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Theorie und Förderung

transformationaler Führung:
Selbstdarstellungstheoretische Interpretation
und Wirksamkeit von
Gruppenworkshops und Einzelcoachings

Inaugural-Dissertation

in der Fakultät Humanwissenschaften

der Otto-Friedrich-Universität Bamberg

vorgelegt von
Kerstin Riedelbauch
geboren am 19.02.1980 in Neuendettelsau

Bamberg, den 11.Januar 2011


Tag der mündlichen Prüfung: 15. März 2011

Dekanin: Universitätsprofessorin Dr. Sibylle Rahm

Erstgutachter: Universitätsprofessor Dr. Lothar Laux

Zweitgutachter: Universitätsprofessor Dr. Hans Reinecker


Dank III

Dank

Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Lothar Laux, der mich zur Be-
arbeitung des Dissertationsthemas ermutigt und mich bei der Verwirklichung der vorliegenden
Arbeit stets unterstützt hat.
Bei Prof. Dr. Hans Reinecker bedanke ich mich für die Bereitschaft, die Arbeit zu begutachten
und für die große Unterstützung bei der Vorbereitung der formalen Schritte des Promotionsver-
fahrens.
Dem Vertreter der Personalabteilung des kooperierenden Unternehmens gilt mein Dank für die
produktive und angenehme Zusammenarbeit bei der praktischen Durchführung des Inter-
ventionsprogramms und dafür, dass er die Durchführung der Evaluationsstudie überhaupt erst
ermöglicht hat.
Allen befragten Mitarbeitern und Führungskräften sowie den Teilnehmern an den Workshops
und Einzelcoachings danke ich für ihre Beteiligung und für ihr Vertrauen.
Darüber hinaus gilt mein Dank allen Kolleginnen und Kollegen am Lehrstuhl für Persönlich-
keitspsychologie der Universität Bamberg, insbesondere Anja Geßner und Sascha Meyer.
Allen Studierenden, die bei der Umsetzung einzelner Projektschritte beteiligt waren, sei eben-
falls herzlich gedankt.
Danken möchte ich auch meiner Familie und meinen Freundinnen und Freunden, die mich
jeweils auf ihre ganz eigene Art unterstützt haben.
Für die für mich allerwichtigste Unterstützung bedanke ich mich bei meinem Mann Michael
Riedelbauch, der mich durch die Höhen und Tiefen bei der Entstehung dieser Arbeit stets ge-
duldig und verständnisvoll begleitet hat.
Inhaltsverzeichnis IV

Inhaltsverzeichnis

Hinweise für den eiligen Leser: Im Inhaltsverzeichnis sind diejenigen Abschnitte grau hervorgehoben,
deren Lektüre geeignet ist, sich einen Überblick über die zentralen Inhalte der Arbeit zu verschaffen.

Zusammenfassung............................................................................................................ 1
Einführung und Übersicht über die Arbeit ..................................................................... 6
Forschungsgegenstand.................................................................................................... 7

Aufbau der Arbeit .......................................................................................................... 9

1 Theoretische und empirische Grundlagen ............................................................. 10


1.1 Transformationale Führung .............................................................................. 10
1.1.1 Begriffsklärung .................................................................................................................... 10
1.1.1.1 Mitarbeiterführung als dynamische Interaktion ........................................................... 10
1.1.1.2 Zwei Auffassungen von Führung: Leadership und Management ................................ 12
1.1.1.3 Transformationale Führung ......................................................................................... 13
1.1.2 Full Range of Leadership ..................................................................................................... 14
1.1.2.1 Transaktionale und transformationale Führung ........................................................... 14
1.1.2.2 Führungsbausteine im Full Range of Leadership ........................................................ 16
1.1.3 Vier Komponenten transformationaler Führung .................................................................. 19
1.1.3.1 Überblick ..................................................................................................................... 19
1.1.3.2 Idealized Influence: Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit ................. 20
1.1.3.3 Inspirational Motivation: Motivation durch begeisternde Visionen ............................ 23
1.1.3.4 Intellectual Stimulation: Anregung von kreativem und unabhängigem Denken ......... 24
1.1.3.5 Individual Consideration: Individuelle Unterstützung und Förderung ........................ 24
1.1.4 Messung transformationaler Führung: Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ) ........ 25
1.1.4.1 Entwicklung des MLQ ................................................................................................ 25
1.1.4.2 Deutsche Version des MLQ ........................................................................................ 27
1.1.5 Funktionen und Wirkung transformationaler Führung ......................................................... 28
1.1.5.1 Überblick ..................................................................................................................... 28
1.1.5.2 Empirische Befundlage zur Wirkung transformationaler Führung .............................. 30
1.1.5.3 Bedeutung transformationaler Führung im ökonomisch-gesellschaftlichen Kontext .. 32
1.1.6 Erlernbarkeit und Förderung transformationaler Führung ................................................... 35
1.1.6.1 Zugänge zur Entwicklung von Leadership .................................................................. 35
1.1.6.2 Full Range of Leadership Training nach Bass und Avolio .......................................... 36
1.1.6.3 Weitere Ansätze zur Förderung transformationaler Führung ...................................... 38
1.1.6.4 Evaluationsstudien zum Training und Coaching transformationaler Führung ............ 39
1.1.7 Grenzen und Gefahren transformationaler Führung ............................................................. 45
1.1.7.1 Gefahren transformationaler Führung ......................................................................... 45
1.1.7.2 Orientierung an ethischen Standards ........................................................................... 46
1.1.7.3 Sollte charismatische Führung gefördert werden? ....................................................... 47
1.1.8 Fazit zur transformationalen Führung .................................................................................. 48
Inhaltsverzeichnis V

1.2 Selbstdarstellung ............................................................................................... 50


1.2.1 Begriffsklärung: Vom Eindrucksmanagement zur Selbstinterpretation ............................... 50
1.2.1.1 Eindrucksmanagement ................................................................................................ 50
1.2.1.2 Selbstinterpretation ..................................................................................................... 52
1.2.2 Inhalte und Ergebnisse von Selbstdarstellung: Selbst- und Fremdbilder ............................. 53
1.2.2.1 Innensicht: Selbst, Selbstbilder und Selbstkonzept ..................................................... 53
1.2.2.2 Außensicht: Vielheit von Fremdbildern ...................................................................... 56
1.2.3 Grundlegende Formen der Selbstdarstellung ....................................................................... 57
1.2.3.1 Unterscheidung nach den Inhalten der Selbstdarstellung ............................................ 57
1.2.3.2 Automatisierte versus bewusste Selbstdarstellung ...................................................... 58
1.2.4 Komponenten der Selbstdarstellung .................................................................................... 59
1.2.4.1 Adressaten der Selbstdarstellung ................................................................................. 59
1.2.4.2 Kompetenzen des Selbstdarstellers ............................................................................. 60
1.2.4.3 Publikumszentrierte Motive des Selbstdarstellers ....................................................... 61
1.2.4.4 Individuumszentrierte Motive des Selbstdarstellers .................................................... 62
1.2.5 Prozesse der Selbstinterpretation ......................................................................................... 65
1.2.5.1 Zwei Prozesse der Selbstinterpretation: Selbstdarstellung und Selbstbewertung ........ 65
1.2.5.2 Internalisierungsprozesse ............................................................................................ 66
1.2.5.3 Selbstdarstellungs- und interpretationsstil und Identität.............................................. 68
1.2.6 Zusammenfassung der Komponenten und Prozesse der Selbstinterpretation: Dynamisches
Interaktionsmodell ............................................................................................................... 70
1.2.7 Formen habitueller Selbstdarstellung: Selbstdarstellungsstile ............................................. 72
1.2.7.1 Self-monitoring ........................................................................................................... 72
1.2.7.2 Akquisitive und protektive Selbstüberwachung .......................................................... 74
1.2.7.3 Persönlichkeitsdarstellung ........................................................................................... 75
1.2.7.4 Integration: 4-Cluster-Lösung ..................................................................................... 76
1.2.7.5 Stimmungsbeeinflussung: Mood Manipulation........................................................... 77
1.2.8 Fazit zur Selbstdarstellung ................................................................................................... 79

1.3 Selbstdarstellung und Führung ......................................................................... 82


1.3.1 Verwandte Konzepte zum transformationalen Führungsmodell nach Bass (1985) mit Bezug
zur Selbstdarstellung ............................................................................................................ 82
1.3.1.1 Modelle charismatischer Führung nach House (1977) und Shamir et al. (1993) ........ 82
1.3.1.2 Selbstdarstellungstheoretische Interpretation und Einordnung der Modelle ............... 85
1.3.1.3 Dramaturgisches Modell charismatischer Führung nach Gardner und Avolio (1998) ....
..................................................................................................................................... 86
1.3.1.4 Einordnung des dramaturgischen Modells in das dynamische Interaktionsmodell der
Selbstinterpretation ..................................................................................................... 90
1.3.2 Führung und Selbstdarstellung im organisationalen Kontext .............................................. 92
1.3.2.1 Modelle der Selbstdarstellung im organisationalen Kontext ....................................... 93
1.3.2.2 Empirische Ergebnisse zu Impression Management Strategien und Führung............. 97
1.3.2.3 Selbstdarstellung und Rollenkonzept von Führung ..................................................... 98
1.3.3 Zusammenfassung zentraler Funktionen der Selbstdarstellung im Führungskontext ........ 103
1.3.3.1 Etablierung einer Führungsidentität .......................................................................... 103
1.3.3.2 Gezielte Eindruckssteuerung zur Verfolgung persönlicher Interessen und Ziele ...... 105
1.3.3.3 Selbstdarstellung und Einflussnahme im Führungskontext ....................................... 107
1.3.3.4 Konsequenzen von Selbstdarstellung für die Organisation ....................................... 109
1.3.4 Fazit zu Selbstdarstellung und Führung ............................................................................. 109
Inhaltsverzeichnis VI

1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback ....................................................... 112


1.4.1 Grundlagen zum Führungsfeedback ................................................................................... 112
1.4.1.1 Varianten des multiperspektivischen Führungsfeedbacks ......................................... 112
1.4.1.2 Schriftliche Befragungen als Datengrundlage ........................................................... 113
1.4.1.3 Funktionen des 360°-Feedbacks ................................................................................ 113
1.4.1.4 Ansatzpunkte für Veränderung .................................................................................. 113
1.4.2 Persönlichkeitsmerkmale aus der Innen- und Außenperspektive ....................................... 114
1.4.2.1 Innere und äußere Eigenschaften ............................................................................... 114
1.4.2.2 Systematisierung der Innen- und Außenperspektive: Das Johari-Fenster ................. 115
1.4.3 Abgleich von Selbst- und Fremdeinschätzungen ............................................................... 117
1.4.3.1 Einflussfaktoren auf den Übereinstimmungsgrad von Selbst- und
Fremdeinschätzungen ................................................................................................ 117
1.4.3.2 Vier Arten von Selbsteinschätzern nach Yammarino und Atwater (1993) ................ 118
1.4.3.3 Konsequenzen des Übereinstimmungsgrades ............................................................ 119
1.4.4 Beitrag des Führungsfeedbacks zur Optimierung der individuellen Selbstinterpretation .. 121
1.4.4.1 Führungsfeedback als diagnostisches Instrument ...................................................... 122
1.4.4.2 Führungsfeedback als Intervention ............................................................................ 123
1.4.5 Fazit zum multiperspektivischen Führungsfeedback ......................................................... 125

1.5 Coaching von Führungskräften ....................................................................... 127


1.5.1 Was ist Coaching? .............................................................................................................. 127
1.5.1.1 Begriffsklärung .......................................................................................................... 128
1.5.1.2 Führungskräfte als Hauptzielgruppe von Coaching ................................................... 129
1.5.1.3 Anlässe von Coaching ............................................................................................... 129
1.5.2 Nutzung der Potenziale des Führungsfeedbacks im Coachingprozess ............................... 130
1.5.2.1 Begünstigung des Transfers....................................................................................... 131
1.5.2.2 Multiperspektivische Festlegung von Coachingzielen .............................................. 131
1.5.2.3 Verkleinerung blinder Flecken .................................................................................. 131
1.5.2.4 Nachhaltige Veränderungen ...................................................................................... 131
1.5.3 Persönlichkeitscoaching ..................................................................................................... 132
1.5.3.1 Einordnung des Coachingansatzes ............................................................................ 132
1.5.3.2 Formale Merkmale .................................................................................................... 133
1.5.3.3 Prozessmodell: Acht Schritte der Identitätskonstruktion ........................................... 133
1.5.3.4 Prinzipien der Prozessgestaltung ............................................................................... 136
1.5.3.5 Methoden im Persönlichkeitscoaching ...................................................................... 137
1.5.4 Fazit zum Coaching von Führungskräften ......................................................................... 138

1.6 Evaluation psychologischer Interventionsmaßnahmen .................................... 139


1.6.1 Begriffsklärung und zentrale Fragestellungen der Evaluationsforschung .......................... 139
1.6.1.1 Evaluation und Evaluationsforschung ....................................................................... 139
1.6.1.2 Zentrale Fragestellungen der Evaluationsforschung .................................................. 141
1.6.2 Evaluationsformen ............................................................................................................. 142
1.6.2.1 Summative und formative Evaluation ....................................................................... 142
1.6.2.2 Evaluation durch Erkundung ..................................................................................... 143
1.6.2.3 Qualitative und quantitative Evaluation .................................................................... 144
1.6.3 Rahmenkonzepte der Evaluation von Interventionsmaßnahmen........................................ 145
1.6.3.1 Vier Ebenen der Evaluation nach Kirkpatrick (1976) ............................................... 145
1.6.3.2 Prozessmodell zur Evaluation von Coachingprozessen nach König & Volmer (2003) ..
................................................................................................................................... 149
Inhaltsverzeichnis VII

1.6.4 Wirksamkeitskriterien ........................................................................................................ 150


1.6.4.1 Inhaltliche und messmethodische Perspektive .......................................................... 150
1.6.4.2 Inhaltliche Perspektive verschiedener Wirksamkeits- und Qualitätskriterien ........... 150
1.6.4.3 Grad der Zielerreichung versus Grad der Veränderung ............................................ 151
1.6.4.4 Direkte und indirekte Veränderungsmessung ........................................................... 152
1.6.4.5 Statistische Signifikanz und Effektgrößen ................................................................ 154
1.6.4.6 Fazit: Multiple Kriteriumsmaße und verschiedene messmethodische Ansätze ......... 156
1.6.5 Forschungsstrategien zur Wirksamkeitsuntersuchung ....................................................... 157
1.6.5.1 Wirksamkeitsuntersuchung auf Gruppen- und Einzelfallebene ................................ 157
1.6.5.2 Experimentelle und quasi-experimentelle (naturalistische) Studien ......................... 158
1.6.5.3 Isolierte und vergleichende Evaluation auf Gruppenebene: Evaluationsdesigns ...... 160
1.6.5.4 Einzelfallanalysen zur Überprüfung und Erkundung der Wirksamkeit ..................... 163
1.6.5.5 Die Internale Referenzstrategie (IRS) als quasiexperimentelles Einzelfalldesign..... 165
1.6.6 Evaluation im Coaching ..................................................................................................... 166
1.6.6.1 Status quo zur Evaluation im Coaching .................................................................... 167
1.6.6.2 Kontrollierte Praxis ................................................................................................... 168
1.6.6.3 Postulate zur Coachingevaluation ............................................................................. 169
1.6.7 Fazit zur Evaluationsforschung .......................................................................................... 171

1.7 Zusammenfassung und Konsequenzen für die empirischen Zielsetzungen .......173


1.7.1 Zusammenfassung.............................................................................................................. 173
1.7.2 Konsequenzen für die empirischen Zielsetzungen ............................................................. 174

2 Fragestellungen und Hypothesen ........................................................................ 176


2.1 Zusammenhang von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen...........................176
2.2 Wirksamkeit von Einzelcoachings und Gruppenworkshops zur Förderung
transformationaler Führung .......................................................................................177
2.3 Zusammenhänge zwischen Veränderungen in den Führungsstilen,
Übereinstimmungsgrad und Selbstdarstellungstypen .................................................179

2.4 Hypothesen zu den Fragestellungen II/1 bis II/3 ..............................................180


2.4.1 Überblick über die Hypothesen .......................................................................................... 180
2.4.2 Veränderung in der Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile ........................................ 181
2.4.3 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen .......... 182
2.4.4 Abhängigkeit der Veränderungen in den Führungsstilen von den Coachingzielen............ 182

3 Methode ................................................................................................................. 183


3.1 Praktische Umsetzung und forschungsmethodisches Vorgehen der empirischen
Untersuchung..............................................................................................................183
3.1.1 Überblick über die praktische Umsetzung ......................................................................... 183
3.1.2 Forschungsmethodisches Vorgehen ................................................................................... 184
3.1.2.1 Zielsetzungen der empirisch-quantitativen Exploration und der Evaluationsstudie .. 185
3.1.2.2 Einordnung des methodischen Vorgehens in die Grundlagen der
Evaluationsforschung ................................................................................................ 186
3.1.2.3 Wirksamkeitskriterien ............................................................................................... 188
3.1.2.4 Besonderheiten der Interventionsbedingungen und des Forschungsdesigns ............. 190
3.1.2.5 Überblick über das methodische Vorgehen bei der Wirksamkeitsuntersuchung ...... 194

3.2 Stichprobe........................................................................................................197
Inhaltsverzeichnis VIII

3.3 Gegenstand der Evaluation: Interventionsprogramm zur Förderung


transformationaler Führung ...................................................................................... 200
3.3.1 Konzeption des Interventionsprogramms ........................................................................... 200
3.3.1.1 Anliegen des Unternehmens, Ableitung eines Führungsmodells und Zielsetzungen 200
3.3.1.2 Aufbau des Interventionsprogramms im Überblick ................................................... 202
3.3.2 Gruppenworkshops ............................................................................................................ 203
3.3.2.1 Ziele ........................................................................................................................... 203
3.3.2.2 Beschreibung ............................................................................................................. 203
3.3.3 Einzelcoachings.................................................................................................................. 206
3.3.3.1 Ablauf ........................................................................................................................ 206
3.3.3.2 Inhalte und Methoden ................................................................................................ 207
3.3.3.3 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess ........................................................... 207

3.4 Datenerhebung ................................................................................................ 209


3.4.1 Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ) ................................................................... 209
3.4.1.1 Einsatz des MLQ zur Prä-Post-Testung .................................................................... 209
3.4.1.2 Retrospektive Veränderungseinschätzung im MLQ .................................................. 211
3.4.2 Erhebung der Selbstdarstellungsstile .................................................................................. 211
3.4.2.1 Skala zur Persönlichkeitsdarstellung ......................................................................... 211
3.4.2.2 Skalen zur akquisitiven und protektiven Selbstüberwachung ................................... 212
3.4.2.3 Mood Manipulator Scale ........................................................................................... 213
3.4.3 Skalenfragen ....................................................................................................................... 214
3.4.3.1 Fortschrittskala zum Führungsverhalten.................................................................... 214
3.4.3.2 Skalenfragen zur Zielerreichung ............................................................................... 215
3.4.4 Interview zur Ergebnisevaluation ....................................................................................... 216
3.4.4.1 Einordnung: Halbstrukturiertes Interview ................................................................. 216
3.4.4.2 Interviewleitfaden ...................................................................................................... 216
3.4.4.3 Durchführung der Interviews..................................................................................... 217

3.5 Datenanalyse ................................................................................................... 218


3.5.1 Explorative Datenanalyse ................................................................................................... 218
3.5.2 Exploration von Zusammenhängen: Korrelationen, Faktoren- und Clusteranalyse ........... 219
3.5.2.1 Variablenzentrierte Analysen .................................................................................... 219
3.5.2.2 Personenzentrierte Analysen ..................................................................................... 220
3.5.3 Überprüfung von Veränderungen in den Führungsstilen auf Gruppenebene ..................... 221
3.5.3.1 Indirekte Veränderungsmessung ............................................................................... 221
3.5.3.2 Direkte Veränderungsmessung .................................................................................. 224
3.5.4 Überprüfung von Veränderungen in den Führungsstilen auf Individuumsebene ............... 224
3.5.4.1 Indirekte Veränderungsmessung: Kritische Differenzen ........................................... 224
3.5.4.2 Direkte Veränderungsmessung .................................................................................. 225
3.5.4.3 Überprüfung von Einzelfallhypothesen ..................................................................... 225
3.5.5 Überprüfung von Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von Selbst- und
Fremdeinschätzungen ......................................................................................................... 225
3.5.5.1 Überprüfung der Veränderungen auf Gruppenebene ................................................. 226
3.5.5.2 Überprüfung der Veränderungen auf Individuumsebene .......................................... 227
3.5.6 Exploration der Wirksamkeit der Einzelcoachings anhand subjektiver Kriterien .............. 227
3.5.6.1 Skalenfragen zur individuellen Zielerreichung und zur Entwicklung des
Führungsverhaltens.................................................................................................... 227
3.5.6.2 Vorgehen bei der Interviewauswertung ..................................................................... 228
3.5.6.3 Kategoriensysteme .................................................................................................... 229
Inhaltsverzeichnis IX

3.5.7 Exploration der Zusammenhänge zwischen Veränderung in den Führungsstilen,


Übereinstimmungsgrad und Selbstdarstellungsclustern ..................................................... 233
3.5.7.1 Datenanalysen zum Zusammenhang zwischen Übereinstimmungsgrad mit
Veränderungen in den Führungsstilen ....................................................................... 233
3.5.7.2 Datenanalysen zum Zusammenhang zwischen Übereinstimmungsgrad mit den
Selbstdarstellungsclustern ......................................................................................... 234

4 Ergebnisse ............................................................................................................. 235


4.1 Zusammenhang von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen:
Variablenzentrierte Untersuchung ..............................................................................235
4.1.1 Deskriptive Statistik und korrelative Zusammenhänge ...................................................... 235
4.1.1.1 Skalenkennwerte und Interkorrelationen im MLQ .................................................... 235
4.1.1.2 Skalenkennwerte und Interkorrelationen der Selbstdarstellungsskalen ..................... 238
4.1.1.3 Korrelative Zusammenhänge zwischen Selbstdarstellungsskalen und MLQ-Skalen 239
4.1.2 Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse ............................................................. 242
4.1.2.1 Dimensionalität der Führungsstilskalen des MLQ .................................................... 242
4.1.2.2 Dimensionalität der Selbstdarstellungsskalen ........................................................... 243
4.1.2.3 Dimensionalität von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen.................................... 244

4.2 Zusammenhang von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen:


Personenzentrierte Untersuchung ...............................................................................246
4.2.1 Beschreibung der Cluster ................................................................................................... 246
4.2.2 Überprüfung der 4-Clusterlösung und Zusammenhang zur transformationalen Führung .. 248

4.3 Veränderungen in der Häufigkeit gezeigter Führungsstile ...............................250


4.3.1 Vergleich der Interventionsgruppe mit Gruppe C .............................................................. 250
4.3.1.1 Indirekte Veränderungsmessung ............................................................................... 251
4.3.1.2 Direkte Veränderungsmessung.................................................................................. 255
4.3.2 Überprüfung der Veränderungshypothesen in den Interventionsgruppen A und B und
Generierung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen .................................................... 257
4.3.2.1 Gruppenanalysen ....................................................................................................... 257
4.3.2.2 Einzelfallanalysen ..................................................................................................... 264

4.4 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von Selbst- und


Fremdeinschätzungen ......................................................................................................... 269
4.4.1 Vergleich der Interventionsgruppe mit Gruppe C .............................................................. 269
4.4.1.1 Korrelative Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen .............. 269
4.4.1.2 Niveau-Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen .......................... 271
4.4.1.3 Zusammenfassung ..................................................................................................... 272
4.4.2 Überprüfung der Veränderungshypothesen in den Interventionsgruppen A und B und
Generierung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen.................................................... 273
4.4.2.1 Gruppenanalysen ....................................................................................................... 273
4.4.2.2 Einzelfallanalysen ..................................................................................................... 277

4.5 Zusammenhang der Veränderungen in den Führungsstilen mit den indivi-


duellen Coachingzielen................................................................................................281
4.5.1 Überblick über Coachingziele und Experimentalvariablen in den sechs Einzefällen ........ 281
4.5.1.1 Coachingteilnehmer A (FK 17) ................................................................................. 281
4.5.1.2 Coachingteilnehmer B (FK 1) ................................................................................... 283
4.5.1.3 Coachingteilnehmer C (FK 16) ................................................................................. 284
4.5.1.4 Coachingteilnehmer D (FK 13) ................................................................................. 285
4.5.1.5 Coachingteilnehmer E (FK 5) ................................................................................... 286
Inhaltsverzeichnis X

4.5.1.6 Coachingteilnehmer F (FK 10) .................................................................................. 287


4.5.2 Ergebnisse der indirekten Veränderungsmessung .............................................................. 288
4.5.2.1 Deskriptive Statistik .................................................................................................. 288
4.5.2.2 Zusammenfassung ..................................................................................................... 290
4.5.3 Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung ................................................................. 291
4.5.3.1 Deskriptive Statistik .................................................................................................. 291
4.5.3.2 Zusammenfassung ..................................................................................................... 292

4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele ........................... 293


4.6.1 Coachingteilnehmer A (Führungskraft 17) ........................................................................ 294
4.6.1.1 Überblick über den Coachingprozess ........................................................................ 294
4.6.1.2 Entwicklung der Zielerreichung ................................................................................ 295
4.6.1.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten.................................................................... 296
4.6.1.4 Kommentierungen zur Zielerreichung ....................................................................... 297
4.6.2 Coachingteilnehmer B (Führungskraft 1) ........................................................................... 297
4.6.2.1 Überblick über den Coachingprozess ........................................................................ 297
4.6.2.2 Entwicklung der Zielerreichung ................................................................................ 298
4.6.2.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten.................................................................... 300
4.6.2.4 Kommentierungen zur Zielerreichung ....................................................................... 300
4.6.3 Coachingteilnehmer C (Führungskraft 16) ......................................................................... 301
4.6.3.1 Überblick über den Coachingprozess ........................................................................ 301
4.6.3.2 Entwicklung der Zielerreichung ................................................................................ 302
4.6.3.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten.................................................................... 303
4.6.3.4 Kommentierungen zur Zielerreichung ....................................................................... 303
4.6.4 Coachingteilnehmer D (Führungskraft 13) ........................................................................ 304
4.6.4.1 Überblick über den Coachingprozess ........................................................................ 304
4.6.4.2 Entwicklung der Zielerreichung ................................................................................ 305
4.6.4.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten.................................................................... 306
4.6.4.4 Kommentierungen zur Zielerreichung ....................................................................... 306
4.6.5 Coachingteilnehmer E (Führungskraft 5) ........................................................................... 307
4.6.5.1 Überblick über den Coachingprozess ........................................................................ 307
4.6.5.2 Entwicklung der Zielerreichung ................................................................................ 308
4.6.5.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten.................................................................... 309
4.6.5.4 Kommentierungen zur Zielerreichung ....................................................................... 309
4.6.6 Coachingteilnehmer F (Führungskraft 10) ......................................................................... 309
4.6.6.1 Überblick über den Coachingprozess ........................................................................ 310
4.6.6.2 Entwicklung der Zielerreichung ................................................................................ 310
4.6.6.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten.................................................................... 311
4.6.6.4 Kommentierungen zur Zielerreichung ....................................................................... 312

4.7 Subjektive Einschätzung von Zufriedenheit, Erfolg und Veränderungen ........ 313
4.7.1 Allgemeine Einschätzung, Zufriedenheit und Erfolg ......................................................... 313
4.7.1.1 Ergebnisse zur Zufriedenheit ..................................................................................... 313
4.7.1.2 Ergebnisse zum Erfolg des Coachings ...................................................................... 314
4.7.1.3 Ergebnisse zur allgemeinen Einschätzung des Coachings......................................... 314
4.7.1.4 Zusammenfassung ..................................................................................................... 316
4.7.2 Veränderungen durch das Coaching ................................................................................... 316
4.7.2.1 Veränderungen im Verhalten..................................................................................... 317
4.7.2.2 Veränderungen in den Emotionen, in Einstellungen und in der Selbsteinschätzung . 318
4.7.2.3 Weitere positive Veränderungen ............................................................................... 318
4.7.2.4 Zusammenfassung ..................................................................................................... 318
Inhaltsverzeichnis XI

4.8 Zusammenhang des Ausmaßes der Veränderung der Führungsstile mit dem
Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen..........................319
4.8.1 Korrelative Zusammenhänge ............................................................................................. 319
4.8.2 Typen von Selbsteinschätzern ............................................................................................ 319
4.8.2.1 Zuordnung der Führungskräfte zu den vier Selbsteinschätzungstypen ..................... 320
4.8.2.2 Deskriptive Daten...................................................................................................... 321
4.8.2.3 Überprüfung von Gruppenunterschieden .................................................................. 323

4.9 Zusammenhang des Übereinstimmungsgrads mit Selbstdarstellungsclustern ..324


4.9.1 Deskriptive Daten .............................................................................................................. 324
4.9.2 Überprüfung von Gruppenunterschieden ........................................................................... 325
4.9.3 Zusammenfassung.............................................................................................................. 326

5 Diskussion ............................................................................................................. 327


5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse und Beantwortung der
Forschungsfragen .......................................................................................................327
5.1.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse zu den neun Fragestellungen ..................... 327
5.1.1.1 Fragestellung I/1........................................................................................................ 327
5.1.1.2 Fragestellung I/2........................................................................................................ 336
5.1.1.3 Fragestellung II/1 ...................................................................................................... 339
5.1.1.4 Fragestellung II/2 ...................................................................................................... 349
5.1.1.5 Fragestellung II/3 ...................................................................................................... 357
5.1.1.6 Fragestellung II/4 ...................................................................................................... 364
5.1.1.7 Fragestellung II/5 ...................................................................................................... 369
5.1.1.8 Fragestellung III/1 ..................................................................................................... 372
5.1.1.9 Fragestellung III/2 ..................................................................................................... 376
5.1.2 Beantwortung der drei Forschungsfragen .......................................................................... 380
5.1.2.1 Beantwortung Forschungsfrage I .............................................................................. 380
5.1.2.2 Beantwortung Forschungsfrage II ............................................................................. 384
5.1.2.3 Beantwortung Forschungsfrage III ............................................................................ 391

5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens ............................................394


5.2.1 Grenzen der Untersuchung und Empfehlungen für die weitere Forschung ....................... 394
5.2.1.1 Aspekte der internen und externen Validität der Evaluationsuntersuchung .............. 394
5.2.1.2 Wirksamkeitskriterien und Erhebungsinstrumente ................................................... 397
5.2.1.3 Praktische Umsetzung der Untersuchung im Unternehmen ...................................... 400
5.2.1.4 Vergleich der Strategien der Veränderungsmessung ................................................. 401
5.2.2 Vergleich zu anderen Evaluationsstudien .......................................................................... 402
5.2.3 Besonderheiten der Forschung in der betrieblichen Praxis ................................................ 405

5.3 Implikationen für Theorie und Praxis ..............................................................407


5.3.1 Grundzüge eines theoretischen Modells transformationaler Selbstinterpretation .............. 407
5.3.1.1 Begriffsklärung ......................................................................................................... 408
5.3.1.2 Komponenten transformationaler Selbstinterpretation: Inhalt und Darstellung ........ 411
5.3.1.3 Prozesse transformationaler Selbstinterpretation ...................................................... 415
5.3.1.4 Ergebnisse transformationaler Selbstinterpretation ................................................... 416
Inhaltsverzeichnis XII

5.3.2 Grundzüge eines Coachingkonzepts zur individuellen Förderung transformationaler


Selbstinterpretation ............................................................................................................ 419
5.3.2.1 Persönlichkeitscoaching zur Förderung transformationaler Selbstinterpretation (PC-T)
................................................................................................................................... 419
5.3.2.2 Zielsetzungen, Zielgruppe und Coachinganlässe....................................................... 420
5.3.2.3 Prinzipien der Prozessgestaltung ............................................................................... 422
5.3.2.4 Ablauf des PC-T ........................................................................................................ 426
5.3.2.5 Vorschlag von Coachingmodulen zu den vier Bereichen transformationaler
Selbstinterpretation .................................................................................................... 429
5.3.2.6 Empfehlungen zum Einsatz von Coachingmethoden im PC-T ................................. 432

5.4 Fazit und Ausblick .......................................................................................... 438

Literaturverzeichnis...................................................................................................... 441
Abbildungsverzeichnis.................................................................................................. 457
Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... 459
Anhang.......................................................................................................................... 462
Zusammenfassung 1

Zusammenfassung

Das Konzept transformationaler Führung nach Bass (1985) gilt seit den 1980er Jahren als einer
der populärsten Führungsansätze, der insbesondere in Hinblick auf seine Wirkungen breit er-
forscht wurde. Transformationale Führung zeichnet sich durch eine Beziehung zwischen Füh-
rungsperson und Geführten aus, in der sich diese gegenseitig hin zu gemeinsamen Zielsetzungen
fortentwickeln und sich dadurch gegenseitig zu höheren Werte-Standards sowie auf eine höhere
Ebene der Motivation transformieren (vgl. Avolio & Bass, 1998; Burns, 1978; Rathgeber &
Jonas, 2003; Steyrer, 1995). Transformationale Führungspersonen zeigen Verhaltensweisen, die
den vier von Bass (1985, 1990) sowie Bass und Avolio (1993) postulierten Komponenten
transformationaler Führung Idealized Influence (Charisma und Vorbildwirkung), Inspirational
Motivation (Motivation durch eine inspirierende Zukunftsvision), Intellectual Stimulation (An-
regung von Eigenverantwortung und unabhängigem Denken) und Individualized Consideration
(Individuelle Berücksichtigung und Förderung der Mitarbeiter) zuzuordnen sind.
Transformationale Führung definiert sich darüber hinaus über die Art der erzielten Erfolge, die
durch diese Verhaltensweisen erreicht werden: Mitarbeiter verändern als Konsequenz
transformationaler Führung ihr Anspruchsniveau und erbringen damit Leistung, die über die
ursprüngliche Erwartung hinausgeht. Weiterhin setzen sich die Mitarbeiter verstärkt für strategi-
sche (Gruppen)-Ziele ein und zeigen eine höhere Arbeitszufriedenheit sowie ein höheres psy-
chisches Wohlbefinden am Arbeitsplatz.

Im Rahmen dieser Arbeit wird der Forschungsgegenstand transformationale Führung aus zwei
verschiedenen Perspektiven betrachtet: Zum einen wird der Zusammenhang transformationaler
Führung mit Konzepten der Selbstdarstellung theoretisch und empirisch exploriert. Zum ande-
ren wird in einer Evaluationsstudie die Wirksamkeit von Gruppenworkshops und Einzelcoa-
chings zur Förderung transformationaler Führung bei Führungspersonen der mittleren und unte-
ren Hierarchiebene überprüft.

Den führungstheoretischen Hintergrund bildet das Modell des Full Range of Leadership (vgl.
Bass & Avolio, 1994), das inklusive der transformationalen Führungskomponenten insgesamt
acht Führungsstile umfasst, deren jeweilige Ausprägung mit dem Multifactor Leadership
Questionnaire (MLQ nach Bass & Avolio, 1995) erhoben werden kann. Der selbstdarstellungs-
theoretische Hintergrund beruht auf dem Konstrukt der Selbstinterpretation (vgl. Laux, 1992;
Laux & Renner, 1994), dessen Komponenten und Prozesse in einem dynamischen Interak-
tionsmodell (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011) zusammengefasst werden. Darüber hinaus werden
Modelle von Führung, die einen besonderen Selbstdarstellungsbezug aufweisen (z.B. Modelle
charismatischer Führung nach House (1977), House und Shamir (1993) und Gardner und
Avolio (1998) sowie Rollenkonzept von Führung nach Steiger (2008b)) zum dynamischen
Interaktionsmodell der Selbstinterpretation in Beziehung gesetzt. Den empirischen Hintergrund
für die Untersuchung zur Förderung transformationaler Führung bilden bisherige Evaluations-
studien zum Training und Coaching transformationaler Führung (vgl. z.B. Barlin, Weber &
Kelloway, 1996; Peus, 2005; Radstaak, 2008). Die Studie von Laux und Renner (2002) zu
akquisitiver und protektiver Selbstüberwachung und Authentizität liegt der personen- und va-
riablenzentrierten Untersuchung des Zusammenhangs von Selbstdarstellungs- und Führungssti-
len zu Grunde. Zudem werden der jeweilige theoretische Hintergrund und die praktische An-
Zusammenfassung 2

wendung des multiperspektivischen Führungsfeedbacks und des Führungskräftecoachings sowie


die Grundlagen der Evaluationsforschung als forschungsmethodische und anwendungsbezogene
Basiskonzepte der Untersuchung dargestellt.

Die drei übergeordneten Forschungsfragen sind aus den Grundannahmen und den offenen Fra-
gen des Theorieteils abgeleitet. Die Forschungsfragen I und II beziehen sich auf die zwei Unter-
suchungsperspektiven zum Forschungsgegenstand: auf die selbstdarstellungstheoretische Inter-
pretation und die Förderung transformationaler Führung. Forschungsfrage III schlägt eine Brü-
cke zwischen den beiden Hauptteilen der Arbeit.
I. Wie hängen die Führungsstile des Full Range of Leadership mit habituellen Formen der
Selbstdarstellung (Selbstdarstellungsstilen) von Führungskräften zusammen?
II. Wie wirksam sind Gruppenworkshops und Einzelcoachings zur Förderung
transformationaler Führung bei Führungspersonen der mittleren und unteren Hierarchiebene?
III. Welche Zusammenhänge bestehen zwischen möglichen Veränderungen in den Führungssti-
len, dem Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen und der Zuge-
hörigkeit zu einem Selbstdarstellungstypus?
Die drei Forschungsfragen teilen sich in neun untergeordnete Fragestellungen auf. Diese wur-
den an einer Stichprobe von zwanzig Führungspersonen der mittleren und unteren Hierarchie-
ebene in einer Bank in Deutschland und 174 deren direkt unterstellten Mitarbeitern untersucht.

Das forschungsmethodische Vorgehen untergliedert sich entsprechend der zwei Betrachtungs-


ebenen des Forschungsgegenstands in eine empirisch-quantitative Exploration des Zusammen-
hangs von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen auf Basis von Fragebogendaten und in eine
quasi-experimentelle Evaluationsstudie zur Untersuchung der Wirksamkeit von Gruppenwork-
shops und Einzelcoachings zur Förderung transformationaler Führung.
Die Wirksamkeit der Interventionsmodule wurde auf Gruppen- und Einzelfallebene
anhand verschiedener Kriterien überprüft. Dabei standen die Veränderungen in den Führungssti-
len, die mit dem MLQ erfasst wurden, der Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdein-
schätzungen zur Ausprägung der Führungsstile und das Ausmaß der individuellen Zielerrei-
chung der Coachingteilnehmer im Mittelpunkt. Die Veränderungen in der Häufigkeit des Ein-
satzes der Führungsstile des Full Range of Leadership wurden sowohl indirekt über einen Prä-
Post-Vergleich als auch direkt durch eine retrospektive Einschätzung von Richtung und Ausmaß
der Veränderung erfasst. Die 20 Führungspersonen der Stichprobe teilten sich selbst einer von
drei Interventionsbedingungen zu: Führungskräfte der Interventionsgruppe A nahmen an fünf
zweistündigen Gruppenworkshops zur Förderung transformationaler Führung teil, Führungs-
kräfte der Interventionsgruppe B durchliefen darüber hinaus sechs Einzelcoachingsitzungen.
Führungskräfte der Gruppe C erhielten ausschließlich eine Placebointervention, die nicht auf die
Förderung transformationaler Führung ausgerichtet war. Alle 20 Führungspersonen nahmen an
einem Auftaktworkshop und an zwei multiperspektivischen Führungsfeedbacks teil. Diese fan-
den vor Durchführung der Intervention sowie drei Monate nach Abschluss der Interventions-
maßnahmen statt.

Die Datenerhebung erfolgte mittels Selbst- und Fremdeinschätzungsfragebogen sowie mittels


Dokumentationsbogen zum Coachingprozess und halbstandardisierter Interviews. Der Selbst-
einschätzungsfragebogen enthielt die Skalen des MLQ zu Führungsstilen und Erfolgskriterien
von Führung sowie ausgewählte Skalen zur Erfassung von Selbstdarstellungsstilen. Im Fremd-
einschätzungsfragebogen wurden die Skalen des MLQ erfasst. Beide Fragebogen enthielten
Zusammenfassung 3

darüber hinaus offene Fragen zum Führungsverhalten, die jedoch in der Untersuchung nicht
berücksichtigt wurden. In den Dokumentationsbogen zum Coachingprozess wurde mittels Ska-
lenfragen und offenen Fragen das jeweilige Ausmaß der individuellen Zielerreichung erfasst
und kommentiert. Der Interviewleitfaden enthielt Fragen zur Zufriedenheit, zur Erfolgseinschät-
zung, zu Veränderungen und zur Gesamtbewertung der Einzelcoachings.

Die Datenauswertung zum Zusammenhang von Führungs- und Selbstdarstellungsstilen beruht


auf korrelativen Analysen. Die variablenzentrierte Analyse erfolgte mittels exploratorischer
Faktorenanalysen, die personenzentrierte Analyse erfolgte mittels einer Clusteranalyse. Auf
Grund der geringen Stichprobengröße wurde bei der Analyse der Daten aus der Evalua-
tionsstudie neben Singifikanztests ein besonderes Augenmerk auf die deskriptive Datenanalyse
und die Berechnung von Effektstärken gelegt. Die Bestimmung des Übereinstimmungsgrades
zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen erfolgte durch die Berechnung von Niveauunter-
schieden der Ratingscores und auf Basis korrelativer Zusammenhänge. Die Ergebnisse der Ska-
lenfragen wurden graphisch dargestellt und anhand der Kommentierungen der
Coachingteilnehmer interpretiert. Die Auswertung der Interviewdaten orientierte sich an den
Schritten der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2007).

Es resultieren folgende Hauptergebnisse zu den drei Forschungsfragen:


I. Transformationale Führungsstile hängen mit einer ausgeprägten Tendenz zur akquisitiven
Selbstüberwachung zusammen. Gemeinsam mit dem Führungsstil Contingent Reward bilden
diese Merkmale den übergeordneten Faktor transformationale Selbstinterpretation, auf dem
die passiven Führungsstile des Full Range of Leadership negativ laden. Die Tendenz zur
protektiven Selbstüberwachung hängt hingegen negativ mit transformationaler Führung und
positiv mit Laissez Faire-Verhaltensweisen zusammen. Es lassen sich darüber hinaus vier
Cluster der habituellen Ausgestaltung der Führungsrolle identifizieren, die durch ein jeweili-
ges charakteristisches Profil von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen gekennzeichnet
sind. Die Personengruppe der transformationalen Selbstinterpreten zeichnen sich insbesonde-
re durch die Tendenz zur akquisitiven Selbstüberwachung und zur authentischen Selbstdar-
stellung sowie durch eine überdurchschnittliche Ausprägung transformationaler Führungs-
verhaltensweisen aus. Insgesamt können die vier von Laux und Renner (2002) ermittelten
Selbstdarstellungscluster repliziert und zu vier Clustern der Ausgestaltung der Führungsrolle
erweitert werden.
II. Ein Interventionsprogramm mit den Modulen multiperspektivisches Führungsfeedback,
Gruppenworkshops und Einzelcoachings ist bei Führungskräften der mittleren und unteren
Hierarchieebene im Bankgewerbe, die freiwillig an den Interventionsmodulen teilnehmen, in
Bezug auf folgende Kriterien wirksam: Der durchschnittliche Einsatz transformationaler
Führungsstile kann aus Sicht der Mitarbeiter der Führungspersonen leicht gesteigert, der
Einsatz von Laissez-Faire-Verhaltensweisen kann in moderatem Ausmaß reduziert werden.
Der Einsatz der Führungsstile Individualized Consideration und des transaktionalen Stils
Contingent Reward wird aus Sicht der Mitarbeiter der Führungspersonen in bedeutsamem
Ausmaß gesteigert. Durch den zusätzlichen Einsatz von Einzelcoachings über Gruppenwork-
shops hinaus kann der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen in
bedeutsamem Ausmaß erhöht werden. Einzelcoachings sind in Bezug auf subjektive Wirk-
samkeitskriterien wie individuelle Zielerreichung oder Zufriedenheit mit der Maßnahme
hoch wirksam. Zur Förderung transformationaler Führungsprinzipien im Sinne deren
Operationalisierung im MLQ weisen sie hingegen nur eine geringe Wirksamkeit auf.
Zusammenfassung 4

In Hinblick auf eine Erhöhung des Übereinstimmungsgrades resultiert für die Einzelcoa-
chings eine eindeutige inkrementelle Wirksamkeit über Gruppenworkshops hinaus. Insge-
samt führt die Teilnahme an Gruppenworkshops und Einzelcoaching in Bezug auf alle er-
fassten Kriterien insbesondere dann zu erwarteten Veränderungen, wenn die Interventionen
kurz nach der Übernahme einer neuen Führungspostion eingesetzt werden.
III. Aus personenzentrierter Perspektive lassen sich keine systematischen Zusammenhänge zwi-
schen Übereinstimmungsgrad und Veränderung in den Führungsstilen beobachten: Personen
der vier Selbsteinschätzungscluster unterscheiden sich nicht systematisch im Ausmaß der
Veränderung in den Führungsstilen von t1 zu t2. Aus variablenzentrierter Perspektive lassen
sich hingegen systematische Zusammenhänge zwischen dem Übereinstimmungsgrad und
dem Ausmaß der Veränderung in den Führungsstilen beobachten: Je höher die Übereinstim-
mung zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen in den transformationale Führungsstilen
und in der Variablen Management by Exception active ausfällt, desto höher ist das Ausmaß
der Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes dieser Führungsstile.
Die Ergebnisse zum Zusammenhang von Übereinstimmungsgrad und Selbstdarstel-
lungsclustern lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Schwache Selbstüberwacher
weisen in den drei Variablen Transformationale Führung, Contingent Reward und Laissez
Faire den niedrigsten Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu
t1 auf. Bei den protektiven Selbstüberwachern, die dem Selbsteinschätzungscluster In-
Agreement/Poor zuzuordnen sind, resultieren in den Variablen Contingent Reward und
Laissez Faire die höchsten Übereinstimmungen zwischen den Selbst- und Fremdeinschät-
zungen zu t1. Die akquisitiven Selbstüberwacher weisen in den transformationalen Skalen
sowohl den höchsten Mittelwert als auch den höchsten Übereinstimmungsgrad zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen auf. Für die transformationalen Führungsstile und über al-
le Führungsstile hinweg resultieren zwischen den schwachen Selbstüberwachern und den
akquisitiven Selbstüberwachern signifikante Mittelwertsunterschiede im Übereinstimmungs-
grad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1.

Die Implikationen für Theorie und Praxis aus den Ergebnissen der drei Forschungsfragen wer-
den in einem Modell transformationaler Selbstinterpretation und einem Coachingkonzept zur
individuellen Förderung transformationaler Selbstinterpretation zusammengefasst.
Das theoretische Modell enthält acht Komponenten transformationaler Selbstinterpreta-
tion, die sich jeweils in einen Darstellungs- und einen Inhaltsaspekt unterscheiden lassen. Über
die Prozesse der Selbstinterpetation können in der Interaktion zwischen der Führungsperson und
ihren Interaktionspartnern auf Individuumsebene eine transformationale Führungsidentität, auf
Ebene des Gesamtsystems eine transformationale Unternehmensidentität etabliert werden.
Der vorgeschlagene Coachingansatz, der auf dem Ansatz des Persönlichkeitscoachings
(Riedelbauch & Laux, 2011) beruht, verbindet die selbstdarstellungstheoretische Betrachtungs-
weise des Führungskonzepts mit den Ergebnissen zur Wirksamkeit von Einzelcoachings zur
Förderung transformationaler Führung (Forschungsfragen I und II): Es wird ein Konzept entwi-
ckelt, in dem die individuellen Anliegen des Coachingklienten mit transformationalen Füh-
rungsprinzipien kombiniert und auf dessen Basis transformationale Selbstinterpretation auf in-
dividueller Ebene gefördert werden kann. Das Ablaufmodell zur systematischen Reflexion und
Modifikation der Komponenten transformationaler Selbstinterpretation orientiert sich an den
acht Schritten des Persönlichkeitscoachings. Die inhaltliche Arbeit innerhalb der acht Schritte
richtet sich an den vier Bereichen transformationaler Führungsprinzipien aus, zu denen einzelne
Coachingmodule mit entsprechenden Coachingmethoden vorgeschlagen werden.
Zusammenfassung 5

Der zentrale Erkenntnisgewinn zur Untersuchung transformationaler Führung aus selbstdarstel-


lungstheoretischer Perspektive liegt darin, dass sowohl auf empirischem als auch auf theoreti-
schem Weg aufgezeigt werden kann, dass transformationale Führung und Selbstdarstellung in
der Führungsrolle eng assoziiert sind. Die Art des Zusammenhangs weist darauf hin, dass insbe-
sondere akquisitive und authentische Formen der Selbstdarstellung eine transformationale Wir-
kung auf die Geführten begünstigen.
Im Forschungsteil zur Förderung transformationaler Führung wird deutlich, dass der
Einsatz transformationaler Führungsstile, insbesondere des Führungsstils Individualized
Consideration, bei Führungspersonen der unteren und mittleren Hierarchiebene durch gruppen-
bezogene und individuumsorientierte Interventionsmaßnahmen gesteigert werden kann. Einzel-
coachings weisen eine inkrementelle Wirksamkeit gegenüber Gruppenworkshops hinsichtlich
der Erhöhung des Übereinstimmungsgrades zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur
Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile auf.
Insgesamt kann die Ausgestaltung der Führungsrolle, die sich an transformationalen
Prinzipien orientiert, als transformationaler Selbstinterpretationsstil konzeptualisiert werden. Es
erscheint lohnenswert, in weiteren Untersuchungen die Verknüpfung der beiden Forschungsper-
spektiven der Arbeit zu vertiefen und sich mit der Konzeption und Evaluation spezifischer
Coachingansätze zur Förderung transformationaler Selbstinterpretation zu beschäftigen.
Einführung und Übersicht über die Arbeit 6

Einführung und Übersicht über die Arbeit

Die Gespräche am Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie der Universität Bamberg im Som-


mer 2005 wurden durch Diskussionen über folgende Fragen geprägt: „Kann das Modell
transformationaler Führung selbstdarstellungstheoretisch interpretiert werden? Eignet es sich als
Rahmenmodell von Führung, um individuumsorientierten Einzelcoachings von Führungskräften
zu Grunde gelegt zu werden? Kann transformationale Führung als sehr idealistisch formuliertes
Führungskonzept auch auf der unteren und mittleren Führungsebene gefördert werden?“ Über
die Dissertation von Rathgeber (2005) war Prof. Dr. L. Laux auf das Modell transformationaler
Führung aufmerksam geworden. Die darin enthaltenen Konzepte bezog er auf Themen wie
Selbstdarstellung, Persönlichkeitscoaching, 360°-Feedback, Charisma und Stressbewältigung,
die am Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie zu diesem Zeitpunkt im Fokus von Forschung
und Praxis standen. In meiner Diplomarbeit zum Thema „360°-Feedback und Coaching im
Kontext von Selbstdarstellung“ (Schorch, 2004) hatte ich mich im Jahr vorher intensiv damit
beschäftigt, wie Führungspersonen darin unterstützt werden können, ihrer individuelle Selbst-
darstellung im Rahmen der Führungsrolle zu reflektieren und zu optimieren. War es möglich,
die gewonnenen Erkenntnisse auch auf die Förderung transformationaler Führung zu übertra-
gen? Die Idee wurde geboren, sich im Rahmen einer Dissertation mit einem Ausschnitt der viel-
fältigen Fragen zu beschäftigen, die die Sommergespräche 2005 zwischen Prof. Dr. L. Laux und
seinen Mitarbeitern und Studierenden prägten. Es sollte noch zwei Jahre dauern, bis aus der
Idee ein konkretes Vorhaben entstand und ein Unternehmen gefunden werden konnte, mit dem
eine Kooperation zum Forschungsthema möglich war. Auch heute, zum Zeitpunkt der Fertig-
stellung der Arbeit, haben die Fragen nichts an Aktualität eingebüßt: So beschrieb Prof. Dr. S.
Greif im Juni 2010 im Rahmen seines Vortrags „Coaching International“ auf den 3. Ekeberger
Coaching-Tagen zentrale Trends und Trendsetter der aktuellen internationalen Coachingszene.
Als einen dieser Trends hob er den Anschluss von Coaching an neuere Führungskonzepte wie
z.B. die Verknüpfung mit dem Konzept der transformationalen Führung hervor. Doch weder der
Coachingboom noch die Beschäftigung mit dem Konzept der transformationalen Führung sind
tatsächlich brandaktuelle Themen. Vielmehr befindet sich Coaching bereits seit Ende des 20.
Jahrhunderst in einer Phase der Professionalisierung (vgl. Böning & Fritschle, 2005), wie z.B.
die Zunahme an wissenschaftlichen Evaluationsstudien zum Coaching (vgl. Greif, 2008), die
zielgruppenspezifische Differenzierung (vgl. Böning & Fritschle, 2005) oder auch das Bemühen
um Qualitätsstandards von Coachingweiterbildungen durch Coachingverbände wie z.B. den
DBVC (Deutscher Bundesverband Coaching e.V.) aufzeigen. Die transformationale Führung
findet ihrerseits seit Ende der 1980er Jahre in der Führungsliteratur als Teil der Führungsströ-
mung des New Leadership (Bryman, 1992; Felfe, 2009) sowie in Studien zu Führung und Füh-
rungsverhalten zunehmende Berücksichtigung. Insbesondere in der US-amerikanischen Mana-
gement-Literatur zeichnet sich dieser Trend seit der Wiederentdeckung des Charisma-Konzepts
vor circa 30 Jahren (vgl. Bass, 1985; Bass, 1990; Burns, 1978; House, 1977; Shamir, House &
Arthur, 1993) deutlich ab.
Dennoch kann die Verknüpfung von Coaching und transformationaler Führung als aktu-
eller Trend bezeichnet werden: Ansätze zur Förderung transformationalen Führungsverhaltens
waren bisher hauptsächlich im Trainingsbereich vorzufinden. Coaching wiederum versteht sich
als individuelle Beratungs- und Betreuungsform, bei der eine Ausrichtung an standardisierten
Führungsmodellen zunächst weniger nahe liegt. Die vorliegende Arbeit befindet sich damit, wie
Einführung und Übersicht über die Arbeit 7

im Vortrag von Prof. Dr. S. Greif deutlich wurde, „voll im Trend“: Die Förderung transforma-
tionaler Führung durch Gruppencoachings und Einzelcoaching wird empirisch auf die Probe
gestellt. Darüber hinaus wird transformationale Führung unter einem selbstdarstellungstheoreti-
schen Blickwinkel betrachtet, der sowohl für die praktische Arbeit im Einzelcoaching als auch
für das theoretisch-konzeptionelle Verständnis transformationaler Führung neue Einsichten
bietet.

