglasscheibe« irn Ess- t lrt'n die Bilder, failt also unverändert in den Aufgabenbereich von Frauen.
zimmer des Direktorenhauses (Haus Gropius) den umgebende Kiefernwaltl llrr c Handlungskompetenzen, bereits in den Wohnungen des 19. Jahrhun-
szenisch in den Wohnraum ein. Die Großflächigkeit der Fensteröffnungcrr rlt'r'ts durch die Anweisungen der Ratgeberliteraturin die gewünschten Bah-
evoziert eine direkte Nähe zur Natur, Lichtreflexe und Spiegelungen auf dcrr rrt'n gelenkt und von den KunsJgewerbereformern im Sinne ihrer Moderni-
Oberflächen der Wände und Stützen verstärken den Effekt eines Ver' ',rt'r'urgsagenda weiter spezifiziert, sind in den Meisterhäusern auf einen
schwimmens bis sich Sich-Auflösens des Innenraums in den Landschafts- t'npor Aktionsradius beschränkt. Das standardisierte Mobiliar - alle vorge-
raum hinein. Die postulierte Klarheit des stereometrischen Raumes geht in lulrrten Gegenstände stammen aus den Werkstätten des Bauhauses - wird
der malerischen Wirkung der Natur nahezu unter. Einem bildkompositori- ,lulc:h gleichermaßen standardisiert wirkende Bewegungen präsentiert. An-
schen Muster folgt auch eine weitere Aufnahme des Esszimmers, allerdings ,t;rtt rnit den Dingen im Sinne eines Einbindens in familiär kommunikative
ist hier die hergestellte Erlebnisqualität eine grundsätzlich andere. Einc lirr ukturen umzugehen (Spickernagel 1992: 81), werden die Frauen von
Raumnische in den Fokus rückend, stellt die Aufnahme aus Wechselbilcl- rlrt'scr in den Dienst genommen. Im Buch, erläutert Gropius im Vorwort,
rahmen, Besteckschrank und Teilen der Fensterumrahmung ein Bildensem- n r:ur il'estiere sich die »einheitliche gestaltungsform<< des Bauhauses, die

ble geometrischer Formen zusammen, dass an abstrakte Objekte von Künst-

,)
l)t:r'Iiilrrr trug clcn'l'itcl >>Das Neuc Harus<<. Er wurde von der Humboldt-Film
4 Dcr' lc)30 zucrst crschicrrcnc Ilarrrl ist in vicr Al'rschniltc goglicrlcrt. Nchon «lcrr ( irrrhll 1r'otluzit:l't (lruch dcn Angabcn int 'fagcbr"rch von Isc Gropius im De-
Mcislcrhriuscr wcrrlcn :ruch tlas lllruhrusgcblirrtlc:. rlic Sictlltrrrg 'l'(irtcn urrtl rllrs zcrrrlrcl' I()2()) rurrl ilr rlcl' l(ultul'l'ilrrrrr:ilrc "Wic wohncn wit' gcsult(l und wirt-
Arllt'ilslrrttl I )t'ss:ur vor't)('stclll. st'lt;rl t Iit'lt'/..
152 I CHRtslANr Krtvt PrnronMArve RAuME - VEnrüHRERTscHE BtloER - MorulERrE Bltc«r | 153

wiederum Resultat einer >>gemeinsame[n] geistesrichtung« sei (Gropitrs


1974: 10). Dies schließt die Publikation mit ein, auch die Reihe der Bau-
hausbücher gehörte zu den Arbeitsergebnissen, mit der die Corporate Identi-
ty der Institution etabliert werden sollte. In der typografischen Gestaltung
entwickelte Mitherausgeber Moholy-Nagy durch den Wechsel der Fotofor-
mate und Schrifttypen, die vielfältige Kombination von Bildern und Schril'-
ten und die grafische Behandlung der Textpassagen ein differenziertes Sy*-
tem >>optischer Relationen<<, das visuell durch simultanes Sehen bzw. syn-
thetisierendes Zusammensehen erfasst werden musste. Das Buch war damil
über den Zweck der Selbstrepräsentation hinaus als eine Art Wahrneh-
mungsschule konzipiert, die in die »objektive[n] Sehformen unserer Zeittf
initiieren sollte. Vor diesem Hintergrund erhalten Frauen und Wohnung den
Status von Btld-Zeichen, »einheitlich eingegliedert« (Gropius 197 4: 12) in
einen größeren Zusammenhang, dessen >>Gesamtregie<< die männlichen
Protagonisten, Bauhausdirektor Walter Gropius und Bauhausmeister Laszlo
Moholy-Nagy übernahmen (Keim 1997). Das >Neue<, die >Neue Frau< wie
die >Neue Wohnung< ist Teil des Bauhausprogramms als einem in sich
geschlossenen Ordnungssystem. Die traditionelle Zuständigkeit von Frauen
für die Wohnung wird sowohl bewahrt wie einem Modernisierungsschub
unterworfen, indem ihre Arbeit der Sicherung funktionalistischer Asthetik
dient.

