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Gesellschaftliche Bedeutung von Kleidung

Mit ausgehendem 13. Jahrhundert häufen sich die erhaltenen Kleiderordnungen, auch Luxusgesetze genannt, im
gesamten europäischen Raum. Kaum eine größere Stadt verfügt nicht über mindestens eine Ordnung, welche die
Kleidung der Bürger betraf und diese regelte.

Die zugrunde liegenden Gründe waren vielfältiger Natur:

1. „Die Lesbarkeit der Welt“

Einer der Gründe für die Entstehung von Luxusgesetzen im Mittelalter resultierte aus dem Wunsch nach einer ge-
setzlich geregelten Kleidung zum Aufrechterhalten des hierarchischen Verständnis des Weltbildes des mittelalterli-
chen Menschens, welches sich durch jeden Lebensbereich hindurch zog. Der Mensch definierte seine Identität
durch seine Kleidung und seine Tätigkeit, mit dem Ziel „einer harmonischen Kongruenz von Kleiderwahl und ständi-
scher Position, von äußerem Schein und ständischem Sein.“1

„Daz niemand vor den anderen tratzt / man ordnet mit gewant / jeden Mensch nach sinem stant“ 2

Ein sozialer Aufstieg, mehr jedoch ein Abstieg3, wurde von den Angehörigen des gleichen Standes nur schwer und
widerwillig akzeptiert, gar als persönliche Beleidigung angesehen.

Es fällt auf, dass viele Kleiderordnungen Aussagen wie die „von Gott vorgegebene Ordnung“ erwähnen und auch in
ihrer Wortwahl stark an Predigten aus der Bibel erinnern4

Die Zugehörigkeit zu einem Stand innerhalb dieser „ordo“ bedeutet Sicherheit – für den mittelalterlichen Menschen
sowie rückwirkend für alle Mitglieder innerhalb seiner festen sozialen Gruppe.5

Im Verlauf der 1. Hälfte des 14. Jh., besonders aber ausgelöst durch die Zustände während und nach der großen
Pestwelle um 1350, fingen die Stände an ihre Stellung neu zu definieren. Handwerker sowie Bürger versuchten
mehr Privilegien und Macht gegenüber dem alteingesessenen Adel zu erkämpfen und die Städte strebten ihre Au-
tonomie an.

Durch Erbschaften und durch die gesunkene Anzahl der Arbeitskräfte in vielen Berufen bei weiterhin hoher Nach-
frage, sahen sich Handwerker und Bürger plötzlich mehr als zuvor in der Lage, ihre Existenz zu verbessern, wobei
sie ihren neugewonnenen Reichtum und Einfluss durch prachtvolle Kleidung zur Schau stellten und sich dadurch
zunehmend die unsichtbare Grenze zwischen den einzelnen Ständen verwischte, kurz die bisherigen „Gesetze“ der
optischen Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe allmählich untergraben wurden. Diese neue Dynamik
innerhalb des städtischen Machtgefüges, welche sich erst im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend festigte, miss-
fiel dem bisher einflussreichen und tonangebendem alten Stadtadel, der sich zunehmend in seiner Position bedroht
fühlte und versuchte durch Kleiderordnungen diesem Missstand Herr zu werden.

2. Angst vor Verschuldung

Gleichzeitig sollten die Verordnungen die Stände vor Verschuldung bewahren, die durch übermäßigen Luxus in Klei-
derfragen entstand. Bisweilen wurde nicht nur die Kleidung reglementiert, sondern auch beispielsweise die Art und
Weise sowie Preis einer Feier, wie z.B. einer Hochzeit, für jeden Stadt genau vorgeschrieben.

Vergleicht man jedoch wie im Falle Wiens erhaltene Testamente, speziell die erhaltenen Bürgertestamente zwi-
schen 1395 und 1430, so wird man feststellen, dass von dieser vorgeblichen Luxussucht selten Konstanz aufscheint.

3. Förderung des heimischen Markts

Ökonomisch wird in der Kleiderordnung eine Verminderung des Imports von ausländischen Waren zugunsten einer
Förderung des heimischen Markts ersichtlich. Diese Regelung traf besonders solche Produkte, die durch inländische
Waren gleicher oder minderwertvollen Qualität ersetzt werden konnte. Das Geld blieb dadurch im Land, die einhei-
mische Produktion erhielt neue Aufträge.
Die Entwicklungen in Wien –
Die Kleiderordnungen von 1380 und 1450

Wien besaß im Mittelalter zwei wichtige Kleiderordnungen, eine um 1380, eine zweite um 1450. Bereits im 13.
Jahrhundert prangerten zeitgenössische Dichter und Sänger den Luxus und die Sucht der Wiener, ausländische
Mode nachzuahmen (Einflüsse in der Kleidung kamen sehr wahrscheinlich durch den Handel mit Italien, Böhmen,
Ungarn, Baiern, Sachsen, Thüringen), an. Hier beispielsweise anzumerken seien Neidhart von Reuenthal sowie der
bei Wien geborene Sänger und Dichter Seifrid Helbling (geb. 1230, Gedichte um 1290/1300).