Forschungsgegenstand

Bass & Avolio wiesen bereits 1990 (Bass & Avolio, 1990a) darauf hin, dass die anstehenden
Veränderungen in der Arbeitswelt Führungskräfte erfordern, die in der Lage sind, auf konti-
nuierliche Veränderungen flexibel zu reagieren. Sie führen auf, dass der global agierende Ma-
nager mit heterogen zusammengesetzten Arbeitsgruppen konfrontiert sein wird und schnelle
Veränderungen eher die Regel als die Ausnahme sein werden. Um die Führungskräfte der Zu-
kunft auf diese Aufgaben vorzubereiten, schlagen die Autoren vor, Führungskräfte im Einsatz
transformationaler Führung zu fördern, damit diese gemeinsam mit ihren Mitarbeitern innovativ
und veränderungsbereit dem Chaos begegnen können. Zusammenfassend stellen Bass und
Avolio fest, dass transformationale Führung unbedingt erforderlich ist, wenn Unternehmen den
Herausforderungen standhalten wollen, die ab den 1990er Jahren auf sie zukommen werden.
Was in dieser verkürzten Darstellung der Stellungnahme von Bass und Avolio aus den
1990ern vielleicht den Beigeschmack eines vereinfachenden Patentrezepts oder eines zu ver-
marktenden Allheilmittels hat, stellte sich in den kommenden Jahren als vielversprechender und
breit erforschter Führungsansatz heraus:
Gegenwärtig stellt das Konzept der transformationalen Führung in der wissenschaftlichen
Literatur den aktuellsten Ansatz dar, zu dem bereits mehr Studien veröffentlicht wurden,
als zu allen anderen bekannten Führungstheorien […] zusammen (Peus, 2005, S. 1).
Das Forschungsinteresse am Konzept der transformationalen Führung ergibt sich aus der gesell-
schaftlichen und wirtschaftlichen Notwendigkeit, Arbeitsbeziehungen innovations- und gesund-
heitsförderlich zu gestalten. Aus dem schnellen und tiefgreifenden Wandel in der Arbeitswelt
und aus dem daraus resultierenden Flexibilisierungsdruck resultieren für Führungskräfte und
Geführte Belastungen, die deren innovative Gestaltungspotenziale hemmen und langfristig Ein-
schränkungen in deren physischer und psychischer Gesundheit bewirken können. Aus der Ver-
änderung von Arbeitsformen ergeben sich stets neue Handlungsfelder mit sehr heterogenen
Anforderungen, sodass Führungskräfte über ein breites Führungsrepertoire verfügen müssen.
Dabei reicht es nicht mehr aus, auf neue Anforderungen nur zu reagieren, sondern diese müssen
gemeinsam von Führungskraft und Mitarbeitern aktiv angegangen und die Gestaltungspotenzia-
le aller Mitarbeiter genutzt und gefördert werden. Um präventiv die Leistungsfähigkeit und
psychische Gesundheit zu erhalten, ist die Konzentration auf eine optimistische Zukunftsorien-
tierung, auf Möglichkeiten der Partizipation und auf eine Orientierung an den vorhandenen Res-
sourcen und den individuellen Entwicklungsmöglichkeiten erforderlich. Das Konzept der
transformationalen Führung (vgl. Burns, 1978; Bass, 1985) birgt das Potenzial, diesen Anforde-
rungen Rechnung zu tragen, indem das Augenmerk auf eine innovations- und entwicklungsför-
derliche Gestaltung der Mitarbeiter-Führungskraft-Beziehung gelegt wird. So geht eine
transformationale Führungskraft mit den Geführten eine Beziehung ein, in der sie sich gegensei-
tig fortentwickeln und sich dadurch gegenseitig transformieren (vgl. Rathgeber & Jonas, 2003).
Damit können die persönlichen Ressourcen der Führungskraft selbst und – durch die Mediator-
Einführung und Übersicht über die Arbeit 8

funktion der Führungskraft – die Ressourcen der Mitarbeiter aktiviert und erweitert werden.
Indem sie den Schwerpunkt auf positive Phänomene wie Begeisterung, Identifikation, Sinnfin-
dung und soziale Unterstützung legt, kann transformationale Führung dazu beitragen, Verände-
rungsprozesse effektiv zu gestalten und psychische Fehlbelastungen im Arbeitskontext zu redu-
zieren. Insgesamt gelten Führungsverhaltensweisen, die transformationalen Führungsstilen (vgl.
Bass, 1985) zuzuordnen sind, nicht nur als effektiv hinsichtlich einer gesteigerten Motivation
und Leistung von Mitarbeitern, sondern wirken sich auch förderlich auf deren Wohlbefinden
und auf die Arbeitszufriedenheit aus.
Seitdem erste quantitativ-empirische Ergebnisse von Bass (1985) vorgelegt wurden,
erfährt das transformationale Führungsmodell in einer Vielzahl von Studien und auch in Meta-
Analysen Bestätigung (vgl. z.B. Judge & Piccolo, 2004). Nach anfänglicher Zurückhaltung ist
das Konzept der transformationalen Führung auch im deutschsprachigen Raum aufgegriffen
worden und hat dort vielfältige theoretische, v.a. aber empirische Arbeiten angeregt (vgl. z.B.
Felfe, 2005, 2006b; Gebert, 2002; Geyer & Steyrer, 1998). Nach Felfe (2006a) ist dies darauf
zurückzuführen, dass das eher mystifizierende Verständnis von Charisma, wie es zum Teil noch
bei Weber (1980) zu finden war, einer eher verhaltensorientierten und pragmatischen Sichtwei-
se gewichen ist. Charisma ist nach den aktuellen „neo-charismatischen Ansätzen“ (House &
Aditya, 1997, S. 439) nicht länger nur wenigen Auserwählten vorbehalten, sondern es handelt
sich um ein spezifisches und beschreibbares Führungsverhalten, das in unterschiedlicher Aus-
prägung praktiziert wird und unterschiedliche Wirkungen bei den Geführten erzielt (vgl. Bass,
1985).
Auf Basis der Arbeiten zu Selbstdarstellung am Lehrstuhl für Persönlichkeitspsycholo-
gie der Universität Bamberg liegt die selbstdarstellungstheoretische Interpretation transforma-
tionaler Führung als einer der populärsten neocharismatischen Führungsansätze nahe. Dies wird
z.B. in Gardners & Avolios (1998) dramaturgischem Modell zur Entstehung einer charismati-
schen Beziehung als Teilaspekt der transformationalen Führung deutlich. Zentrale Konstrukte
transformationaler Führung wie z.B. das modellhafte, glaubwürdige Verhalten, die spezifische
Ausstrahlungskraft einer Führungsperson oder die Begeisterung von Mitarbeitern sind bereits in
ihrer Bezeichnung und Beschreibung „selbstdarstellungsgetränkt“. Die Betrachtung transfor-
mationaler Führung unter selbstdarstellungstheoretischer Perspektive stellt darüber hinaus unse-
rer Auffassung nach einen theoretisch und praktisch besonders ergiebigen, weiterführenden und
vertiefenden Interpretationsansatz dar. Daher wird in der vorliegenden Arbeit der Forschungs-
gegenstand transformationale Führung zunächst unter selbstdarstellungstheoretischem Ge-
sichtspunkt beleuchtet: Führungs- und Selbstdarstellungkonzepte werden unmittelbar aufeinan-
der bezogen und deren Gemeinsamkeiten theoretisch und empirisch untersucht.
Aus der hohen empirischen Evidenz zur Effektivität transformationaler Führung und
deren Bedeutung im gesellschaftlich-ökonomischen Kontext ergibt sich zudem die wichtige
Frage, ob und wie Führungskräfte verschiedener Hierarchiebenen im Einsatz und in der Umset-
zung transformationaler Führungsprinzipien geschult werden können. Obwohl es eine fast un-
überschaubare Anzahl von Veröffentlichungen gibt, die sich mit dem Konzept
transformationaler Führung auseinandersetzen, so sind Evaluationsstudien zur Förderung
transformationaler Führung v.a. im deutschsprachigen Raum bisher nur vereinzelt vorhanden
(vgl. z.B. Peus, 2005; Radstaak, 2008). Dies gilt insbesondere für die Förderung
transformationaler Führung durch Einzelcoaching. Daher wird in der vorliegenden Arbeit ein
zweites Augenmerk auf die Evaluation von Interventionsmaßnahmen zur Förderung
transformationaler Führung gelegt.
Einführung und Übersicht über die Arbeit 9

Aufbau der Arbeit

Transformationale Führung wird in der vorliegenden Arbeit unter zwei Perspektiven beleuchtet:
Die erste Perspektive bezieht sich auf eine selbstdarstellungstheoretische Interpretation
transformationaler Führung, die zweite Perspektive bezieht sich auf die Bewertung der Wirk-
samkeit von Gruppenworkshops und Einzelcoachings als Interventionen zur Förderung
transformationaler Führung auf der unteren und mittleren Hierarchieebene.
In Kapitel 1 werden die theoretischen und empirischen Grundlagen zu den zentralen
Themenbereichen der Arbeit in sechs Abschnitten dargestellt: Transformationale Führung und
Selbstdarstellung werden zunächst in je einem eigenen Abschnitt behandelt, bevor die beiden
Themenbereiche aufeinander bezogen und deren konzeptuelle Gemeinsamkeiten beschrieben
werden. Das multiperspektivische Führungsfeedback und Coaching von Führungskräften wer-
den als Methoden der Diagnostik und Intervention im Führungskontext eingeführt. Im Abschnitt
zur Evaluationsforschung werden die methodischen Grundlagen für den empirischen Teil der
Arbeit dargestellt. Im Fazit am Ende eines jeden Abschnitts werden die jeweiligen Inhalte zu-
sammengefasst, Grundannahmen für die Arbeit abgeleitet sowie offene Fragen und Hypothesen
formuliert. Am Ende des Theorieteils wird ein Gesamtfazit gezogen und es werden Konsequen-
zen für die empirischen Zielsetzungen der Arbeit aufgezeigt.
Kapitel 2 stellt die drei Forschungsfragen der Arbeit und die untergeordneten neun Fra-
gestellungen im Überblick dar. Darüber hinaus werden Veränderungshypothesen zur Überprü-
fung der Wirksamkeit von Gruppenworkshops und Einzelcoachings zur Förderung
transformationaler Führung aufgestellt.
In Kapitel 3 wird das methodische und praktische Vorgehen bei der empirischen Unter-
suchung der neun Fragestellungen erläutert. Die Untersuchungsstichprobe von 20 Führungsper-
sonen, die von 174 Mitarbeitern in ihrem Führungsverhalten eingeschätzt wurden, wird vorge-
stellt und das unternehmensspezifische Interventionsprogramm mit den Modulen Gruppenwork-
shops und Einzelcoachings zur Förderung transformationaler Führung beschrieben. Darüber
hinaus wird das Vorgehen bei der Datenerhebung skizziert und über die eingesetzten Verfahren
zur Datenerhebung berichtet. Abschließend werden die eingesetzten Methoden zur Datenana-
lyse aufgeführt.
In Kapitel 4 werden die Einzelergebnisse zu den neun Fragestellungen in je einem eige-
nen Abschnitt dargestellt. Der Fokus des Kapitels liegt auf der Präsentation der Ergebnisse.
Teilweise werden aber erste Interpretationen vorgenommen, um die Verständlichkeit der Ein-
zelergebnisse zu erhöhen.
In Kapitel 5 werden die Ergebnisse zunächst interpretiert und diskutiert. Auf dieser
Basis werden sowohl die neun Fragestellungen als auch die drei übergeordneten Forschungsfra-
gen jeweils zusammenfassend beantwortet. Darüber hinaus wird das methodische und prakti-
sche Vorgehen der empirischen Untersuchung kritisch beleuchtet und daraus Empfehlungen für
die weitere Forschung abgeleitet. Weiterhin werden Implikationen für Theorie und Praxis auf-
gezeigt, indem Grundzüge eines theoretischen Rahmenmodells transformationaler Selbstinter-
pretation und eines Coachingkonzepts zur individuellen Förderung transformationaler Selbstin-
terpretation skizziert werden. Die Arbeit wird mit einem Fazit und Ausblick abgeschlossen.

Hinweise für den eiligen Leser: Im Inhaltsverzeichnis sind diejenigen Abschnitte grau hervor-
gehoben, deren Lektüre geeignet ist, sich einen schnellen Überblick über die zentralen Inhalte
der Arbeit zu verschaffen.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 10

1 Theoretische und empirische Grundlagen

Kapitel 1 stellt die theoretischen und empirischen Grundlagen zu den fünf zentralen Themenbe-
reichen transformationale Führung (siehe 1.1), Selbstdarstellung (siehe 1.2), Multiperspektivi-
sches Führungsfeedback (siehe 1.4), Coaching von Führungskräften (siehe 1.5) und Evaluati-
onsforschung (siehe 1.6) dar. In Abschnitt 1.3 werden die beiden Themenbereiche Führung und
Selbstdarstellung aufeinander bezogen.

Hinweise für den eiligen Leser:


Im jeweiligen Fazit am Ende der Abschnitte 1.1 bis 1.6 werden die Inhalte zusammengefasst,
Grundannahmen für die Arbeit abgeleitet sowie offene Fragen oder Thesen formuliert. In Ab-
schnitt 1.7 werden die Inhalte des Theorieteils insgesamt zusammengefasst und Konsequenzen
für die empirischen Zielsetzungen der Arbeit abgeleitet.

1.1 Transformationale Führung

Nach einer Begriffsbestimmung und Einordnung transformationaler Führung als Leadership-


Konzept in Abschnitt 1.1.1 wird in Abschnitt 1.1.2 das grundlegende Führungsmodell des Full
Range of Leadership dargestellt, in das die transformationale Führung eingebettet ist. Abschnitt
1.1.3 widmet sich den vier Komponenten der transformationalen Führung. Abschnitt 1.1.4 be-
schreibt den Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ nach Bass & Avolio, 1990b, 1995,
2000) als Messinstrument transformationaler Führung. Die empirischen und theoretischen
Grundlagen zu Funktionen und Wirkungen transformationaler Führung werden in Abschnitt
1.1.5 dargestellt. Abschnitt 1.1.6 geht auf die Erlernbarkeit und Förderung transformationaler
Führung ein. Auf die Grenzen und Gefahren transformationaler Führung wird in Abschnit 1.1.7
hingewiesen, bevor in Abschnitt 1.1.8 ein Fazit zur transformationalen Führung gezogen wird.

1.1.1 Begriffsklärung

In Abschnitt 1.1.1.1 erfolgt die Begriffsklärung von Mitarbeiterführung, die als dynamische
Interaktion zwischen Führungsperson und Geführten aufgefasst wird. Abschnitt 1.1.1.2 stellt die
für die transformationale Führung grundlegende Unterscheidung von Leadership und Manage-
ment dar, bevor in Abschnitt 1.1.1.3 transformationale Führung definiert wird.

1.1.1.1 Mitarbeiterführung als dynamische Interaktion


Wenn von Führung gesprochen wird, so ist damit meist Mitarbeiterführung in Organisationen
gemeint, die von anderen Führungsbereichen, wie z.B. der Unternehmensführung oder dem
Personalmanagement abzugrenzen ist (vgl. Felfe, 2009). Bei der Unternehmensführung handelt
es sich „um allgemeine Steuerungsfunktionen, die die ganze Organisation oder Teilfunktionen
betreffen“ (Felfe, 2009, S. 3). Unter personaler Führung oder Mitarbeiterführung wird hingegen
die „direkte und zielgerichtete Einflussnahme von Vorgesetzten auf Mitarbeiter in Organisatio-
nen“ verstanden (Felfe, 2009, S. 3). Auch in der Definition von Führung nach Weinert (2004)
steht die soziale Einflussnahme im Mittelpunkt:
1.1 Transformationale Führung 11

Unter Führung ist


[…] der Versuch zu verstehen, Einfluss zu nehmen, um Gruppenmitglieder zu einer Leis-
tung und damit zum Erreichen von Gruppen- oder Organisationszielen zu motivieren. Ein-
fluss kann definiert werden als Veränderung in den Einstellungen, Werten, Überzeugungen
und Verhaltensweisen von Zielpersonen als Ergebnis von Einflussbemühungen der Füh-
rungsperson (Weinert, 2004, S. 458).
Dabei würde aber die Auffassung, es mit einer unidirektionalen Beeinflussung der Mitarbeiter
durch die Führungsperson zu tun zu haben, zu kurz greifen. Ein zentrales Merkmal der persona-
len Führung ist die Interaktion zwischen Führungsperson und Mitarbeitern: Nicht nur die Füh-
rungsperson nimmt Einfluss auf ihre Mitarbeiter, sondern auch Mitarbeiter beeinflussen ihre
Vorgesetzten und schreiben der Führungsperson bestimmte Attribute zu. Als Rezipienten des
Handelns der Führungsperson müssen die Mitarbeiter dieses wahrnehmen und bewerten. Lord
und Maher (1991) beschreiben Führung entsprechend mit dem Augenmerk auf die Mitarbeiter-
seite als „Prozess, der dazu führt, von anderen als Führungskraft wahrgenommen zu werden“
(S. 11) und Müller und Dachler (1988) sprechen von Führung als „eine konstruierte gesell-
schaftliche Realität“ (S. 44). Wird Führung als wechselseitige Einflussnahme (vgl. Schettgen,
1991) begriffen, so ist auch der Führungserfolg als Funktion der sozialen Interaktion und der
Situation zu betrachten (vgl. Gebert, 2002). Das „Wie“ dieser Interaktion sowie die zentralen
Einflussfaktoren und Auswirkungen auf und aus der spezifischen Interaktionsform ist Gegen-
stand verschiedener Führungstheorien (im Überblick siehe Weinert, 2004).
Personale Führung verfolgt immer bestimmte Ziele, „ vor allem die Erreichung organi-
sationaler Ziele, aber auch die Balance individueller und organisationaler Ziele“ (Felfe, 2009, S.
11). Daher interessieren insbesondere erwünschte und unterwünschte Auswirkungen der Füh-
rung, die in der Führungsforschung anhand unterschiedlicher Erfolgskriterien operationalisiert
werden. Solche Kriterien reichen von der Erhebung „harter“, betriebswirtschaftlicher Kriterien
wie z.B. Umsatzzahlen oder Fehltage der Mitarbeiter bis hin zu eher „weichen“, psychologi-
schen Kriterien wie Mitarbeiterzufriedenheit oder Leistungsmotivation. Bemerkenswert ist, dass
Mitarbeiter, die mit ihrer Führungskraft eher zufrieden sind, ein überdurchschnittlich hohes
Commitment aufweisen, weniger Stress erleben und weniger unter psychosomatischen Be-
schwerden leiden als Mitarbeiter, die mit ihrer Führungskraft unzufrieden sind (vgl. Felfe, 2009;
Six & Felfe, 2006). Führung hängt also sowohl mit leistungsrelevanten Kriterien als auch mit
Gesundheit und Wohlbefinden zusammen. Ausgehend von der Auffassung von Führung als
Interaktionsphänomen ist also anzunehmen, dass die Interaktionsqualität einen entscheidenden
Faktor für das Funktionieren der Gesamtorganisation und des einzelnen Mitarbeiters darstellt.
Als eine empirisch gut untersuchte und auf dieser Basis als effizient erachtete Form der
dynamischen Interaktion zwischen Führungsperson und Geführten gilt die transformationale
Führung (vgl. Burns, 1978; Bass, 1985), die insbesondere durch ihre positiven Auswirkungen
auf die Interaktionsbeteiligten und die Gesamtorganisation gekennzeichnet ist. Dabei richtet die
transformationale Führung ihr Augenmerk auf die gegenseitige Beeinflussung von Führungs-
person und Mitarbeitern innerhalb spezifischer Rahmenbedingungen und stellt damit einen Füh-
rungsansatz im Rahmen des Paradigmas des dynamischen Interaktionismus (vgl. Magnusson,
1990; vgl. auch reziproker Determinismus, Bandura, 1978; vgl. transaktionaler Ansatz, Lazarus,
1998) dar. Dieser geht von einer wechselseitigen, nicht linearen Beeinflussung von Person, Si-
tuation und Verhalten aus, bei der keine Unterscheidung zwischen abhängigen und unabhängi-
gen Variablen getroffen werden kann. Im Fokus dieser Arbeit stehen transformationale Füh-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 12

rungsprinzipien als spezifische Form der dynamischen Interaktion zwischen Führungsperson


und Mitarbeitern.

1.1.1.2 Zwei Auffassungen von Führung: Leadership und Management


Entwicklungen der Führungsforschung, die dem New Leadership Approach (vgl. Bryman, 1992;
Felfe, 2009) zugeordnet werden können, stellen den Ausgangspunkt für aktuelle Arbeiten zur
transformationalen Führung dar. Eine zentrale Basis für die New Leadership Strömungen bildet
die Unterscheidung von zwei Typen von Führungspersonen, der Manager und der Leader
(Zaleznik, 1977). Beide unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Ziele, Einstellungen, Rollen und
Handlungsstrategien. Nach Bennis und Nanus (1985) konzentrieren sich Manager eher darauf,
die Dinge richtig zu tun, während es Leadern gelingt, die richtigen Dinge zu tun.
Dem Management kommt in erster Linie eine strukturierende und ordnende Funktion
zu, die sich vornehmlich auf anfallende Aufgaben bezieht (vgl. Bass & Avolio, 1999). Es wer-
den komplexe Pläne zur Zielerreichung entworfen und Ergebnisse kontinuierlich überwacht. So
bestehen die Aufgaben eines Managers z.B. darin zu planen, zu organisieren, Kontrolle auszu-
üben und Vorstellungen mit Weitblick umzusetzen. Der Manager kann bei der Erfüllung dieser
Aufgaben, muss aber nicht unbedingt, in die Führung von Mitarbeitern involviert sein (vgl.
Weinert, 2004).
Leadership hat hingegen weniger die Aufgaben, als den Menschen, der diese Aufgaben
erfüllt, also den Mitarbeiter im Blick und sorgt unter Verwendung diverser Führungsinstrumen-
te (z.B. Motivation durch offene Kommunikation, Lob und Anerkennung) für eine gleicherma-
ßen effiziente und effektive Erreichung der vorgegebenen Unternehmensziele (vgl. von Rosens-
tiel & Comelli, 2003). Bennis listet 1989 eine Reihe von Charakteristika für künftige Führungs-
personen auf, die sich aus seiner Sicht in Zukunft verstärkt als Leader begreifen sollten: So set-
zen Leader beispielsweise auf Vertrauen, verstehen sich als Innovatoren, konzentrieren sich auf
Menschen, weisen eine Langzeitperspektive und Weitblick auf, fragen „was und warum“, rich-
ten ihren Blick auf das gesamte Unternehmen und fordern den Status quo heraus. Conger (1992)
definiert Leadership folgendermaßen:
Leaders are individuals who establish direction for a working group of individuals, who
gain commitment from these group members to this direction, and who then motivate these
members to achieve the direction‟s outcomes (p. 18).
In dieser Definition werden drei Funktionen deutlich, die Leadership vom klassischen Manage-
ment abgrenzen (vgl. Kotter, 1990): Es wird eine gemeinsame Entwicklungsrichtung etabliert
beziehungsweise eine Zukunftsvision kreiert, die Geführten werden auf dieses Entwicklungsziel
hin ausgerichtet (indem die Vision durch Worte und Taten kommuniziert wird) und die Füh-
rungskraft inspiriert und motiviert die Geführten, sich in diese Richtung zu bewegen.

Seit Mitte der 80er Jahre wuchs in der Führungsforschung das Interesse an Ansätzen der cha-
rismatischen beziehungsweise transformationalen Führung (vgl. Bass, 1985; Conger &
Kanungo, 1988; House, 1977), die die genannten Funktionen des Leaderships in den Mittel-
punkt stellen. Transformationale beziehungsweise charismatische Führungspersonen gestalten
die Interaktion zu ihren Mitarbeitern, indem sie diese emotional ansprechen und kognitiv her-
ausfordern. Sie nehmen Einfluss, indem sie attraktive Visionen vermitteln, gemeinsame Interes-
sen in den Mittelpunkt stellen, vorbildhaftes Verhalten zeigen und die Mitarbeiter individuell
1.1 Transformationale Führung 13

unterstützen und fördern. House (1995) weist darauf hin, dass alle seit 1980 vorgeschlagenen
Führungstheorien und Konzepte des New Leaderships in verschiedenen Varianten Komponen-
ten inspirierender, intellektuell stimulierender und charismatischer Führung enthielten. So bein-
halten die zentralen Konzepte des New Leaderships nach Conger und Kanungo (1988, 1998),
Bass (1985, 1999) sowie House (1977) jeweils die gleichen Kernfacetten transformationaler
und charismatischer Führung: visionäre Führung, Inspiration, modellhaftes Verhalten, Unter-
stützung persönlichen Wachstums, Vertrauen und Berücksichtigung der Bedürfnisse der Ge-
führten.
Bass (1985) entwickelte mit seiner Konzeptualisierung der transformationalen und
transaktionalen Führung ein Modell, das anstrebte, diese Komponenten zu systematisieren, auf-
einander zu beziehen und durch die Entwicklung eines entsprechenden Fragebogens messbar zu
machen.

1.1.1.3 Transformationale Führung


Die Theorie der transformationalen Führung findet erstmalige Erwähnung in der Monografie
„Leadership“ von Burns aus dem Jahre 1978. Der Autor nimmt hier die Unterscheidung zwi-
schen transformationaler und transaktionaler Führung vor, die für ihn zwei Pole ein und dersel-
ben Dimension darstellen. Die transaktionale Führung ist dabei durch ein Austauschprinzip von
Leistungen zwischen Führungskraft und Geführten gekennzeichnet, während der
transformationale Führer auf charismatische Art und Weise die Werte und Bedürfnisse seiner
Untergebenen erhöht und sie dadurch zu Leistungen jenseits des Erwarteten anspornt (vgl.
Burns, 1978). Die aus der Politik stammende Konzeption wurde von Bass (1981) auf den Be-
reich der Wirtschaft übertragen und weiterentwickelt. Seitdem gewann die Theorie beständig an
Relevanz. So wird in Zeiten des globalen Wettbewerbsdrucks nach Möglichkeiten gesucht, die
eigenen Unternehmensressourcen, insbesondere die Humanressourcen, optimal zu nutzen: Mit-
arbeiter sollen sich mit den Unternehmenszielen identifizieren, Begeisterung für ihre berufliche
Tätigkeit empfinden und das Gefühl haben, etwas Sinnvolles zu tun, um so die nötige Motivati-
on aufzubringen, ihre Arbeit mit vollem Einsatz zu leisten. An dieser Stelle sind Führungskräfte
gefordert, ihre Mitarbeiter auf den vier von Bass (1985, 1990) sowie Bass und Avolio (1993)
postulierten Ebenen Idealized Influence (Charisma und Vorbildwirkung), Inspirational Motiva-
tion (Motivation durch eine inspirierende Zukunftsvision), Intellectual Stimulation (Anregung
von Eigenverantwortung und unabhängigem Denken) und Individualized Consideration (Indi-
viduelle Berücksichtigung und Förderung der einzelnen Mitarbeiter) anzusprechen. Diese vier
Ebenen werden als Komponenten transformationaler Führung bezeichnet, die in erster Linie
charakteristische Verhaltensweisen beschreiben, durch die eine transformational führende Per-
son gekennzeichnet ist.
Transformationale Führung definiert sich darüber hinaus über die Art der erzielten Er-
folge, die durch diese Verhaltensweisen erreicht werden (sollen): Mitarbeiter verändern als
Konsequenz transformationaler Führung ihr Anspruchsniveau und erbringen damit Leistung, die
über die ursprüngliche Erwartung hinausgeht. Weiterhin setzen sich die Mitarbeiter verstärkt für
strategische (Gruppen)-Ziele ein und zeigen eine höhere Arbeitszufriedenheit sowie ein höheres
psychisches Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Die Konsequenzen transformationaler Führung
werden als transformationale Effekte (siehe 1.1.5.1 und 1.1.5.2) bei den Geführten bezeichnet
und von Avolio & Bass (1998) folgendermaßen zusammengefasst:
1 Theoretische und empirische Grundlagen 14

Altogether, transformational leadership is predicted to develop exemplary followers who


trust their leaders, who anticipate a more optimistic future, who are willing to question their
leaders, and who focus on continuous improvement and development in themselves, as well
as their colleagues (p. 394).
Insgesamt liegt transformationale Führung, die als klassisches Leadership-Modell eingeordnet
werden kann, dann vor, wenn sich Führer und Geführte „so engagieren und aufeinander einlas-
sen, daß [sic] sie sich reziprok auf eine höhere Ebene der Motivation und Moralität ‚transferie-
ren„“ (Steyrer, 1995, S. 147). Demnach gehen Führungskräfte und Geführte eine Beziehung ein,
in der sie sich gegenseitig fortentwickeln – hin zu gemeinsamen Zielsetzungen und höheren
Werte-Standards (vgl. Burns, 1978; Rathgeber und Jonas, 2003). Entsprechend der gegenseiti-
gen Transformation wird die tranformationale Führung bei Weinert (2004) der veränderungs-
orientierten Führung zugeordnet.

1.1.2 Full Range of Leadership

Transformationale Führung ist eingebettet in den Full Range of Leadership (vgl. Bass & Avolio,
1994), der neben den Komponenten der transformationalen Führung auch Verhaltensweisen
transaktionaler Führung und Komponenten passiver Führung bis hin zur Verweigerung von
Führung (Laissez Faire) umfasst. In Abschnitt 1.1.2.1 werden die beiden übergeordneten
Hauptbestandteile des Full Range of Leadership, die transaktionale und transformationale Füh-
rung, charakterisiert. Abschnitt 1.1.2.2 führt die Kennzeichen und Führungsbausteine des Full
Range of Leadership im Einzelnen auf. Die vier Komponenten transformationaler Führung wer-
den in Abschnitt 1.1.3 dargestellt.

1.1.2.1 Transaktionale und transformationale Führung


Bass griff bei der Konzeption seines Führungsansatzes auf die terminologische Unterscheidung
von Burns (1978) zurück, der im Zuge einer qualitativen Analyse von Politikerbiographien zwei
Formen von politischer Führung differenzierte, die er als transactional und transforming be-
zeichnete.

a) Beschreibung transaktionaler und transformationaler Führung

Transaktionale Führung
Die transaktionale Führung basiert nach Burns auf dem Prinzip des sozialen Austausches, also
vereinfacht ausgedrückt auf dem Prinzip von Geben und Nehmen (vgl. Rathgeber & Jonas,
2003). Dieser Austausch kann sich auf der wirtschaftlichen, politischen oder auf der psycholo-
gischen Ebene abspielen (vgl. Weinert, 2004). Erwartetes Ergebnis dieses Austauschs ist die
zwischen Mitarbeiter und Führungskraft vereinbarte Leistung, d.h. der Mitarbeiter wird belohnt,
wenn er vorher vereinbarte Ziele erreicht (vgl. Bass, 1988). Die Führungskraft versucht zu er-
kennen, welche Gegenleistung oder Belohnung ein Mitarbeiter für seine Arbeit erwartet und
erbringt diese Gegenleistung bei entsprechender Arbeitsleistung des Mitarbeiters. Komponenten
der transaktionalen Führung umfassen damit klassische Führungsaufgaben wie Zielsetzung,
Kontrolle und Feedback. Bass (1988) fasst zusammen, dass es sich bei der transaktionalen Füh-
rung um kontingente Verstärkung („contingent reinforcement“; Bass, 1988, p. 30) handelt. Da-
bei kann eine Komponente der transaktionalen Führung, das Management by Exceptions, als
1.1 Transformationale Führung 15

kontingente negative Verstärkung verstanden werden, d.h. die Führungskraft interveniert nur,
wenn die vereinbarten Standards nicht eingehalten werden. Felfe und Goihl (2002) fassen die
zentrale Aussage der transaktionalen Führung treffend zusammen: „In this sense, executives and
subordinates are business partners in a deal, where good work earns a reward“ (p. 91). Die Be-
ziehung zwischen Führungskraft und Geführten geht bei der transaktionalen Führung nicht über
die beschriebene Austauschbeziehung hinaus, da sie keine gemeinsame Zielsetzung oder Ab-
sicht verbindet, auf welche sie hinsteuern (vgl. Burns, 1978).

Transformationale Führung
Bei der transformationalen Führung gehen Führungskräfte und Geführte hingegen eine Bezie-
hung ein, in der sie sich gegenseitig fortentwickeln: „Such leadership occurs when one or more
persons engage with others in such a way that leaders and followers raise one another to higher
levels of motivation and morality” (Burns, 1978, p. 20). Die transformationale Führungskraft
erkennt also nicht nur die Bedürfnisse der Geführten und reagiert entsprechend darauf, sondern
sie versucht, das Niveau dieser Bedürfnisse auf eine höhere Reifestufe anzuheben (vgl. Bass,
1985). Indem an die Werte und an den Sinn für übergeordnete Zwecke der Geführten appeliert
wird, lässt sich der Status quo verändern (vgl. Weinert, 2004) und Mitarbeiter werden für Ziele
motiviert, die über die jeweiligen Eigeninteressen hinausreichen:
[…] the transformational leaders shift goals away from personal safety and security to-
wards achievement, self-actualization, and the greater good. Transformational leaders may
have the charisma to fulfill the frustrated needs for identity and lack of socials support felt
by followers (Bass, 1998, p. 41).
Darüber hinaus nimmt die transformationale Führungskraft Einfluss auf das Selbstkonzept der
Geführten (vgl. Shamir, House & Arthur, 1993) und fördert damit das Selbstvertrauen der Mit-
arbeiter. Mitarbeiter verändern ihr Anspruchsniveau, setzen sich für höhere Ziele ein und er-
bringen somit Leistung über die Erwartungen hinaus. Insgesamt steht bei der transformationalen
Führung die Beziehungsstruktur zwischen Mitarbeiter und Führungskraft im Vordergrund.

b) Zusammenhang transaktionaler und transformationaler Führung

Unabhängige Dimensionen
Burns (1978) begriff die Konstrukte der transformationalen und transaktionalen Führung als
Endpunkte einer einzigen Dimension. Kennzeichnend für die Theorie von Bass ist im Gegensatz
dazu, dass transaktionale und transformationale Führung unabhängige Dimensionen darstellen,
die sich jeweils in empirisch gewonnene Subfaktoren untergliedern lassen. So griff Bass zwar
Burns terminologische Unterscheidung von transaktional und transformational auf, fasste je-
doch die beiden Konstrukte nicht länger als bipolare Dimensionen, sondern als komplementäre
Führungsfacetten auf: „…transformational and transactional leadership are likely to be
displayed by the same individuals in different amounts and intensities“ (Bass, 1985, p. 26). Em-
pirische Ergebnisse deuten darauf hin, dass die besten Führungspersonen typischerweise sowohl
transaktionale als auch transformationale Verhaltensweisen zeigen (vgl. Bass & Avolio, 1993).
So kann zwar auch die transaktionale Führung alleine sehr erfolgreich sein, es wird damit aber
keine echte Veränderung des jeweiligen Status quo erreicht. Transformationale Führung führt
hingegen zu besseren Resultaten, wie z.B. zu besseren Gruppenleistungen und zu größeren Ver-
änderungen in der Organisation (vgl. Avolio & Bass, 2002).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 16

Augmentationshypothese
Nach der Augmentationshypothese ist allerdings auch die transformationale Führung nicht al-
lein, sondern erst auf der Basis transaktionaler Führung erfolgreich (vgl. Bass & Avolio, 1990a).
So müssen die alltäglichen Anforderungen effektiv gemanagt werden, d.h. die Transaktion mit
den Geführten muss effektiv gestaltet werden, um darauf aufbauend transformationale Wirkun-
gen zu erzielen. Darüber hinaus erfahren die Geführten durch transaktionale Prinzipien (wie
z.B. das Treffen und die Einhaltung transparenter und expliziter Vereinbarungen) Verlässlich-
keit und Konsistenz in der Beziehung zur Führungskraft, die die Basis dafür darstellt, eine
transformationale Führungsbeziehung aufzubauen. Die nach dem Austauschprinzip der transak-
tionalen Führung erwartete Anstrengung und dementsprechend erwartete Leistung des Mitarbei-
ters wird durch transformationale Führung erhöht, da der Mitarbeiter „extra effort“ (Bass, 1985)
zeigt, was zu Erfolg führt, der über die Erwartungen hinaus geht (siehe Abbildung 1.1.1):
Transformational leaders motivate others (followers, colleagues, clients, and supervisors) to
do more than they originally intended and often even more than they thougt possible. They
set challenging expectations and typically motivate and enable others to achieve higher lev-
els of performance (Avolio & Bass, 1998, p. 394).
Durch transformationale Führungsprinzipien werden Visionen als erstrebenswert erachtet,
Selbstinteressen werden den Teaminteressen untergeordnet und Bedürfnisse werden in Richtung
Selbstaktualisierung verändert. Daraus resultiert eine Veränderung des Anspruchsniveaus bei
den Geführten, die zu „extra effort” und in der Konsequenz zu “performance beyond
expectations“ (Bass & Avolio, 1997) führen.

Transformationale
Führung

Transaktionale Erwartete Extra Effort/


Führung Anstrengung Anstrengung

Erfolg über die


Erwarteter
Erwartungen
Erfolg
hinaus

Abbildung 1.1.1: Augmentationshypothese (Abbildung modifiziert nach Bass & Avolio, 1997)

Dieser – über die transkationale Führung hinausgehende – zusätzliche Beitrag der


transformationalen Führung zu verschiedenen Erfolgsmaßen konnte in mehreren Studien empi-
risch nachgewiesen werden (vgl. z.B. Bass, 1985; Brown & Dodd, 1999; Felfe, 2006b; Geyer &
Steyrer, 1998; Heinitz, 2006; Judge & Piccolo, 2004; Martin & Epitropaki, 2001; Waldmann,
Bass & Yammarino, 1990). Nicht transformationale Führung allein, sondern transformationale
Führung auf der Basis der transaktionalen Führung ist nach dem Modell also erfolgreich.

1.1.2.2 Führungsbausteine im Full Range of Leadership


Das Repertoire möglicher Führungsverhaltensweisen ordneten Bass (1985) sowie Bass und
Avolio (1994) auf zwei Kontinua an, die zum einen den Aktivitätsgrad, zum anderen die Effek-
tivität des Führungsverhaltens beschreiben (siehe Abbildung 1.1.2). Bass und Avolio postulier-
ten, mit diesem Modell die gesamte mögliche Führungsbreite abzudecken – was von Yukl
(1999) in Bezug auf die theoretische Konzeption kritisiert wurde – und bezeichneten daher die-
ses Kontinuum als Full Range of Leadership. Jede Führungskraft kann die einzelnen Dimensio-
1.1 Transformationale Führung 17

nen individuell ausgestalten und von partizipativ bis direktiv umsetzen. Damit sind Führungs-
personen nicht auf eine einzige Strategie festgelegt, sondern können das gesamte Führungs-
spektrum in unterschiedlichem Ausmaß und in unterschiedlicher Art und Weise der Umsetzung
nutzen. Entscheidend für den Erfolg des Führungsverhaltens ist die Gewichtung der Faktoren im
Führungsalltag: Da die Führungsbausteine unterschiedlich effektiv sind, sollte deren Einsatz-
häufigkeit von Laissez-Faire, über die Komponenten transaktionaler Führung bis hin zu den
Komponenten transformationaler Führung steigen.

effektiv
Idealized
Influence
Inspirational
Motivation
Intellectual
Stimulation
Individual
Consideration
Contingent
Reward
passiv Management aktiv
by Exception
active
Management
by Exception
passive

Laissez Faire

ineffektiv
Abbildung 1.1.2: Full Range of Leadership (Abbildung modifiziert nach Bass & Avolio, 1994)

Folgende Komponenten sind im Full Range of Leadership verankert (siehe Abbildung 1.1.2):

Laissez Faire
Das untere Ende des Full Range of Leadership ist durch extreme Passivität gekennzeichnet und
ist als Führungsform grundsätzlich ineffektiv. Laissez Faire kann daher auch als Nicht-Führung
oder Verweigerung von Führung gekennzeichnet werden. Im schlimmsten Fall ist ein solches
Verhalten nicht nur ineffektiv, sondern verursacht darüber hinaus zusätzliche Probleme, da z.B.
erforderliche Entscheidungen zu spät getroffen werden. Daher übersetzte Felfe (2006b) diese
Komponete auch mit Vermeidung von Führung.

Management by Exception
Management by Exception zeigt an, dass der Führende nur dann in den Arbeitsprozess eingreift,
wenn Abweichungen oder Ausnahmen auftreten oder wenn der Status quo gefährdet und daher
aktiv aufrecht zu erhalten ist.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 18

Grundsätzlich lässt sich die transaktionale Führung in zwei relevante Faktoren untergliedern
(vgl. Avolio & Bass, 1988): Contingent Reward (kontingente Verstärkung) und Management by
Exception. Der zweite Faktor weist wiederum eine aktive und eine passive Komponente auf.
Die passive Komponente wird zum Teil der transkationalen Führung, zum Teil der passiv-
vermeidenden Führung zugeordnet (siehe 1.1.5). Insgesamt versteht sich die passive Form des
Management by Exceptions als eine Art „Feuerwehr-Strategie“ (Rathgeber & Jonas, 2003, S.
58), bei der abgewartet wird bis Ausnahmesituationen eintreten und erst dann reagiert wird.
Damit ist diese Strategie durch weitgehende Zurückhaltung gekennzeichnet. Bei der aktiven
Form sucht die Führungsperson hingegen aktiv nach Normabweichungen und verfolgt eingetre-
tene Fehler konsequent. Sie sieht sich in der Rolle eines Monitors, der die Prozesse kontrolliert
und frühzeitig korrigierend eingreift (vgl. Felfe, 2006b).
Insgesamt bleibt beim Management by Excpetion die positive Verstärkung durch eine
bedürfnisadäquate Belohnung des Mitarbeiters aus, während die Bestrafung bei Nicht-Erfüllung
der Anforderungen erfolgt. Felfe (2006b) wählt für die beiden Komponenten des Managements
by Exception die deutschen Bezeichnungen Führung durch aktive Kontrolle sowie Führung
durch Eingreifen im Ausnahmefall.

Contingent Reward
Eine kontingent verstärkende Führungskraft klärt mit den Mitarbeitern, welche Rollen- und
Aufgabenanforderungen erfüllt sein müssen, um ein erwünschtes Ergebnis zu erzielen (vgl.
Bass, 1988). Es geht um die positive und negative Verstärkung von Zielerreichungsgraden nach
dem Prinzip des operanten Lernens sowie um das Ausmaß, in dem Führungsperson und Mitar-
beiter bereit sind, für den jeweils anderen etwas zu tun, wenn dieser eine entsprechende Gegen-
leistung erhält. Die Motive und Bedürfnisse der Mitarbeiter werden eruiert und instrumentali-
siert, d.h. die Führungskraft versucht bei entsprechender Arbeitsleistung der Mitarbeiter eine
diesen Motiven entsprechende Gegenleistung zu erfüllen. Somit ist zu erwarten, dass die Moti-
vation zur Erfüllung der Zielvereinbarungen steigt. Insgesamt weist die Konzeption des Füh-
rungsstils Contingent Reward Parallelen zur betriebswirtschaftlichen und in der Praxis beliebten
Methode des Management by Objectives auf (vgl. auch Zielsetzungstheorie von Locke &
Latham, 1990). Felfe (2006b) übersetzt Contingent Reward mit der Bezeichnung leistungsorien-
tierte Belohnung.
Gründet eine transkationale Führungskraft ihre Führungstätigkeit nur auf der Perspekti-
ve einer kontingenten Verstärkung ihrer Mitarbeiter, so kann es sein, dass Mitarbeiter v.a. be-
strebt sein werden, ihre kurzfristigen Ziel zu erreichen, ohne auf die langfristigen Implikationen
zu achten (vgl. Bass, 1988; Bass & Avolio, 1997). Kontingente Verstärkung scheint dann effek-
tiv zu sein, wenn es darum geht, Rollenunklarheiten zu reduzieren. Außerdem ist sie für eine
bestimmte Gruppe von Mitarbeitern ein effektiver extrinsischer Motivator, um Anstrengung und
Motivation zu erhöhen. Insgesamt lassen sich aber durch positive wie v.a. auch durch negative
kontingente Verstärkung keine höheren Motivations- oder Leistungslevel bei den Mitarbeitern
generieren, womit die kontingente Verstärkung nach Bass (1988) durch transformationale Füh-
rungsverhaltensweisen ergänzt werden muss.

Komponenten transformationaler Führung


Die Komponenten beziehungsweise charakteristischen Verhaltensweisen transformationaler
Führung lassen sich den von Bass (1985) eingeführten vier Dimensionen, den „vier Is“ zuord-
1.1 Transformationale Führung 19

nen. Die vier Komponenten der transformationalen Führung sind im Full Range of Leadership
durch einen hohen Level an Aktivität und Effektivität gekennzeichnet. Dabei repräsentieren
Idealized Influence und Inspirational Motivation das Konzept des Charismas (vgl. Avolio, Bass
& Jung, 1999; Bass, 1985) und ähneln solchen Verhaltensweisen und Attributen, welche auch in
anderen Theorien charismatischer Führung spezifiziert wurden (vgl. z.B. Conger & Kanungo,
1998). Bass (1985) ergänzte die charismatische und visionäre Komponente um zwei weitere
Führungsdimensionen, die fördernde (Individual Consideration) und fordernde (Intellectual
Stimulation) Führung.

Situationale Abhängigkeit der Effektivität der Führungsbausteine


Wie in anderen Führungstheorien hervorgehoben, so wird auch in der Konzeption des Full Ran-
ge of Leadership angenommen, dass die Situation eine entscheidende Determinante von Füh-
rungseffektivität darstellen kann. Durch ein möglichst breites Repertoire an Führungsverhal-
tensweisen sollte eine flexible Anpassung der Führung an wechselnde situative Arbeitsbedin-
gungen und –anforderungen gewährleistet werden. Im Idealfall kann das Repertoire an Füh-
rungsverhaltensweisen demnach situationsabhängig eingesetzt werden, um adäquat auf neue
Anforderungen zu reagieren. So wird nicht von dem „one best way“ der Führung ausgegangen,
sondern die Art und Weise des Einsatzes von Führungsmustern orientiert sich zum einen an den
individuellen Voraussetzungen auf Seiten der Führungskraft, zum anderen an situationsbeding-
ten Faktoren. Charakeristisches Kennzeichen der transformationalen Führung ist allerdings die
Annahme, dass die Führungsperson fähig ist, aktiv auf die Situation Einfluss zu nehmen: „More
specifically, transformational leaders do not necessarily react to environmental cirumstances –
they create them” (Bass, 1988, p. 36). Die Führungsperson wird als ein dynamischer Gestalter
der Situation verstanden. In diesem Sinne sollte eine transformational führende Person dazu
fähig sein zu erkennen, wann der richtige Zeitpunkt für eine Veränderung von Individuen, Or-
ganisationen und/oder gesellschaftlichen Sichtweisen gegeben ist.

1.1.3 Vier Komponenten transformationaler Führung

Abschnitt 1.1.3.1 gibt einen tabellarischen Überblick über die vier Komponenten
transformationaler Führung, die in den Abschnitten 1.1.3.2 bis 1.1.3.5 beschrieben werden.