,'lbb. 2: Ise Gropius am Doppelschreibtisch im Haus Gropius

III. Dns IruruERE NACH AUSSEN TRAGEN:


HIUS VaNNA VENTURI

Noch in dcr Planungs- und Entstehungszeit der neuen Architektur rief das
l)isltositiv clcr llationarlisierung Kritik selbst aus den eigenen Reihen hervor.
( iclitrl.icrt wurtlcrr clic Vorbchaltc gegon clic »lngenieursilsthctik« unter ande-
6 ,>[rologral'ic:. rlic: oh.jc:l<tivc Schlirrnl uttsct-t:r 7,cit« hit:l.i tlor'l'itel eincs Attl'sittzcs,
rr'nl von tlcrr wcnig,cn linrucrt. tlic siclr wic dic I)r:sigrrcrirr utttl AI'c:ltitc:ktin
l() l2 vt'l'(il'li'lrtlit'lrlt' (vtll Miillt'l' lt)t)4: 4'2\.
154 | CunrsrANr Krtvt PrRroRMArvE RAuME Bltcxr I 155
- VrnrüuRERrscHE BtloER - MoNrtERrE

Eileen Gray selbst zu den Vertretern der Avantgarde zählten.' Konsequc'nrr' Itr rr,rlurerin: >>But it was the reinscription of the user/partrcipant/observer at
rer Widerstand bildete sich dann ab den 1960er Jahren. Architekten der sop, rlrr vr'r') heart of the architectural project that marked Venturi's most radical
Postmoderne wandten sich gegen Orthodoxie und universalistisches Denkt'rr l,r,,rl,. with modernism. Now the client became not simply a passive recipi-
des Funktionalismus, Feministinnen aus den Feldern Architektur, Geogrll'ir , nt lrut a participant in a process of communication and experience [...]"
und Raumplanung bezogen Stellung gegen die Marginalisierung von Frittrcn rl rrt'tlrrran 1998: 197). Nun ist der Rekurs auf die Bewohner, insbesondere
in Architektur und Stadtplanung und intervenierten in die Doktrin natunrli ,lr,' llcwohnerinnen in diesemZusammenhang, wie gezeigt, aber keineswegs
sierter Raumordnungen. Historische Untersuchungen brachten den Ank'il r rlr llt:sonderes, sondern vielmehr die Voraussetzung dafür, dass Wohnen
von Frauen an der Gestaltung nicht nur der als privat definierten Räunrt', irlrt'rlrrrupt realisiert werden kann. Unterschiede ergeben sich allein in der
sondern der gesamten gebauten Umwelt ans Licht (vgl. u.a. Torre 1911: \,rrr(lnung des Beziehungsgefüges bzw. in der Art und Weise, wie die
Hayden 1986); darüber hinaus machten sie deutlich, dass die Trennung von ltt rvohner/-innen als Betrachter/Ir[utzer von Räumen und Bildern oder aber
Öffentlichkeit und Privatheit von Beginn eine fragile Konstruktion wiu', rl , t)lrjekt des Blicks verortet werden. Gerade das Gestaltungsprogramm
Aktivistische Projekte wie das Womenhouse von l97ll72 grtffen konvenli l,l,,lrr'r'[ Venturis, das Formen und Motive assoziativ an ein kulturelles und
onelle Häuslichkeit und männliche Verfügungsmacht über weibliches Han rrr,lrvicluelles Gedächtnis bindet, stellte hohe Anforderung an die Sensibilitat
deln an. Rauminstallationen mit eminent symbolischer Aufladung und als rrrr,l Wahrnehmungsfähigkeit der Bewohnerin (vgl. ebd.: 199). Das bekann-
Lehrstücke konzipierte Performances, so erinnert sich Arlene Raven an clls r,',r('Ilild,das von Vanna Venturi überliefert ist, ist gleichzeitig dasjenige,
von ihr mitgetragene Projekt, >>turned the house inside out. The isolation anrl ,r,'lt'hcs das Image des Hauses als Flagschiff der Postmoderne begründete.
anger that many women felt in the single-nuclear-family dwelling I...1 wct'(' \u:; rlcr Fernsicht gezeigt, sitzt Vanna Venturi mit einem Buch in der Hand
flung out at the public who came to see the environment and performanccs ,rul t:inem Stuhl, eine Topfpflanze ist zn ihrer Linken platziert. Von der
t...1« (Raven 1983: 5; vgl. auch Wilding: 1994). I'rcitcn Eingangsnische gerahmt erinnert die Szene an das Innenraummotiv
Ein verbindendes Glied zwischen den Architekten der Postmoderne untl rlt'r l.osenden im Interieur, hier von drinnen nach draußen verlegt und der
den feministischen Aktivistinnen bildete die Fokussierung auf das Everyday ',t luruseite des Hauses aufgeprägt.Wie die eigenwillige Fassadengestaltung
(Highmore 2001), das als Bezugsrahmen an die Stelle der Ordnungsvorstcl- rru t den asymmetrisch über die Wandfläche verteilten Fenstern, der zum
lungen moderner Architekturplanung trat. Mit Complexity and Contru- I rrrsangstor verbreiterten Tür und dem aufgebrochenen Giebel, könnte die
diction schrieb der Architekt Robert Venturi 1966 das Textbuch ftir dicr 'izt'r)c als Dekonstruktion traditioneller Formen und Bilder von Haus und
Hinwendung der Architekten zu Vielfältigkeiten und Widersprüchen dcs ll;ruslichkeit interpretiert werden. Eine Stellungnahme Venturis weist aller-
alltaglichen Lebens. Den Bruch mit der Vorkriegsavantgarde hatte Venturi ,lrrrgs in eine andere Richtung: Die Gestaltungselemente, so Venturi, ließen
im Grunde schon einige Jahre davor mit dem Entwurf des Wohnhauses flir . I rt' primäre Bestimmung des Hauses als eines Schutzraumes erkennen:

seine Mutter Vanna Venturi vollzogen. Mother's House, wie der Bau auch liome have said my mother's house looks like a child's drawing of a house
genannt wurde, zeichnete sich durch die Verbindung unterschiedlicher For- rcpresenting the fundamental elements of shelter - gable roof, chimney,
men, Stile und Materialien aus, die vielfältige An- und Einsichten eröffne- rlor)r', and windows. I like to think this is so, that is achieves another essence,
ten, Erwartungen weckten (und teilweise auch wieder enttäuschten) uncl tlrrrt of the genre that is house and is elemental<< (Venturi 1984: 118). Dieser
Erinnerungen evozierten. Die Abkehr von den Glaubenssätzen der Moderne, Lt'sirft folgend, gälte es eine weitere Essenz hinzuzufügen, die auf der Foto-
behauptet Alice Friedmann in ihrer Untersuchung zum Verhältnis von Ar- lrrl'ie des Hauses durch Rekurs auf das kunsthistorische Bildgedächtnis
chitekten und Auftraggeberinnen, mache bei Venturi nicht bei ästhetischen lrt'r'vortritt: die der Frau als zenffaler Figur des Wohnens.
Fragen Halt. Dass der Architekt einen Richtungswechsel anstrebe, zeige Venturis Rede vom Haus als elementaren Raum findet ihre Parallele in
sich vielmehr in der Rücksichtnahme auf die individuellen Bedürfnisse der ,lt'r' Auffassung des Philosophen Gaston Bachelard, der Häuslichkeit mit der
It rickerinnerung an behütete Kindheit und Mutterliebe verknüpfte; seine
ljr'lrrifi La Poötique de l'öspace erschien 1964 im gleichen Jahr, in dem
7 Eileen Gray, so weist Christina Threuter überzeugend nach, stellte mit ihrem Vrurna Venturi ihr Haus bezog, in englischer Sprache (Bachelard 1964:5-l).
Haus E.1027 von 1929 der Idee der >Wohnmaschine< das Konzept eines von
Nach Einschätzung der britischen Kunst- und Architekturhistoriker Sha-
individuellen Spuren geprägten psychischen Raumes gegenüber. Die Architek- r ( )n I laar und Christopher Reed hatten die Bücher von Bachelard wie auch