Für die Wiener Juden wurde 1267 auf der Synode mittels Beschluss erlassen,

„dass die Juden, die sich in dieser Kleidung von den Christen unterscheiden sollen, einen spitzen Hut, den eini-
ge in dieser Gegend zu tragen pflegten und den sie in ihrer Vergangenheit abzulegen wagten, wieder aufset-
zen.“6

Im 14. Jahrhundert stammt die Modekritik aus der Feder von Heinrich dem Teichner und Peter dem Suchenwirth
(1320-1395?), langjähriger Begleiter Albrechts III.

Leider ist die Version von 1380 nicht erhalten, nur ein Fragment ist hiervon noch in Grupps „Kulturgeschichte des
Mittelalter“ zu entdecken, der einen Verweis auf das Wiener Luxusgesetz 1380 enthält. Woher der Autor jedoch
seine Quelle hat, ist nicht weiter ausfindig zu machen, da nur auf das Wiener Luxusgesetz 1380 im Literaturanhang
verwiesen wird.

„Ohne fremde Hilfe können die Leute ihre Kleider mit den vielen Nesteln gar nicht anziehen.“7

1384 erließ der Habsburgerherzog Abrecht III. eine Verordnung zur Regelung der studentischen Kleidung: Ihnen
wurde

„untersagt, kurze oder buntfarbige Kleider, oder solche und Kapuzen mit Einschnitten, sowie auch Halsketen
nach Weise der Ritter, oder Waffen ohne Erlaubnis des Rectors und Decans zu tragen.“8

Im Herbst 1426 liefert die kleine Klosterneuburger Chronik (S.249) einen weiteren interessanten Hinweis zum The-
ma Kleiderordnung für Ostösterreich, leider ohne Hinweis ob es sich hierbei um eine klerikale oder weltliche Klei-
derordnung handeln sollte:

„Herzog Albrecht V. lädt Vertreter der Stände der Länder ob und unter der Enns zu Verhandlungen über die
Hussitenfrage nach Wien … darüber hinaus stellen die Prälaten 32.000 Gulden, die Laienpriester 11.000 Gul-
den zur Verfügung, wobei sie den Herzog darum ersuchen, er möge in Hinblick auf den Gewandschnitt ….
Vorkehrungen treffen.“9

Die Wiener Kleiderordnung um 1450

Dass das undatierte Luxusgesetz aus der vermutlich Mitte des 15. Jahrhunderts noch erhalten ist, verdanken wir
Anton von Geusau, welcher in seinem Werk „Geschichte der Belagerung Wiens durch dem König Mathias von Un-
garn“10 einige Passagen aus dem sogenannten „Copeibuch“, einer vom Stadtschreiber Lukas Hirschauer zwischen
1140 und 1460 erstellten Abschriftensammlung von Urkunden und Akten, abgeschrieben hat. Leider ist es heute
unmöglich diese Vermutung zu überprüfen, da das Original zu Beginn des 19. Jahrhunderts verloren gegangen ist
(vgl. Hampl-Kallbrunner). Ausgegangen ist die Kleiderordnung jedoch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vom Bür-
germeister und Rat der Stadt Wien.
J. K. Schlager bezweifelt Geusaus eigene Angabe, den Inhalt einem Wiener Stadtbuch entnommen zu haben, da-
tiert jedoch in seinen „Wiener Skizzen des Mittelalters“ (1846) die Kleiderordnung als spätestens für das Jahr
1522, da der Wortlaut „Genannten“ in diesem Jahr durch landesfürstliches Mandat aufgehoben wurde.11

Die Kleiderordnung unterteilt sehr genau in Männer- und Frauen- sowie Dirnenkleidung. Zudem ist jeder Ab-
schnitt entsprechend dem gesellschaftlichen Stand gestaffelt.

“ORDNUNG DER MÄNNER


Erstens: Ein jeder Bürger, welcher des Raths ist, oder Rath wird, oder des Raths gewesen ist, möge auf das höchste seine Klei-
dung mit Mader oder Zobel verbrämen, und auf dem Haupte einen Hut oder eine Haube mit Mader oder Zobel tragen dürfen.
Er soll aber keine goldene Schnur, noch eine Schnur mit Perlen um das Haupt noch Knöpfe mit Perlen tragen.
Auch soll er kein seidenes Gewand tragen, ausgenommen Seidenzeug zu Joppen und zu Ermel.
Alle Erbbürger und Kaufleute sollen auf das höchste ihre Kleider mit Mader, und auf dem Haupt ein Hütel mit Mader unter-
füttert oder eine Haube mit Mader tragen. Es soll auch keiner über vier Mark Silber an seinem Leibe haben.
Alle Handwerker mögen auf das höchste tragen einen Hut oder eine Haube von Fuchs, Luchs oder Vorczeins; doch können sie
auch haben Mader auf dem Haupt, und einen Maderbalg um den Hals. Sie sollen auch nichts von Seidenzeug tragen, ausge-
nommen zu Joppen und Ermeln, das soll seyn von allerlei Zendal oder Vorstat, und darunter und darüber nicht, er sey eine
Kleidung, wie es für den Rath verordnet ist. Auch soll er ein solcher nicht über zwey Mark Silber an sich tragen.
Alle Diener und Knechte, Burgerdiener und Handwerkdiener (Gesellen) in was Wesen sie seyen, sollen weder etwas von Pelz-
werk noch von Seiden tragen; auch soll ein solcher nicht über ein Mark Silber an sich haben, noch einen goldenen Ring; des-
gleichen soll ein solcher auch kein Gewand tragen, wozu die Ehle mehr als einen Gulden kostet. Doch mag ein Knecht tragen
einen alten übertragenen Rock, den ihm sein Herr schenket.
Ferner soll kein Knecht einen Biberhut tragen, weder eine Haube, die theurer ist, als ein Pfund Wienerpfennige; eben so soll es
den Dienern verbothen seyn, eine goldene Schnur, Perln, oder perlene Buchstaben tragen.
Endlich sollen auch alle Burger und ihre Diener, alle Handwerker und ihre Diener nicht mehr gespitzte Schuhe tragen.