1.1.3.1 Überblick
In Tabelle 1.1.1 können die vier Komponenten transformationaler Führung mit den jeweils cha-
rakteristischen Verhaltensweisen und deren Konsequenzen nachvollzogen werden.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 20

Tabelle 1.1.1: Vier Komponenten transformationaler Führung (die „vier Is“) (nach Bass, 1985, 1990;
deutsche Übersetzung nach Felfe, 2006b)
Komponenten Beschreibung/ Charakteristische Konsequenzen/ Erfolge
transformationaler Spezifizierung Verhaltensweisen eines entsprechenden
Führung Führungsverhaltens
Idealized Influence - Charisma - Modellhaftes - Bewunderung
(II) - Unterteilung in Verhalten - Vertrauen und
attributionalen und - FK ordnet eigene Respekt
behavioralen Teil Bedürfnisse unter die - Modellwirkung: FK
Einfluss durch - Spezifische Ausstrah- Teambedürfnisse wird zur Identifikati-
Vorbildlichkeit und lungskraft der FK, die - FK erwartet hohe onsfigur
Glaubwürdigkeit unabhängig von ihren Leistungs- und ethi- - FK vermittelt
fachlichen Kompe- sche Standards Enthusiamus
tenzen wirkt. - FK strahlt aus, das - Geführte wollen FK
Richtige zu tun nachahmen
Inspirational - Visionäre Führung - Visionen haben, - Selbstvertrauen &
Motivation (IM) - Beeinflussung hin zu kommunizieren, Selbstwirksamkeit
einem Ideal symbolisieren und - Begeisterung &
- Ansteckender Teil der leben Interesse
Motivation durch Führung, durch den - Hohe Erwartungen - Arbeit erscheint
begeisternde Enthusiamus für ein kommunizieren bedeutsam, sinnvoll,
Visionen Ziel verbreitet wird. - Wichtige Ziele in ganzheitlich
- Überzeugung vermit- einfacher Manier
teln, dass die Zukunft ausdrücken
deutlich attraktiver ist - FK vermittelt Opti-
als die Gegenwart mismus und
Zuversicht
Intellectual - Intellektuelle Anre- - Zu kreativem und - Selbstständigkeit
Stimulation (IS) gung der Mitarbeiter innovativem Denken - Partizipation
auf intellektueller anregen, indem ge- - Kreativität & Innova-
Ebene wohnte Annahmen in tion
Anregung und - Manager als Problem- Frage gestellt werden - Mentale Flexibilität
Förderung von löser, Führer als - Neue Perspektiven - Problemlösefähigkeit
kreativem und Problemsucher einnehmen (lassen), - Förderung von
unabhängigem Probleme in neuen Rationalität
Denken Bezugsrahmen stellen - Größerer Ideenpool
- Entscheidungen hin-
terfragen und infrage
stellen lassen
- Zu kreativen Ideen
ermuntern
Individualized - Führungsrolle als - Aufmerksamkeit - Motivation zu zusätz-
consideration (IC) Mitarbeiter-Coach gegenüber individuel- licher Anstrengung,
- Potenzial einzelner len Unterschieden Veränderung des
Mitarbeiter erkennen - Jeder Mitarbeiter Anspruchsniveaus
Individuelle und fördern wird individuell ge- - Individuelle soziale
Unterstützung und fördert Unterstützung
Förderung - Führungskraft hört - Individuelle Förde-
aktiv zu: Erkennen rung und Beratung
der Bedürfnisse der - Optimale Potenzial-
Mitarbeiter entwicklung
Anmerkungen: FK= Führungskraft

1.1.3.2 Idealized Influence: Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit


Charisma wird oft als Form persönlicher Anziehung und Bewunderung verstanden, die dazu
beiträgt, dass die Führungsperson unterstützt und akzeptiert wird (vgl. Weinert, 2004). Führung
als Beeinflussungsprozess (siehe 1.1.1.1) wird also begünstigt, wenn die Führungsperson von
1.1 Transformationale Führung 21

den Geführten als charismatisch wahrgenommen wird. Das „erste I“ der transformationalen
Führung beschreibt deren charismatische Komponente und damit die spezifische Ausstrah-
lungskraft einer Führungsperson, die unabhängig von ihren fachlichen Kompetenzen wirkt. Die
Führungskraft erwartet hohe Leistungsstandards und ethische Standards von ihren Mitarbeitern,
richtet sich aber auch in ihrem eigenen Verhalten nach diesen Standards. Damit zeigt sie mo-
dellhaftes Verhalten und strahlt aus, das Richtige zu tun (vgl. Avolio & Bass, 1998). Darüber
hinaus ist sie bereit, für übergeordnete Zielsetzungen persönliches Risiko einzugehen. Das Ver-
halten, die Werte und Prinzipien der Führungskraft stimmen also mit den Ansichten überein, die
sie nach außen vertritt, was eine transformationale von einer „pseudo-transformationalen“ Füh-
rungskraft (siehe 1.1.7.2) unterscheidet. Als Konsequenz der idealisierten Einflussnahme wird
die Führungsperson bewundert und respektiert und wird damit zu einer Identifikationsfigur für
die Geführten (vgl. Avolio & Bass, 1998).

Auffassungen von Charisma


Lange Zeit waren viele Forscher der Auffassung, dass Charisma allein in der Persönlichkeit des
Führenden zu verankern ist. Inzwischen steht bei der Beschreibung von charismatischer Füh-
rung weniger die „Führungsperson mit übermenschlichen Qualitäten“ (Weinert, 2004, S. 509),
als vielmehr die besondere Beziehung zwischen Führungsperson und Geführten im Mittelpunkt.
Bass (1988) hebt hervor, dass er Charisma nicht als Persönlichkeitseigenschaft oder als Gabe
auffasst, sondern dass Charisma als Funktion dessen verstanden wird, wie Geführte bestimmte
Verhaltensweisen und Eigenschaften der Führungsperson wahrnehmen. Um Missverständnis-
sen, zu hohen Erwartungen oder Provokationen vorzubeugen, die aufgrund der historischen und
konzeptionellen Vorbelastung des Konstrukts des Charimas einhergehen, schlug Bass (1999)
sogar vor, auf die Verwendung des Begriffs Charisma im Kontext transformationaler Führungs-
prinzipien ganz zu verzichten.
Eine verhaltensbezogene Auffassung von Charisma kommt insbesondere bei Conger
und Kanungo (1987, 1988) zum Ausdruck, die Charisma als Kombination von Fähigkeiten und
Verhaltensweisen einer Person begreifen, die in einem bestimmten organisationalen Kontext
wirksam werden. Sie beschreiben fünf trainierbare Bereiche von Schlüsselfertigkeiten charisma-
tischer Führung, die den vier Komponenten transformationaler Führung in vielen Aspekten äh-
neln. Tabelle 1.1.2 gibt einen Überblick über die Verhaltenskomponenten charismatischer Füh-
rung nach Conger und Canungo (1988) und deren Bezug zu den „vier Is“ nach Bass (1985).
Conger und Kanungo (1988, 1998) betonen, dass die in Tabelle 1.1.2 aufgeführten Fak-
toren ihre Wirkung nicht einzeln erzielen, sondern eine integrierte Konstellation der Kompo-
nenten angestrebt werden muss, damit sich eine charismatische Wirkung manifestiert. In ihrem
sehr verhaltensnahen Prozessmodell charismatischer Führung von 1998 beschreiben die Auto-
ren drei aufeinanderfolgende Phasen der charismatischen Führung, in denen die aufgezeigten
Komponenten ihre Wirkung entfalten: Die Situationsanalyse, die Formulierung und Kommuni-
kation einer Vision sowie in der dritten Phase die konkreten Schritte zum Erreichen der Vision,
die häufig innovativ und unkonventionell sind und bei denen die Führungsperson bereit ist, per-
sönliche Risiken auf sich zu nehmen.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 22

Tabelle 1.1.2: Bereiche trainierbarer Schlüsselfertigkeiten charismatischer Führung nach Conger &
Kanungo (1988)
Bereiche von Zu Grunde liegende Kompetenzen auf Verhaltensebene Abgleich mit
Schlüsselfertigkeiten und kognitiver Ebene den „vier Is“
nach Conger & nach Bass
Kanungo (1988) (1985)
Critical evaluation - Problemsensitivität - entspricht
and problem - Wahrnehmung von Defiziten im Status quo partiell dem
detection skills - Situationen neu erfassen und Probleme umdefinieren dritten I

Visioning and - Visionen entwickeln - entspricht


planning skills - Realistische aber unkonventionelle Umsetzungsstrategien einer Kom-
zur Zielerreichung planen bination aus
- Strategisches, langfristiges Denken dem zweiten
- Anwendung von Kreativitätstechniken und dritten I
Communication - Sprachliche und rhetorische Ausdrucksfähigkeit - entspricht
(articulation and - Bedeutung transportieren und überzeugen partiell dem
interpersonal - Bedürfnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter wahrneh- zweiten I
men und bei der Vermittlung der Vision berücksichtigen - entspricht
sensitivity) skills partiell dem
vierten I
Personal exemplary Selbstdarstellungskompetenzen: - entspricht
behavior and impres- - Vorbildhaftes, glaubwürdiges, konsistentes Verhalten partiell dem
sion management - Äußere Erscheinung, Körpersprache, verbale Fähigkeiten ersten I
Empowering skills - Unterstützung von Mitarbeitern - entspricht
- Förderung von Selbstwirksamkeitserwartungen partiell dem
- Förderung von Selbstvertrauen vierten I
- Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters
ausdrücken
- Inspirierende, bedeutsame Ziele setzen

Insgesamt sind die Komponenten charismatischer Führung nach Conger und Kanungo (siehe
Tabelle 1.1.2), deutlich auf Selbstdarstellungs- und Kommunikationskompetenzen bezogen.
Dies wird besonders deutlich in der Phase 2, in der die Führungkraft eine attraktive Vision
überzeugend vermittelt und sich dabei durch eine besonders glaubwürdige und überzeugende
Selbstdarstellung auszeichnet.
Um die Verhaltenskomponenten von Charisma zu erfassen, wie sie im Modell von 1987
und 1988 vorgeschlagen wurden, entwickelten die Autoren die Conger-Kanungo Scale of
Charismatic Leadership (vgl. Conger, Kanungo, Menon & Mathur, 1997).

Behaviorale und attributionale Komponente des „ersten Is“


Entsprechend der aufgeführten Auffassungen von Charisma ist das „erste I“ in eine Zuschrei-
bungs- und eine Verhaltenskomponente untergliedert (Idealized Influence attributed und
Idealized Influence behavior; vgl. Bass & Avolio, 1995). Diese Trennung ist aufgrund der spe-
zifischen Merkmale von Charisma sinnvoll, da dieses nicht alleine durch Verhaltensweisen be-
schrieben werden kann sondern immer auch durch sein Ergebnis, also durch die Außenwirkung,
definiert ist. Charisma als eine Funktion der Reaktion der Geführten auf die Führungsperson
liegt demnach in den Augen des Betrachters und ist mit starken emotionalen Reaktionen der
Geführten auf die Führungsperson verbunden (vgl. Weinert, 2004).
1.1 Transformationale Führung 23

Charisma als zentrale Komponente transformationaler Führung


Eine Faktorenanalyse der Führungsskalen des Multifactor Leadership Questionnaires (MLQ;
siehe 1.1.4) macht deutlich, dass die Komponenten der charismatischen Führung für einen gro-
ßen Teil der Varianzaufklärung transformationaler Führung verantwortlich sind (vgl. Bass,
1988). Die transformationale Führung kann somit zu den Führungstheorien gezählt werden, die
unter dem Label „neo-charismatisch“ (House & Aditya, 1997, S. 439) zusammengefasst wur-
den. Diese weisen nach House und Aditya (1997) vier gemeinsame Charakteristika auf: Die
Theorien erklären,
 wie Führungskräfte ihre Organisationen zu außergewöhnlichen Leistungen und Verände-
rungen führen können,
 wie Führungskräfte bei ihren Mitarbeitern außergewöhnliches Vertrauen und Commitment
sowie
 außergewöhnliche Loyalität, Begeisterung, Motivation und Leistung hervorrufen können
und
 wie Führungskräfte Motive, Werte und Präferenzen ihrer Mitarbeiter von Selbstinteresse
hin zu Gruppeninteresse transformieren können.
Auch wenn sich also zahlreiche konzeptionelle Parallelen zwischen transformationaler und cha-
rismatischer Führung aufzeigen lassen und die Begriffe auch synonym verwendet werden (vgl.
House & Shamir, 1993), so betonen Bass und Avolio (1993), dass Charisma und
transformationale Führung nicht gleichzusetzen sind. Das „zweite bis vierte I“ sind jeweils hoch
mit Charisma korreliert, aber dennoch von Charisma konzeptuell zu unterscheiden. So kann
eine Führungskraft Verhaltensweisen der anderen Faktoren zeigen, ohne sich charismatisch zu
verhalten oder charismatisch zu wirken. Außerdem bleiben transformationale Führer nicht auf
der Stufe stehen, die Geführten für ihre Ideen und Visionen zu begeistern. Sie coachen ihre Mit-
arbeiter darüber hinaus, selbstständig zu denken und neue Sichtweisen einzubringen, die die
Gruppenziele vorantreiben.

1.1.3.3 Inspirational Motivation: Motivation durch begeisternde Visionen


Bei der zweiten Komponente der transformationalen Führung handelt es sich um den „anste-
ckenden Teil“ der Führung, um die Beeinflussung der Geführten hin zu einem Ideal. Inspirie-
rende Führungskräfte „haben Visionen, kommunizieren diese, symbolisieren und leben sie“
(Rathgeber & Jonas, 2003, S. 60) beziehungsweise formen Visionen über das, was möglich und
wie dies zu erreichen ist (vgl. Bass & Avolio, 1997). Die Führungskraft versteht es, wichtige
Ziele griffig zu formulieren und vermittelt die Überzeugung, dass die Zukunft deutlich attrakti-
ver ist als die Gegenwart. Wichtig ist, dass die Führungsperson durchwegs optimistisch ist, die-
se Vision gemeinsam mit ihrem Team auch erreichen zu können. Die Vision zeigt Chancen auf,
vermittelt Sinn und spricht höhere Bedürfnisse der Mitarbeiter an. Inspirierende Motivation
fokussiert demnach auf den Inhalt der Vision, den Kommunikationsstil der Führungskraft sowie
auf deren persönliche Überzeugungen.
Konsequenzen eines solchen Verhaltens bestehen darin, dass sich Mitarbeiter begeistert
für bestimmte Ziele einsetzen, da die Arbeit sinnvoll erscheint und in einen größeren Gesamtzu-
sammenhang einzuordnen ist. Führung ist demnach dann inspirierend und motivierend, wenn
sie die Geführten mit Herausforderungen, Überzeugungen, Sinngebung und einem Verständnis
für gemeinsame Handlungen und Ziele versorgt (vgl. Avolio & Bass, 1998). Insgesamt formu-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 24

liert eine inspirierende Führungsperson eine gemeinsame Vision der zu erreichenden Ziele und
motiviert Mitarbeiter durch ihre überzeugende Kommunikation dieser Vision, herausfordernde
Aufgaben optimistisch anzugehen (vgl. Avolio & Bass, 2002).

1.1.3.4 Intellectual Stimulation: Anregung von kreativem und unabhängigem Denken


Beim „dritten I“ geht es um die Anregung und Forderung der Mitarbeiter auf intellektueller
Ebene: „Through Intellectual Stimulation, transformational leaders help others to think about
old problems in new ways“ (Bass & Avolio, 1997, p. 28). Die Führungsperson fungiert hier
weniger als Problemlöser denn als Problemsucher, indem sie gewohnte Annahmen in Frage
oder Probleme in einen neuen Bezugsrahmen stellt. Sie versucht, neue Perspektiven einzuneh-
men und fordert dies auch von ihren Mitarbeitern. Dazu zählt ebenfalls, dass Ideen, die denen
der Führungsperson widersprechen, willkommen sind und dass die Führungskraft bereit ist,
Entscheidungen zu hinterfragen und infrage stellen zu lassen. Eine intellektuell stimulierende
Führungskraft unterstützt Kreativität am Arbeitsplatz und ermutigt dazu, Probleme von einer
neuen Perspektive aus zu betrachten und unkonventionelle Wege bei der Lösung dieser zu be-
schreiten (vgl. Avolio & Bass, 2002)
Konsequenzen dieses Führungsstils liegen in der Förderung der Selbstständigkeit von
Mitarbeitern (vgl. Bass & Avolio, 1997) und in einer erhöhten Bereitschaft, mitzudenken sowie
kreative und innovative Vorschläge zu erarbeiten (vgl. Avolio & Bass, 1998). Zukünftige Prob-
leme, die von der Führungskraft nicht vorausgesehen werden, können so von Mitarbeitern
selbstständig gelöst werden. Der Erfolg eines solchen Führungsverhaltens lässt sich demnach
durch das Ausmaß beschreiben, in dem sich die Führungsperson selbst „überflüssig“ macht: „A
key measure of a leader‟s effectiveness is how capable their associates are when operating
without the leader‟s presence or direct involvement“ (Bass & Avolio, 1997, p. 28). Intellectual
Stimulation stellt darüber hinaus die Grundlage dafür dar, dass der Status quo in Frage gestellt
und kreative Methoden entwickelt werden, um die Mission des Unternehmens zu erreichen (vgl.
Bass, 1985).

1.1.3.5 Individual Consideration: Individuelle Unterstützung und Förderung


Die transformationale Komponente der individuellen Unterstützung und Förderung ist durch
ihren Fokus auf die Bedürfnisse und Entwicklungspotenziale des einzelnen Mitarbeiters ge-
kennzeichnet: „It means understanding and sharing in others„ concerns and developmental
needs and treating each individual uniquely“ (Bass & Avolio, 1997, p. 29). Es wird das Ziel
verfolgt, für jeden Mitarbeiter einen Rahmen zu schaffen, in dem er sich optimal entfalten kann.
Dafür nimmt die Führungskraft die Rolle eines Coaches oder Mentors ein, der seine Mitarbeiter
kontinuierlich bei deren Weiterentwicklung unterstützt (vgl. Bass & Avolio, 1993). Basis dafür
ist die Aufmerksamkeit der Führungsperson gegenüber den individuellen Unterschieden zwi-
schen Mitarbeitern. Indem transformational führende Personen aktiv zuhören, erkennen sie die
individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter auch in Bezug auf Weiterbildung und Wachstum,
sodass das Potenzial des Einzelnen gezielt gefördert werden kann (vgl. Rathgeber, 2005). Indi-
vidual consideration beinhaltet auch, dass interindividuelle Unterschiede in Bezug auf die je-
weiligen Bedürfnisse nach Autonomie, Verantwortung, Unterstützung, Arbeitsstruktur oder
-anweisungen akzeptiert und berücksichtigt werden. Die Führungskraft verbringt Zeit damit,
andere anzuleiten und behandelt ihre Mitarbeiter als Individuen und nicht als beliebige Mitglie-
1.1 Transformationale Führung 25

der einer Gruppe (vgl. Bass & Avolio, 1990b). Konsequenzen bestehen in einer Veränderung
des Anspruchsniveaus der Mitarbeiter und die Bereitschaft, sich zusätzlich anzustrengen.

1.1.4 Messung transformationaler Führung: Multifactor Leadership Questionnaire


(MLQ)

Zur Erfassung der neun Führungsstile des Full Range of Leadership (siehe 1.1.2) wurde von
Bass (1985) sowie Bass und Avolio (1990b) der Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ)
entwickelt, der seitdem im Laufe zahlreicher Studien mehrfach untersucht und modifiziert wor-
den ist (vgl. z.B. Avolio, Bass & Jung, 1999; Den Hartog, Van Muihen & Koopman, 1997;
Felfe, 2006b; Geyer & Steyrer, 1998; Heinitz, 2006; Heinitz, Liepmann & Felfe, 2005). Der
MLQ war als Instrument entwickelt worden, mit dem Mitarbeiter ihre direkte Führungskraft
einschätzen (Fremdeinschätzungen). Eine aktuelle Version umfasst auch die Selbstbeschreibung
und ist an umfangreichen deutschen Stichproben validiert worden (vgl. Felfe, 2006b).
Alle theoretisch angenommenen Führungsbausteine des Full Range of Leadership wer-
den in einzelnen Skalen des Fragebogens repräsentiert. So wird das Führungskontinuum von
passiv-vermeidender Führung (zwei Skalen) über transaktionale Führung (zwei Skalen) bis hin
zur transformationalen Führung (fünf Skalen) abgebildet. Hinzu kommen drei Skalen zu inter-
nen Erfolgskriterien von Führung (Satisfaction with leadership, Leader Effectiveness, Extra
Effort). Die Skala zur Zufriedenheit mit der Führung bezieht sich auf die emotionale Qualität
der Führungsbeziehung, die Effizienz der Führungsperson beschreibt, inwieweit die Führungs-
person erfolgreich Gruppenziele und organisationale Ziele umsetzt. Die Skala zur zusätzlichen
Anstrengungbereitschaft erfasst, inwieweit die Mitarbeiter dazu bereit sind, sich zusätzlich zu
engagieren und mehr zu schaffen, als erwartet wird.

1.1.4.1 Entwicklung des MLQ


Der MLQ wurde häufig kritisiert, da die postulierte Faktorenstruktur vielfach nicht repliziert
werden konnte. So können die fünf transformationalen Skalen empirisch nicht differenziert
werden und die transaktionale Skala Contingent Reward weist hohe Korrelationen mit den
transformationalen Skalen auf (vgl. z.B. Felfe, 2006b; Geyer & Steyrer, 1998; Judge & Piccolo,
2004; Vandenberghe, Stordeur & D‟hoore, 2002).
Ausgangspunkt für die Entwicklung des MLQ waren qualitative Pilotstudien, in denen
Manager und Offiziere gebeten wurden, charismatische beziehungsweise transformationale
Personen zu beschreiben, die ihnen im Laufe ihrer Karriere begegnet waren. Auf der Basis der
aus den Beschreibungen abgeleiteten Items wurde die ursprüngliche Faktorenstruktur des MLQ
abgeleitet, die nach Bass (1985) die sieben Führungsfaktoren Charisma, Inspiration, Intellectual
Stimulation, Individualized Consideration, Contingent Reward, Management by Exception und
Laissez Faire umfasste. Darüber hinaus konnte Bass zwei übergeordnete Faktoren, die aktive
und passive Führung, nachweisen.
Die urprüngliche Skala Charisma wurde in Idealized Influence umbenannt (vgl. Bass,
1998, 1999; Bass & Avolio, 1993). Bei der Entwicklung des MLQ Form5x differenzierten Bass
und Avolio (1990, 1993) darüber hinaus zwischen einer attribuationalen und einer behavioralen
Komponente charismatischer Führung. Damit konnte gewährleistet werden, dass der MLQ
Form5x in allen Skalen – ausgenommen die attributionale Komponente charismatischer Füh-
rung – nur verhaltensbezogene Items umfasste.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 26

Hater und Bass (1988) teilten Management by Exception in die zwei Faktoren Management by
Exception active und Management by Exception passive. Positive Korrelationen zwischen Ma-
nagement by Exception passive und Laissez Faire deuteten darauf hin, dass diese beiden Kom-
ponenten einen Faktor höherer Ordnung bildeten, wohingegen die aktive und passive Form von
Management by Exception meist kaum oder negativ korrelieren (vgl. Yammarino & Bass,
1990).

a) Extraktion übergeordneter Faktoren


Aufgrund der Kritik untersuchten Avolio, Bass und Jung 1999 erneut die Faktorenstruktur der
damals aktuellen Version des MLQ Form5x. Auch in dieser Studie ergab sich das Problem einer
geringen diskriminativen Validität der Skala Contingent Reward und der transformationalen
Führungsskalen. Durch die Extraktion zweier übergeordneter Faktoren konnten hingegen die
Interkorrelationen reduziert und die diskriminative Validität erhöht werden: Den ersten Faktor
bildeten die Skalen Charisma, Inspirational Leadership und Intellectual Stimulation. Zu einem
ähnlichen Ergebnis kamen Geyer und Steyrer (1998), bei denen Items der drei genannten Skalen
auf einem gemeinsamen Faktor luden, den sie als Core-transformationale Führung bezeichne-
ten. Den zweiten Faktor bildeten bei Avolio et al. (1999) die Skalen Individualized
Consideration und Contingent Reward. Die Autoren interpretieren, dass Contingent Reward die
Basis für Individualized Consideration darstellen könnte, indem Erwartungen zur individuellen
Entwicklung transparent kommuniziert und strukturiert werden. Außerdem wird Vertrauen auf-
gebaut, indem die Einhaltung von Vereinbarungen konsistent honoriert wird. Auch hier kom-
men Geyer und Steyrer (1998) zu einem ähnlichen Ergebnis: Der Faktor, den sie als Core-
Transaktionale Führung bezeichnen, enhält hauptsächlich die Items der Contingent Reward
Skala und wird durch Items der Skala Individualized Consideration ergänzt. Sie interpretieren,
dass durch die Hinzunahme von Items der Skala Individualized Consideration die Transaktion
zwischen Führungsperson und Mitarbeitern in Richtung eines kommunikativen Austausches
erweitert wird. In Bezug auf die Konzeptualisierung transformationaler Führung sprechen
Avolio et al. (1999) zusammenfassend von einem „higher end of transformational leadership“
(Charisma, Inspirational Leadership und Intellectual Stimulation), das unterschieden werden
kann von einem „lower-end“ transformationaler Führung, bestehend aus den Komponenten
Contingent Reward und Individualized Consideration (p. 458).

b) Übergeordnete und untergeordnete Faktoren


Insgesamt resultiert bei Avolio et al. (1999) und in ähnlicher Form bei Geyer und Steyrer (1998)
ein Ergebnis mit sechs untergeordneten (Charisma, Intellectual Stimulation, Individualized
Consideration, Contingent Reward, Management by Exception active und Passive-Avoidant
(bestehend aus Management by Exception passive und Laissez Faire)) und drei übergeordneten
Faktoren des MLQ Form5x:
 Transformationale Führung (Charisma, Inspirational Leadership und Intellectual Stimula-
tion)
 Transaktionale/Entwicklungsunterstützende Führung (Individualized Consideration,
Contingent Reward)
 Kontrollierend-vermeidende Führung (Management by Exception und Laissez Faire)
1.1 Transformationale Führung 27

c) Korrelationen der transformationalen Skalen untereinander und mit Contingent


Reward
Goodwin, Wofford und Whittington (2001) sehen eine mögliche Ursache für die hohen Korrela-
tionen von Contingent Reward (CR) mit den transformationalen Skalen in der
Zweidimensionalität der Skala CR, die sowohl transaktionale als auch transformationale Items
enthält. Sie schlagen eine Zweiteilung der Skala vor und unterscheiden Items, die eher darauf
abzielen, Vereinbarungen zu treffen (expliziter Kontrakt) von Items, die eher die Erwartung
betreffen, dass Vereinbarungen eingehalten werden (impliziter Kontrakt). Zweitere beruhen auf
gegenseitigem Vertrauen und werden daher eher der transformationalen Führung zugeordnet.
Empirische Ergebnisse zeigen, dass der explizite transaktionale Faktor tatsächlich geringer mit
den transformationalen Skalen korreliert als Items des impliziten Kontrakts (vgl. Bass, Avolio,
Jung & Berson, 2003; Goodwin, Wofford & Whittington, 2001).
Insgesamt schlussfolgern Avolio et al. (1999), dass die Komponenten
transformationaler Führung zwar korrelieren, dass jedoch die separate Betrachtung der Faktoren
sowohl für eine differenzierte Diagnostik als auch für Beratungs- und Trainingszwecke nützlich
ist. So konnte beispielsweise Dvir (1998) aufzeigen, dass einige der transformationalen Kompo-
nenten im Sinne der MLQ-Ratings durch Training beeinflusst werden konnten, andere Kompo-
nenten hingegen nicht. Den Hartog et al. (1997) kommen zu dem gleichen Ergebnis:
“…distinguishing between different components of transformational leadership may remain
useful, particularly for training purposes“ (p. 32).

1.1.4.2 Deutsche Version des MLQ


Es wurde eine deutsche Übersetzung des MLQ entwickelt (vgl. Felfe, 2006b sowie Felfe &
Goihl, 2002, 2003), die eine adaptierte Fassung des MLQ in der Version Form 5x Short (vgl.
Bass & Avolio, 1995) darstellt. Dabei wurde zusätzlich zur Fremdeinschätzungsversion eine
entsprechende Version zur Selbsteinschätzung übersetzt und angepasst (vgl. Felfe, 2005). Die
Fremdeinschätzungsversion wurde auf der Basis einer umfassenden deutschen Stichprobe (N =
3500) validiert. Überprüft wurden sowohl die psychometrischen Qualitäten als auch Fragen der
Validität auf der Grundlage unterschiedlicher betrieblicher Stichproben. Die gefundende Fakto-
renstruktur lässt sich im Rahmen des Gesamtmodells interpretieren, insgesamt zeigt sich eine
gute Konstruktsvalidität (vgl. Felfe, 2006b).
Das Instrument wurde durch Items ergänzt, die in Interviews und Vorstudien gewonnen
wurden (vgl. Felfe & Goihl; 2002; Felfe, 2005) und die einen zusätzlichen relevanten Aspekt
der charismatischen Führung abbilden. Es handelt sich um Items, die sich auf das Bedürfnis
nach intensiverem Kontakt mit der Führungskraft (Die Führungskraft ist für mich so wichtig,
dass ich den Kontakt zu ihr suche / pflege), Aspekte einer besonderen Ausstrahlung (Die Füh-
rungskraft vermag mich durch ihre Persönlichkeit zu beeindrucken und zu faszinieren), die Fä-
higkeit zu begeistern (Die Führungskraft versteht es, mich immer wieder zu begeistern) sowie
bewundernswerte Fähigkeiten und Eigenschaften der Führungsperson (Die Führungskraft ver-
fügt über Fähigkeiten und Eigenschaften, die ich bewundere) beziehen (vgl. Felfe, 2006b). Da-
mit sollten besondere Aspekte von Führung abgebildet werden, die dem konzeptionellen An-
spruch der transformationalen Führung als herausragende Führung Rechnung tragen. Die Skala
wurde als Charisma (Ausstrahlung und emotionale Bindung) bezeichnet.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 28

Eine weitere Modifikation der deutschen Version gegenüber der Originalversion bestand darin,
dass die negativ formulierten Items der Skala Laissez Faire positiv formuliert wurden (siehe
Anhang 1.1), um die gleiche Version auch für die Selbsteinschätzung (vgl. Felfe, 2005) ver-
wenden zu können.
Bei der Überprüfung der Dimensionalität durch eine exploratische Faktorenanalyse
wurden fünf Faktoren extrahiert (vgl. Felfe, 2006b):
 Auf dem ersten Faktor finden sich die Items der Skalen Idealized Influence attributed,
Intellectual Stimulation, Individualized Consideration und die Items der neu eingeführten
Charismaskala.
 Der zweite Faktor bündelt die Items der Skala Management by Exception active.
 Der dritte Faktor fasst die Items der Skalen Idealized Influence behavior und Inpirational
Motivation zusammen.
 Die Items der Skalen Management by Exception passive und Laissez Faire bilden zwei wei-
tere eigene Faktoren.
In der konfirmatorischen Faktorenanalyse konnte die von Bass (1985) postulierte 9-fakorielle
Struktur mit der Ausnahme von Contingent Reward weitgehend bestätigt werden. Contingent
Reward stellt keinen eigenständigen Faktor dar (vgl. Felfe, 2006b).

1.1.5 Funktionen und Wirkung transformationaler Führung

Abschnitt 1.1.5.1 stellt die Wirkungen transformationaler Führung im Überblick dar, die empiri-
sche Befundlage zu den Effekten transformationaler Führung ist Gegenstand von Abschnitt
1.1.5.2. Abschnitt 1.1.5.3 fasst die Bedeutung transformationaler Führung im gesellschaftlichen
Kontext zusammen.

1.1.5.1 Überblick
Wie in den vorherigen Abschnitten dargestellt, motivieren transformationale Führungspersonen
ihre Mitarbeiter, indem sie Visionen entwickeln und überzeugend kommunizieren, aufzeigen,
wie Ziele gemeinsam erreicht werden können, selber als Vorbild wahrgenommen werden und
die Entwicklung der Mitarbeiter unterstützen (vgl. Bass, 1985). Insgesamt verändern sie da-
durch die Ziele, Werte, Bedürfnisse, Einstellungen und Hoffnungen der Geführten. An die Stel-
le egoistisch motivierter Ziele treten übergeordnete Werte und Ideale. Indem transformationale
Führungspersonen Einfluss auf das Selbstkonzept der Mitarbeiter nehmen und so deren Selbst-
vertrauen und Einsatzbereitschaft steigern (vgl. Shamir, House & Arthur, 1993), wird eine Leis-
tungssteigerung erreicht. Die Wahrnehmung der eigenen Arbeit wird verändert und das Ver-
trauen in die eigenen Fähigkeiten wird gestärkt.
Weinert (2004) fasst die Verhaltensweisen, Wirkungen und Ergebnisse der charismati-
schen Führung in einem Modell zusammen, das in Abbildung 1.1.3 nachvollzogen werden
kann. Dabei umfasst die Charakterisierung der charismatischen Führung in diesem Modell
ebenfalls Aspekte der anderen drei Komponenten der transformationalen Führung (visionäre
Aspekte, hohe Leistungserwartungen, Vertrauen in die Fähigkeiten der Geführten etc.) und kann
daher – mit einigen Ergänzungen durch die Verfasserin – als Übersichtsmodell für die postulier-
ten Wirkungen transformationaler Führung herangezogen werden.
1.1 Transformationale Führung 29

Führungsverhalten
Führungsperson
• entwickelt Plan und Vision
• entwickelt hohe Leistungsstandards
• zeigt starkes Selbstvertrauen
• zeigt Vertrauen in die Fähigkeiten der Geführten
• modelliert die notwendigen Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen
• regt zu neuen Sichtweisen an

Wirkung auf das Selbstkonzept der Geführten


• Identifikation mit den Zielen der Führungsperson und den gemeinsamen
Interessen
• Steigerung des Selbstwerts

Motivationale Wirkung
• erhöhte Erwartung, dass Bemühungen zu hoher Leistung führen werden
• Wert der Anstrengung und des Ziels nimmt für die Personen zu

Ergebnis für den Mitarbeiter


• Erhöhung der Leistung
• Erhöhung der Arbeitszufriedenheit
•Zunehmendes Commitment für Organisation, Führungsperson und
Arbeitsziel (Vision)

Abbildung 1.1.3: Modell charismatischer/transformationaler Führung (Abbildung modifiziert nach Wei-


nert, 2004)

Mitarbeiter erhöhen als Konsequenz transformationaler Führung ihr Leistungsniveau. Dies ist –
neben der gesteigerten Anstrengung – auf die Erwartung der Geführten zurückzuführen, hohe
Leistungen auch erreichen zu können. Zu diesem Pygmalion-Effekt (vgl. Eden, 1991; Weinert,
2004) kommt es, wenn eine Führungsperson hohe Erwartungen an die Mitarbeiter stellt und das
Vertrauen ausdrückt, dass diese Erwartungen auch erreicht werden können. Bei den Geführten
resuliert ein Gefühl von Empowerment, sie fühlen sich stärker und mächtiger, kurzgefasst, die
Selbstwirksamkeits- und Erfolgserwartungen (vgl. Bandura 1977, 1997) steigen. Darüber hinaus
können transformationale Führungspersonen die Geführten begeistern und inspirieren, mit der
Folge, dass sich diese stärker anstrengen und Leistungen über die Erwartung hinaus erbringen
(vgl. Bass, 1990; Howell & Avolio, 1993).
Entsprechend der aufgeführten Wirkungen unterscheidet sich transformationale Füh-
rung von anderen Führungstheorien in Hinblick auf die abhängigen Variablen, an denen Füh-
rungserfolg gemessen wird. Während traditionelle Führungstheorien v.a. die Arbeitszufrieden-
heit und –leistung messen, geht es bei der charismatischen und transformationalen Führung
darüber hinaus um den Einfluss auf die Emotionen der Geführten, um deren Selbstwertschät-
zung, das Vertrauen in die Führungsperson sowie um das Motiv der Mitarbeiter, Leistung über
die eigentlichen Verpflichtungen hinaus zu erbringen (vgl. Bennis & Nanus, 1985; Weinert,
2004). Empirische Untersuchungen zur Wirkung transformationaler Führung, deren Ergebnisse
1 Theoretische und empirische Grundlagen 30

im Folgenden im Überblick dargestellt werden, beziehen sich auf diese unterschiedlichen Wirk-
samkeitskriterien.

1.1.5.2 Empirische Befundlage zur Wirkung transformationaler Führung


Ausschlaggebend für den außerordentlichen Forschungsboom, welchen das Modell transaktio-
naler und transformationaler Führung von Bass (1985) auslöste, war der Versuch, die Bausteine
der Führung des Full Range of Leadership im MLQ (vgl. Bass & Avolio, 1990b, 1995, 2000;
siehe 1.1.4) in Fragebogenitems zu operationalisieren. In einer Vielzahl von empirischen Be-
funden wurden positive Zusammenhänge zwischen Attributen transformationaler Führung – die
üblicherweise mit dem MLQ erhoben werden – und unterschiedlichen Effektivitätskriterien
deutlich (für einen Überblick siehe Felfe, 2006a; Gebert, 2002; Geyer & Steyrer, 1998; Rathge-
ber & Jonas, 2003).
Der Zusammenhang zwischen transformationaler Führung und Erfolg konnte insbeson-
dere für die internen Erfolgskriterien von Führung (Zufriedenheit mit dem Vorgesetzten, An-
strengungsbereitschaft und Effizienz der Führungsperson), die auch mit dem MLQ erfasst wer-
den, nachgewiesen (vgl. z.B. Bass, 1985; Hater & Bass, 1988; Seltzer & Bass, 1990) und in
neueren Metanalaysen bestätigt (vgl. Antonakis, Avolio & Sivasubramaniam, 2003; Judge &
Piccolo, 2004) werden. Auch mit der deutschen Version des MLQ konnten die Zusammenhänge
der transformationalen Skalen mit den internen Erfolgskriterien an einer deutschen Stichrprobe
repliziert werden (vgl. Felfe, 2006b). Da aber die Zusammenhänge mit den internen Erfolgskri-
terien von Führung methodisch erheblich konfundiert sind (vgl. Tartler, Liepmann, Felfe &
Nettelnstroth, 2004), wurde die Aufmerksamkeit zunehmen auf externe subjektive und objekti-
ve Erfolgsmaße gerichtet (vgl. Felfe, 2006a): So zählen zu den untersuchten Erfolgsindikatoren
nicht nur subjektive Erfolgseinschätzungen anderer Personen, wie z.B. der Vorgesetzten oder
der Mitarbeiter der jeweiligen Führungskraft (vgl. z.B. Atwater, Ostroff, Yammarino & Fleenor,
1998), sondern ebenso harte Kennziffern, wie z.B. die wirtschaftliche Entwicklung des Unter-
nehmens (vgl. Waldmann, Javidan & Varella, 2004), Absentismus im Unternehmen (vgl. Zhu,
Chew & Spangler, 2005) oder Kunden- und Marktausschöpfung im Bankgewerbe (vgl. Geyer &
Steyrer, 1994, 1998). Beachtenswert ist, dass die nachgewiesene erhöhte Leistung der Mitarbei-
ter keineswegs auf Kosten von Wohlbefinden und Zufriedenheit zustande kommt, sondern
transformationale Führung auch mit allgemeiner Arbeitszufriedenheit (vgl. Felfe, 2006b) und
Kriterien psychischen Wohlbefindens am Arbeitsplatz positiv korreliert ist (vgl. Rathgeber &
Jonas, 2003). Darüber hinaus konnte ein negativer Zusammenhang zwischen transformationaler
Führung und Stresserleben nachgewiesen werden (vgl. Seltzer, Numerof & Bass, 1989; Felfe,
2006b, 2009): So gaben in einer Untersuchung von Felfe (2006b) 45 % der Befragten, die ihre
Führungskraft als transformational einschätzten, an, dass sie nur geringen Stress erleben. Hin-
gegen gaben nur 21% der nicht transformational Geführten an, wenig Stress zu erleben.
Geyer und Steyrer (1998) unterscheiden in ihrer Übersicht zu den bis dato veröffentlich-
ten Befunden zum Zusammenhang zwischen den einzelnen MLQ-Skalen und verschiedenen
Erfolgsindikatoren zwischen subjektiven und objektiven Indikatoren.
In Tabelle 1.1.3 sind ausgewählte empirische Zusammenhänge zwischen
transformationaler Führung und verschiedenen Erfolgskriterien beispielhaft aufgelistet.
1.1 Transformationale Führung 31

Tabelle 1.1.3: Auswahl empirischer Studien zum Zusammenhang transformationaler Führung mit ver-
schiedenen Erfolgskriterien
Empirisch nachgewiesene Zusammenhänge zwischen transformationaler Führung und...
...direkten Erfolgsvariablen von Führung
Größeres Vertrauen in die Führungskraft Bass, 1998
Pillai, Schriesheim, Williams, 1999
Erhöhung der wahrgenommen Effektivität der Bass, 1985
Führung / Zufriedenheit mit Führung durch Kolle- Hater & Bass, 1988
gen, Mitarbeiter und Vorgesetzte Yammarino & Bass, 1990
...Variablen der Leistungs- und Innovationsfähigkeit
Extra Effort / über die Erwartung hinausgehende Barling, Weber & Kelloway, 1996
Leistung / positive Leistungsentwicklung Bass, 1985
Brown & Dodd, 1999
Verkaufserfolg von Mitarbeitern Geyer & Steyrer, 1994; 1998
Mac Kenzie, Podsakoff & Rich, 2001
Erhöhung von Kreativität und Innovation Howell & Higgins, 1990
Jung, 2000
Shin & Zhou, 2003
Gruppenleistung / Leistung der Abteilung Avolio, Waldman & Einstein, 1988
Howell & Avolio, 1993
Leistungsrelevanten Einstellungen von Peus, 2005
Mitarbeitern
Engagament im Ideenmanagement Pundt & Schyns, 2005
...Kriterien psychischer Gesundheit am Arbeitplatz
Erhöhung der Arbeitszufriedenheit Jung & Avolio, 2000
Erhöhung von Wohlbefinden Martin & Epitropaki, 2001
Turner, Barling & Zacharatos, 2002
Reduktion von Burnout und Stresserlebens Felfe, 2006b
Podsakoff, Mac Kenzie & Bommer, 1996
Seltzer, Numerof & Bass, 1989
...theoriespezifischen Effekten transformationaler Führung
Emotionale Verbundenheit mit dem Unternehmen Felfe, 2006b
(Affektives Commitment) Felfe & Goihl, 2002
Bereitschaft, sich zusätzlich zu engagieren Felfe, 2006b
Mac Kenzie, Podsakoff & Rich, 2001
Anmerkungen: FK = Führungskraft; MA= Mitarbeiter

Metaanalysen bestätigen die dargestellte Befundlage zum positiven Zusammenhang


transformationaler Führung mit Erfolgskriterien weitgehend (vgl. Antonakis, Avolio & Sivasub-
ramaniam, 2003; Fuller, Patterson, Hester & Stringer, 1996; Judge & Piccolo, 2004; Lowe,
Kroeck & Sivasubramaniam, 1996). In den beiden Studien von Fuller et al. (1996) und Lowe et
al. (1996) wurde darüber hinaus gefunden, dass die Zusammenhänge durch den Kontext (öffent-
licher Dienst vs. privatwirtschaftliche Organisationen) sowie durch die Art der eingesetzten
Erfolgskriterien (subjektiv vs. objektiv) moderiert werden.

Zusammenfassend kann also durch empirische Daten die von Bass (1985, 1988) formulierte
Augmentationshypothese aufrecht erhalten werden: Die durch transformationale Führung her-
vorgebrachte individuelle Leistung und Gruppenleistung geht signifikant über die Wirkungen
1 Theoretische und empirische Grundlagen 32

transaktionaler Führung hinaus. Die bislang vorliegenden Ergebnisse lassen insgesamt den
Schluss zu, dass transformationale Führung mit subjektiven Kriterien (Zufriedenheit,
Commitment, Wohlbefinden) sowie objektiven Kriterien (Verkaufszahlen, Fehltage) zusam-
menhängt. Nach Geyer und Steyrer (1998) stellt sich die Befundlage zum Zusammenhang aller
MLQ-Skalen mit verschiedenen Erfolgskriterien folgendermaßen dar:
1. Transformationale Führungsdimensionen korrelieren stärker mit Erfolgsindikatoren als
Skalen transaktionaler Führung (Contingent Reward). Dieser Zusammenhang konnte in
der Metanalyse nach Judge und Piccolo (2004) nicht eindeutig bestätigt werden. Für ei-
nige Kriterien resultierten hier stärkere Zusammenhänge zu Contingent Reward als zu
den transformationalen Skalen.
2. Die Zusammenhänge mit Management by Exception sind widersprüchlich und häufig
nicht signifikant (vgl. Judge & Piccolo, 2004).
3. Laissez Faire weist durchgehend eine signifikant negative Beziehung zu Erfolgsindika-
toren auf.
4. Es gibt einen beträchtlichen Unterschied zwischen subjektiven und objektiven Erfolgs-
indikatoren, wobei die objektiven Indikatoren jeweils schwächere Zusammenhänge lie-
fern als die subjektiven Indikatoren.
Der vierte Punkt weist darauf hin, dass das Problem der Single-method-Konfundierung (vgl.
Tartler et al., 2004) – das durch die Erhebung der Ausprägung der Führungsstile und der Er-
folgskriterien von Führung mit dem gleichen Instrument entsteht – ernst zu nehmen ist.
Womögliche Artefakte in den Ergebnissen zum Zusammenhang der Führungsstile mit internen
Erfolgskriterien, die durch die Verknüpfung zwischen Prädiktor und Kriterium entstehen, müs-
sen daher bei der Interpretation der Befunde berücksichtigt werden. Sie können nur durch die
zunehmende Berücksichtigung externer Erfolgsmaße ausgeräumt werden.
Bei der beeindruckenden Befundlage zu positiven Effekten transformationaler Führung
darf nicht übersehen werden, dass es auch Hinweise auf negative Wirkungen gibt. So wird in der
Studie von Geyer und Steyrer (1998) deutlich, dass Teilaspekte transformationaler Führung
zwar positiv mit kurzfristigem, aber langfristig mit negativem Erfolg zusammenhängen. Als
Erfolgsindikatoren dienten bei Geyer und Steyrer sowohl die Kunden- als auch die Marktaus-
schöpfung als Resultat der Mitarbeiter- und Führungsaktivität. So konnte zwar die Augmentati-
onshypothese insgesamt bestätigt, musste aber folgendermaßen spezifiziert werden: Der Faktor
Core-transformationale Führung (siehe 1.1.4.1) hat einen stärkeren Einfluss auf den langfristi-
gen als auf den kurzfristigen Verkaufserfolg. Der Führungsstil individuelle Berücksichtigung
und Förderung („viertes I“) ist hingegen mit kurzfristigem Verkaufserfolg positiv und mit lang-
fristigem Erfolg negativ assoziiert. Die Autoren interpretierten dieses Ergebnis so, dass die
Notwendigkeit eines auf Coaching, Entwicklung und Wertschätzung fokussierten Führungsver-
haltens gewisse Defizite im Qualifikationsniveau der Mitarbeiter vermuten lässt, das sich wie-
derum negativ auf den langfristigen Erfolg auswirken. Insgesamt werden kritische Aspekte
transformationaler Führung in Abschnitt 1.1.7 beleuchtet.

1.1.5.3 Bedeutung transformationaler Führung im ökonomisch-gesellschaftlichen Kontext


Die Relevanz transformationaler Führung unter dem Aspekt ökonomischer und gesellschaftli-
cher Prozesse wurde im Laufe der Entwicklung und Weiterentwicklung des Konzepts immer
wieder hervorgehoben (vgl. z.B. Bass, 1990; Bass & Avolio, 1990a; Gebert, 2002). Heute be-
wirken der schnelle Wandel in der Arbeitswelt und ein hieraus entstehender Flexibilisierungs-
1.1 Transformationale Führung 33

und Wettbewerbsdruck, dass Unternehmen ihre Innovationskraft und Veränderungsfähigkeit


ständig optimieren müssen. Zentraler Ansatzpunkt hierfür sind die Fähigkeiten und Potenziale
der Beschäftigten. Um diese zu nutzen und auszubauen, bedarf es Führungsansätze, die auf eine
Weiterentwicklung aller Beschäftigten abzielen und die gemeinsamen Gestaltungspotenziale
von Führungskraft und Geführten in den Mittelpunkt stellen. Darüber hinaus können Überlas-
tung, Überforderung, Resignation, fehlende Unterstützung oder Misstrauen am Arbeitsplatz
innovative Gestaltungspotenziale hemmen und langfristig Einschränkungen in der psychischen
Gesundheit bewirken. Indem das Augenmerk in der transformationalen Führung auf Faktoren
wie Begeisterung, Motivation, Identifikation und soziale Unterstützung gerichtet wird, kann
solchen Hemmnissen entgegengewirkt und damit zu einer gemeinsamen Bewältigung von Prob-
lemen und einer aktiven Gestaltung der Zukunft beigetragen werden.

Abbildung 1.1.4 fasst in Anlehnung an Gebert (2002) die Funktionen transformationaler Füh-
rungsprinzipien vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und ökonomischer Gegebenheiten zu-
sammen.
Gesellschaftliche Öffnungsprozesse /
Wirtschaftliche Krisen

1. Verlust an Orientierung 2. Verlust an Nähe und


und Sinn Integriertheit
Perspektive geben: Visionär- Charismatische Führung,
inspirierende Führung Identifikation
„2.I“ „1.I“

Transformationale Führung

„3.I“ „4.I“

Neue Sichtweisen alter Individualisierte Zuwendung


Probleme & Förderung
4. Erhalt der Leistungsfähigkeit;
3. Innovationsdruck
lebenslanges Lernen

Hyperkompetition Alternde Belegschaften

Abbildung 1.1.4: Funktionen transformationaler Führungsprinzipien („4 Is“) als Antwort auf ökonomi-
sche und gesellschaftliche Prozesse (Abbildung modifiziert nach Gebert, 2002)

Es wird deutlich, dass die transformationalen Führungsprinzipien Möglichkeiten bieten, öko-


nomischen und gesellschaftlichen Phänomenen aktiv zu begegnen:
1. Gesellschaftliche Öffnungsprozesse können im Zuge einer Erosion von Wertmaßstäben
(vgl. Gebert, 2002) den Verlust von Orientierung und Sinn bedingen. Durch ein rasches
Tempo des technischen und sozialen Wandels entstehen Orientierungsprobleme. Tradi-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 34

tionen und Gewohnheiten werden kritisch hinterfragt und büßen ihre Selbstverständ-
lichkeit ein. Es entstehen polivalente Gesellschaften mit all ihren Vorzügen und
Schwierigkeiten. Eine visionär-inspiriende Führung („zweites I“) kann Perspektive ge-
ben, auf ein gemeinsames Ziel lenken und damit Orientierung ermöglichen. Als Konse-
quenz daraus wird die eigene Arbeit als sinnvoll erlebt.
2. Gebert (2002) beschreibt darüber hinaus Phänomene, die eine globalisierte Gesellschaft
in Bezug auf Nähe und Integriertheit mit sich bringt:
Die individualistischen Orientierungen, die nachlassende Verbindlichkeit von
Normen und Werthaltungen sozialer Kollektive, die abnehmende soziale Kon-
trolle sowie Anynomisierungstendenzen schaffen einen Verlust an persönlicher
Nähe und Integriertheit (Gebert, 2002, S. 203).
Eine charismatische, modellhafte Führung setzt an dieser Stelle an, indem sie eine
„doppelte Identifikation“ (Gebert, 2002, S. 202) mit der Person des Führenden und mit
dem Inhalt des eigenen Tuns ermöglicht. Werte werden von der Führungsperson ver-
mittelt, vorgelebt und glaubwürdig vertreten. Mitarbeiter werden emotional angespro-
chen durch eine auf menschliche Nähe und Unmittelbarkeit ausgerichtete Führungsbe-
ziehung.
3. Hyperkompetition bringt einen hohen Wettbewerbs- und Innovationsdruck mit sich. Ei-
ne intellektuell anregende Führung („drittes I“) zielt darauf ab, alte Probleme und zu-
künftige Herausforderungen in einem neuen Licht zu sehen, Alternativen aufzuzeigen
und zu vermitteln, „dass die Realität im Prinzip auch ganz anders gestaltet werden
kann“ (Gebert, 2002, S. 202). Doch nicht nur die intellektuell anregende Führung, son-
dern die transformationalen Prinzipien insgesamt tragen dazu bei, die Innovationsfähig-
keit und –bereitschaft der Mitarbeiter zu erhöhen (vgl. Gebert, 2002; Howell & Higgins,
1990; Janssen, 2002; Pundt & Schyns, 2005): So gibt eine fordernde, intellektuell sti-
mulierende Führungskraft („drittes I“) den Anstoß, Probleme gemeinsam aus unkon-
ventionellen Perspektiven zu betrachten und damit traditionelle Sichtweisen aufzubre-
chen. Auf motivationalem Weg erhöht transformationale Führung die Veränderungsbe-
reitschaft der Geführten, indem über das visionäre Moment („zweites I“) eine neue, at-
traktive Soll-Wert-Vorstellung vermittelt wird. Fördernde Führung („viertes I“) steigert
die Veränderungsfähigkeit der Mitarbeiter, indem individuelle Stärken der Mitarbeiter
und das Zutrauen in die eigene Leistung ausgebaut werden. Außerdem belegen Unter-
suchungen, dass Loyalität zum Vorgesetzten (durch „erstes I“) die Bereitschaft begüns-
tigt, sich im Team für Erneuerungen zu engagieren.
4. Die Überalterung der Gesellschaft, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die da-
mit in Zusammenhang stehende Notwendigkeit des lebenslangen Lernens erfordern eine
Führung, die individuelle Bedürfnisse, Kompetenzen, Potenziale aber auch Leistungs-
grenzen berücksichtigt. Mehr denn je sind Führungspersonen gefordert, für jeden ein-
zelnen Mitarbeiter einen individuellen Rahmen zu schaffen, in dem sich dieser best-
möglich entfalten und seine Ressourcen einbringen kann. Der transformationale Füh-
rungsstil der individualisierten Zuwendung und Förderung („viertes I“) stellt diese
Funktion von Führung als Mitarbeitercoach in den Mittelpunkt.
1.1 Transformationale Führung 35

1.1.6 Erlernbarkeit und Förderung transformationaler Führung

Aus der hohen empirischen Evidenz zur Effektivität transformationaler Führung und deren Be-
deutung im ökonomischen und gesellschaftlichen Kontext ergibt sich die wichtige Frage, ob und
wie Führungskräfte im Einsatz und in der Umsetzung transformationaler Führungsprinzipien
geschult werden können (vgl. Kelloway, Barling & Helleur, 2000). Barling, Weber & Kelloway
(1996) betonen, dass die Brauchbarkeit transformationaler Führung für die Praxis eingeschränkt
bleibt, wenn es keinen Nachweis gibt, dass sie gezielt geschult und erlernt werden kann.
Auch wenn in den letzten fünfzehn Jahren einige Evaluationsstudien zum Training und
Coaching transformationaler Führung vielversprechende Ergebnisse zur prinzipiellen Erlernbar-
keit der Führungsstile aufzeigen konnten (siehe 1.1.6.4), so stellt sich immer noch die Frage,
welche Konzepte am besten geeignet sind, transformationales Führungsverhalten systematisch
zu fördern:
Zahlreiche Fragen, z.B. mit welchen Methoden (Rollenspiele, Fallstudien) und in welchen
Settings (Verhaltenstraining, Coaching etc.) transformationale Führung effizient vermittelt
werden kann, müssen aber noch empirisch untersucht werden, um den praktischen Nutzen
des Konzepts zu erhöhen (Felfe, 2006a, S. 172).
In den folgenden Abschnitten werden zentrale Ansätze und empirische Evaluationsstudien zur
Förderung transformationaler Führung dargestellt.

