Sonographie Beingefäße
Sonographie Beingefäße
Die Duplexsonographie der Beinarterien und Beinvenen ist schwierig. Auch wenn wir recht
ordentliche Vorstellungen von ihrer Anatomie haben ist die sonographische Darstellung nicht
immer einfach. Dies liegt auch an ihrer großen Verlaufsvariabilität begründet.
Die Bedeutung der arteriellen Untersuchung liegt auf der Hand: schließlich finden sich über
50% aller atherosklerotischen Prozesse in den Beinarterien. Etwa 3 Millionen Menschen
haben in Deutschland eine pAVK.
Hier ist auch die Bestimmung des Arm-Bein-Index (ABI-Messung) ein wichtiger Bestandteil
zur Beurteilung des Schweregrads sowie Abschätzen der Prognose einer pAVK.
Voraussetzung für eine valide Diagnostik ist natürlich eine sichere Befunderhebung, die nur
in der Praxis erworben werden kann. Gerade Regionen im Bereich der Kniekehle oder der
Wadenvenen müssen sorgfältig evaluiert werden.
Sowohl in der primären Diagnostik als auch zur Verlaufsbeobachtung (Surveillance) ist die
Duplexsonographie ein hervorragendes Verfahren.
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Duplexsonographie der Beinarterien
Position Rückenlage
Grundsätzlich sind alle arteriellen Signale durch ihre Pulsatilität (auch ohne Farbkodierung)
gut von den Venen zu unterscheiden. Die Begleitvene ist meist größer als die Arterie.
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Gesunde Extremitätenarterien zeichnen sich durch einen
hohen peripheren Widerstand aus und haben eine
typische triphasische Form der Spektralkurve.
Die Fläche unterhalb der Kurve ist weitestgehend
frei von Signalen und wird als systolisches Fenster
bezeichnet.
physiologisch
Außer bei der arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) dient der Ultraschall dem Nachweis von
Aneurysmen und entzündlichen Erkrankungen (Vasculitiden).
Ein Aneurysma besteht, wenn der Querdurchmesser 50% des normalen Durchmessers
übersteigt. Dies ist für alle Arterien gültig. Ab einer Verdoppelung des normalen Lumens ist
jedes Aneurysma rupturgefährdet.
Die Untersuchung beginnt mit der distalen infrarenalen Aorta, direkt oberhalb des
Bauchnabels.
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❶ Aortenbifurkation, Abgang der Iliacalarterien
LWK
Das Aufsuchen der Iliacalarterien ist leichter von distal nach kranial. Man beginnt
oberhalb des Leistenbandes mit der Darstellung der A. iliaca externa (AIE) in
Längsachse und verfolgt diese nach kranial. Durch seitliches Kippen erscheint der
Abgang der Arteria iliaca interna (AII), weiter proximal die Iliaca communis (AIC).
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Leistenregion: A. femoralis communis, superficialis, profunda (AFC, AFS, APF)
Man beginnt in der Längsachse distal zum Leistenband. Dreht man die Sonde leicht
im Uhrzeigersinn, lässt sich die A. femoralis communis (AFC) am besten darstellen.
Danach werden A. femoralis superficilis (AFS) und A. profunda femoris (APF) etwas
distal aufgesucht.
Zum besseren Verständnis der anatomischen Lage sind beide Arterien im CT-Angio
abgebildet. Daneben ist die Schallkopfposition am Patienten zu sehen.
Sondenposition Arterien
B-Bild arteriell farbkodiert
Sondenposition Venen
(4 cm nach distal versetzt)
B-Bild venös
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Beckenarterienverschluss rechts
Patient mit Verschluss der Arteria iliaca communis rechts. Es besteht ein
Claudicatiostadium II B. Der Leistenpuls fehlt. Die Oberschenkelarterien sind
sonographisch stenosefrei und füllen sich über Kollateralen auf.
Sondenposition
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Die farbkodierte Sonographie des gleichen Patienten zeigt ein monophasisches
Dopplerspektrum mit hochgradiger intrastenotischer Strömungsbeschleunigung
(PSV 276 cm/s, EDV 50 cm/s).
Beide Pfeile zeigen auf eine höhergradige Plaque in der linken Arteria profunda. Das
Dopplerspektrum ist monophasisch (gelbe Markierung) und weist eine hohe
systolische Maximalgeschwindigleit von 228 cm/s auf. (normal wäre bis 90 cm/s).
Das Messvolumen liegt exakt im Stenosebereich mit korrigiertem Winkel.
Der spektrale Flussanteil unterhalb der Nulllinie (Pfeil) stellt eine Spiegelung dar,
bedingt durch die hohe systolische Strömungsbeschleunigung.