tin setzte dabei Repräsentationen geschlechtlicher Differenz strategisch cin, unr rlic vt)r) llrnrnanuel Ldvinas großen Einfluss auf die postmoderne Architek-
das Haus erls weiblichcn Ort zu erutlrcntifizicrcn uncl dic cigcnc Aulrlrschal't zu tu r ; insl'rcsorrtlcrc Vcrtrcter einer traditionsverbundenen Fraktion, so die
l-rchauprtcn. Mit Ncucrungcn wic tcchnischcn Inrrovali«xrcrr orlcrr l-rcsscrcr-Rclül-
,\ult)r'r:n wr.rilcr', untcrwarlcn clic Sch'il'tcrt cincr Lcsi.lrt, dic cliese als Weg-
tung urrtl Ilcliclrtung rlcr Wolrrrungcn crkllirlc sit'h (irrry tllrbci tlurchlrrrs cinvcl'- rvt'ist'r' tlt'r' r:it!r'n('n '/,it'lsclzur)l.r,cn crscltcirtcrt licl.lcn ([ lirirr'/l{cctl 199(r:
sl:ttttlt'rr ( vt'1. 'l'lu't'ult'r. 2(X)l )
156 I CuRrsrANr Krrrvr PrnroRMATtvE RaUME - VrnrüHRERtscHE Buorn - MoTIERTE Br_rcxr I l5l

257f .).8 Diese nostalgisch orientierte Richtung habe sich bis gegen Ende clc,s I i uncl 45).Die Geräte übernehmen die gesamte Reproduktionsarbeit im
20. Jahrhunderts gegenüber alternativen Ansätzen, die ein Umdenken vot' ll.rrrs. .jcdwede Tätigkeit wird dabei nach aktuellen technologischen Stan-
allem in Hinsicht auf die Vielfältigkeit von Identitätskonzepten und Lebens- ,l,rrtls vt:ffegelt und optimiert, damit vollständig entsinnlicht. Hatten Wohn-
entwürfen zü initiieren suchten, mehrheitlich durchsetzen können (Haar'/ tlrr'orctiker des 19. Jahrhunderts einen kommunikativen Austausch zwischen
Reed 1996:269tt.); die Forderung nach einer grundlegenden Neubewertung ,lr'n llewohnern und den >beseelten< Dingen im Interieur propagiert und
und Umstrukturierung der Umwelt, wie sie etwa Leslie Kanes Weismanlr r-r,ucn damit von einem Gegenüber der Dialogpartner ausgegangen, rücken
1981 in ihrem Manifest für die Umweltrechte von F'rauen aufstelltrr ,lr,' Allparate den Menschen nun direkt auf den Leib oder zumindest so nahe
(Weisman 1981), stieß nur auf wenig Resonanz; noch weniget zog sie prak- ,ur ihn heran, dass die Trennungslinie zwischen Objekten und Subjekten
tische Konsequenzen nach sich. r.r,('hwimmt. Parallel zu dieser Reduktion der Wohnvorgänge auf die bis
. ur Vcrschmelzung reichende Beziehung MenschlApparat werden Raum-

