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V.i.S.d.P.

:
Angelika Beer, MdEP
Europisches Parlament
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KOMPAKTMEDIEN
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Druck:
Bloch & Co, GmbH
Angelika Beer (Hrsg.), MdEP
www.angelika-beer.de
Die Grnen Europische Freie Allianz
im Europischen Parlament
1
Inhalt

Vorwort
von Angelika Beer 3
I Prolog:
Wir sind die kommende Kraft 5
II Kapitel:
Stimme der schweigenden Mehrheit 12
III Kapitel:
Raus aus den Hinterzimmern
Mecklenburg-Vorpommern 17
IV Kapitel:
Bang Bang Bang/Kmpf fr Deutschland
Schleswig-Holstein 25
V Kapitel:
Konstruktivere Zusammenarbeit gewhrleistet
Hamburg 34
VI Kapitel:
Kommunale Arbeit schafft Basis fr eine nationale Alternative
Niedersachsen 42
VII Kapitel:
Taten statt Worte
Bremen 51
VIII Epilog:
Selbsternannte Demokraten 60
IX Literaturhinweise 65
X Links gegen Rechts 67
XI Der Autor 71
Inhalt

Liebe Freundinnen und Freunde,


Liebe Leserinnen und Leser,
die NPD sitzt mittlerweile in den Landtagen von Mecklenburg-Vorpom-
mern und Sachsen, die DVU in der Bremer Brgerschaft und im Bran-
denburgischen Landtag. Der in Krze erscheinende Verfassungsschutz-
bericht wird zeigen: Innerhalb von 2 Jahren haben die rechtsextrem
motivierten Straftaten bundesweit um 43 Prozent zugenommen und den
hchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht.
Rechtsextremismus, das zeigen alle Zahlen, ist lngst kein ost-
deutsches Problem mehr, sondern ein gesamtdeutsches schlimmer
noch: ein gesamteuropisches. Im Europischen Parlament (EP) hat sich
Anfang des Jahres eine rechtsextreme Fraktion u.a. aus Vertretern der
sterreichischen FP, der franzsischen Front National um Le Pen, dem
belgischen Flams Belang, italienischen Faschisten wie der Duce-Enkelin
Alessandra Mussolini und bulgarischen und rumnischen Rechtsextre-
misten konstituiert. Und dass sie noch mehr Gesinnungsgenossen im EP
haben, hat der Skandal um den polnischen EP-Abgeordneten Giertych
gezeigt, der ein Pamphlet mit antisemitischen, rassistischen und sexisti-
schen Parolen mit EP-Logo verffentlicht hat.
Erschreckend ist vor allem die Tatenlosigkeit, mit der diese Bedro-
hung unserer Demokratie hingenommen wird teils aus Uninformiert-
heit, Hilfosigkeit und Angst, teils aber auch aus unterschwelliger Sym-
pathie fr rechte Parolen.
Rechtsextremismus lsst sich nicht durch Verbote und Repressionen
von oben bekmpfen. Vielmehr mssen wir ihm aus der Mitte der Gesell-
schaft den Boden entziehen. Wir mssen im Alltag Zivilcourage zeigen
und Farbe bekennen fr Toleranz und Demokratie. Das ist der Grund,
warum ich den Journalisten und Buchautor Andreas Speit gebeten habe,
diese Broschre fr uns zu verfassen. Ich mchte dazu beitragen, dass in
meiner norddeutschen Heimat mehr Klarheit darber besteht, was sich
in der rechten Szene tut und welche Strategien die Rechtsextremisten
verfolgen.
In seinem Prolog gibt Andreas Speit eine Einfhrung in die strategische
Neuausrichtung der rechten Szene unter der Fhrung der NPD. Entschei-
dend fr den Erfolg der Rechten sind aber nicht nur ihre eigenen Strate-
gien, sondern vor allem das rechte Denken, das sich mittlerweile in der
Mitte unserer Gesellschaft verankert hat das zeigt das zweite Kapitel
der Broschre.
vorwort
q
I Prolog:
Wir sind die kommende Kraft
Nichts fr uns, alles fr Deutschland schmettert Udo Voigt in den
Saal. Die traditionelle Abschlussformel des Vorsitzenden der Natio-
naldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) gefel wieder. Applaus
brach unter den rund sechshundert Delegierten und Sympathisanten im
Saal des Fontane-Haus in Berlin-Reinickendorf aus. Die Signale vom 31.
Bundesparteitag im November waren deutlich: Geschlossenheit und
Weiter So!.
Die NPD Deutschlands lteste neonazistische Partei
Seit ber drei Jahren gelingt dem wieder gewhlten Bundesvorsitzenden
Udo Voigt und seinen Stellvertretern Holger Apfel und Peter Marx, die
lteste neonazistische Partei neu aufzustellen. Die frhere Altherren-
partei, die 1964 Neunazis aus der Deutschen Reichspartei (DRP) und
Altnazis aus der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP)
1964 in Hannover grndeten, ist heute die Partei der nationalen Be-
wegung. Der Einzug der NPD 2004 in den Landtag von Sachsen, nach
Jahrzehnten der Abwesenheit in den Landesparlamenten, lie die Partei
zum Hoffnungstrger werden. Selbstbewusst tritt die Partei mit ihren
etwa 7.000 Mitgliedern in Berlin auf.
Wir sind die kommende kraft
Junge Frau NPD Die Nationalen
Der Schwerpunkt der Broschre liegt auf den norddeutschen Bundes-
lndern. Anhand der Entwicklungen dort soll gezeigt werden, wie die
Rechten die kommunale Verankerung anstreben, wie sie soziale Themen
aufgreifen, wie sie um Jugendliche buhlen und ihre Zusammenarbeit
untereinander ausbauen und professionalisieren. Die einzelnen Kapitel
zu den Bundeslndern haben neben der regionalen Entwicklung auch
immer einen oder mehrere beispielhafte Schwerpunkte, die sich auf na-
hezu alle anderen Bundeslnder bertragen lassen:
In Raus aus dem Hinterzimmer werden etwa die neuen Strategien
von NPD und Freien Kameradschaften in Mecklenburg-Vorpommern
umrissen, mit denen sich die Rechtsextremisten als die netten Jungs
von nebenan prsentieren wollen und in der Mitte der Gesellschaft
Akzeptanz suchen. Das Kapitel Bang Bang Bang/Kmpf fr Deutsch-
land zeigt den besorgniserregenden Wandel der rechten Szene in
Schleswig-Holstein mit dem Schwerpunkt auf der Rechtsrockszene. Die
Neuformierung der Rechten in Hamburg und die Rolle der Frauen in der
Neonazi-Szene werden in Konstruktivere Zusammenarbeit gewhrleis-
tet nachgezeichnet gleichzeitig wird hier die Debatte der Rechten
um eine Zusammenarbeit mit Islamisten beschrieben. Den kommu-
nalpolitischen Professionalisierungsbestrebungen in Niedersachsen so-
wie dem kameradschaftlichen Engagement wird in Kommunale Arbeit
schafft Basis fr eine nationale Alternative nachgegangen. Im Kapitel
Taten statt Worten werden die DVU in der Bremer Brgerschaft und
Bremen muss leben, aber auch die Hooliganszene genauer unter die
Lupe genommen.
In seinem Epilog schneidet Speit schlielich die Debatte um demo-
kratische Strategien gegen Rechts an. Diese Debatte muss breit gefhrt
werden.
Ich wrde mich freuen, wenn wir zu dieser Debatte anregen und zu Zi-
vilcourage und parteibergreifendem Brgerengagement gegen Rechts
ermutigen knnen. Als Neumnsteranerin wei ich, dass wir breite Bnd-
nisse schmieden mssen und einen langen Atem brauchen. Der Club
88 ist trotz jahrelangen breiten Widerstandes bis heute nicht geschlos-
sen. Der Club Heil Hitler und seine Wirkungen in der Stadt zeigen, wie
wichtig es ist, frhzeitig rechten Umtrieben entgegenzutreten. Ich freue
mich auf eine breite Diskussion und viele Veranstaltungen vor Ort.
Die rechte Bedrohung ist eine Herausforderung, die uns alle angeht.
Ihre
Angelika Beer
vorwort
6
Kampf um die Kpfe, um die Strae
und um die Parlamente
Aus der Mitte des Volkes prangt auf einem Transparent an der Bhne.
Das Motto des Parteitags ist das Thema des Parteivorsitzenden. Aus einer
Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zitiert Udo Voigt, wie sehr sich rech-
te Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft festigen und verbreiten.
Mit Freude trgt er vor, dass ber 39 Prozent der Menschen in West- und
Mitteldeutschland eine gefhrliche berfremdung der Bundesrepub-
lik durch Auslnder sehen und ber 15 Prozent sich einen Fhrer wn-
schen. Sein Credo: Die Demoskopie darf die Partei hoffen lassen. Doch
um diese schweigende Mehrheit fr sich zu gewinnen, betont der Mitt-
fnfziger, msse weiter ein kommunaler Unterbau geschaffen werden,
bevor nach Hherem zu streben sei. Der Appell gleicht jener Strategie,
die er seit seinem Amtsantritt 1996 verkndet: Wir mssen den Kampf
um die Kpfe, um die Strae und um die Parlamente und um den orga-
nisierten Willen fhren. Mit Erfolg setzen Udo Voigt und seine Getreuen
auch eine nachhaltige Themenverschiebung in der Partei durch. Offen
erklrte er in der neu-rechten Wochenzeitung Junge Freiheit: Im b-
rigen interessiert die Leute auf der Strae nicht der Holocaust, sondern
ihre Alltagsprobleme, wie etwa Hartz IV. Und hob hervor: Die NPD ist
bestrebt, die Menschen dort abzuholen, wo sie sich geistig befnden.
In Berlin fordert Udo Voigt die Basis erneut auf, sich den ngsten und
Sorgen der Mitte der Gesellschaft zuzuwenden.
Mit neuen Themen in die Mitte der Gesellschaft
ber Jahre bemhten sich die NPDler in bestimmten Regionen der Repu-
blik erfolgreich, sich als nette Nachbarn zu verankern, die im Gemein-
de- oder Vereinsleben gerne helfen und zupacken. Kmmert euch um
die Menschen vor Ort war nicht Udo Voigts wrtliche Aussage, aber es
war die eindeutige Botschaft. Vor allem die sozialen Fragen mchte die
NPD fr die ffentlichkeit sichtbar national beantworten.
Bereits vor dem Parteitag kndigte Jrgen W. Gansel an, die soziale
Frage weiter zum zentralen Thema zu entwickeln. Das NPD-Bundes-
vorstands- und Fraktionsmitglied im schsischen Landtag versprach
sogleich, dass die Partei sich in Deutschland als einzige authentische
Anti-Globalisierungspartei in Deutschland darstellen will. Die Globa-
lisierung ist fr die NPD alleine der Angriff der kapitalistische Wirt-
schaftsweise unter der Fhrung des Groen Geldes. Dieses hat, obwohl
seinem Wesen nach jdisch-nomadisch und ortlos, seinen politisch-mi-
litrisch beschirmten Standort vor allem an der Ostkste der USA. In
Wir sind die kommende kraft
Erstmals kann die NPD ihren Bundesparteitag in der Bundeshauptstadt
veranstalten. Ein historisches Ereignis, meint Eckart Bruniger. Der
Berliner NPD-Landesvorsitzende stellt aber gleich klar: Die Haupt-
stadt heit hier Reichshauptstadt. Kaum zog die Partei ins Fontane-
Haus rissen Mitglieder ein Transparent von einem gegenberliegenden
Gebude. Den Slogan Keine Bhne fr Neonazis in Reinickendorf woll-
ten sie vom 11. bis 12. November 2006 nicht lesen. Auch der Protest von
etwa 400 Gegendemonstranten vor dem Gebude lste bei einigen De-
legierten nur Kopfschtteln aus. Am Eingang sagt ein NPDler der Presse
Die da drben sind doch die ewig Gestrigen und eine NPDlerin betont:
Wir sind die kommende Kraft.
Arbeit am Image
Die Ansicht der einzelnen Mitglieder will die Partei aber nicht breit f-
fentlich werden lassen, selbst wenn die eigenen Anhnger linientreue
Erklrungen abgeben. Beim Auftakt des Parteitages bemht sich der
parteieigene Ordnerdienst, den Manfred Brm aus Handorf bei Lneburg
leitet, Gesprche von Parteimitgliedern und Pressevertretern schnell zu
unterbinden. Mchte die Parteifhrung doch, dass einschlgige State-
ments nicht dem lang entworfenen Image zuwiderlaufen: brgernah, ge-
genwartsorientiert und politikfhig. Lstige Nachfragen zu Adolf Hitler
und zum Nationalsozialismus empfehlt so auch eine NPD-Handreichung
fr die ffentliche Auseinandersetzung ausweichend zu beantworten:
Adolf Hitler ist tot und die NSDAP aufgelst, was soll also die Frage?
oder: Die Menschen haben andere Probleme, als sich stndig mit einer
Zeit zu beschftigen, die mehr als sechzig Jahre zurckliegt. Sffsant
trgt Udo Pastrs, NPD-Fraktionsvorsitzender in Mecklenburg-Vorpom-
mern, seine vermeintlich wertfreien Ausfhrungen zu Adolf Hitler vor:
Eine absolut interessante Person der Zeitgeschichte wie Napoleon und
Stalin. Ihre Argumentationen sind fr die ffentlichkeit moderater ge-
worden. Die Parteifhrung bemht sich zudem, dass sich parteiinterne
Debatten in den ffentlichen Medien wenig fnden.
Nach den offziellen Reden ist im Saal die Presse unerwnscht. Ne-
ben den Parteiordnern komplimentieren erstmals auch Pressehostessen
die Medienvertreter hinaus. Die parteipolitischen Aussprachen und per-
sonellen Auseinandersetzungen werden hinter verschlossenen Tren
gefhrt. So sehr die Partei demokratische Rechte fr sich einfordert, so
wenig hlt sie sich an demokratische Gepfogenheiten.
Wir sind die kommende kraft
8
nach 1945 schaffen die Kameradschaften ein Netzwerk, in dem Kame-
raden 24-Studen rund um die Uhr Angebote aus der Szene fr sich fn-
den knnen von harten Aktionen ber geile Konzerte und coole
Partys bis hin zu nett gemeinschaftlichem abhngen bei rechten Rock
und deutschem Bier. Jene Erlebniswelt schafft nicht blo eine inten-
sivere Identifkation des Einzelnen mit der Gemeinschaft. Sie strahlt
auch als dynamische Szene auf weitere Jungendliche und junge Er-
wachsene aus. Die NPD erkannte das bewegungsdynamische Potential
und die jugendgeme Orientierung der Kameradschaften. Im Kampf
um den organisierten Willen setzte Udo Voigt gegenber Skeptikern in
der Partei, die einen Imageschaden durch die Kameradschaften befrch-
teten, das Miteinander durch. Thomas Wulff erklrte beschwichtigend
fr die Kameradschaften: Wir halten diese freien Arbeitsstrukturen
auch weiterhin fr absolut wichtig. Trotz mancher Reibereien in den
Landesverbnden zwischen Partei und Kameradschaften whlten die
Delegierten Thomas Wulff und Thorsten Heise in den Bundesvorstand.
Eine ihrer Aufgaben ist, die Kooperation mit den Freien Krften. Die
Strategen der Partei und Kameradschaften haben fr sich erkannt, dass
durch die unterschiedlichen Organisationsformen eine doppelte Ver-
ankerung erreicht werden kann. So sollen die Freien Kameradschaften
durch ihr Agieren gerade Jugendliche fr die nationale Bewegung ge-
winnen und die Partei durch ihr Operieren bei Erwachsenen nationale
Wir sind die kommende kraft
Wahlabend 2006 in Schwerin mit Udo Pastrs, Thomas Wulff, Tino Ml-
ler und Holger Apfel
der NPD-Handreichungen, in der solche Antisemitismen virulent sind,
werden sie noch deutlicher, die Globalisierung sei eine unverblmte
Imperialismusstrategie der USA, um der ganzen Welt den von US-
Konzernen ausbeutbaren American Way of Life besser: American Way
of Death aufzuzwingen. Die Europische Union (EU) wollen sie nicht
minder stark bekmpfen. Statt ein Europa der Vaterlnder zu garan-
tieren, wrde die EU-Zentrale in Brssel die gewachsenen National-
staaten, Vlker und Kulturen zerstren und reif () machen fr die
US-dominierte One-world. Sie seien indes fr ein freies, gerechteres
und weies Europa und gerade deswegen gegen das Vlkergefngnis
namens EU, das Brokraten, Wirtschaftslobbyisten und Einwanderung-
sideologen errichtet haben. Ihre Forderung: Deutschland den Deut-
schen, Russland den Russen.
Die Sorge um Volk und Vaterland kommt auf dem Parteitag auch in An-
trgen mit Forderungen nach Bereitstellung eines zinsfreien Familiengrn-
derdarlehens fr deutsche Familien und nach 500 Euro Kindergeld fr
jedes Kind bei gleichzeitiger Streichung der Zuwendung fr Auslnder.
Die Volksfront von rechts
die NPD und die Kameradschaften
Die sozialpolitische Orientierung besttigte der Parteitag ebenso wie
die bndnistaktischen Konzepte. Noch vor dem Wahlerfolg in Sachsen
traten fhrende Kader der Freien Kameradschaften in die Partei ein. Bei
vertrauensbildenden Gesprchen fanden die Kameradschaftsfh-
rer Thomas Wulff, Thorsten Heise und Ralph Tegethoff zur NPD. Nach
der Verbotswelle gegen kleinere neonazistische Vereinigungen in den
Jahren 1992 und 1995 begannen die offen neonazistisch auftretenden
Aktivisten wie Christian Worch aus Hamburg, Thomas Wulff aus Meck-
lenburg-Vorpommern und Thorsten Heise aus Thringen ein Netzwerk
von Kameradschaften aufzubauen. Unter der Parole Organisierter Wille
braucht keine Partei fanden Neonazis, Rechtsrockmusiker und Neona-
ziskinheads zusammen. Die NPD war diesen Kameraden damals in den
Positionen zu moderat und in der Strategie zu legalistisch-parlamenta-
ristisch. Denn fr die Kameradschaften ist der Nationalsozialismus eine
gesellschaftliche Alternative und die verbrecherischen Organisationen
SA und SS kmpferische Ideale.
Mittlerweile bestehen ber 160 Kameradschaften, die zwischen 5
und 80 Mitglieder haben knnen. Das Bundesamt fr Verfassungsschutz
schtzt, dass 4.300 Neonazis bundesweit agieren. Etwa 10.400 gewalt-
bereit subkulturell geprgte Rechte schtzt das Amt zudem. Erstmals
Wir sind die kommende kraft
1o 11
nach Steuerbetrgereien im Thringer Landesverband muss die Partei
der Bundestagsverwaltung 863.000 Euro zurckzahlen. Der aufgedeck-
te Betrug: Die Thringer Kameraden sollen fngierte Spendenquittungen
gewinnbringend in ihren Steuererklrungen abgesetzt haben; die Partei
kassierte dann die staatlichen Zuschsse fr die der Bundesverwaltung
gemeldeten Spenden.
Der fnanzielle Rckschlag bremst die NPD, wie manche Kommentare
nahe legten, jedoch wenig. Eine Straffung des Personals und eine Ver-
schiebung von Neueinstellungen seien ntig, rumt Udo Voigt ein. Die
fnanzielle Situation der Partei behinderte zum Jahresbeginn 2007 im
Bundesgebiet allerdings ihren hohen Aktionismus kaum. Das hohe En-
gagement der Gesinnungstter hngt wenig vom fnanziellen Obolus ab
auch im Norden der Republik.
Die Wortergreifungsstrategie
In Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg, Nie-
dersachsen und Bremen suchen NPD und Freie Kameradschaften die
politische Auseinandersetzung. Offen treten sie fr ihre Politik auf.
Versteckt wird sich nicht mehr. Getreu ihrer Wortergreifungsstrategie
versuchen sie auch im Norden, sich bei Diskussionsveranstaltungen ge-
gen rechts einzubringen. Uneingeladen kommen sie zu den Veranstal-
tungen, um mitzureden. Ganz ihrer Parole folgend Keine Diskussion
ber uns, ohne uns.
Wir sind die kommende kraft
Gedanken weiter verankern. Im vorpo-
litischen Raum mchten sie durch diese
doppelte Verankerung vor Ort langfristig
auch mehr parlamentarischen Raum ge-
winnen.
Der Deutschland Pakt
In der Kameradschaftsszene sind eini-
ge Kameraden indes ber die Nhe zur
Partei nicht so erbaut. Die Volksfront
von Rechts, die auch die Deutschen
Volksunion (DVU) des Bundesvorsit-
zenden Gerhard Frey 2005 mit ausrief,
behindern sie im Wahlkampf aber nicht.
Auf dem Parteitag macht sich der lang-
jhrige DVU-Bundesvorsitzende erneut
stark fr den Deutschland Pakt. Die
Volksfront sei notwendig, hob der
ber Siebzigjhrige hervor. Nach den
Wahlerfolgen der DVU in Brandenburg,
wo sie mit 6,1 Prozent in den Landtag
zogen und der NPD in Sachsen, wo sie
mit 9,2 Prozent ins Parlament kamen,
vereinbarten sie, auch weiterhin nicht
gegeneinander in einem Bundesland
anzutreten. Der Bruderkampf ist einge-
stellt, es wird nun ausschlielich gegen
die wirklichen Gegner gefochten, ver-
kndeten die Parteivorsitzenden 2005
im Deutschland Pakt. Bis ins Jahr 2009
legten sie fest, wer bei welcher Land-
tagswahl kandidiert, um sich nicht die
rechte Whlerschaft streitig zu machen.