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Oberschenkelgefäße (A. femoralis superficialis, AFS, V. femoralis superficialis, VFS)
Kann im Liegen (Seitenlagerung) oder Sitzen (Fuß auf Hocker stellen) erfolgen.
Wird in der Querachse in Richtung Kniescheibe geschallt, findet sich meist oberhalb
der Poplitealarterie eine Vene.
Man sollte den Schallkopf zum Oberschenkel und Unterschenkel kippen um die
Anatomie zu identifizieren. Hilfreich ist hier die Farbgebung.
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In der Längsachse lässt sich die Arterie rasch auffinden und im Farbduplex
beurteilen.
B-Bild Farbduplex
Sondenposition
Dopplerspektrum
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Unterschenkelgefäße
Das Aufsuchen der Arterien entspricht dem Untersuchungsgang der tiefen Venen.
Alle drei Unterschenkelarterien werden meist durch zwei Venen begleitet. Durch den
viel langsameren venösen Fluss erscheinen die Begleitvenen ohne Farbgebung,
lassen sich aber durch distale Kompression nachweisen.
Die farbkodierten Duplexbilder sind mit venösem Preset abgeleitet. Aufgrund der zu
niedrigen Abtastrate weist das arterielle Signal daher ein Aliasing auf.
Sondenposition B-Bild
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Arteria fibularis (AFIB), Längsachse
Die fibulare Gefäßgruppe kann von medial und lateral gut erreicht werden. Sie lässt
sich auch direkt von dorsal auffinden, wozu der Patient entweder in Bauchlage oder
im Stehen geschallt wird.
Für das Auffinden ist der richtige Winkel entscheidend, der wie immer ausprobiert
werden muss. Die fibularen Venen sind oft auffallend weit.
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Arteria tibialis anterior (ATA), Längs- und Querachse
Sondenposition
farbcodiertes Duplexbild
(VTA = vena tibialis anterior)
Die distale Poplitealarterie (III. Segment) mit abgehender A. tibialis anterior und dem
Truncus tibio-fibularis lassen sich von medial am proximalen Unterschenkel auffinden.
Der Schallkopf wird schräg unterhalb der Tibia aufgesetzt.
Anteriorabgang und Truncus (gestrichelte Linien) lassen sich nicht immer gemeinsam
darstellen.
Die posterioren und fibularen tiefen Venen bilden den Venenkonfluens-1, die
anterioren Venen den Konfluens-2. Beide Systeme münden dann weiter proximal in
die Vena poplitea.
Sondenposition
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Bakerzyste
B-Bild Schema:
Konsequenzen
AVK
Pathologische Befunde sind symptomorientiert zu bewerten und bei Bedarf dann
weiter abzuklären (z.B. mittels Angiographie).
Ein Oberschenkelarterienverschluss bedarf nicht grundsätzlich einer Intervention, es
sei denn, es besteht ein höhergradiges Stadium der arteriellen Mangelversorgung
(sehr kurze Gehstrecke, Ruheschmerzen oder Gewebestörungen).
Neben der in der Regel ausreichenden kollateralen Versorgung über Profundaäste
sind Gehtraining, das Beachten atherogener Risiken und Medikamente hier oft
ausreichend.
Grundsätzlich sind proximal betroffene Gefäßabschnitte (Beckenstrombahn,
Leistenarterien) aufgrund besserer Langzeitergebnisse eher zu therapieren als
peripher gelegene Abschnitte.
Klassische rekonstruktive Verfahren (Endarterektomie und Bypass) sind heute durch
ebenbürtige interventionelle Techniken (Angioplastie, Thrombolyse, Stents) ergänzt
worden.
Poplitealarterienaneurysma (PAA)
Schwerwiegender Befund, da periphere Embolien und eine Amputation drohen.
Eine Ruptur tritt eher selten auf.
Oft beidseitiger Befund.
40% der Patienten mit PAA haben ein Bauchaortenaneurysma.
Vorstellung in der Gefäßchirurgie. Ausschaltung durch einen femoro-poplitealen
Bypass (auch kleiner Aneurysmen) erforderlich.
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Duplexsonographie der tiefen Beinvenen
Schema farbkodiert
AF VFC
CC
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❷ Beim Verschieben nach distal erscheint die V. saphena magna (VSM = 3) von medial
und mündet in die V. femoralis communis (VFC = 2). Die A. femoralis communis
(AFC = 1) teilt sich in A. fem. superficialis (AFS) und A. profunda (AP) auf.
AFC
2
1
LK
Im Leistenniveau finden sich
häufig Lymphknoten (LK), die
nicht mit einer Thrombose
verwechselt werden sollten.