;,1,urc umstrukturiert: Polyzentrische Anlagen, die eine situative Nutzung der


lV. lrurELLrcENTE GeRATE - HypERAKTIvE KöRpER: li,rurrro vorsehen, treten an die Stelle einer nach Wohnfunktionen unter-
Das ITTERIEUR lM DrclrALEN ZSITALTER ,lrt'idenden Innendisposition, wie sie auch noch in der Mehrzahl der Woh-
nunscn des >Neuen Bauens < ztJ finden waren. Die Auflrebung der Trennung
Zwanzig Jahre später scheinen derlei Frontstellungen im Zeichen eincs ,'rvisc:hen Innen und Außen, zentraler Punkt in den Avantgarde-Programmen
erneuten Paradigmenwechsel überholt zu sein. Im Jahr 2000 gab die Zeit- rlt'r l920er Jahre, erreicht eine neue Qualität: Elektronische Medien holen
schrift Arch+ ein Doppelheft mit dem Titel Das vernetzte Haus heraus. \ r;r Srnart Skins und Touch Screens Informationen und Bilder der Außen-
Gegenwärtig, so erklären die Redakteure die ausftihrliche Würdigung dcs rrcll ins Haus; umgekehrt ermöglichen sie den Zugnff von außen auf das
Themas, erlebten wir einen Technologieschub, der sich ähnlich revolutioniil' ll.rus, sei es durch externe Arbeitgeber über Onlineverbindungen und Real-
auf die Gestaltung von Lebenswelten auswirken werde wie die industriellc: .,t'rliibertragungen, sei es durch Dienstleister, die von den intelligenten Gerä-
Revolution (Kuhnert/Schnell 2000: 29). Sei seinerzeit die Mechanisierung It'n /,ur Ergänzung der Haushaltsvorräte aufgefordert werden. »Die neue
Auslöser des Wandels gewesen, übernehme heute die Digitalisierung diesc Wt'lt der personenbezogenen Dienste und Leistungen wird das Zuhause
Funktion; habe in den l920er Jahren das architektonische Modell der un('ndlich machen. Warum? Weil dieses Zuhause die Grenzen einreißt.
Wohnmaschine innovativen Charakter beanspruchen können, müsse dics l'urrktionale Grenzen t...] werden verschwinden. Architektonische Grenzen
heute fijr das vernetzte Haus gelten. Zwar erweisen sich die Begriffsvet'- I I werden verwischt.« (Kuhnert/Schnell 2000: 30) Mit den architektoni-
wendungen im Heft als so wenig eindeutig bzw. einheitliche, dass der Ter- ,t lrr:n Grenzen scheint auch die Unterscheidung zwischen privater und

minus vernetztes Haus den Lesern eher als Etikett für unterschiedlichc ,,llcrrtlicher Sphäre endgültig obsolet. Früher, konstatiert Stefano Marzano,
Ideenkonzepte und Vorstellungsbereiche denn als genau definierter Gegen- It'itcr der Philips-Designabteilung, habe man sich in die Welt begeben
stand gegenübertritt. Dennoch gibt es in dieser wie in anderen Darstellungen rrriissen, uffi sich Anregungen zu holen oder andere Menschen kennenzuler-
zum Themenfeld eine Reihe von Elementen, die Aufschluss darüber geben n('n. Je mehr das Haus mit computerisierten Kommunikationssystemen
können, von welchen Vorstellungen über Wohnen und Interieur Entwerfel' ,rusgestattet werde, »die ein viel breiteres Spektrum von Stimulation, Erfah-
und Projektentwickler ausgehen (Keim 2002). rung, Vergnügen und Interakfion gewähren, um so größer wird unsere Frei-
Möbel oder Ausstattungsensembles, so ist zunächst festzuhalten, spielerr lrt'il sein, zu entscheiden, wann wir unsere eigenen Wände verlassen möch-
im vernetzten Haus eine untergeordnete Rolle. Im Mittelpunkt des Interesses Icn Ltnd wann nicht« (Marzano 2000: 32).
stehen dagegen digital funktionierende Geräte, die mit den Bewohnern ilr I)ie Entgrenzung der Räume, die hier versprochen wird, führt aber nicht
Interaktion treten: Der Badezimmerspiegel, der Raum- und Wassertempera- ,,u ciner Befreiung aus der häuslichen Abschließung, die in einem vermehr-
tur misst, die intelligente Schürze, mit der sich der Herd berührungsfi'ci Ir'n In-der-Welt-Sein münden könnte; vielmehr birgt die vermeintliche Ent-
',, lrcidungsfreiheit im Gegenteil die Gefahr des Kontaktverlustes mit der
anschalten oder die Töpfe bewegen lassen, der Screen, der Nachbarn unrl
Freunde virtuell zu Sport und Spiel ins Haus einlädt (Kuhnert/Schnell 2000: llrrrwelt. Denn: Warum soll man sich für das Verlassen der Wohnung ent-
',r'lrr:iclen, wenn das, was einstmals als distinktives Merkmal von öffentlich-
l,,t'it galt - Erfahrung, Stimulation, Vergnügen - auch in den eigenen Wän-
Bei der Unterscheidung von reaktionärer Postmoderne und >Postmodcrnc clc:s r lt'n vct'l'i"igbar ist?