Von einer fnanziellen Zuwendung
fr die NPD wollte der Millionr Gerhard
Frey nicht reden. Beantworten Sie sich
Ihre Fragen doch selbst!, giftet er ei-
nen Journalisten an. Dieser fragte nach,
weil die fnanziell klamme NPD mit einer
Rckforderung konfrontiert ist. Denn
Wir sind die kommende kraft
Thomas Steiner Wulff
1z 1
Rechtsextreme Straf- und Gewalttaten
Im Jahr 2006 registrierte das Bundesinnenministerium 18.142 rechts-
extreme Gewalt- und Straftaten. Vom Januar bis Dezember 2006 nahm
das Innenministerium zudem 2.094 fremdenfeindlich motivierte Ge-
walt- und Straftaten auf. Nach der Statistik sind 2006 diese Straf- und
Gewalttaten im Vergleich zum Jahr 2004 um 50 Prozent gestiegen. Die
realen Zahlen liegen erfahrungsgem aber hher, denn nicht alle Op-
5timme der schweienden Mehrheit
Sachsen-Anhalt 4,29
Brandenburg: 3,78
Thringen 2,25
Sachsen 2,07
Schleswig-Holstein: 1,94
Mecklenburg-Vorpommern: 1,63
Niedersachsen: 1,49
Saarland: 1,42
Berlin 1,42
Bremen 1,36
Hamburg: 1,15
Nordrhein-Westfalen 0,67
Baden-Wrttemberg 0,66
Bayern 0,62
Rheinland-Pfalz: 0,59
Hessen: 0,41
Rechte Gewalt
Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund in deutschen Bundeslndern
je 100.000 Einwohner im Jahre 2005.
Quelle: Bundesverfassungsschutzbericht, 2005
II. Kapitel: Stimme der
schweigenden Mehrheit
Die Website des Bundesvorstands der NPD wirkt moderat. Leichte Grau-
und Blautne dominieren die Site, die schnell berschaubar ist. Das
Webbanner Hnde, die in der Natur an einen Strang ziehen drften
kompetent anmuten. Regelmig aktualisiert die Partei selbst das Ban-
ner. Leicht schrg eingepasst soll das Logo NPD. Die Nationalen nicht
minder dynamisch erscheinen. Der virtuelle Auftritt der ltesten neona-
zistischen Partei in Deutschland passt zum inszenierten Erscheinen. Im
digitalen Raum will sich die NPD um Udo Voigt wie in der realen Welt
zukunftsorientiert, brgernah und jugendgem gerieren. Mit einen
Klick geht die Site des Bundesvorsitzende auf: Udo Voigt. Stimme der
schweigenden Mehrheit.
Immer wieder versucht die NPD, sich als jene Vertreter des ein-
fachen Mannes und der anstndigen Frau zu inszenieren, die offen
aussprechen, was andere nur wagen wrden zu denken.
Rechte Einstellungen nehmen zu
In den vergangenen Jahren offenbarten auch Meinungs- und Einstel-
lungsuntersuchungen, dass rechte Einstellungen stetig anwachsen.
Die Studie Vom Rand zur Mitte von Oliver Decker, Elmar Brhler
und Norman Geiler belegt, dass von den rund 5000 reprsentativ
Befragten 8,6 Prozent ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild
verinnerlicht haben. Im Westen 9,1 Prozent und im Osten 6,6 Prozent.
Dieses neue Ergebnis spiegelt eine alte Beobachtung wider. Richard
Stss erklrte vor Jahren, dass Einstellungen dem Verhalten vorgela-
gert seien. Sie schlagen sich aber nicht zwangsweise in konkreter
Praxis nieder, hebt er in Rechtsextremismus im Wandel hervor und
betont: Das gilt nicht nur fr den Rechtsextremismus, sondern gene-
rell: Nur ein kleiner Teil der Bevlkerung ist politisch aktiv, und daher
ist das rechtsextremistische Einstellungspotenzial wesentlich grer
als das Verhaltenspotential.
Dieser Widerspruch zwischen Einstellung und Verhalten erklrt so
auch, warum im Westen mehr Menschen ein geschlossenes rechtsextre-
mes Weltbild haben knnen, im Osten aber die neonazistischen Parteien
grere Erfolge bei den vergangenen Wahlen hatten und dass Ostbun-
deslnder die Bundesstatistik Rechtsextremer Straf- und Gewalttaten
anfhren.
5timme der schweienden Mehrheit
1q 1
mit blen Tricks arbeiten, denken 13,8 Prozent, und 13,6 Prozent glau-
ben: Die Juden haben einfach was besonderes und passen nicht so
recht zu uns.
Im Ost-West-Vergleich zeigte die Studie aus Leipzig Unterschiede auf.
43,8 Prozent der Ostdeutschen meinen, dass Auslnder den Sozialstaat
auszunutzen, whrend im Westen, 35,2 Prozent diese Aussage teilen.
Wenn die Arbeitspltze knapp werden wollen 38,4 Prozent der Ost- und
34 Prozent der Westdeutschen die Auslndern wieder in ihre Heimat zu-
rckschicken. 16 Prozent der Westdeutschen denken indes, dass Juden
ble Tricks anwenden. Diese Einstellungen hegen 6,1 Prozent der Ost-
deutschen. Die Juden wrden nicht zu uns passen, stimmten denn auch
14,7 Prozent der Westdeutschen und 9 Prozent der Ostdeutschen zu.
Studie Deutsche Zustnde
Seit fnf Jahren versucht das Projekt Gruppenbezogener Menschen-
feindlichkeit um den Soziologen Wilhelm Heitmeyer, rechte Einstellung
zu erfassen. Die Ergebnisse aus Bielefeld korrespondieren mit den Erhe-
bungen aus Leipzig. Von den 3000 reprsentativ Befragten stimmten in
der Studie mit dem Titel Deutsche Zustnde 59,4 Prozent eher zu
oder voll und ganz, dass zu viele Auslnder in Deutschland leben
wrden. 35,3 Prozent mchten die Auslnder in ihre Heimat schi-
cken, wenn Arbeitspltze in Deutschland knapp werden. 14,1 Prozent
sehen zuviel Einfuss () der Juden in Deutschland und 10 Prozent
meinen, durch ihre Verhalten sind die Juden an ihrer Verfolgung mit-
schuldig. Bettelnde Obdachlose mchten 33,7 Prozent aus der Fu-
gngerzone entfernt wissen. 30,2 Prozent fnden es ekelhaft, wenn
Homosexuelle sich in der ffentlichkeit kssen.
Durch die vielen Muslime hier fhlten sich 39,2 Prozent manch-
mal wie ein Fremder im eigenen Land. Wer irgendwo neu ist, meinen
63,8 Prozent, sollte sich mit weniger zufrieden geben. Frauen sollten
sich nach der Studien, so denken 30,5 Prozent, wieder auf die Rolle der
Ehefrau und Mutter besinnen.
Diese Studie offenbart auch: Je grer der Nationalstolz bei den Be-
fragten ist, desto weniger wichtig ist ihnen Demokratie. Die Sozialwis-
senschaftler um Wilhelm Heitmeyer stellten zudem fest: Je hher die
Identifkation mit und der Stolz auf Deutschland, desto strker werden
Fremdgruppen abgewertet. So warnen sie denn auch nationalistische
oder patriotische Einstellungen durch Kampagnen zu schren, bestehe
doch die Gefahr, die Abwertung von anderen Gruppen zu frdern
Im Vergleich der Bundeslnder zu Rechtspopulismus fhrt Thrin-
5timme der schweienden Mehrheit
fer wenden sich an die Polizei, aus Angst bei einem Verfahren erneut auf
die Rechten zu stoen. Polizeibeamte nehmen indes auch nicht jeden
rassistischen bergriff als solchen auf. Im Norden fhrt Niedersachsen
mit 1577 Vorfllen die rechte Straf-und-Gewalt-Statistik an. 369 be-
ziehungsweise 378 Flle zhlen die Innenministerien in Schleswig-
Holstein und in Hamburg. In Mecklenburg-Vorpommern und Bremen
registrierten die Ministerien 197 und 101 Straf- und Gewalttaten. Auch
die Statistik zu fremdenfeindlichen Gewalt- und Straftaten fhrt Nieder-
sachen an, 374 Flle, gefolgt im weiten Abstand von Schleswig-Hol-
stein mit 95 Flle. In Hamburg nahm das Ministerium 63 Flle und
in Mecklenburg-Vorpommern 36 Flle auf. In Bremen registrierten sie
16 Vorflle. Die realen Zahlen aus dem Bundesministerium deuten an,
wie wenig sie die tatschliche Bedrohungssituation der Angefeindeten
erfassen knnen.
Studie Vom Rand zur Mitte
Die Studie Vom Rand zur Mitte spiegelt diese Daten wider. Rechts-
extremisten haben eine deutlich hhere Gewaltbereitschaft, stellten
Oliver Decker, Elmar Brhler und Norman Geiler fest. Wenn sich die
Gelegenheit ergebe, wendeten sie die Gewalt auch gegen Schwchere
und Unterlegene an.
In der Studie der Sozialwissenschaftler, die schon in den vergangenen
Jahren hnliche Untersuchungen vorlegten, werden auch weitere rechte
Einstellungen abgefragt. Knapp ber 15 Prozent der Befragten stimmten
entweder berwiegend zu oder voll und ganz zu, dass wir einen
Fhrer haben sollten, der Deutschland zum Wohle aller mit starker
Hand regiere. ber 26 Prozent wollen gerne eine einzige Partei, die
die Volksgemeinschaft insgesamt verkrpert. Fast 12 Prozent glauben:
Ohne Judenvernichtung wrde man Hitler heute als groen Staatsmann
ansehen. So denken auch 8,3 Prozent, die Verbrechen des Nationalsozi-
alismus wrden in der Geschichtsschreibung weit bertrieben, und 11
Prozent meinen der Nationalsozialismus hatte auch seine guten Seiten.
Dass die Deutschen anderen Vlker von Natur aus berlegen seien,
glaubten indes 14,8 Prozent. Wertvolles und unwertes Leben gibt es fr
10,2 Prozent, und 17,4 Prozent mchten, dass sich wie in der Natur in
der Gesellschaft der Strkere immer durchsetzen sollte.
36,9 Prozent stimmten zu, dass die Auslnder nur hierher kom-
men, um unseren Sozialstaat auszunutzen und 39,1 Prozent gaben
an: Die Bundesrepublik ist durch die vielen Auslnder in einem gefhr-
lichem Ma berfremdet. Dass die Juden mehr als andere Menschen
5timme der schweienden Mehrheit
16 1
III Kapitel:
Raus aus den Hinterzimmern
Mecklenburg-Vorpommern
NPD: 200
Neonationalsozialisten und Neonaziskinheads: 920
7 plus X war das Ziel des mecklenburg-vorpommerischen NPD-Vorsit-
zenden Stefan Kster. Dass am 17. September 2006 plus x 0,3 Prozent
sind, enttuschte nicht. Mit sechs Mandaten zog die NPD bei der Wahl in
den Landtag ein. Wir sind die Gewinner der Wahl, erklrte Udo Pastrs
als frisch gewhlter Abgeordneter siegesgewiss im Treppenaufgang des
Schweriner Schlosses. In einem der Wahlstudios im Schloss besttigte
der bieder wirkende Juwelier und Fraktionschef spter seine Bewertung
von Adolf Hitler: Er ist ja ein Phnomen gewesen, dieser Mann, milit-
risch, sozial. Stefan Kster, jetzt stellvertretender Fraktionsvorsitzen-
der und Parlamentarischer Geschftsfhrer, verkndete derweil lssig
am Gelnder angelehnt: Wir wollen das System berwinden. Tino
Mller, Kader des Kameradschaftsverbands Soziales und Nationales
Bndnis Pommern (SNBP) und jetzt auch NPD-Mandatstrger, hielt
sich lchelnd zurck. Erst auf der Wahlparty sagt der knapp 30-jhrige
Maurer, der in seinen Wahllokal 35 Prozent der Erstimmen erhielt, der
Presse: Wir kmmern uns um die Leute.
Keine zehn Minuten zu Fu vom Schloss richtete der Landesverband
in der Radeberger Bierstube seine Party aus. 2004 als die NPD mit 9,2
Prozent in den Landtag von Sachsen zogen, feierten sie an einem abge-
legenen Ort. An diesem Abend verstecken sie sich nicht mehr. Selbstbe-
wusst tritt die Partei seit langem im Nordosten auf. Udo Pastrs fhr-
te schon in der NPD-Monatszeitung Deutsche Stimme vor der Wahl
aus: In Mecklenburg-Vorpommern ist die NPD als Systemalternative
sichtbar, weil die kommunale Verankerung vor Ort und der Schul-
terschluss mit den Freien Krften gelang. In der Deutschen Stimme,
Aufage 40.000 Exemplare, nennt Pastrs offen die gewandelte Strate-
gie der Partei, die langfristig angelegt ist.
Die neuen Themen: Globalisierung und
Hartz IV statt Holocaust
Schon in Sachsen hatte die NPD ihren Wahlerfolg durch Bemhungen zur
Verankerung in der Kommune, der Hinwendung zu Lokalthemen und der
Mecklenbur-vorpommern
gen mit 23,2 Prozent diese Befragung an. Mit 21,2 Prozent folgt Meck-
lenburg-Vorpommern und mit etwas mehr Abstand Niedersachsen 18,6
Prozent. Bremen liegt mit 17,6 Prozent vor Hamburg mit 15,2 Prozent.
Schleswig-Holstein bildet mit 12 Prozent das Ende der Befragung in der
Studie Deutsche Zustnde.
Rechte Nachfrage steigt
Gerade die Verschiebungen in der Mitte der Gesellschaft bereiten
den Sozialwissenschaftlern sowohl um Oliver Decker, als auch um
Wilhelm Heitmeyer Sorgen. Die Beunruhigung in der Mitte wchst,
betont Wilhelm Heitmeyer. Aus Sorge um die eigene Lebensperspek-
tive wandele sich die beunruhigte Mitte zur beunruhigenden Ge-
sellschaftsschicht, in der rechte Ressentiments virulenter werden.
Rechtextremismus ist vor allem kein Individualproblem, sondern eine
gesellschaftliches betonen Oliver Decker, Elmar Brhler und Norman
Geiler.
Von den Ergebnissen der Studie Vom Rand zur Mitte ist Jrgen W.
Gansel angetan. Das NPD-Fraktionsmitglied in Sachsen und NPD-Bun-
desvorstandsangehriger, leitet aus der Erhebung ab, die Nachfra-
ge nach einer serisen nationalistischen Partei ist allemal da, bislang
scheint nur das Angebot bedingt durch eine malose Medienhetze
nicht als in diesem Ma whlbar wahrgenommen worden zu sein.
Ihn strt allerdings ein Ergebnis. Denn nach der Erhebung whlten jene
Befragten mit geschlossen rechtsextremen Weltbild vor allem CDU
und SPD und mit weitem Abstand Bndnis 90/Die Grne, FDP und PDS/
Linkspartei.
Mit einer moderneren Argumentation versuchen NPD und Freie Ka-
meradschaften, diese Ressentiments anzusprechen. Ihr Ziel: Eine ge-
sellschaftliche Anerkennung, die sich auch in eine mgliche Wahlbereit-
schaft niederschlgt. In Mecklenburg-Vorpommern konnten sie dieses
Ziel bei der Landtagswahl 2006 erreichen.
5timme der schweienden Mehrheit
18 1
vlkerungsaustausch im Gange, der dem Wolfsgesetz eines Weltarbeits-
marktes folgt (). So geht deutsche Intelligenz zunehmend ins Ausland,
whrend auslndische Dummheit mit sozialschmarotzerischer Neigung
ungebremst ins Land kommt.
Gesellschaftlich verankert dank rechter Vorfeldarbeit
An dem Wahlabend verkndete Holger Apfel zufrieden: Die NPD hat sich
gesellschaftlich verankert. Wir sind lngst in der Mitte des Volkes ange-
kommen. Keine bloe Propaganda: In 33 Wahlkreisen von 36, kam die
NPD ber 5 Prozent. In Ostvorpommern erreichte sie in einigen Drfern
sogar ber 30 Prozent: Postlow 38,6 Prozent, Blesewitz 32,2 Prozent,
Bargischow 31,6 Prozent und Neu-Kosenow 31,1 Prozent. In jener Region,
wo die NPD auch in einigen greren Orten ber 20 Prozent erzielte, sind
vor allem die Freien Kameradschaften verankert. Ein sehr aktives Netz-
werk der Kameradschaftsszene ist das Soziale und Nationale Bndnis
Pommern (SNBP, bis Januar 2005 Pommersche Aktionsfront) um Tino
Mller, der auch NPD-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des NPD-
Kreisverbandes Uecker-Randow ist. Als Vorfeldorganisationen des
SNBP wird vom Verfassungsschutz der Heimatbund Pommern und der
Kulturkreis Mecklenburg Strelitz eingeschtzt, die ber deutscht-
melnde Kulturarbeit zu rechtem Gedankengut fhren mchten.
Mecklenbur-vorpommern
12. August 2006 in Wismar: Polizisten mssen ihre Pistolen ziehen, um Neona-
zis mit Alu-Baseballschlgern von einem Angriff auf eine Antifa-Demonstration
abzuhalten.
Zusammenarbeit mit den Kameradschaften erreicht. In dem Land zwi-
schen Elbe und Haff griff die NPD im Wahlkampf denn auch landespoli-
tische und regionale Themen auf. Statt Gesichter plakatierte sie auch in
den kleinsten Orten des Flchenbundeslandes ihre Forderungen. Auf Pla-
katen und Flugblttern sprachen sie sich gegen den Verkauf von kommu-
nalem Wohnraum, Gebhren fr Studenten und Sparkursen bei der Polizei
aus. Sie forderten den Erhalt der kleinen Schulen, um ein wohnortnahes
Lernen zu ermglichen, die Untersttzung des Bauernstandes und
des mittelstndigen Unternehmertums. Mit der Ausrichtung des Wahl-
kampfs folgte der Landesverband der Linie des Bundesvorstands. Holger
Apfel, der auch den Wahlkampf lenkte, erklrte im Klartext, einer Infor-
mation der NPD-Fraktion im Schsischen Landtag, deutlich: So wichtig
der Kampf um die historische Wahrheit ist: Wir werden daran gemessen,
was wir zur Lsung der sozialen Frage beizutragen haben. So forderte die
NPD in ihrem Aktionsprogramm zum Wahlkampf auch: Die Hartz-IV-Ge-
setze sind abzuschaffen sie diskriminieren die sozial Schwchsten und
treiben sie in die Armut. Und sie wollten einen gesetzlichen Mindestlohn
in Hhe von 8,80 Euro je Stunde festschreiben, denn Arbeit darf nicht
arm machen. Mit klassischen Parolen, wie: Arbeit fr Deutsche und
Gute Heimreise fhrte die Partei kaum einen offensiven Wahlkampf.
Doch diese Zurckhaltung in der Propaganda bedeutet keine nderung
der Positionen. Im Parteiorgan legte Jrgen W. Gansel dar: Adolf Hitler
und die NSDAP sind Vergangenheit, Hartz IV und Globalisierung, Verausl-
nderung und EU-Fremdbestimmung aber bitterbse Gegenwart.
Der sich selbst gern als Intellektueller der Partei verstehende Gansel
wird in der Deutschen Stimme im Februar 2006 aber noch deutlicher:
Insofern haben wir Nationalisten zwingend Gegenwartsthemen aufzu-
greifen und die soziale Frage konsequent zu nationalisieren. Laden wir
die soziale Frage weiterhin vlkisch auf Wir Deutsche oder die Frem-
den, Unser Deutschland oder das Ausland und untermauern wir den
Schlachtruf Gegen Verauslnderung, Europische Union und Globalisie-
rung noch strker programmatisch, werden wir die etablierten Volksbe-
trger schon bald das Frchten lehren. Deutlich sagt der fhrende NPD-
ler, dass die Partei eine Re-Nationalisierung des Sozialen vorantreiben
soll. Genauso offen erklrt er, um deutsche Interessen wirkungsvoll
vertreten zu knnen, sei es unerlsslich eine Ethnisierung des Sozialen
und damit eine klare Trennung von Eigenen und Fremden zu beschleuni-
gen: Diese Re-Ethnisierung ganz wie die Re-Nationalisierung offenbart
auch ihre biologische Dimension, wenn Jrgen W. Gansel in einem Beitrag
auf dem NPD-Internet-Auftritt betont: Lngst ist ein systematischer Be-
Raus aus den Rinterzimmern
zo z1
New Darwn, in Waren Zutts Patriotentreff oder in Wismar der Wer-
wolfshop sind sogleich Kommunikations- und Kontaktbrsen.
In Wismar griffen Neonazis aus dem Laden, den Philipp Schlaffer fhrt,
eine Gegendemonstration an. Im Wahlkampf wollte die Initiative Keine
Stimme den Nazis auf rechte Strukturen, wie den Shop, aufmerksam
machen. Kaum waren die etwa 150 Demonstranten am 12. August ver-
gangenen Jahres in der Nordstadt angekommen, strmten Neonazis mit
Baseballschlgern aus dem Laden. ber 30 Neonazis hielten sich dort
auf. Polizeibeamte, die zwischen den Angreifern und den Demonstran-
ten standen, zogen ihre Dienstwaffen. Sie hielten die Pistolen auf Knie-
hhe und drohten den Neonazis, sie einzusetzen. Die Beamten sahen
in dem Moment keine andere Lsung, um die Situation zu entschrfen,
erklrte der Polizeisprecher. Schieen mussten sie nicht. Die Neonazis
lieen die Baseballschlger fallen. Einer von ihnen versuchte noch, auf
die Demonstranten einzuschlagen und warf eine Bierfasche in ihre Rich-
tung. Der Mann wurde von der Polizei festgenommen.