ORDNUNG DER FRAUEN


Es soll keine Burgerinn einen goldreichen Zeug zu Ermeln oder Bruchstücken, noch zu Goller haben, doch dass der Werth des-
selben Zeugs nicht theurer sey, als die Ehle vier Gulden, auch soll keine Burgerinn sammetene, damastene Röcke oder Mäntel
tragen.
Weder soll eine Frau Perln tragen, weder auf Röcken noch auf Mänteln noch auf Gollern, ausgenommen an den Ermeln mag
eine ein Paar Linien haben von Perln, Gold oder Silber. Ist sie eine Burgerinn, so soll dieses aber nur acht Gulden, ist sie eine
Handwerkerin, so soll es nur vier Gulden werth seyn, und darüber nicht. Auch soll weder eine Burgerinn noch eine Handwerke-
rinn auf den Brislen ein edles Gestein tragen.
Auch soll keine Burgerinn noch Handwerkerinn lauteres Gold, Perln oder Edelgestein an dem Gürtel tragen; weder soll eine
Burgerinn auf Gürteln und an Geschmeid von Silber an ihr haben, da über vier Mark schwer sey, eine Handwerkerinn aber
nicht über dritthalb Mark.
Es soll auch keine Zobl, Hermelin, noch Laßniczeins weder unter dem Rock, noch unter der Mänteln tragen auf keine Weise;
aber zu Brämen kann sie Hermelin oder Laßniczeins haben, welche jedoch nicht breiter als drey Zwerchfinger breit seyn sollen.
Auch soll keine mehr einen Flug tragen, die mit Hermelin unterzogen sind. Welche aber einen Flug tragen will, die mag ihn mit
Seidenzeug, oder mit Vechwämchen oder mit Rehrücken unterziehen lassen.
Deßgleichen soll keine einen Schleyer tragen, der mehr habe als zwölf Vach. Noch soll ihr Kleid länger seyn, denn dass es ihr
auf der Erde nachschleppe um ein Viertelheil einer Ehle und nicht darüber.
Es soll soll auch keine goldene Ringe an ihren Händen tragen, die über dreyßig Gulden werth sind. Doch mag eine ein Häftel
tragen, das zwanzig Gulden werth sey aber nicht darüber. Auch soll keine
Frau noch Dirne in der Stadt verbunden gehen, noch ein Hütl tragen, es sey denn, dass es regne, oder dass sie über
Feld gehen will.

ORDNUNG DER DIRNEN


Einer jeden Dirne ihr Gewand soll nur auf die Erde stossen und nicht länger seyn, auch soll sie keine perlene oder abgenähte
Preyl, noch Goller von Goldzeug, noch seidene Ermel tragen, denn nur von schlechtem Zendel soll es ihnen erlaubt seyn.
Auch soll keine Dirne einen Schleyer, der über sechs Fach habe, weder ein Silber am Gürtel, noch einen korallenen Paternoster
(Rosenkranz) tragen.
Deßgleichen soll keine Dirne eine Bräm, noch einen goldenen Ring tragen; aber von Pelzwerk mögen sie tragen kleine schlech-
te Bräme von Kelmadern, Ottern, oder von Maderzageln.
Damit aber die Ordnung also gehalten werde, so sollen Bürgermeister, Stadtrichter, und die des Raths, die ersten binnen vier-
zehn Tagen anfangen an ihnen selbst und an ihren Hausfrauen, und wer über vierzehn Tagen ausser des Hausses, darin sie
selbst wohnen, ungehorsam befunden würde, und wieder diese Ordnung handelte, der oder die sollen so oft der Stadt zu Pön
verfallen seyn, und von jedem Stück fünfzehn Gulden bezahlen.
Welcher der Genannten, oder seine Hausfrau in den nächsten vier Wochen das Geboth und die Ordnung bräche, der oder die
soll so oft es geschieht von jedem Stück der Stadt zehn Gulden Strafe erlegen.
In den nächsten sechs Wochen sollen alle Manns- und Frauenpersonen insgemein die vorgenannte Ordnung zu halten verbun-
den seyn; welcher Mann oder Frau darnach betreten würde, die wider die Ordnung gethan hätte, der oder die sollen, so oft es
geschehen in die Strafe verfallen seyn, von jedem Stück fünf Gulden erlegen.
Welcher Knecht oder Dirne in den nächsten acht Wochen die vorgeschriebenen Artikel übertritt, der oder diesselbe ist der Stadt
zur Strafe verfallen von jedem Stücke, so oft es geschehen, zwey Gulden.
Von der gemeinen Weiber wegen ist abgeredet worden, daß jede ein offenbares Zeichen von einem gelben Tüchlein an der
Achsel tragen soll, einer Handbreit, und einer Spann lang.
Von der heimlichen Weiber wegen ist beschlossen, daß dieselben alle weder Pelzwerk, noch Seidenzeug, auch kein Sturzhütl,
noch Hauben tragen, damit man sie vor anderen frommen (ehrlichen) Frauen erkennen möge; welche aber anders gieng, der
soll man den Mantel nehmen zu Gerichtshanden. Sie sollen auch in der Kirche nicht stehen, wo die Burgersfrauen, und andere
fromme Frauen stehen.
Wegen der heimlichen Ehefrauen ist der Artikel dem Burgermeister und Rath vorbehalten, in Geheim die Sache zu verhan-
deln.“12