Widerstandes< (»postmodernism of resistance«) berul'en sich clio Autrlrcn iru l' Ilr cincl' >>von Sirnulationen angereicherten Kultur«, stellt Peter
dic Dcl'inition dcs Kunstkritikcrs FIal lrostcr (vgl. ltrstcr l9tt3: xil'.). I\4iirtcnl-l(ick in l)it yirttttllc Dimt,rr,;iort l'cst, vcrwandle sich der lnenschli-
()
Ncl-lc:n rlcrn Ilcgril'l' ,rvcnrctzlcs Illrus.. ll'clclr lruclr rlic llczt:ir:lllungcn »srrriu'l
,lrt' l((il'1lr'l',,irrunct'lrrchl'von r:it)r't)) al<.tivc:n ilr cincn hyltcr-aktiv slinrtrlir:1.-
Itorttt'<,. ,,intclligt'nlcs llllus(( otlt'l' ,,tlilillrlisit'l'lt's ll:rrrs., ;llrl'.
158 | CHnrsrANr Krrvr I'l nFoRMATTvE VrnrüHnrRrscHr BUoER Bltcxr I 159
RAuME - - MorurtERTE

ten Körper<< (Mörtenböck 2001: 7). Die Omnipräsenz elektronischer Dulcn i r \\ r ',('n sein. Die Befunde der Forschungen züm Interieur sprechen dage-
und virtueller Welten erzeuge >>eine bestimmte Form des Zuhause-Seins irr r ', ,lrc Verhältnisse waren und sind kompliziert.
Wissensstrukturen, die nicht direkt aus anderen Formen ableitbar ist<< (ebtl.:
l2).Übertragen auf das Modell des vernetzten Hauses ließe sich desst'n
imaginierter Bewohner als »hyperaktiv stimuliertes<< Subjekt kennzeichncn,
das sich in einer Simulationswelt einrichtet. Dann allerdings hätten wir cs
nicht mit einer Auflösung von Privatsphäre bzw. der Trennung zwischclr
privat und öffentlich, sondern im Gegenteil mit einer Hypertrophie von
Privatheit zu tun (Keim 2002: 177). Freiheit meine dann nicht Freiheit rlcr
Wahl zwischen verschiedenen Räumen, sondern ein Freisein von der äuLlc
ren Welt, eine »Wendung nach innen<< (Sennett 1995: 458), welche dic
physische Konfrontation mit allem, was außerhalb liegt, meidet.
Wenn aber Privatsphäre in diesen Konzepten eine ebenso große oder so
gar noch größere Bedeutung als in der Wohnung des 19. Jahrhundert grr
winnt, welchen Einfluss haben dann Einschreibungen von Geschlecht ulrtl
geschlechtlich definierte Ortsmarkierungen? Diese Frage ist derzeit nor:lr
nicht schlüssig zn beantworten; ihr müsste durch eine noch zu leistenrlr'
Analyse der Bild/Raum-Konstellationen bzw. der Vernetzung dieser Kons-
tellationen mit Blickpositionen und Bewegungskörpern der imaginiertclr
Bewohner/-innen im einzelnen nachgegangen werden. An dieser Stellc
können nur einige kurze Hinweise gegeben werden: So lässt die Privilegic-
rung des Blicks und einer entkörperlichten Erfahrung des >Zu-Hause-Seins
in Wissenstrukturen< darauf schließen, dass bei der Vorstellung vom idealcn \1,1, .i: Bildlegende: Computeranimation der Küche im Digital House
Adressaten der Wohnungen ein männlich definierter Subjektentwurf leitentl
t l't , t jt'lit I998, Hariri & Hariri)
war. Projektpräsentationen wie die des Di gital House des Büros Hariri .t
Hariri von 1998 (Riley 1999: 56-59) wiederum machen deutlich, dass nril
der Übernahme der Reproduktionsarbeit durch die Geräte die Zuständigkcit IITERATUR
für das Wohnen in den Händen der Frauen verblieben ist. So übernimmt inr
Digital House der virtuelle Chef zwar die Vorbereitung des Dinners, dic lf ,rt lrclard, Gaston (1964): The Poetics of Space, Boston: Beacon Press.
Verhandlung darüber, was letztlich auf den häuslichen Tisch kommt, führt lrt'n jirrnin, Walter (1982): Das Passagen-Werk ( 1927-1940), Frankfurt/
jedoch die (Haus-)Frau (vgl. Abb. 3). Main: Suhrkamp.
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Study Houses, von denen ich in diesem Text ausgegangen bin, führen uns, l(tinste und Geschlecht in der Moderne((, in: Dies. (Hg.): Um-Ordnung.
so meint jedenfalls Christopher Bagley im W Magazine, weg von der digita- ,,lrtgewandte Künste und Geschlecht in der Moderne, Marburg: Jonas
len Ara zurück in eine Zeit >>when the last traces of squeaky-clean Fiftics Vcrlag, S. 9- 1 3.
were giving way to something more complicated,..r0 Die speziell auf dic llrttcnl'cld, Herwarth A. von (1882): »Die Ausschmückung der Wohnräume
Beziehungen der Geschlechter im Interieur gerichteten Inszenierungcn tlurch Frauenhände«, in: Illustrierte kunstgewerbliche Zeitschrift für In-
markierten demzufolge eine Bruchstelle gesellschaftlicher Entwicklung. ttcn-Dekoration, Heft 6, S. 101- 102.
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Wenn ab Mitte der l960er Jahre die Dinge plötzlich schwierig gewordcrr - die bürger-
sein sollen, musste zuvor alles einfach und nach klaren Regeln gestaltbar liclre Wohnung des Historismus<<, in: Mai, Ekkehard et al. (Hg.): Kunst-
lxtlilik uncl Kunstforderung im Kaiserreich. Kunst im Wandel der Sozial-
rttttl Wirt,yclufisgeschichte, Berlin: Gebr. Mann Verlag, S. 361-378.
10 Siehe: http://mydesignfix.com12009106ll6ldomestic-bliss-stcven-klcin/. Mit I ,rllrt', .lrrkob von ( l87 1): Die Kunst im Huuse: geschichtliche und kritisch-
seincr Rcfercnz auf dic fiühcn l960cr Jahrcn lirlgt Klcin inl Ührigcn oilrc:lrr ii,s'lltcti,tclrr' ,\lutliut iiber tlic Decorution und Ausstattung der Wohnung,
'frcncl, wic cr clcrzcit vor allcnt in Irilrn- unrl Iicrnsr:hprorluklionr:lr zu l'rr:ol-rirclr- Wierr: Vcrlag (icrold.
tcrt ist .
160 I CuRrsrANr Krrvr l't nFoRMATTvE RAuME - VrnrüHRERrscHr BUoER - MoNTTERTE Blrcxr | 161