1.1.6.1 Zugänge zur Entwicklung von Leadership


Werden Personen zur Führungskraft geboren, sind Führungsfähigkeiten genetisch angelegt oder
kann gute Führungskräfte durch Förderung und Training erlernt werden? Derartigen Fragen
stellt sich Conger (1992) in seinem Buch „Learning to Lead“ und widmet sich im Kapitel „Born
oder Made?“ den verschiedenen Erklärungsmöglichkeiten und Entstehungsbedingungen von
Leadership. Sowohl die genetische Prädisposition als auch Entwicklungsbedingungen und prä-
gende Erfahrungen in der Kindheit werden als Grundlagen für die Entstehung von Leadership-
Fähigkeiten diskutiert. Später kommen Lernerfahrungen im Arbeitskontext hinzu, die es in un-
terschiedlichem Ausmaß ermöglichen, das entsprechende Wissen und zentrale Verhaltensfertig-
keiten zu erwerben. Neben dem persönlichen Bedürfnis und der Bereitschaft, Führungsaufgaben
zu übernehmen, führt Conger auch Glück und „günstige Gelegenheiten“ als diejenigen Bedin-
gungen an, die schließlich darüber entscheiden, wer die Möglichkeit erhält, zu führen. Damit
kommt Conger (1992) zu dem Schluss: „Leaders, then, are a combination of the two schools of
thougth: they are both born and made“ (p. 33). Wenn aber sowohl Erfahrung, als auch die indi-
viduelle Motivation, als auch grundlegende Fähigkeiten für die Entwicklung von Führungskom-
petenzen eine Rolle spielen und diese zudem komplex und kontextabhängig sind, scheint
Congers Frage mehr als berechtigt: „What role can training hope to play?“ (p. 34).
Insgesamt ist es Congers Anliegen, herauszufinden, ob Training tatsächlich zur Ent-
wicklung von Führungsqualitäten beitragen kann und falls ja, welche Ansätze dazu am effek-
tivsten sind. Um sich hier einen Überblick zu verschaffen, nahm er selbst an den bis dato inno-
vativsten Führungstrainings teil und führte gemeinsam mit anderen Mitgliedern seines For-
schungsteams „Trainingstagebücher“ um seine Erfahrungen festzuhalten. Zudem wurden Inter-
views mit anderen Trainingsteilnehmern zur Effektivität verschiedener Trainingsbausteine ge-
führt. Conger (1992) beschreibt diese Trainingsprogramme und fasst sie in einer Typologie von
Ansätzen zur Führungskräfteentwicklung zusammen, die vier zentrale Aspekte umfasst:
1 Theoretische und empirische Grundlagen 36

 Finding my true self: Training von Führung unter humanistischer Perspektive mit dem Fo-
kus auf persönliches Wachstum und der Entdeckung schlummernder Potenziale
 Understanding the Leadership Difference: Führungsentwicklung durch die Förderung des
konzeptuellen Verstehens von Führung und Führungsaufgaben
 Looking into the mirror: Führungsentwicklung durch Feedback zu individuellen Stärken
und Entwicklungsbereichen
 Mastering the Zen of Leadership: Führungsentwicklung durch den Ausbau von Fertigkeiten
und Kenntnissen
Auf der Basis seiner eigenen Forschung nimmt Conger (1992) zur Frage nach dem Stellenwert
von Trainings eine optimistische Haltung ein: Er argumentiert, dass Elemente von Führung
erlernt werden können und daher Training eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung von Füh-
rungskompetenzen einnehmen kann. Um jedoch erfolgreich zu sein, sollte sich ein Training von
Führungskräften an allen vier Ansätzen orientieren. Training sollte demnach
 Möglichkeiten bereitstellen, Fertigkeiten gezielt zu erlernen und weiterzuentwickeln,
 auf konzeptuelle Fähigkeiten ausgerichtet sein, d.h., die strategischen und visionären
Kompertenzen fördern und auf die Fähigkeit fokussieren, die eigene Führungsrolle zu ge-
stalten und Leadership von Management abzugrenzen,
 an individuelle Bedürfnisse und Interessen anknüpfen und das Selbstwertgefühl aufbauen,
 dazu beitragen, interpersonelle Fähigkeiten auszubauen (vgl. Conger, 1992).

1.1.6.2 Full Range of Leadership Training nach Bass und Avolio


Nach Bass und Avolio (1990a) wurden die Bedeutung transformationaler Führung und die
Möglichkeiten der Entwicklung transformationalen Führungsverhaltens bis dato in Trainings-
programmen zu wenig beachtet, weil transformationale Führung immer wieder als festgelegte
Persönlichkeitseigenschaft, als „Gabe“, die man hat oder nicht hat, konstruiert wurde. Das Kon-
zept transformationaler Führung war jedoch von Anfang an verhaltensbezogen formuliert wor-
den und von den Autoren wurden seit den 1980er Jahren Ansätze zur Förderung
transformationalen Führungsverhaltens konzipiert, durchgeführt und evaluiert (vgl. Bass &
Avolio, 1990a). Auch wenn Bass & Avolio standardisierte Workshops zur Förderung
transformationaler Führung vorschlagen, so heben sie dennoch hervor, dass das jeweilige Vor-
gehen und die jeweiligen verwendeten Materialien und Beispiele an die Bedürfnisse und Mög-
lichkeiten des spezifischen organisationalen Settings angepasst werden müssen. Ein grundle-
gendes Ziel sei es, die Trainingsbemühungen auf die laufenden strategischen Vorhaben der Or-
ganisationsentwicklung abzustimmen. Aus diesem Grund bedarf es vorher einer Organisations-
analyse, um eine optimale Passung von Trainingszielen und organisationalen Bedürfnissen zu
erreichen. Auf diese Weise konnten in Nord-Amerika bereits seit den 1980er Jahren passende
Trainingsprogramme nicht nur für Profit-Organisationen (z.B. Banken, Versicherungen, Unter-
nehmen, Dienstleistungsunternehmen, Industriebetriebe), sondern auch für Forschungs- und
Entwicklungseinrichtungen sowie für religiöse Institutionen konzipiert werden (vgl. Bass &
Avolio, 1990a). Doch nicht nur die Passung von Unternehmen und Trainingszielen, sondern
auch die individuelle Gestaltung der Führungsstile durch die jeweilige Führungskraft wird her-
vorgehoben: Es wird kein „one best way“ der Führung anvisiert, sondern es bleibt nach dem
Modell des Full Range of Leadership jeder Führungskraft individuell überlassen, wie sie ver-
schiedene Führungsmuster umsetzt.
1.1 Transformationale Führung 37

Bereits 1990 schlugen Bass und Avolio (1990a) ein Trainingsprogramm zur transformationalen
Führung mit 14 Modulen vor, die auf zwei dreitägige Workshops aufgeteilt werden. 1999 veröf-
fentlichen Bass & Avolio schließlich das Full Range Leadership Training (FRLT). Dieses hat
den Anspruch, individuell bei der Person anzusetzen. Der jeweilige Trainingsteilnehmer wird
darin unterstützt, ein eigenes Konzept von Führung zu entwicklen, dieses mit dem Konzept der
transformationalen Führung zu vergleichen und aus diesem Bezugsrahmen heraus einen Plan für
die eigene Weiterentwicklung abzuleiten. Eine deutsche Übersetzung des Trainings liegt von
Rowold & Radstaak (2005) vor.
Das Training konzentriert sich auf die Analyse und Verbesserung der Führungsstile des
Full Range of Leadership und umfasst einen dreitägigen Basis-Workshop und einen dreitägigen
Fortgeschrittenen-Workshop (vgl. Avolio & Bass, 1998; Bass & Avolio, 1999). Zwischen den
beiden Workshops liegt ein ca. 3-monatiges Intervall, währenddessen die geplanten Verände-
rungen geübt und Veränderungspläne angepasst werden sollen. Die beiden Workshops des
Trainings konzentrieren sich auf zwei kombinierbare Entwicklungsmaßnahmen: auf die Ver-
mittlung von Informationen und auf das Training von Fertigkeiten in Kleingruppen sowie auf
persönliches Feedback zur Führung und Ableitung von Zielen in individuellen Beratungsge-
sprächen und in Kleingruppen (vgl. Avolio & Bass, 1998; Bass & Avolio, 1990a). Ziel des Pro-
gramms ist es, den Einsatz von Verhaltensweisen transformationaler Führung zu erhöhen und
den Einsatz des Laissez Faire-Stils zu senken.
Avolio & Bass (1998) konnten zeigen, dass ein Training in transformationaler Führung
Veränderungen in den Komponenten transformationaler Führung (erfasst im MLQ) in der er-
warteten Richtung bewirkt. Einschränkend ist allerdings festzuhalten, dass nur kleine Verände-
rungen bei wenigen Teilnehmern nachgewiesen wurden und aufgrund des Designs der Studie
(fehlende Kontrollgruppe) auch Alternativerklärungen für Veränderungen möglich sind. Die
Follow-up-Erhebungen ließen die Schlussfolgerung zu, dass die Verbesserungen in den Kom-
ponenten transformationaler Führung von der Bereitschaft der Trainingsteilnehmer abhingen,
das eigene Führungsverhalten zu entwickeln: Die Änderungsbereitschaft wurde anhand des
Kriteriums operationalisiert, ob die Teilnehmer einen schriftlichen Plan zur Optimierung des
eigenen Führungsverhaltens erstellt hatten und welche Komponenten darin angesprochen wur-
den. Hilfreich für die tatsächliche Umsetzung des Entwicklungsplans waren nach Angabe der
Trainingsteilnehmer die eigene Motivation, die Unterstützung durch Kollegen, das gewonnene
Wissen und Feedback. Als größte Hindernisse bei der Umsetzung des Entwicklungsplans wur-
den fehlende Selbstdisziplin und Zeitdruck angegeben (vgl. Avolio & Bass, 1998). Eigene Pläne
zur Umsetzung von Veränderungsschritten konnten effektiver implementiert werden als Pläne,
die von außen kamen. Avolio & Bass (1998) kommen insgesamt zu dem Schluss, dass ein Trai-
ning transformationaler Führung
 die Mitwirkung der trainierten Führungskraft beim Erstellen von Entwicklungsplänen,
 Möglichkeiten zur Übung,
 sowie den Einbezug des Führungskontextes und Follow-up-Termine
enthalten sollte.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 38

1.1.6.3 Weitere Ansätze zur Förderung transformationaler Führung

a) Training charismatischer Führung nach Conger und Kanungo (1988)


Conger und Kanungo (1988) beschäftigen sich mit der Frage, ob und wie charismatische Füh-
rung (als ein Teilaspekt der transformationalen Führung) trainiert werden kann. Sie betonen,
dass Charisma als Prozess zu verstehen ist, der aus einer Interaktion von Kontext-, Beziehungs-
und Personfaktoren resultiert. Wenn die Elemente charismatischer Beeinflussungsprozesse im
Rahmen dieser Faktoren operationalisiert werden können, sei es dementsprechend möglich,
charismatische Führung zu trainieren. Dabei sollte jedes effektive Führungskräftetraining die
beiden klassischen Funktionen Informationsvermittlung und Ausbau von Fertigkeiten und
Kompetenzen umfassen. Im Kontext charismatischer Führung heißt dies z.B., die Trainingsteil-
nehmer darüber zu informieren, was charismatische Führung ausmacht, welche Verhaltenswei-
sen ihr zugeordnet sind und wie sie im Führungsalltag umzusetzen ist sowie Lernmöglichkeiten
zur Umsetzung charismatischer Führung in Form von Filmen, Fallstudien und Rollenspielen zur
Verfügung zu stellen.
Verhaltenskomponenten, die charismatische von nicht-charismatischen Führenden un-
terscheiden, können in fünf Bereiche von Schlüsselkompetenzen eingeteilt werden, die verschie-
den kognitive und verhaltensbezogene Fähigkeiten umfassen (vgl. Conger & Kanungo, 1988;
siehe Tabelle 1.1.3 in Abschnitt 1.1.3.2). Um diese Schlüsselkompetenzen zu fördern, schlagen
Conger und Kanungo u.a. folgende Vorgehensweisen vor: Bezogen auf den jeweiligen organisa-
tionalen Kontext sollte im Training die Möglichkeit bestehen, die kritische Bewertung von Situ-
ationen sowie das Identifizieren von Problemen zu üben. Um eine Zukunfsvision zu entwerfen
und realistische aber unkonventionelle Wege der Zielerreichung zu planen, können Kreativitäts-
techniken eingesetzt werden. Die Förderung kommunikativer Fähigkeiten umfasst sowohl rhe-
torische Fähigkeiten als auch interpersonelle Sensibilität: „… it is through effective articulation
of the vision and a sensitivity to followers„ needs that the leader‟s vision is made meaningful
and inspiring“ (Conger & Kanungo, 1988, p. 316). Im Training sollte daher geübt werden, wie
strategische Ziele und Pläne in eine einfache und griffige Sprache übertragen werden können.
Darüber hinaus können z.B. Methoden zur Förderung des Aktiven Zuhörens eingesetzt werden.
Um eine charismatische Wirkung auf die Mitarbeiter zu erzielen, müssen Führungskräf-
te auch über entsprechende Selbstdarstellungskompetenten verfügen. Dazu gehört, sich vorbild-
haft zu verhalten, Körpersprache und äußeres Erscheinungsbild steuern zu können und verbale
Fähigkeiten zu besitzen, die dazu beitragen, zentrale Werte, die mit der Vision assoziiert sind,
auszudrücken. Der vierte Bereich der Schlüsselkompetenzen, das „Empowerment“ von Mitar-
beitern, umfasst darüber hinaus Führungspraktiken, die darauf abzielen, Mitarbeiter hin zu mehr
Eigenständigkeit und einem höheren Selbstwirksamkeitserleben zu entwickeln. Führungskräfte
sollen im Training darin geschult werden, Vertrauen in die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern
auszudrücken, inspirierende Ziele zu setzen und Mitarbeitern Autonomie bei der Umsetzung
bürokratischer Vorgaben zu gewährleisten.
Insgesamt betonen die Autoren, dass die isolierte Entwicklung von Fähigkeiten in ei-
nem dieser vier Bereiche nicht ausreicht, um Charimsa zu manifestieren, sondern dass es um
deren Zusammenspiel geht: „… the various behavioral components must appear in a more in-
tegrated constellation to manifest charisma“ (Conger und Kanungo, 1988, p. 319).
1.1 Transformationale Führung 39

b) Weiterentwicklung der Trainingsansätze: Das „Leadership Programm“


In Münster wurde von Rowold und Rowold (2005) ein Leadership-Programm entwickelt, das
die Bausteine Training in Form des Full Range Leadership Training (FRLT nach Bass &
Avolio, 1999; deutsche Übersetzung nach Rowold & Radstaak, 2005; siehe 1.1.6.2), Coaching
in Form des sog. „Kollegialen Team Coachings“ (KTC; s. Rowold & Schley, 1998) und Bil-
dungscontrolling in der genannten Reihenfolge verbindet. Das im FRLT Gelernte wird durch
die Arbeit im Coaching vertieft und auf die individuelle Führungssituation übertragen. Team-
coaching zeichnet sich dabei dadurch aus, „dass gleichberechtigte Experten (Führungskräfte)
sich im Team unter der Anleitung eines erfahrenen Coaches gegenseitig coachen“ (Rowold &
Rowold, 2005, S.18). Im KTC werden klar definierte Rollen an jeden Teilnehmer verteilt und es
werden für jede Person Schlüsselthemen festgelegt, die in der Gruppe bearbeitet werden. Für die
vier zentralen Komponenten der transformationalen Führung können KTC-Blöcke durchgeführt
werden, um diese Aspekte des Führungsverhaltens gezielt zu verbessern. Insgesamt versteht
sich das KTC als
eine methodische Anleitung zur Problemlösung in Gruppen, die sich unter der Perspektive
einer kollegialen Teamarbeit und Entwicklung kontinuierlich und unter methodischer An-
leitung treffen, und ihren persönlichen Entwicklungsprozeß mit dem ihrer Rollen im jewei-
ligen sozialen System verknüpfen (Rowold & Schley, 1998, S. 71).
Das Bildungscontrolling stützt sich auf die wiederholte Erfassung der eingesetzten Führungssti-
le im 360°-Feedback. Auf individueller Ebene beinhaltet das Bildungscontrolling eine Rück-
meldung der Ergebnisse aus dem 360°-Feedback an die beteiligten Führungskräfte in Form
eines schriftlichen Berichts über die Entwicklung ihrer Führungsstile und ihrer Arbeitsleistung.

1.1.6.4 Evaluationsstudien zum Training und Coaching transformationaler Führung


Es liegen einige empirische Studien zur Wirksamkeit von Trainings- und Coachingmaßnahmen
zur Förderung transformationaler Führung vor. Tabelle 1.1.4 gibt einen Überblick zu empiri-
schen Studien zum Training und Coaching transformationaler Führung. Die Überprüfung von
Veränderungen im Führungsverhalten erfolgt meistens auf der Basis von Mitarbeitereinschät-
zungen, um tatsächlich beobachtbare Verhaltensänderungen der Führungskraft zu erfassen (vgl.
z.B. Barling et al., 1996) und diese nicht mit Veränderungsabsichten gleichzusetzen. So beruhen
die Ergebnisse der aufgeführten Studien – sofern nicht anders angegeben – auf den Einschät-
zungen des Führungsverhaltens durch die Mitarbeiter der jeweiligen Führungskräfte.

Tabelle 1.1.4: Überblick über Evaluationsstudien zum Training und Coaching transformationaler Führung
Studien zum Training und Coaching transformationaler Führung
Evaluationsstudie Stichprobe und Trainingsmethoden Studiendesign und Ergebnisse
Barling, Weber, & - Stichprobe: 20 FK aus einer Bank - Experimentelles Design
Kelloway (1996): (KG: 11 FK; EG: 9 FK; randomisierte - Multivariate Kovarianz-
Effects of transforma- Zuteilung) analysen zeigten signifikante
- Interventionsmethode: Eintägiger Effekte auf das Ausmaß
tional leadership training Workshop und individuelle Auf- transformationaler Führung,
on attitudinal and finan- frischungssitzungen insbesondere Intellectual Sti-
cial outcome - Inhalte: Es wurden alle Komponenten mulation, Charisma und
transformationaler Führung berück- Individualized Consideration.
sichtigt, der Fokus aber auf die Kom- - Es konnten positive Effekte
ponente Inspirational Motivation ge- auf das Commitment der MA
setzt aufgezeigt werden.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 40

Fortsetzung Tabelle 1.1.5


Evaluationsstudie Stichprobe und Trainingsmethoden Studiendesign und Ergebnisse
Dvir, Eden, Avolio, & - Stichprobe: 54 FK der israelischen - Feldexperiment mit randomi-
Shamir (2002): Impact Armee wurden trainiert und die Aus- sierter Zuteilung zu den Grup-
of transformational lea- wirkungen auf die Leistung der 90 di- pen; Varianzanalytische Aus-
rekten und 724 indirekt Geführten un- wertung der Daten
dership on follower tersucht. - Positive Effekte der FK der
development and per- - Interventionsmethode: Dreitägiger EG auf militärspezifische
formance: A field expe- Workshop und individuelle Auf- Leistungsvariablen (z.B. phy-
riment frischungssitzungen zur transforma- sische Fitness) und Variablen
tionalen Führung in der EG vs. dreitä- persönlicher Entwicklung
giger Workshop zu allgemeinen Füh- (z.B. Selbstwirksamkeitserle-
rungsthemen in der KG (jeweils mit ben, Anstrengungsbereit-
Vorträgen, Fallstudien, Rollenspie- schaft) der indirekt und direkt
len,…) Geführten
- Inhalte des Programms: Es wurden
alle Komponenten transformationaler
Führung berücksichtigt
Frese, Beimel, & - Stichprobe I: 25 FK der mittleren - Internale Referenzstrategie als
Schoenborn (2003): Führungsebene eines Telekommuni- quasiexperimentelles Ver-
Action training for kationsunternehmens suchsdesign; Varianzanalyti-
charismatic leadership: - Stichprobe II: 22 FK der mittleren sche Auswertung der Daten
Two evaluations of Führungsebene einer Baufirma - Es konnte ein spezifischer,
studies of a commercial - Interventionsmethode: Zweitägiges positiver Effekt des Trainings
training module on „Action“-Training auf die trainierten Verhaltens-
inspirational communi- - Inhalte des Programms: Inspirierende variablen (charismatische und
cation of a vision Kommunikation einer Vision inspirierende Kommunikation
einer Vision) nachgewiesen
werden
Kelloway, E. K., Barl- - Stichprobe: 40 FK der mittleren Hie- - Experimentelles Design;
ing, J. & Helleur, J. rarchieebene im Gesundheitswesen Varianzanalytische Auswer-
(2000). Enhancing trans- (EG mit individueller Beratung: 10 tung der Daten
formational leadership: FK; EG mit Training: 10 FK; EG mit - FK, die an einer der Inter-
The roles of training and Training und individueller Beratung: ventionsbedingungen teilge-
feedback. 12 FK; KG: 8 FK; randomisierte Zu- nommen hatten, bekamen nach
teilung) der Intervention von ihren
- Interventionsmethoden: Eintägiger Mitarbeitern höhere Werte in
Workshop zur transformationalen der transformationalen Füh-
Führung sowie einstündiges Bera- rung zugeschrieben als FK, die
tungs- & Feedbackgespräch zu den an der jeweiligen Intervention
Ergebnissen im MLQ mit der Erstel- nicht teilgenommen hatten.
lung eines persönlichen Entwick- - Die Interventionsbedingungen
lungsplans zeigten keine unterschiedli-
- Inhalte des Programms: Es wurden chen Effekte.
alle Komponenten transformationaler
Führung berücksichtigt
Anmerkungen: FK= Führungskraft / Führungskräfte; MA = Mitarbeiter; EG = Experimentalgruppe(n); KG = Kontrollgruppe(n)
1.1 Transformationale Führung 41

Fortsetzung Tabelle 1.1.5


Evaluationsstudie Stichprobe und Trainingsmethoden Studiendesign und Ergebnisse
Peus, C. (2005). Impact - Stichprobe: 14 FK der mittleren Hie- - Experimentelles Design, Qua-
of Different Leadership rarchieebene eines öffentlichen Ver- litative Auswertung von Inter-
Styles on Followers´ sorgungsunternehmens und eines viewdaten zum Lernerfolg;
Innovativeness, Finanzdienstleisters (EG: 9 FK; KG Varianzanalytische Auswer-
Performance-Related mit Pseudotraining: 5 FK; randomi- tung der Daten aus dem MLQ
Attitudes, an Organiza- sierte Zuteilung) - Selbsteinschätzung: Signifi-
tional Performance. - Interventionsmethode: FK- kante Verbesserungen auf trai-
Entwicklungsprogramm bestehend aus nierten Dimensionen im Ver-
Peus, C., Frey, D. & drei Gruppenworkshops und vier Ein- gleich zur KG
Braun, S. (2009). Ein- zelcoachings (über einen Zeitraum - Einschätzung durch Mitarbei-
satz von Gruppenwork- von zehn Monaten) ter: Signifikante Verbesserun-
shops in Kombination - Inhalte des Programms: Dimensionen gen hinsichtlich Laissez Faire
mit Individualcoaching Leistungsorientierte Belohnung, und Tendenzen nach oben bei
zur Förderung von Füh- Intellektuelle Stimulierung, Inspirie- Contingent Reward, Intellek-
rungskompetenzen. rende Motivierung tuelle Stimulierung und Moti-
vierung durch Visionen
Radstaak, J. (2008). Stichprobe I: Sieben FK der mittleren - Quasiexperimentelles Design,
Training and coaching of Hierarchieebene aus der Industrie ohne Berechnung von Effektstärken
transformational leader- KG - Stichprobe I: Es konnte ein
ship. Dissertation an der - Interventionsmethode: Kollegiales kleiner Effekt (d = .33) für die
Westfälischen Wil- Teamcoaching Coachingmaßnahme nachge-
helms-Universität zu wiesen werden
Münster. Stichprobe II: 19 FK der mittleren und - Stichproben I und II: Es konn-
oberen Führungsebene aus dem ten überdurchschnittliche Ef-
Dienstleistungssektor und Warte-KG fektstärken (d = .72 bis
(zehn FK) d = .92) in den EG nachgewie-
Stichprobe III: 59 FK aus dem sen werden. Die Effektstärken
in den EG sind höher als die
Bildungssektor (Schule und Universität)
Effektstärken in den KG.
(EG: 43 FK; KG: zehn FK; Warte-KG:
- Insgesamt: Transformationale
sechs FK)
Führung konnte in der EG im
- Interventionsmethoden: Kollegiales
Vergleich zur KG bedeutsam
Teamcoaching und Training
verbessert werden.
transformationaler Führung nach Bass
& Avolio (2005) (insgesamt zwei
Tage)
Rowold, J. (2008). Em- Stichprobe I: 42 FK der mittleren Füh- - Experimentelles Design, Ge-
pirische Studien zur rungsebene eines Call-Center Unterneh- genüberstellung von Mittel-
Wirksamkeit des Kolle- mens (EG: 22 FK, KG: 20 FK) werten
gialen Team Coachings - Interventionsmethoden: Vorberei- - Transformationale Führung
®. tungstag mit 360°-Feedback und theo- konnte in der EG im Vergleich
retischem Input, vier Tage kollegiales zur KG nachhaltig verbessert
Teamcoaching (im Verlauf von acht- werden (Erhöhung der Mittel-
Monaten) werte zur transformationalen
Führung in der EG von 2.60
Stichprobe II: 34 FK der mittleren Füh- bis 2.70 auf 3.00 bis 3.10)
rungsebene eines Pharmaunternehmens
(EG: 25 FK, KG: 9 FK)
- Interventionsmethode: Fünf Kollegia-
le Team Coachings (im Verlauf von
zehn Monaten)
Anmerkungen: FK= Führungskraft / Führungskräfte; MA = Mitarbeiter; EG = Experimentalgruppe(n); KG = Kontrollgruppe(n)
1 Theoretische und empirische Grundlagen 42

Fortsetzung Tabelle 1.1.5


Evaluationsstudie Stichprobe und Trainingsmethoden Studiendesign und Ergebnisse
Towler (2003) Effects of - Stichprobe: 41 Studierende der Wirt- - Experimentelles Design,
charismatic influence schaftswissenschaften varianzanalytische Auswer-
training on attitudes, - Interventionsmethoden: 2,5-stündiges tung der Daten
behavior, and perfor- Training zur charismatischen Beein- - Studierende, die in charis-
mance flussung oder zu Präsentationstechni- matischem Verhalten trainiert
ken worden waren, zeigten in einer
- Inhalte des Programms: charismati- vorbereiteten Rede mehr cha-
scher Kommunikationsstil und rismatische Verhaltens-weisen
visionärer Inhalt als die Studierenden der KG
und hatten einen positiven
Einfluss auf die Leistung an-
derer Studierender in einer
vorgegebenen Aufgabe.
Anmerkungen: FK= Führungskraft / Führungskräfte; MA = Mitarbeiter; EG = Experimentalgruppe(n); KG = Kontrollgruppe(n)

Beschreibung der Evaluationsstudien


Anmerkungen: Im folgenden Text werden Abkürzungen verwendet, wobei FK = Führungskraft / Führungskräfte(n); MA = Mitarbei-
ter; EG = Experimentalgruppe(n); KG = Kontrollgruppe(n)

Im Folgenden werden ausgewählte Studien aus Tabelle 1.1.5 ausführlicher beschrieben, die
besondere Relevanz für die Ableitung von Fragestellungen und für das methodische Vorgehen
der vorliegenden Arbeit haben:
In einer Studie von Barling et al. (1996) in einer kanadischen Bank mit einer Stichprobe
von 20 FK konnte aufgezeigt werden, dass die Kombination aus Workshops und Einzelcoa-
chings eine Verbesserung transformationalen Führungsverhaltens bewirkt. Die FK wurden ran-
domisiert den Gruppen zugeteilt. FK der EG nahmen an einem eintägigen Trainingstag teil, an
dem sie mit den zentralen Konzepten transformationaler Führung vertraut gemacht wurden und
in Rollenspielen die Umsetzung transformationaler Führungsprinzipien im Führungsalltag
erpoben konnten. In jeweils vier anschließenden Einzelcoachingsitzungen wurden individuelle
Ziele festgelegt und die Inhalte des Trainingstages vertieft. FK der KG erhielten keinerlei Trai-
ning. Die Interventionen der EG mit besonderer Betonung der transformationalen Komponente
Inspirational Motivation, führten bei den neun trainierten FK im Vergleich zu den elf FK der
KG fünf Monate nach Trainingsende dazu, dass deren MA ein deutlich stärker
transformationales Führungsverhalten (insbesondere Inspirational Motivation) wahrnahmen.
Darüber hinaus sprechen die Ergebnisse auch für die Effektivität transformationaler Führung:
Die MA der FK aus der EG hatten nicht nur eine höhere Bindung an ihr Unternehmen als die
MA der FK aus der KG, sondern sie waren hinsichtlich der Verkaufzahlen auch ökonomisch
erfolgreicher. Aufgrund des Designs dieser Studie konnte der relative Beitrag der Workshops
und der Einzelcoachings zur Führungsentwicklung nicht bestimmt werden. Einschränkend ist
für dieses Studiendesign festzuhalten, dass die unterschiedlichen Ergebnisse in der EG und KG
auch auf einen Hawthorne Effekt (= das Wissen der EG, Teilnehmer einer Untersuchung zu
sein) zurückgeführt werden können, da die KG keinerlei Intervention (und damit Zuwendung)
erhalten hatte.
Kelloway, Barling und Helleur (2000) richteten in einer Studie mit 40 FK im Gesund-
heitswesen ihr Augenmerk auf den Vergleich der Wirksamkeit von Workshops und individuel-
len Beratungsgesprächen. Das Führungsverhalten wurde von 180 Geführten vor Durchführung
des Trainings und sechs Monate nach dem Training auf den Skalen des MLQ eingeschätzt.
1.1 Transformationale Führung 43

Aufgrund der hohen Interkorrelationen der Skalen wurden die Dimensionen transformationaler
Führung zu einem globalen Maß zusammengefasst. Die Führungspersonen wurden randomisiert
auf vier Gruppen mit verschiedenen Interventionsbedingungen verteilt: eine Gruppe, die nur den
Trainingsworkshop durchlief, eine Gruppe, die nur individuelle Beratungsgespräche absolvierte,
eine Gruppe, die beide Interventionen erhielt und eine KG. Es konnten keine Unterschiede in
den Effekten von Einzelberatung, Workshops oder einer Kombination aus beiden nachgewiesen
werden: Bei allen drei Interventionsvarianten konnten gegenüber der KG ohne Interventions-
maßnahme deutliche Verbesserungen im Führungsverhalten festgestellt werden. Laut der Auto-
ren ist dies kein unerwartetes Ergebnis, da sich beide Interventionsformen darauf konzentrieren,
spezifische, herausfordernde und erreichbare Ziele zu setzen, die sich auf transformationales
Führungsverhalten beziehen. Wenn Gruppenworkshops und Einzelberatungen in Bezug auf die
Förderung transformationalen Führungsverhaltens tatsächlich austauschbar sein sollten, so
scheint es nur plausibel, dass die Autoren für den zukünftigen Einsatz der ökonomischeren
Form der gruppenbasierten Trainings plädieren.
In einem Forschungsprojekt zur Förderung effektiver Führung im mittleren Manage-
ment (vgl. Peus, Frey & Braun, 2009) wurde überprüft, wie transformationale Führung mit Hilfe
einer Kombination aus Gruppenworkshops und Individualcoachings in zwei kommerziellen
Organisationen systematisch gefördert werden kann. In der von Peus (2005) durchgeführten
Studie wurden neun FK aus einem Unternehmen aus dem Versorgungsbereich und einem Fi-
nanzdienstleister in den Dimensionen transformationaler Führung gefördert. Vor und nach Ab-
schluss des zehnmonatigen Trainingsprogramms wurden die MA der trainierten FK und die
einer nicht trainierten KG erneut um die Beurteilung des Führungsstils ihres Vorgesetzten sowie
seiner Effektivität gebeten und es wurden leistungsrelevante Einstellungen der MA erfasst.
Auch die FK selbst schätzten ihr Führungsverhalten vor und nach dem Training im MLQ ein.
Im Vergleich mit der KG zeigten die trainierten FK nach den zehn Monaten ein signifikant ge-
ringeres Ausmaß an Laissez Faire Führung. Sie wurden nach Abschluss der Trainings auch in
den Dimensionen transformationaler Führung tendenziell höher bewertet, wobei dieser Effekt
die statistische Signifikanz nicht erreichte, was Peus auf die geringe Stichprobengröße zurück-
führt.
Radstaak (2008) untersuchte in einem quasi-experimentellen KG-Design mit einer Prä-
Post-Messung die Wirksamkeit eines Interventionsprogramms, das aus einem eintägigen Trai-
ning (in Anlehnung an das Full Range of Leadership Training; siehe 1.1.6.2) und einem eintägi-
gen Coaching (nach der Methode des Kollegialen Team Coaching, siehe 1.1.6.3) bestand. Es
wurde ein 360°- Feedback vor und nach dem Training mit den FK und den Einschätzungen ihrer
MA, Kollegen und Vorgesetzten durchgeführt. Ziel der Untersuchung war es, das Training zur
transformationalen Führung an den deutschen Markt anzupassen und zu evaluieren. Das Inter-
ventionsprogramm wurde in drei verschiedenen Organisationsbereichen durchgeführt: Die erste
Stichprobe, bestehend aus FK in der Industrie (N = 7) nahm am Kollegialen Team Coaching
teil. Eine zweite Stichprobe mit FK aus dem Dienstleistungssektor (N = 19) umfasste eine War-
te-KG und eine EG, die am Training und Coaching transformationaler Führung teilnahm. Die
größte Stichprobe aus dem Bildungsbereich (N = 59) umfasste zwei KG und eine EG, die am
Training und Coaching transformationaler Führung teilnahm. Die Wirksamkeit des Interventi-
onsprogramms konnte in allen drei Stichproben nachgewiesen werden. Es wurden Effektstärken
(siehe 1.6.4.5) als Maß für die Trainingseffektivität berechnet (vgl. Arthur, Bennett, Edens,
Bell, 2003). Mit Werten von d = .72 bis d = .92 liegen die Ergebnisse über dem von Arthur et al.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 44

(2003) ermittelten Durchschnitt von Effektstärken (d = .62) für Trainings (Ergebnis einer Me-
taanalyse von 395 Trainings). Damit konnte in verschiedenen organisationalen Bereichen ge-
zeigt werden, dass Training und Team Coaching transformationaler Führung eine wirksame
Personalentwicklungsmaßnahme im deutschen Raum darstellt. Das Interventionsprogramm
zeigt Erfolge in verschiedenen organisationalen Bereichen und kann auf verschiedenen Hier-
archieebenen verwendet werden. Radstaak (2008) zieht die Schlussfolgerung, dass die Kombi-
nation aus Training und Coaching als einer der Erfolgsfaktoren für die Wirksamkeit des Inter-
ventionsprogramms angesehen werden kann. Die Ergebnisse der ersten Stichprobe zeigen einen
kleinen Effekt für Coaching, die Kombination aus Training und Coaching erzielt sehr viel höhe-
re Effektstärken. Radstaak (2008) weist darauf hin, dass weitere Evaluationsstudien zum Coa-
ching von großem Interesse sind. Er schlägt vor, in weiteren Untersuchungen eine höhere An-
zahl an FK einzubeziehen, um varianzanalytische Berechnungen zu ermöglichen. Zudem wäre
es aus seiner Sicht wünschenswert, in weiteren Forschungen eine randomisierte Zuteilung der
FK auf die Kontroll- und Experimentalgruppen vorzunehmen. Ebenso wäre es interessant zu
überprüfen, ob die reine Durchführung des 360°-MLQ-Feedbacks einen Effekt aufweist. In der
Untersuchung von Radstak konnten aufgrund des Designs keine Aussagen dazu getroffen wer-
den, welchen Effekt die alleinige Durchführung eines Trainings, ohne eine entsprechende Ver-
tiefung der Inhalte im Team Coaching, gehabt hätte. Zudem können nur eingeschränkte Aussa-
gen zu Wirksamkeit des Team Coachings gemacht werden, da in der ersten Stichprobe keine
KG als Referenz vorlag. Dennoch dienen die Ergebnisse der ersten Stichprobe als Hinweise auf
die Effektivität von Coaching zur Förderung transformationaler Führung. Erstaunlich sind die
Ergebnisse aus den KG: In beiden Stichproben konnten positive Effekte für transformationale
Führung in den KG nachgewiesen werden. Die Warte-KG aus der dritten Stichprobe zeigte so-
gar den größten Effekt (d = 1.84) der gesamten Untersuchung. Allein die Teilnahme an einem
360°-Feedback scheint demnach positive Auswirkungen auf das Ausmaß transformationalen
Führungsverhaltens zu haben.

Fazit aus den Evaluationsstudien


Die Studien weisen insgesamt darauf hin, dass die Komponenten transformationaler Führung
prinzipiell trainierbar sind. Weiterhin wird deutlich, dass sowohl individuelle Beratungs-
gespräche beziehungsweise Einzelcoachingsitzungen als auch Gruppentrainings und Gruppen-
workshops die gewünschten Effekte erzielen können. Zu klären bleibt jedoch der jeweils rela-
tive Beitrag von individuumszentrierten und gruppenbezogenen Interventionsmaßnahmen zur
Förderung transformationalen Führungsverhaltens. So ergibt sich nach Felfe (2006a) weiterhin
die Frage, mit welchen konkreten Methoden (z.B. Rollenspiele, Fallstudien) und in welchen
Settings (z.B. Trainings, Coachings) transformationale Führung am effizientesten vermittelt
werden kann. Mit dem Fokus auf individuumszentrierte Maßnahmen ist darüber hinaus zu klä-
ren, welche Rolle die Förderung transformationalen Führungsverhaltens in unterschiedlichen
individuellen Führungskontexten spielt und wie sie im Einzelfall mit den Anliegen von FK zur
persönlichen Weiterentwicklung zusammenhängt.
1.1 Transformationale Führung 45

1.1.7 Grenzen und Gefahren transformationaler Führung

Geßner (2010) beschäftigt sich in ihrer qualitativen Studie zur Analyse von Tagebüchern von
Anhängern und Gegnern Hitlers mit der Frage „Hitler und die Deutschen – Eine charismatische
Beziehung?“ und damit mit der dunklen Seite des Charismas. Aber nicht nur die großen Dramen
des Machtmissbrauchs charismatischer Führung in der deutschen Geschichte mit fatalen Aus-
wirkungen, sondern auch die kleinen Beispiele der charismatischen Beeinflussung mit negativen
Auswirkungen für Einzelpersonen und Gruppen in Arbeitsteams, Schulklassen oder Subkultu-
ren legen es nahe, neben den Erfolgen auch die Gefahren transformationaler und charismati-
scher Führung zu berücksichtigen.

1.1.7.1 Gefahren transformationaler Führung


In der bisherigen Darstellung wurde davon ausgegangen, dass sich die Komponenten des
transformationalen Führungsstils z.B. förderlich auf das Leistungsniveau, die Einsatzbereit-
schaft, das innovative Handeln, die Arbeitszufriedenheit und das Wohlbefinden von Mitarbei-
tern auswirken (siehe 1.1.5) und damit in erster Linie positive Effekte transformationaler Füh-
rung zu verzeichnen sind. Einige Aspekte der transformationalen Führung können aber kritisch
hinterfragt werden (vgl. Gebert, 2002):
Der visionär-charismatische Aspekt – so wird häufiger kritisiert – könnte in Dogmatik
und Ideologie abgleiten und zu einer Homogenisierung von Werten und Einstellungen führen
(vgl. Gebert, 2002). Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene wäre die von Geßner (2010) untersuch-
te charismatische Beziehung zwischen Hitler und den Deutschen ein passendes Beispiel dafür,
wie kollektive Begeisterung für ein gemeinsames Ziel, in „kollektiven Wahnsinn“ (Gebert,
2002; S. 221) einmünden kann. Wie Gebert (2002) aber treffend argumentiert, wird durch die
Komponente der intellektuellen Stimulierung, also durch das Aufbrechen tradierter Vorstellun-
gen, gerade ein Gegengewicht zur Homogenisierung – die durch die charismatische Vermittlung
von Wertvorstellungen und Zielen erzeugt werden kann – hergestellt und damit auf eine offene,
polyvalente Gesellschaft abgezielt. Auch Bass und Avolio (1988) weisen auf die Gefahr hin,
dass eine ausschließlich charismatische Führungsperson den Geführten ihre Meinung und ihren
Willen aufzwingt. Hingegen ist dann eine echte Transformation möglich, wenn die charismati-
sche Führungsperson darüber hinaus zu kreativem Denken anregt und ihre Mitarbeiter individu-
ell fördert („drittes und viertes I“). So wird bei der transformationalen Komponente der
Intellectual Stimulation ausdrücklich betont, dass Geführte darin bestärkt werden, die Ideen des
Führenden zu hinterfragen und über etablierte Sichtweisen und Ideen kritisch nachzudenken.
Als weitere Gefahr transformationaler Führung kann die wechselseitige Abhängigkeits-
entwicklung diskutiert werden: „Der Führende benötigt, vereinfacht formuliert, den Beifall
spendenden Geführten, und die Geführten benötigen ihren verehrungswürdigen Hoffnungsträ-
ger“ (Gebert, 2002, S. 151). Im Extremfall ist der charismatisch Führende nicht mehr bereit,
sich selbst zu hinterfragen, und auch die Geführten sind nicht bereit, den Führenden und ihre
Beziehung zu ihm zu hinterfragen. Wenn aber das wechselseitige Hinterfragen behindert wird,
so wäre eine elementare Voraussetzung für unabhängiges Denken und Handeln und das Ein-
nehmen verschiedener Perspektiven nicht mehr gegeben. Damit würden kreative Ideen und die
Entwicklung von Innovationen gehemmt.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 46

1.1.7.2 Orientierung an ethischen Standards


Aufgrund wiederkehrender Beispiele von Machtmissbrauch (Korruptionsaffären, steigende Ma-
nagergehälter, Fehlspekulationen,…) hat sich in den letzten Jahren die Forderung etabliert,
transformationale Führung an ethischen Standards zu orientieren (vgl. Bass & Steidlmeier,
1999; Kanungo, 2001). Eine Führung, die durch Machtmissbrauch zum Erreichen egoistischer
Interessen (personalisiertes Charisma) gekennzeichnet ist, wird vom sozialisierten Charisma
(vgl. House & Howell, 1992; Howell & Shamir, 2005) unterschieden, das an übergeordneten,
ethischen Prinzipien ausgerichtet ist. Bass und Steidlmeier (1999) führen drei Dimensionen an,
anhand derer sie eine Abgrenzung authentischer transformationaler Führung von pseudo-
transformationaler Führung (Bass, 1998) vornehmen:
 der moralische Charakter der Führungsperson und die Berücksichtigung eigener Interessen
und der Interessen anderer
 die ethischen Standards und Werte, die im Inhalt der Vision, der Vermittlung der Vision
und in der Art und Weise der Zielerreichung zum Ausdruck kommen und die von den Ge-
führten anerkannt oder zurückgewiesen werden können
 die moralische Komponente sozial-ethischer Entscheidungen und Handlungen, die von der
Führungskraft und den Geführten getroffen und umgesetzt werden
Howell und Avolio (1992) trafen in Analogie zum personalisierten und sozialisierten Macht-
streben die Unterscheidung zwischen ethischen und unethischen Führungspersonen. Ethische
Führungspersonen stellen ihren Einfluss in den Dienst anderer Personen während unethisch
führende Personen ihre Macht zur Durchsetzung persönlicher Ziele nutzen. Avolio und Bass
(1998) weisen darüber hinaus darauf hin, dass die Selbstdarstellung transformationaler und
pseudo-transformationaler Führungspersonen jeweils unterschiedlich motiviert ist:
Transformational leaders […] can be counted on to do what‟s right, demonstrating high
standards of ethical and moral conduct. Impressions are managed for the good of the organ-
ization and its members, not for the purpose of deceit and / or subterfuge. The „pseudo-
transformational‟ leader may create the impression of doing some of the „right things‟, but
actually fail to do so when it conflicts with his or her personal interest (Avolio & Bass,
1998; p. 394).
Kanungo (2001) unterscheidet in seinem Rahmenmodell ethischen Führungsverhaltens zwi-
schen den ethisch-moralischen Grundlagen transformationaler und transakationaler Führung
und differenziert zwischen Motiven, Werten, Verhaltensweisen, Strategien und Grundhaltungen
gegenüber der Umwelt. Eine Skala zur Messung ethischer Führung haben Brown, Trevino und
Harrison (2005) entwickelt, die insbesondere eine ethische Legitimation und eine
Auseinanderstzung mit ehtischen Fragen im Führungsalltag beschreibt. Tatsächlich ließ sich
auch ein empirischer Zusammenhang zwischen transformationaler Führung und dem Niveau
moralischer Urteile von Führungspersonen zeigen (vgl. Turner et al., 2002). Als Versuch, „ein
Modell für ehrliche, verantwortungsbewusste und aufrichtige Führung“ (Felfe, 2009; S. 52)
anzubieten, hat sich in den letzten Jahren das Konzept der authentischen Führung (authentic
leadership) etabliert. Luthans und Avolio (2003) definieren authentische Führung als
a process that draws from both positive psychological capacities and a highly developed
organization context, which results in both greater self-awareness and self-regulated posi-
tive behaviors on the part of leaders and associates, fostering positive self-development (p.
243).
1.1 Transformationale Führung 47

Authentische Führungspersonen greifen also auf positive psychologische Ressourcen wie


Selbstvertrauen, Optimismus, Hoffnung und Resilienz (= psychische Widerstandsfähigkeit)
zurück, die psychisches Wohlbefinden und einen positiven Selbstwert begleiten (vgl. Luthans &
Avolio, 2003). Wenn eine Person mit diesen psychologischen Ressourcen in einem positiven
organisationalen Kontext arbeitet, werden sowohl Selbsterkenntnis und Selbstbewusstsein als
auch Selbstregulationsprozesse der Führungsperson als Teile eines Selbstentwicklungsprozesses
gefördert (vgl. Avolio & Gardner, 2005). Durch modellhaftes Verhalten der Führungsperson
werden wiederum die entsprechenden Ressourcen der Geführten angesprochen: So bringt die
Integrität der Führungsperson im Rahmen einer als sinnvoll erachteten Arbeit hohes Vertrauen,
Einsatz und Wohlbefinden der Geführten mit sich. Folge einer authentischen Führung ist damit
auf der Seite der Geführten die authentische Anhängerschaft (authentic followership; Gardner et
al., 2005). Authentische Führung umfasst als Führungsmodell (vgl. Gardner et al., 2005) expli-
zit eine ethische beziehungsweise moralische Komponente (vgl. May, Chan, Hodges & Avolio,
2003). So diskutieren May et al. (2003) ausführlich den moralischen Aspekt authentischer Füh-
rung unter dem Fokus ethisch begründeter und transparenter Entscheidungsprozesse. Authenti-
sche Führungspersonen greifen bei solchen Entscheidungsprozessen auf Ressourcen wie morali-
sche Kompetenzen, Effizienz, Mut und Resilienz zurück, beziehungsweise entwickeln diese, um
ethische Aspekte zu berücksichtigen und authentische, moralische Handlungen zu vollziehen.
Insgesamt umfasst „self-awareness“ als eine der beiden zentralen Komponenten der authenti-
schen Führung die Reflexion persönlicher Werte und eine ausgeprägte Verbundenheit mit die-
sen Werten, die sich im Handeln der Führungsperson zeigt.

1.1.7.3 Sollte charismatische Führung gefördert werden?


Vor dem Hintergrund des Risikos, dass charismatische Führung für manipulative und selbst-
bezogene Zwecke missbraucht werden kann, stellen sich Conger und Kanungo (1988) die Frage
„Is it ethical to train charismatic leadership?“ (p. 319). Sie kommen zu dem Schluss, dass jegli-
che Form der Führungskräfteentwicklung, die darauf ausgerichtet ist, die Fähigkeiten von Füh-
rungspersonen zur Beeinflussung der Geführten zu erhöhen, die Gefahr in sich birgt, für eigene
Zwecke missbraucht zu werden. Sie weisen darauf hin, dass es selten eine Konstellation geben
wird, in der eine Führungskraft entweder nur im Sinne der organisationalen und sozialen Belan-
ge handeln wird oder sich ausschließlich an eigenen Interessen orientiert:
In reality, most managers seek personal reward and achievement within a concern for the
overall effectiveness of their work units or organizations. They are motivated by both their
personal values and organizational and societal norms (Conger & Kanungo, 1988, p. 320).
Sie plädieren dafür, die Chancen zu nutzen, die ein Training charismatischer Verhaltenskompo-
nenten mit sich bringen kann und führen drei Sicherheitsaspekte an, die dazu beitragen, die Ri-
siken des Machtmissbrauchs durch einzelne Führungspersonen zu verringern: Erstens können
Teilnehmer für Führungstrainings ausgewählt werden, die aufgrund bestimmter Merkmale als
geeignet erachtet werden. Zweitens können die Trainings darauf ausgerichtet sein, die Sensibili-
tät der Führungspersonen für die Bedürfnisse und Werte anderer Personen zu erhöhen, die dem
Missbrauch charismatischer Beeinflussung für rein selbstbezogene Zwecke entgegen steht. Drit-
tens können Vorgesetzte und Kollegen als „safeguards“ fungieren, da sie innerhalb einer Orga-
nisation wechselseitig Verantwortung für die Handlungen der jeweils anderen Führungsperson
übernehmen müssen. Insgesamt ziehen Conger und Kanungo (1988) die Schlussfolgerung:
1 Theoretische und empirische Grundlagen 48

„Training managers to be leaders is a risky business – but one without which there would likely
be no industrial progress” (p. 321).