Vergleicht der aufmerksame Leser die Wiener Kleiderordnung mit anderen zeitgenössischen Luxusgesetzen des
14./15. Jh. so wird schnell offensichtlich, dass den Wienern wesentlich mehr Kleiderluxus zugestanden wur-
de, „was wohl auf den größeren Wohlstand der Bürger in Wien einerseits und auf die weichere Wiener Art ande-
rerseits schließen lässt“13

Die Wiener Kleiderordnung nimmt in Österreich einen ganz besonderen Stellenwert ein, ist sie doch aufgrund der
schwach entwickelten Selbstverwaltung der Städte die einzige erhaltene österreichische Kleiderordnung des
Mittelalters.

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1 Keupp, p. 42
2 Keupp, p. 42; Heinrich der Teichner Nr 53, v. 70 ff.
3 Vgl. Jan Keupp, p. 101 ff – an den Beispielen Franz von Assissi, Elisabeth von Thüringen, Meier Helmbrecht
4 Textile & Clothing 5
5 Vgl. Jan Keupp
6 Keupp, p. 71
7 Grupp, Kulturgeschichte des Mittelalters, Bd. 6, p. 112
8 Karl Freiherr von Czoernig, p. 170
9 Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien, p. 129
10 Wien 1805; S.90-96
11 Schlager, p. 297
12 Hampl-Kallbrunner, Anhang p. 73-76, aus: Anton von Geusau: Die Geschichte der Belagerung Wiens durch den König Mathias
von Hungarn (Wien 1805, p.90-96)
13 Gertraud Hampl-Kallbrunner, S.38

Literatur:

 Gertrude Hampl-Kallbrunner: „Geschichte der Kleiderordnungen mit besonderer Berücksichtigung Österreichs.“ Wien,
Dissertation Universität Wien, 1949
 Auguste Otto: „Die österreichische Mode im 14. Jahrhundert nach den Gedichten Heinrichs des Teichners.“, Dissertation
Universität Wien, Wien 1935
 Ferdinand Opll: „Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitgenossen berichten.“ Böhlau Verlag, 1995
 Jan Keupp: „Die Wahl des Gewandes. Mode, Macht und Möglichkeitssinn in Gesellschaft und Politik des Mittelal-
ters.“ Mittelalter-Forschungen Bd. 33, Jan Thorbecke Verlag, 2010
 Peter Suchenwirt, Alois Primisser: „Peter Suchenwirt’s Werke aus dem vierzehnten Jahrhunderte“
 Lieselotte Constanze Eisenbart: Kleiderordnungen der deutschen Städte zwischen 1350 und 1700. Ein Beitrag zur Kultur-
geschichte des deutschen Bürgertums.
 J.K. Schlager: „Wiener Skizzen. Urkundliche Notizen über die Wiener Kleidertracht vom Jahre 1396-1430“; Wien, 1846
 Karl Freiherr von Czoernig: „Ethnographie der österreichischen Monarchie“, 1. Bd, Wien 1857
Niderhemd /Phait /Pfayd/ Phayt
Das Wort “Phait” (bzw. je nach Quelle und Zeitstellung auch Niderhemd /Phait /Pfayd/ Phayt) findet sich als Be-
zeichnung für das sogenannte Leibhemd/Unterkleid in zahlreichen Wiener Testamenten des ausklingenden 14.,
beginnenden 15. Jahrhunderts. Das Phait ist die unterste Schicht, die Mann und Frau tragen. Bei den Männern
reicht es etwa bis zum Knie bzw Oberschenkel, bei den Frauen bis zum Knöchel.

Beispielsweise im Pinzgau wird das Wort nach wie vor verwendet, und zwar mit weibl. Artikel: die Pfoad – heute ist
damit nur mehr das Herrenhemd gemeint, früher war auch das Unterhemd der Frauen darin eingeschlos-
sen. Ethymologisch liegen die Ursprünge für diese Bezeichnung wahrscheinlich u.a. im mittelhochdeutschen Pfeit.

Als Material diente in erster Linie aus hygienischen Gründen (Waschbarkeit) weißes Leinen, aber auch Seide ist in
höheren Kreisen vorstellbar.