Gewalt gegen die eigenen Leute
Die Gewalt der Kameraden kann sich auch gegen die eigenen Leute rich-
ten. In der Szene, sagt Patrick B., der ausgestiegen ist, erzhlen die
immer von echter Kameradschaft, die mehr als Freundschaft ist. Das war
aber nicht immer so. In Wismar fanden am 2. Januar 2007 Polizeibeamte
die Leiche eines Manns. Die Tat soll uerst brutal verlaufen sein, heit
es aus Ermittlungskreisen. Ein bekannter Neonazi, Henning W., war mit
seinem Anwalt zur Polizei gekommen, um die Leiche in seiner Wohnung
im Stadtteil Wendorf zu melden. Laut den Ermittlungen htten in der Neu-
jahrsnacht fnf Neonazis whrend einer Feier in der Wohnung den 30-jh-
rigen Kameraden gettet. Ein interner Streit soll vorausgegangen sein.
Nazis in Nadelstreifen und die netten Jungs von nebenan
In Mecklenburg-Vorpommern haben NPD und Freie Kameradschaften in
einigen Regionen aber ein freundliches Image aufbauen knnen. Stefan
Kster, der nahe Lbtheen in Paetow wohnt, erzhlt gern: Nationale
Menschen sind in Lbtheen in der Mitte des Volkes. Und er erklrt
sogleich: Durch das alltgliche Zusammenleben, auch ber die Kinder,
wre man sich nher gekommen. Raus aus den Hinterzimmern! hatte
er auch die Kameraden aufgerufen und sie aufgefordert, im bundesre-
publikanischen Alltag aktiv (zu) sein. Ihr Leben in der Gemeinschaft der
volkstreuen Bewegung drfte nicht nur in dieser Gemeinschaft stattfn-
den. In einer rtlichen Brgerinitiative, in einem Sportverein, der Frei-
Mecklenbur-vorpommern
Der Verein Der Inselbote Initiative fr Volksaufklrung gibt indes
seit 2001 die gleichnamige Publikation Der Insel Bote heraus. Nach
eigenen Angaben liegt die Aufage bei 30.000 Exemplaren. Die Kame-
radschaft Stralsund um Axel Mller verlegt auch die Schlerzeitung
Avanti. Als Freundeskreis Avanti tritt die Kameradschaft ebenso
auf. Die Kameradschaften, wie Mecklenburger Aktionsfront (MAF) aus
dem Landkreis Mecklenburg-Strelitz, die Aktionsgruppe Rostock, der
Kameradschaftsbund Anklam oder die Aryan Warriors aus Ueckermnde
geben aber keine Zeitungen heraus. Sie alle schaffen eine rechte Erleb-
niswelt zwischen politischen Aktionen und privaten Alternativen. Mal
ein Aufmarsch, mal ein Konzert, mal ein Fuballturnier oder einfach mal
zusammen Biere lschen.
Jugendliche im Visier
Ohne die Freien Kameradschaften wrde die NPD weniger jugendge-
m erscheinen knnen. Vor der Wahl traten etliche Kameradschaftler
in die Partei ein. Ein Zeichen, auch fr die rechtsorientierten Erst- und
Jungwhler. Gezielt umwarben die Freien Kameradschaften sie zudem mit
der NPD-Schulhof-CD Hier kommt der Schrecken aller linken Spieer
und Pauker. Gratis verteilten sie den Sampler mit Rechtsrocksongs an
Informationsstnden und vor Schulen. Interesse fr dieses Spektrum we-
cken seit langem auch Szenelden. In den Geschften gehen Jugendliche
und junge Erwachsene nicht nur um die beliebten Bekleidungsmarken
und ersehnten Rechtsrock-CDs zu erwerben. Diese Lden in Anklam der
Raus aus den Rinterzimmern
Szenetypische Kleidungscodes: Runen-Zeichen
zz z
fr sich gewinnen konnte. Der Prozentsatz der Selbststndigen, zu denen
Handwerker und Kleinunternehmer zhlen, erfreut die NPD besonders.
Nach Infratest dimap erklrten auch 16 Prozent der Befragten in
Mecklenburg-Vorpommern bei der NPD ihr Kreuz aus berzeugung
gemacht zu haben. 16 Prozent bekundeten, dass fr sie die NPD eine
demokratische Partei sei. Dass die NPD zwar keine Probleme lse,
aber die Dinge wenigstens beim Namen nenne, meinten 51 Prozent
und 11 Prozent denken, die NPD kmmert sich um die Menschen hier.
NPD im Schweriner Landtag
Im Landtag bemhen sich die sechs NPD-Abgeordneten, weiterhin als die
wahren Volksvertreter fr die einfachen Leuten zu gerieren. Ganz rechts
vom Landtagsprsidium sitzen Udo Pastrs, Stefan Kster, Michael Andre-
jewski, Tino Mller, Birger Lssow und Raimund Borrmann. Ihre Themen
im Schweriner Schloss sind wieder die Themen der Mitte. Udo Pastrs
stellte einen nderungsantrag zu: Strom und Gasnetze in die ffentliche
Hand, da die Liberalisierungen des Strommarktes versagt habe. Kei-
ne Anrechnung des Neugeborenen-Begrungsgeld bei Hartz-IV-Emp-
fngern forderte er, denn jedes Bekenntnis der Landesregierung fr ein
kinderfreundliches Land tauge nichts, wenn den Mttern dieses Geld
als Einkommen angerechnet werde.
Die Rente erst ab 67 Jahren sollte die Landesregierung im Bundes-
rat abwehren. Diese Regelung wrde jene Menschen, die wegen Ar-
beitslosigkeit oder gesundheitlichen Schden die Altergrenze nicht er-
reichen, bestrafen. Wir kmmern uns um die einfachen Leute, ist der
populistische Effekt.
G8-Gipfel nationalistische Globalisierungskritik
Ganz auf diese Botschaft zielten ebenso die Intervenierungen der NPD-
Fraktion gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm. Als die Partei in den
Landtag zog, verkndete bereits Peter Marx, Fraktionsgeschftsfhrer
und stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender, die NPD wolle sich im
Juni als einzige authentische Anti-Globalisierungspartei in Deutsch-
land darstellen. Im Schweriner Schloss zeterte Udo Pastrs bei den
Debatten um die Kosten des G-8-Gipfels: ber die mglichen Schul-
den fr Gala-Essen, statt das Geld fr die Bekmpfung der Arbeits-
losigkeit einzusetzen. Und den Sozialneid nutzend erklrte er: Wer
den G8-Gipfel mit samt Luxus-Essen und Ausstattung des Kempinski-
Hotels mit Luxus-Daunen-Bettfllungen und Spezial-Damast-Wsche
bestellt, sollte diesen Unfug auch bezahlen. Der NPD-Abgeordnete Bir-
Mecklenbur-vorpommern
willigen Feuerwehr oder anderen berparteilichen Organisationen, hebt
er hervor, sollen die rechten Mnner und Frauen mitwirken. Schon lange
vor diesem Aufruf in der Deutschen Stimme im September 2006 hat-
ten NPD und Freien Kameradschaften begonnen, sich in den Gemeinden
und Stadteilen als nette Nachbarn, freundliches Vereinsmitglied, hilfs-
bereite Elternvertretungen und zupackende Sportfreunde anzudienen.
Eine langfristige Strategie der kommunalen Verankerung, um eine gesell-
schaftliche Akzeptanz ber das alltgliche Miteinander zu gewinnen. Mit
Erfolg: Seit 2003/2004 festigen sich NPD und Kameradschaften nicht nur
als rechter Rand, sie verankern sich auch in der Mitte. In vielen Re-
gionen unserer Heimat ist es mittlerweile unerheblich, verkndet Stefan
Kster, ob der Feuerwehr- und Sportkamerad in der nationalen Opposi-
tion ttig ist. Keine reine Propaganda. In Lbtheen war Udo Pastrs, der
dort sein Juweliergeschft hat, lange in der Brgerinitiative Braunkohle
- Nein!. Kritik wehrte der Vorstand der Initiative September 2005 ab, im
Oktober 2006 schlossen sie ihn dann doch aus. In der Griesegegend bei
dem kleinen Ort befrchten die Anwohner die Auswirkungen eines mg-
lichen Braunkohleabbaus. Pastrs engagierte sich jedoch nicht alleine
aus einem instrumentellen Interesse. Fr ihn ist, wie es auch im Akti-
onsprogramm zur Landtagswahl 2006 heit Umweltschutz () Hei-
matschutz. Aus Sorge vor genetisch vernderten Pfanzen brachten sich
auch NPDler, wie Helmut Ernst, in der kleinen Initiative Gentechnikfreie
Region Nebel/Krakow am See ein.
Die Verbrgerlichungsstrategie ging auf, betont Karl-Georg Ohse
vom Mobilen Beratungsteam fr Demokratie und Kultur. Die NPD ver-
fgte lngst ber eine Stammwhlerschaft, sagt er und betont: die Ak-
zeptanz in der Bevlkerung gegenber rechtsextremen Inhalten wchst
stetig. Vor dem Einzug in den Landtag gelang NPD und Freien Kamerad-
schaften auch der Sprung in die Kommunalparlamente. Mit 8 Prozent zog
Michael Andrejewski 2004 in die Stadtvertretung von Anklam. Michael
Andrejewski, jetzt auch Landtagsabgeordneter, erhielt bei der Bundes-
tagswahl 2006 10,3 Prozent. Bei der Wahl stimmten in Mecklenburg-Vor-
pommern landesweit 3,5 Prozent fr die NPD. Nur in Sachsen erzielte die
Partei mit 4,9 Prozent ein besseres Ergebnis.
Die rechten Whler
In Mecklenburg-Vorpommern erschloss sich die NPD bei der Landtags-
wahl wieder neue Whlerschaften. Die Wahlanalysen von Infratest dimap
offenbaren, dass die NPD 12 Prozent Arbeiter, 10 Prozent der Selbststn-
digen, 17 Prozent der Arbeitslosen und 18 Prozent der 18- bis 24-Jhrigen
Raus aus den Rinterzimmern
zq z
IV Kapitel: Bang Bang Bang/
Kmpf fr Deutschland
Schleswig-Holstein
NPD: 230
Neonationalsozialisten und Neonaziskinheads: ca. 750
Vor der Tr des Gasthof zum Stepenitztal standen die Neonazis an.
Musik drhnte am Abend aus dem Gebude. An die 500 Rechtsrockfans
waren zu dem Gasthof im nordwestmecklenburgischen Mhlen-Eichsen
gekommen. Sie alle wollten an dem Samstagabend des 3. Mrz 2007 die
Szenebands Endstufe, Selbststeller, Die drei Jumps, Killerbaby
und Kommando Stein live erleben.
Seit Wochen hatte eine Neonazigruppe um einen Lbecker Kame-
raden das Konzert in dem rtchen an der B 208 zwischen Gadebusch
und Wismar geplant. Landesgrenzen stren die Musikszene zwischen
NPD und Freie Kameradschaften selten. Groraum Hamburg sagte an
den Nachmittag ein Kamerad am Infotelefon. Vor dem Konzert hatten,
sie mit der Ankndigung die Nummer szeneintern bekannt gegeben.
Eine Beobachtung von der Polizei oder ein Protest von Anwohnern woll-
ten sie so verhindern. Am frhen Abend lenkten sie die Fans zunchst
zu dem Rasthof Gudow an der Autobahn 24. In mehreren Autokonvois
fuhren sie spter ber Wittenburg, Ltzow und Gadebusch nach Mh-
len-Eichsen. Einige Neonazis kamen mit Reisebussen an. Aus Dnemark
hatten sich auch Fans aufgemacht. Die Altstars der Szene, die Bre-
mer Band Endstufe um Jens Brandt, zogen. Von ihren 20 Verffentli-
chungen wollen sie ber 100.000 Exemplare verkauft haben. Um 21.00
richtete die Polizei zwei Vorkontrollen ein. Gegen 19.00 Uhr war der Ort
bekannt, erklrte ein Polizeisprecher die versptete Manahme. Denn
um 20.00 Uhr waren die meisten Rechtsrocker lngst angereist.
Die Rechtsrockszene
Um ein Konzert erleben zu knnen, mssen die Neonazis aus Schles-
wig-Holstein nicht immer weit fahren. In Neufeld fhrt die Nationale
Aktionsfront Ditmarschen Konzerte durch. Viele Jahre stand die Gast-
sttte Zur Brse leer. Die Leuchtreklame an dem schmucklosen Ge-
bude in dem Ort nahe Brunsbttel unter dem Deich ist kaputt. Nun sol-
len sie das Gebude hbsch machen. Am 20. Januar 2006 richtete die
Kameradschaft um Marko E. in der Gemeinde ein Konzert aus. Nachdem
5chleswi-Rolstein
ger Lssow, der von den Freien Kameradschaften kommt, schimpfte
bei einer anderen Landtagssitzung: Hier und heute muss festgelegt
werden, dass diejenigen das Schlachtfest bezahlen, welche es bestellt
haben (). Die Brger unseres Landes erwarten, dass die Zeche nicht
von den schwchsten Gliedern abgedrckt werden muss. Der Globali-
sierungs-Gleichschaltungsgipfel msse abgesagt werden, meinte auch
Udo Pastrs, damit nicht durch Zins und Zinses-Zins und mit solchen
Berechnungen kennen sich so allerlei Bankhuser bekanntlich gut aus
nachfolgende Generationen belastet werden. Bewusst verklausuliert,
aber doch offensichtlich fr das geneigte Publikum spielt Udo Pastrs
auf jdische Banken an. Der szenetypische Code Zins und Zinses-
Zins kann diese antisemitische Assoziation wecken. Fr Udo Pastrs
kann auch ein Jude kein Deutscher im Sinne der Volkszugehrigkeit
sein. Im Gesprch mit Michel Friedman wollte der Fraktionsfhrer zum
Holocaust nichts sagen: Ich werde mich nicht dazu uern, weil es in
Deutschland strafrechtlich uerst kompliziert wird, wenn man dieses
Thema anschneidet. Nicht aber, wenn man die historischen Fakten
annimmt. Michel Friedman fragte deshalb auch nach und Udo Pastrs
antwortete dann doch eindeutiger: Kein Techniker konnte mir bis heute
erklren, wie das mit den Gaskammern technisch funktioniert hat.
NPD setzt auf auerparlamentarische Arbeit
Am Wahlabend meinte Stefan Kster im Flur des Schlosses: Was sind
Nazis? Ich kenne keine. Beim Einzug am 17. September 2006 erklrten
die neuen Abgeordneten, eine harte Opposition bilden zu wollen. Udo
Pastrs versprach, da sie im Parlament schon formal nicht viel bewe-
gen knnten, vom Schweriner Schloss aus, die auerparlamentarische
nationale Opposition weiter zu begeistern. Mindestens 1.275.210,60
Euro stehen der Partei jhrlich aus dem Landtag fr ihre Politik zu. Im
Lande bauen sie so auch ihre auerparlamentarische Arbeit aus. Sechs
Brgerbros mchten sie einrichten, um fr die Menschen da zu sein.
In Lbtheen hat die NPD bereits ihr erstes Brgerbro erffnet. Vor Ort
mchte sie die in Not geratene Landsleute in Bros mit Rat und Tat
jederzeit untersttzen.
Raus aus den Rinterzimmern
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Rechtsrock als Jugendarbeit
Rechtsrockevents schaffen ein ganz an-
dere Integrations- und Identifkations-
mglichkeit fr Jugendliche als Parteisit-
zungen. Die Musik selbst wurde zu dem
ideologischen Transmitter. Musik ist das
ideale Mittel, Jugendlichen den National-
sozialismus nher zu bringen, verkn-
dete vor ber zehn Jahren der bervater
des internationalen Rechtsrock Ian Stuart
Donaldson (Christian Dornbusch/Jan
Raabe) und erklrte: Besser als dies
in politischen Veranstaltungen gemacht
werden kann, kann damit Ideologie trans-
portiert werden. Der Sound schafft einen
emotionalen Zugang und die Lyrics liefern
die politischen Schlagworte. Die Band
Landser um Michael Regener erklrte
auch ganz offen, dass das Wichtigste an
der Musik sei, dass man sie sich tglich
immer wieder reinziehen kann, ohne dass
es langweilig wird. Im Mrz 2005 verbot
der Bundesgerichtshof die einstige Star-
band der Szene letztinstanzlich als krimi-
nelle Vereinigung. Vor seinem Haftantritt
tourte Michael Regener alias Lunikoff mit
neuen Liedern und brachte die CD Die
Rckkehr des Unbegreifichen und den
Live-Mitschnitt Die Lunikoff Verschw-
rung. Hllische Saat heraus.
Im Jahr 2006 zhlten die Rechtsrock-
experten Christian Dornbusch und Jan
Raabe 114 CDs, die professionell produ-
ziert wurden. Jan Raab hebt aber hervor.
Die Zahl der Demo-CDs junger Nach-
wuchs-Rechtsrocker sind nicht mitge-
zhlt. Nicht erfasst sei zudem jene nur
im Internet kursierende Musik, wie das
2006 auffallende Projekt Die faschisti-
schen 4. Bei dem legalen Geschft mit
5chleswi-Rolstein
Rechtsrock: Oidoxie-Snger
Marko Gottschalk
bekannt wurde, dass an dem Samstag ein Live-Event mit Sachsonia,
Das letzte Aufgebot und V-Punk in der Gaststtte stattfnden sollte,
wurde es schnell zur Party erklrt. Am Schleusepunkt berreichten Ne-
onazis eine Einladung an die Gste. Der Polizei blieb alleine, Vorkont-
rollen durchzufhren. Den Besitzer der Gaststtte, ein Automatenauf-
steller, stren die Nutzer nicht. Was geht Sie das an schimpfte er.
Schon vor diesem Konzert richtete die Nationale Aktionsfront Dit-
marschen Musikevents aus. Am 6. Januar traten dort ZOGSUX und
Blue Eyed War auf. An die 60 Kameraden genossen bis in die frhen
Morgenstunden die Live-Acts. Im Dezember 2006 veranstalteten sie in
der ehemaligen Gaststtte auch ein Konzert mit dabei Oidoxie. Die
Dortmunder Band um Marko Gottschalk reimte auf ihrer CD Schwarze
Sonne, die 1998 indiziert wurde: Wir spielen Rechtsrock (...) frs Va-
terland. Wir kmpfen fr Deutschland (...) Und schreien immer wieder:
Heil, Heil. Rund 120 Besucher kontrollierte die Polizei.
Die Tour zum Event ist schon Party. Man stimmt sich ein, suft
Bier und hrt Nazimusik, erzhlt der Aussteiger Martin S. Die Um-
wege stren sie nicht. Hauptsache die Bands sind gut und das Bier
billig, sagt Martin S und betont: Nur der Fahrer tja, der hat Pech,
kann ja nicht trinken. In Schleswig-Holstein besteht schon lange
eine Rechtsrockszene. Eine der ersten Neonazibands in Deutschland,
Kraftschlag, kam aus Kellinghusen. Mittlerweile erfreuen die schles-
wig-holsteinischen Bands Einherje, Tatenruhm, Deathlist 5, V
Punk und Word of Anger mit ihrer Musik die Szene. Die Bandnamen
knnen wechseln, die Besetzung auch und manchmal spielen sie nur
kurz zusammen oder pausieren. Viel auf Tour ist Word of Anger aus
Lbeck. Ihre zweite MCD nannte die Band aus Lbeck selbstbewusst
Nazi Rockn Roll.
Beim NPD Sommerfest in Bdesldorf nahe Rendsburg traten die na-
tionalen Barden Marco und Martin Krause auf.
Im vergangenen Jahr veranstalteten NPDler und Freie Kamerad-
schaften in der Bundesrepublik an die 240 Konzerte aus. Beim Deut-
sche Stimme-Pressefest der NPD fand 2006 das grte Konzert statt.
An die 4.500 Rechten kamen am 5. August des Jahres nach Dresden
Pappritz. Neben den Liedermachern Frank Rennicke, Jrg Hhnel und
Annett & Michael traten die Gruppen Faktor Deutschland, Agitator,
Carpe Diem und Gigi & die Stadtmusikanten auf. Aus England war
die Neonaziband Stigger & Sisco gekommen.
an an anJkmpf fr 0eutschland
z8 z
zi-Szene entstand und sich ausbreiten
konnte. Die Besucherzahlen des Clubs
sind rcklufg, meint ein Sprecher des
Verfassungsschutzes. Keine beruhigende
Aussage fr Robert Habeck, Landesvor-
stand Bndnis 90/Die Grnen. Der Club
sei fr die Skinhead- und Neonaziszene
ein zentraler Kristallisierungspunkt. Tim
Bartling, der den Club 88 mit aufbaute,
grndete auch den Verein Athletik Klub
Ultra e.V., der eigene Rume auf dem
Gewerbegebiet Wrangelstrae unter-
hlt. In der Innenstadt kehren die Rechte
auch gern in die Gaststtte Titanic ein.
Die Titanic liegt in direkter Nhe zum
selbstverwalteten alternativen Jugend-
zentrum in Bahnhofsnhe. Hier kommt
es immer wieder zu bergriffen rechter
Gewalttter, berichtet Robert Habeck.
Aus Angst vor juristischen Schritten hiel-
ten sich die Rechten beim Club zurck.
Eine mgliche Schlieung wollen sie ver-
meiden. Der Club hat fr Einherje
auch Kultstatus. Die Band aus Lbeck
widmete 2005 dem Zentrum einen Song:
Club 88 wird die Kneipe genannt. Viele
Kameraden kamen hier her. Im Laufe der
Zeit wurden es immer mehr. Die Trink-
kultur im Club nennen sie auch: Club 88
Hier feiern wir. Club 88 Bei Schnaps
und Bier. Club 88 Die Nacht ist noch
Lang. Club 88 Bis keiner mehr stehen
kann.