1.1.8 Fazit zur transformationalen Führung

Aus den dargestellten theoretischen Ansätzen und empirischen Untersuchungen zur


transformationalen Führung lassen sich folgende Grundannahmen und offene Fragen ableiten:

Zusammenfassung und Grundannahmen


(1) Transformationale Führung als dynamische Interaktion: Führung wird im Rahmen die-
ser Arbeit als dynamische Interaktion zwischen der Führungsperson und ihren Mitarbei-
tern verstanden. Transformationale Führungsprinzipien beschreiben spezifische Inter-
aktionsformen, die durch positive Auswirkungen auf die Interaktionsbeteiligten und die
Gesamtorganisation gekennzeichnet sind.
(2) Transformationale Führung definiert sich über charakteristische Verhaltensweisen und
durch die Art ihrer erzielten Erfolge: Nach dem grundlegenden Modell von Bass (1985)
können vier Komponenten (die „vier Is“) transformationaler Führung unterschieden
werden, die charakteristische Verhaltensweisen der Führungsperson beschreiben. Diese
umfassen vorbildhaftes, charismatisches Verhalten, Motivation von Mitarbeitern durch
begeisternde Visionen, Anregung von kreativem und unabhängigem Denken sowie in-
dividuelle Unterstützung und Förderung von Mitarbeitern. Transformationale Effekte
auf der Seite der Geführten wie z.B. eine gesteigerte Einsatzbereitschaft und Anstren-
gung, ein erhöhtes Anspruchs- und Leistungsniveau sowie die Identifikation mit der
Führungsperson und der Aufgabe, sind sowohl theoretisch begründet als auch empirisch
nachgewiesen.
(3) Full Range of Leadership und MLQ: Im Full Range of Leadership lassen sich neun ver-
schiedene Führungsstile verorten, die mit dem MLQ erfasst werden können. Es ist so-
wohl eine gesonderte Betrachtung dieser neun Stile, als auch die Betrachtung von drei
Faktoren höherer Ordnung (transformationale Führung, transaktionale/entwicklungs-
unterstützende Führung, kontrollierend-vermeidende Führung) möglich und aussage-
kräftig.
(4) Empirisch und ökonomisch-gesellschaftlich begründete Relevanz des Führungsmodells:
Positive Wirkungen der transformationalen Führung, die sowohl gesamtgesellschaftlich
als auch organisationsintern als erwünscht gelten können, sind empirisch belegt. Darü-
ber hinaus lässt sich die Relevanz transformationaler Führung im ökonomisch-
gesellschaftlichen Kontext aufzeigen.
(5) Förderung transformationaler Führung: Transformationale Führung kann in konkrete
und erlernbare Verhaltensweisen zerlegt und damit auch gefördert werden. Dabei soll-
ten sowohl Informationen vermittelt, Fertigkeiten trainiert, persönliches Feedback ge-
geben und ein individueller Entwicklungsplan erstellt und überprüft werden. Eva-
luationsstudien belegen, dass Komponenten transformationaler Führung prinzipiell ge-
fördert werden können und dass dabei der Einsatz verschiedener Interventionsformen
(z.B. Vorträge, Fallstudien, Rollenspiele, Selbstreflexion) in unterschiedlichen Settings
(z.B. Gruppenworkshops und -trainings, Einzel- und Gruppencoachings) möglich ist.
1.1 Transformationale Führung 49

(6) Den Gefahren transformationaler Führung kann entgegengewirkt werden: Um „echte“


transformationale Führung im Gegensatz zur pseudo-transformationalen Führung zu er-
reichen, muss eine Orientierung an den Interessen und Zielen der Gemeinschaft – über
die Orientierung an Selbstinteressen hinaus – gegeben sein. Eine gezielte Ausrichtung
des Verhaltens einer Führungskraft an transformationalen Prinzipien muss demnach auf
der Motivation gründen, ethisch vertretbare Vorteile für die Gesamtorganisation und für
ihre Mitglieder erreichen zu wollen.

Offene Fragen
(1) Übertragbarkeit eines idealistischen Führungsmodells auf verschiedene Kontexte und
Hierarchiebenenen: Es wird darauf hingewiesen, dass sich transformationale Führung in
unterschiedlichen organisationalen Settings und auf allen Hierarchieebenen finden lässt
(vgl. Rathgeber, 2005; Rowold & Radstaak, 2005). Dennoch stellt sich die Frage, in-
wieweit ein derart idealistisches Führungsmodell auf der mittleren und unteren
Hierarchiebene umgesetzt wird und inwieweit dieses mit individuellen Führungsthe-
men, die die einzelne Führungsperson bewegen, in Einklang zu bringen ist.
(2) Adaptation des transformationalen Führungsmodells für organisationsspezifische Be-
lange und Voraussetzungen: Interventionsprogramme zur Förderung transformationaler
Führung orientieren sich inhaltlich stark an den durch das Modell vorgegebenen Prinzi-
pien. Es wird aber kaum aufgezeigt, wie die Grundprinzipien des Führungsmodells mit
den kulturellen und strategischen Merkmalen der jeweiligen Organisation abgeglichen
werden und an organisationsspezifische Voraussetzungen zur Etablierung dieses Füh-
rungsmodell angeknüpft wird. Es stellt sich daher die Frage, wie eine unternehmensspe-
zifische Anpassung des Führungsmodells aussehen kann.
(3) Ablauf und (inkrementelle) Wirksamkeit von Einzelcoachingprozessen zur Förderung
transformationaler Führung: Gruppenbezogene Interventionen zur Förderung
transformationaler Führung werden teilweise durch stärker individuumsorientierte
Maßnahmen wie Einzelcoachings (vgl. Peus, 2005), individuelle Feedback- und Ent-
wicklungsgespräche (vgl. Bass & Avolio, 1999) oder Kollegiales Team Coaching (vgl.
Rowold & Rowold, 2005), in denen auf individuelle Belange eingegangen werden
kann, begleitet und ergänzt. Es gibt allerdings bisher keine empirischen Hinweise auf
die inkrementelle Wirksamkeit von Einzelcoachings zur Förderung transformationaler
Führung über gruppenbezogene Interventionen hinaus. Außerdem fehlen Beschreibun-
gen zu den Anlässen und dem Ablauf von Einzelcoachings zur Förderung
transformationaler Führung. Damit stellt sich die Frage nach der inkrementellen Wirk-
samkeit von Einzelcoachings über Gruppenworkshops hinaus, sowie nach individuellen
Anlässen für und Abläufen von Einzelcoachingprozessen.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 50

1.2 Selbstdarstellung

Neben der transformationalen Führung handelt es sich beim Konzept der Selbstdarstellung um
das zweite große, inhaltliche Themengebiet dieser Arbeit. Der vorliegende Abschnitt widmet
sich den theoretischen Grundlagen der Selbstdarstellung.
Nach der Begriffsklärung und Einführung des Begriffs Selbstinterpretation als Alterna-
tivkonzeption zur Selbstdarstellung in Abschnitt 1.2.1, geht es in Abschnitt 1.2.2 um das „Was“
der Selbstdarstellung in Form von Selbstbildern und um die Ergebnisse der Selbstdarstellung in
Form von Fremdbildern. Abschnitt 1.2.3 befasst sich mit grundlegenden Formen der Darstel-
lung von Selbstbildern. Abschnitt 1.2.4 beschreibt die Komponenten, die bei der individuellen
Selbstdarstellung eine Rolle spielen, Abschnitt 1.2.5 charakterisiert die Prozesse der Selbstin-
terpretation. In Abschnitt 1.2.6 werden die bis dahin dargestellten Inhalte in einem dynamischen
Interaktionsmodell der Selbstinterpretation zusammengefasst.
Wenn bestimmte Formen der Vermittlung von Selbstbildern nach außen zeitlich stabil
und in vielen Situationen eingesetzt werden, können sie als individuelles Selbstdarstellungsmus-
ter bezeichnet werden, das auf charakteristischen Fähigkeits- und Motivationsausprägungen
basiert (vgl. Renner, 2002). Solche habituellen Selbstdarstellungsformen als „Wie“ der Selbst-
darstellung sind Gegenstand von Abschnitt 1.2.7.
Abschließend wird in Abschnitt 1.2.8 ein Fazit zur Selbstdarstellung gezogen und es
werden Grundannahmen für diese Arbeit und offene Fragestellungen abgeleitet.

1.2.1 Begriffsklärung: Vom Eindrucksmanagement zur Selbstinterpretation

Im Rahmen der Selbstdarstellung werden einem Publikum Bilder der eigenen Person vermittelt.
In der wissenschaftlichen Literatur zum Thema Selbstdarstellung werden zur Beschreibung
verschiedener Aspekte dieses Phänomens unterschiedlich akzentuierte Begriffe verwendet, wie
z.B. „Impression Management“ (Mummendey, 1995), „Selbstidentifikation“ (Schlenker, 1985;
1986) und „Selbstkonstruktion“ (Baumeister & Tice, 1986). Diese Begriffe betonen unter-
schiedliche Motive und Funktionen von Selbstdarstellung (siehe 1.2.4.3 und 1.2.4.4), die sich an
ein externes oder internes Publikum richten kann (siehe 1.2.4.1). Letztendlich ist Selbstdarstel-
lung ein interpretativer Prozess, bei dem die Person sich entscheiden muss, wem, mit welchem
Schwerpunkt und Inhalt, zu welchem Zweck und mit welchen Konsequenzen sie ihr Selbst dar-
stellt.

1.2.1.1 Eindrucksmanagement
In der Selbstdarstellungsforschung wird oft eher die bewusste-absichtsvolle als die automatisier-
te Form von Selbstdarstellung in den Mittelpunkt der Betrachtung gesetzt (vgl. z.B. Goffman,
1969; Tedeschi, 1986; Arkin & Baumgardner, 1986). Diese Betonung einer strategischen Aus-
richtung von Selbstdarstellung spiegelt sich im Begriff „Impression Management“ wider, der
wie folgt zusammengefasst wird: „Individuen kontrollieren (beeinflussen, steuern, manipulieren
etc.) in sozialen Interaktionen den Eindruck, den sie auf andere Personen machen“
(Mummendey, 1995, S.111). Verhalten wird demnach absichtsvoll eingesetzt, um eine be-
stimmte Wirkung bei anderen zu erzielen. Ebert und Piwinger (2007) charakterisieren Impressi-
on Management als „aktive Form der Selbstdarstellung zum Zwecke einer Nutzenerzielung“ (S.
205) im Sinne einer „personenorientierten Öffentlichkeitsarbeit“ (S. 210).
1.2 Selbstdarstellung 51

Es gibt eine breite Palette an Systematisierungsversuchen zu Verhaltensweisen des Eindrucks-


managements (vgl. z.B. Arkin, 1981; Mummendey, 1995; Jones & Pittman, 1982; Tedeschi &
Riess, 1981). Eine der umfassendsten Klassifikationen verschiedener Impression-Management-
Formen stammt von Tedeschi, Lindskold und Rosenfeld (1985), die zwei grundlegende Dimen-
sionen unterscheiden, auf denen die Verhaltensweisen eingeordnet werden können:

a) Selbstdarstellungstaktiken und -strategien


In Anlehnung an einen ursprünglich militärischen Sprachgebrauch werden Selbstdarstellungs-
taktiken von Selbstdarstellungsstrategien unterschieden, wobei sich erstere auf Verhaltenswei-
sen zum Umgang mit begrenzten und spezifischen Situationen beziehen, zweitere auf Verhal-
tensweisen, die situationsübergreifend wirken. Selbstdarstellungstaktiken tragen zur Erreichung
kurzfristiger Ziele bei, Selbstdarstellungsstrategien werden zur Erreichung langfristiger Ziele,
wie z.B. zum Aufbau bestimmter Reputationen (z.B. Glaubwürdigkeit oder Expertentum) ein-
gesetzt (vgl. Tedeschi & Norman, 1985). Um erwünschte Reputationen aufzubauen, bedarf es
einer strategischen Selbstdarstellung, die wiederum den konsistenten Einsatz vieler taktischer
Schritte erfordert. Im beruflichen Kontext ist die strategische Ausrichtung der Selbstdarstellung
vor allem im Zusammenhang mit ihren Auswirkungen auf die Personalauswahl, z.B. innerhalb
von Assessment Centern oder in Einstellungsgesprächen (vgl. z.B. Diemand & Schuler, 1991;
Sievering, 2001; Weißhaupt, 1997) untersucht worden.

b) Assertive und defensive Formen der Selbstdarstellung


Es werden assertive (durchsetzungbereite) von defensiven (verteidigende) Strategien bezie-
hungsweise Taktiken unterschieden. Eine Person, die assertive Verhaltensweisen einsetzt, ver-
sucht aktiv, bei anderen einen positiven Eindruck zu erzeugen. Ziel defensiver Selbstdarstellung
ist es hingegen, „die Identität [des Individuums] zu bewahren, zu schützen und zu verteidigen,
wenn sie von anderen Personen in Frage gestellt, bedroht oder beeinträchtigt erscheint“
(Mummendey, 1995, S. 136).

c) Vier Möglichkeiten des Eindrucksmanagements


Die Dimensionen können als voneinander unabhängig aufgefasst werden, sodass sich folgende
vier Möglichkeiten des Eindrucksmanagements ergeben (vgl. Tedeschi et al., 1985; vgl. auch
Schütz, 1992):
 Taktisch-assertive Selbstdarstellung
 Strategisch-assertive Selbstdarstellung
 Taktisch-defensive Selbstdarstellung
 Strategisch-defensive Selbstdarstellung
Taktisch-assertive Selbstdarstellung bezieht sich auf Versuche, in konkreten Situationen eine
bestimmte Wirkung auf das Publikum zu erzeugen, z.B. sich beliebt zu machen. Strategisch-
assertive Selbstdarstellung beschreibt das Bestreben, eine langfristige, erwünschte Identität auf-
zubauen, z.B. als glaubwürdiger Politiker. Taktisch-defensive Selbstdarstellung umfasst Versu-
che, in bestimmten Situationen eine erwünschte Außensicht aufrechtzuerhalten oder zu schüt-
zen, z.B. durch Ausreden oder Entschuldigungen. Strategisch-defensive Selbstdarstellung be-
zieht sich auf „chronische“ Versuche, sich gegen Bedrohungen der eigenen Identität zu schüt-
zen, z.B. indem befürchtetes oder tatsächlich stattgefundenes Versagen in Bewertungssituatio-
nen wiederholt auf die eigene Angst zurückgeführt und damit das zentrale Selbstbild als kompe-
tent und leistungsstark aufrechterhalten wird.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 52

1.2.1.2 Selbstinterpretation
Die Frage, welches Selbstdarstellungsverhalten als authentisch und welches als situationsange-
passt bis hin zu täuschend anzusehen ist, ist schwierig zu beantworten. Grundsätzlich stellt fast
jeder Aspekt des Verhaltens Informationen über die Person bereit. Sobald sich eine Person in
Gegenwart anderer Leute befindet und ihre Selbstsicht in Verhalten umsetzt und nach außen
transportiert, stellt sie anderen Personen Informationen über sich zur Verfügung. Aus diesen
Informationen können Eindrücke über die Fähigkeiten, Einstellungen, Motive oder Gefühle der
Person gewonnen werden. Fast alle Verhaltensweisen können demnach dazu dienen, sich selbst
zu präsentieren. Dabei kann die jeweilige Verhaltensweise entweder primär einem anderen
Zweck als der Darstellung des Selbst dienen oder aber intentional und funktional eingesetzt
werden, um einen bestimmten Eindruck zu erzielen.
Letzendlich handelt es sich bei der Selbstdarstellung selten um wirkliche Täuschung als
vielmehr um einen selektiven Vorgang, bei dem die Person versucht, diejenigen Facetten der
eigenen Person auszuwählen und darzustellen, die situationsgemäß den besten Eindruck hinter-
lassen:
We are all multifaceted individuals, and in any given situation, we would convey many dif-
ferent impressions of ourselves, all of which are true. Rather than lying, people typically se-
lect the images they want others to form from their repertoire of true self-images (Leary
1995, p. 4).
Es gilt also, das Selbst dem Kontext entsprechend zu interpretieren: Die Person muss sich ent-
scheiden, bei wem, mit welchem Schwerpunkt und Inhalt, zu welchem Zweck und mit welchen
Konsequenzen sie das Selbst darstellt.

a) Auffassungen von Selbstinterpretation


Um diesen interpretativen Aspekt von Selbstdarstellung zu betonen, haben Cheek und Hogan
(1983) sowie Laux (1992) self-interpretation beziehungsweise Selbstinterpretation als Alterna-
tivkonzept zur Selbstdarstellung vorgeschlagen. Cheek und Hogan (1983) unterscheiden Selbst-
darstellung und Selbstinterpretation nach dem jeweiligen Inhalt der Darstellung und dem Situa-
tionsbezug:
Self-interpretation involves an attempt to communicate one‟s enduring self-image, whereas
self-presentation implies an attempt to create an impression that is situationally appropriate
as defined by immediate external pressures (p. 258).
Während Cheek und Hogan (1983) Selbstinterpretation also für die Vermittlung von habituellen
Selbstbildern beziehungsweise von Kernaspekten des Selbstkonzepts (siehe 1.2.2.1) im Gegen-
satz zu situationsbezogener Selbstdarstellung reservieren, fassen Laux (1992) sowie Laux und
Renner (1994) Selbstinterpretation als umfassendes Konzept auf. Unter Selbstinterpretation
werden nach Laux (1992) alle Versuche einer Person zusammengefasst, anderen mitzuteilen,
wie sie sich selbst sieht und wie sie gesehen werden möchte. Selbstinterpretation betont den
produktiven Gestaltungsvorgang bei der Auswahl, der Wiedergabe und der Auslegung von
Selbstbildern und wird als Prozess aufgefasst, der die reziproke Beziehung zwischen Innensicht,
Außensicht und der Selbstdarstellung als Vermittler zwischen beiden umfasst. Selbstinterpreta-
tion umfasst alle Formen der Selbstdarstellung – von der Täuschung bis hin zur authentischen
Darstellung des Selbst.
1.2 Selbstdarstellung 53

b) Verständnis von Selbstinterpretation im Rahmen dieser Arbeit


Die Konzeption von Selbstinterpretation im Rahmen dieser Arbeit beruht auf der Auffassung
des Konstrukts nach Laux (1992) beziehungsweise Laux und Renner (1994). Darüber hinaus
werden von der Autorin (vgl. auch Riedelbauch und Laux, 2011) zwei zentrale Prozesse der
Selbstinterpretation spezifiziert (siehe 1.2.5.1) und deren Bedeutung bei der Entwicklung von
Teilidentitäten hervorgehoben (siehe 1.2.5.2 und 1.2.5.3). Die Komponenten und Prozesse der
Selbstinterpretation werden in einem dynamischen Interaktionsmodell zusammengefasst (siehe
1.2.6), das die zentrale selbstdarstellungstheoretische Grundlage für diese Arbeit bildet.

1.2.2 Inhalte und Ergebnisse von Selbstdarstellung: Selbst- und Fremdbilder

Selbstdarstellung verbindet die Innen- und Außenperspektive einer Person (vgl. Laux, 2008):
Selbstbilder werden von der Person dargestellt, von den Interaktionspartnern wahrgenommen
und von diesen als Fremdbilder der Person konstruiert. Die Reaktionen der Interaktionspartner
auf die Selbstdarstellung werden wiederum von der Person wahrgenommen und mit ihrem
Selbstkonzept abgeglichen. Die Außensicht ist damit zum einen Ergebnis der Vermittlung von
Selbstbildern, zum anderen Einflussfaktor auf die Art und Weise der Selbstdarstellung: So ori-
entiert sich der Selbstdarsteller bei der Vermittlung von Selbstbildern auch an den spezifischen
Erwartungen des Publikums, die zu einem großen Teil daraus resultieren, welcher äußere Ein-
druck der Person bereits gebildet wurde. Die Außensicht wird durch die Gesamtheit der Fremd-
bilder konstituiert und kann – je nach Authentizität der Darstellung von Selbstbildern und der
Art und Weise der Wahrnehmung der Selbstdarstellung durch die Interaktionspartner – ein
Spiegelbild der Innensicht sein oder sich stark von ihr unterscheiden.
Abschnitt 1.2.2.1 beschreibt die zentralen Konzepte, die der Innensicht zugeordnet sind.
Abschnitt 1.2.2.2 geht auf die Fremdbilder ein, die die konstituierenden Elemente der Außen-
sicht darstellen (zur Beschreibung von Innen- und Außensicht vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).

1.2.2.1 Innensicht: Selbst, Selbstbilder und Selbstkonzept


Abschnitt 1.2.2.1 widmet sich zunächst den Konstrukten Selbst und Selbstkonzept, um an-
schließend auf reale, mögliche und normative Selbstbilder als Bestandteile des Selbstkonzepts
einzugehen.

a) Das Selbst als affektiv-kognitives System


Das Selbst beschreibt als Teilaspekt der Gesamtpersönlichkeit die Innensicht des Individuums.

Selbst als Subjekt und als Objekt


Um die unterschiedlichen Facetten des Selbst herauszuarbeiten, ist es nützlich, es in verschiede-
ne Komponenten zu zerlegen: Das Selbst als affektiv-kognitives System kann in ein erkennen-
des Subjekt und ein Objekt der Erkenntnis unterschieden werden (vgl. Unterscheidung von „I“
und „Me“ nach William James, 1890).
Das Selbst als Objekt der Erkenntnis enthält die organisierten, ziemlich stabilen Inhalte
der Erfahrungen eines Individuums. In der modernen Forschung wird dieser Teil als Selbstkon-
zept bezeichnet und meint „das Gesamt des (relativ zeitstabilen) selbstbezogenen Wissens oder
auch das ‚selbstbezogene Wissenssystem‟ der Person“ (Fillipp & Mayer, 2005, S. 266).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 54

Das Selbst als Subjekt umschreibt die aktiven intrapersonalen (Verarbeitungs-) Prozesse und
lenkt die Gedanken, Gefühle und das äußere Verhalten einer Person (vgl. Schlenker, 1986). Bei
der Selbstreflexion ist das Selbst damit gleichzeitig Ausführender und Gegenstand der Reflexi-
on: „Das, was wir über ‚das Selbst‟ erfahren können, stellt somit stets das Produkt einer Interak-
tion zwischen dem Selbst als Subjekt und dem Selbst als Objekt dar“ (Fillipp & Mayer, 2005,
S. 266).

Selbstrepräsentationen und Selbstkonzept


Es stehen nicht immer alle Annahmen über die eigene Person im Selbstkonzept zum Abruf be-
reit, sondern jede Person verfügt auch über kognitive und affektive Selbstrepräsentationen (vgl.
Fillipp & Mayer, 2005), die der Introspektion und dem Bewusstsein nicht zugänglich sind. Die-
se können in verbaler, bildhafter oder sensu-motorischer Form vorliegen und das Selbst in der
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft repräsentieren (vgl. Markus & Wurf, 1987).
Von den prinzipiell bewusstseinsfähigen Selbstrepräsentationen ist immer nur ein Teil
im selbstbezogenen Wissenssystem aktiviert. Dieser Teil, der als Arbeitsselbstkonzept („wor-
king self concept“; Markus & Wurf, 1987) bezeichnet wird, steht in Wechselwirkung mit den
aktuellen intrapersonalen Prozessen (z.B. motivationale und emotionale Prozesse; vgl. Abschn.
1.2.4.4) der Person. Das Arbeitsselbstkonzept beschreibt damit denjenigen Ausschnitt der
Selbstrepräsentationen, der im Moment im übertragenen Sinn „im Scheinwerferlicht“ steht, da
er für die aktuelle Situation eine besondere Rolle spielt. Andere Teile des Selbstkonzepts hinge-
gen bleiben in bestimmten Situationen „im Dunkeln“. Selbstrepräsentationen können also –
abhängig vom situativen Kontext und motivationalen Zustand der Person – im aktuellen Selbst-
wissen als Selbstbilder präsent sein. Auch diejenigen Selbstrepräsentationen, die zu einem be-
stimmten Zeitpunkt nicht im selbstbezogenen Wissenssystem aktiviert sind, nehmen automa-
tisch Einfluss auf das intrapsychische Geschehen und das äußere Verhalten der Person, können
aber nicht in kontrollierter Form genutzt werden.

Kernaspekte des Selbst


Bestimmte Kernaspekte des Selbst sind der Person unabhängig vom situativen Kontext zugäng-
lich, d.h., sie sind „chronisch verfügbar“ (Markus & Wurf, 1987, S. 306). Solche Selbstbilder
wurden durch wiederholte Erfahrung in das Selbstwissen eingeprägt und sind für die Selbstdefi-
nition der Person als einzigartiges Individuum zentral, d.h., sie charakterisieren die Person als
abgehoben von anderen, sind konstitutiv für ihre Identität und das Erleben personaler Kontinui-
tät über die Zeit (vgl. Filipp & Mayer, 2005). Neben den immer zugänglichen Aspekten des
Selbst gibt es aber auch jene individuellen Merkmale, die der Person nie bewusst werden, also
zu keinem Zeitpunkt im Selbstwissen aktiviert sind.

Stabilität des Selbstkonzepts


Das Selbstkonzept ist gleichzeitig stabil und veränderbar (vgl. Markus & Wurf, 1987): Stabil ist
das Selbstkonzept in seinen Kernaspekten. Vorübergehende Veränderungen im Selbstkonzept
sind zurückzuführen auf die jeweils aktuelle Aktivierung bestimmter Annahmen über die eigene
Person. Es können aber auch andauernde Veränderungen stattfinden, wenn neue Selbstbilder
aufgrund wiederholter Erfahrungen in das Selbstkonzept integriert werden (Internalisierungs-
prozesse; siehe 1.2.5.2) oder wenn vorhandene Selbstbilder ihre Bedeutung ändern.
1.2 Selbstdarstellung 55

Bereichsspezifisches Selbstkonzept am Beispiel Führung


Beziehen sich die Selbstbilder einer Person auf einen bestimmten Bereich, etwa den Beruf, so
spricht man von einem bereichsspezifischen Selbstkonzept, z.B. das Selbstkonzept als Füh-
rungsperson. So wird das Handeln einer Führungsperson maßgeblich dadurch bestimmt, welche
Annahmen sie über sich als Führungsperson hat. Eine Veränderung und Flexibilisierung des
Führungsverhaltens setzt dementsprechend voraus, sich in systematischer Form mit seinen
Selbstbildern auseinanderzusetzen. Um sich in der Führungsposition möglichst flexibel verhal-
ten zu können, sollten in der Konsequenz alle Selbstbilder, die für die Ausgestaltung der Füh-
rungsposition relevant sein können, für die Person zugänglich sein.

b) Reale Selbstbilder im Arbeitsselbstkonzept


Auf die Frage „Wie sehe ich mich?“ gibt es nicht eine, sondern viele Antworten. Kein Mensch
sieht und erlebt sich als vollkommen einheitlich, denn je nach äußerer Situation oder innerer
Verfassung stehen unterschiedliche Facetten der eigenen Person im Vordergrund. Menschen
verfügen über eine Vielfalt von Vorstellungen und Phantasien, wie sie sind, wie sie sein könn-
ten und gerne sein würden und wie sie denken, sein zu müssen. Das Selbstkonzept des Men-
schen setzt sich also aus einer Vielzahl von realen, möglichen und normativen Selbstbildern
zusammen (vgl. Fillipp & Mayer, 2005).
Reale Selbstbilder beschreiben Merkmale,
 durch die sich eine Person derzeit gekennzeichnet sieht,
 die durch vergangene Erfahrungen abgesichert sind und
 die durch soziale Rückmeldung bestätigt wurden.
Zum einen enthalten reale Selbstbilder die Annahmen über die öffentliche Sicht der eigenen
Person (Wie denke ich, dass andere mich sehen?), zum anderen beziehen sich sich auf die priva-
te Sicht der eigenen Person (Wie sehe ich mich?) (vgl. Markus & Cross, 1990).
Die aktuell abrufbaren, subjektiven Annahmen der Person über sich selbst sind im Ar-
beitsselbstkonzept verankert und haben erheblichen Einfluss darauf, wie eine Person handelt
und welche Entscheidungen sie trifft. Je nachdem, über welche Teile des Selbstkonzepts die
Person in welcher Situation bewusst verfügt, wird sie sich also unterschiedlich verhalten.

c) Mögliche und normative Selbstbilder


Jeder Mensch trägt, wenn auch vage und kaum bewußt, ein Ideal von sich in der Seele, dem
er entsprechen möchte. Und wiederum (oft ohne daß [sic] er das weiß) sucht er sich zu
überzeugen, daß [sic] er diesem Ideal entspräche (Müller-Freienfels, 1927, S. 199, Klam-
mer i.O.).
Das Verhalten einer Person wird sowohl durch das beeinflusst, was diese Person zu sein glaubt,
als auch durch das, was sie gerne sein möchte und was sie annimmt, sein zu müssen. Über das
aktuelle „Real-Selbst“ hinaus haben Personen mehr oder weniger genaue Vorstellungen davon,
wie und wohin sie sich weiter entwickeln wollen oder sollten. Zu diesen möglichen Selbstbil-
dern („possible selves“ nach Markus & Nurius, 1986) zählen solche, wie die Person zu werden
wünscht („hoped-for-selves“), aber auch solche, vor denen eine Person sich fürchtet („feared
selves“). Die Summe der erwünschten Selbstbilder bildet das Idealselbst. Ideale Selbstbilder
haben eine große Zugwirkung, denn sie motivieren eine Person, etwas Bestimmtes erreichen zu
wollen.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 56

Normative Selbstbilder („ought self“ nach Higgins, 1987) enthalten Annahmen über Merkmale,
über die die Person aus ihrer Sicht oder aus der Sicht wichtiger Bezugspersonen verfügen sollte.
So können z.B. die Erwartungen von Eltern an ihre Kinder („Du solltest die Regeln befolgen“)
als normatives Selbstbild („Ich verhalte mich regelkonform“) internalisiert werden.
Aus den möglichen und normativen Selbstbildern ergeben sich Zielsetzungen, an denen
das Individuum sein Handeln über die realen Selbstbilder hinaus ausrichtet und nach denen es
versucht, die eigene Entwicklung zu gestalten (vgl. Filipp & Mayer, 2005). Ideale und normati-
ve Selbstbilder werden dabei als Entwicklungsrichtung angestrebt, gefürchtete Selbstbilder
werden vermieden. Dabei setzen mögliche Selbstbilder als Orientierungspunkte der eigenen
Entwicklung Imaginationsfähigkeit voraus: Kann die Person ein spezifisches und lebendiges
mögliches Selbstbild als Teil des Arbeitsselbstkonzepts konstruieren, so hat sie im übertragenen
Sinn „ein Bild ihrer eigenen Entwicklungsrichtung vor Augen“, das eine zielgerichtete Verhal-
tenssteuerung möglich macht.

1.2.2.2 Außensicht: Vielheit von Fremdbildern


Die Vielheit von Fremdbildern kann nach Riedelbauch und Laux (2011) – analog zur Systema-
tisierung der Selbstbilder – in reale, mögliche und normative Fremdbilder unterschieden wer-
den. Fremdbilder beschreiben damit die Vorstellungen und Phantasien anderer Personen darü-
ber, wie die Fokusperson ist, wie sie sein könnte und wie sie aus Sicht der Interaktionspartner
sein sollte.

a) Außensicht als Gesamtheit der Fremdbilder


In seinem Buch „Philosophie der Individualität“ (1921) unterscheidet Müller-Freienfels sieben
Erscheinungsweisen der Individualität. Eine von ihnen sieht er als Innenbild, das so etwas wie
eine subjektive Gesamtvorstellung unserer Individualität umfasst. Das Außenbild beschreibt er
dagegen als die Vorstellung anderer Personen von unserem Selbst. Heutzutage sprechen wir
meistens von den Eindrücken, die andere von uns haben, beziehungsweise von Fremdbildern
(vgl. Laux, 2008). Der Begriff Fremdbild bezieht sich dabei generell auf Einschätzungen, die
Interaktionspartner von einer Person vornehmen, egal, ob es sich bei den Interaktionspartnern
tatsächlich um Fremde oder um gute Bekannte handelt. Die Gesamtheit der Fremdbilder konsti-
tuiert die Außensicht einer Person, die – je nach Art und Weise der Vermittlung von Selbstbil-
dern (Selbstdarstellung) und der Wahrnehmung durch die Interaktionspartner – mit der Innen-
sicht weitgehend übereinstimmen oder sich stark von ihr unterscheiden kann.

b) Reale Fremdbilder
Reale Fremdbilder beschreiben Merkmale,
 durch die andere Personen die Fokusperson gekennzeichnet sehen und
 die durch vergangene Erfahrungen, die andere Personen in der direkten Interaktion mit der
Fokusperson gemacht haben, abgesichert sind oder
 die andere Personen der Fokusperson aufgrund indirekter Informationen, die sie von Dritten
über die Fokusperson erhalten, zuschreiben.

c) Mögliche Fremdbilder
Zu den möglichen Fremdbildern zählen Vorstellungen der Interaktionspartner, wie eine Person
in Zukunft sein könnte. Dazu gehören zum einen Befürchtungen über die Entwicklung uner-
wünschter Merkmale, aber auch Hoffnungen auf die Entwicklung erwünschter Merkmale.
1.2 Selbstdarstellung 57

Mögliche Fremdbilder enthalten damit die subjektiven Annahmen der Interaktionspartner über
die spezifischen Entwicklungspotenziale der Fokusperson.

d) Normative Fremdbilder
Die normativen Fremdbilder beschreiben Vorstellungen und Erwartungen der Interaktionspart-
ner, wie eine Person im Rahmen einer bestimmten Position oder Rolle im Idealfall sein sollte.
Diese Erwartungen können je nach Interaktionspartner sehr verschieden sein. Über die indivi-
duellen normativen Fremdbilder einzelner Personen hinaus (Was denkt der Einzelne, wie Per-
son X sein sollte?) gibt es auch interindividuelle Rollenerwartungen, die z.B. in einem Unter-
nehmen die gemeinsame Vorstellung darüber bestimmen, aus welchen Merkmalen sich der Pro-
totyp einer Führungskraft (siehe 1.3.2.3) zusammensetzt (Was ist der Konsens darüber, wie eine
Führungsperson im Unternehmen XY sein sollte?).

1.2.3 Grundlegende Formen der Selbstdarstellung

Selbstdarstellung ist allgegenwärtig. Wenn Menschen interagieren, ist sie unvermeidlich. Da wir
zum Erreichen nahezu aller Ziele im Leben andere Menschen benötigen, ist es naheliegend, dass
wir die Eindrücke, die sie sich von uns machen (bewusst oder unbewusst), zu steuern versuchen
(vgl. Laux & Renner, 2008c). In den folgenden Abschnitten 1.2.3.1 und 1.2.3.2 werden grund-
legende Formen der Selbstdarstellung beschrieben, die sich zum einen nach den Inhalten der
Darstellung, zum anderen nach dem „Bewusstheitsgrad“ der Darstellung unterscheiden (vgl.
Riedelbauch & Laux, 2011).

1.2.3.1 Unterscheidung nach den Inhalten der Selbstdarstellung


Selbstdarstellung kann sich an realen und idealen Selbstbildern orientieren und/oder auf Rollen-
bildern basieren.

a) Realbildgestützte Selbstdarstellung
Entgegen der Alltagsverwendung des Begriffs Selbstdarstellung – der oft mit der negativen
Assoziation von Verstellung und Täuschung verbunden ist – umfasst der psychologische Begriff
der Selbstdarstellung alle Formen der Eindruckslenkung, auch den Versuch einer Person, ande-
ren ein möglichst akkurates Porträt ihrer Persönlichkeit zu vermitteln (vgl. Schlenker, 2003;
Leary, 1995; Cheek & Hogan, 1983). Die Grundlage für solch eine authentische Form der
Selbstdarstellung ist die Orientierung an den realen Selbstbildern. Eine Person stellt sich dann
authentisch dar, wenn sie versucht, „den Interaktionspartnern ein möglichst genaues Bild der
habituellen Merkmale oder des aktuellen Zustands der eigenen Person zu vermitteln“ (Laux &
Renner, 1994, S. 106). Eine solche „Selbstexpressivität“ (Schlenker, 2003, S. 494) beinhaltet
den stimmigen Ausdruck von Eigenschaften, wichtigen Selbstbildern und Emotionen, die von
der Person als „wahr“ empfunden werden. Ziel ist es also, sich anderen gegenüber so darzustel-
len, wie man sich selbst sieht. Mit authentischer Selbstdarstellung ist aber keine absolute Offen-
heit, im Sinne einer „Offenheit um jeden Preis“ intendiert. Es geht immer um eine selektive,
dem jeweiligen Rahmen angemessene, Authentizität.
Wenn Personen sich dagegen so präsentieren, dass ein Widerspruch zu ihren zentralen
realen Selbstbildern vorliegt, geben sie vor, etwas zu sein, was sie nicht sind. Dabei kann es sich
um eher harmlose Übertreibungen, Angeberei und Imponiergehabe, aber auch um massive Ver-
stellungen und Täuschungen handeln. Die bestmögliche Anpassung an äußere Anforderungen,
1 Theoretische und empirische Grundlagen 58

z.B. an die Wünsche der Adressaten, ist jedoch nicht von vornherein als Verstellung zu werten.
Personen können in solchen Situationen durchaus akkurate Selbstbilder vermitteln:
They select from a myriad of possible self-images those that are most likely to meet with
approval or other desired reactions. Impression management in such contexts is tactical, but
not necessarily deceptive (Leary & Kowalski, 1990, p. 41).

b) Idealbildgestützte Selbstdarstellung
Wenn die Orientierung an realen Selbstbildern die Grundlage authentischer Selbstdarstellung
ist, wie hängt dann die Orientierung an idealen (und ebenfalls an normativen) Selbstbildern mit
authentischer Selbstdarstellung zusammen? Diese Frage lässt sich ganz unterschiedlich beant-
worten. Einerseits kann man argumentieren, dass die Darstellung möglicher Selbstbilder
(„possible selves“ nach Markus & Nurius, 1986) eine Art Verstellung, ja sogar eine Täuschung
bedeutet, da man vorgibt, etwas zu sein, was man (noch) nicht ist. Anderseits lässt sich konsta-
tieren, dass die Vermittlung idealer Vorstellungen von sich selbst einen wesentlichen Teil der
Persönlichkeit zum Ausdruck bringt, nämlich persönliche Werte und Zielvorstellungen. Was
könnte also authentischer sein? Etwas entschärft wird die Frage dadurch, dass Personen sich im
Allgemeinen weniger an extrem idealen, sondern mehr an erwünschten Selbstbildern (vgl.
Schlenker & Pontari, 2000) orientieren, die für eine Art Kompromiss zwischen glaubwürdigem
Realbild und kaum zu erreichendem Ideal stehen. Damit wird eine überzogene, unverhältnismä-
ßig positive Selbstdarstellung vermieden.

c) Rollenbildgestützte Selbstdarstellung
Im Prinzip stehen Personen eine große Vielzahl von Selbstbildern zur Verfügung, die als
Grundlage für ihre Selbstdarstellungen in Frage kommt. Einige davon – wie die realen, idealen
und normativen Selbstbilder – gehören zum Fundus der sehr persönlichen Selbstmerkmale einer
Person. Sie stellen also zentrale Aspekte des Selbstkonzepts dar. Daneben gibt es ein breites
Mittelfeld weiterer Selbstbilder, die weniger bedeutsame Einzelaspekte unseres selbstbezogenen
Wissens umfassen. In deutlicher Distanz zu zentralen Selbstbildern befinden sich schließlich die
Rollenbilder. Sie bezeichnen das, was von einem Positionsinhaber in sozialen Situationen er-
wartet wird. Rolle wird meist explizit als Gegenbegriff zum Selbst aufgefasst: „begrifflich ist
ein ‚Eigentliches‟ denknotwendig, was nicht Rolle ist: ein Träger dieser Rollen und möglicher-
weise auch etwas, aus dem heraus ohne Rolle gehandelt wird“ (Sader, 1969, S. 216). Rolle und
Selbst lassen sich aber nicht isoliert voneinander betrachten: Das Selbst als Rollenträger nimmt
ebenso Einfluss auf die Rolle, wie geeignetes Rollenverhalten auch das Selbst mitprägt.

1.2.3.2 Automatisierte versus bewusste Selbstdarstellung


Selbstdarstellung kann einerseits von der Person absichtsvoll eingesetzt werden, um ein be-
stimmtes kurz- oder langfristiges Ziel zu erreichen. Diese bewusste Form der Selbstdarstellung
macht eine zielbezogene Auswahl von Selbstbildern und Kontrolle selbstdarstellerischer Ver-
haltensweisen notwendig. Andererseits erfolgt die Darstellung von Selbstbildern oft unbewusst,
automatisiert und habituell. In diesem Fall sind die typischen Selbstdarstellungsmuster der Per-
son aktiviert und die Auswahl von selbstdarstellerischen Verhaltensweisen erfolgt ohne bewuss-
te Kontrolle.
Selbstdarstellung ist also nicht auf Situationen beschränkt, in denen die eigene Person
im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer steht und von ihnen beurteilt wird, wie etwa bei
einem Bewerbungsgespräch. Das Vermitteln von Selbstbildern ist vielmehr ein durchgängiges
1.2 Selbstdarstellung 59

Merkmal unseres Verhaltens in sozialen Situationen und läuft zumeist automatisch ab, ohne
permanente, bewusste Kontrolle (vgl. Schlenker & Pontari, 2000). Das ständig vorhandene, aber
meistens nicht bewusste Ziel, bestimmte Selbstbilder zu vermitteln und aufrechtzuerhalten,
drängt sich erst dann in den Vordergrund, wenn die automatisierte Verhaltens- und Darstel-
lungskontrolle durch besondere Ereignisse unterbrochen wird.

1.2.4 Komponenten der Selbstdarstellung

In den vorausgegangenen Abschnitten ging es um das „Was“ und um die Ergebnisse der Selbst-
darstellung in Form von Selbst- und Fremdbildern sowie um grundlegende, interindividuelle
Formen der Selbstdarstellung. Der individuellen Selbstdarstellung liegen bestimmte Komponen-
ten zugrunde, deren jeweilige, individuumspezifische Konfiguration das „Wie“ der Vermittlung
von Selbstbildern maßgeblich beeinflusst. In den folgenden Abschnitten 1.2.4.1 bis 1.2.4.4 wer-
den die jeweiligen Komponenten der Selbstdarstellung – die Adressaten, Kompetenzen und
Motive – im Einzelnen behandelt (zur Darstellung der Komponenten der Selbstdarstellung vgl.
Riedelbauch & Laux, 2011).

1.2.4.1 Adressaten der Selbstdarstellung


Sicherlich hat Robinson auf seiner Insel nicht bloß vegetativ dahingelebt; er fühlte sich als
Held und kühner Jäger, hat sich Beifall geklatscht, wenn ihm ein guter Schuß gelang, kurz,
er hat eine Rolle gespielt, zum mindesten vor sich selbst, wenn nicht vor einem imaginären
Publikum (Müller-Freienfels, 1927, S. 199).
Müller-Freienfels beschreibt hier ein Phänomen, das der Auffassung von Selbstdarstellung als
Vermittlung von Selbstbildern an ein ausschließlich externes Publikum widerspricht. Anhand
seines Robinson-Beispiels wird deutlich, dass sich Selbstdarstellung auch an die eigene Person
als Zuschauer – an einen internen Adressaten – oder eben an ein imaginäres Publikum richten
kann. In systematischer Form können nach Schlenker (1985) die im Folgenden aufgeführten
Adressaten der Selbstdarstellung unterschieden werden.

a) Externes Publikum: Real und imaginiert


Die Darstellung des Selbst kann gegenüber einem externen Publikum stattfinden (vgl. Tedeschi,
1986). Dieses besteht entweder aus realen, anwesenden Bezugspersonen oder es setzt sich aus
vorgestellten Interaktionspartnern im Sinne eines imaginierten Publikums zusammen (wenn ein
Doktorand z.B. seinen Vortrag für die Prüfungskommission der Disputation – als ein real exis-
tierendes Publikum – zunächst im „stillen Kämmerlein“ übt).

b) Internes Publikum
Selbstdarstellung kann sich darüber hinaus auch primär an das eigene Selbst und somit an ein
inneres Publikum richten (vgl. Arkin & Baumgardner, 1986; Baumeister & Tice, 1986; Schlen-
ker, 1985). Dabei kann die Darstellung sogar dann primär gegenüber dem eigenen Selbst erfol-
gen, wenn andere Personen als potenzielles Publikum anwesend sind: Auf den ersten Blick mag
z.B. eine konfrontative Ärgerreaktion des Chefs auf den Mitarbeiter abzielen. Die zugrunde
liegende Intention („Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich mich durchsetzen kann“) bezieht
sich aber möglicherweise auf den internen Adressaten (vgl. Laux & Renner, 2008c). Dieses
innere Publikum wird auch als self-as-audience bezeichnet (vgl. Schlenker, 2003).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 60

1.2.4.2 Kompetenzen des Selbstdarstellers


Die Auswahl, Gestaltung und Wiedergabe realer oder möglicher Selbstbilder erfordert intra-
und interpersonale Wahrnehmungs- und Handlungskompetenzen (vgl. Renner, 2002). Die Art
und Weise der Ausprägung bestimmter Kompetenzen beschreibt die Möglichkeiten und Gren-
zen einer Person, welche wiederum ihren Handlungsspielraum bei der Auswahl und Vermitt-
lung von Selbstbildern bestimmen. Voraussetzung für ein adäquates Selbstdarstellungsverhalten
ist es, sowohl im Umgang mit sich selbst (intrapersonale Kompetenz) als auch im Umgang mit
anderen Personen (interpersonale Kompetenz) relevante Signale wahrnehmen und das Handeln
darauf abstimmen zu können.

a) Intrapersonale Kompetenz
Bei der intrapersonalen Kompetenz geht es um die Fähigkeit des Individuums, Zugang zu den
eigenen Gefühlen und Handlungstendenzen zu haben, d.h. eigene Motive, Emotionen und
Selbstbilder wahrzunehmen, zu benennen und im Verhalten zu berücksichtigen. Intrapersonale
Kompetenzen sind z.B. notwendig, wenn es darum geht, in der beruflichen Rolle das Verhalten
nicht nur an den äußeren Anforderungen, sondern auch an eigenen Bedürfnissen und Standards
auszurichten.

b) Interpersonale Kompetenz
Größte Bedeutung für die Selbstdarstellung kommt den interpersonalen Kompetenzen zu. Man
kann auch von Interaktionskompetenz oder von sozialer Intelligenz sprechen. Bei der zielfüh-
renden Vermittlung von Selbstbildern geht es dabei sowohl um den Wahrnehmungs- als auch
um den Handlungsbereich (vgl. Laux, 2008; Renner, 2002) interpersonaler Kompetenzen: Der
Bereich der interpersonalen Wahrnehmung beschreibt die Fähigkeit zur Perspektivenübernah-
me, d.h., wie gut eine Person dazu in der Lage ist, sich in andere Personen hineinzuversetzen
und deren Reaktionen, Gefühle und Erwartungen wahrzunehmen und vorherzusagen. Um die
Interaktionspartner „richtig“ einzuschätzen, ist eine genaue Beobachtung notwendig, denn Ein-
stellungen oder Situationsbewertungen anderer Personen können nicht direkt abgelesen, sondern
müssen erschlossen werden. Der Handlungsbereich interpersoneller Kompetenzen dreht sich um
die Fähigkeit zu partner- und situationsorientiertem Verhalten, also inwieweit die Person fähig
ist, so zu handeln, dass bei anderen der gewünschten Eindruck und die gewünschte Reaktion
hervorgerufen wird.

c) Verankerung im Selbstwissen
Die erfolgreiche Vermittlung erwünschter Selbstbilder hängt also davon ab, dass die Person
soziale Situationen adäquat interpretiert (Wahrnehmungskompetenzen) und ihr Verhalten ent-
sprechend anpasst (Handlungskompetenzen). Wichtig scheint dabei zu sein, dass die Kompe-
tenzen, über die eine Person verfügt, auch im Selbstwissen verankert sind (vgl. Renner, 2002):
So stellen kompetenzbezogene reale oder mögliche Selbstbilder die kognitiven Repräsentatio-
nen subjektiv eingeschätzter Kompetenzen dar (z.B. „Ich kann die aktuelle Stimmung anderer
Personen gut einschätzen“). Die explizite kognitive Repräsentation wird sogar als ein zentraler
Aspekt der „objektiven“ Kompetenz interpretiert (vgl. Markus, Cross & Wurf, 1990). Ohne das
explizite Bewusstsein, dass man über eine bestimmte Kompetenz verfügt, wird deren Einsatz
vermutlich wahllos und läuft ohne systematische Selbstregulation und ohne Richtung ab.
1.2 Selbstdarstellung 61

Um die eigenen Kompetenzen also gezielt einsetzen und kontrollieren zu können, bedarf es
bewusster kompetenzbezogener Selbstbilder (vgl. Markus et al., 1990). Kompetenzbezogene
Selbstbilder beeinflussen die Selbstwirksamkeitserwartungen sowie das tatsächliche Verhalten
und erzeugen einen positiven emotionalen Zustand. Genauso wie Kompetenz kann auch Inkom-
petenz in realen oder möglichen Selbstbildern repräsentiert sein. Die Selbstzuschreibungen von
Inkompetenz beeinflussen das Verhalten sowie die Emotion und Motivation einer Person (vgl.
Renner, 2002).

1.2.4.3 Publikumszentrierte Motive des Selbstdarstellers


Die Selbstdarstellungstheorie unter dem Blickwinkel publikumszentrierter Motive geht davon
aus, dass Menschen aktiv ihre soziale Umwelt im Rahmen von Interaktionsprozessen beeinflus-
sen (vgl. Mummendey, 1983). Dabei nehmen vor allem die gegenseitigen Erwartungen der Be-
teiligten einer Interaktion Einfluss auf deren Verlauf:
Konkret bedeutet dies, dass eine Person vor der Ausführung einer Verhaltensweise potenzi-
elle Reaktionen anderer Personen auf diese Verhaltensweise antizipiert, und je nachdem, ob
diese antizipierten Reaktionen als erwünscht oder unerwünscht gelten, wird die Verhal-
tensweise gezeigt, modifiziert oder unterlassen (Mummendey, 1983, S. 2).
Voraussetzung dafür, die Reaktionen anderer Personen auf sich selbst zum Gegenstand der Be-
trachtung zu machen, ist die Fähigkeit des Menschen zur Rollenübernahme (vgl. Mead, 1934):
Indem wir uns in die Rolle eines anderen versetzen, können wir uns fragen, wie wir in der Posi-
tion des anderen auf die eigene Person reagieren würden (vgl. Hannover, Pöhlmann & Springer,
2004). Auf dieser Erkenntnisgrundlage wird dann entschieden, welche Art von Interaktion pas-
send oder unpassend für die Beteiligten ist.

a) Selbstbezogene Interessen versus prosoziale Basis


Zu den publikumszentrierten Motiven zählen Bedürfnisse nach Anerkennung, Macht, materiel-
lem Gewinn und sozialem Einfluss (vgl. Laux, 2008). Wenn Personen durch Selbstdarstellung
erreichen, von anderen positiv bewertet zu werden, so haben sie damit eine soziale Ressource
gewonnen, mittels derer sie sozialen Einfluß ausüben können (vgl. Mummendey, 1999). Publi-
kumszentrierte Motive spielen damit vor allem dann eine Rolle, wenn wichtige persönliche
Ziele von dem Eindruck abhängen, den eine Person bei anderen macht. Um erwünschte Reakti-
onen zu erzielen, versuchen Personen zum einen, soziale Ablehnung zu vermeiden, indem sie
sich selbst von negativen Aktionen und Ergebnissen distanzieren. Zum anderen versuchen sie,
Anerkennung und soziale Billigung zu erreichen, indem sie sich mit positiven Ergebnissen und
Ereignissen in Verbindung bringen.
Publikumszentrierte Motive sind also einerseits darauf ausgerichtet, persönliche Vortei-
le zu erreichen, indem die Person beim Publikum die Reaktionen hervorruft, die sie ihren per-
sönlichen Zielen näherbringen. Andererseits betonen gerade neuere Ansätze die prosoziale Ba-
sis von Selbstdarstellung (vgl. Schlenker, 2003), wonach sich Personen gegenüber den Interak-
tionspartnern so darstellen, dass diese in ihrem Selbstwert nicht beeinträchtigt werden.

b) Überwachung des Eindrucks versus aktive Eindruckslenkung


Der Wunsch, einen bestimmten Eindruck zu erzeugen, ist nicht immer mit einer konkreten
Handlung verbunden. Personen werden nicht bei jeder Gelegenheit selbstdarstellerisch aktiv,
sondern „überwachen“ oft nur den Eindruck, den sie bei anderen hinterlassen. In solchen Fällen
wollen Personen sichergehen, dass der äußere Eindruck noch stimmt, ohne wirklich aktiv Ver-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 62

haltensweisen zur Selbstdarstellung einzusetzen (vgl. Leary, 1995). Der Wunsch, einen be-
stimmten Eindruck zu erzeugen (impression motivation; Leary & Kowalski, 1990), muss nicht
unbedingt mit dem Einsatz einer konkreten Handlung (impression construction; Leary & Ko-
walski, 1990) verbunden sein. Es kann sein, dass der Person das entsprechende Verhaltensreper-
toire fehlt oder sie das Risiko einer misslungenen Selbstdarstellung als zu hoch einschätzt (vgl.
Hossiep, Paschen & Mühlhaus, 2000). Ebert und Piwinger (2007) betonen in diesem Zusam-
menhang, dass die Inszenierung des Selbst wirtschaftlichen Regeln folgt, „denn schließlich geht
es darum, sich mittels Maximierung des eigenen Wertes wettbewerbsrelevante Vorteile zu ver-
schaffen“ (S. 206). Bei der Entscheidung über den Einsatz bestimmter Selbstdarstellungstechni-
ken werden Aufwand und Ertrag einander gegenübergestellt.

c) Bedingungen für eine aktive Eindruckslenkung


Unter welchen Bedingungen versuchen Personen aktiv ihre Außenwirkung zu steuern? Eine
Person ist dann motiviert, den Eindruck aktiv zu steuern, den sie auf andere macht, wenn fol-
gende Bedingungen vorliegen (vgl. Leary, 1995):
 Die Person ist überzeugt, dass der Eindruck, den sie auf ihre Interaktionspartner macht,
relevant ist, um persönlich wichtige und wertvolle Ziele zu erreichen,
 Der Grad der Öffentlichkeit des Verhaltens ist hoch: Je öffentlicher das Verhalten einer
Person ist, desto relevanter ist ihr Verhalten für den äußeren Eindruck und umso motivierter
wird die Person sein, den Eindruck, den sie auf andere macht, zu steuern.
 Die Person nimmt eine Diskrepanz zwischen dem Eindruck, den sie zu erzielen wünscht
und dem Eindruck, den andere aktuell von ihr haben, wahr.
 Die Person befindet sich in einer starken Abhängigkeit von den Interaktionspartnern.
 Die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Interaktionen mit den Interaktionspartnern ist hoch.