Vom Schnitt her handelt es sich um einen einfachen, auf geometrischen Formen aufbauenden Zuschnitt aus Recht-
ecken und Dreiecken. Mit der 2. Hälfe des 14. Jahrhundert geht in der Oberbekleidung die Tendenz weg vom
Schlupfkleid und immer mehr hin zu einer körperangepassten Form. Möglicherweise damit zusammenhängend gibt
es bereits mit etwa dem 1. Viertel des 14. Jh. (ungesichert!), spätestens allerdings um 1370/1380 erste Nachweise
für ärmellose Unterkleider (z.B. Burg Rhanis, Wenzelsbibel), primär im Kontext von Badeszenen, wodurch nicht ein-
deutig nachweisbar ist, ob es sich bei dieser Phaitform um ein im Alltag als Unterkleid getragenes oder ausschließ-
lich zum Baden getragenes Kleidungsstück handelt. Die in den Wiener Testamenten vereinzelt aufscheinende Be-
zeichnung “achslphait” oder aus 1413 stammende “badpfayd” könnten allerdings auf dieses Unterkleidart hinwei-
sen.

Auch die Lengberger Funde (Abbildung siehe „Unterwäsche“) erinnern stark im Schnitt an die selten, aber doch be-
reits ab der Mitte des 14. Jh. immer wieder abgebildeten Frauen in einem taillierten Unterkleid.

Münster zum Heiligen Kreuz,


Schwäbisch Gmünd, ca. 1360

Leinenunterkleid aus der Burg


Ranis, Thüringen. Datierung
anhand der Beifunde ins frühe
14. Jh.. Der Fund gilt heue als
verschollen.

Braunschweiger Skizzenbuch,
Herzog Anton Ulrich-Museum,
Kupferstichkabinett, Braun-
schweig. Ca. 1380-1420.
Unterwäsche
Unterwäsche wie ein BH oder Unterhosen sind als Textilfund frühestens um 1400-1440 herum nachweisbar. Ab
dann gibt es aus Lengberg, Tirol in größeren Stücken erhaltene Büstenhalter. Die dazugehörigen Unterhosen aus
dem Laufe des 15. Jahrhunderts sind nicht definitiv einer Frau zuzuordnen, und ähneln im Zuschnitt den seitlich
geschnürten Unterhosen der Männer, wie man sie auf diversen Kreuzigungsszenen aus dem 15. Jahrhundert, kennt.

Auf Abbildungen bzw. Holzschnitten des Spätmittelalters (v.a. 15. Jh.) finden sich zwar vereinzelt Szenen mit einer
mit Unterhose bekleideten Frau, bei den Werken handelt es sich aber immer um “Verkehrte Welt”-Darstellungen
und sind daher nicht als Quelle nützbar. Da vor dem 20. Jhdt auch weiterhin keine Damen-Hygiene-Wäsche (nach
aktuellem Forschungsstand) außerhalb der Monatshygiene benutzt wird, wäre eine solche Unterhose auch eine
historische Ausnahmeerscheinung. Aus diesem Grund ist das Thema Unterhosen vorläufig weiterhin ein unlösbares
Rätsel.

Links:
Einer der „BH“-Funde aus Schloß
Lengberg, Tirol. Der Gesamtkom-
plex wurde auf das späte 14. Jh.
bzw. 15. Jh. datiert.

Rechts:
Unterhosenfund aus Schloß Leng-
berg. 15. Jahrhundert

„Verkehrte Welt“-Bild:
Kupferstich von Israhel an Meckenem
der Jüngere (1440-1503), deutscher
Graveur. Ende 15. Jh.

Wölffel von Neumarkt. Flügelaltar,


Kreuzigung Christi; Graz,
Universalmuseum Joanneum
IN 302 , Ca. 1360-1370

Speculum Humanae Salvationis,


ÖNB, cod. s. n. 2612 ; fol. 22r
Österreich? Südwestdeutschland?
Ca. 1330-1340
Strümpfe
Die Strümpfe der Frau ähnelten den hosen (heute zur Unterscheidung oft auch als „Beinlinge“ bezeichnet) der
Männer, endeten aber etwa in Kniehöhe. Mit einem gewebten Band oder Lederriemen wurden sie unter
demKnie fixiert um ein Verrutschen zu vermeiden.

Als Material wurde in der Regel Wollstoff in Köperbindung genützt, welche den Strümpfen durch einen Zu-
schnitt quer zum Fadenlauf ausreichend Elastizität gab, um gut zu sitzen.

Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum


Leihgabe Stift Wilten; IN 1962 4, ca. 1370-1372

Concordantiae caritatis, Lilienfeld,


1349-1351; Cod. 151, 244v.

Beinlinge des Bockstenmann.


Varberg Museum, Schweden;
14. Jh.

Rekonstruierte Frauenstrümpfe.
Wollköper, handgenäht mit Woll-
garn; pflanzengefärbt mit Reseda
und Indigo.
Sloyer & Gebent
Die Frau des 14. Jh. verhüllte in der Regel ihr Haar aus Gründen des moralischen Anstands mit einem Schleier aus
Leinen oder Seide. Ob es sich dabei um eine Kombination aus Gebende, Gebende, Rise und Schleier, Haarnetz, ein-
fache, teils turbanartig, um den Kopf geschlungengene rechteckige, lange Tücher oder Blumenkranz (Schapel) han-
delte – die Spielvarianten waren grenzenlos!