Die Entwicklung in Neumnster zeigt,
wie sich eine Szene, wenn sie einen
Raum hat, ausdehnen kann. Eine Szene
kann aber auch alleine schon dadurch
entstehen, dass ein harter Kern Per-
sonen fest an sich binden kann. Um die
Kader der Kameradschaftsstrukturen,
in 5chleswi-Rolstein
20. April 2007: Club Heil Hitler
grt zu Fhrers Geburtstag
dem Rechtsrock, sagen die Experten, erzielen die Marktfhrer V7-Ver-
sand aus Grevesmhlen oder der Wikinger-Versand aus Geilsehring
mittlerweile Jahresumstze von weit mehr als 500.000 Euro. Der Reibach
mit Rechtsrock luft, betonen sie, wobei der Verkauf von Bekleidung,
Band-T-Shirts und weiteren Merchandising den CD-Handel bisweilen
bertreffe.
Im Norden knnen Fans nicht blo beim V7-Versand als Fan die
CD Wir geben Gas von Endlser bestellen, Frauen das Shirt Gir-
lie Strength thru Blood Banned in Germany erwerben und Mnner
die Grtelschnalle Odin statt Jesus kaufen. Im Internet bietet zudem
der Nordversand aus Halstenbek, der Ruf des Nordens mit Kieler
Postadresse, der Bremer Versand Heimdall-Shop sowie der H8store
aus Wismar diverse Rechtsrock-CDs und rechte Bekleidungsmarken an.
Bei Veranstaltungen im Club 88 The very last ressort wechseln auch
gerne Materialien den Besitzer.
Der Club 88 in Neumnster
Kristallisationspunkt fr die Nazi-Szene
Seit ber zehn Jahren besteht das Neonazizentrum mit dem program-
matischen Namen Heil Hitler der allerletzte Ausweg in Neumnster.
Gleich gegenber der Grund- und Hauptschule Gadeland liegt das von
Christiane Dolscheid offziell gefhrte Zentrum. Am 30. September 2006
kamen ber 250 Neonazis, um das Jubilum zu feiern. Zehn Jahre da
wollten auch die Hamburger Kader Alexander Hohensee und Jan Steffen
Holthusen feiern. Vor der Tr standen etliche Gste mit Bier in Plastikbe-
chern. Im Hinterhof war wie bei jeder Feier ein Partyzelt aufgebaut.
Rechtsrock drhnte ber die Strae. Kistenweise trugen sie CDs ins Ge-
bude. Vielleicht war auch die CD The very last Resort darunter. 2003
hatten die damaligen Betreiber wie Peter Borchert den Sampler heraus-
gebracht. Schon damals mit einem Song vertreten V-Punk. Die Kieler
Band um Zeljko Topic, die oft erklrt nicht rechts zu sein, intoniert in
dem Song Bang Bang: Bang Bang Bang / Kmpf fr Deutschland /
Zerschlagen wir die rote Macht.
10 Jahre Club 88 bedeutete aber auch 10 Jahre zivilgesellschaftlichen
Protest gegen das rechte Zentrum. Mit Unterschriftensammlungen,
Mahnwachen und anderen Protest-Aktionen engagierte sich viele Pro-
jekte fr die Schlieung, auch immer wieder die Grnen-Politikerin An-
gelika Beer. Auch die Grndung des Vereins fr Toleranz und Zivilcoura-
ge in Neumnster war eine Reaktion auf den Nazi-Treffpunkt. Dennoch
konnte nicht verhindert werden, dass in Neumnster eine feste Neona-
an an anJkmpf fr 0eutschland
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Virtueller Szenekern Aktionsbro Norddeutschland
Ein virtueller Szenekern ist das Aktionsbro Norddeutschland. Aus
Henstedt-Ulzburg betreibt Tobias Thiessen die Website, auf der Termine
angekndigt und ber Aktionen berichtet wird. Flugschriften zum Down-
loaden werden bereitgestellt. Kommentare zu szeneinternen Debatten
und aktuellen Themen fnden sich auch. Die Website Holsteiner Wider-
stand soll nach eigenem Bekunden: eine erste Anlaufstelle fr vom
jetzigen System enttuschte und national denkende Brger sein.
NPD und Kameradschaften Seit an Seit im Wahlkampf ...
Lange konnten in Schleswig-Holstein die Kameradschaften nicht mit
der NPD zusammen arbeiten. Der Landesverband um den Vorsitzende
Uwe Schfer war den Kameraden in den Programmatik zu moderat. Das
Erscheinungsbild der Personals zudem zu gesetzt. In dem Land hat die
NPD auch schon seit ihrer Grndung 1964 Anhnger fnden knnen. Die
lteren Herren sprachen die jngeren Kameraden wenig an. Zur Land-
tagswahl 2005 konnten Landesparteifhrung und Kameradschaftsfh-
rer allerdings ihre Differenzen berwinden.
Das Gemeinsame zhlt war beim Wahlauftakt in Steinburg die
Botschaft Uwe Schfers, der in Pln neben einem Kaffeeversand, einen
Laden betreibt, wo Kaffee und Marzipan erworben werden kann. Fr
die Freien Kameradschaften erklrte Martin Engelbrecht, dass sie die
Volksfront untersttzen. Am 4. Dezember 2004 kamen in einen Ho-
tel der Gemeinde nahe Itzehoe an die 120 Freunde der NPD zusammen.
Bis heute richtet die Partei, die in den Regionen Pln, Kiel, Rendsburg,
Uetersen, Itzehoe, Lauenburg-Stormarn, Steinburg und Pinneberg stetig
agiert, dort Veranstaltungen aus.
... und im Straenkampf
An diesem Samstag reden NPDler und Kameradschaftler aber nicht nur
miteinander. Gemeinsam schlugen sie auch auf Gegendemonstran-
ten ein. Von der gegenberliegenden Straenseite warfen einige der
70 Demonstranten Steine auf das Hotel. Alle krftigen Mnner raus,
hatte Klaus Baier, NPD-Bundespressesprecher, in den Saal gerufen. Mit
Tischen, Sthlen und Flaschen griffen die Rechten an, ermuntert auch
von Manfred Brm, NPD-Lneburg und Ordner-Chef. Die anwesenden Zi-
vilpolizisten konnten eine Massenschlgerei nicht verhindern. Mehrere
Rechte rissen eine Antifaschistin zu Boden und traten auf sie ein. Als ein
Rechter einen am Boden liegenden Demonstranten mit einem Stuhl an-
griff, gab ein Zivilbeamter zwei Warnschsse ab. Wir schlagen zurck,
5chleswi-Rolstein
wie sie auch in Eckenfrde, Rendsburg, Pinneberg, Ratzeburg, Heide und
Geesthacht bestehen, bilden sich Basisaktivisten, die Veranstaltungen,
Konzerte und Aufmrsche mittragen. Im unmittelbaren Umfeld bewegen
sich die Szenekonsumenten, die oft kommen, aber selten gestalten.
Noch weniger an Aktionen beteiligt sind indes die Sympathisanten, die
die Bewegung aber ideell untersttzen. Trotz geringen Aktivitten lebt das
Sympathisantenumfeld aber die rechtextreme Alltagskultur aus, trgt die
entsprechende Kleidung, hrt rechtsextreme Musik und verhlt sich ein-
deutig feindbildorientiert, betonen Thomas Grumke und Andreas Klrner
in Rechtsextremismus, die soziale Frage und Globalisierungskritik.
an an anJkmpf fr 0eutschland
Ideologiegrad Organisationsgrad
Kulturell-ideologisches Umfeld
(Sympathisanten)
Unmittelbares Umfeld
(Mitlufer)
Szene
(Mitglieder, Aktivisten)
Kader
Kameradschaft
Rechtsextremismus als soziokulturelles Alltagsphnomen
ZDK-Zwiebel Quelle: Zentrum fr Demokratische Kultur Berlin
z
Gesinnung nicht, Fotos zeigen Glatzen beim Pfanzen von Blumen fr die
Opfer des alliierten Bombenterrors und in Statements hetzten sie gegen
Anhnger des FC St. Pauli: Verrecke Pauli-Zecken! Hier ist VfB. Der VfB
Lbeck ging, kaum war bekannt, dass die Jungs einen Fanclub gegrn-
det haben, auf Distanz. Zum rger von Jrn Lemke. Per Flugblatt forderte
die Lbecker NPD: Meinungsfreiheit fr alle VfB Fans.
Rieseby Rechte Vorfeldarbeit nicht nur an Schulen
Mit einem Flugblatt reagierte die NPD ebenso in Rieseby. Am 12. Mrz ver-
teilten Mitglieder der NPD-Kiel und den Freien Nationalisten Eckernfr-
de vor der Grund- und Hauptschule ein Flugblatt gegen die widerliche
Hexenjagd. Der Grund: Hier zwischen Schlei und Ostsee setzt sich der
Arbeitskreis Wir gegen Rechtsradikalismus, den Gemeindevertreter, El-
tern, Kaufeute und Lehrer tragen, gegen die Neonazis zur Wehr. In unse-
re Gemeinde treten die Neonazis verstrkt auf, sagt die stellvertretende
Brgermeisterin Dorit Indinger (SPD) und betont: wie in vielen kleinen
Gemeinden Schleswig-Holsteins. Meist am Abend bringen die Rechten
Aufkleber von den Freien Nationalisten Eckernfrde an Laternenmas-
ten und Straenschildern an. Am Tag werden zudem Flugbltter der NPD
hin und wieder an der Tr verteilt. Bei einer Feier anlsslich eines 80.
Geburtstags erzhlten die lteren Damen Dorit Indinger: Abends trau-
en wir uns nicht mehr auf die Strae. Jugendliche wurden auch schon
geziehlt von Neonazis angegriffen. Bisher wren sie zwar nur bepbelt
worden, aber wer wisse was noch so passieren knnte.
Die Rentnerinnen wohnen in der Nhe eines Neonazis. In der Wohnung
von Matthias S. hren die Rechten gern Rechtsrock, trinken Bier. Im Brger-
park, wo sie das Horst-Wessel-Lied singen, und am Bahnhof treffen sie sich
ebenso. Je nach Wetterlage, sagt Bernd Jacobsen, Leiter der Grund- und
Hauptschule Rieseby. Im Herbst 2005 brachte ihm eine Mutter die Festplatte
ihres Sohnes, auf der sie Fotos ihres Kindes mit zum Hitler-Gru erhobenem
Arm entdeckte hatte. Bernd Jacobsen erkannte gleich weitere Schler. Doch
das Problem scheint tief zu sitzen. Zu Beginn des Schuljahres 2006 wurde
Dustin D. zum Schlersprecher gewhlt, obwohl sein Umgang mit einer Ne-
onazi-Clique bekannt war. Das Lehrerkollegium will nun die Schlerinnen
und Schler verstrkt zum Hinterfragen der rechten Ideen anregen. Auf
MP3-Player stie der Schulleiter, neben Schni Schna Schnappi, auch auf
Siehst du einen Trken () dann stehst du einfach auf und haust ihm eine
rein. Du ziehst dein Messer und stichst 17 Mal hinein. Nach der Nazimusik,
da ist er sich sicher, tauchten erst die NPD-Flugbltter auf. Am 12. Mrz hat-
ten NPD und die Freie Kameradschaft auch gleich eine Gratis-CD mitverteilt.
5chleswi-Rolstein
erklrte Udo Voigt nachher unter Applaus im Festsaal. Als Gastredner
war der NPD-Bundesvorsitzende geladen. Vor Gericht mssen sich sp-
ter mehrere Herren wie Ingo Stawitz, heutiger NPD-Bezirksvorsitzende
Westkste, und Stefan Kster, NPD-Parlamentarischer Geschftsfh-
rer in Mecklenburg-Vorpommern, verantworten. Am 22. Mrz verurteilte
das Landgericht Itzehoe sie zu einer Geldstrafe.
Im Wahlkampf felen Neonazis immer wieder durch bergriffe auf. In
der Bundesstatistik zu Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund belegt
2005 Schleswig-Holstein Platz Fnf zwischen Sachsen und Thringen.
Am Wahlabend erreichte die Partei 1,9 Prozent. Kein sehr groer Erfolg
in dem Jahr, doch 0.9 Prozent mehr als 2000. Die NPD verkndete Auf-
wrtstrend der NPD besttigt, mehr wre besser und versprach, dort wo
sie hohe Ergebnisse erzielten wie Neumnster, Lbeck, Lauenburg, Pinne-
berg und Steinburg verstrkter aufzutreten. Seit der Wahl fhrt denn auch
die NPD offensichtlich auch von den Wahlerfolgen in Sachsen und Me-
cklenburg-Vorpommern ermuntert ein regeres Parteileben. Die Frauen-
gruppe Nord sucht derweil Kameradinnen, die gemeinsam mit uns Aus-
fge gestalten, kulturelle Veranstaltungen organisieren oder Lust haben
einfach ungezwungen unter Gleichgesinnten zu sein, natrlich auch mit
Kindern. Regelmig erscheint die von Hermann Gutsche verantwortete
Schleswig-Holstein-Stimme. Nachrichtenblatt der Nationaldemokraten.
Seit Januar 2007 gibt die NPD in Kiel eine Brgerzeitung heraus. In der
kostenlosen Zeitung, Aufage 2.500 Exemplare, greifen sie die Erhhung
der Mehrwertsteuer als ein Akt sozialer Ungerechtigkeit an.
Lbeck historische Verdrehungen
Nach der Wahl rckten manche Kameradschaftler enger an die Partei. In
Lbeck marschieren NPD und Freie Kameradschaften immer wieder we-
gen der Bombardierung der Hansestadt in Zweiten Weltkrieg zusammen
auf. Sie mchten an die Opfer des alliierten Bombenterrors in der Nacht
vom 28. Mrz 1942 erinnern. Verkleidet als Skelett verteilten sie im Mrz
2007 auf Wochenmrkten Flugschriften, in denen sie auch gleich unter
dem Motto Bomben fr den Frieden die heutige Kriegspolitik der US-
Amerikaner ablehnen. Den Kreisverband fhrt Jrn Lemke an, der vor der
Landtagswahl der Partei nicht so nahe stand. Stattdessen hatte er die Wh-
lergemeinschaft Bndnis Nationaler Sozialisten fr Lbeck gegrndet.
2003 verbot das schleswig-holsteinische Innenministerium das Bnd-
nis wegen Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus. Heute
untersttzt der NPD-Funktionre auch die Lbsche Jugend Sprachrohr
der nationalen Jugend in Lbeck. Auf ihrer Homepage verstecken sie ihre
an an anJkmpf fr 0eutschland
q
Gebck versuchen die Rechten, um Jan Steffen Holthusen, regelmig am
Informationsstand ihre Forderungen mit Passanten zu diskutieren.
Hamburger Sturm verboten die Kader blieben
Holthusen ist kein Neuling in der Szene. Am 11. August 2000 konnte der
Neonazi aus der Kameradschaftsszene nicht ausschlafen. Um sieben Uhr
frh bergaben Polizeibeamte den Kadern des Hamburger Sturms Tor-
ben Klebe, Jan Steffen Holthusen, Thorsten Brtels und Andreas Heine
eine Verbotsverfgung, da die Kameradschaft den Nationalsozialismus
verherrliche und eine aktive kmpferische aggressive Haltung gegen-
ber der bestehenden Gesellschaftsordnung aufweise. Die Kameradschaft
verschwand, die Kader nicht. In dem Neonazimagazin Der Fahnentrger
erklrte Torben Klebe stolz, der auch zum verbotenen Netzwerk Blood
& Honour gehrte: Je mehr wir Widerstand leisten, desto grer wird
auch der Widerstand. Kmpferisch betonte er, der bis heute Rechtsrock-
konzerte veranstaltet, das nach dem bekannt werden seiner politischen
Bestrebungen die Nachbarn freundlicher seien und auch der Arbeitgeber
htte sich nicht aufgeregt. Man lebt einfach viel entspannter.
Bei der Brgerinitiative ist er nicht der einzige Kameradschaftler aus
einer verbotenen Struktur. In der Weihnachtszeit trgt ein Kamerad am In-
fostand vor Karstadt auch schon mal ein Weihnachtsmannkostm. Ganz
brgernah und friedliebend wollen sie eben erscheinen.
Vierzehn Tage vor der Saalveranstaltung Brgerinitiative fr ein si-
cheres Bergedorf wollte die damalige NPD-Landeschefn Anja Zysk einen
Marsch unter dem Motto Kein Multikulti in Bergedorf veranstalten. An
dem 10. Februar folgten aber kaum noch Hamburger Neonazis dem Aufruf.
Etwa 30 Neonazis versammelten sich vor der St. Petri und Paul-Kirche. Un-
ter Pfffen der Gegendemonstranten ber 2.000 Menschen protestierten
in dem Stadtteil klagte die ersten weibliche Landeschefn der NPD nicht
blo gegen die islamische Gefahr. Sie schimpft zudem ber den eige-
nen Verband: Es gibt in meiner Partei einige nationale Krfte, die meinen,
wenn einer der Feind eines Feindes ist, ist er unser Freund. Mit Islamisten
wolle die 36-Jhrige aber nicht zusammengehen, nur weil sie ebenso ge-
gen Israel und die Vereinigten Staaten seien.
Fhrungsstreit in der Hamburger NPD
Von auen war der interne Konfikt kaum wahrnehmbar: Die Partei ge-
wann in der Hansestadt Mitglieder, und die Kreisverbnde in Eimsbttel,
Harburg, Bergedorf und Wandsbek wurden aktiver. 2005 hatte Zysk, die
in Aachen Wirtschaftswissenschaften und Politik studierte und in Ham-
Rambur
V Kapitel: Konstruktivere
Zusammenarbeit gewhrleistet
Hamburg
NPD: 140
Neonationalsozialisten und Neonaziskinheads: 230
Eine neue Brgerinitiative fr ein nettes Image: Keine neue Idee der NPD
und der Freien Kameradschaften. Flugbltter von einer Brgerinitiative
nehmen Passanten offener entgegen, als von der NPD, und Hauswurf-
sendungen von einer Initiative lesen Anwohner schneller als von den FK.
In Hamburg haben die NPD und die Freie Kameradschaft die Brgerin-
itiative fr ein sicheres Bergedorf gegrndet. Ihr Ziel: die langfristige
humanitre Rckfhrung der Auslnder in ihre Heimatlnder.
Als Brgerinitiative auf Werbetour
Am 10. Mrz 2007 richteten sie in dem Stadtteil Bergdorf einen In-
formationstisch gegen berfremdung aus. Mit Stellschildern und
Flugblttern warnten die Neonazis, wie Inge Nottelmann, zwischen
Lohbrgger Markt und der Alten Holstenstrae vor dem Bau einer Mo-
schee. Im Flugblatt klagten sie ganz Demokratie heischend dass die
Bergedorfer nicht gefragt worden wren, was sie vom Minarett halten
wrden, obwohl alle die Kosten tragen mssten. Manche Frau und eini-
ge Herren sollen den Rechten zugestimmt haben. Auf der im friedlichen
grn gehaltenen Website der Initiative berichten sie, dass eine Pas-
santenuerung bei den Standbetreibern auch auf offene Ohren traf.
Einer soll zu ihnen gesagt haben Was habt ihr gegen die Moschee, das
ist der beste Schutz gegen eine Synagoge.
Mit einer Saalveranstaltung am 24. Februar hatte die Initiative ihre
Kampagne erffnet. ber 50 Rechte kamen zu einem geheim gehaltenen
Ort in Hamburgs Osten, um Reden und Musik zu lauschen. Der NPD-
Landeschef Jrgen Rieger meinte, dass jeder Deutsche, der Auslnder
hier haben will, seinen Auslnder bekommen soll: Und zwar zu sich nach
Hause!. Ein alter Spruch des Neonazianwalts, der bei seinem Klientel
immer ankommt.
Anfang 2007 haben die Neonazis die Initiative wegen der zuneh-
menden berfremdung gegrndet. Ein Projekt von Rechten fr Rechte.
In Bramfeld treten Neonazis auch als Brgerinitiative auf. Der vermeintlich
unverdchtige Name: Brgerinitiative unsere Zukunft. Bei Kaffee und
konstruktivere Zusammenarbeit ewhrleisten
6
ten nicht blo diese Parteimitglieder auf dem Landeparteitag gegen die
Landeschefn. Ganze drei Stimmen konnte sie bei dem Parteitag noch fr
sich gewinnen. Achtzehn Delegierte whlten Jrgen Rieger zum Landes-
chef, der erst im September 2006 in die Partei eintrat. Das Ergebnis er-
freute die Kameradschaftsszene. Mit der Wahl von Kamerad Jrgen Rie-
ger, heit es beim Aktionsbro Norddeutschlands, drfte zweifellos
eine erheblich konstruktivere Zusammenarbeit zwischen der Hamburger
NPD-Fhrung und Freien Nationalisten gewhrleistet sein.
In einem offenen Brief an den NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt
beschwerte sich Anja Zysk ber die unterlassene Untersttzung ge-
gen das anhaltende Mobbing. Viele Mitglieder machen sich bereits
Gedanken, fhrt sie weiter aus, ob meine Demontage nicht auch ge-
schlechtliche Hintergrnde htte. In der NPD meint sie pltzlich ver-
wundert, htten einige Leute ein Problem (mit) einer Frau auf glei-
cher Augenhhen zusammen zu arbeiten. Herr Rieger uerte zu ihr
angeblich: Frauen sollten sich besser aus der Politik heraushalten und
lieber Kinder kriegen.