1.2.4.4 Individuumszentrierte Motive des Selbstdarstellers


Eine der zentralen Funktionen des Selbstkonzepts liegt in der Regulation von Gefühlen. Men-
schen haben das Bedürfnis, sich selbst vor negativen Emotionen zu schützen, indem sie ihr
Selbst beschönigen, erhöhen oder versuchen, neue Erfahrungen in Einklang mit ihren Selbstbil-
dern zu bringen. Grundlegende, auf das Selbst bezogene Motive wie Selbstkongruenz und
Selbstkonsistenz, Selbstwerterhöhung, Selbstbestätigung und das Bedürfnis nach Einzigartig-
keit, können situationsspezifisch als aktuelle Motivation handlungsleitend werden. Die jeweils
aktuelle Ausprägung und situationsspezifische Aktivierung der Bedürfnisse haben somit erheb-
lichen Einfluss darauf, wie intrapersonale Prozesse (z.B. Informationsverarbeitung) und inter-
personale Prozesse (z.B. Verhalten anderer Personen gegenüber), gesteuert werden.

a) Selbstkongruenz und Selbstkonsistenz


Ein wichtiges selbstbezogenes Grundbedürfnis ist das Bedürfnis nach Authentizität bezie-
hungsweise Selbstkongruenz als Tendenz, sich in Übereinstimmung mit seinen realen Selbst-
bildern beziehungsweise aktuellen Emotionen zu verhalten. Die Annahme, dass Personen
versuchen, sich ihrem Selbstkonzept entsprechend zu verhalten, ist nicht neu. Die Kongruenz
zwischen Selbstkonzept und Verhalten, beziehungsweise zwischen innerem Gefühl und Ge-
fühlsausdruck, gilt in der humanistischen Psychologie als Merkmal für psychische Gesundheit.
Entsprechende humanistische Ansätze sind mit den Begriffen Selbstenthüllung, transparentes
Selbst oder Echtheit verbunden (vgl. Laux, 2008). Möchte eine Person ihre Selbstbilder konti-
1.2 Selbstdarstellung 63

nuierlich vermitteln und über verschiedene Situationen hinweg beständig erscheinen, so spricht
man von einem Bedürfnis nach Selbstkonsistenz (vgl. Swann, 1983, zitiert nach Renner, 2002).

b) Selbstwerterhöhung
Menschen neigen zu einer selbstwertdienlichen Informationsverarbeitung im Sinne einer Selbst-
aufwertung beziehungsweise Selbstwerterhöhung (self-enhancement). Positiven Informationen
über die eigene Person wird im Vergleich zu negativen Informationen mehr Aufmerksamkeit
geschenkt und sie werden von der Person als zutreffender eingeschätzt und besser erinnert. Eine
Möglichkeit für eine selbstwertdienliche Informationsverarbeitung besteht z.B. darin, uner-
wünschte selbstbezogene Ereignisse mit persönlichkeitsfernen Faktoren zu erklären (externale
Attribution). Das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung steuert in diesem Fall die Verarbeitung
der selbstbezogenen Information mit dem Ergebnis, unangenehme Affekte, z.B. Selbstzweifel,
vermeiden zu können. Personen gehen sogar so weit, sich selbst in bestimmten Bereichen
schlecht zu machen, um in zentraleren Selbstaspekten den Selbstwert schützen zu können. Eine
solche Selbstbehinderung („self-handicapping“ nach Berglas & Jones, 1978; vgl. auch Tedeschi
et al., 1985) wird definiert als die Zurückführung von befürchtetem oder tatsächlich stattgefun-
denem Versagen in der Bewertungssituationen auf die eigene Angst: Jemand, der fürchtet, in
einem Leistungstest zur Bewerberauswahl zu scheitern und damit als inkompetent aufzufallen,
könnte z.B. sagen: „Ich kann mich bestimmt nicht konzentrieren, weil ich furchtbar nervös bin.“
Die Symptome der Angst werden funktionalisiert, d.h. strategisch genutzt mit dem Ziel, von
dem vermeintlichen oder vorhandenen Defizit im Kompetenzbereich abzulenken. Ein er-
wünschtes, aber nicht allzu persönlich bedeutsames Selbstbild, nämlich das des Nichtängstli-
chen, des Nichtaufgeregten, wird „geopfert“ zugunsten eines wesentlich zentraleren Selbstbil-
des, nämlich das des Kompetenten, des Leistungsfähigen (vgl. Laux, 2008).

c) Selbstbestätigung
Für eine Person ist es von zentraler Bedeutung, das Selbstkonzept als „Gewissheit des eigenen
Seins“ (Fillipp & Mayer, 2005, S. 273) zu validieren und zu verteidigen. Die Selbstbestätigung
wird somit für eine Person zu einem zentralen Motiv, weshalb selbstbezogene Informationen
„konsistenzmaximierend“ verarbeitet werden. Gerade die Kernaspekte des Selbstkonzepts im
Sinne situationsübergreifend aktivierter, realer Selbstbilder werden immer wieder zu bestätigen
versucht. Wenn es sich dabei um eher negative Selbstbilder handelt (z.B. „Ich bin ein uninteres-
santer Gesprächspartner“), kann in bestimmten Situationen die Motivation zur Selbstbestätigung
(z.B. „In der Kaffepause unterhält sich niemand längere Zeit mit mir“) der Motivation zur
Selbstwerterhöhung („Eigentlich bin ich gar nicht so uninteressant, aber die anderen sind ein-
fach nicht auf meiner Wellenlänge “) bei der Informationsverarbeitung entgegenstehen. In sol-
chen Fällen wird eine konsistenzförderliche Verarbeitung selbstbezogener Information (z.B.
„Die Person unterhält sich nur aus Pflichtgefühl mit mir“), um den Preis der Stabilisierung eines
niedrigen Selbstwertgefühls erkauft (vgl. Filipp & Mayer, 2005).

d) Bedürfnis nach Einzigartigkeit


Informationen werden auch dann selektiv verarbeitet, wenn es sich um positiv bewertete Selbst-
aspekte handelt, die die Person als Bestätigung ihrer Einzigartigkeit (vgl. Brewer, 1991) auf-
fasst. Negative Aspekte hingegen werden auch für viele andere Menschen als charakteristisch
angesehen und nicht ausschließlich auf sich selbst bezogen.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 64

Insgesamt werden selbstbezogene (und v.a. selbst-kongruente) Informationen aufmerksamer


wahrgenommen, effizienter (d.h. schneller, leichter und sicherer) verarbeitet und besser erinnert
als nicht-selbstbezogene oder nicht selbst-kongruente Informationen (vgl. Markus & Wurf,
1987). Abhängig davon, wie sich die Person selbst sieht, nimmt sie Informationen also selektiv
wahr. Außerdem werden Merkmale, die im Selbstkonzept verankert sind, auch bei anderen Per-
sonen häufiger wahrgenommen und Informationen, die sich auf diese Merkmale beziehen, bei
der Wahrnehmung anderer Personen effizienter und subjektiv sicherer verarbeitet (vgl. Filipp &
Mayer, 2005).

e) Selbstidealisierung
Menschen haben auch ein Bedürfnis danach, ihren idealen oder normativen Selbstbildern mög-
lichst nahe zu kommen: Aus dem Bedürfnis nach Selbstidealisierung heraus versuchen sie zu
dem zu werden, was sie gerne sein möchten. Geht es bei der Selbstwerterhöhung um die Maxi-
mierung des globalen Selbstwerts, so bezieht sich das Motiv der Selbstidealisierung eher darauf,
spezifischen, hochbewerteten Selbstbildern zu entsprechen (vgl. Laux, 2008). Schafft es die
Person, ihr Verhalten an idealen und normativen Selbstbildern auszurichten, so wird das Be-
dürfnis nach Selbstidealisierung befriedigt und die Person erlebt positive Emotionen (z.B. Stolz,
Freude, Erleichterung). Nimmt die Person hingegen wahr, dass sie ihre inneren Standards in
Form von normativen oder idealen Selbstbildern nicht erreichen kann oder dass Aspekte ihres
Verhaltens ihren gefürchteten Selbstbildern entsprechen, so kann dies zu negativen Emotionen
führen (z.B. Ärger, Angst, Scham). Um solche negativen Emotionen zu vermeiden, werden
selbstwertdienliche Prozesse der Informationsverarbeitung aktiviert oder die Motivation steigt,
angestrebte Selbstbilder zu erreichen, indem die Person zielbezogene Handlungen intensiviert.
Es wird also deutlich, dass mögliche und normative Selbstbilder mit intrapersonalen
Prozessen (Affektregulation, Aktuelle Motivation, Verarbeitung selbstbezogener Informationen)
in Wechselwirkung stehen. Gleichzeitig wird auch das interpersonale Verhalten (z.B. die
Selbstdarstellung anderen Personen gegenüber) maßgeblich durch mögliche und normative
Selbstbilder beeinflusst: Die Tendenz zur Selbstidealisierung, nach der sich der Handelnde in
seinem Verhalten an idealen Selbstbildern orientiert und diese auch nach außen vermitteln
möchte, bezeichnet Baumeister (1982) als Selbstkonstruktion. Personen versuchen demnach,
sich selbst davon zu überzeugen, dass sie ihren Idealen entsprechen, indem sie sich anderen
Personen gegenüber so darstellen, dass der nach außen vermittelte Eindruck den eigenen Idealen
möglichst nahe kommt. Handelt eine Person nach dem Motiv der Selbstkonstruktion, so hängt
das konkrete Verhalten in einzelnen Situationen eher von den persönlichen Zielen und Idealen
der Person ab, als von den vermuteten Werten und Erwartungen der jeweiligen Interaktions-
partner. Das Verhalten der Person sollte demnach in unterschiedlichen Situationen – auch unab-
hängig von den jeweiligen Interaktionspartnern – relativ konstant bleiben (vgl. Renner, 2002).

f) Streben nach Selbstidentifikation


Selbstkonzepte werden abhängig von dem gebildet, was die Person über sich in Erfahrung brin-
gen kann. Dies geschieht zu einem großen Teil durch soziale Rückmeldung. Tatsächliche und
vermutete Urteile anderer Personen haben Auswirkungen auf die Selbstwahrnehmung und
-bewertung, weshalb das Individuum versucht, diese Urteile systematisch zu beeinflussen. Per-
sonen versuchen also, sich durch die entsprechende Selbstdarstellung sowohl gegenüber ande-
ren als auch gegenüber sich selbst zu definieren. Dieses Streben nach Selbstidentifikation (vgl.
Schlenker, 1986) umfasst alle Gedanken oder Verhaltensweisen, die dazu dienen, eine Identität
1.2 Selbstdarstellung 65

in einem bestimmten Kontext aufzubauen, zu erhalten, zu klären oder zu verändern: „Self-


identification is the process, means, or result of showing oneself to be a particular type of per-
son, thereby specifying one‟s identity“ (Schlenker, 1986, p. 23). Identität definiert Schlenker
(1986) als „theory of self that is formed and maintained through actual or imagined interperson-
al agreement about what the self is like” (p. 23).
Um die Identität zu konstruieren und zu festigen, bedarf es bestimmter Erfahrungen und
Belege, die auf privater und öffentlicher Ebene durch verschiedene Verhaltensweisen gesam-
melt werden können. Selbstidentifikation heißt im Kontext sozialer Interaktionen demnach, dass
Personen versuchen, anderen Personen Selbstbilder von sich zu vermitteln, wobei die anderen
gleichzeitig dazu beitragen, diese Selbstbilder zu formen. Dabei ist Selbstidentifikation stets ein
aktiver Prozess zur Konstruktion von Identität und nicht nur eine Reflexion des Selbstkonzeptes
oder eine Reaktion auf die Anforderungen der Situation. Neben dem Einfluss auf ein externes
Publikum ist also auch die Konstruktion und Bewahrung des Selbst eine zentrale Funktion von
Selbstdarstellung, sie verschafft dem Individuum nach innen und nach außen eine Identität (vgl.
Mummendey, 1999).

1.2.5 Prozesse der Selbstinterpretation

Im vorherigen Abschnitt ging es um die Komponenten der Selbstdarstellung, deren Zusammen-


spiel dafür verantwortlich ist, wie die individuelle Selbstdarstellung abläuft. Im Folgenden wer-
den von der Autorin zwei zentrale Prozesse der Selbstinterpretation spezifiziert (zur Beschrei-
bung der Prozesse der Selbstinterpretation vgl. Riedelbauch & Laux, 2011). Selbstinterpretation
wird dabei als Konstrukt aufgefasst, das über das Konzept der Selbstdarstellung hinausgeht.

1.2.5.1 Zwei Prozesse der Selbstinterpretation: Selbstdarstellung und Selbstbewertung


Selbstinterpretation schließt nicht nur alle Formen der Selbstdarstellung – vom Ausdruck „wah-
rer“ Persönlichkeitsmerkmale über Beschönigung bis hin zu Täuschung (siehe 1.2.3.1) – mit
ein, sondern beschreibt zwei Richtungen der Interpretation des Selbst (vgl. Laux, 1992; Renner,
2002): Den Weg von innen nach außen, indem bestimmte Selbstbilder ausgewählt und darge-
stellt werden, aber auch den Weg von außen nach innen, indem die Person sich selbst und sozia-
le Rückmeldung über die eigene Person wahrnimmt und interpretiert (siehe Abbildung 1.2.1).
Renner (2002) betont, dass es aus konzeptuellen und analytischen Gründen sinnvoll ist, zwi-
schen diesen beiden Prozessen zu unterscheiden, dass diese aber in der Praxis miteinander ver-
woben sind.
Im Folgenden wird der Begriff Selbstdarstellung dann verwendet, wenn es um den Pro-
zess von innen nach außen und um die entsprechenden beobachtbaren Verhaltensweisen geht.
Dies entspricht dem Verständnis von „self-presentation“ nach Schlenker (1985), der darunter
Aktivitäten zur Regulation der Identität für andere versteht. Unter Selbstinterpretation werden
hingegen beide Richtungen der Interpretation des Selbst verstanden, wie sie in Abbildung 1.2.1
dargestellt sind. Auch Schlenker (1985) subsumiert „self-presentation“ unter dem Prozess der
„self-identification“, wobei sich ersteres ausschließlich auf die Bemühungen der Person bezieht,
den Eindruck auf andere zu beeinflussen, zweiteres auch die Selbstreflexion beinhaltet.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 66

Selbstinterpretation

Prozess 2: von „außen“ nach „innen“


Selbstwahrnehmung & -bewertung sowie Wahrnehmung & Interpretation sozialer Rückmeldung

Selbst-
bewertung
Innensicht Außensicht
Selbst-
darstellung

Prozess 1: von „innen“ nach „außen“


Auswahl, Gestaltung und Wiedergabe von Selbstbildern

Abbildung 1.2.1: Zwei Prozesse der Selbstinterpretation – Selbstdarstellung (Prozess von „innen“ nach
„außen“) und Selbstbewertung (Prozess von „außen“ nach „innen“) (Abbildung modifiziert nach Riedel-
bauch & Laux, 2011)

1.2.5.2 Internalisierungsprozesse
Personen verändern beziehungsweise erweitern unter bestimmten Bedingungen ihr Selbstkon-
zept entsprechend ihrer Selbstdarstellung. Der Prozess, bei dem eine Person Sichtweisen über
sich selbst (Selbstbilder) auf der Basis von bereits ausgeführtem selbstinterpretativem Verhalten
konstruiert, wird als Internalisierung bezeichnet (vgl. Tice, 1994). Das Ergebnis eines Internali-
sierungsprozesses ist ein „carry-over-Effekt“ (Rhodewalt, 1986) von draußen (öffentliches Ver-
halten) nach drinnen (Selbstbilder). Pointiert formuliert könnte dies bedeuten: „If one wants to
become a certain type of person, one should try to publicly act like that type of person“
(Schlenker & Pontari, 2000, p. 224).
Die beiden Interaktionskreisläufe der sozialen und personalen Internalisierung spezifi-
zieren den Prozess 2 (Selbstwahrnehmung und -bewertung) der Selbstinterpretation (Weg von
außen nach innen) (siehe Abbildung 1.2.1).

a) Personaler Weg der Internalisierung


Nach Arkin und Baumgardner (1986) lassen sich zwei verschiedene Wege der Internalisierung
unterschieden: Geschieht die Internalisierung präsentierter Persönlichkeitsfacetten in das
Selbstkonzept auf dem personalen Weg, so macht eine Person das eigene Verhalten direkt zum
Objekt ihrer Wahrnehmung. In diesem Fall gibt es nur einen Mediator, nämlich die Art der In-
terpretation (Wahrnehmung und Bewertung) des eigenen Verhaltens. Der Darsteller nimmt sein
Verhalten in ähnlicher Weise wahr, wie es ein externer Beobachter tun würde und trifft daraus
Folgerungen bezüglich seines Selbstkonzeptes. Dabei geht es implizit um die Frage: „Durch
welches Merkmal muss ich gekennzeichnet sein, nachdem ich mich so wie jetzt verhalten bzw.
dargestellt habe?“ (Laux & Renner, 2008b, S. 274).

b) Sozialer Weg der Internalisierung und dynamischer Interaktionismus


Man lernt sich nur kennen in Beziehung zu anderen; aber lernt man wirklich damit ‚sich‟
kennen? Ist nicht dieses Ich in gewissem Sinne nur ein neues Ich, wie die Blüte, die sich in
der Sonne aus der Knospe entfaltet, damit eben keine Knospe mehr ist. Aber wo ist die
1.2 Selbstdarstellung 67

Grenze, daß [sic] solche Wandlungen dauernd sind, daß [sic] sie nicht bloß ‚gespielt‟ wer-
den für den Augenblick (Müller-Freienfels, 1927, S. 200)?
Beim sozialen Weg der Internalisierung muss der Darsteller die Reaktion anderer auf seine Dar-
stellung wahrnehmen und interpretieren. Diese Interpretationen wirken sich dann gegebenen-
falls auf das Selbstkonzept und das Selbstwertgefühl des Darstellers aus. Die Internalisierung
wird hier also durch zwei Faktoren bestimmt, zum einen durch die Reaktion des Publikums auf
die Darstellung des Akteurs (Wahrnehmung und Interpretation der Selbstdarstellung und
Rückmeldung der Fremdbilder), zum anderen durch die Reaktion des Akteurs auf das Feedback
des Publikums (Wahrnehmung und Interpretation der Fremdbilder durch den Akteur). In vielen
Fällen gibt jedoch ein Publikum kein direktes oder explizites Feedback über das Gelingen der
Selbstdarstellung, sodass indirekte oder nonverbale Hinweise des Publikums vom „Selbstdar-
steller“ wahrgenommen und interpretiert werden müssen.
Wird die Darstellung bestimmter Charakteristika vom Publikum positiv aufgenommen,
als authentisch anerkannt und entsprechend zurückgemeldet oder „überzeugt“ sich der Akteur
durch sein Verhalten selbst, dann kann er als Reaktion darauf folgern, dass diese präsentierten
Charakteristika zu seiner Person gehören.
Den formalen Rahmen für eine Erklärung von Veränderungen im Selbstkonzept durch
die Reaktion anderer Personen auf aktuelle Selbstdarstellungen bietet das Paradigma des dyna-
mischen Interaktionismus, auch als „transaktionaler Ansatz“ (vgl. Lazarus, 1999) oder „rezipro-
ker Determinismus“ (vgl. Bandura, 1978) bezeichnet, nach welchem Person und Umwelt sich
wechselseitig beeinflussen. Im speziellen Fall sozialer Interaktionen wird dabei die Umwelt
durch andere Personen repräsentiert. Formal gesehen handelt es sich bei der Selbstdarstellung
um ein Beispiel für eine dynamisch-interaktive Persönlichkeitsauffassung, denn es findet eine
wechselseitige Beeinflussung von Selbstdarsteller und externem Adressaten statt: Häufig ge-
zeigte Reaktionen der Adressaten können beim Akteur nicht nur kurzfristige, sondern auch
langfristige Veränderungen von Selbstbildern bewirken. So wird angenommen, dass wahrge-
nommene soziale Rückmeldung gegenüber dem Verhalten sowie die Selbstwahrnehmung und -
beurteilung desselben zu stabilen Persönlichkeitsmerkmalen führen, wenn diese Prozesse in
mehreren Situationen über die Zeit hinweg immer wieder in ähnlicher Form ablaufen (vgl. Ren-
ner, 2002). Bezogen auf Selbstdarstellung heißt dies, dass ideale und normative Selbstbilder, die
eine Person immer wieder in Verhalten umzusetzen versucht, über die Zeit zu stabilen, realen
Selbstbildern werden können.

c) Phasen der Internalisierungsprozesse und „self-defining-feedback“


Der personale und der soziale Weg der Internalisierung sind in verschiedenen Phasen der Aus-
bildung des Selbstkonzeptes und der Selbstkonzeptveränderung unterschiedlich wichtig. Eine
Person muss über den Prozess der Selbstwahrnehmung zuerst eine Vorstellung von sich selbst
in bestimmten Interaktionssituationen entwickeln, damit sie Rückmeldungen von anderen über-
haupt akzeptieren und in ihr Selbstkonzept aufnehmen kann (vgl. Renner, 2002). Wiederholte
Reaktionen der Adressaten können dann nicht nur zu momentanen, sondern auch zu andauern-
den Veränderungen von Selbstbildern (self-defining-feedback) führen. In dem Ausmaß, in dem
ein bestimmtes Bild der eigenen Person anderen gegenüber regelmäßig vermittelt wird, wird das
Publikum dieses Bild auch erneut erwarten und die Person wird das Bild als Teil ihres Selbst-
konzeptes internalisieren.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 68

Selbstbilder können sich also als Folge der öffentlichen Darstellung des Selbst verändern, wenn
die präsentierten Persönlichkeitsfacetten entweder von der Person direkt oder über die Rück-
meldung anderer Personen wahrgenommen und in das Selbstkonzept integriert werden. Sich
selbst auf eine ganz bestimmte Art und Weise darzustellen, kann demnach dazu führen, ideale
oder normative Selbstbilder oder sogar zunächst persönlichkeitsfremde Rollenbilder als reale
Selbstbilder zu internalisieren.

1.2.5.3 Selbstdarstellungs- und interpretationsstil und Identität


Aus den vielen alltäglichen Situationen, in denen sich Personen selbst darstellen, erwachsen mit
der Zeit ganz persönliche Muster, wie sie ihre Selbstbilder auswählen und vermitteln. Dabei
kann die Art und Weise der Selbstdarstellung von der Person zunächst absichtsvoll etabliert
worden sein, mit der Zeit wird sie jedoch zur Gewohnheit und erfolgt damit automatisiert (siehe
1.2.3.2). Selbstdarstellungsmuster können bestimmte Selbstdarstellungstaktiken oder -strategien
(siehe 1.2.1.1) umfassen, die von der Person in verschiedenen Situationen eingesetzt werden.
Jeder Mensch ist durch bestimmte Selbstdarstellungsmuster gekennzeichnet, die ganz wesent-
lich von den aktuellen Zuständen und überdauernden Eigenschaften der Person sowie von
Merkmalen wiederkehrender Situationen beeinflusst werden. Renner (2002) bezeichnet solche
Selbstdarstellungsmuster als Selbstinterpretationsstil, der „auf einer typischen Konfiguration
von Selbstbildern, Motiven und Kompetenzen sowie damit einhergehenden Verhaltensmustern
basiert“ (S. 11). Selbstinterpretationsstile betreffen somit nach Renner das „Wie“ der Darstel-
lung von Selbstbildern, das in der Interaktion mit verschiedenen Personengruppen oder in unter-
schiedlichen Rollen möglicherweise variiert, sich jedoch im Laufe wiederkehrenden Interaktio-
nen verfestigen und zu einem habituellen (überdauernden, gewohnheitsmäßigen) Merkmal der
Person werden kann. Aufgrund der konzeptuellen Unterscheidung von Selbstdarstellung und
-interpretation in der vorliegenden Arbeit werden auch Selbstdarstellungs- und Selbstinterpreta-
tionsstil unterschieden, wie im Folgenden aufgezeigt wird.

a) Unterscheidung von Selbstdarstellungs- und interpretationsstil


In Abbildung 1.2.1 (siehe 1.2.5.1) wurden die zwei Wege der Selbstinterpretation von innen
nach außen (= Selbstdarstellung) und von außen nach innen (= Selbstbewertung) aufgezeigt.
Selbstinterpretation umfasst demnach die Auswahl und Darstellung von Selbstbildern, aber auch
die Wahrnehmung und Bewertung der Außenwirkung der eigenen Person: Die spezifischen
Verhaltensweisen der Selbstdarstellung werden von Interaktionspartnern wahrgenommen, die
daraus Fremdbilder konstruieren und diese der selbstdarstellenden Person zurückmelden. Die
Person nimmt diese Rückmeldung wiederum wahr und interpretiert sie auf der Basis ihres be-
stehenden Selbstkonzepts.
Die Art und Weise, wie diese beiden Prozesse von innen nach außen und von außen
nach innen in wiederholten Interaktionen mit bestimmten Personengruppen stattfinden – also
welche Interpretationsmuster sich über die Zeit in bestimmten Personenkonstellationen etablie-
ren – beschreibt den Selbstinterpretationsstil einer Person. Der Selbstinterpretationsstil umfasst
damit sowohl spezifische Selbstdarstellungsmuster als auch Muster in der Selbstwahrnehmung
und -bewertung beziehungsweise der Interpretation sozialer Rückmeldung. Damit geht die Auf-
fassung des Selbstinterpretationsstils in der vorliegenden Arbeit über die Auffassung des Kon-
strukts von Renner (2002) hinaus: Selbstinterpretationsstile beziehen sich nach Renner aus-
schließlich auf das „Wie“ der Selbstdarstellung (s.o.). Geht es um wiederkehrende Muster im
Prozess von „innen“ nach „außen“ so wird im Rahmen dieser Arbeit von Selbstdarstellungsstil
gesprochen (siehe Abbildung 1.2.2).
1.2 Selbstdarstellung 69

b) Selbstinterpretationsstil und Identität


Der Selbstinterpretationsstil als spezifische Art und Weise einer Person, sich mit Interaktions-
partnern in Beziehung zu setzen und sich selbst in sozialen Interaktion zu bewerten, ist ein zent-
raler Einflussfaktor auf die Etablierung individueller, sozial konstruierter Identitäten (siehe
Abbildung 1.2.2).

Wiederholter Einsatz des Selbstinterpretationsstils in der Interaktion von „innen“ & „außen“:
ETABLIERUNG INDIVIDUELLER, SOZIAL KONSTRUIERTER IDENTITÄTEN
Muster in der Art und Weise der Prozesse 1 und 2: SELBSTINTERPRETATIONSSTIL

PROZESS 2: von „außen“ nach „innen“

MUSTER DER SELBSTBEWERTUNG

Innensicht Außensicht
SELBSTDARSTELLUNGSMUSTER
=
SELBSTDARSTELLUNGSSTIL
PROZESS 1: von „innen“ nach „außen“

Abbildung 1.2.2: Selbstdarstellungsmuster – Prozesse der Selbstinterpretation – Selbstinterpretationsstil –


Bildung von Teilidentitäten (Abbildung modifiziert nach Riedelbauch & Laux, 2011)

Eine solche Auffassung von Selbstinterpretation kommt dem Konstrukt der „Selbstidentifikati-
on“ nach Schlenker (1985; 1986) sehr nahe:
Fixing and expressing identity involves systematically defining and categorizing oneself,
bringing relevant evidence and experiences to bear. It is accomplished privately, through
contemplation about oneself, and publicly, through self-disclosure, self-presentation, and
other activities that serve to construct one‟s identity for audiences (Schlenker, 1986, p. 66).
Dabei bezieht sich Schlenker eben nicht nur auf das externe, sondern ebenso auf das interne
Publikum als Adressaten der Selbstdarstellung (siehe 1.2.4.1).
Soziale Identität „im Sinne einer an soziale Interaktionssituationen angepaßten, nach
außen dargestellten Individualität“ (Mummendey, 1995, S. 57) entsteht danach im Austausch-
prozess mit der Umwelt. Schlenker (1985) spricht von situativen Identitäten, die als Selbsttheo-
rien in einer spezifischen sozialen Situation oder bestimmten sozialen Beziehungen bewusst
oder unbewusst konstruiert werden. Diese unterscheidet er von einer grundlegenden, zeitlich
überdauernden Identität. Diese Grundidentität oder „basale Identität“ ergibt sich sowohl lang-
fristig aus der biographischen Entwicklung einer Person als auch aus der Integration von situati-
ven Identitäten. Keupp et al. (1999) verwenden für die Grundidentität den Begriff Identitätsge-
fühl, verschiedene situative Identitäten bezeichnen sie als Teilidentitäten:
Während die Teilidentitäten jeweils einen bestimmten Ausschnitt einer Person darstellen,
entsteht das Identitätsgefühl aus der Verdichtung sämtlicher biographischer Erfahrungen
und Bewertungen der eigenen Person auf der Folie zunehmender Generalisierung der
Selbstthematisierung und Teilidentitäten (S. 225).
In der vorliegenden Arbeit wird die Auffassung vertreten, dass sich in der dynamischen Interak-
tion zwischen einer Person und ihren Interaktionspartnern spezifische Teilidentitäten entwi-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 70

ckeln. Diese Entwicklung wird moderiert durch habituelle Muster, nach denen die beiden Pro-
zesse der Selbstinterpretation in wiederholter Form ablaufen (siehe Abbildung 1.2.2).
Riedelbauch und Laux (2011) vertreten die Auffassung, dass die Etablierung einer indi-
viduellen, beruflichen Identität als soziale Konstruktion beruflicher Interaktionspartner gezielt
beeinflusst werden kann. Zentraler Ansatzpunkt ist dabei die individuelle Selbstdarstellung be-
ziehungsweise -interpretation der Person. Die Einzelkomponenten der Selbstinterpretation und
deren Zusammenspiel können in einem individuumsorientierten Einzelcoaching zum Gegen-
stand der Klärung und Modifikation gemacht und auf dieser Basis ein persönlicher Identitäts-
entwurf im Sinne einer situativen Identität oder beruflichen Teilidentität (z.B. Führungs-
identität) formuliert und angestrebt werden.

1.2.6 Zusammenfassung der Komponenten und Prozesse der Selbstinterpretation: Dy-


namisches Interaktionsmodell

Die in den vorausgegangenen Abschnitten beschriebenen Komponenten und Prozesse der


Selbstinterpretation werden in einem dynamischen Interaktionsmodell zusammengefasst (siehe
Abbildung 1.2.3), das die reziproke Beeinflussung von Innen- und Außensicht beschreibt (vgl.
Riedelbauch und Laux, 2011).
Habituelle Personmerkmale

Innensicht Außensicht

Wahrnehmung und Interpretation Vermittlung / Rückmeldung der


der Fremdbilder Fremdbilder
Sozialer Weg
Affektiv-kognitives System der Interpersonelles System
Internalisierung
Selbstrepräsentationen Vielheit von Fremdbildern (FB)
im Selbstkonzept Reale Mögliche Normative
Arbeitsselbstkonzept FB FB FB
mit bewussten Selbstbildern (SB)
Individuelle
Reale Mögliche Normative Wahrnehmung & Bewertung
SB SB SB
Selbst-
der Selbstdarstellung durch
darstellung externe Adressaten

Selbstwahrnehmung und Personaler Weg der


–bewertung (Interner Adressat) Internalisierung
Prozesse der Fremdbildentstehung
Intrapersonale Prozesse
• Affektregulation
• Aktuelle Motivation
• Verarbeitung selbstbezogener Individuelle Personmerkmale
Informationen
der Interaktionspartner

Allgemeine Rahmenbedingungen und spezifische Situation

Abbildung 1.2.3: Dynamisches Interaktionsmodell – Komponenten und Prozesse der Selbstinterpretation


(Abbildung modifiziert nach Riedelbauch & Laux, 2011)

Auf der linken Seite der Abbildung 1.2.3 ist die Innensicht einer Person (Bereich innerhalb des
gestrichelten Rahmens), auf der rechten Seite die Außensicht einer Person (Bereich innerhalb
des gepunkteten Rahmens) dargestellt. Im Folgenden werden die zentralen Komponenten des
dynamischen Interaktionsmodells und deren Zusammenhänge zusammengefasst.
1.2 Selbstdarstellung 71

a) Innensicht
Die Innensicht umfasst das affektiv-kognitive System des Selbst als Inhalt (Selbstkonzept) und
Prozess (siehe 1.2.2.1). Das Arbeitsselbstkonzept enthält den in der jeweiligen Situation be-
wussten Teil der Selbstrepräsentationen, die realen, normativen und idealen Selbstbilder. In
Abschnitt 1.2.4.4 wurden die individuumszentrierten Motive als Teil der auf das Selbst bezoge-
nen intrapersonalen Prozesse beschrieben. Die Selbstwahrnehmung und -bewertung versteht
sich als Zusammenspiel der Inhalte des Selbstkonzepts (Selbstbilder) mit den motivationalen,
emotionalen und informationsverarbeitenden intrapersonalen Prozessen.

b) Selbstdarstellung
Die Selbstdarstellung der Person durch verbales und nonverbales Verhalten beschreibt den Pro-
zess 1 der Selbstinterpretation und versteht sich als Bindeglied zwischen der Innen- und Außen-
sicht des Individuums. Über die Wahrnehmung und Bewertung des eigenen Verhaltens kann es
über den personalen Weg zur Internalisierung des gezeigten Verhaltens in das Selbstkonzept
kommen (siehe 1.2.5.2).

c) Außensicht
Die individuelle Selbstdarstellung wird aber nicht nur von der Person selbst als interner Adres-
sat bewertet, sondern richtet sich auch an externe Adressaten, die das Verhalten wahrnehmen
und bewerten. Die Art und Weise der Wahrnehmung und Bewertung wird durch ein Zusam-
menspiel individueller Personmerkmale der Adressaten mit spezifischen Prozessen der Fremd-
bildentstehung wie z.B. selektive Wahrnehmung oder die Beeinflussung der Wahrnehmung
durch Werte und Erwartungen (vgl. Hossiep & Paschen, 2003c) moderiert. Es entsteht eine
Vielheit von Fremdbildern (siehe 1.2.2.2), die – je nach Art und Weise der Selbstdarstellung
und je nach Interpretation der Darstellung durch die externen Adressaten – den Selbstbildern
weitgehend entsprechen oder sich von diesen stark unterscheiden können.

d) Feedbackprozesse
Externe Adressaten melden der Person mehr oder weniger explizit die entstandenden Fremdbil-
der zurück. Dieses Feedback wird von der Person wahrgenommen und interpretiert und kann zu
einer Festigung, aber auch zur Veränderung oder Erweiterung des Selbstkonzepts der Person
führen. Veränderungen im Selbstkonzept auf der Basis sozialer Rückmeldung werden durch den
sozialen Weg der Internalisierung beschrieben (siehe 1.2.5.2). Der soziale und der personale
Weg der Internalisierung, also die Übernahme bereits gezeigten Verhaltens in das Selbstkonzept
durch die Interpretation sozialer Rückmeldung oder durch Selbstwahrnehmung und -bewertung
beschreiben insgesamt den zweiten Prozess der Selbstinterpretation.

e) Habituelle Personmerkmale
Sowohl die Art und Weise der Selbstdarstellung als auch die Interpretation sozialer Rückmel-
dung (Wahrnehmung und Interpretation der Fremdbilder) werden durch habituelle
Personmerkmale des Individuums, wie z.B. Kompetenzen, basales Selbstwertgefühl oder die
„basale“ Identität als stabiler Anteil im Selbstkonzept (siehe 1.2.2.1) beeinflusst. Ebenso wirkt
das Selbst als affektiv-kognitives System auf die Interpretation sozialer Rückmeldung zurück,
dass heißt, dass z.B. selbstkongruente oder selbstwertdienliche Informationen leichter verarbei-
tet werden als andere Informationen.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 72

f) Rahmenbedingungen
Die dynamische Interaktion von Innen- und Außensicht finden insgesamt nicht in „luftleerem
Raum“, sondern innerhalb spezifischer Rahmenbedingungen statt, die sowohl auf die Art und
Weise der Selbstdarstellung als auch auf die Wahrnehmung, Interpretation und Rückmeldung
„Selbst“-bezogener Informationen Einfluss nehmen. Riedelbauch und Laux (2011) beschreiben
zentrale Merkmale der Rahmenbedingungen, die im organisationalen Kontext für die dynami-
sche Interaktion von Führungsperson und Geführten eine Rolle spielen.

1.2.7 Formen habitueller Selbstdarstellung: Selbstdarstellungsstile

Werden bestimmte Formen der Selbstdarstellung wiederholt und situationsübergreifend einge-


setzt, so entstehen mit der Zeit also individuelle Selbstdarstellungsstile, die mit charakteristi-
schen Motivations- und Fähigkeitsausprägungen verbunden sind. In den Abschnitten 1.2.7.1 bis
1.2.7.5 werden die interindividuellen Formen habitueller Selbstdarstellung beziehungsweise die
Selbstdarstellungsstile des Self-monitorings, der akquisitiven und protektiven Selbstüberwa-
chung, der Persönlichkeitsdarstellung und des Stimmungsmanagement dargestellt. Aufgrund
konzeptueller Überschneidungen wird ein Zusammenhang dieser Formen habitueller Selbstdar-
stellung mit den transformationalen Führungsprinzipien angenommen. Zur Art dieses Zusam-
menhangs werden in den Abschnitten 1.2.7.2 bis 1.2.7.5 jeweils Thesen abgeleitet.

1.2.7.1 Self-monitoring
Der amerikanische Psychologe Mark Snyder (1974; 1987) fasst die interindividuellen Unter-
schiede im Selbstdarstellungsverhalten unter dem Persönlichkeitsmerkmal Self-monitoring zu-
sammen. Dabei konzentriert sich Snyder in seinem Konzept auf die Tendenz zur gezielten Be-
einflussung eines externen Publikums, lässt also die individuumszentrierten Motive der Selbst-
darstellung außer Acht. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass es bedeutende Unterschiede in
der Art und Weise gibt, wie Menschen ihr Interaktionsverhalten regulieren und sich in sozialen
Situationen präsentieren. Self-monitoring als Persönlichkeitsmerkmal bedingt, wie gut und ger-
ne Menschen sich darstellen können und wie häufig sie dies tun:
Self-monitoring wird meist mit Selbstüberwachung übersetzt und meint die bewusste
Beobachtung, Regulierung und Kontrolle der eigenen Darstellung gegenüber einem
Publikum (Laux & Renner, 2002, S. 130).

a) Starke und schwache Selbstüberwacher


Die ursprüngliche Konzeption des Self-monitorings aus den 70er Jahren kann nach Laux und
Renner (2002) als differentialpsychologische Extremposition verstanden werden. Danach wer-
den Personen einer von zwei Gruppen zugeordnet, die sich darin unterscheiden, wie stark sie ihr
Publikum bewusst beobachten und ihre eigene Darstellung dementsprechend regulieren und
kontrollieren:
Starke Selbstüberwacher mit einer hohen Self-monitoring-Ausprägung besitzen dem-
nach ausgeprägte Wahrnehmungs- und Handlungskompetenzen (siehe 1.2.4.2) und reagieren
besonders sensibel auf die sozialen Schlüsselreize anderer Personen. Sie sind geschickt darin,
ihre Selbstdarstellung an den wahrgenommenen Befindlichkeiten ihres Publikums auszurichten
und ihre selbstdarstellerischen Fähigkeiten für das einzusetzen, was bei diesem Publikum ihrer
Einschätzung nach am besten ankommt (vgl. Laux & Renner, 2005).
1.2 Selbstdarstellung 73

Schwache Selbstüberwacher sind hingegen weniger aufmerksam gegenüber Informationen über


die Angemessenheit der Selbstdarstellung in verschiedenen sozialen Situationen (vgl. Laux,
2000). Sie richten ihr Verhalten stärker an der eigenen inneren Befindlichkeit aus und versu-
chen, Emotionen so auszudrücken, wie sie sie selbst erleben: „Sie streben nach einer Kongruenz
zwischen dem ‚wer sie sind„ und dem ‚was sie tun„ – selbst wenn sie damit bei anderen Perso-
nen anecken. Im Gegensatz zu den situationsbestimmten starken Selbstüberwachern ist ihr Ver-
halten vor allem dispositionsorientiert“ (Laux & Renner, 2002, S. 130).

b) Kritik am Self-monitoring-Ansatz
Snyder ging davon aus, dass Self-monitoring eine homogene unidimensionale Persönlichkeits-
variable darstellt. Faktorenanalysen zur Self-monitoring-Skala von Snyder ergeben jedoch die
drei Faktoren Inkonsistenz, Extraversion und schauspielerische Fähigkeiten (Lennox, 1988),
wobei Extraversion und schauspielerische Fähigkeiten unter den Bereich „soziale Fähigkeiten“
subsumiert werden können. In der Konsequenz besteht die deutschsprachige „Self-monitoring-
scale“ von Kammer und Nowack (1983), die eine Revision der Originalskala von Snyder dar-
stellt, aus den zwei Subskalen „soziale Fähigkeiten“ (social skills factor) und „Inkonsistenz“
(inconsistency factor).
In einer Revision des Self-monitoring-Ansatzes durch Gangestad und Snyder (2000)
ergab sich, dass Self-monitoring mit der Kontrolle des Ausdrucks, dem Entschlüsseln nonverba-
ler Signale und einer starken Variation des Verhaltens über unterschiedliche Situationen hinweg
(niedrige Konsistenz des Verhaltens) zusammenhängt. Die Kernaussage des ursprünglichen
Ansatzes des Self-monitoring konnte in neueren Untersuchungen allerdings nicht bestätigt wer-
den: „Ironischerweise bestand gerade kein Zusammenhang zwischen Self-monitoring und der
auf das Verhalten der Interaktionspartner abgestimmten ‚Überwachung„ der eigenen Selbstdar-
stellung“ (Laux & Renner, 2005, S. 489).

c) Betonung der Motive


In ihrer Revision des Self-monitoring-Ansatzes konzentrieren sich Gangestad und Snyder
(2000) auf die Motive von starken und schwachen Selbstüberwachern. Von ersteren wird ange-
nommen, dass sie das ausgeprägte Eindrucksmanagement einsetzen, um ihren sozialen Status zu
erhöhen. Wie „soziale Chamäleons“ würden sie demnach ihre öffentliche Darstellung von Ein-
stellungen und Verhalten an den Erwartungen anderer ausrichten. Den schwachen
Selbstüberwachern gehe es hingegen stärker darum, von ihren Interaktionspartnern als echt und
aufrichtig eingeschätzt zu werden. Sie seien weniger bereit und weniger fähig dazu, sich abwei-
chend von ihrem Selbstbild darzustellen und streben danach, vertrauensvolle und stabile Bezie-
hungen zu etablieren. Damit tendieren beide Gruppen – entgegen der ursprünglichen Konzepti-
on des schwachen Selbstüberwachers als rein innenorientiert – zu einer publikumszentrierten
Selbstdarstellung, unterscheiden sich aber in den Zielen und Inhalten der vermittelten Selbstbil-
der (vgl. Laux & Renner, 2005).
Insgesamt liegt somit bei starken Selbstüberwachern eine Kombination von starker
Kompetenzausprägung und einem niedrigen Selbstkongruenzmotiv und geringer Konsistenz-
neigung vor. Bei schwacher Selbstüberwachung ist hingegen ein hohes Selbstkongruenzmotiv
und eine hohe Konsistenzneigung mit niedriger Kompetenzausprägung gepaart (vgl. Laux &
Renner, 2002; 2005).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 74

1.2.7.2 Akquisitive und protektive Selbstüberwachung


Ein Alternativmodell zum Self-monitoring stammt von Wolfe, Lennox & Cutler (1986) und
umfasst eine akquisitive und eine protektive Komponente. Erstere ist mit der Tendenz ver-
knüpft, aktiv soziale Gewinne zu machen, zweitere hängt mit dem Bestreben zusammen, soziale
Ablehnung zu vermeiden (vgl. Laux, 2000). Nach Laux und Renner (2002) handelt es sich dabei
um eine Abwandlung des Motivpaares „Hoffnung auf Erfolg“ und „Furcht vor Misserfolg“
(S. 132).

a) Merkmale akquisitiver und protektiver Selbstdarstellung


Ein akquisitiver Selbstdarsteller versucht sich richtig zu präsentieren, indem er sich so darstellt,
wie es die Umstände verlangen und geht davon aus, dass er belohnt wird, wenn ihm dies gelingt
(vgl. Laux und Renner, 2002). Der protektive Selbstdarsteller nimmt hingegen an, dass er be-
traft, also missbilligt wird, wenn er sich nicht richtig darstellt. Er versucht sich in seinem Ver-
halten variabel an die Situation anzupassen, um nicht aufzufallen. Dabei vergleicht er sich mit
anderen, um deren Verhalten für sich übernehmen zu können. Die Bezeichnung „protektive
Selbstdarstellung“ wurde von Arkin (1981) eingeführt, um die Gegenkraft des Strebens nach
sozialer Anerkennung zu erfassen: Den Wunsch, Verluste von sozialer Anerkennung, bezie-
hungsweise soziale Missbilligung zu vermeiden.
Einige Autoren charakterisieren die Unterscheidung zwischen protektiver und
akquisitiver Selbstüberwachung mit dem Begriffspaar „getting along“ (protektive Selbstdarstel-
lung) und „getting ahead“ (akquisitive Selbstdarstellung) (vgl. Wolfe et al., 1986; Arkin &
Sheppard, 1989). Eine Person, für die „getting along“ im Vordergrund steht, ist dadurch ge-
kennzeichnet, möglichst neutrale Meinungen, beziehungsweise gar keine Meinung zu haben.
Sie wird es vermeiden, extreme oder polarisierende Meinungen zu äußern:
In contrast to the individual seeking leadership, the individual who values getting along as
much or more than getting ahead tilts toward a neutral position, the safe territory where fol-
lowers wait for consensus to emerge (Arkin & Sheppard, 1989, p. 129).
Zur Erfassung dieser Selbstdarstellungsstile wurden zwei entsprechende Skalen entwi-
ckelt (vgl. Wolfe et al., 1986), wobei es sich bei der Skala zur Erfassung der akquisitiven Kom-
ponente um eine revidierte Form der Self-monitoring-Scale handelt. Eine Übertragung der Ska-
len ins Deutsche und eine Kürzung der Skalen erfolgte von Laux und Renner (2002). Eine de-
taillierte Beschreibung der Skalen erfolgt in Kapitel 3 (siehe 3.4.2.2).

b) Thesen zum Zusammenhang mit transformationaler Führung


Es ist anzunehmen, dass die transformationalen Führungsstile, die im Full Range of Leadership
durch hohe Aktivität gekennzeichnet sind (siehe 1.1.2) eher mit der Tendenz zur akquisitiven
als zur protektiven Selbstüberwachung einhergehen. Die prototypische transformationale Füh-
rungskraft strebt durch ihr Führungsverhalten soziale Gewinne im Sinne der Gemeinschaft und
eines übergeordneten Zwecks an und geht davon aus, dass sie diese erzielen kann, wenn sie
modellhaftes Verhalten zeigt, die Geführten begeistert, intellektuell anregt und als Individuen
anspricht. Es wird also die These aufgestellt, dass transformationale Führungspersonen eine
Tendenz zur akquisitiven Selbstüberwachung aufweisen.
1.2 Selbstdarstellung 75

1.2.7.3 Persönlichkeitsdarstellung
Laux und Renner (2002) kritisieren den Self-monitoring-Ansatz:
Was bei der beinahe karikaturhaften Polarisierung im Self-monitoring-Ansatz verloren
geht, ist die Auffassung, daß [sic] wir durch unsere Selbstdarstellung häufig versuchen,
zentrale Merkmale unserer Persönlichkeit zu vermitteln (S. 131).
So ist es zwar manchmal das Ziel von Personen, durch gezielte Selbstdarstellung ein Bild von
sich nach außen zu vermitteln, das nicht ihrer eigenen Selbstauffassung entspricht. Meist versu-
chen Personen aber eher, sich anderen so zu präsentieren, wie sie sich selbst sehen (vgl. Jones &
Pittman, 1982; Leary, 1995), also ein Bild von sich nach außen zu vermitteln versuchen, das mit
Teilaspekten des Selbstkonzepts übereinstimmt. Persönlichkeitsdarstellung bezieht sich auf
diese Tendenz einer Person, ein als wirklich empfundenes (authentisches) Selbstbild darzustel-
len.
Warum bedarf es aber einer gezielten Selbstdarstellung, um so zu erscheinen, wie man
auch wirklich ist? Zunächst ist es sehr schwierig zu eruieren, in welchem Ausmaß das Verhalten
einer Person auf ihre momentane Rolle, auf zu beachtende Normen oder auf ihre persönlichen
Charakteristika zurückzuführen ist. Dementsprechend kann es wichtig sein, Informationen über
die eigene Person gesondert zum Ausdruck zu bringen, z.B. indem Emotionen übertrieben dar-
gestellt, oder bestimmte Einstellungen stark betont werden. Weiterhin ist die Zeit, sich darzu-
stellen und Informationen über die eigene Person Preis zu geben, oft sehr begrenzt. Daher muss
ausgewählt werden, welchen Informationen über die eigene Person Vorrang gewährt wird.

a) Motive und Kompetenzen des Persönlichkeitsdarstellers


Personen, bei denen das Vermitteln zentraler Bilder der eigenen Persönlichkeit im Vordergrund
steht und bei denen die Absicht, sich so darzustellen, wie sie sich selbst sehen, hoch ausgeprägt
ist, werden als Persönlichkeitsdarsteller bezeichnet (vgl. Laux & Renner, 2002). In der
ursprünglichen Version des Self-monitoring-Ansatzes, bei der hohe Wahrnehmungs- und Hand-
lungskompetenzen mit geringer Kongruenzneigung und niedrige Kompetenzen mit hoher Kon-
gruenzneigung gepaart sind, geht verloren, dass die authentische Vermittlung zentraler Bilder
der Persönlichkeit nach außen genauso ein umfangreiches Repertoire an Wahrnehmungs- und
Handlungskompetenzen voraussetzt (vgl. Laux & Renner, 2002), wie es diese bei einer erhöhten
Selbstdarstellung bis hin zur „Täuschung“ der Interaktionspartner bedarf:
Skill in social communication should enhance a person‟s ability to transmit his or her self-
image successfully to other people. […] …, both social communication skill and self-
awareness should moderate the congruence between person‟s private self-image and the
image of that person held by others; that is associated with a match between self-image and
social behavior (Cheek & Hogan, 1983, p. 257).
Eine Kombination von hoher Wahrnehmungs- und Selbstdarstellungskompetenz und hoher
Kongruenzneigung liegt hingegen in der Konzeption nach Laux und Renner (2002) beim Per-
sönlichkeitsdarsteller vor. Die Tendenz zur Persönlichkeitsdarstellung hängt auch mit der Über-
einstimmung von Selbst- und Fremdeinschätzungen zusammen: Cheek (1982) konnte empirisch
nachweisen, dass Personen mit hohen Fähigkeiten zur Selbstdarstellung und ausgeprägten
Kompetenzen zur Selbstwahrnehmung in ihrer Selbsteinschätzung am höchsten mit der Fremd-
einschätzung übereinstimmen. Darüber hinaus weichen Personen mit geringer Ausprägung der
Selbstwahrnehmung, aber hohen selbstdarstellerischen Fähigkeiten (vgl. Cheek, 1982), eben-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 76

falls weniger von der Fremdeinschätzung ab, als Personen mit geringen Wahrnehmungs- und
Handlungskompetenzen. Letztere zeigen die höchste Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremd-
einschätzungen.

b) Thesen zum Zusammenhang mit transformationaler Führung


Die Betonung der Authentizitätskomponente bei gleichzeitig ausgeprägter Selbstdarstellungs-
kompetenz, schlägt eine Brücke zu den transformationalen Führungsprinzipien. Wie in Ab-
schnitt 1.1 dargestellt, zeichnen sich transformationale Führungspersonen durch ihr glaubwürdi-
ges und modellhaftes Verhalten und ihre charismatische Wirkung auf die Geführten aus. Sie
bringen ihre Wertvorstellungen und attraktive Visionen zum Ausdruck und begeistern und mo-
tivieren die Geführten, indem sie auf deren Selbstkonzept Einfluss nehmen. Es wird also deut-
lich, dass es für eine transformationale Führungsperson nicht reicht, so zu sein wie sie ist, son-
dern dass sie ihre spezifischen Merkmale gezielt zum Ausdruck bringen muss, sofern sie auf
andere Personen charismatisch wirken möchte. Es wird also die These aufgestellt, dass
transformationale Führungspersonen eine Tendenz zur Persönlichkeitsdarstellung aufweisen.