Lilienfel-
der Chro-
nik 1350
cod. 151 ;

Links, Mitte: einfacher Schleier, rechts:


Schapel; Lilienfelder Chronik cod. 151 ;

Wimpel. 1370 ; 1372 ;


1370 ; 1372 ;
Innsbruck ; Österreich ;
Innsbruck ; Ös-
Tirol ; Tiroler Landesmu-
terreich ; Tirol ;
seum Ferdinandeum Tympanonrelief Minoriten-
Tiroler Landes-
kirche Wien, ca. 1345-1350

Einfacher St. Pölten, St.


Schleier, Vor- Hippolyt um
1330 ; 1340 form des Kruse- 1340 cod.
Biblia Paupe- lers St. Pölten, 1203 ; fol. 23r
rum ; cod.
1198 ; fol. 4v
1330 ; 1340 ; Wien ; Österreich ; Wien ; Österreichische “…ez ist ain man vil gar betoret / der sein
hub vnn velt verchauffet / daz sein weip
auffs hiern hauffet / ain vogel haisst der withopf/ der hat
ain semleichs auff dem chopf / …” (Heinrich d.T., B 151 b 39-43)

Nicht nur weiß, sondern auch farbig konnten die Schleier sein – bei den Frauen beliebt, bei der Gesellschaft auf-
grund der Übernahme von Sitten, wie auch dem Schminken, der Hübschlerinnen, teils ungewünscht, waren gelbli-
che Schleier, widersprach er doch dem Zeichen der Untertänigkeit.

Heinrich von Langenstein:

“Von slairn die die fraw gilbent und verbent. Ez ist eze meiden daz gelbew varb an slairn und alle zierd an weiblei-
chen gepent ze meiden und ze straffen sey. … Ein fraw tregt darumb gepent auf iren haupt daz man dapay erchenn
daz si dem man vndertänig sol sein und der man über si man beweist es auch damit und ist ain zaichen dez ersten
prechen und übervarn des gepots ein anvanch het von dem weib darumb tragend frawn gepent daz man sie mug
erchennen von irem mannen und die man tragent chains” (Hs. Nat. Bibl. Nr. 2997, 79 a.)

Ob die im späten 13. Jh. modischen breitkrempigen Hüte noch in Benützung waren, welche der schweizer Dich-
ter Johannes Hadloub (2. Hälfte des 13. Jh.s; † Anfang des 14. Jh.s in Zürich) auf seiner Wien-Fahrt im Frühjahr
1248 beklagte, weil sie die Gesichter der Österreicherinnen so stark beschatteten, dass es der Minne nicht zuträg-
lich wäre, ist anhand der Quellen nicht bestätigbar. Für das späte 14. Jh. existiert jedoch eine Glasmalerei sowie für
das späte 15. Jh. hängt in den Prunkstallungen des Belvedere ein Werk aus der Umgebung von Lilienfeld, welche
Frauen mit geflochtenen Strohhüten, im Stil vergleichbar mit den Hutformen aus der bekannten französischen
Kreuzfahrerbibel des 13. Jh., über einer Schleierkonstruktion zeigen- und interpretative Assoziationen zu Hadloubs
Kleiderkritik hervorruft.
Die Gugel, welche an sich eher eine Männerkleidung darstellt, wurde etwa ab dem letzten Drittel des 14. Jh.
auch als Kopfbedeckung der Frau populär. In anderen deutschen und schweizer Städten, z.B. Zürich, gibt es um
1370 herum Einschränkungen im Tragen von Gugeln für Frauen, eine zeitliche Einordnung, in Relation auf Teich-
ners Schaffenszeit (siehe Zitat unten), für das Tragen der Frauengugel in unseren Breiten kann somit spätestens
auch in diesem Zeitraum herum als wahrscheinlich geschätzt werden. In wie weit es sich bei der Bildquelle aus
Herward von Andrea um eine Gugel handelt oder nicht, ist nicht eindeutig belegbar. Andere Bildquellen zu der
Thematik fehlen im österreichischen Kontext für Frauen, weshalb auch die Form der Gugeln – ob geschlossen oder
offen im Stile der flämischen Frauengugeln – für unsere Breiten ein rein hypothetisches Konstrukt wäre.

Die “Gugel” als angeschnittene Variante eines Hemds kam der Reimchronik zufolge, in Folge der Geißlerbewegung
als Konsequenz des Erdbebens 1261 in Sizilien über die Lombardei nach Südösterreich.

Um die Zeitspanne von 1290-1300 hat sie sich als regionaler Trachtbestandteil in der Steiermark durchgesetzt.

„nû ist ein gewonheit unde swarz und râmvar swâ wîbes siten phlegten man, daz er halt ungerne kaeme
ein gemeiner sit was den wîben begarbe die hieten grôzen spot erli- ûz der gugel, sô er izzet,
wont nû den Stîraeren mit, ritterliche varbe. ten.dô man lebt nâch alten und swer sîn gugel nû niht
der ist nû deheiner, mizzet,
nû behüetent si sich alle gelîch siten –ich gedenc, des ist niht daz der spiz hab spanne len-
grôzer oder kleiner, mit den gugeln flîzicklich, lanc - swen grôzer frost bet- ge,
er müez an dem kragen daz sie diu sunne niht verbren- wanc, und daz si niden sî sô enge,
staet ein gugel tragen, ne. daz er winderzîten daz daz houbt kûm hin durch
daz i der hals belîbe wîz. ouch was etewenne in einer gugel muost rîten, kumt,
ez wurd iu ein itewîz diu gugel niht enfrumt.
ein site widerzaeme der erbeit kûm
kaemt ir mêre zuo dem Rîn! nû wolt got ir Stîraere,
der nû ist gar genaeme: daz er âne sûm daz iu der site noch liep
iuch widersaezen die Henikîn etlich man ir hâr ziern, di gugel ab naeme, waere,
sô sêre niht mêr als vor als wîlen tâten die dîern sô er ze herberg kaeme: des iwer vordern
dô etlicher als ein môr und noch solden begân. nû dunkt es manigen sô gena- phlâgen.” (Reimchronik, 77583
von arbeit was gevar -77632)
eme,