Rechte Frauen
ber die Rolle der Frau im Kampf fr Vaterland wird in der NPD und den
Freien Kameradschaften verstrkt gerungen. Traten doch in den vergan-
genen Jahren immer mehr junge Frauen offen fr die nationale Sache
ein. Anja Zysk meinte kurz nach ihrer Wahl auch: Das ist ein positives
Signal und eine Ermutigung fr alle Frauen sich knftig noch aktiver in die
Rambur
Frau als Transparenttrgerin bei Nazi-Demo
burg eine Ausbildung zur Handelsschullehrerin absolvierte, den lang-
jhrigen Landesvorsitzenden Ulrich Hader abgelst. In der Deutschen
Stimme legte sie im Februar 2006 ihren Kurs dar: Nur wenn es uns
gelingt, eine Brcke zwischen nationalen und sozialen Fragen zu schla-
gen, werden wir die Bevlkerung fr unsere Sache gewinnen. Die The-
matisierung der sozialen Frage drfte nicht der Linkspartei/PDS berlas-
sen werden, erluterte sie, denn: sonst verpassen wir eine einmalige
historische Chance. Dieser Landeskurs deckt sich eigentlich mit der
Bundeslinie. Endlich, so schrieb ein Mitstreiter in einem Szeneforum,
hat man mit Frau Zysk mal eine vorzeigbare, intelligente und junge Frau
an der Spitze. In der Partei schtzten jedoch nicht alle Mitglieder auf
Bundes- und Landesebene die Fhrungsfrau.
Rechtes Mobbing
Im Januar 2007 eskalierte bei einer Vorstandssitzung der lang schwe-
lende Streit. Anja Zysk berichtete in einer Erklrung, dass Anhnger
von Thomas Wulff ihr schon Ende 2006 sagten, dass Herr Wulff ihren
Sturz plane und Jrgen Rieger zum Landesvorsitzenden machen wol-
le. Zu der Vorstandssitzung am 4. Januar waren zu ihrer berraschung
Peter Marx, NPD-Fraktionsgeschftsfhrer in Mecklenburg-Vorpom-
mern, und Thomas Wulff, NPD-Bundessekretr, gekommen. Trotz mehr-
fachen Bittens zu gehen, da er nicht zum Landesvorstand gehrt, blieb
Thomas Wulff. Der frhere Freie Nationalist, der in der Hansestadt seine
politische Karriere begann, beeinfusst bis heute die rtliche Szene. Im
Verlauf der Sitzung trat der gesamte Vorstand zurck. Kaum hatte sie
spter ihre Erklrung auf die Landeswebsite gestellt, schaltete der Ad-
ministrator Lars Niemann die Website ab. Verrterin schimpften indes
andere Neonazis nachher. Denn Anja Zysk hatte Strafanzeige gegen das
Vorstandsmitglied Thorsten de Vries gestellt, wegen der Verwendung
nationalsozialistischer Gruformeln und Androhung von krperlicher
Gewalt. In der NPD selbstverstndlich nicht blich, versicherte sie
sogleich. Die Anzeige nahm sie zurck. Erwirkte jedoch eine Verfgung
gegen Thorsten de Vries, dass er sich ihr nicht auf 50 Meter nhern drf-
te. Thorsten de Vries hatte sie in einer Mail als Mosaische Levantiner
Hexe bezeichnet und erklrt: Ich wrde die Alte sofort an die Wand
stellen, wenn ich die Mglichkeit dazu htte. Nur weil der ehemalige
Republikaner-Landeschef Thomas Nissen krank wre, schrieb er weiter,
wre sie berhaupt gewhlt worden.
Vor allem jene Hamburger Kader, die aus verbotenen Strukturen in
die NPD gekommen sind, wollten sie schassen. Am 25. Februar stimm-
konstruktivere Zusammenarbeit ewhrleisten
8
von Patrioten fr Patrioten. Was die hier Suchenden eint: Der Traum
vom groen Glck muss wei sein, deutsch und volksbewut. Super
Seite, schreibt User Thorsten, dem besonders gefllt, dass man schon
vor einer Anmeldung sieht, was einen erwartet. Womit er nicht nur die
Fotos von glatzkpfgen jungen Herren und vermeintlich blonden jungen
Frauen in szenetypischen Outfts gemeint haben drfte. Die Website ist
auf Thomas Everling aus Groenkneten nahe Oldenburg registriert. Die
Moderation der Seite erledigt jemand namens Fahnentreue aus Sol-
tau. Mit Stzen wie Der Patriotismus besteht nicht im Hass gegen ande-
re Vlker, sondern in der Liebe zum eigenen soll offenbar dem Vorwurf
begegnet werden, rechtsradikal zu sein. Im Forum fragt eine Kerstin
nach: Ist diese Site rechts angehaucht? Wenn ich mir so manche Bilder
ansehe .... Nein, erwidert die Moderatorin. Den Anzeigenmarkt be-
treibe man nur deshalb, weil Menschen kennen zu lernen, die sich zu
Volk und Heimatland bekennen, zusehends schwieriger werde.
Die Partnerfndung innerhalb der Szene strkt die Bewegung, das
private Glck bindet noch enger an die politische Gemeinschaft. Diese
Stabilisierung der Szene durch Paare beobachten verschiedene Verfas-
sungsschutzmter: Zu Aufmrschen kommen so auch nationale Paare
mit Kindern. Fein gemacht mit der passenden Kinderbekleidung Shirt
mit Kleiner-Wikinger-Aufdruck. Auf Szene-Websites fnden sich eben-
so Kontaktanzeigen, wie: 21-jhriges Mdel, Haare so fammend wie
die Kraft meiner Ahnen, Augen so grau wie das Nordmeer sucht einen
starken aber liebevollen Germanen.
Beim Fraueninternetprojekt Lucky18, das zu den Freien Kamerad-
schaften gehrt, gibt es keine Kontaktgesuche. Diese Seite ist mal fr
Frauen, verkndet die Betreiberin Jennifer S. aus Bad Harzburg. Das
Projekt, das von mehreren Frauen getragen wird, stellt sich auf ihrer
Website mit Fotos mal kmpferisch, mal vertrumt vor und greift Sze-
nethemen auf. Kameradschaft unter Frauen, ist auch Versprechen der
Frauengruppen. Die Aussteigerin Lisa W. hat das anders erlebt: Eine
musste sich mal nackt bei einer Party hinstellen, sie hatte die Chefn
irgendwie verrgert, eine andere schlugen die Frauen zusammen. Auch
bei sexueller Gewalt erfuhren die jungen Frauen keine Hilfe, wei sie.
Meist wrden die Kameradinnen dann sagen: selber schuld.
NPD entdeckt die Frauen
Die wachsende Bedeutung der nationalistisch denkenden Mdchen
und Frauen haben NPD-Strategen erkannt. Neben der Stabilisierung der
Szene bewirken Mdchen und Frauen zudem eine Imageverbesserung.
Rambur
NPD einzubringen, denn Nationalismus ist nicht nur Mnnersache. Vor
1990 blieben die neonazistischen Frauen eher im Hintergrund: Sie fhrten
die Mitgliedslisten, verwalteten die Kassen oder regelten den Propagan-
davertrieb. Seit einigen Jahren aber erklren weibliche Neonazistin immer
fter: Wir sind auch die kmpfende Front. Mittlerweile schtzt das Bun-
desamt fr Verfassungsschutz den Frauenanteil bei rechtsextremen Par-
teien auf 13 Prozent und in den Kameradschaften auf 10 Prozent. Tendenz
steigend. Die Sozialwissenschaftlerinnen Kerstin Dhring und Renate
Feldmann betonen, dass die Errungenschaften der Frauenbewegung
auch Spuren bei den Rechten hinterlassen habe. So vermischten sich
traditionelle Lebensentwrfe mit fortschrittlichen Kombinationen von
Berufsttigkeit, Partnerschaft, politischer Aktivitt und Mutterschaft.
Offen berichtet der Arbeitskreis Mdelschar, um Inge Nottelmann,
um das Frauenbild in der Bewegung ist es nicht gerade gut bestellt. Sie
wollen nicht mehr nur die Freundin eines Nazis sein, sondern Kmp-
ferinnen fr Deutschland. Mit Aktionen fel der Arbeitskreis im Norden
in den letzten Jahren nicht auf. Aktiver scheint die NPD-Frauengruppe
Hannover zu sein, die aber nicht so kmpferisch auftritt. Die Gruppe um
Jasmin Langer trifft sich zu Stammtischen, Schulungen und Ausfgen
und will durch selbstbewusste und gebildete Frauen die nationale Be-
wegung strken. Jasmin Langer ist nicht Alice Schwarzer, schreibt der
NPD-Multifunktionr Andreas Molau in der Deutschen Stimme im Januar
2005 und meint: deshalb weiblich und dennoch viel politischer. Die
Sorge um das Land und um die Familie, gibt so der ehemalige Waldorf-
lehrer aus Braunschweig Jasmin Langer wieder: msse mglich sein.
Auf der Website der Frauengruppe betonen sie ebenso, dass sie die
Letzten seien, die ihre Pficht als Mtter vergessen wrden. Denn es
sei im Sinne einer echten Volksgemeinschaft, dass es auch den Mt-
tern gut geht. Auch im Dritten Reich wurde in dieser Hinsicht viel getan.
hnlich erklrt die Gemeinschaft Deutscher Frauen (GDF): Unter
Umstnden ist mit der richtigen Erziehung von drei bis fnf Kindern po-
litisch mehr erreicht, als wenn man in einer Organisation ttig wre.
Aus Mlln lenkt Tanja Steinhagen die GDF im Norden. Einmal im Monat
treffen sie sich in privaten Wohnungen, denn da sie viele Kinder haben,
wre es mit den Rumen sonst schwierig.
Nazi sucht deutsche Frau Rechte Partnervermittlung
Partnersuche in der Szene ist lngst im virtuellen Raum bei rechten Kon-
taktbrsen mglich. Die groe Liebe knnen rechte Alleinstehende im
Norden bei Odins Kontaktanzeigen suchen die Internetkontaktbrse
konstruktivere Zusammenarbeit ewhrleisten
qo q1
len niederlieen, und unsere einheimische Bevlkerung und Kultur in
etlichen Bereichen verdrnge.
Jrgen Rieger fhrt die Hamburger NPD
Die Entfremdung des arischen Menschen von der ureigenen Religi-
on treibt Jrgen Rieger um. Andere Religionen mgen Zge haben,
die wir gutheien knnen, aber es wrde immer () Abweichungen
zu unseren Ausfassung geben, die nur mit Gewalt oder Verbiegungen mit
unseren Gedanken in Einklang gebracht werden knnten. Der Grund
fr ihn: Ganz einfach weil sie von andersrassigen Menschen geschaffen
wurden.
Fast vierzig Jahre bewegt sich der Neonazianwalt, mit Kanzlei im fei-
nen Blankenese, in der neonazistischen Szene. Nachdem er ab 1975
als Rechtsanwalt arbeitet, vertrat er viele rechte Mandanten, wie den
SS-Sturmbannfhrer Arpad Wiegand, den Neonazifhrer Thomas Wulff
oder den Holocaustleugner Ernst Zndel. Wegen Krperverletzung und
Volksverhetzung stand der Anwalt schon selbst vor Gericht. Mittels meh-
rerer Vereine und einer Firma erwarb der Sechzig-Jhrige fr neonazis-
tische Projekte verschiedenste Gebude und Anwesen. Als einer der
wichtigsten und bestvernetzten Strippenzieher der rechten Szene, wie
ihn der Hamburger Verfassungsschutz bezeichnet, will er nicht bewertet
werden. Ne, antwortete er auf die Frage, ob er ein Strippenzieher
sei in einem NDR-Interview 2005.
Ganz unumstritten ist Jrgen Rieger, der im Bundesvorstand sich um
die Auenpolitik und Finanzen bemht, in der Partei nicht. Seine of-
fenen neonazistischen Thesen befrchten einige NPDler knnten dem
Parteiimage schaden, wie seine rassistischen Statements Superarier
im Reagenzglas zu zchten. In der Hansestadt sind im Landesvorstand,
schreibt das Aktionsbro Norddeutschland, die brgerlichen und
reaktionren Krfte in der Partei endlich abgewhlt. Stattdessen sind
Aktivisten des Kameradschaftskreis Neonazis in Hamburg und der
Neonazi- und Skinheadszene in Bramfeld mit Kader der NPD im Vor-
stand vereint. Die innere Verbundenheit mit einem weltanschaulich
gefestigten Jrgen Rieger an der Spitze, hofft das Aktionsbro, mge
noch strker die parteigebundenen und freien Nationalisten fr eine
politische Vernderung zu kmpfen motivieren.
Rambur
So tragen Frauen oft das Transparent an
der Spitze eines Aufmarsches. Glaubt
man Peter Marx vom Parteivorstand ma-
chen Frauen bei den Parteineuzugngen
etwa 50 Prozent aus. Im September 2006
grndete die Partei den Ring nationaler
Frauen. Der bundesweite Ring, dem
die schsische NPD Landtagsabgeord-
nete Gitta Schssler vorsteht, mchte
die Vernetzung nationaler Frauen jeden
Alters innerhalb und auerhalb der Par-
tei ausbauen. Sie wissen, wenn Frauen
offen fr die Partei auftreten, kommen
auch weitere junge Frauen. Als Anja Zysk
in die Kritik geriet, setzte sich wohl keine
Frau vom Ring nachhaltig fr sie ein.
Ihr Name verschwand stattdessen von
der Website des Rings.
Islamisten Freund oder Feind?
Wie sehr der Streit in dem Landesverband
um eine Zusammenarbeit mit Islamis-
ten vorgeschoben gewesen sein drfte,
offenbart die Selbstdarstellung der Br-
gerinitiative fr ein sicheres Bergedorf.
Sie erklren auf ihrer Website: Weder
der Islam, als eine der groen Weltreli-
gionen soll hier angegriffen werden. ()
Global betrachtet hebt sich der Islam
sogar als Verbndeter der freien euro-
pischen Vlker im Kampf gegen die He-
gemonialansprche der amerikanischen
Ostkste hervor. Bislang scheitern die US-
ONE-WORLD-Plne an dem islamischen
Widerstand. Das Chiffre Ostkste of-
fenbart die antisemitische Allianz, doch
ganz im ethnopluralistischem Jargon fh-
ren sie weiter aus, dieses Bndnis kann
aber nicht dazu fhren, dass sich hier
Millionen von Vorderasiaten und Orienta-
konstruktivere Zusammenarbeit ewhrleisten
Jrgen Rieger
qz q
bude zum Kegeln kamen, waren nicht minder erschrocken. Im Gebude
kontrollierte die Polizei die Gste. Einige Stammgste an der Theke wa-
ren aber mehr ber diese Manahme verstimmt. Am Haupteingang der
Gaststtte standen als Einlasskontrolle Aktivisten der Kameradschaft
Weserbergland, die Marcus Winter lenkt. Mischevents zwischen Politik
und Konzert richtet die Szene gerne aus. Nur Reden alleine, das wissen
die Kader, knnte die Kameraden etwas langweilen.
Der Redner des Abends, so legt der NPDler Andreas Krokoswki auf
der Website der NPD-Hannover nahe, beeindruckte aber auch selbst.
Im Saal schwrmte Torsten Heise in seinem Referat Wirtschaftspolitik
im Dritten Reich Wirtschaftspolitik Heute, ber viele positive Errun-
genschaften die die Nationalsozialisten fr die deutschen Arbeiter
und das deutsche Volk erzielen konnten. Das NPD-Bundesvorstand-
mitglied, zustndig fr die Zusammenarbeit mit den Kameradschaften,
wei aber auch, das fr viele deutsche Volksgeschwister das Thema
Nationalsozialismus mit vielen negativen Vorurteilen besetzt sei, so
dass mit diesem Thema kein Blumentopf zu gewinnen sei.
Im thringischen Eichsfeld leitet Thorsten Heise eine Kameradschaft. Vor
seinem Umzug lenkte er die niederschsische Kameradschaft Northheim
bei Gttingen. Im Rechtsrockmilieu wirkt Thorsten Heise, selbst vorbestraft
wegen Krperverletzung, schon lange. Konzerte mit ber 1.000 Besuchern
richtete er aus. ber seinen WB-Versand und WB-Records (Witwe Bol-
te) vertreibt er CDs und Merchandisingprodukte. Im Angebot auch: Einsatz-
lederhandschuhe mit Protektoren und Teleskop-Schlagstock aus Stahl.
Vor der Gaststtte griffen Neonazis whrend der Veranstaltung Foto-
grafen und Journalisten an. Im Saal machten derweil Annett und Michael
Mller mit ihren lustigen, kmpferischen Liedern beste Stimmung.
Ein gelungener Stammtisch meint Andreas Krokowski.
Den Stammtisch veranstalten NPDler und Kameradschaftler jeden
Monat in der Region Hannover. Im NPD-Landesverband ist eine enge Zu-
sammenarbeit mit den Kameradschaften allerdings umstritten. Die Kriti-
ker innerhalb der NPD befrchten, dass das offene radikale Engagement
der Kameradschaften, das nach auen getragene brgerliche Image der
Partei zuwiderlaufen knnte. Politisch motivierte Kriminalitt gehrt bei
einigen Kameradschaftlern zum immanenten inszenierten Image. Eine
Verurteilung ist fr einige ein Adelsschlag.
Die Kameradschaftsszene in Niedersachsen
In dem Bundesland treten die Kameradschaften verstrkt in den Regi-
onen Schaumburg, Salzgitter, Braunschweig, Wolfsburg, Hildesheim,
hiedersachsen
VI Kapitel: Kommunale Arbeit
schafft Basis fr eine nationale
Alternative
Niedersachsen
NPD: 580
Neonationalsozialisten und Neonaziskinheads: 1295
Bei all der Dmonisierung der Person Adolf Hitlers, meinte Thorsten Hei-
se, mssen wir eine neutrale Sicht der Dinge beibehalten. Der Applaus
war dem NPD-Bundesvorstandsmitglied und Kameradschaftsfhrer sicher.
Das Publikum im Saal der Sportgassttte kam alleine aus der Szene. Am 2.
Mrz 2007 hatte der Stammtisch Nationaler Krfte zu der Veranstaltung
in Garbsen nahe Hannover geladen. Der selbst gewhlte Name der Gruppe
um Gerrit Gagelmann klingt nach einer kleinen Runde. Allerdings reisten
ber 110 NPDler und Kameradschaftler zu der Sportgassttte im Stadtteil
Meyenfeld. ber ein Schleusesystem hatten Kameraden die Gste von der
Autobahn zu dem geheim gehaltenen Stammtisch geleitet. Vorab wurde
nur bekannt gegeben: Groraum Hannover, Redner: Thorsten Heise,
Liedermacher: Annett und Michael, sowie eine Infonummer.
In dem Neubauviertel war mancher Anwohner entsetzt. Unglaublich,
dass die sich hier treffen, meinte eine Frau. Kegelfreunde, die in das Ge-
kommunale Arbeit schafft asis fr eine nationale Alternative
Kameradschaft Gifhorn
qq q
gemacht, sagt der Aussteiger Patrick B.: Mit den Kollegen einfach
Bier trinken und zusammen abhngen gehrt dazu. Ganz Kamerad-
schaft geht das Private in das Politische ber.
Regelmig bietet in Salzgitter die Kameradschaft verschiedene Frei-
zeitangebote an. Die Kameradschaft, der an die 60 Personen angeh-
ren sollen, fllt fters wegen vermeintlich unpolitischer Angebote auf,
beobachtet Reinhard Koch, von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus
und Gewalt. ber 340 Neonazis kamen am 10. Februar 2007 zu einer
Geburtstagfeier im Vereinsheim der Kleingartenanlage Am Hamberg
in Salzgitter-Bad. Sieben Bands, wie Oidoxie, spielten. Zu einem Natio-
nales Fuballturnier luden sie ebenso ein. An die etwa 150 Rechte kamen
2005 zum Sportplatz des STV Salzgitter-Ringelheim. ber Jahre scheint
der Sportverein sich wenig um die Kameradschaft gesorgt zu haben. In
den Salzgitter Nachrichten erschien 2001 eine Todesanzeige eines Ne-
onazis, verziert mit einer Lebens- und einer Totenrune, unterzeichnet von
ber 50 Rechten, sowie STV Ringelheim und Kameradschaft SG.
Schon lange sind die Snever Jungs aus Schneverdingen aktiv. Die
Kameradschaft um Matthias Behrens bemht sich nicht blo um Aufmr-
sche, Konzerte und Straktionen gegen Informationsveranstaltungen
gegen Rechts. In der Lneburger Heide bringen sich die Jungs, die br-
gerlichen Berufen nachgehen und verheiratet sind, ins lokale Leben ein.
Sie beteiligen sich an Volkslufen, spielen bei einem Preisskat-Tunier der
hiedersachsen
Anhnger der Jungen Nationaldemokraten (JN) schlgt einen Gegendemons-
tranten nieder
Celle, Gifhorn, Schneverdingen, Oldenburg und Wilhelmshaven auf.
Kmpferisch kndigte 2006 die Nationale Offensive Schaumburg
(NOS) eine Sommeroffensive an. Keine leere Drohung: Kundgebungen,
Aufmrsche und Mahnwachen richteten sie aus. Antifaschistische Ver-
anstaltungen wollten sie stren. Auftrieb erhielt die Szene, als im Januar
2005 Marcus Winter aus der Haft entlassen wurde. Im April 2002 war er
an der Entfhrung und Misshandlung eines antifaschistischen Schlers
aus Rinteln beteiligt gewesen.
Auf der ehemaligen Website der NOS hetzen sie unter der berschrift
Wann werden Holocaustberlebende verboten? ber die berleben-
den als Volkschdlinge und deren Nachkommen als Mischpoke. Das
Amtsgericht Stadthagen verurteilte Marcus Winter am 19. Mrz 2007 we-
gen Volksverhetzung zu einer Gefngnisstrafe von neun Monaten Haft.
Sieben Tage zuvor sprach das Amtsgericht gegen den NOS-Kader Arwid
Strelow einer Freiheitsstrafe von neun Monaten aus Grund: Sachbe-
schdigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Krperverletzung.