1.2.7.4 Integration: 4-Cluster-Lösung


Laux und Renner (2002) untersuchten den Zusammenhang zwischen Self-monitoring und Au-
thentizität.

a) Akquisitive und protektive Selbstüberwachung und Authentizität


Dafür verließen sie die unidimensionale Auffassung von Self-monitoring nach Snyder (1974;
1987; siehe 1.2.7.1) zu Gunsten einer Aufteilung von Self-monitoring in eine akquisitive und
eine protektive Komponente (siehe 1.2.7.2) und konnten aufzeigen, dass der von Snyder be-
hauptete negative Zusammenhang zwischen Selbstüberwachung und Authentizität nur für die
protektive Selbstüberwachung zutrifft. Clusteranalytische Ergebnisse ließen darüber hinaus die
Schlussfolgerung zu, dass es bestimmte Personengruppen gibt, die sich eher in das Modell der
starken und schwachen Selbstüberwacher nach Snyder einordnen lassen und Personengruppen,
auf die eher die bimodale Konzeption der akquisitiven und protektiven Selbstüberwachung zu-
trifft. So konnten vier Cluster von Selbstdarstellern identifiziert werden, die Laux und Renner
(2002) mit den folgenden Bezeichnungen charakterisieren (siehe Abbildung 1.2.4):
1. Starke Selbstüberwacher: Personen dieses Clusters weisen sowohl hohe akquisitive als
auch hohe protektive Selbüberwachungstendenzen auf. Der Authentizitätswert ist ge-
ring.
2. Schwache Selbstüberwacher: Personen dieses Clusters erfüllen die entsprechenden
Merkmale nach Snyder (1987), die mit einer geringen Self-monitoring-Tendenz einher-
gehen. Sie weisen niedrige akquisitive und protektive Tendenzen bei gleichzeitig hoher
Authentizitätsausprägung auf.
3. Protektive Selbstüberwacher: Im Vergleich zur Gesamtstichprobe tendieren Personen
dieses Clusters eher zur protektiven als zur akquisitiven Selbstüberwachung und weisen
geringe Authentizitätswerte auf.
4. Akquisitive Selbstüberwacher: Personen dieses Clusters weisen eine hohe Tendenz zur
akquisitiven Selbstüberwachung und eine niedrige Tendenz zur protektiven Selbst-
überwachung auf. Gleichzeitig liegen bei dieser Personengruppe hohe
Authentizitätwerte vor.
1.2 Selbstdarstellung 77

Selbstüberwachung
hoch hoch niedrig niedrig
protektiv akquisitiv protektiv akquisitiv

Akquisitive Selbstüberwacher
Authentizitätsneigung

hoch
Schwache Selbstüberwacher
niedrig

Starke Selbstüberwacher
Protektive… …Selbst-
überwacher
Abbildung 1.2.4: Vier Selbstdarstellungscluster nach Laux und Renner (2002)

Das Cluster der akquisitiven Selbstüberwacher – nach Laux und Renner (2002) als die von Sny-
der „verkannten Selbstdarsteller“ – nutzen also ihre Selbstdarstellungskompetenzen, um ihren
Interaktionspartnern zu vermitteln, wer sie „wirklich“ sind. Es handelt sich somit um Persön-
lichkeitsdarsteller mit einem umfangreichen Selbstdarstellungsrepertoire. Zwischen der gleich-
zeitigen Berücksichtigung publikums- und individuumszentrierter Motive (siehe 1.2.4.3 und
1.2.4.4) muss dabei kein Widerspruch bestehen:
Vielmehr ist die Amalgamierung von individuums- und publikumszentrierten Motiven un-
serer Ansicht nach ein Merkmal sozialer Intelligenz und in gelingenden Interaktion eher der
Normalfall, so z.B. wenn eine Person ihren Ärger in sozial angemesser Form zum Aus-
druck bringt (Laux & Renner, 2002, S. 143).
Mit der clusteranalytischen Bestimmung dieser vier Personengruppen wird somit eine Synthese
des unimodalen Self-monitoring-Modells nach Snyder und des bimodalen Modells der
akquisitiven und protektiven Selbstüberwachung nach Wolfe et al. (1986) erreicht.

b) Thesen zum Zusammenhang mit transformationaler Führung


Entsprechend der formulierten Annahmen zum Zusammenhang von akquisitiver und protektiver
Selbstüberwachung beziehungsweise Persönlichkeitsdarstellung mit transformationaler Führung
in den Abschnitten 1.2.7.2 und 1.2.7.3 ist davon auszugehen, dass transformationale Führungs-
personen am ehesten als akquisitive Selbstüberwacher einzuordnen sind.

1.2.7.5 Stimmungsbeeinflussung: Mood Manipulation


Empirische Arbeiten, in denen unterschiedliche Kommunikationsstile miteinander verglichen
wurden, weisen darauf hin, dass stilistische Merkmale, die Renner (2006) als histrionisch be-
zeichnet, vor allem auf den Auf- oder Abbau von emotionaler Spannung bei den Interaktions-
partnern und der eigenen Person abzielen (vgl. Norton, 1983). Um Aufbau von Spannung han-
delt es sich, wenn eine Person versucht, die Interaktionspartner durch ihre kommunikativen
Möglichkeiten (z.B. Als-ob-Rollenspiel, Erzählen von Geschichten, Situationskomik etc.) in
ihren Bann zu ziehen (vgl. Renner, 2006). Wenn es ihr gelingt, das Publikum gefangen zu neh-
men, resultiert daraus primär Freude über den gelungenen Selbstausdruck, die sich mit Kompe-
tenz- und Machtgefühlen mischen kann (vgl. Norton, 1983).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 78

a) Mood Manipulation als Aspekt des dramatischen Kommunikationsstils


Norton (1983) unterscheidet verschiedene Kommunikationsstile, die jeweils mit unterschiedli-
chen Motiven, Verhaltensweisen und Wirkungen verknüpft sind. Als zentrales Element des
dramatischen Kommunikationsstils hebt Norton (1983) insbesondere die auf die Spannung in
der Interaktion bezogene Funktion dieses Stils hervor: „Dramatic style either manipulates tensi-
on or is manifested as a result of tension“ (p. 130). Dabei kann der dramatisierende Stil sowohl
eine spannungsreduzierende als auch eine spannungsgenerierende Funktion einnehmen, die
sowohl auf die eigene Person als auch die Interaktionspartner wirkt. Diese Funktion wird er-
reicht durch nonverbale, verbale und paraverbale „dramatisierende“ Verhaltensweisen, die dem
Interaktionspartner einen Hinweis darauf geben, dass etwas Besonderes oder Beachtenswertes
in der Interaktion geschieht: „Dramatic communicator style vividly, emotionally, or strikingly
signals that literal meaning ist being highlighted or emphasized“ (Norton, 1983, p. 130).
Um den dramatisierenden Kommunikationsstil durch Selbstbeschreibungen zu erfassen,
konstruierte Norton einen Fragebogen. Bei der Gruppierung der Items resultierten elf Faktoren,
wobei zwei dieser Faktoren einen gemeinsamen Hauptfaktor bildeten, der als Kernelement des
dramatisierenden Stils identifiziert werden konnte: Diese zwei Faktoren werden als Mood Ma-
nipulation (Beispielitem: „I am very good at manipulationg the mood of other people by the
way I say things.“) und Energy change (Beispielitem: „I got to excess to maintain attention“)
bezeichnet. Damit sind die Wirkungen des dramatisierenden Stils angesprochen: Durch einen
dramatisierenden Kommunikationsstil beeinflusst der Akteur die Stimmung der Interaktions-
partner und nimmt Einfluss auf deren Energielevel. Die Items zur Stimmungsbeeinflussung
(Mood Manipulation) beschreiben die Kompetenz, die Stimmung zu beeinflussen und die Vor-
stellungskraft der Interaktionspartner anzuregen, indem dramatische Effekte hervorgerufen wer-
den. Der „Mood Manipulator“ verfügt über die Fähigkeit, Emotionen anderer anzusprechen,
indem der Geschichten erzählt, Begeisterung aufbaut und Aufmerksamkeit auf sich zieht. Insge-
samt fasst Norton den dramatischen Kommunikationsstil folgendermaßen zusammen:
In short, the dramatic communicator vividly, emotionally, or strikingly signals that literal
meaning is being emphazied to manipulate moods, change energy, and/or seek attention.
The form-giving function is emphasis; the hoped-for consequent is change in some kind –
moods are transformed or shifted, energy is increased or decreased, attention is refocused
(Norton, 1983, p. 151).

b) Thesen zum Zusammenhang mit transformationaler Führung


Es wird deutlich, dass der dramatisierende Kommunikationsstil insgesamt und das Kernelement
der Stimmungsbeeinflussung (Mood Manipulation) im Besonderen, zahlreiche Parallelen zu den
Verhaltensweisen und Wirkungen der transformationalen Führungsstile aufweisen. Besonders
deutlich wird dies in der Interpretation Goffmans (1974), nach der das Dramatisieren eine Form
der Organisation von Erwartungen darstellt. Durch das Dramatisieren kann die Wahrnehmung
der Realität verändert werden, indem z.B. Träume und Fiktion eingebunden werden. In einer
dramatisierenden Art und Weise zu kommunizieren, birgt das Potenzial, eine „neue Wirklich-
keit“ zu konstruieren:

[…], communicating in a dramatic way has the magnificent ability to create a mind set that
initially has little match up with reality but can eventually become self-fulfilling – a person
who „acts‟ bigger than life frequently „becomes‟ bigger than life (Norton, 1983, p. 152).
1.2 Selbstdarstellung 79

Im Kontext dieser Aussage ist zu interpretieren, dass über einen dramatisierenden Kommunika-
tionsstil neue, gegebenenfalls ideale Bilder der eigenen Person und der jeweils relevanten Um-
gebung kreiert werden, die durch Internalisierungsprozesse (siehe 1.2.5.2) verinnerlicht werden.
Der „Mood Manipulator” zieht damit Aufmerksamkeit auf sich (vgl. Idealized Influence), schürt
die Begeisterungsfähigkeit für eine alternative Wirklichkeit (vgl. Inspirational Motivation) und
regt die Vorstellungskraft und Perspektivenvielfalt anderer Personen an (vgl. Intellectual Stimu-
lation). Dabei kann die Wirkung des Mood Manipulators – ebenso wie die Wirkung der
transformationalen Führungsperson – nur durch die Reaktion der Interaktionspartner beschrie-
ben werden. Neben der Beschreibung durch charakteristische Verhaltensweisen und Kompeten-
zen, definieren sich beide Interaktionsformen durch die Wirkung, die sie auf andere erzielen.
Weder die Stimmungsbeeinflussung noch die transformationale Führung können dabei an sich
positiv bewertet werden, sonden müssen stets an den Absichten des Handelnden sowie den un-
mittelbaren Wirkungen und Konsequenzen des jeweiligen Führungs- beziehungsweise Selbst-
darstellungsverhaltens gemessen werden (siehe 1.1.7). Es wird also die These aufgestellt, dass
transformationale Führungspersonen eine Tendenz zur Stimmungsbeeinflussung aufweisen.

1.2.8 Fazit zur Selbstdarstellung

Im Folgenden werden die dargestellten theoretischen Ansätze zu Selbstdarstellung und Selbstin-


terpretation zusammengefasst und zentrale Grundannahmen für die vorliegende Arbeit abgelei-
tet. Darüber hinaus werden offene Fragen formuliert, die sich aus den Inhalten des Abschnitts
1.2 ergeben.

Zusammenfassung und Grundannahmen


(1) Selbstinterpretation als Alternativkonzept zur Selbstdarstellung: Selbstinterpretation
umfasst alle Versuche einer Person, anderen mitzuteilen, wie sie sich selbst sieht und
wie sie gesehen werden möchte. Betont wird mit dem Begriff der Selbstinterpretation
der produktive Gestaltungsvorgang bei der Auswahl, der Wiedergabe und der Ausle-
gung von Selbstbildern, der alle Varianten der Selbstdarstellung umfasst. Dieser Pro-
zess umfasst die reziproke Beziehung zwischen Innensicht, Außensicht und Selbstdar-
stellung als Vermittler zwischen beiden.
(2) Selbst- und Fremdbilder: Die Innensicht einer Person umfasst reale, normative und
ideale Selbstbilder, die – abhängig vom jeweiligen Kontext – im Arbeitsselbstkonzept
repräsentiert und damit der Person als Selbstwissen zugänglich sind. Neben diesen
Selbstbildern können auch Rollenbilder Gegenstand der Selbstdarstellung sein. Die Au-
ßensicht einer Person umfasst analog zur Innensicht reale, normative und ideale Fremd-
bilder als Vorstellungen und Phantasien anderer Personen darüber, wie die Fokusperson
ist, wie sei sein könnte und wie sie aus Sicht dieser Personen sein sollte.
(3) Komponenten der individuellen Selbstdarstellung: Neben der Auswahl der Selbstbilder,
die nach außen dargestellt werden, hängt die individuelle Art und Weise der Selbstdar-
stellung davon ab, über welche Wahrnehmungs- und Handlungskompetenzen die
selbstdarstellende Person verfügt und welche spezifischen publikums- und/oder
individuumszentrierten Motive bei ihr aktiviert sind. Darüber hinaus spielt es eine zent-
rale Rolle, ob sich die Person in ihrer Selbstdarstellung primär an ein externes oder in-
ternes, reales oder imaginiertes Publikum richtet.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 80

(4) Selbstdarstellung als Teilaspekt von Selbstinterpretation: Eine Ausdifferenzierung der


reziproken Interaktion zwischen „innen“ und „außen“ ergibt zwei Prozesse der Selbstin-
terpretation. Die Vermittlung von Selbstbildern als Prozess von innen nach außen – die
Selbstdarstellung – und die Wahrnehmung des eigenen Verhaltens sowie die Rückmel-
dung von Fremdbildern als Prozess von außen nach innen – die Selbstbewertung.
Selbstdarstellung ist im Rahmen dieser Arbeit damit als ein Teilaspekt von Selbstinter-
pretation einzuordnen, die als umfassendes Konzept die Interaktion von Innen- und Au-
ßensicht einer Person umschreibt.
(5) Internalisierungsprozesse: Personen können Aspekte ihres Selbstkonzepts entsprechend
ihres bereits ausgeführten selbstinterpretativen Verhaltens verändern beziehungsweise
erweitern. Der personale und der soziale Weg der Internalisierung spezifizieren den
Prozess der Selbstbewertung als Teilaspekt der Selbstinterpretation.
(6) Selbstdarstellungsstile als habituelle Formen der Selbstdarstellung: Typische Konfigura-
tionen von Selbstbildern, Motiven und Kompetenzen sowie damit einhergehenden Ver-
haltensmuster werden als Selbstdarstellungsstile bezeichnet. Diese beschreiben habi-
tuelle Formen der Selbstdarstellung oder Selbstdarstellungsmuster, die von einer Person
gewohnheitsmäßig in einer Vielzahl von Situationen eingesetzt werden.
(7) Selbstinterpretationsstile als habituelle Formen der Interaktion von Innen- und Außen-
sicht: Selbstinterpretationsstile umfassen sowohl spezifische Selbstdarstellungsmuster
als auch Muster in der Selbstwahrnehmung und -bewertung beziehungsweise der Inter-
pretation sozialer Rückmeldung.
(8) Selbstinterpretationsstil als Grundlage der Etablierung sozialer Identitäten: Der Selbst-
interpretationsstil als spezifische, situationsübergreifende Art und Weise, sich mit Inter-
aktionspartnern in Beziehung zu setzen und sich selbst in sozialen Interaktionen zu be-
werten, stellt einen zentralen Einflussfaktor auf die Entstehung kontextbezogener Teil-
identitäten dar. Diese werden als soziale Konstruktion aufgefasst, die im Austausch
zwischen den Interaktionsbeteiligten entstehen. Da Prozesse der Selbstinterpretation in
Einzelkomponenten zerlegt und diese zum Gegenstand der Klärung und Modifikation
gemacht werden können, ist eine gezielte Konstruktion individueller Identitäten in be-
stimmten Kontexten (z.B. Führungsidentität als berufliche Identität) möglich.
(9) Formen habitueller Selbstdarstellung: Es lassen sich verschiedene Selbstdarstellungssti-
le beschreiben, die sowohl theoretisch als auch empirisch hergeleitet wurden und Ver-
suche darstellen, interindividuelle charakteristische Ausprägungen des „Wie“ der
Selbstdarstellung zu beschreiben und zu erfassen. Die vier Selbstdarstellungsstile
akquisitive und protektive Selbstüberwachung, Persönlichkeitsdarstellung und Stim-
mungsmanagement (Mood Manipulation) werden im Kontext transformationaler Füh-
rung als besonders relevant erachtet.
1.2 Selbstdarstellung 81

Offene Fragen und Thesen


(1) Empirischer Zusammenhang habitueller Selbstdarstellungsformen und
transformationaler Führung: Auf der Basis theoretisch-konzeptueller Überlegungen in
den Abschnitten 1.2.7.2 bis 1.2.7.5 wurden Thesen zum Zusammenhang zwischen den
aufgezeigten Selbstdarstellungsstilen und transformationaler Führung abgeleitet, die im
Folgenden aufgelistet werden.
 Transformationale Führungspersonen weisen eine Tendenz zur akquisitiven Selbst-
überwachung auf, zeigen hingegen kaum protektive Tendenzen.
 Transformationale Führungspersonen weisen eine Tendenz zur Persönlichkeits-
darstellung auf.
 Transformationale Führungspersonen sind im 4-Cluster-Modell nach Laux und
Renner (2002) als akquisitive Selbstüberwacher einzuordnen.
 Transformationale Führungspersonen weisen eine Tendenz zur Stimmungs-
beeinflussung (Mood-Manipulation) auf.
Es stellt sich die Frage, ob sich diese Zusammenhänge auch empirisch nachweisen las-
sen. Insbesondere ist von Interesse, inwieweit sich die vier Selbstdarstellungscluster
nach Laux und Renner (2002) auch bei Führungspersonen ergeben und ob
transformationale Führungspersonen tatsächlich am ehesten dem Typus des
akquisitiven Selbstüberwachers zuzuordnen sind.
(2) Konzeptueller Zusammenhang von Führungs- und Selbstdarstellungsstilen: Darüber
hinaus wurden Führungs- und Selbstdarstellungsstile als theoretische Konstrukte bisher
getrennt voneinander im Rahmen unterschiedlicher theoretischer Kontexte dargestellt.
Es interessiert daher, welche theoretischen Zusammenhänge zwischen Selbst- und Füh-
rungsstilen bestehen.
(3) Theoretisch-konzeptuelle Nähe von Selbstinterpretation und transformationaler Füh-
rung: Es bestehen konzeptuelle Überschneidungen zwischen interaktionistischen Ansät-
zen zur transformationalen Führung und der aufgezeigten Auffassung von Selbstinter-
pretation als reziproker Beeinflussungsprozess von Person und Interaktionspartnern be-
ziehungsweise Innen- und Außensicht. Es ergibt sich die Frage, wie diese theoretisch-
konzeptuellen Überschneidungen genau aussehen.

Die offenen Fragen legen neben der empirischen Untersuchung der Zusammenhänge auch eine
Ausdifferenzierung der theoretischen Grundlagen zu den Themenbereichen transformationale
Führung und Selbstdarstellung nahe, die die beiden Konstrukte nicht getrennt voneinander, son-
dern in ihrem Zusammenhang beleuchtet: Im folgenden Abschnitt 1.3 werden daher theoreti-
sche Konzepte und empirische Ergebnisse zum Zusammenhang von Selbstdarstel-
lung/Selbstinterpretation und (transformationaler) Führung dargestellt.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 82

1.3 Selbstdarstellung und Führung

Bezieht man die in Abschnitt 1.2.4.3 genannten Bedingungen, die Personen zu einer aktiven
Eindruckslenkung motivieren, auf die Situation von Führungskräften im organisationalen Kon-
text, so wird deutlich, dass diese generell eine hohe Motivation zur aktiven Selbstdarstellung
aufweisen müssten: Das Verhalten in einer Führungsposition ist fast immer öffentlich und die
Führungskraft ist in einer hierarchisch strukturierten Organisation abhängig von den Reaktionen
der Interaktionspartner auf ihre Außenwirkung. So kann z.B. der Eindruck, den Kollegen und
Vorgesetze von der Führungsperson haben, von zentraler Bedeutung für deren weitere berufli-
che Entwicklung sein.
In Abschnitt 1.3.1 werden verwandte Konzepte zur transformationalen Führung nach
Bass (1985) dargestellt, die einen eindeutigen Selbstdarstellungsbezug aufweisen: Abschnitt
1.3.1.1 behandelt das Modell charismatischer Führung nach House (1977) sowie dessen Erwei-
terung durch Shamir, House und Arthur (1993), in Abschnitt 1.3.1.2 werden beide Modelle in
den selbstdarstellungstheoretischen Kontext eingeordnet. Die Abschnitte 1.3.1.3 und 1.3.1.4
enthalten die Darstellung des dramaturgischen Modells charismatischer Beziehung nach Gard-
ner und Avolio (1998) sowie dessen Einordnung in den theoretischen Hintergrund der Selbstin-
terpretation. Abschnitt 1.3.2 beschäftigt sich mit theoretischen Modellen und empirischen Er-
gebnissen zu Selbstdarstellung und Führung im organisationalen Kontext. Insbesondere wird
auf das Rollenkonzept von Führung eingegangen, da diese Führungstheorie zahlreiche Paralle-
len zur Selbstdarstellungstheorie aufweist. Abschnitt 1.3.3 fasst die Funktionen der Selbst-
darstellung im organisationalen Kontext zusammen. Abschließend wird in Abschnitt 1.3.4 ein
Fazit zu Selbstdarstellung und Führung gezogen: Es werden Grundannahmen für diese Arbeit
zusammengefasst und offene Fragestellungen abgeleitet.

1.3.1 Verwandte Konzepte zum transformationalen Führungsmodell nach Bass (1985)


mit Bezug zur Selbstdarstellung

In der Konzeption von Charisma nach Conger und Kanungo (1998) wird Selbstdarstellung als
eine der Schlüsselkompetenzen charismatischer Führung begriffen und deren Bedeutung beson-
ders bei der Vermittlung einer überzeugenden Vision hervorgehoben (siehe 1.1.3.2). Auch
Avolio und Bass (1988) messen der Darstellungskomponente eine Bedeutung bei, da sie die
erfolgreiche Darstellung einer Vision als ebenso bedeutsam wie die Attraktivität des Inhalts der
Vision erachten. Der Selbstdarstellungsbezug der Ansätze des New Leaderships zeigt sich darü-
ber hinaus insbesondere in der Selbstkonzepttheorie charismatischer Führung nach House
(1977; siehe 1.3.1.1) und im dramaturgischen Modell charismatischer Führung nach Gardner
und Avolio (1998; siehe 1.3.1.3).

1.3.1.1 Modelle charismatischer Führung nach House (1977) und Shamir et al. (1993)
Zunächst wird das Modell charismatischer Fühung nach House (1977) dargestellt, das von
Shamir et al. (1993) ausdifferenziert wurde.
1.3 Selbstdarstellung und Führung 83

a) Charismatische Führung nach House (1977)


House (1977) stellt in seinem Modell dar, dass sich Führungspersonen, die charismatische Ef-
fekte bei den Geführten hervorrufen, von anderen Führungspersonen durch eine Kombination
persönlicher Eigenschaften (wie Dominanz, Selbstvertrauen, Bedürfnis nach Einfluss und eine
starke Überzeugung von der moralischen Rechtschaffenheit der eigenen Meinung und Vorstel-
lungen), spezifischer Verhaltensweisen und einem daraus resultierenden vorteilhaften Eindruck
bei den Geführten unterscheiden.

Effekte charismatischer Führung


Daraus ergeben sich Effekte charismatischer Führung, die in erster Linie emotionaler Natur
sind. Dazu gehört z.B. die Identifikation der Geführten mit der Führungsperson, indem sie ihre
Bewertungen, ihr Verhalten und ihre Gefühle an der Führungsperson ausrichten. Darüber hinaus
resultieren ein unbedingter Einsatz für die „Sache“, die die Führungsperson repräsentiert und
eine entsprechende emotionale Eingebundheit in die Aufgabe. House (1977) verwendet den
Begriff charismatische Führung für jede Führungsperson, die solche charismatischen Effekte bei
den Geführten in einem hohen Ausmaß hervorruft.

Verhaltensweisen charismatischer Führung


Um die Effekte bei den Geführten zu erzielen, setzt eine charismatische Führungsperson spezifi-
sche Verhaltensweisen charismatischer Führung ein (vgl. auch House & Shamir, 1993):
(1) Role modeling: Die Führungsperson lebt als Modell beziehungsweise Vorbild ein spezi-
fisches Wertesystem vor, das sie den Geführten vermitteln möchte. Um als Modell
wahrgenommen zu werden, muss die Führungsperson bestimmte Eindrücke von sich
bei den Geführten hervorrufen:
There is substantial evidence that a person is more likely to be modeled to the extent
that that person is perceived as nurturant (i.e., helpful, sympathetic, approving) and as
being successful or possessing competence (House, 1977, p. 195).
(2) Image building: Charismatische Führungspersonen leben Werte und Grundannahmen
nicht nur vor, sondern stellen sich aktiv und bewusst gegenüber den Geführten vorteil-
haft (im Sinne der unter Punkt 1 beschriebenen Attribute) dar.
(3) Goal articulation: Charismatische Führungspersonen bringen ein übergeordnetes Ziel
zum Ausdruck, das durch idiologische und moralische Inhalte gekennzeichnet ist.
(4) Exhibiting High Expectations and Showing Confidence: Führungspersonen, die hohe
Erwartungen an ihre Mitarbeiter stellen und das Vertrauen ausdrücken, dass diese Er-
wartungen auch erfüllt werden können, beeinflussen das Selbstwertgefühl der Geführten
positiv und tragen dazu bei, dass sich die Geführten herausfordernde Ziele setzen. Einen
Führungsstil, der solche Effekte ausnutzt, hat Eden (1991) als „Pygmalion leadership
style“ beschrieben (siehe 1.3.3.3).
(5) Motive Arousal Leader Behavior: Charismatische Führungspersonen rufen durch spezi-
fische Verhaltensweisen Motive bei den Geführten hervor, die für das Erreichen des
übergeordneten Ziels (siehe Punkt 3: Goal articulation) relevant sind.

Unterscheidung charismatischer und transformationaler Führung


Es wird deutlich, in welchem Aspekt sich die „rein“ charismatische von der in Abschnitt 1.1
dargestellten transformationalen Führung unterscheidet (vgl. Geßner, 2010): Während eine
transformationale Führungsperson im Sinnes des „dritten Is“ die Geführten darin bestärkt, ihre
1 Theoretische und empirische Grundlagen 84

Ideen zu hinterfragen und selbstständig neue Sichtweisen zu generieren, akzeptieren die Geführ-
ten in der Konzeption nach House (1977) sowohl die Person des Führenden als auch seine Ziele
und Ansichten bedingungslos. Zudem betonen Avolio und Bass (1988), dass das rein charisma-
tische Führungsverhalten im Gegensatz zur transformationalen Führung in höherem Maße emo-
tional geprägt ist:
The charismatic leader who is transformational will rely more heavily on rational intellec-
tual persuasion to build into the subordinate the ability to do the same. The purely charis-
matic leader will depend more heavily on emotional appeals (Avolio & Bass, 1988, p. 38).

b) Motivationale Aspekte charismatischer Führung nach Shamir et al. (1993)


House betrachtete sein Modell charismatischer Führung von 1977 nicht als abgeschlossen, son-
dern sah es als Basis für eine Weiterentwicklung und empirische Überprüfung an. Eine grund-
legende Ergänzung nehmen Shamir et al. (1993) vor, die eine motivationale Theorie basierend
auf dem Konstrukt des Selbstkonzepts entwickelten. Diese erklärt den Prozess, wie charismati-
sches Führungsverhalten motivationale Effekte bei den Geführten hervorruft.

Annahmen zur motivationalen Bedeutung des Selbstkonzepts


Die folgenden Annahmen, die der Theorie zu Grunde liegen, beziehen sich auf die
motivationale Bedeutung des Selbstkonzepts (vgl. auch Shamir, 1991):
(1) Menschen streben nach Selbst-Konsistenz. Konsistenz bezieht sich auf die Über-
einstimmung zwischen den Komponenten des Selbstkonzepts zu einem bestimmten
Zeitpunkt, auf die Kontinuität des Selbstkonzepts über die Zeit hinweg sowie auf die
Übereinstimmung zwischen Selbstkonzept und eigenem Verhalten.
(2) Menschen können durch Glaube, Vertrauen und Hoffnung motiviert werden. Die Hoff-
nung auf eine bessere Zukunft ist eine intrinsisch befriedigende Bedingung.
(3) Menschen sind motiviert, ihren Selbstwert zu erhalten und zu erhöhen. Kompetenzstan-
dards und kulturelle Normen werden in das Selbstkonzept internalisiert. Die Selbst-
bewertung auf Basis dieser internen Standards ist eine wichtige Quelle intrinischer Mo-
tivation (vgl. auch Bandura, 1986).
(4) Menschen wollen sich zum Ausdruck bringen, sie sind „self-expressive“. Sie haben das
Bedürfnis, eine individuelle Identität aufzubauen und diese zu bestätigen: „We ‚do„
things because of what we ‚are„, because by doing them we establish and affirm an
identity for ourselves“ (Shamir et al., 1993, p. 580). Charismatische Führung spricht
diese selbst-expressiven Anteile an.
(5) Selbstkonzepte setzen sich aus Identitäten zusammen. Es wird davon ausgegangen, dass
eine Person mehrere Identitäten in ihrem Selbstkonzept vereint. Dies entspricht der
Auffassung von Teilidenitäten nach Keupp et al. (1999), die damit eine Verdichtung
und Integration situativer Erfahrungen beschreiben, die sich auf verschiedene Lebens-
bereiche wie Beruf, Familie und Freizeit beziehen (siehe 1.2.5.3). Nach Stryker (1980)
sind Identitäten im Selbstkonzept nach ihrer Bedeutsamkeit für das Individuum hierar-
chisch organisiert. Je bedeutsamer sich eine spezifische Identität für die Person erweist,
desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person eine bestimmte Situation als
Möglichkeit auffasst, sich im Sinne dieser Identität darzustellen.
Diese fünf motivationalen Mechanismen dienen nach der Theorie als „Schaltstellen“ zwischen
dem Einfluss des Verhaltens der Führungsperson auf das Selbstkonzept der Geführten
(Motivationale Mechanismen der Annahmen 1 bis 3) und zwischen dem Selbstkonzept der Ge-
führten und deren Verhaltensweisen (Motivationale Mechanismen der Annahmen 3 bis 5).
1.3 Selbstdarstellung und Führung 85

Prozesse, durch die charismatische Führer das Selbstkonzept der Geführten ansprechen
Wie können nun aber charismatische Führungspersonen auf diese motivationalen Mechanismen
Einfluss nehmen? Shamir et al. (1993) beschreiben fünf Prozesse, durch die charismatische
Führer die Geführten motivieren, indem sie deren Selbstkonzept ansprechen:
(1) Erhöhung der intrinsischen Wertigkeit von Anstrengung und Einsatz:
 Einsatz und Ziele werden mit relevanten Aspekten des Selbstkonzepts in Verbindung ge-
bracht.
 Das Verhalten wird mit den internalisierten Werten und den erwünschten Identitäten in
Verbindung gebracht.
 Teilhabe an der Anstrengung wird als Ausdruck einer kollektiven Identität konstruiert.
(2) Erhöhung der Selbstwirksamkeitserwartung durch eine Erhöhung des Selbstwerts und des
Selbstvertrauens:
 Hohe Erwartungen und hohes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Geführten werden
ausgedrückt.
 Die gemeinsame Wirkungskraft wird betont.
(3) Erhöhung der intrinsischen Wertigkeit der Zielerreichung:
 Es wird eine Vision zum Ausdruck gebracht, indem Ziele in Bezug auf die Werte, die sie
repräsentieren, dargestellt werden.
 Ziele werden mit der Vergangenheit und der Gegenwart verbunden und in den Kontext ei-
ner Mission gestellt.
(4) Vermittlung von Glauben in eine bessere Zukunft:
 Ausdruck von Hoffnung und Optimismus.
 Die Führungsperson verwendet Symbole und regt die Vorstellung und Fantasie der Geführ-
ten an.
 Verhalten und Ziele werden in den Kontext einer idealen Zukunft gestellt.
(5) Erhöhung des persönlichen Einsatzes der Mitarbeiter für die Aufgabe (commitment):
Ein erhöhter Einsatz kann erreicht werden, wenn die Geführtenrolle oder die Beziehung zur
Führungsperson Teil des Selbstkonzepts geworden ist. Dann dienen die Handlungen zur Errei-
chung der Aufgabe, die mit der Führungsperson assoziiert ist, auch dem Ausdruck des eigenen
Selbstkonzepts.

1.3.1.2 Selbstdarstellungstheoretische Interpretation und Einordnung der Modelle

a) Stellenwert der Selbstdarstellung im Modell nach House (1977)


Die fünf Verhaltensweisen charismatischer Führung nach House (1977) entsprechen in den
meisten Aspekten den „vier Is“ nach Bass (1985). In der Konzeption nach House wird aller-
dings noch deutlicher, dass die Selbstdarstellung des Führenden ein entscheidender Faktor bei
der Entstehung einer charismatischen Beziehung ist. So kommt besonders beim „Role mode-
ling“ und „Image building“ zum Ausdruck, dass die Führungsperson bewusst bestimmte Ver-
haltensweisen mit dem Ziel einsetzt, einen vorteilhaften Eindruck bei den Geführten hervorzu-
rufen. Dieser vorteilhafte Eindruck bezieht sich auf bestimmte Fremdbilder wie fürsorglich,
kompetent und erfolgreich, die als grundlegend dafür angesehen werden, dass die Führungsper-
son eine charismatische Wirkung auf die Geführten erzielen kann. Insgesamt wird der Stellen-
wert der Selbstdarstellung im Rahmen charismatischer Führung nach House sowohl in der De-
finition charismatischer Führung über deren Auswirkungen auf die Geführten – die durch die
1 Theoretische und empirische Grundlagen 86

Außenwirkungen der Führungsperson entstehen – als auch in den spezifischen Verhaltenswei-


sen charismatischer Führungspersonen deutlich.

b) Selbstdarstellungstheoretische Einordnung des Modells nach Shamir et al. (1993)


Die in der Erweiterung der Theorie durch Shamir et al. (1993) aufgezeigten motivationalen Pro-
zesse, die auf dem Selbstkonzept der Geführten basieren, lassen sich eindeutig in einen selbst-
darstellungstheoretischen Rahmen einordnen. Die im vorherigen Abschnitt beschriebenen An-
nahmen 1, 3 und 4 zu den motivationalen Prozessen, wurden in Abschnitt 1.2.4.4 als
individuumszentrierte Motive Selbstkongruenz und -konsistenz, Selbstwerterhöhung, Selbstbe-
stätigung und Selbstidentifikation beschrieben, die als eine von mehreren Komponenten der
Selbstinterpretation sowohl die Art und Weise der Selbstdarstellung (als Prozess von innen nach
außen, siehe Abbildung 1.2.1) als auch die Art und Weise der Selbstbewertung (als Prozess von
außen nach innen; siehe Abbildung 1.2.1) beeinflussen. Darüber hinaus wurde in Abschnitt
1.2.5.3 der Zusammenhang von Selbstdarstellungsmustern, Selbstinterpretationsstil und der
Etablierung individueller sozial konstruierter Teilidentitäten aufgezeigt. Die Annahme (5) nach
Shamir et al. (1993) beschreibt den Einfluss des Selbstkonzepts auf das Selbstdarstellungsver-
halten, insbesondere auf den Prozess der Auswahl bestimmter Teilidentitäten für die Darstel-
lung. Selbstinterpretation, wie sie in Abschnitt 1.2.5 beschrieben wurde, umfasst darüber hinaus
den Einfluss des Verhaltens und der Reaktionen anderer Personen auf das Selbstkonzept, also
den umgekehrten Weg. Entsprechend kann zusammengefasst werden, dass Shamir et al. die
motivationalen Prozesse beschreiben, durch die charismatische Führungspersonen Effekte bei
den Geführten hervorrufen. Diese motivationalen Prozesse sind als Komponenten und Prozesse
im Rahmen der Selbstdarstellungstheorie aufzufassen. Da charismatische Führung nach House
(1977) über diese Effekte definiert wird, kann geschlussfolgert werden, dass sich charismatische
Führung durch Selbstdarstellungskomponenten und -prozesse beschreiben lässt.
Der konzeptuelle Rahmen der Selbstinterpretation geht allerdings darüber noch hinaus:
Durch Internalisierungsprozesse (siehe 1.2.5.2 und 1.2.6) kann ebenfalls nachvollzogen werden,
wie eine Person das Selbstkonzept einer charismatischen Führungsperson entwickelt und sich
selbst diese Teilidentität zuschreibt. Dieser Aspekt wird im Modell nach Gardner und Avolio
(1998), das im folgenden Abschnitt beschrieben wird, unter dem Begriff „leader identification“
aufgegriffen.

1.3.1.3 Dramaturgisches Modell charismatischer Führung nach Gardner und Avolio


(1998)
In ihrem dramaturgischen Modell charismatischer Beziehungen vertreten Gardner und Avolio
(1998) eine interaktionistische Perspektive, indem sie eine Wechselwirkung zwischen den situa-
tiven Bedingungen, dem Führenden, den Geführten und deren Verhalten postulieren. Das Mo-
dell beschreibt den Aufbau und die Etablierung einer charismatischen Identität durch Prozesse,
die auf Selbstdarstellungsverhalten beruhen. Die Autoren weisen darauf hin, dass das Phänomen
des „image building“ zwar eine zentrale Rolle in den Theorien zur charismatischen Führung
spielt, dass aber die konkreten Strategien, die eingesetzt werden, um Charisma aufzubauen, bis
dato wenig untersucht wurden. Mit ihrem Modell möchten sie zwei zentrale Fragestellungen
beantworten:
 Wie setzen Führungspersonen Impression Management Strategien ein, um das Image einer
charismatischen Führungsperson aufzubauen?
 Welche Rolle kommt den Geführten beim Aufbau eines charismatischen Images der Füh-
rungsperson und beim Aufbau einer charismatischen Beziehung zu?
1.3 Selbstdarstellung und Führung 87

a) Grundlagen des Modells


Gardner und Avolio (1998) stützen sich in der Tradition nach Schlenker (1980; 1985) sowie
Goffman (1959) auf eine breite Auffassung von Impression Management als grundlegendes
Element sozialen Verhaltens. Der Aspekt der Dramaturgie bezieht sich im Modell darauf, wie
sich Personen anderen gegenüber und in Verbindung mit anderen zum Ausdruck bringen, um
Bedeutung zu kreieren und Einfluss zu gewinnen. Bereits Bass (1985, 1988) wies darauf hin,
dass charismatische Führungspersonen außerordentlich expressive Personen sind, Gardner und
Avolio (1998) formulieren pointiert „These leaders are the epitome of drama“ (p. 33).
Eine zentrale Basis des Modells stellen weiterhin die Arbeiten von Schlenker (1985;
1986) zu Identifikationsprozessen (siehe 1.2.4.4 und 1.2.5.3) dar. Gardner und Avolio betrach-
ten die gemeinsamen und zusammenhängenden Identifikationsprozesse von Führungsperson
und Geführten und beschreiben diese entsprechend als „leader identification“ und „follower
identification“ (Gardner & Avolio, 1998, p. 33). Ergebnis dieser Prozesse ist die Entwicklung
einer situativen Identität als Operationalisierung der Identität einer Person zu einem bestimmen
Zeitpunkt (vgl. Gardner & Avolio, 1998). Im Rahmen dieser Arbeit interessiert in erster Linie
der Prozess der leader identification als Prozess, durch den nach Gardner und Avolio (1998) ein
Individuum gemeinsam mit einem Publikum eine Identität als Führungsperson konstruiert.
Abbildung 1.3.1 visualisiert in Anlehnung an Gardner und Avolio (1998) in vereinfach-
ter Form die zentralen Komponenten der charismatischen Beziehung und deren Interaktionen.
Diese werden im Anschluss an die Abbildung beschrieben.

Environment Follower /
audience x
Follower /
audience 2
Follower /
Leader / Actor Leader Impression Management
audience 1
Self-system Framing Staging
• Leader identity Scripting Performing
• High self-esteem Casting Exemplification
• High self-monitoring Dialogue Promotion
Motives and values Direction Facework
• High need for power
• Activity inhibition
Charismatic Relationsship
Idealized vision
• Situated identities
Desired identity images • Collective identitites & efficacy beliefs
• Trustworthy & credible • Shared vision and values
• Morally worthy • Team performances
• Innovative • Elevated effort towards challenging
• Esteemed & powerful goals

Positive organizational outcomes

Abbildung 1.3.1: Das dramaturgische Modell charismatischer Beziehungen (Abbildung modifiziert nach
Gardner & Avolio, 1998)
1 Theoretische und empirische Grundlagen 88

b) Komponenten des Modells

Kontextbedingungen
Die Kontextbedingungen dienen als „setting“ oder im dramaturgischen Sinne als Bühne für die
Führungsperson und die Geführten, die innerhalb dieses Rahmens in eine charismatische Bezie-
hung treten.

Führungsperson
Die Führungsperson als zentraler Akteur auf dieser Bühne weist in höherer oder geringerer
Ausprägung bestimmte Merkmale auf, die die Entwicklung einer charismatischen Führung be-
günstigen.
Nach Gardner und Avolio (1998) sind zunächst drei Aspekte des Selbstsystems relevant:
Die basale Identität, ein hohes Selbstvertrauen und die Tendenz zur starken Selbstüberwachung.
Die Konstruktion situativer Identitäten hängt in hohem Ausmaß von der basalen Identität ab, die
quasi eine langfristige Aggregation der Kernaspekte der situativen Identitäten darstellt (zur Un-
terscheidung von Identität und situativer Identität siehe Schlenker, 1985). Gardner und Avolio
ziehen hier eine Parallele zum Arbeitsselbstkonzept nach Markus und Wurf (1987). Das Ver-
hältnis von Selbstrepräsentationen im Selbstkonzept zum Arbeitsselbstkonzept (siehe 1.2.2.1)
gleiche dem Verhältnis von der basalen, gewachsenen Identität zur situativen Identität. Füh-
rungspersonen sind Individuen, für die die Führungsidentität beziehungsweise das Selbstbild als
Führungskraft einen zentralen und wichtigen Aspekt im Selbstkonzept als Theorie über sich
selbst darstellt (vgl. Gardner & Avolio, 1998). Darüber hinaus zeichnen sich charismatische
Führungspersonen durch ein positives Selbstwertgefühl aus und verfügen über eine ausgeprägte
Tendenz zur Selbstüberwachung (High Self-monitoring, siehe 1.2.7.1).
Charismatische Führungspersonen weisen darüber hinaus ein starkes Machtmotiv und
die Tendenz zur „activity inhibition“ (vgl. McClelland, 1985) – als Ausmaß, in dem ein Indivi-
duum die ihm zur Verfügung stehende Macht einsetzt, um institutionelle oder soziale Ziele an
Stelle von persönlichen Ziele zu erreichen – auf. Sie sind persönlichen Werten verpflichtet und
entwerfen eine idealisierte Vision sowohl nach den eigenen Werten, als auch in Abhängigkeit
der Werte, Bedürfnisse und Wünsche der Geführten.
Welche Selbstbilder erwünscht sind (vgl. Schlenker & Pontari, 2000) und daher auch
angestrebt beziehungsweise dargestellt werden, hängt bei einer charismatischen Führungsperson
u.a. davon ab, welche spezifischen Attribute von den Geführten als wertvoll und bedeutsam
erachtet werden. Als besonders relevant für charismatische Führung im Allgemeinen betrachten
Gardner und Avolio (1998) die erwünschten Selbstbilder „vertrauens- und glaubwürdig“, „mo-
ralisch und vorbildlich“, „innovativ“ sowie „angesehen und einflussreich“. Um ein charismati-
sches Image aufzubauen ist es für die Führungskraft unerlässlich, diese erwünschten Selbst-
bilder so zu vermitteln, dass die Geführten entsprechende Fremdbilder der Führungsperson auf-
bauen und beibehalten.

Selbstdarstellungsverhalten
Wie werden diese erwünschten Selbstbilder nun vermittelt? Diese Frage bezieht sich auf das
Selbstdarstellungsverhalten (Impression Management), das von charismatischen Führungsper-
sonen eingesetzt wird. Diese Verhaltensweisen werden – in der konsequenten Nutzung des dra-
maturgischen Theorierahmens – von Gardner und Avolio (1998) nach vier Phasen eingeteilt.
1.3 Selbstdarstellung und Führung 89

(1) Framing: Die Führungsperson definiert zunächst den grundlegenden Rahmen, in dem
Informationen präsentiert und interpretiert werden. Durch die Vision als Rahmen der In-
teraktion und Kommunikation wird sowohl Bedeutung geschaffen als auch eine soziale
Realität konstruiert, die den (Nähr-) Boden für die weiteren Verhaltensweisen der Füh-
rungsperson darstellt.
(2) Scripting: Passend zur Theatermetapher gestaltet ein Führender die Interaktion mit den
Geführten nach einem „Skript“ als Orientierungsleitlinie für die Gestaltung von Interak-
tionen, die Hinweise auf adäuqate Verhaltensweisen geben. Geßner (2010) umschreibt
diese Phase als Orientierung der Führungsperson an einem Drehbuch: Die Führungkraft
sucht sich bestimmte Geführte als Verbündete zur besseren Umsetzung ihrer Vision aus
(Casting), wählt passende rhetorische Mittel, z.B. Metaphern, um ihre Ziele zu veran-
schaulichen (Dialogue), und gibt sich und anderen Anweisungen für die nonverbale und
verbale Selbstdarstellung (Direction).
(3) Staging: Die tatsächliche „Aufführung“ erfolgt bei der charismatischen Führung unter
Einsatz von Symbolen (die die Vision als Grundlage des Drehbuchs repräsentieren),
durch Verwendung ausgewählter Requisiten sowie passender Schauplätze. Gardner und
Avolio (1998) beschreiben die Umsetzung des Skripts „auf der Bühne“ als einen Akt
des „orchestrierens“ von Selbstpräsentationen (p. 44).
(4) Performing: Performing bezieht sich auf die konkrete Umsetzung der Verhaltens- und
Interaktionsskripts in spezifischen Selbstdarstellungsformen. In Abschnitt 1.2.1.1 wur-
den Selbstdarstellungsstrategien und -taktiken eingeführt, die als Verhaltensweisen mit
kurz- oder langfristigen Zielen entweder assertiv oder defensiv umgesetzt werden kön-
nen. Gardner und Avolio beschreiben die zwei assertiven Formen der Selbstdarstellung
Exemplification (Vorbildhaftes Verhalten zeigen; vgl. Jones & Pittmann, 1982) und
Promotion (Eigenwerbung betreiben; vgl. Jones & Pittman, 1982) sowie die protektive
Form Facework (Image-Pflege) als Selbstdarstellungsstrategien, die von charismati-
schen Führungspersonen in besonderem Maße eingesetzt werden. Exemplification soll
dabei am engsten mit charismatischer Führung verbunden sein:
Because integrity and moral worthiness represent nearly universal ideals, exem-
plifiers, including charismatic leaders, typically portray themselves as excep-
tionally trustworthy and morally responsible individuals. They may also stress
their similarity to followers with regard to their background and experiences in
order to establish themselves as trusted representatives of their followers‟
interests (Gardner & Avolio, 1998, p. 44).
Über diese vorbildhafte Selbstdarstellung hinaus macht eine charismatische Führungs-
person zum einen Werbung für sich selbst und ihre Fähigkeiten (Self-promotion), zum
anderen bemüht sie sich um eine überzeugende Vermittlung der Inhalte ihrer Visionen
(Vision-promotion), die von den Geführten als innovativ und attraktiv angenommen
werden sollen. Um ein charismatisches Image, die Vision und das Image der Organisa-
tion zu schützen beziehungsweise wiederherzustellen, setzt eine charismatische Füh-
rungsperson darüber hinaus protektive Selbstdarstellungsformen ein: So kann die Füh-
rungsperson z.B. ihre Unschuld beteuern, sich entschuldigen, bestimmte Maßnahmen
rechtfertigen, self-handicapping (siehe 1.2.4.4) betreiben oder sich um Wiedergut-
machung bemühen.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 90

Die Geführten
Die Geführten als Publikum beziehungsweise Interaktionspartner der Führungsperson im ge-
meinsamen Bühnenstück, entwickeln durch den Einfluss der Selbstdarstellung des Führenden
zusätzlich zum eigenen Selbstkonzept die Identität von Geführten: „In the follower identificati-
on process, followers come to identify with, attribute charisma to, and experience positive affect
for their leader“ (Gardner & Avolio, 1998, p. 47).

Charismatische Beziehung
Hat sich zwischen den Akteuren eine charismatische Beziehung entwickelt, so wirkt sich diese
sowohl auf die Führungsperson als auch auf die Geführten aus. Durch die beschriebenen Pro-
zesse werden bei den Geführten und der führenden Person situative Identitäten konstruiert. Die
Geführten sehen bestimmte Akteure als charismatische Führende und sich selbst als einen Teil
eines größeren Kollektivs, das sich dazu entschieden hat, dieser Führungsperson zu folgen. Je
intensiver die Identifikation mit der Führungsperson wird und je stärker deren Vision und Werte
internalisiert werden, desto mehr entwickelt sich eine kollektive Identität und ein auf das Kol-
lektiv bezogene Gefühl von Selbstwirksamkeit. In der Konsequenz werden die Leistungen des
Teams und deren Einsatz für das Erreichen herausfordernder Ziele gesteigert.

Effekte für die Organisation


Der charismatischen Beziehung werden auch im Ansatz von Gardner und Avolio (1998) günsti-
ge Effekte für die Organisation zugesprochen, wie z.B. eine hohe Wertekongruenz, ein hoher
internen Zusammenhalt oder ein großes Leistungspotenzial der Mitarbeiter der Organisation.

c) Zusammenfassung
Insgesamt stellen Gardner und Avolio mit ihrem Modell einen Rahmen zur Verfügung, der es
erlaubt, Merkmale, Verhaltensweisen und Prozesse zu beschreiben und zu untersuchen, die dazu
beitragen, dass sich Charisma als interaktionelles Phänomen entfalten kann. Die Autoren möch-
ten mit ihrem Modell empirische Forschungsarbeiten anregen, in denen beispielsweise unter-
sucht wird, welche Selbstdarstellungsformen von charismatischen Führungspersonen eingesetzt
werden, um die erwünschten Selbstbilder zu vermitteln. Darüber hinaus sehen sie auch prakti-
sche Relevanz in ihrem Modell. So ergeben sich Anhaltspunkte für die Förderung charismati-
scher Führung. Dabei können insbesondere Selbstdarstellungskompetenzen berücksichtigt und
Führungspersonen diesbezüglich gecoacht werden.