Ab der 2. Hälfte des 14. Jh. herum dürfte sich die Gugelmode sukzessive in Restösterreich, wie auch in anderen
europäischen Ländern, als von beiden Geschlechtern getragenes Kleidungsstück durchgesetzt haben.

“ê lieʒen sich die man schouwen âne gugel vor den frouwen : nû siht mans in den gugeln gân vor den frouwen als
ein man, der sîn houpt niht sehen lât vor dem brechen den er hât, der niht zimlîch ist ze sagen. sô siht man die frou-
wen tragen ouch die gugel für gebant/ dass ay gegen ein anderer gant / frawen als man die lewt klagent /
…” (Teichner, C 219 ff.)

Gugelähnliche Frau mit Gugel?


Frauenkopfbe- 1330 ; 1340
deckung. St. Biblia Paupe-
Pölten, St. Hip- rum ; cod.

An eine geknöpfte Gugel erinnern-


de Schleierkonstruktion. Maria
Strassengel, Stmk., 2. H. 14. Jh.
Im Zeitraum rund um 1350 muss in Österreich der sogenannte Kruseler modern
geworden sein. Seinen Ursprung hat er in den Schleiern des 12./13. Jh.
(vergleichbar mit den spanischen Schleiern bzw. Funden in den königlichen Grä-
bern in Burgos), welche einen angewebten gekräuselten Rand aufwiesen und bisweilen zusätzlich noch aufwendig
gefältet wurde. Der beliebte einlagige, und mehrfach um den Kopf gewickelte einfache Kruselerschleier wurde in
der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts durch aufwendige Variationen abgeköst. . Seine Hochblüte erreichte der Kruse-
ler um 1360-1380 herum, wurde aber beinahe bis zum Ende des 14. Jh. häufig getragen, vereinzelt finden er sich
sogar noch bis in die 2. Hälfte des 15. Jh. Hinein.
Kombination aus gekräusel-
Detail eines Schleiers mit angewebter und zusätz- tem Schleier und Rise. Ma- Bleichen des einlagigen gekräuseltenSchlei-
lich angenähter Kruselerkante aus dem Burgos- riae Heimsuchung, ers mit Schwefel. Lilienfelder Chronik 1350
Fundkomplex, 12./13. Jh.
Ebreichsdorf, Öst. Mus. Nr. cod. 151 ; fol. 224 v.

Rechts:Kruseler. Tiro-
ler Landesmuseum Fer-
dinandeum Leihgabe
Stift Wilten ; IN 1962,
ca.1370-1372

Kruseler. Glasfenster, Johanna von Oben: Concordantiae Caritatis,


Pfirt. Stift St. Florian, ehemals cod. 151 ; fol.145 v., ca. 1350
Kartause Gaming, ca. 1350
Kruseler, Jan van Eyck:
Speculum Hu- Arnolfini-Hochzeitsporträt.
manae Salvationis, 1434, flämisch.
cod. 1636 ; fol. 26v
(r.), fol. 47 v. (l.),
ca. 1360-1370

Kruselerpüppchen aus Ton.


Deutschland, 14. Jh. Stifterfigur der
Katharina von
Böhmen, Wie-
ner Stephans-

Haarnetz/
Haarimitat? Glas- Haarnetz und
1330 ; 1340 ;
fenster, Stift St. Schleier—
Florian, ehemals St. Pölten, St. Wien ; Öster-
angesetztes
Kartause Gaming, Hippolyt Her- reich ; Wien ;
ca. 1350 Haar? Geben-
ward von St. Österreichische
de? 1330 ;
Andreae um 1340 ; Wien ;
Schürze
Die Schürze diente damals wie heute dem Schutz der Kleidung. Ob wie im englischen Lutrellpsalter plissiert oder in
einfacher Form mit einem Stoffband oder einfach durch die Stoffülle um die Hüfte gebunden oder aber auch mit
einem Fürspan mittig an der Brust befestigt (meist bei sehr schmutzigen Arbeiten, wie Kochen, Schmieden,…), hing
sehr wahrscheinlich vom Zweck und persönlichen Geschmack ab. Als Material diente in der Regel (gebleichtes) Lei-
nen.

Unbekannter österr. Künstler. Schmiedeschürze, ÖNB cod. s. n.


Geburt Christi, ca. 1400 2612, fol. 25v, 1330-1340

Unbekannter Künstler, Flämisch,


Geburt Jesus, ca. 1400, Museum
Mayer van den Bergh, Antwerp

Holkham Bible, England, fol. 12v., Brit.


Lib. Add. 47680 , 1327-1335

Tacuinum Sanitatis, ÖNB


Cod.Vindob., series nova
2644), ca. 1370-1400

Lutrell Psalter, England,


1305-1340

Rekonstruktion einer Schürze mit Plissierung.