Sie liegen meist oberflächlich.
Die tiefe Vene wird bis zum medialseitigen Kniegelenk verfolgt. Für
Kompressionsmanöver am distalen Oberschenkel wird die zweite Hand von dorsal
als Gegenlager benutzt.
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Darstellung der proximalen Oberschenkelgefäße rechts in der Längsachse:
Die arterielle Aufzweigung in A. fem. superficialis und A. profunda findet sich direkt in
Leistenhöhe, die Aufzweigung der venösen Gefäße in V. fem. superficialis und V.
profunda befindet sich etwas weiter distal (siehe Abbildung).
dorsal
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ventral
Aufgrund ihrer variablen Anatomie ist beim Schallen der Poplitealgefäße mit
unterschiedlichen Gefäßmustern zu rechnen. Die Abbildung zeigt schematisch das
rechte Kniegelenk. Der Schallkopf wird dorsal aufgesetzt. Beachten Sie die
Schallkopfmarkierung nach rechts außen.
Beim Schallen in der Fossa poplitea ist bei etwa 55% der Befund mit einer Arterie und
einer Vene zu erwarten (mittlere Abbildung).
Eine Verbreiterung des venösen Gefäßes (linke Abbildung) ist bei hoch gelegener
Einmündung nicht selten und darf nicht als venöses Poplitealaneurysma fehlgedeutet
werden.
Die Einmündung der Vena saphena parva, oft oberhalb des Gelenkspaltes ist
zusätzlich zu beachten.
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Die drei Gruppen der tiefen Venen des Unterschenkels werden am liegenden oder
sitzenden Patienten aufgesucht. Beim Sitzen sind die Venen besser gefüllt.
Man beginnt medial etwa 10 - 15 cm unterhalb des Kniegelenks und kann von hier
die tibial posteriore und fibulare Venengruppe erreichen.
Fascie
rechts
außen
Fascie
Die Farbkodierung (Bild rechts) erleichtert die Unterscheidung Arterie und Vene.
Hier ist lediglich die tibialis-posteriore Gruppe mit 2 Begleitvenen abgebildet.
Das arterielle Signal liegt zwischen den Venen (T = Tibia).
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Sondenposition und Duplexbild von medial mit Längsdarstellung der posterioren und
fibularen Venen:
posteriore
Gruppe
fibulare
Gruppe
Das arterielle Signal ist rot dargestellt. Die zugehörigen Begleitvenen (V) sind
aufgrund langsamer Strömung nicht farbkodiert und erscheinen schwarz.
Durch Einschalten des pw-Modus und bedarfsweiser distaler Wadenkompression
lassen sie sich jedoch identifizieren.
Die Venen lassen sich nie alle parallel zu den betreffenden Arterien abbilden.
Die fibulare und tibialis-posterior Gruppe kann auch direkt von hinten (Schallkopf
befindet sich in Querachse über der Wadenmitte, Marker nach rechts außen)
dargestellt werden.
Hier wurde mit relativ hoher PRF (Farbbalken, 30 cm/s) geschallt. Dadurch ist das
arterielle Signal (blaue Kreise) deutlich und einfarbig (ohne Aliasing). Die Pfeile
markieren die Position der Begleitvenen. Der schwache venöse Fluss (und damit
fehlender Dopplereffekt) lässt eine Farbgebung nicht zu. Die Fibula (F) liegt
schallkopfnäher als die Tibia und wird daher weiter oben im B-Bild dargestellt.
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Ist die fibulare Gruppe von medial schlecht schallbar, kann diese auch von lateral
dargestellt werden.
Der Schallkopf befindet sich dorso-lateral am Unterschenkel (in der Abbildung am
rechten Bein):
Die Duplexbilder zeigen die fibulare Gefäßgruppe mit der Arterie (ohne Farbe) in der
Mitte gelegen. Im Farbbild wird der venöse Fluss deutlich erkannt. Oft ist aber durch
den langsamen venösen Rückfluss das spontane Signal nur schwach oder es fehlt.
Hier kann durch distale Kompression eine Flussbeschleunigung und damit die
Farbkodierung erreicht werden. Der Durchmesser der Fibularvene ist etwa 5 mm.
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Danach wird die anteriore Gruppe von ventro-lateral dargestellt. Hier sind Thrombosen
selten. Die Abbildungen zeigen Sondenposition und Duplexbild der anterioren Gruppe:
M. gastrocnemius M. soleus
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B-Bild Sonogramm der rechten Wade.
Die kreisförmige Vena saphena parva ist am oberen Rand (weißer Pfeil) zu sehen.