Das Jugendschffengericht Stadthagen hatte ihn 2005 bereits zu drei
Jahren auf Bewhrung verurteilt. Bei einer NPD-Demo in Rotenburg/
Wmme hatte er einen Gegendemonstranten mit einem hlzernen Pla-
kattrger schwer am Kopf verletzt. Passt schon, kommentierte Arwid
Strelow die Haftstrafe.
Die militante Kameradschaft trat unter vielen Namen auf, wie Ak-
tionsbndnis Weser-Leine, oder NPD/Junge Nationaldemokraten
Schaumburg. Namenwechsel sind bei den Kameradschaften nicht un-
blich. In Gifhorn bezeichnet sich die Kameradschaft um Michael Schnei-
der als Freie Nationalisten Gifhorn oder Kameradschaft Gifhorn. An
die 300 Fans kamen am 1, April 2006 ins nahe Dannenbttel zu einem
Rechtsrockkonzert mit: HKL, Civico88, Underground Rebels und
Civil Disorder. Zusammen geht die Kameradschaft auch in die rtlichen
Diskotheken oder ins Museum. Das Panzermuseum in Munster in der
Lneburger Heide besuchen sie gerne. Knnen sie sich dort doch unter
einer Fahne mit einem Hakenkreuz ablichten. Knapp einen Monat nach
dem Konzert verbten in Gifhorn vier rechtsorientierte Jugendliche einen
Brandanschlag auf ein trkisches Geschft. Im selben Gebude befndet
sich eine Moschee. Langwierige Ermittlungen in der Szene fhrten die
Polizei im Mrz 2007 zu den Ttern. Bei den Vernehmungen sei eine aus-
lnderfeindliche Einstellung der Beschuldigten deutlich geworden, sagt
ein Polizeisprecher.
In der Szene fahren die Kameraden oft Kameradschaften besuchen,
kommen zu den Lden oder zu den Veranstaltungen. Wir haben das oft
kommunale Arbeit schafft asis fr eine nationale Alternative
q6 q
Bunker- und Schieanlage gehrt. Seitdem bemht sich der Neonazian-
walt, trotz breiten gesellschaftlichen Protests und behrdlichen Aufagen
den Heisenhof als Neonazizentrum auszubauen. Im ehemaligen Of-
fziersheim plant er Fruchtbarkeitsforschung zu betreiben, um kinder-
losen Ehepaaren zu Kindern verhelfen. Gleich nach dem Kauf erklrte der
Hamburger NPD-Chef, darauf zu achten, dass blauugige Frauen nur den
Samen eines ebenfalls blauugigen Mannes bekmen.
Doch seit Mitte Mrz 2007 ist ein Rechtsstreit um den gesamten Besitz
der Limited Jrgen Riegers entbrannt. Die thringische Stadt Pneck, wo
der Neonazianwalt 2004 das Schtzenhaus erwarb, hat vor dem Amts-
gericht Jena einen Beschluss erwirkt, wonach der Besitz der Firma einem
Verwalter bertragen wird. Der Grund: Die britische Behrde lschte am
29. August 2006 die Limited, eine Briefkastenfrma in London, aus dem
Register. Jrgen Rieger hatte nicht die ntigen Unterlagen vorgelegt. Seit-
her steht im Pnecker Grundbuch ein Eigentmer, den es nicht mehr
gibt, meint der CDU-Stadtrat Alf-Heinz Borchardt, der als Nachtragsli-
quidator auftritt. Rund 360.000 Euro kostete der Veranstaltungs- und
Tagungsort mitten im Ort. Eine neue Limited grndete Jrgen Rieger
unlngst. Rechtstreit um seine Immobilien ist Jrgen Rieger gewohnt. Der
Landkreis Verden lehnte schon vier Bauantrge Jrgen Riegers ab. Zudem
wurde der Abriss des ehemaligen Offziersheims verfgt, da es marode
sei. Gegen alle Entscheidungen hat Jrgen Rieger Widerspruch eingelegt.
Nichts anderes hatte Roland Butz, Erster Kreisrat in Verden, erwartet: Wir
werden Herrn Rieger das Leben weiterhin schwer machen, verspricht er.
Der Heisenhof in Drverden
Trotz gesellschaftlichen Protest und behrdlichen Aufagen konnten den-
noch Neonazis den Heisenhof nutzten. Der Landesvorsitzende der NPD-
Jungendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) Daniel Frsten-
berg betreute den Hof. Im November 2004 referierte gar Peter Naumann
vor rund 20 jungen Kameraden auf dem Hof. Die Themen des Referenten
der NPD: Ausgeruht den Feind erwarten und berwachen, Beschatten
und Abhren Methoden der Observation. Peter Naumann wei, wovon
er spricht: Das Oberverwaltungsgericht Frankfurt verurteilte den ber
50-Jhrigen 1988 wegen Grndung einer terroristischen Vereinigung und
mehreren Sprengstoffanschlgen zu vier Jahren und sechs Monaten Haft.
Zu angeblichen Arbeitseinstzen reiste die Artgemeinschaft Germa-
nische Glaubensgemeinschaft wesensgemer Lebensgestaltung e.V.
(Artgemeinschaft) an. Der neonazistisch-heidnischen Gruppe, die an die
400 Mitglieder haben soll, steht Jrgen Rieger seit 1989 vor. Die Artge-
Niedersachsen
Katholischen Mnnergemeinschaft mit oder bekommen Anerkennung,
weil sie bei der Mllsammelaktion Sauberes Schneverdingen mitma-
chen. Auf ihrer Website berichten sie von ihrer Teilnahme bei einer Blut-
spende in Neuenkirchen. Zusammen mit Aktivisten der Kameradschaft
Celle nahmen sie am 12. Mrz 2006 beim Cella Wasa Lauf teil Trikots
von Marc Stange. Im nicht weit entfernten Cremlingen stellt Marc Stange,
von der Kameradschaft Celle, seine Modemarke MaxH8 her.
Brgerinitiative fr Zivilcourage Celle nannte sich die Celler Rechte
auch schon mal. In Wolfsburg und Hildesheim treten Kameradschaftler
ebenso als Brgerinitiative fr Zivilcourage auf. Die Initiative in Hildes-
heim, der Dieter Riefing vorsteht, richtet fters einen Nationalen Umwelt-
tag aus, an dem sie Mll in ffentlichen Anlagen aufsammelt. Wir hoffen,
dass Sie sich mit der Aktion identifzieren knnen, heit es im Flugblatt.
Riegers Immobilien-Deals
Ausfge unternahmen Kameradschaftler auch nach Drverden. Im Hei-
senhof am Rande der Gemeinde bei Verden besuchten sie Kameraden.
Auf dem parkhnlichen Grundstck mit vier Backstein- und Fachwerkge-
buden wohnten zeitweilig sechs Kader der NPD und JN mit zwei Kleinkin-
dern zusammen. Im Juli 2004 wurde bekannt, wer der neue Hausherr des
ehemaligen Bundeswehrgelndes ist: Jrgen Rieger.
Fr etwa 265.000 Euro erwarb er als Bevollmchtigter der Londoner
Firma Wilhelm-Tietjen-Stiftung fr Fertilisation Limited das rund 26.000
Quadratmeter groe Gelnde inklusive der Gebude, zu denen auch eine
kommunale Arbeit schafft asis fr eine nationale Alternative
Heisenhof
q8 q
festigen. Einen JN-Sttzpunkt Verden-Rotenburg haben Daniel Frstenberg
und Sven Wellhausen aufbauen knnen. Unter dem Motto Den Nationa-
lismus in die Schulen tragen, verteilten sie die selbst hergestellte Zeitung
Der Rebell vor Schulen. Flugbltter und Gratis-CDs folgten. Aufmrsche,
Infostnde und Musikevents veranstalteten sie zudem. Aus der Szene er-
folgten auch immer wieder bergriffe. Das Amtsgericht Verden verurteilte
am 12. Februar 2007 Daniel Frstenberg wegen Krperverletzung zu einer
Strafe von 900 Euro. In der Nacht zum 26. Januar 2007 brannte in Verden
ein historischer Waggon der Reichsbahn aus: Ein Mahnmal fr NS-Zwangs-
arbeiter. Das regelmige Auftreten schlug sich in Wahlerfolgen nieder,
obwohl durch viele Veranstaltungen und breite Medienberichte die offene
Militanz bekannt und die neonazistischen Positionen offensichtlich waren.
Bei der Bundestagswahl 2005 konnte der NPD-Kandidat Rigolf Hennig die
Stimmen in Verden verzehnfachen. Er erreichte 4,04 Prozent. Nach der
Kommunalwahl 2006 zog der frhere Chirurg, verurteilt wegen Volksver-
hetzung, in den Verdener Kreis- und Stadtrat. Daniel Frstenberg kam in
den Drverdener Gemeinderat. Landesweit erlangte die NPD insgesamt 18
Mandate. In Helmstedt wurde erneut Friedrich Preu, langjhriger stellver-
tretender Landeschef, in den Stadtrat gewhlt. Seit 15 Jahren sitzt er dort.
Doch bei dieser Wahl zog auch die NPDler Elke Raabe mit ein. In den Kreis-
tag von Helmstedt gelang Adolf Preu. Neben dem Mandat im Verdener
Kreistag, erlangte die Partei in den Kreistagen von Wolfenbttel, Stade und
Rotenburg je ein Mandat. In Wilhelmshaven zog Peter Mller fr sie in den
Stadtrat, in Bremervrde Marc Reuter, in Vienenburg Steffen Dietrich und
in Bad Lauterberg Michael Hahn. Der Wahlerfolg lsst den Landesverband,
dem Ulrich Eigenfeld schon lange vorsteht, auf weitere Erfolge hoffen. Die
Rechten wollen sich nicht mehr blo als netter Nachbar und guter Ver-
einsfreund im kommunalen Raum etablieren. Sie versuchen nun auch
sich in den kommunalpolitischen Vertretungen als politikfhige Mandats-
trger und brgernahe Volksvertreter zu prsentieren.
Von der Aktion bis zur Mandatstrgerschulung
Ganz gezielt mchte die Partei Politik vor Ort gestalten. Getreu der Bun-
deslinie scheint Andreas Molau, im NPD-Bundesvorstand fr die Bildung
zustndig, aus dem Hintergrund diese kommunal- und soziapolitischen Be-
mhungen voranzutreiben. In Wolfenbttel, nahe seinem Wohnort Groe
Denkte, verteilt die NPD kostenlos ihr Informationsblatt NPD Wolfenbt-
tel informiert. Ein Thema in der zweiten Ausgabe, die 2007 erschien: die
Korruptionen und Lustreisen bei VW leben in der Region doch viele VW-
Mitarbeiter. Mit einem Gedicht zu Hartz IV greifen sie wieder ein sozialpo-
hiedersachsen
meinschaft ist kein Schnwetterverein, der friedliche, frhlich, fromm
und betulich bei Kaffee und Kuchen ein wenig von der Vergangenheit
schwrmt, heit es in der Selbstdarstellung und in ihrem Sittenge-
setz: uns gebietet (der) Einsatz fr Wahrung, Einigung und Mehrung
germanischer Art und dieses Gesetzt in uns gebietet (zudem)
gleichartige Gattenwahl (als) die Gewhr fr gleichartige Kinder
Friedhof fr Nazis
Eine letzte Ruhesttte knnen Rechts-Glubige auf dem Waldfriedhof
nahe der Gemeinde Varel bei Oldenburg fnden. Christliche Symbole zie-
ren keinen Grabstein, der 1958 gegrndeten Ahnensttte Conneforde,
wie Neonazis den Friedhof nennen. Den Friedhof trgt der Ahnensttten-
verein, den das NPD-Grndungsmitglied Alfred Manke aus Bassum leitet.
Etliche Findlinge mit Namen von verstorbenen Altnazis liegen zwischen
den Bumen und Heidekrutern. Die Damen und Herren, die hier bestat-
tet sind oder darauf hoffen, hier einmal ihre letzte Ruhesttte zu fnden,
lehnen das Christentum als artfremde Religion ab. Hier liegt auch Wil-
helm Tietjen, der Namensgeber von Jrgen Rieger Firma.
Rechte Immobilien in Norddeutschland
Vor seinem Ableben soll Altnazi Tietjen Jrgen Rieger eine Million Euro
vermacht haben. Schon 1995 half der frhere Bremer Lehrer Jrgen Rieger
angeblich beim Kauf des Gut Sveneby in Schweden mit Geld. Verstorbene
Altnazis vermachen Jrgen Rieger ber Jahrzehnte hinweg ihr erworbenes
Vermgen. In Rodenberg berschrieb im Mrz 2007 eine 85-jhrige
Dame, dessen Gesinnung im Ort bekannt ist, ihm ihr Fachwerkhaus. Der
Verein Mtterdank e.V. den er leitet, nutzt bereits ein Wohnhaus im
Kakenstorf bei Tostedt und ein Mehrfamilienhaus in Hamburg-Harburg. In
dem Haus ist der Sitz des Vereins, der kinderreiche deutsche Familien mit
rechter Gesinnung frdert. Beide Huser hat Jrgen Rieger von den ver-
storbenen Harburger NPD-Mitgliedern Helmut und Wilma Cruse geerbt.
Im schleswig-holsteinischen Hummelfeld unterhlt er ein Landhaus, wo
die Artgemeinschaft zusammenkommt. Ein Geschftshaus mit Kino er-
warb er 1999 in Hameln, das er auf Ebay feilbietet.
Die NPD in Niedersachsen
Basis auf der kommunalen Ebene
In der Region zwischen Weser und Aller sind mit dem Heisenhof die
rechten Aktivitten gestiegen. Untersttzt vom Stader NPD-Kreistagsab-
geordneten Adolf Dammann gelang den lokalen Kadern, die Struktur zu
kommunale Arbeit schafft asis fr eine nationale Alternative
o 1
VII Kapitel: Taten statt Worte
Bremen
NPD: ca. 60
Neonationalsozialisten und Neonaziskinheads: ca. 40
Alleine Daten zur Kameradschaft Bremen verffentlichten
der Verfassungsschutz: 10 bis 15 Personen
Am Osterholzer Friedhof hielt das Bndnis keine Gewalt eine Mahn-
wache ab. Vor dem Haupteingang der Psychiatrie des Zentralkranken-
hauses Ost in Bremen wollte das Bndnis eigentlich protestieren. Per
Aufage wurde dem Bndnis dieser Ort allerdings am 20. Januar 2007
verwehrt. Verbergen sich doch hinter dem vermeintlich friedlichen Na-
men die NPD und die Backstreet Skinheads. Der Anlass der kleinen
Aktion: Der Tod des kleinen Kevin.
Bundesweit machte Kevins Schicksal Schlagzeilen, weil er unter Auf-
sicht der Behrden bei seinen Eltern zu Tode kam. Ein trauriges Schick-
sal eines zweijhrigen Kindes, das die hanseatischen Neonazis fr ihre
Politik nutzen. Unter dem Motto Warum wollt ihr nicht kapieren, Kin-
dermrder kann man nicht therapieren! verantwortete der NPD-Jugend-
referent Sascha Humpe die Mahnwache. An dem Samstagvormittag ka-
men knapp 25 Neonazis, um getreu ihren Positionen gegen die Therapie
des drogenkranken Ziehvaters zu wettern. Weitrumig abgeschirmt von
der Polizei schimpfte der Neonazianfhrer Christian Worch aus Hamburg
im Regen ber das System.
Die rechte Szene mobilisiert offen
In der Hansestadt an der Weser sucht die NPD vermehrt die ffentlich-
keit. Seit 2006 agiert die Szene von NPD, Freie Kameradschaften und
Neonazihooligans nicht mehr vor allem im Verborgenen oder fast nur
jenseits der Landesgrenze. Den Zuspruch, den das rechte Spektrum
bundesweit erlebt, ermutigt die bremische Szene, ffentlich in Erschei-
nung zu treten. Die NPD beschloss verschiedene Aktionen durchzufh-
ren. In Schwachhausen verteilten sie zu Jahresbeginn den NPD-Sampler
Hier kommt der Schrecken aller linken Spieer und Pauker!, im Uni-
versittsviertel lag am Kiosk die NPD-Zeitung Deutsche Stimme aus
und zum Jahresende marschierten sie in Walle. Am 10. Mrz konnten sie
ohne Gegenprotest in der Berliner Freiheit in Bremen Vahr einen Info-
stand veranstalten.
remen
litisches Thema auf. Ebenso wenig verwundert das andere Thema: Angriffe
auf Deutsche, verbt durch Russen und Schwarzafrikaner. Im Kreis-
tag klagte Thomas Kupferschmidt bereits ber die Folgen einer verfehlten
Zuwanderungspolitik und attackierte die fnanzielle Untersttzung von
Migrationsprojekten. Die Aktionen gehen mit Schulungen einher. Eine lan-
desweite Mandatstrgerschulung hielt die NPD ab und grndete einen
Kommunalpolitischen Beratungskreis, um berzeugende Ratsarbeit
leisten zu knnen. Zur Qualifzierung besuchten NPD-Vertreter aber auch
schon Seminare des niederschsischen Stdte- und Gemeindebundes, sagt
Christian Hinrichs, grnes Samtgemeinderatsmitglied in Oldendorf, Kreis
Stade. Daniel Frstenberg nennt das Hauptziel: Durch kommunale Ar-
beit eine solide Basis fr eine nationale Alternative schaffen, die einst das
herrschende Parteiensystem ablsen soll. In Wilhelmshaven ldt Peter
Mller fr die NPD jeden ersten Dienstag im Monat zu einer Brgersprech-
stunde ein. Die Partei unterhlt in der Brsenstrae ein kleines Haus. Hinter
dem Tor, schwarz-wei-rot gestrichen, treffen sie sich regelmig. Ein Wil-
helmshavener Immobilienhndler ermglicht die Nutzung. Ihr Wahlerfolg
gelang auch durch das Miteinander mit den Freien Krfte, wie die Partei
zurckhaltend andeutet. In der ostfriesischen Region untersttzt die AG
Wiking Wilhelmshaven um Manuel Wojtvzak die Partei.
Neue Aktionsschwerpunkte in Nienburg,
Vechta und Salzgitter
Im Landtagswahlkampf 2008 wird die NPD mit ihren Kommunalpoliti-
kern massiv auftreten. Ein internes Papier offenbart, das sie in der hei-
en Phase in Nienburg, Vechta und Salzgitter verstrkt operieren wol-
len. Insgesamt sind rund 100 Kundgebungen geplant, gedruckt werden
sollen etwa 3 Millionen Wahlzeitungen und 50.000 Plakate. Nach Ulrich
Eigenfelds Angaben hat die Landespartei ein Vermgen von ca. 64.000
Euro, weitere 20.000 Euro erwartet er aus dem Finanzausgleich.
Wenn dann noch weiteres Geld erwirtschaftet werde, knne man ber
90.000 Euro Eigenmittel verfgen. Selbstbewusst erklrt Andreas
Molau, Spitzenkandidat der NPD zur Landtagswahl 2008, in einem of-
fenen Brief, vom 14. Mrz 2007: Die NPD hat sich in Niedersachsen akti-
onsfhig und fexibel erwiesen. Die Zeiten, wo man nur das machte, was
der politische Gegner erwartet, sind vorbei.
kommunale Arbeit schafft asis fr eine nationale Alternative
z
mussten sie dann auch noch wegen der Gegenaktionen von 7.000 Men-
schen vorzeitig umkehren. Stundenlang sich die Beine in den Bauch
stehen, na, danke, schimpft ein Kamerad in einem Szeneforum. Gute
Aufklrungsarbeit msse man stattdessen machen. Eine Kameradin
klagt, es drften nicht immer mehr Stdte dazukommen, an denen wir
uns abarbeiten. So liefere man allen Gutmenschen einen Anlass sich
abzufeiern. Inhalte wrden kaum transportiert. Anfang 2007 ging Klaus
Beissner, NPD-Hannover, auf den Streit erneut ein.
Der Kampf um die Strae erklrte er, msse weiterhin in Form sol-
cher Aufmrsche gefhrt werden. Aber die hohe Anzahl von Demos ohne
Kampagnenhintergrund und mit Themen, die oftmals am Volk vor-
beigehen bewirke wenig. Qualittsdemos sollten vor Quantittsde-
mos gehen. Namentlich wird Christian Worch nicht erwhnt. Gemeint ist
jedoch der Neonazifhrer, der besonders bei den Kritikern der NPD-Bun-
deslinie innerhalb der Kameradschaften und NPD einfussreich ist. Im
Norden, wie im gesamten Bundesgebiet, verantwortet er unzhlige Auf-
mrsche. Vor gut drei Jahren empfahlen schon Kader wie Thomas Wulff
indes Demokultur statt Demotourismus: Vor- und Nachbereitung,
so Thomas Wulff damals und Klaus Beissner heute gleich lautend, wr-
den die rechten Strukturen strken und in der Mitte der Gesellschaft
nachwirken. Fr die kommenden Jahre setzt Klaus Beissner auf gute re-
gionale Kampagnendemos sowie bundesweite Groveranstaltungen.
Die Erwiderung bei der ersten Debatte ist fr Christian Worch heute aber
immer noch gltig. Mir ist meistenteils sogar ziemlich egal, wofr oder
wogegen gerade demonstriert wird, schrieb er in einem Brief 1999, fr
wichtiger halte ich, dass das nationale Lager demonstriert. Offen be-
zieht sich Christian Worch auf den verstorbenen Neonazifhrer Michael
Khnen: Wir haben schon einmal bewiesen im Jahr 1933, wie man eine
Revolution durchfhrt. Eine Revolution heit, das Herz eines Volkes zu
gewinnen, legte Michael Khnen dar, doch Um allseits beliebt zu sein,
muss man zunchst allseits bekannt sein. Christian Worch meint: Kam-
pagnen, Internetarbeit und interne Versammlungen, die nicht alleine
der Geselligkeit dienen, sondern auch Schulungen, sowie die Festi-
gung der kameradschaftlichen Bande seien wirksam. Auf Jahre hin-
aus, fhrt er aber weiter aus, seien Demonstrationen die wirksamste
Waffe. In dem neonazistischen Frauenmagazin Triskele wiederholt
er 2002: Zur Zeit sind Demonstrationen das wichtigste Mitte des poli-
tischen Ausdrucks.