Aus handgewebtem Leinen. Handgenäht mit
handgesponnenem Leinengarn.
Paternoster
Bis ins späte 14. Jh. Hinein benützten die Menschen als liturgisches Utensil für ihre Gebete ein Paternoster, eine
offene Form des Rosenkranzes. Der Paternoster bestand in der Regel aus einer mehrmals wiederholten Abfolge
von 10+1 Perlen, welche sich in Größe/Farbe/Material voneinander unterschieden. Sehr beliebt waren als Material
u.a. Knochenperlen, rote Koralle, Bernstein sowie Bergkristall.

Dienste die Paternosterschnur im 13. Jh. Noch als Zeichen der Frömmigkeit, so wurde sie im 14. Jh. Zunehmend
zum Statussymbol, mit welchem der Reichtum demonstriert wurde. Heinrich der Teichner (österr. Dichter, 1310-
1375) schreibt beispielsweise in einem seiner Gedichte:

“… der pater noster ist nicht peliben / alls in selb gemacht hat / wann die fraw gen kirchen hat / so mess der pater
noster verporgen / er ist ipeleich uber zogen / mit gestein und mit ander ding...so ist das all ir sin und fleiss / das
nur die pater noster gleiss / fuer die andern verr und weyt / also prangens wider streit/ …” (Quelle: Die österr. Mode im 14.
Jahrhundert nach den Gedichten Heinrich des Teichners. Dissertation von August Otto, Univ. Wien., 1935 C, 109b, 50-55; 69-72)

Im Verlauf der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts entwickelte sich der Paternoster zunehmend zu dem uns heute be-
kannten, geschlossenen Rosenkranz weiter.

Archäologische Nachweis: z.B. London, Konstanz, Nürnberg, Bommersheim-Oberursel, usw.

Glasfenster, Deutschordensritter mit Geschlossener Rosenkranz


Grabmal der Margareta von Rieneck,
Paternosterschnur, Leechkirche,
Wertheim, Stiftskirche ca. 1364
Graz., 14. Jh.

Hedwigs Codex,
Aachen, ca. 1353

Paternosterer, Mendelsche
Zwölfbrüderstiftung,
Nürnberg, 15. Jh.

Rekonstruktion eines Paternosters.


Knochenperlen und rote Koralle; mit
Seidenquaste
Fingerhüte
Fingerhüte gehörten spätestens ab dem 14. Jh. zum Nähbedarf. In der Regel wurden sie aus Bronze bzw. Messing
gefertigt und mit Punkten und Linien verziert. Während im 14. Jh. noch eine senkrechte Punktanordnung anzu-
treffen ist, wird diese mit dem 15. Jh. zunehmend spiralförmig. In den Frühzeiten der Fingerhut-Produktion, welche
im 15. Jh. und 16. Jh. besonders in Nürnberg zu ihrem Höhepunkt fand und von dort aus europaweit exportiert
wurde, wurden auch Fingerhüte aus Leder benutzt.

Facombe Netherton, England, British Museum


1985,1101.984, ca. 1418-1434

Fingerhut, Bronze, British Museum


OA.721 , 15. Jh.

Burg Tannenberg, Deutschland, Ende 14. Jh.

14. Jh., Messing, Nürnberg

Fingerhuter (14. Jh. Bis vor 1414), Nürnberger


Zwölfbrüderstiftung, Amb. 317.2° Folio 5 verso
(Mendel I), ca. 1426
Der Bruder bohrt mit einem Fiedelbohrer, der
über dem Werkblock zu schweben scheint, die
Vertiefungen in den auf einen Splint gesteckten
Fingerhut.

Rekonstruktion mittelalterli-
cher Fingerhüte, Messing.

Konstanz—Marktstätte und Fischmarkt,


14. Jh.
Textilrohstoffe

Baumwolle:
Obwohl Baumwolle bereits bekannt und zum Teil in den südeuropäischen Ländern an-
gebaut wurde, konnte sie sich bis ins Zeitalter der Industrialisierung kaum in der Klei-
dungsindustrie durchsetzen. Sie wurde vorwiegend in Mischgeweben für die Herstel-
lung von Haushaltstextilien genützt, beispielsweise Bettwäsche, Tischtücher.
Seit dem 14. Jh. Sind die Barchentweber als Baumwollverarbeitendes Textilgewerbe in
fast allen großen Städten Europas nachweisbar. Auch Wien hatte Ende des 14. Jh. Eine
bedeutende Barchendweberei vorzuweisen, wurde nach der Jahrhundertwende jedoch
von den süddeutschen Städten verdrängt.
Gürtel:

Heinrich von Langenstein:

“Under ander menschlicher zierd, die verpoten ist, sind beslagen gürtel riemein oder seidein besunderleich zu meiden und zu
straffen … item man pint ein sakch der gutz getrait vol ist mit einem striklein daz man umb ein helbling chauft. Davon ist ein gros-
se torhait daz manzu dem sack des leibs der vol unsauberhait ist gen seidene riemeine gürtel sicht die mit gold oder silber gesla-
gen sind.” (Hs. Nat. Bibl. Nr. 2997, “Von hochfart der gürtel, 78b)

Kleines Messer

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