Schräg nach unten ist die Trennlinie der Gastrocnemiusköpfe (gelb markiert).
Die Schallkopfmarkierung weist auf beiden Abbildungen zur rechten Patientenseite.
rechts
rechts außen
außen
Auf der unteren Abbildung ist die Sondenposition zum Schallen des medialen
Gastrocnemius dargestellt. Das Ultraschallbild zeigt eine kleine Arterie mit den
Begleitvenen (Muskelvenen, Pfeile) des medialen Gastrocnemiuskopfes.
Grundsätzlich werden am Bein alle Venen ohne und mit Kompression durch den
Ultraschallkopf und mit Farbdarstellung überprüft.
Darstellungen in Quer- und Längsachse sind obligat. Eine nicht thrombosierte Vene
lässt sich vollständig komprimieren. Bei Thrombose gelingt dies nicht.
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Vorgehen und Maßnahmen bei Thrombose
Unterschenkel Oberschenkel
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Antikoagulation
nach Empfehlungen der ACCP-Guidelines (American College of Chest Physicians)
und deutscher Fachgesellschaften:
Substanzen:
Literatur
S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie.
Deutsche Gesellschaft für Angiologie und Gefäßmedizin. Stand Oktober 2015.
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Messung und Bedeutung des Arm-Bein-Index
Die Messung des Arm-Bein-Index (ABI; ankle-brachial index) ist einfach. Sie erfordert
lediglich eine einfache cw-Doppler Stiftsonde (8 bis 10 MHz) und eine Blutdruckmanschette
und bedarf keiner speziellen Ultraschallqualifikation.
Durch den übersystolischen Manschettendruck wird das Gefäß kurzfristig verschlossen, was
zum Begriff der Verschlussdruckmessung geführt hat. Mit der langsamen Druckreduktion
wird, analog zum Korotkoffgeräusch beim Blutdruckmessen, die wiedereinsetzende
Arterienströmung registriert.
A. tibialis anterior (a. dorsalis pedis) und A. tibialis posterior werden getrennt aufgesucht.
Bestimmung in Ruhe
Messen des systolischen Oberarmdruckes (z.B. 130 mm Hg über der Radialarterie)
Messen der Knöchelarteriendruckwerte (z.B. 140 mm Hg über den Arterien eines
Fußes)
ABI-Werte
Ein ABI von 1,0 – 1,3 gilt als normal (pAVK Ausschluss)
Werte über 1,4 lassen auf eine Mediasklerose (Mönckeberg Sklerose)
schließen. Hier lässt sich das Gefäß trotz hoher Drücke nicht okkludieren.
Werte < 0,9 sind als pathologisch (pAVK Nachweis) einzustufen.
Grundsätzlich besteht für die Ruhebestimmung nur eine ungenaue Korrelation zum
Stenosegrad. Stenosen bis 50% werden in der Regel nicht erfasst. Stenosen zwischen 50%
bis 75% lassen sich nur ungenügend nachweisen.
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Bestimmung unter Belastung
Messen des Oberarmarteriendrucks in Ruhe
Durchführen von 20-30 Zehenständen
Alternativ (im Liegen): 10 kräftige Fußhebungen oder Oberschenkelokklusion mit
Druckmanschette über 3 Minuten
Messen des Knöchelarteriendrucks unmittelbar nach Ende der Belastung im Liegen
(Messungen sollten innerhalb 1 Minute erfolgen)
Aussagen: Normalbefund:
geringer Abfall des Knöchelarteriendrucks gegenüber dem Ruhedruck
(infolge der nach Belastung auftretenden Hyperämie mit Vasodilatation).
Die Druckdifferenz (Oberarm zum Knöchel) wird negativ und beträgt
minus 20 bis minus 30 mm Hg.
Der Druckindex fällt nicht unter 0,92
Grundsätzlich ist mit einer Normalisierung der Messwerte innerhalb einer
Minute zu rechnen.
Pathologischer Befund:
deutlicher Abfall des Knöchelarteriendrucks (auf etwa 50-60% des
Ausgangswertes)
Die Druckdifferenz (Oberarm zum Knöchel) wird positiv und beträgt
plus 10 bis plus 20 mm Hg.
Der Druckindex fällt um etwa 0,2 ab.
Die Bestimmung des ABI ist nicht nur ein Messwert. Er hat auch eine hohe prognostische
Bedeutung bezüglich der Amputationsrate und Lebenserwartung der Patienten.
Die Abnahme unter einen Wert von 0,9 erhöht die kardiovaskuläre Mortalität um das
2-4 fache (200-400%!) und reduziert damit die Lebenserwartung um etwa 10 Jahre.