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Abbildung 1: Herr en-Z\mmer l87g' Aus: Um-Ordnung'
te und Geschlecht in der Moderne' Hrsg' v'
Cordula Bischoff/Christina
MnRpIKE CLAUSS
Threuter. Marburg: Jonas Velag 1999' S' 61'

Abbildung 2: Ise Gropius am Doppelschreibtisch


im Haus Gropius' Aus:
Hrsg' v' Hans M' »Ich liebe die DDR, so wie ich Amerika
Gropius Bauhausbauten Dessau' Neue Bauhausbücher'
S' 105' liebe, also nicht New York und Los Ange-
Wingler. Mainz: Florian Kupferberg Verlag 1974'
der Küche im Digital House (Projekt les, sondern das große Land, das zwischen
Abbildung 3: Computeranimation
New diesen beiden Städten liegt. Die DDR<<, er-
& Hariri)' Aus: Terence Riley: The Un-Private House'
1998, Hariri
klärte ich nun in die Runde hinein, »ist ja
York: Museum of Modern Art 1999' S' 58'
eins zu eins wie die USA. Essen, Kleidung,
Inneneinrichtung, unterirdische Einkaufspa-
radiese, alles.«
Die DDR?
Richtig. Ich sagte: die DDR.
(aus: voN Uslan 2010: 19)

l. DesrcN ALS AUSDRUcK EINER loeoLoclslERUNG


VON KONSUM UND AILTAG

Seit dem Fall der Berliner Mauer vor 20 Jahren und dem Ende der Volksei-
genen Betriebe, die die planwirtschaftliche Produktion im Sinne einer sozia-
listischen Warenkultur verwirklichen sollten, gibt es ein wachsendes Inte-
resse an den »typisch sozialistischen<< Design- und Konsumformen der
DDR. Neben der >>Ostalgiewelle«, die eine fetischisierende Form- und Ma-
terialnostalgie der alltaghchen Gebrauchsgegenstände pflegt, entstanden
kulturgeschichtlich und designtheoretisch interessierte Ansätze, die den
'/-ssammenhang zwischen sozialistischer Ideologie, Produktion, Distribution
rund Asthetikverständnis darstellen.'

I Vol l-ril't'^,'r rrlrr"' l":" -t'tt1

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