In einer Untersuchung zur rechten Demonstrationspolitik hebt der
Sozialwissenschaftler Fabian Virchow zwei Wirkungsebenen hervor:
remen
Stolz verkndete der Verband, dass sie
neue Mitglieder gewonnen htten. Zu
Diskussionsabenden kmen mehr als 60
Gste. Jede zweite Woche trifft sich die
NPD-Bremen-Nord zum Stammtisch. Vor
einem Jahr seien vier Gste zu der Grup-
pe von Jrg Hendrik Wrieden gekommen,
jetzt kmen an die 20 Besucher. Bei der
Bundestagswahl erlangten sie in Bremen
1,4 Prozent, im Norden gar 6 Prozent.
Die NPD-Events besuchen auch die
Freie Nationalisten Bremen. Die Kame-
radschaftsszene, die die Kader Andreas
Hackmann und Andr Sagemann mit vor-
antreiben, bemhte sich verstrkt rechts-
orientierte Jugendliche einzubinden. In
Bremen-Nord/Schwanewede, Bremerha-
ven, Weyhe und Archim sollen Kamerad-
schaftler agitieren, indem sie auch mal
Interessierte zu Rechtsrockkonzerten
mitnehmen. Ein beliebter Treffpunkt ist
die Gaststtte Niebuhr in Syke-Heili-
genfeld. Als Gast vor Ort manchmal Lutz
Henze, der den rechtsextremen Heim-
dall-Shop-Versand in Bremen betreibt.
Rechte Demo-Kultur
Den gestiegenen Aktionismus begrt die
Szene. In dem Spektrum wird aber immer
wieder ber das Fr und Wider von Auf-
mrschen gestritten. Nach dem Marsch in
Walle am 4. November 2006 hinterfragten
Neonazis in Internetforen diese Aktions-
form. Waren an dem Tag doch, statt der
von der NPD erwarteten 200 Kameraden,
nur knapp ber 120 Gesinnungsgenossen
gekommen. Ein Streit um die NPDlerin
Gabriela Yardim belaststete offensicht-
lich die Mobilisierung, da sie mit einem
Trken verheiratet war. Nach 500 Metern
1aten statt Worte
Jrgen Rieger und Udo Voigt
q
aus: Ich habe absolut nichts gegen Trken, ich habe auch nichts gegen
trkische Brgermeister, aber in Istanbul und nicht in Bremerhaven oder
sonst wo in Deutschland. Oder er fragte: Wie weit, wie tief und wie un-
moralisch sind wir in Deutschland schon gesunken, wenn Schler, Leh-
rer und sogar die Polizei vor den Gewaltttigkeiten, Drogenhandel und
Erpressungen und anderen kriminellen Machenschaften von Kindern
und Jugendlichen aus Migrantenfamilien kapitulieren?.
Die DVU, die in Bremen an die 170 Mitglieder hat, prsentiert diese
Parolen stolz auf ihrer Homepage in den Rubriken: Sigges beste Spr-
che und Siggi-Reden: Kernstze. Keine Frage: Wenn Tittmann ans
Rednerpult geht, dann ist was los im Parlament. Dann geht es rund!,
schwrmt die DVU. In der National-Zeitung, der Zeitung des DVU-Chefs
Gerhard Frey, geschtzte Aufage etwa 44.000 Exemplaren pro Woche,
schimpfte ihr Siggi in dem Fall Kevin ber die Doppelmoralisten
der Bonzokratie, die glauben Weisheit, Gutmenschentum, Moral und
Demokratie mit Lffeln gefressen zu haben.
Bremen muss leben
Konkurrenz fr die Volksfront von Rechts
Der Volksfront von Rechts aus DVU, NPD und Kameradschaften mach-
te allerdings bei der Wahl eine neue Whlervereinigung die rechte Wh-
lerschaft streitig. Mit 27 Kandidaten tritt Bremen muss leben an. Die
Macher der Whlervereinigung: die Deutschen Konservativen e.V.
(DK) um Joachim Siegerist.
Hilton Hotel, Freitagabend der 6. Oktober 2006: Der Saal des feinen
Hotels war gefllt. An Tischen mit kleinen Deckchen saen Herren mit
Sakko und feiner Krawatte und Damen mit Kostm und teurem Schmuck.
Getrnke standen bereit. In den hinteren Reihen mussten die Gste mit
Stuhlreihen ohne Gratisgetrnk vorlieb nehmen. Manche haben ein
braunes Lebkuchenherz mit dem Schriftzug Bremen muss leben um-
gehngt. Am Eingang des Saals hatte sich Joachim Siegerist nicht neh-
men lassen alle der rund 350 Gste mit Hndedruck zu begren und
das Lebkuchenherz zu berreichen. Mittels Groanzeige im Weser-Re-
port, Listenpreis 13.000 Euro, war zu der Veranstaltung geladen worden.
An fnanziellen Mitteln fehlt es dem eingetragenen Verein, mit ganzen 25
Mitgliedern, nie. Der Grund, glaubt man Joachim Siegerist: Wir haben
40.000 Frderer aus ganz Deutschland.
An dem Abend wurden die Besucher, die die Versprechen der Anzei-
ge 1. Sicher, 2. Sauber und 3. Schuldenfrei anzog, nicht enttuscht.
Die vermeintliche Misswirtschaft der groen Koalition sorgte diese
remen
Nach innen entsteht bei einem Marsch
ein Emotionskollektiv, das der kol-
lektiven Identitt dienlich sei. Nach
auen zeige ein Marsch, dass eine neo-
nazistische Bewegung besteht, die trotz
aller Gegner ihren Handlungsspielraum
ausdehnen knne.
Die DVU in der Bremer
Brgerschaft
Die Meinungen zu den Aufmrschen lau-
fen in Bremen, wie im Bundesgebiet,
quer durch NPD und Kameradschaften.
Vom Bundesverband aber bereits am 15.
Januar 2005 mehrheitlich getragen: die
Kandidatur der DVU bei der Bremer Br-
gerschaftswahl am 13. Mai 2007.
Nach den Wahlerfolgen in Bran-
denburg und Sachsen, wo sich beide
Parteien nicht die rechte Whlerschaft
streitig machten, legten die Vorsitzen-
den von DVU und NPD, Frey und Voigt,
im Deutschland-Pakt fest, wer bei wel-
cher Landtagswahl kandidiert. Seit 1999
sitzt die DVU in der Bremer Brgerschaft
und schon seit 1989 ist sie in der Stadt-
verordnetenversammlung von Bremer-
haven. Die Parteien waren sich schnell
einig, dass in dem DVU-Stammland
nicht die NPD antritt. Ihr Spitzenkandi-
dat Siegfried Tittmann ist seit 1991 in der
Stadtverordnetenversammlung und seit
1999 in der Brgerschaft. Sein blicher
Wahlslogan: Ein Man, ein Wort, ein Titt-
mann. Sacharbeit im Parlament, belegt
eine Studie der Bremer Fraktion Bndnis
90/Die Grnen, ist nicht die Strke des
ber 50-jhrigen Herrn. Die Brgerschaft
ist ihm alleine ein Forum fr Populismus
und Provokation. In einer Rede fhrte er
1aten statt Worte
Christian Worch am
20. Januar 2007 in Bremen
6
ist ihnen zuwider. Sie alle wollten blo mit einem rechts-demokra-
tischen Gegengewicht jenes Vakuum in der Mitte fllen, hebt er hervor,
weil selbst die Unionsspitze bei Demonstrationen gegen rechts mitmar-
schiert. Mit Nazis, darf dann auch gedacht werden, hat die DK selbst
nichts gemein, obwohl sie auch Spenden fr die ehemaligen lettischen
Angehrigen der Waffen-SS sammelte.
Die extrem-rechten Verbindungen mssen so auch verharmlost wer-
den. Ich wollte mir diese verbitterte Jugend anschauen, die sich bei der
NPD und den Kameradschaften sammelt, erklrte Bernd Rabehl, der
als Weggefhrte Rudi Dutschkes vorgestellt wurde. Bei seinem Besuch
beim Pressefest der NPD am 5. August 2006 war der Alt-68er jedoch
nicht blo ein Besucher, er war einer der Starredner. Warum auch nicht?
In Bremen meinte er hoffnungsvoll, dass sich aus NPD und Kamerad-
schaften eine neue APO bilden knnte. Ins Parlament mchte Bernd Ra-
behl aber mit Bremen muss leben kommen. Er kandidiert auf Platz
sechs der Liste. Das Ziel, sagt Spitzenkandidaten Joachim Siegerist: 20
bis 25 Prozent.
Von einem Erfolg bei der Wahl geht auch die DVU aus. Hartz IV-Ar-
mut, Praxisgebhr, Mehrwertsteuer. Es reicht steht auf ihren Plakaten,
auch Taten statt Worte oder Kriminelle Auslnder Raus! Mir reichts!
Diesmal: DVU. Unten links, recht klein, prang das Logo der NPD. Die
Partei hat seit Jahren in Bremen ber einzelne Personen gute Kontakte
in die rechte Hooliganszene. Man kennt sich: Henrik Osterdorf, der aus
dieser Hooliganszene kommt, arbeitet bei der Deutsche Stimme. Ist
der Mitarbeiter beim NPD-Verlag, Spitzname Ossi, nicht in der Szene
vor Ort, dann hlt Andr Sagemann die Beziehungen zu dem muskel-
bepackten Szenegnger. Schon ber 15 Jahre besteht die Neonazihoo-
ligangruppe Standarte 88. Der harte Kern soll ber 20 Personen um-
fassen. Ossi, so heit es in der Szene, knne aber kurzfristig ganz
locker ber 50 Mann zusammenrufen. Schnell ging es auch am 20.
Januar 2007 zur Sache.
Rechte Hooligan-Szene
An dem Samstagabend griffen rund 20 rechte Hooligans eine Jubilums-
party der linken Fangruppe Racaille Verte von Werder-Bremen im
Ostkurvensaal des Weser-Stadions an. Ein Jahr ist die Gruppe alt, die
sich gegen Rassismus und Homophobie im Stadion engagiert. Schwu-
lenfeindliche Gesnge und Nazi-Klamotten, sagt eine Mitglied, das
dulden wir in unserer Kurve nicht. 150 Freunde waren zur Party gekom-
men, die im Chaos endete. Gegen ein Uhr sind ein paar von den rechten
remen
Geschftsmnner, Kleingewebetreiber,
Handwerker und Angestellten zuneh-
mend. Eine Frau hat auf dem Podium
neben den sieben Herren Ivan Denes,
Ronald Glser, Peter Helmes, Heiner
Kappel, Bernd-Thomas Ramb, Bernd
Rabehl und Andreas Skorianz keinen
Platz gefunden. Im Hintergrund der DK
steht seit Jahren Joachim Siegerists
WPR Wirtschafts- und Politikverlag.
Aus Hamburg, wo er an der Alster lebt,
werden Publikation wie Macht Kasse
Genossen! und auch mal Briefe eines
abgetriebenen Embryos an meine Mut-
ter, die ich nie gesehen habe verschickt,
samt Plastik-Embryo.
Klare Vorstellungen, wie Bremen vor
den Einheitsparteien und den 68ern
noch zu retten wre, haben die Refe-
renten, die alle mit der extrem-rechten
Szene verwoben sind. Die Verschuldung
sei zu senken, denkt Bernd-Thomas
Ramb, regelmiger Autor in der Jungen
Freiheit, wenn endlich die Sozialleistun-
gen fr die faulen Hartz-IV-Empfnger
und Zuwanderer gekrzt wrden. Mut,
meinte Ronald Glser, und Junge Frei-
heit-Autor, bruchte man, um die Pro-
bleme durch Multikulti anzusprechen.
Die Rettung: Sofortige Abschiebung!.
Die Kosten fr den Mittelstand, mahnte
Peter Helmes, ehemaliger Geschftsfh-
rer der CDU/CSUMittelstandsvereini-
gung und Interviewpartner der Zeitung
der rechtsextremen Republikaner,
mssten gesenkt werden. Vor allem be-
darf es eines Mittelstandsklimas, indem
die von den 68ern zerstrten Werte wie-
der gelten wrden. Der braune Sumpf,
wiederholte indes Joachim Siegerist,
1aten statt Worte
Joachim Siegerist
Bremen muss leben
8
war dabei als seine Jungs die Inhaber und Gste erpresst und bedroht
haben. Ronny S. war gesehen worden, der bereits vor einigen Jahren
wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung zu einer Bewh-
rungsstrafe verurteilt wurde.
In Hamburg schlugen rechte Hooligans bei dem Fuball-Regional-Li-
gaspiel FC St. Pauli gegen den Chemnitzer FC zu. Weier Kreis auf rotem
Grund: Die Botschaft der Fahnen im Fanblock des Chemnitzer FC war am
1. April 2006 eindeutig. Das schwarze Hakenkreuz musste gar nicht in
den weien Kreis gezeichnet sein. Ein beliebter Schlachtruf in der Sze-
ne: Hoo-Na-Ra. Ein eindeutiges Bekenntnis, bedeutet der Ruf doch:
Hooligans-Nazis-Rassisten. Schon vor dem Spiel griffen Chemnitzer-
Fans beim Hauptbahnhof Passanten mit Migrationshintergrund an. Wh-
rend des Spiels zogen an die 40 Hooligans ber den Kiez. Die machten
Jagd auf Linke, berichtete eine Augenzeugin. Immer wieder htten die
Randalierer gegrlt: Juda verrecke und Trken raus. Im St. Pauli-
Stadion tnte derweil aus dem Block der Chemnitz-Fans: Eine U-Bahn
bauen wir. Von St. Pauli bis nach Auschwitz.
Lieder der Bremer Band Kategorie C Hungrige Wlfe stimmt die
Szene auch gern an. Der Name der Hooliganband, um Hannes Osten-
dorf, dem Bruder von Henrik, spielt auf die Bezeichnung der Polizei fr
gewaltbereite Fuballfans an. Die Band brachte zur Weltmeisterschaft
2006 den Song Deutschland dein Trikot heraus. Hannes Ostendorf
grlt: Deutschland dein Trikot / Das ist schwarz und wei / Doch lei-
der auch die Farbe deiner Spieler und Deutschland ist der Schlachtruf
/ Fr Deutschland stehen wir alle ein / Doch Deutschland ist nicht die
BRD. Am 21. Oktober 2006 traten sie in Berlin vor ber 750 Neonazis
unter dem Motto Freiheit fr Lunikoff Lasst unsere Kameraden raus
auf. Vor dem Gefngnis in Tegel hatte die NPD die Solidaritts-Kund-
gebung mit Konzert fr den verurteilten Snger der verbotenen Band
Landser angemeldet.
remen
Hooligans aufgetaucht berichtet einer der Partygste der taz. Nachdem
man sie aufgefordert habe zu gehen, seien weitere Hooligans erschie-
nen, unter ihnen bekannte Gesichter aus der Bremer Nazi-Szene. Dann
griffen sie an: Die sind mit Sthlen und Flaschen auf uns losgegangen,
haben einige Leute herausgegriffen und gezielt zusammengeschlagen,
erzhlt einer. Einem Fan, den die Angreifer offenbar fr den Anfhrer von
Racaille Verte hielten, brachen sie Nase, Jochbein und eine Zehe. Auch
andere Gste trugen Verletzungen davon, zwei davon mehrere Knochen-
brche.
Bei den Bundesligavereinen fallen rechtsextreme Fans allerdings sel-
ten durch Gewalt auf. Offen treten rechte Hooligans jedoch in den un-
teren Fuball-Ligen auf auch im Norden. Wir wissen, mit wem wir es zu
tun haben, erklrt Manfred Radtke, Prsident der Sportgemeinschaft
Dynamo Schwerin. Auf den Fuballpltzen der Bezirksliga stimmen die
Fans nicht nur rassistische Gesnge an. ber einen lngeren Zeitraum
beobachtete der Verein, dass grere Gruppen gewaltbereiter Fans
zu den Spielen kamen. Offensichtlich entdecken sie den Verein als Be-
ttigungsfeld, so Manfred Ratdke. Deshalb haben wir vor ber einem
Jahr das Projekt Fan statt Hooligan entwickelt. Das Projekt ist nicht
unumstritten. Im September 2005 lsten Schwerin-Fans bei der Bezirks-
klasse-Partie beim FC Schnberg heftige Auseinandersetzungen aus. In
der Landeshauptstadt, berichtet Mike Hartwig von der Landesweiten
Opferberatung fr Betroffene rechter Gewalt, griffen sie das alternative
Caf Subversive an. Einer der Leiter des Fanprojekts, so Mike Hartwig,
1aten statt Worte
Rechter Hooligan bei der Weltmeisterschaft 2006
6o 61
heute suchen sie die Diskussions- und Informationsveranstaltungen zu
Rechtsextremismus oder ber Gen-Mais-Anbau gezielt auf.
In niederschsischen Vechta wollten NPDler am 15. Mrz 2007 eine
Bndnisveranstaltung gegen einen NPD-Marsch besuchen. Die Veranstal-
ter waren vorbereitet und sprachen ein Hausverbot aus. Sie wussten, wenn
die Neonazis in dem Saal sind, wollen sie die Diskussion an sich reien. Sie
wussten zudem, dass gerade, wenn die Rechten im Raum sind, viele andere
Gste verunsichert sind. Manche befrchten, da sie nun als Gegner von
den Rechten gesehen wurden, nach der Veranstaltung oder bei einer sp-
teren Begegnung bedroht oder gar angegriffen zu werden. Den Rauswurf
sicherten spter Polizeibeamte. Ganz im Sinn der Wortergreifungsstrate-
gie gerierten sich die NPDler als Opfer eines undemokratischen Verhal-
tens. Die selbsternannten Demokraten, schreiben sie, seien nicht in der
Lage der politischen Diskussion mit der NPD standzuhalten. Bewusst
versuchen sie, sich so als Demokraten, die nur mitdiskutieren wollen, zu
inszenieren. Doch die NPD und Freie Kameradschaften grenzen sich selbst
von einer demokratischen Kultur aus. Sie erkennen die allgemeinen Men-
schenrechte und das bundesdeutsche Grundgesetz nicht an.
Einschchterung durch Anti-Antifa
Nach Diskussionen und Aktionen gegen Rechts, fnden sich immer
wieder Szenewebsites, auf denen ihr Gegner mit Bild und Adresse
ffentlich gemacht wird. Auf Youtube legen Neonazis auch gern Anti-
Antifa-Videoclips. Unterlegt mit Rechtsrock, werden Journalisten die bei
Aufmrschen dokumentieren oder auch Gegendemonstranten gezeigt.
Die Botschaft der Songs ist eindeutig. Sie wollen einschchtern. Die Ak-
tivitten spiegeln das erstarkende Selbstbewusstsein der Szene erneut
wider. Man traut sich und frchtet wenig.
Die Situation der Szene zwischen NPD und Freien Kameradschaften
ist im Norden sehr unterschiedlich. Aber die Orientierungen sind einheit-
lich. In Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg, Nie-
dersachsen und Bremen bemhen sich NPD und Freie Kameradschaften:
Aktuelle gesellschaftliche Konfikte und Themen aufzugreifen, streben
eine kommunal- und regionalpolitische Etablierung und Integration an,
suchen die politische Auseinadersetzung und festigen die gezielte Koo-
peration miteinander. Eine Professionalisierung ihrer Politik versuchen
sie weiter voranzutreiben. Oft bremst das fehlende politische Know-how
und die soziale Kompetenz diese vielschichtigen Bemhungen. Aber
lngst bewegen sich NPD und Freie Kameradschaften souverner und
strategischer in der politischen Landschaft.
5elbsternannte 0emokraten
VIII Epilog:
Selbsternannte Demokraten
Nationaldemokraten werden mitdiskutieren, kndigte Andreas Molau
an. Kein leeres Versprechen des NPD-Bundesbildungsverantwortlichen
aus Niedersachsen. Bei dem Webforum Euroblog des Deutschland
Radios felen Eintrge mit stark rechten Formulierungen auf. Die Bei-
trge werden sehr genau beobachtet, sagt eine Redakteurin von der
Redaktion Europa heute. Zwei Online-Redakteure von Europa heute
wrden notfalls Eintrge lschen.
Wortergreifungsstrategie
Was muss die Demokratie ertragen?
Unter dem Motto Werkstatt Europa 50 Jahre Integration: Fragen an
die Zukunft der EU stellt das Deutschland Radio vom Januar bis Juni
2007 die interaktive Diskussionssite online. Die Debatte um die Zu-
kunft Europas soll nicht alleine Politikern und Experten vorbehalten
bleiben, begrndet der Sender das Projekt. In dem Webblog ldt die
Redaktion auch ein, die zustzlich gesendeten Beitrge zu Europas
Zukunft im Deutschlandfunk zu kommentieren. Diese offene Diskus-
sion wird von der NPD begrt, merkte Andreas Molau zum Start des
Projektes gleich an. Viel zu lange seien die Entscheidungen zu Europa
an der ffentlichkeit vorbei verhandelt worden. Weder konnte die
Bevlkerung in Deutschland ber die EU-Osterweiterung oder die Wh-
rungsunion, noch etwa ber den Beitritt der Trkei oder die EU-Verfas-
sung abstimmen, greift der etwa Vierzigjhrige populre Vorwrfe an
der Entwicklung der EU auf. Andreas Molau, der auch Vorsitzender der
rechtsextremen Gesellschaft fr Freie Publizistik ist, weist gleich darauf
hin, dass zu den vom Deutschlandfunk ausgestrahlten Themen Kurzpa-
piere von der NPD vorlgen. Die Intention ist offensichtlich: Einfuss-
nahme auf die Diskussion.
Die NPD und Freien Kameradschaften versuchen verstrkt, ihre Aussagen
als Teil der zulssigen Meinungsvielfalt vorzustellen. Im Sinne der Worter-
greifungsstrategie forderte Andreas Molau die Mitglieder und Freunde der
volkstreuen Partei auf, sich an dieser Diskussion zu beteiligen.
Unter dem Label suchen die Neonazis nicht alleine im digitalen Raum
die ffentliche Auseinandersetzung. In der realen Welt versuchen sie
unter diesem beschnigenden Begriff ebenso diese Aktionen durchzu-
fhren. Frher mieden sie Veranstaltungen vom politischen Gegner,
5elbsternannte 0emokraten
6z 6
5elbsternannte 0emokraten
knnten, sollte nun nicht zu kurzschlssigen berlegungen fhren.
Was soll denn passieren, wenn ein NPDler oder ein Kameradschafts-
angehriger erst vom Verein, oder der Freiwilligen Feuerwehr gewhlt
wrde, und dann die staatlichen Einrichtungen einschreiten oder gar die
Gelder zurckhalten? fragt er und befrchtet: Diese Ablehnung ihres ei-
gens gewhlten Vertreters knnte zur weiteren Hinwendung nach rechts
fhren. Der Demokratie wrde kein Gefallen getan, wenn jetzt eine
Hau-drauf-und-Schluss-Politik nach den Versumnissen der Vergangen-
heit folgt, betont er.
Restriktive Manahem helfen zwar kurzfristig, aber doch wenig. Wer
schnelle Lsungen verkndet, verschweigt meist deren Begrenztheit.
Diese schnellen Konzepte gegen Rechts sind auch hin und wieder einer
einfachen Analyse der Entstehungsbedingungen geschuldet. Sozialwis-
senschaftliche Studien weisen immer wieder darauf hin: Automatismen
wie arbeitslos gleich Neonazis, schlechte Kindheit gleich rechter
Schlger oder soziale Sicherheit gleich demokratisches Grundver-
stndnis sind keinesfalls gegeben. Monokausale Erklrungsmuster
blenden komplexe Wirkungsmechanismen aus.
Nur vielfltige Gegenstrategien, die innerhalb der Gesellschaft ver-
ankert sind, knnen eine politische Auseinadersetzung mit Antisemitis-
mus, Rassismus, Sexismus und Neonazismus ermglichen, wenn sie de-
ren gesellschaftlichen Bedingungen bercksichtigen. Verbote einzelner
Parteien und Kameradschaften verhindern nicht, deren Bestrebungen
Lieber leuchtend grn als dumpf braun Bildaktion 2004 in Rostock
5elbsternannte 0emokraten
Demokratische Strategien gegen Rechts
Einfache Patenrezepte gegen Rechts bestehen nicht. Zu komplex sind
die gesellschaftlichen Entstehungsbedingungen und die individuellen
Hinwendungsursachen. Mit einem Erlass will in Mecklenburg-Vorpom-
mern der Innenminister Lorenz Caffer (CDU) Rechtsextreme aus ge-
whlten Gemeindeverwaltungen und Vereinsmtern fern halten. Der
Erlass, befrchtet der Landesvorstandssprecher von Bndnis 90/Die
Grnen Jrgen Suhr, leistet aber viel eher massive Hilfe dafr, die NPD in
eine Mrtyrer-Ecke zu stellen. Autoritres Gedankengut mit autoritren
Manahmen zu bekmpfen wird nicht helfen, warnt Jrgen Suhr.
Restriktionen und Verbote knnen politische
Auseinandersetzung nicht ersetzen
Pastrs, NPD-Fraktionsvorsitzender, nutzte sofort diese Chance: Auch Mi-
nister mssen sich an das Grundgesetz und die Landesverfassung halten.
Die Idee, NPD-Mitglieder aus Brgerinitiativen, Vereinen und Ehrenmtern
entfernen zu lassen, sei ein offener Versto gegen die verfassungsmige
Ordnung, schimpft Udo Pastrs, der sonst gern ber die Verfassungen
wettert. Mit der Demokratie sei es unvereinbar, unbescholtenen Brgern
ihr ehrenamtliches Engagement in Kommunalparlamenten oder als Ba-
demeister zu verweigern, nur weil sie von ihrem Recht Gebrauch machen
und Mitglied unserer Partei seien, sagt er.
Wer soll die Angaben denn berprfen? wirft Thorsten Schfer
Netzwerk fr Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz in Wismar, ein.
Wenn jemand ein ehrenamtliches Amt in einer Gemeinde, einem Sport-
klub oder bei einer Freiwilligen Feuerwehr anstrebt, mssten Gemeinde-
mitglieder, Vereinsangehrige oder Angehrige der Feuerwehr einschrei-
ten. Sie kennen doch den Kandidaten, sie mssten wissen, welche
rechtslastige Gesinnung er hat, betont Thorsten Schfer. Denn gerade
im alltglichen Miteinader drfte die Gesinnung, trotz vielleicht vorsich-
tiger Andeutungen, sehr wohl herauszuhren zu sein: Wenn man es
hren will. Statt eines Erlasses knne er sich vorstellen, bei den Wahl-
kriterien entsprechende Aussagen gegen rechts aufzunehmen. In den
Vereinen und Gemeinden knnte so eine Diskussion im Vorfeld der Wahl
entstehen. Die Sensibilitt gegen rechte und rassistische Einstellungen
muss sich erhhen, betont Thomas Schfer. Versumnisse der letzten
Jahre erklrt Gnther Hoffmann, einst vom Verein Bunt statt Braun in
Anklam, dann in einem Auenbro des Civitas-Netzwerks ttig, knnten
mit solch einem Aktionismus nicht behoben werden. Die Sorge, dass
mglicherweise 2009 NPDler ein Ehrenamt als Brgermeister erringen
6q 6
IX Literaturhinweise:
Agentur fr soziale Perspektive e.V. (Hg.): Versteckspiele. Lifestyle,
Symbole und Codes von neofaschistischen und extrem rechten Grup-
pen. Hamburg: rat , Broschre, 2006.
Assheure, Thomas/Sarkowicz, Hans: Rechtsradikale in Deutschland.
Die alte und die neue Rechte. Mnchen: C.H. Beck, 1992.
Benz, Wolfgang (Hg.): Auf dem Weg zum Brgerkrieg. Rechtsextrem-
ismus und Gewalt gegen Fremde in Deutschland. Frankfurt am Main:
Fischer Taschenbuch Verlag, 2001.
Benz, Wolfgang (Hg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik,
Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 1990.
Butterwegge, Christoph/Isola, Horst: Rechtsextremismus im vereint-
en Deutschland. Berlin: Ch. Links, 1991.
Butterwegge, Christoph: Rechtsextremismus. Freiburg im Breisgau:
Herder, 2002.
Bitzan, Renate (Hg.): Rechte Frauen. Skingirls, Walkren und feine
Damen. Berlin: Elefanten Press, 1997.
Bitzan, Renate: Selbstbilder rechter Frauen. Tbinger: Edition diskord,
2000.
Decker, Oliver/Brhler, Elmar/Geiler: Vom Rande der Gesellschaft.
Rechtsextreme Einstellungen und ihre Einfussfaktoren in Deutsch-
land, Berlin, Friedrich Ebert Stiftung, 2006.
Dornbusch, Christian/Raabe, Jan: RechtsRock. Bestandsaufnahme
und Gegenstrategie, Hamburg/Mnster: rat, 2002.
Gertoberens, Klaus (Hg.): Die braune Gefahr in Sachsen, Dresden, Edi-
tion Schsische Zeitung 2004.
Grumke, Thomas/Wagner, Bernd (Hrsg.): Handbuch Rechtsradikalis-
mus. Opladen: Leske + Budrich, 2002.
Heitmeyer, Wilhelm: Deutsche Zustnde, Folge 5. Frankfurt am Main:
Surkamp, 2002 und 2003.
Hoffmann, Uwe: Die NPD. Entwicklung, Ideologie und Struktur. Frank-
furt am Main, u.a.: Peter Lang, 1999.
Lynen von Berg, Heinz: Rechtsextremismus in Ostdeutschland seit der
Wende. In: Kowalsky, Wolfgang/Schrder, Wolfgang (Hg.): Rechtsex-
tremismus. Einfhrung und Forschungsbilanz. Opladen: Westdeut-
scher Verlag, 1994.
Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus.
Berlin: Elefanten Press,1996.
Literaturhinweise 5elbsternannte 0emokraten
weiterhin Interessierte fr ihre Gesinnung zu suchen und zunehmend
Akzeptanzen in der Bevlkerung zu fnden. Verbote des Staates bekeh-
ren weder ideologisch gefestigte Kader, noch zerschlagen sie dauerhaft
Strukturen. Allerdings sind sie ein politische Signal: Bis hier hin und
nicht weiter! Die geistigen Ahnen der Neonazis ermahnen uns diese
Gratwanderung zwischen staatlichem Verbot und zivilgesellschaftlicher
Auseinandersetzung ernst zunehmen. Das wird immer einer der besten
Witze der Demokratie bleiben, da sie ihrem Todfeind die Mittel selbst
stellte, durch die sie vernichtet wurde, meinte 1933 Josef Goebbels, NS-
DAP-Propagandaminister.
Formal dmmt ein Parteiverbot deren demokratischen Handlungs-
spielraum ein von fnanziellen Parteizuwendungen bis wahlpolitischen
Auftrittmglichkeiten. Neonazismus ist aber nicht blo ein juristischer
Konfikt. Es ist vor allem ein politisches Problem.
Zivilgesellschaftlichen Widerspruch strken
Projektfnanzierung verstetigen
Rechte Ressentiments werden auf lange Jahre, betonen Oliver Decker,
Elmar Brhler und Norman Geiler, die demokratische Gesellschaft be-
schftigen. Die Autoren der Studie Vom Rande der Gesellschaft. Rechts-
extreme Einstellungen und ihre Einfussfaktoren in Deutschland heben
denn auch hervor: Die Strkung der demokratischen Einstellungen und
der Kampf gegen Rechtsextremismus ist eine dauerhafte Aufgabe.
Nicht nur moralische Appelle, sondern stndiger Widerspruch gegen
rechte Alltglichkeiten sind notwendig. Doch Initiativen fr Demokratie,
Vereine fr Opfer rechter Gewalt und Projekte gegen rechts mssen immer
wieder um ihre Finanzierung bangen. Erst langfristige Sicherungen dieser
zivilgesellschaftlichen Initiativen kann eine nachhaltige Wirkung entfalten.
Um tolerant zu sein, erklrte Umberto Eco 1993 in der Zeit angesichts
der Debatten um die Neue Rechte, muss man die Grenzen, was nicht
tolerierbar ist, festlegen. Diese Grenzen sollten nicht erst beim offenen
Neonazismus liegen, sondern beim Abwerten und Ausgrenzen von Flcht-
lingen, Behinderten, Homosexuellen, Obdachlosen, Muslimen und Juden
beginnen. ber den Rechtsextremismus kann nicht ohne die Bereitschaft
geredet werden, betonen Oliver Decker, Elmar Brhler und Norman Gei-
ler, auch ber die Verfasstheit der Gesellschaft zu sprechen.
66 6
Links gegen Rechts
Hier fnden Sie eine Liste von Initiativen, Bndnissen, Informationspor-
talen und Zeitschriften, die sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten
kritisch mit Rechtsextremismus auseinandersetzen. Diese Liste erhebt
keinen Anspruch auf Vollstndigkeit.
Bndnis fr Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt:
www.buendnis-toleranz.de
Netzwerk fr Demokratie und Courage:
www.netzwerk-courage.de
Mut gegen Rechte Gewalt:
www.mut-gegen-rechte-gewalt.de
Blick nach rechts:
www.bnr.de/
NPD-Blog.info Eine kritische Dokumentation ber die rechtsextreme
NPD und deren Umfeld: www.npd-blog.info
Der rechte Rand Informationen von und fr AntifaschistInnen:
www.der-rechte-rand.de
Recht gegen Rechts:
www.rechtgegenrechts.org
Turn it down Forum fr Musik/Kultur/gegen Rechtsrock:
www.turnitdown.de
Aktion Noteingang:
www.aktion-noteingang.de/
Kampagne Noteingang:
www.kampagne-noteingang-berlin.de
EXIT-Deutschland Aussteigerprogramm fr RechtsextremistInnen:
www.exit-deutschland.de
Bndnis Aktiver Fuballfans e.V. (BAFF):
www.aktive-fans.de
Stolpersteine:
www.stolpersteine.com
Links een Rechts Literaturhinweise
Michael, Karl Markus/Spengler Timm (Hg): Verschwrungstheorien.
Berlin: Rowohlt Kursbuch Heft 124, 1996.
Pfeiffer, Thomas: Fr Volk und Vaterland. Das Mediennetz der Rechten
Presse, Musik, Internet. Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag, 2002.
Rpke, Andrea: Wir erobern die Stdte vom Land aus, Braunschweig,
ARUG, 2005.
Rpke Andrea/Speit, Andreas (Hg.): Braune Kameradschaften. Die
militanten Netzwerke im Schatten der NPD, Berlin, Ch. Links Verlag,
2005.
Schrm, Oliver/Rpke, Andrea: Stille Hilfe fr braune Kameraden.
Das geheime Netzwerk der Alt- und Neonazis. Berlin: Ch. Links Verlag,
2001.
Schubarth, Wilfried/Stss, Richard (Hg.): Rechtsextremismus in der
Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz. Opladen: Leske + Buderich,
2000.
Speit, Andreas: sthetische Mobilmachung. Dark Wave, Neofolk und
Industrial im Spannungsfeld rechte Ideologien, Hamburg, rat, 2002.
Speit, Andreas: Mythos Kameradschaft, Braunschweig, ARUG 2005
Staud, Toralf: Moderne Nazis Die neuen Rechten und der Aufstieg
der NPD, Kln: Kiepenheuer & Witsch, 2006.
Stss, Richard: Rechtsextremismus im vereinten Deutschland. Berlin:
Friedrich Ebert Stiftung, 2005.
Volkov, Shulamit: Antisemitismus als kultureller Code. Mnchen: C.H.
Beck, 2000.
Waibel, Harry: Rechtsextremismus in der DDR bis 1989. Kln: PapyRo-
ssa, 1996.
Zuckermann, Moshe: Zweierlei Holocaust. Der Holocaust in den poli-
tischen Kulturen Israels und Deutschland. Gttingen: Wallstein, 1999.
68 6
Links zu Frderprogrammen gegen
Rechtsextremismus
Der Kampf gegen Rechtsextremismus wird durch zahlreiche Frderpro-
gramme und Wettbewerbe in der EU und in Deutschland gefrdert. Die
Programme unterscheiden sich stark bzgl. der Adressaten, der Bewer-
bungstermine und ihrer inhaltlichen Schwerpunktsetzung. In der EU gibt
es beispielsweise kein explizites Programm gegen Rechtsextremismus,
dafr aber mehrere gegen Diskriminierung, fr Toleranz- und Demokra-
tiefrderung. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollstndigkeit.
EU-Programme
Daphne III: Programm zum Schutz und zur Bekmpfung von Gewalt
gegen Kinder, Jugendliche und Frauen sowie zum Schutz von Opfern
und Risikogruppen:
www.ec.europa.eu/justice_home/funding/daphne3/funding_
daphne3_en.htm
Programm zur Prvention und Reaktion im Zusammenhang mit Radika-
lisierung und Gewaltbereitschaft:
www.ec.europa.eu/justice_home/funding/2004_2007/radicalisation/
wai/funding_radicalisation_de.htm
Europischer Flchtlingsfonds II (EFF II):
www.bamf.de/cln_043/nn_566316/DE/Integration/EFF/eff-node.
html_nnn=true
PROGRESS: Gemeinschaftsprogramm fr Beschftigung & soziale So-
lidaritt:
www.ec.europa.eu/employment_social/index_de.html
Jugend in Aktion:
www.jugendfuereuropa.de/jugend-in-aktion/
Programm Lebenslanges Lernen: Unterprogramm Comenius (Schulbil-
dung):
www.kmk-pad.org
Programm Lebenslanges Lernen: Unterprogramm Grundtvig (Erwach-
senbildung):
www.na-bibb.de
Programm Lebenslanges Lernen: Querschnittsprogramm:
www.ec.europa.eu/education/programmes/llp/structure/transversal_
en.html
Links een Rechts
Bremen
Jugendinfo-gegen-rechts.de:
www.jugendinfo-gegen-rechts.de
Lidicehaus:
www.lidicehaus.de
Hamburg
Enough ist enough Zeitung fr antirassistische und antifaschistische
Politik in Schleswig-Holstein und Hamburg:
www.nadir.org/nadir/periodika/enough/
Antifa-Info-Pool Hamburg:
www.antifainfo.de
Mecklenburg-Vorpommern
Mobiles Beratungsteam fr demokratische Kultur Regionalbro Meck-
lenburg Vorpommern:
www.mbt-mv.de
Landesweite Opferberatung, Beistand und Information fr Betroffene
rechter Gewalt in Mecklenburg Vorpommern:
www.lobbi-mv.de
Brgerinitiative Bunt statt braun Rostock:
www.buntstattbraun.de
Schler gegen Rechts in Mecklenburg-Vorpommern:
www.sgr-mv.de
Niedersachsen
Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt:
www.arug.de
Informationsportal des Aktionsbndnisses fr Toleranz und Demokratie
zu den rechtsextremen Aktivitten auf dem Heisenhof in Drverden:
www.heisenhof.info
Schleswig-Holstein
Bndnis gegen Naziaufmrsche in Lbeck:
www.wir-koennen-sie-stoppen.de
Gegenwind Zeitschrift fr Politik und Kultur in Schleswig-Holstein
und Mecklenburg-Vorpommern:
www.gegenwind.info
Links een Rechts
o 1
0er Autor
Andreas Speit
Andreas Speit, Jg. 1966, Diplom Sozialwirt und freier Journalist. In sei-
ner taz-Kolumne und in seinen Beitrgen fr andere Zeitschriften und
Online-Magazinen schreibt er regelmig ber Neonazismus und rechte
Grenzgnger. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bcher zum rech-
ten Spektrum wie sthetische Mobilmachung. Dark Wave, Neofolk und
Industrial im Spannungsfeld rechter Ideologien (2002), Der Rechts-
sprecher Ronald Schill (2002), RechtsRock Bestandsaufnahmen
und Gegenstrategien (2002) und Mythos Kameradschaft Gruppenin-
terne Gewalt im neonazistischen Spektrum (2005). Bereits in der zwei-
ten, berarbeiteten Aufage liegt das Buch Braune Kameradschaften.
Die neuen Netzwerke der militanten Neonazis (2004) bzw. Braune Ka-
meradschaften Die militanten Neonazis im Schatten der NPD (2005)
vor, das er gemeinsam mit Andrea Rpke herausgegeben hat.
Danke
muss der Autor vielen sagen, die die Recherchen und diese Publika-
tion begleitet haben. Neben jenen, die gern namentlich unerwhnt blei-
ben mchten, ist der Autor Janine Clausen, Andrea Rpke, Stefan Sch-
lermann und Reinhard Koch fr Ideen und Hilfen dankbar.
Fotos:
attenzione fotografers, www.attenzione-foto.com (S. 5, 6, 10, 20, 27, 37,
40, 46, 52, 56, 58), recherche nord (S. 42, 45), www.videoactivism.de (S.
19), Angelika Beer (S. 29), Recherche Nord (S.54), AVMZ Universitt Ro-
stock (S. 63)
Frderprogramm Europa fr Brgerinnen und Brger:
www.eacea.ec.europa.eu/citizenship/index_en.htm
Plan D Demokratie, Dialog und Diskussion:
www.ec.europa.eu/dgs/communication/index_de.htm
Programme in Deutschland
Jugend fr Vielfalt, Toleranz und Demokratie gegen Rechtsextremis-
mus, Frendemfeindlichkeit und Antisemitismus:
www.jugendstiftung-vielfalt.org
Jugend aktiv!:
www.jugendstiftung-perspektiven.org
Fonds Erinnerung und Zukunft:
www.fondsez.de
Wettbewerb Demokratisch Handeln:
www.demokratisch-handeln.de
Initiativen fr Zivilgesellschaft und demokratische Kultur Amadeu-
Antonio-Stiftung:
www.amadeu-antonio-stiftung.de
Viktor-Klemperer-Jugendwettbewerb:
www.victor-klemperer-wettbewerb.de
dieGesellschafter.de:
www.diegesellschafter.de
F.C. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoler-
anz:
www.stiftung-toleranz.de
Stiftung West-stliche Begegnungen:
www.stiftung-woeb.de
Stiftung Mitarbeit:
www.mitarbeit.de/foerderung.html
Bewegungsstiftung:
www.bewegungsstiftung.de
Otto-Brenner-Stiftung - Wissenschaftsstiftung der IG Metall:
www.otto-brenner-stiftung.de
Freudenberg-Stiftung:
www.freudenbergstiftung.de
Links een Rechts
V.i.S.d.P.:
Angelika Beer, MdEP
Europisches Parlament
Rue Wiertz 60 / ASP 08 H 240
B-1047 Bruxelles/Belgien
fon: 0032-2-284-5135
fax: 0032-2-284-9135
mail: [email protected]
Bro im Deutschen Bundestag
Unter den Linden 50 / Bro 2.111
D-11011 Berlin
fon: 0049-30-227-70021
fax: 0049-30-227-76017
mail: [email protected]
www.angelika-beer.de
Redaktion:
Karsten Vollrath
Satz & Layout:
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Angelika Beer (Hrsg.), MdEP
www.angelika-beer.de
Die Grnen Europische Freie Allianz
im Europischen Parlament

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