1.3.1.4 Einordnung des dramaturgischen Modells in das dynamische Interaktionsmodell


der Selbstinterpretation
Im Folgenden werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem dramaturgischen Mo-
dell nach Gardner und Avolio und dem dynamischen Interaktionsmodell zur Selbstinterpretation
(siehe 1.2.6) dargestellt.

a) Überblick
Insgesamt sind beide Modelle als interaktionistische Modelle einzuordnen und stellen das
Selbstdarstellungsverhalten der Person in den Mittelpunkt des reziproken Austausches zwischen
einem Akteur (Führender) und seinen Interaktionspartnern (Geführte). Darüber hinaus gehen
beide Modelle davon aus, dass im Rahmen der Interaktion Identifikationsprozesse stattfinden,
die eine Veränderung in der Selbstsicht des Akteurs bewirken. Gardner und Avolio postulieren
1.3 Selbstdarstellung und Führung 91

darüber hinaus, dass diese Interaktion auch Einfluss auf das Selbstkonzept der Geführten
nimmt. In der wiederholten Interaktion entwickeln sich situative Identitäten. Das dynamische
Interaktionsmodell der Selbstinterpretation konzentriert sich dabei auf die soziale Konstruktion
von Teilidentitäten auf der Seite des Selbstdarstellers. Gardner und Avolio beziehen sich auf
beide Seiten und beschreiben, wie sich auf der Seite der Interaktionspartner situative Identitäten
als Geführten etablieren, auf der Seite des Akteurs eine situative Identität als charismatischer
Führer.

b) Komponenten der Modelle

Rahmenbedingungen
Die Rahmenbedingungen stellen in beiden Modellen einen Bedingungsfaktor dafür da, wie die
Interaktionsprozesse ablaufen und aufgefasst werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird jedoch der
Kontext der dynamischen Interaktion beziehungsweise der charismatischen Beziehung nicht
genauer beleuchtet.

Führungsperson als Akteur


Es werden Merkmale der Führungsperson beziehungsweise des Akteurs beschrieben, die Ein-
fluss auf die Interaktion nehmen. Gardner und Avolio beschreiben die basale Identität als ent-
scheidenden Einflussfaktor auf die Entwicklung situativer Identitäten. Im dynamischen Inter-
aktionsmodell werden stabile Kernaspekte des Selbstkonzepts von situationsabhängigen Selbst-
bildern unterschieden. Solche überdauernden Aspekte der Selbstsicht nehmen als habituelle
Personmerkmale Einfluss auf beide Prozesse der Selbstinterpretation (Selbstdarstellung und
Selbstbewertung). Charismatisch Führende sind nach Bass und Avolio als starke Selbstüberwa-
cher einzuordnen. Da sich das dynamische Interaktionsmodell als übergreifendes Modell zur
Beschreibung der reziproken Interaktion der Innen- und Außensicht versteht, werden hier keine
Aussagen über die Ausprägung spezifischer Selbstdarstellungsformen getroffen, sondern nur
festgestellt, dass sich Personen in Bezug auf individuelle Selbstdarstellungsmuster unterschei-
den. Entsprechend werden auch individuums- und publikumszentrierte Motive sowie ideale und
normative Selbstbilder im dynamischen Interaktionsmodell ausschließlich als Komponenten der
Selbstinterpretation beschrieben, aber keine Aussage über deren Inhalte oder Ausprägung – wie
dies im Modell charismatischer Führung zu Motiven und erwünschten Selbstbildern erfolgt –
getroffen.

Selbstdarstellungsverhalten
Gardner und Avolio (1998) teilen das konkrete Selbstdarstellungsverhalten in die vier Phasen
Framing, Scripting, Staging und Performing ein. Selbstdarstellung im konzeptuellen Rahmen
der Selbstinterpretation wurde in Abschnitt 1.2.1.2 als produktiver Gestaltungsvorgang bei der
Auswahl, der Wiedergabe und der Auslegung von Selbstbildern beschrieben. Die Auswahl der
Selbstbilder und des entsprechenden Verhaltens kann in die Phase des Scriptings eingeordnet
werden, die Wiedergabe entspricht dem Staging und die Auslegung der Selbstbilder dem
Performing. Gardner und Avolio beschreiben mit diesen vier Phasen eine bewusste, absichtsvol-
le und geplante Form der Selbstdarstellung. Selbstdarstellung im Rahmen des
Selbstintpretationsmodells kann hingegen auch unbewusst und automatisiert stattfinden.

Geführte als Interaktionspartner


Die Geführten beziehungsweise Interaktionspartner werden im dynamischen Interaktionsmodell
in erster Linie als externes Publikum aufgefasst. Auf Basis der jeweils individuellen
1 Theoretische und empirische Grundlagen 92

Personmerkmale der Individuen dieses Publikums und spezifischer Prozesse der Fremdbildent-
stehung entwickeln die Interaktionspartner Fremdbilder des Akteurs. Die Interaktionspartner
werden damit als Rezipienten dargestellter Selbstbilder und aktive Konstrukteure von Fremd-
bildern aufgefasst. Bei Gardner und Avolio wird darüber hinaus das Selbstkonzept der Geführ-
ten und dessen Veränderung durch die charismatische Beziehung betrachtet.

Identifikationsprozesse im Rahmen der Interaktion


Im Rahmen der Interaktion von Führendem und Geführten entsteht nach Gardner und Avolio
eine charismatische Beziehung, innerhalb derer auf beiden Seiten Identifikationsprozesse ablau-
fen. Es entstehen situative Identitäten. Das dynamische Interaktionsmodell der Selbstinterpreta-
tion beschreibt ebenfalls Identifikationsprozesse des Akteurs. Im Laufe wiederholt stattfinden-
der Selbstdarstellung- und Selbstbewertungsprozesse konstruieren der Akteur und die Interakti-
onspartner gemeinsam eine auf den jeweiligen Kontext bezogene, individuelle Identität des
Akteurs. So entstehen Teilidentitäten im Austauschprozess von Führungsperson und Geführten,
wie z.B. die der transformationalen oder charismatischen Führungsidentität.

c) Praktische Relevanz der Modelle


Gardner und Avolio schreiben ihrem Modell praktische Relevanz zu, da sich daraus konkrete
Ansatzpunkte für die Förderung charismatischer Führung ableiten ließen. Der Aspekt der prak-
tischen Nützlichkeit wird für das dynamische Interaktionsmodell von Riedelbauch und Laux
(2011) systematisch aufgezeigt. Sie leiten aus den Komponenten und Prozessen der Selbstinter-
pretation, die im dynamischen Interaktionsmodell zusammengefasst werden, sukzessive konkre-
te Ansatzpunkte zur Förderung eines stimmigen Führungsverhaltens ab, das sich sowohl an den
Charakteristika der Führungsperson, als auch an den situativen Anforderungen und den Merk-
malen der Interaktionspartner orientiert. Im acht Schritte umfassenden Prozessmodell des Per-
sönlichkeitscoachings wird aufgezeigt, wie im Einzelcoaching die Komponenten und Prozesse
der Selbstinterpretation systematisch geklärt und/oder modifiziert werden können, um in be-
wusster Form eine individuelle Führungsidentität zu etablieren (siehe 1.5.3).

1.3.2 Führung und Selbstdarstellung im organisationalen Kontext

Seit den 1980er Jahren entstanden zahlreiche Veröffentlichungen, die sich mit dem Stellenwert
von Konstrukten und empirischen Forschungen der Impression Management Theorie im Rah-
men organisationalen Verhaltens auseinandersetzen (vgl. z.B. Bozeman & Kacmar, 1997;
Gardner & Martinko, 1988; Giacalone & Rosenfeld, 1989; 1991; Ginzel, Kramer & Sutton,
1993; Rosenfeld, Giacalone & Riordan, 2002; Tedeschi & Melburg, 1984). Im Folgenden wer-
den ausgewählte Modelle zur Selbstdarstellung im organisationalen Kontext dargestellt (siehe
1.3.2.1) sowie empirische Ergebnisse zum Zusammenhang von Impression Management Strate-
gien mit Führung aufgezeigt (siehe 1.3.2.2). In Abschnitt 1.3.2.3 wird das Rollenkonzept von
Führung dargestellt, da diese Führungstheorie zahlreiche Parallen zu einer selbstdarstellungs-
theoretischen Auffassung von Führung ausweist.
1.3 Selbstdarstellung und Führung 93

1.3.2.1 Modelle der Selbstdarstellung im organisationalen Kontext

a) Rahmenmodell zu Impression Management in Organisationen


Gardner und Martinko entwickelten 1988 auf der Basis der bis dato veröffentlichten Beiträge
zum Thema ein Rahmenmodell zu Impression Management-Prozessen in Organisationen. Als
Schlüsselvariabeln identifizieren sie selbstdarstellungrelevante Stimuli, den Selbstdarsteller, der
die Situation definiert, das eigentliche Selbstdarstellungsverhalten sowie das Publikum, das
aktiv auf die Situation und das Selbstdarstellungsverhalten Einfluss nimmt und dieses interpre-
tiert. Damit beschreibt das Modell die basalen Komponenten eines dynamischen Interaktions-
prozesses, wie sie auch von Gardner und Avolio (1998) für die Entstehung einer charismati-
schen Beziehung ausdifferenziert werden.

b) Praktikermodell für den Impression Management-Prozess in Organisationen


Martinko (1991) schlägt ein Modell für Praktiker vor, das beschreibt, wie Impression Manage-
ment im organisationalen Arbeitskontext angewendet werden kann. Dabei geht es ihm darum,
ein Modell zur Verfügung zu stellen, das einen Orientierungsrahmen für den Prozess der Aus-
wahl und Implementierung bestimmter Impression-Management-Strategien in alltäglichen Ar-
beitssituationen bereitstellt. Martinko bezieht das Modell ausdrücklich auf intentionale Formen
der Eindruckslenkung, wobei es um die strategische Beeinflussung eines externen Publikums
geht, um individuelle Ziele zu erreichen. Das Modell eignet sich aber auch, um in der Form
eines praktischen Leitfadens die Komponenten einer breit verstandenen Selbstdarstellung im
Sinne der Selbstinterpretation zusammenzufassen. Der „Practioners‟s Guide to the Impression
Management Process“ umfasst sechs Schritte, die im Folgenden in der Darstellung nach
Martinko (1991) umrissen und durch Aspekte der Selbstinterpretation ergänzt werden:

Schritt 1: Einschätzung der Ausgangssituation für die Selbstdarstellung


Die Ausgangssituation wird bestimmt durch die Innensicht und habituelle Merkmale der Füh-
rungskraft, durch die organisationalen Bedingungen und durch das jeweilige Publikum.
Martinko (1991) schlägt daher als ersten Schritt vor: „Assess the impression management situa-
tion“ (p. 260). Dabei soll die Person folgende Komponenten berücksichtigen:
 Selbstbild und Charakteristika des Individuums: Ausgehend vom Selbstkonzept wird die
Fokusperson unterschiedliche Identitäten anstreben, die entweder ihr Selbstkonzept bestäti-
gen oder aber – durch eine Orientierung am Idealselbst – das Selbstkonzept weiterent-
wickeln. Weiterhin beeinflussen habituelle Merkmale der Führungsperson wie der Selbst-
wert die zur Verfügung stehenden Selbstdarstellungskompetenzen und habituelle Selbst-
darstellungsstile (z.B. Self-monitoring) die Art und das Ergebnis der Selbstdarstellung.
 Organisationale Bedingungen: Die Unternehmenskultur, das Setting und das Aufgaben-
gebiet der Organisation bestimmen, welche Werte und Erwartungen in einer Organisation
an die Organisationsmitglieder herangetragen werden und haben somit starken Einfluss da-
rauf, welche Form der Selbstdarstellung als adäquat wahrgenommen wird.
 Publikum: Je nachdem, aus welchen Personen sich ein externes Publikum zusammensetzt,
in welcher Beziehung diese zum Darsteller stehen, welche Position und welchen Einfluss
diese Personen haben und wie bekannt der Darsteller mit dem Publikum ist, wird die Selbst-
interpretation unterschiedlich ausfallen. Dabei kann, abhängig vom Publikum, eine täu-
schende oder eine authentische Darstellung des Selbst im Vordergrund stehen. Die Selbst-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 94

interpretation wird aber nicht nur durch das externe Publikum bestimmt, sondern auch
durch das innere Publikum. Dabei ist für die Richtung der Selbstinterpretation ausschlag-
gebend, ob sich die Person an ihren faktischen Selbstbildern oder an ihren angestrebten, po-
tenziellen Selbstbildern (Idealselbst) orientiert.

Schritt 2: Identifikation von Ziel und Funktion der Selbstinterpretation


Martinko (1991) gibt für den zweiten Schritt den Hinweis „Identify and prioritize impression
management goals“ (p. 266). Bei der Identifikation von Zielen und Funktion der Selbstinterpre-
tation spielt die Motivationslage des Darstellers eine entscheidende Rolle. Stehen
individuumszentrierte Motive im Vordergrund, so kann das Ziel eine am Idealbild orientierte
Selbstkonstruktion sein, oder die Festigung von Identität im Sinne einer Selbstidentifikation. Ist
die Person eher dazu motiviert, sich am Publikum zu orientieren, kann es ihr Ziel sein, Einfluss
auf die Reaktionen der Interaktionspartner zu erlangen, indem sie versucht, den Eindruck auf
Andere zu kontrollieren. Welche Bilder der eigenen Person kreiert werden, hängt davon ab, wer
die Person ist und wer sie kontextabhängig sein sollte und möchte. In seiner praktischen Hand-
lungsanleitung schlägt Martinko (1991) vor, dass das Ergebnis des zweiten Schritts in einer
schriftlichen Zusammenstellung der konkreten, erwünschten Eindrücke bestehen sollte, die die
Person erreichen möchte.

Schritt 3: Auswahl geeigneter selbstdarstellerischer Verhaltensweisen


Martinko (1991) empfiehlt als dritten Schritt: „Select appropriate impression management
tactics“ (p. 267). Bei diesem Schritt geht es darum, eine erwünschte Identität zu kreieren, die
das Gleichgewicht hält zwischen dem, was eine Person zu sein wünscht und dem, was sie sein
kann. Hierzu kann die Person bestimmte Selbstdarstellungstaktiken und –strategien intentional
einsetzen, um das Selbst entweder möglichst authentisch zum Ausdruck zu bringen oder um ein
Publikum hinsichtlich bestimmter Charakteristika zu täuschen. Die Auswahl von selbstdarstelle-
rischen Verhaltensweisen wird sich dabei stets an den Selbstdarstellungsressourcen der Person,
den Wahrnehmungs- und Handlungskompetenzen, sowie den habituellen Selbstdarstellungssti-
len orientieren. Am Ende des zweiten Schritts sollte nach Martinko ein schriftlicher Plan vorlie-
gen, welche spezifischen Selbstdarstellungstaktiken die Person einsetzen möchte, um die er-
wünschten Eindrücke zu erzielen. Dieser Plan sollte ebenfalls Hinweisreize für zentrale Selbst-
darstellungen konkretisieren sowie Zeiten für die Übung bestimmter selbstdarstellerischer Ver-
haltensweisen vorsehen.

Schritt 4: Einsatz spezifischen Selbstdarstellungsverhaltens


Schritt 4 umfasst das aktive Selbstdarstellungsverhalten.

Schritt 5: Einschätzung der Reaktionen des Publikums


Nachdem die Person bestimmte Selbstdarstellungstaktiken eingesetzt hat, empfiehlt Martinko
(1991) in einem fünften Schritt: „Assess audience reactions and personal outcomes“ (p. 269).
Die Person sollte aktiv überprüfen, ob die Auswirkungen ihrer Selbstdarstellung den gesteckten
Zielen entsprechen. Erwünschte Reaktionen können zum einen arbeitsbezogene Verhaltenswei-
sen des Publikums in Richtung Leistungssteigerung, Kooperations- oder Kommunikationsbe-
reitschaft sein, zum anderen erwünschte Rückmeldungen des Publikums darüber, wie sie die
Person wahrnehmen. Ob die Reaktion des inneren Publikums der ursprünglichen Zielsetzung
entspricht, kann die Person daran feststellen, wie sich die Selbstinterpretation auf den Selbst-
wert, auf die Sicherheit bezüglich der eigenen Identität, auf eine Verringerung der Diskrepanz
1.3 Selbstdarstellung und Führung 95

zwischen Ideal- und Realselbst und auf ihre Bereitschaft auswirkt, dargestellte Verhaltens-
weisen in das Selbstkonzept zu integrieren. Als Ergebnis des fünften Schritts bietet sich nach
Martinko eine schriftliche Bewertung der Reaktionen des Publikums und der Effekte, die aus
diesen Reaktionen für die Person entstehen, an.

Schritt 6: Beibehaltung oder Modifikation der Selbstdarstellungsziele und -taktiken


Martinko (1991) baut sein gesamtes Praktikermodell nach den Schritten eines klassischen
Problemlöseprozesses auf. Entsprechend sieht er als letzten Schritt die Anpassung oder Beibe-
haltung erfolgreicher beziehungsweise weniger erfolgreicher Verhaltensweisen und die kontinu-
ierliche Überprüfung und Neuformulierung von Selbstdarstellungszielen vor.

c) Kybernetisches Modell zu Impression Management in Organisationen


Auch Bozeman und Kacmar (1997) entwickeln ein Modell zu Impression Management-
Prozessen in Organisationen, das sie als „kybernetisches Modell“ bezeichnen. Im Mittelpunkt
des Modells steht die individuelle Vorstellung des Akteurs von seiner erwünschten sozialen
Identität. Selbstdarstellungsmotivation ist primär eine Funktion wahrgenommener Diskrepanzen
zwischen der Rückmeldung durch die Interaktionspartner über die bestehende soziale Identität
und der vom Akteur erwünschten Identität. Die zentrale Annahme des Modells lautet entspre-
chend
… that the actor is able to derive his or her current social identity (via target feedback) for
comparison to his or her desired identity (i.e., goal state) in order to sense any discrepancies
that might exist between the two entities and respond accordingly (Bozeman & Kacmar,
1997, p. 13).
Je nach wahrgenommener Diskrepanz wird der Akteur eine von vier Funktionen des Impression
Managements anstreben (siehe Abbildung 1.3.2):

Negative Discrepancy Positive


Discrepancy Magnitude Discrepancy
(-) (+)

Desired
Social Identity

Identity Identity Identity


Protection Maintenance Adjustment

Identity
Enhancement
Abbildung 1.3.2.: Identitätsdiskrepanzen und damit zusammenhängende Funktionen von Selbstdarstel-
lung (Abbildung nach Bozeman & Kacmar, 1997)

Identity Enhancement und Identity Protection


Eine negative Diskrepanz zwischen der aktuellen und der erwünschten sozialen Identität weist
darauf hin, dass der Akteur beim Publikum nicht die erwünschten Eindrücke beziehungsweise
Fremdbilder erzielen konnte. Aktivitäten zum Aufbau der Identität beziehen sich darauf, Mög-
lichkeiten wahrzunehmen, in denen das eigene Image in den Augen des jeweiligen Zielpubli-
kums verändert werden kann. Eine „Verbesserung“ der aktuellen Identiät im Sinne der ange-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 96

strebten Identität kann z.B. über den Einsatz assertiver Selbstdarstellungsstrategien wie self-
promotion (Eigenwerbung betreiben; vgl. Jones & Pittmann, 1982) oder exemplification (Vor-
bildhaftes Verhalten zeigen; vgl. Jones & Pittmann, 1982) erfolgen. Aktivitäten, die darauf ab-
zielen, die bestehende Identität zu schützen, werden definiert als „strategies and behaviors
directed toward the prevention of damage or harm to the actor‟s social identity in the eyes of the
target (Bozeman & Kacmar, 1997, p. 18). Solche Aktivitäten sind eher reaktiver Natur und wer-
den meist dann eingesetzt, wenn Bedrohungen der eigenen Identität wahrgenommen werden.
Um die Identiät im Sinne der erwünschten Identität zu schützen, kann eine Person protektive
Selbstdarstellungsstrategien einsetzen, wie z.B. das eigene problematische Verhalten zu recht-
fertigen, plausible Gründe dafür anzuführen oder sich für bereits eingetretene Missgeschicke zu
entschuldigen.
Insgesamt ist das Selbstdarstellungsverhalten sowohl bei der Verbesserung der aktuellen
Identität im Sinne der angestrebten Identität als auch beim Schutz der aktuellen Identität gegen-
über befürchteten Bedrohungen durch das Bedürfnis motiviert, Diskrepanzen zwischen Ist- und
Soll-Zustand sozialer Identität zu reduzieren oder zu eliminieren. Die beiden Formen der Identi-
tätsgestaltung entsprechen der Konzeption akquisitiver und protektiver, beziehungsweise
assertiver und defensiver Selbstdarstellungsformen nach Arkin (1981) sowie Tedeschi und
Norman (1985). Bozemann und Kacmar betonen den Identitätsbegriff, um den Zielbezug von
Selbstdarstellungsverhalten zum Aufbau und Erhalt erwünschter Identitäten hervorzuheben.

Identity Adjustment
Ein in der Selbstdarstellungsliteratur wenig beachtetes Phänomen betrifft positive Diskrepanzen
zwischen der aktuellen sozialen Identität und der angestrebten Identität des Individuums. Diese
resultieren dann, wenn die Selbstdarstellung einer Person in den Augen des Publikums bei der
Konstruktion eines bestimmten Eindrucks „zu weit geht“ (vgl. Schlenker, 1980). Wenn der Ak-
teur feststellt, dass der von ihm hervorgerufene Eindruck über seine selbst gesetzte Referenz
einer erwünschten Identität im positiven Sinne hinausgeht, kann er auf zweierlei Arten reagie-
ren: Er kann seine eigenen Ansprüche an eine zu kreierende Identität anpassen („adjustment of
reference goal“; Bozemann & Kacmar, 1997, p. 19) oder versuchen, die Fremdbilder des Publi-
kums zu korrigieren. Zweiteres bezeichnen die Autoren als das eigentliche „identity
adjustment“ (Bozemann & Kacmar, 1997, p. 19). Diese Anpassung der Identität wird dann vor-
genommen, wenn der Akteur befürchtet, die (zu) positiven Eindrücke des Publikums langfristig
nicht aufrecht erhalten zu können.

Identity Maintenance
Aktivitäten zur Aufrechterhaltung der Identität umfassen Verhaltensweisen, die die aktuelle
Identität, wie sie von anderen Personen und dem Akteur selbst wahrgeommen wird, stabilisieren
und Konsistenz ermöglichen. Die Aufrechterhaltung der Identität kann den minimalen Einsatz
von Aktivitäten zur Identitätsanpassung oder -verbesserung sowie zum Schutz der Identität er-
fordern. Sie dient aber nicht primär dazu, Diskrepanzen zu reduzieren, sondern dazu beizutra-
gen, dass keine Diskrepanzen entstehen: „In other words, the actor may engage in identity main-
tenance activities to reinforce the identity he or she has already estabilshed“ (Bozemann &
Kacmar, 1997, p. 19).
1.3 Selbstdarstellung und Führung 97

1.3.2.2 Empirische Ergebnisse zu Impression Management Strategien und Führung


Ohne den Anspruch auf eine systematische Zusammenfassung empirischer Ergebnisse zum
Zusammenhang zwischen Impression Management Strategien und Führung erheben zu wollen,
werden im Folgenden ausgewählte Ergebnisse empirischer Studien dargestellt.

a) Zusammenhang von Selbstdarstellungsstrategien mit charismatischer Führung


Sosik, Avolio und Jung (2002) überprüften Hypothesen zum Zusammenhang spezifischer
Selbstdarstellungsstrategien und charismatischer Führung, die aus Gardner und Avolios (1998)
dramaturgischem Modell abgeleitet wurden. Ihre Untersuchung beruht auf multiperspektivi-
schen Daten, die in einer amerikanischen IT-Consulting-Firma erhoben wurden. 83 Manager
beschrieben sich selbst in Bezug auf Attribute des Selbstsystems wie Self-monitoring oder er-
wünschte Selbstbilder. 249 Mitarbeiter bewerteten das jeweilige Ausmaß prosozialer und auf
eigene Interessen bezogener Formen der Selbstdarstellung sowie die Ausprägung charismati-
scher Führungsstile ihrer jeweils direkten Führungskraft. Die Selbstdarstellung der Vorgesetzten
wurde von den Mitarbeitern mithilfe des Leader Impression Management Questionnaires nach
Gardner und Cleavener (1998, zitiert nach Sosik et al., 2002) eingeschätzt. Prosoziale Selbstdar-
stellung wurde durch die Subskalen Exemplification (Beispielhaft erscheinen; vgl. Jones &
Pittman, 1982) und Ingratiation (Sich beliebt machen/Sich einschmeicheln; vgl. Jones, 1975)
abgebildet. Eigennützige, auf eigene Interessen bezogene Selbstdarstellung wurde durch die
Ausprägung auf den Skalen Intimidation (Bedrohung und Einschüchterung; vgl. Jones & Pitt-
man) und Self-promotion (Eigenwerbung betreiben; vgl. Jones & Pittman, 1982) operationali-
siert. Als Indikatoren für charismatisches Führungsverhalten dienten zwei Subskalen des MLQ-
5X (Bass & Avolio, 1997; siehe 1.1.4) sowie vier Subskalen der Conger and Kanungo Scale of
charismatic leadership (Conger et al., 1997; siehe 1.1.3.2).
In den Ergebnissen wird deutlich, dass die Komplexität des Selbstkonzepts als charis-
matische Führungsperson (= die Vielfalt erwünschter, charismatischer Selbstbilder) positiv mit
Self-monitoring zusammenhängt. Dieser Zusammenhang wurde entsprechend der Theorie er-
wartet:
Thus, a complex charismatic self-schema manifested in a constellation of desired charis-
matic identity images may be useful for engaging in self-monitoring required for construct-
ing charismatic images across different situations and audiences (Sosik et al., 2002, p. 223).
Es ist also zu interpretieren, dass das Ausmaß und die Differenziertheit der erwünschten, realen
oder normativen Selbstbilder sowie Rollenbilder in Bezug auf eine spezifische angestrebte Teil-
identität maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass zur Situation und zu den Interaktionspartnern
passende Selbst- und Rollenbilder ausgewählt und dargestellt werden.
Hingegen ist Self-monitoring negativ mit prosozialer Selbstdarstellung assoziiert und
hängt positiv mit einer auf eigene Interessen bezogenen Selbstdarstellung zusammen. Sosik et
al. (2002) interpretieren, dass Führungspersonen, die als starke Selbstüberwacher gelten, ihr
Verhalten an der Situation und sozialen Hinweisreizen ausrichten und sich dabei von ihren ei-
genen Wertvorstellungen und Idealen entfernen. Von den Geführten werden entsprechend in
Bezug auf diese Führungspersonen geringe Werte auf der Skala Exemplification angegeben, da
diese impliziert, dass das vorbildliche Verhalten an den eigenen Idealen, Wertvorstellungen und
Grundhaltungen orientiert ist. Prosoziale Formen der Selbstdarstellung gehen mit charismati-
scher Führung einher, was darauf hinweist, dass bei den eingeschätzten Führungspersonen eher
ein sozialisiertes als ein personalisiertes Charisma (siehe 1.1.7.2) vorlag. Die Ausprägung cha-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 98

rismatischer Führung sagt ihrerseits die Leistung der Führungsperson und der jeweiligen organi-
sationalen Einheit vorher.

b) Zusammenhang von Selbstdarstellungsstrategien mit transformationaler Führung


Gardner und Cleavenger (1998) untersuchten den Zusammenhang von fünf klassischen Impres-
sion Management Strategien (vgl. Tedeschi et al., 1985; Jones & Pittman, 1982; Mummendey,
1995): Ingratiation, Self-promotion, Intimidation, Exemplification und Supplication (sich als
hilfsbedürftig darstellen) mit transformationaler Führung. Dafür lasen 83 Studierende der Wirt-
schaftwissenschaften Biographien über jeweils eine von 27 „Weltklasse“-Führenden und schätz-
ten nachträglich das Verhalten dieser Führungsperson auf den Skalen des Leader Impression
Management Questionnaires (LIMQ) und des MLQ Form5x-Short ein. In den Ergebnissen re-
sultiert ein Zusammenhang zwischen Excemplification und Ingratiation zu transformationaler
Führung, wohingehen Self-promotion und Intimidation negativ mit Einschätzungen zur
transformationalen Führung assoziiert sind. Dasselbe Ergebnismuster zeigt sich für die mit dem
MLQ erhobenen internen Erfolgskriterien von Führung (Effizienz der Führung und Zufrieden-
heit mit der Führung).

c) Ausprägung akquisitiver und protektiver Orientierung bei Führungskräften


Palmer, Welker, Campbell und Magner (2001) überprüften die Hypothese, dass Führungkräfte
in Organisationen eine primär akquisitive Orientierung in ihrem Selbstdarstellungsverhalten
zeigen. Sie weisen darauf hin, dass sich beobachtbares Verhalten von Managern nicht eindeutig
als akquisitiv oder protektiv klassifizieren lässt, da die hinter dem Verhalten stehenden Motive
und die emotionalen Reaktionen nicht beobachtbar sind. In ihrer Studie wählen die Autoren
daher einen anderen Weg, akquisitive und protektive Selbstdarstellungstendenzen zu erfassen.
Die emotionale Einstellung von 95 Managern der mittleren und oberen Hierarchiebene gegen-
über ihrer Gesamtorganisation, den Führenden und der Finanzpolitik des Unternehmens wurde
dazu in Beziehung gesetzt, inwieweit diese Führungspersonen ihre Arbeitsumgebung als
untersütztend für eine eher akquisitive oder protektive Selbstdarstellung wahrnahmen. Unter
besonderer Beachtung der Motivebene lautet die Hypothese der Autoren, dass die affektive
Einstellung der Führungspersonen gegenüber verschiedenen Aspekten der Organisation in Ab-
hängigkeit davon variiert, inwieweit positive Konsequenzen bei einer „erfolgreichen Selbstdar-
stellung“ (akquisitive Orientierung) resultieren. Die Ergebnisse zeigen entsprechend auf, dass
die emotionalen Einstellungen der Führungspersonen mit der akquisitiven Orientierung der Ar-
beitsumgebung zusammenhängen, aber nicht mit der protektiven. Die Autoren schlussfolgern,
dass die Studie damit die gängige Meinung unterstützt, dass die Gruppe der Manager im Allge-
meinen eine eher akquisitive Selbstdarstellungsorientierung aufweist. Ein organisationales Kli-
ma, in dem eine assertive Eindruckslenkung im Gegensatz zur protektiven Eindruckswahrung
betont und belohnt wird, geht mit positiven Emotionen von Managern gegenüber ihrer Organi-
sation einher.

1.3.2.3 Selbstdarstellung und Rollenkonzept von Führung

a) Führung als Wahrnehmen und Ausüben von Rollen


Das Rollenkonzept von Führung basiert auf der soziologischen Rollentheorie und beschreibt
Führung als Ergebnis einer komplexen Begegnung von Persönlichkeit und Organisation. Nach
dem Rollenkonzept von Führung wird versucht, das tatsächliche Führungshandeln von Mana-
gern in ihrer konkreten Umgebung als „Wahrnehmen und Ausüben von Rollen“ (Steiger,
1.3 Selbstdarstellung und Führung 99

2008b, S. 46) zu verstehen. Die rollentheoretische Sichtweise von Führung fokussiert die Frage,
wie Menschen die gegenseitigen Anpassungsprozesse zwischen Individuum und Organisation
meistern (vgl. Steiger, 2008b). Jede Position in einem Unternehmen ist in eine hierarchische
Rangfolge eingebettet und mit bestimmten Kompetenzen verbunden:
An das Verhalten des Positionsinhabers werden nun von ‚den anderen„ des sozialen Sys-
tems (Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kollegen, Kunden […]) ganz bestimmte Erwartungen ge-
knüpft. Dieses Set oder diese Kombination von Erwartungen bezeichnen wir als Rolle
(Steiger, 2008b, S. 47).

Aushandeln von Rollenerwartungen


Nun sind diese Rollenerwartungen in der Realität selten explizit formuliert noch bewusst. Rol-
lenerwartungen ergeben sich aus einer Wechselwirkung von Aufgabenverständnis, Struktur und
Kultur der Organisation und werden von anderen Personen als „Rollensender“ mit eigenen Inte-
ressen und Vorstellungen vertreten. Der Rollenträger mit seinen persönlichen Merkmalen
(Selbstbilder, Kompetenzen, etc.) hat seinerseits Erwartungen und Vorstellungen zur Ausgestal-
tung der Rolle, die sein Verhalten beeinflussen, das wiederum mehr oder weniger den Rollen-
erwartungen anderer entsprechen kann (vgl. Steiger, 2008b). Führen versteht sich demnach als
„dynamischer Prozess des Aushandelns von Rollenerwartungen“ (Steiger, 2008b, S. 48).

Rollenübernahme
Die Rollenübernahme versteht sich als Austausch- und Anpassungsprozess zwischen der Orga-
nisation und dem Rollenempfänger, für dessen erfolgreiche Umsetzung bestimmte Voraus-
setzungen gegeben sein müssen (vgl. Steiger, 2008b):
Zunächst bedarf es einer Rollendefinition, d.h. dass die beidseitigen Erwartungen und
die mit der Position verbundenen Kompetenzen definiert und transparent kommuniziert werden
müssen. Die Rollendefinition beziehungsweise -klärung macht den definierten Rahmen explizit:
Die Klärung von Rollen und Aufgaben gibt eine normative Orientierung, was in der Rolle getan
oder auch unterlassen werden muss. Dabei ist die Betrachtung der Rolle und der im Rahmen der
Rolle festgelegten Aufgaben entindividualisiert. Es geht zunächst aus der Perspektive der Not-
wendigkeit nicht darum, was eine Person in dieser Rolle tun will, sondern was sie in der Rolle
zu tun hat (vgl. Fischer-Epe, 2002).
Die Übernahme einer Rolle bedeutet allerdings nicht, die damit verbundenen Erwartun-
gen blind zu erfüllen. Diese Rahmenbedingungen der Rolle müssen hingegen vom Rolleninha-
ber „belebt“ und gestaltet werden. Die Rollengestaltung beschreibt den Prozess, in dem die Rol-
le und die eigene Persönlichkeit aufeinander abgestimmt werden, d.h. in dem die Erwartungen
in Einklang mit persönlichen Überzeugungen und Fähigkeiten gebracht werden (vgl. Fischer-
Epe, 2002).
Rollengestaltung meint die Art und Weise, wie den geklärten Erwartungen entsprochen
wird, die Handlungsspielräume, die nun sichtbar sind, auch tatsächlich ausgefüllt werden,
aber auch, wie mit verbliebenen Unklarheiten und Grenzen umgegangen wird (Steiger,
2008b, S. 50).
Dabei ist das Ausmaß der Identifikation der Person mit ihrer Rolle davon abhängig, inwieweit
die gebotenen Rahmenbedingungen den Werthaltungen, Neigungen, Präferenzen und individu-
ellen Zielen entsprechen und inwieweit eine „Passung“ ausgehandelt werden kann. Damit die
Rolle erfolgreich übernommen wird, muss die Rolle darüber hinaus auch gegen Widerstände
und widrige Umstände durchgesetzt werden. Der Prozess der Rollendurchsetzung wird durch
die formale, fachliche und persönliche Autorität der Person moderiert. Mit persönlicher Autori-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 100

tät ist „die Ausstrahlungskraft, die Überzeugungskraft, das Charisma eines Menschen gemeint“
(Steiger, 2008b, S. 51). Leadership-Qualitäten erleichtern nach dieser Auffassung die Durchset-
zung der Rolle, reichen aber nicht aus, um Führungserfolg zu erklären.

b) Selbstdefinition des rollentragenden Systems


Das System der Rolle darf nicht mit dem Rollenträger, der Führungperson, verwechselt werden.
Im systemtheoretischen Sinne agiert die Führungsperson in enger Koppelung mit dem System
Führungsrolle und befindet sich dabei in einem Dilemma zwischen Systemblindheit einerseits
und Gestaltungswillen andererseits (vgl. Steiger, 2008b). Die Selbstorganisation des „rollentra-
genden Systems“ (Steiger, 2008b, S. 55) umfasst die Erarbeitung eines eigenen
Aufgabenverständisses, die Organisation und Nutzung geeigneter Strukturen (z.B. Kommunika-
tions- und Entscheidungsstrukturen) und ist geprägt von der Kultur (Werthaltungen, Normen,
Regeln) des Systems Führungsrolle. Im Rahmen dieser Prozesse der Selbstdefinition entwickelt
die Führungsperson eine Identität. Systemtheoretisch gesprochen, nimmt also das rollentragen-
de System eine unverwechselbare Gestalt an. Führungserfolg zeigt sich in dieser Betrachtung
als existenziell abhängig von der (System-)Fähigkeit, Erwartungen und Bedürfnisse der
Umwelt sowie die eigenen Antriebe des Führungshandelns und seine Wirkungen kritisch zu
reflektieren (Steiger, 2008b, S. 56).

c) Klassifikationen von Führungsrollen


Wie sehen solche typischen Erwartungssets, die die jeweilige Führungsrolle beschreiben, kon-
kret aus? Erwartungen, die Organisationen typischerweise an Führungskräfte stellen, können im
Einzelnen verschiedene Teilaspekte der gesamten Führungsaufgaben betreffen, d. h. es können
damit verschiedene Führungsrollen beschrieben werden. In der Literatur über Führung gibt es
eine große Vielfalt verschiedener Klassifikationen von Führungsrollen (vgl. z. B. Margerison &
McCann, 1985; Mintzberg, 1973; Schulz von Thun, Ruppel & Stratmann, 2006): So beschrei-
ben Schulz von Thun et al. (2006), dass verschiedene Situationen ein jeweils unterschiedliches
Rollenrepertoire erfordern, sodass eine Führungsperson flexibel auf die jeweils passende Rolle
zugreifen können sollte. Sie weisen darauf hin, dass Menschen- und Teamführung heutzutage
eine größere Rolle spiele als früher, womit im Laufe der Zeit immer neue Rollen hinzugekom-
men seien, wie etwa die Rolle des Mitarbeiter-Coachs, der seine Mitarbeiter bei der Lösung
schwieriger Situationen begleitet, zuhört und berät oder die Rolle des Teamentwicklers, der die
Zusammenarbeit im Team zu verbessern sucht. Darüber hinaus sind mit einer Führungsposition
die Rollen des Fachexperten, Managers (die Arbeit anderer Experten anleiten und koordinieren),
Verantwortlichen, Löwenbändigers (auch mal ein Machtwort sprechen und Konsequenzen auf-
zeigen), Vorbild für die Mitarbeiter und Angestellten des Unternehmens verbunden.
Mintzberg (1973) erstellte auf der Basis empirischer Erhebungen durch Fremdbeobach-
tung und Interview eine Führungstypologie, in der er zehn klassische Rollen beschrieb, die in
der Regel alle Führungskräfte – jeweils in unterschiedlichem Ausmaß – wahrzunehmen haben:
Zunächst sind dies die interpersonellen Rollen als Repräsentant (Symbolisierung nach innen und
außen), Führer (Motivation und Anleitung von Unterstellten) sowie Koordinator (formeller und
informeller Kontakt mit Internen und Externen). Darüber hinaus ergeben sich drei Informations-
rollen als Informationssammler, Informationsverteiler und Sprecher sowie vier
Entscheiderrollen als Unternehmer, Krisenmanager, Ressourcenzuteiler und Verhandlungs-
führer.
1.3 Selbstdarstellung und Führung 101

d) Rollenerwartungen als Prototypen


In Abschnitt 1.2.2 wurden normative Fremdbilder als Vorstellungen und Erwartungen der Inter-
aktionspartner, wie eine Person im Rahmen einer bestimmten Position oder Rolle im Idealfall
sein sollte, eingeführt (Was denkt der einzelne Mitarbeiter, Kollege usw., wie eine Führungs-
person sein sollte?). Darüber hinaus gibt es auch interindividuelle Rollenerwartungen, die in
einem Unternehmen die gemeinsame Vorstellung darüber bestimmen, aus welchen Merkmalen
sich der »Prototyp« einer Führungskraft zusammensetzen sollte: Was ist der Konsens darüber,
wie eine Führungsperson im Unternehmen XY sein sollte?

Selbstdarstellung in Übereinstimmung mit Prototypen


Von einer Person, die eine bestimmte Rolle innehat, wird erwartet, die Verhaltensweisen zu
zeigen, die mit der Rolle assoziiert sind (vgl. Leary, 1995). Dabei geht es sogar so weit, dass
bestimmte Rollen nicht nur vorschreiben, wie sich die Person in einer bestimmten Position zu
verhalten hat, sondern auch, wie sie als Person insgesamt zu sein hat und welche persönlichen
Charakteristika sie aufweisen sollte. Wenn eine Person diesem öffentlichen Rollenbild nicht
entspricht, kann dies dazu führen, dass ihr sozialer Einfluss sinkt oder sie sogar das Recht ver-
liert, die Rolle auszufüllen. Rollenspezifische Selbstdarstellung wird in ihrer Angemessenheit
durch den Abgleich mit einem Prototyp (vgl. Leary, 1995) beurteilt. Menschen haben eine Vor-
stellung davon, wie die Inhaber einer sozialen Rolle typischerweise sein sollten. So lassen sich
prototypische Rollenbeschreibungen eines Priesters, Lehrers, Fußballspielers, Polizisten, usw.
erfragen. Individuen werden daher nach den Merkmalen ihrer Prototypen klassifiziert und in
eine Kategorie eingeordnet: Je größer dabei die Übereinstimmung zwischen den wahrgenom-
menen Charakteristika der jeweiligen Person (z. B. Führungsperson XY) und den Charakteristi-
ka des Rollen-Prototyps (z.B. Prototyp Führungskraft) sind, desto wahrscheinlicher wird eine
Person in ihrer Rolle (z.B. als Führungspersönlichkeit) von anderen anerkannt werden (vgl.
Leary, 1989). So kann es für eine Führungskraft von Vorteil sein, ihren Eindruck auf relevante
Personen des Arbeitsumfeldes so zu steuern, dass sie möglichst nahe an entscheidende Charak-
teristika der Führungskraft-Prototypen ihrer Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten heran-
kommt (vgl. Leary, 1995). Auch wenn es sich von Gruppe zu Gruppe und von Individuum zu
Individuum unterscheiden kann, über welche Charakteristika der Führungskraft-Prototyp ver-
fügt, so bilden sich in einer Organisation über die Zeit gemeinsame Vorstellungen darüber, wie
eine Führungsperson in dieser Organisation sein sollte.

Rollenkonflikte
Ein Konflikt liegt dann vor, wenn die öffentlichen Vorstellungen einer bestimmten sozialen
Rolle (z. B. Führungskraft im Unternehmen XY) den Erwartungen an eine andere soziale Rolle
(z.B. Mitglied des Betriebsrates im Unternehmen XY) widersprechen, die beide von ein und
derselben Person eingenommen werden; oder wenn rollenspezifische Erwartungen allgemeinen
Selbstdarstellungsnormen entgegenstehen (z. B. Widerspruch zwischen geschlechtsspezifischen
Selbstdarstellungsnormen und Erwartungen an die Führungsrolle bei Frauen in Führungs-
positionen).

e) Parallelen der rollen- und selbstdarstellungstheoretischen Sichtweise von Führung


Im Rollenkonzept von Führung wird Führung als ein Prozess der permanenten Rollendefinition,
-gestaltung und -durchsetzung im Austauch mit Interaktionspartnern aufgefasst. Damit kann
1 Theoretische und empirische Grundlagen 102

Führung nicht unabhängig vom System Rolle und nicht unabhängig vom Rollenträger und den
Rollenempfängern betrachtet werden:
Führungswirklichkeit entsteht im Prozess dieser Interaktion als Gegenstand der Wahrneh-
mung im Kopf der Führenden. Führungswirklichkeit ist eine soziale Konstruktion […], ab-
hängig von den handelnden Individuen und den herrschenden gesellschaftlichen Bedingun-
gen. Führung wird damit immer wieder neu ‚erfunden„, oder genauer erschaffen (Steiger,
2008b, S. 56).

Rollenübernahme und Entwicklung einer stimmigen Führungsidentität


Eine solche Auffassung von Führung zeigt große Parallelen zur sozialen Konstruktion situativer
Identitäten durch die Prozesse der Selbstinterpretation, die zwischen dem Führenden und den
Geführten ablaufen. Das Ziel besteht nach der soziologischen rollentheoretischen Sichtweise in
der erfolgreichen Rollenübernahme als „Austausch- und Anpassungsprozess zwischen der Or-
ganisation und dem Rollenempfänger“ (Steiger, 2008b, S. 48). Nach der psychologischen Auf-
fassung der Prozesse der Selbstinterpretation besteht das Ziel in der erfolgreichen Identitätskon-
struktion als bewusster Aushandlungsprozess zwischen individuellen Persönlichkeiten (Füh-
rungsperson und berufliche Interaktionspartner) innerhalb spezifischer Rahmenbedingungen.
Als erfolgreich gilt die Identitätskonstruktion dann, wenn eine stimmige Führungsidentität ent-
wickelt wird. „Stimmigkeit“ (vgl. Komponenten der „stimmigen Kommunikation“ nach Schulz
von Thun et al., 2006) meint, im Prozess der Identitätskonstruktion folgende zentrale Aspekte
zu berücksichtigen (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011):
 Die individuellen, habituellen Personmerkmale sowie aktuelle intrapersonale Prozesse und
zentrale Selbstbilder der Führungsperson.
 Die Erwartungen der Interaktionspartner an die Führungsperson sowie deren Sichtweisen
von der Führungsperson (Fremdbilder).
 Die situativen Rahmenbedingungen, sodass wichtige Ziele der Organisation und der betrof-
fenen Individuen erreicht werden können.
In Abschnitt 1.2 wurden die zwei ersten Komponenten stimmiger Führung eingeführt und im
dynamischen Interaktionsmodell (siehe 1.2.6 und 1.3.1.4) auf die Bedeutung der Rahmenbedin-
gungen hingewiesen. Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Prozesse der Selbstinterpretation
ablaufen, umfassen beispielsweise die Aufgabenfelder, Führungsgrundsätze des Unternehmens
oder die Unternehmenskultur. Da Kontextaspekte von Führung im Rahmen dieser Arbeit nicht
im Fokus stehen, sei auf die Literatur dazu verwiesen (z.B. Gardner & Avolio, 1998; Riedel-
bauch & Laux, 2011).

Bedeutungen von Identitätskonstruktion


Identitätskonstruktion heißt, die ablaufenden Selbstinterpretationsprozesse bei der Entwicklung
einer Führungsidentität systematisch zu analysieren und zu verändern. Da die Prozesse der
Selbstinterpretation in Teilkomponenten (z.B. Selbstbilder, Fremdbilder, Kompetenzen, Motive,
Selbstdarstellungsmuster) zerlegt und diese Komponenten zum Gegenstand der Reflexion und
Modifikation gemacht werden können, ist es möglich, Führungsidentität bewusst und systema-
tisch zu konstruieren (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011). Identitätskonstruktion umfasst dabei
mehrere Bedeutungen (nach Riedelbauch & Laux, 2011):
 Konstruieren im Sinne einer systematischen Entwicklung von etwas Neuem: Diese Bedeu-
tung entspricht der rollentheoretischen Auffassung von Führung nach Steiger (2008b), nach
der Führung erst in der Interaktion entsteht und damit immer wieder neu erfunden wird.
1.3 Selbstdarstellung und Führung 103

 Konstruieren im konstruktivistischen Sinn: Die Beschreibung von Komponenten und Pro-


zessen der Selbstinterpretation ist ein Versuch, die komplexen Interaktionsprozesse zu er-
fassen, die zur Entwicklung situativer Identitäten führen. Dynamische Interaktionsmodelle
von Führung sind daher kein Abbild der Realität, sondern ein Strukturierungsversuch,der
dazu dient, spezifische Führungsphänomene wie Charisma oder transformationale Führung
als Interaktionsgeschehen beschreibbar und damit verstehbar zu machen.
 Konstruktion als nach vorne offener Prozess: Konstruktion bezieht sich weiterhin darauf,
dass es sich in zweierlei Hinsicht um einen nach vorne offenen Prozess handelt. Erstens ent-
steht Führungsidentität erst durch die dynamische Interaktion zwischen Führungsperson und
Interaktionspartnern und kann somit auch nur im Rahmen dieses Austauschprozesses inter-
pretiert werden. Zweitens ist auch das Ergebnis der Identitätskonstruktion zunächst in keine
bestimmte Richtung festgelegt: Die Führungsperson entwickelt im Laufe der Rollenüber-
nahme sukzessive eine greifbarere Vorstellung davon, welche Identität(en) sie anstrebt. Im
rollentheoretischen Sinne nimmt also das rollentragende System eine unverwechselbare Ge-
stalt an.
 Konstruktion als systematische Selbstdarstellung: Wie im Rahmen der Darstellung der
Internalisierungsprozesse beschrieben wurde (siehe 1.2.5.2), so beeinflusst die Zuschrei-
bung von Merkmalen durch andere Personen an die Führungskraft deren Selbstbild maß-
geblich. Damit steigt die Bedeutung des Selbstdarstellungsverhaltens: Die Wahrscheinlich-
keit, dass die Führungsperson sich mit dem Bild identifiziert, das sie von sich vermittelt und
entsprechend der Wahrnehmung der anderen Personen rückgemeldet bekommt, steigt mit
der Dauer der Interaktion. Um langfristig eine erwünschte Führungsidentität zu etablieren,
die von der Führungsperson selbst und ihren Interaktionspartnern als authentisch erlebt
wird, ist also durchaus eine strategische Auswahl und Vermittlung von Selbstbildern ange-
bracht:
Ist sich die Person im Klaren darüber, wie sie gesehen werden möchte, muss sie sich so
verhalten, dass die Wahrscheinlichkeit der Zuschreibung positiver Merkmale […] steigt und
die Gefahr der Zuschreibung unerwünschter Merkmale minimiert wird (Ebert & Piwinger,
2007, S. 209).

1.3.3 Zusammenfassung zentraler Funktionen der Selbstdarstellung im Führungskon-


text

Welche Funktionen erfüllt nun die Selbstdarstellung für die Einzelperson im organisationalen
Kontext? In Bezug auf diese Frage interessiert im Rahmen der vorliegenden Arbeit insbesonde-
re der Stellenwert der Selbstinterpretation für Führungspersonen. Im Folgenden werden die in
der Literatur aufgeführten Einzelaspekte zum Thema zu vier Hauptaspekten zusammengefasst,
unter denen die Funktionen von Selbstdarstellung im Führungskontext eingeordnet werden kön-
nen: Selbstdarstellung trägt zur Etablierung einer beruflichen Identität bei (siehe 1.3.3.1), dient
der gezielten Eindruckssteuerung mit dem Ziel beruflicher Weiterentwicklung (siehe 1.3.3.2),
ermöglicht Einflussnahme auf die Geführten (siehe 1.3.3.3) und bringt Konsequenzen für die
Gesamtorganisation (siehe 1.3.3.4) mit sich.

1.3.3.1 Etablierung einer Führungsidentität


Wie insbesondere im dramaturgischen Modell zur charismatischen Beziehung nach Gardner
und Avolio (1998) deutlich wurde, so ist für Personen, die eine Führungsposition anstreben oder
bereits inne haben, die Zuschreibung führungsrelevanter Charakteristika durch die Geführten
1 Theoretische und empirische Grundlagen 104

von besonderer Bedeutung. Führende müssen über die für eine Führungsposition erforderlichen
Merkmale nicht nur verfügen, sondern müssen diese auch nach außen darstellen. Das heißt
nicht, dass Führung auf die „richtige“ Selbstdarstellung zu reduzieren wäre. Wie v.a. in der Dar-
stellung des Konstrukts der authentischen Führung (siehe 1.1.7) betont wird, reicht es für erfolg-
reiche Führung auch nicht, die Arbeitsumwelt durch eine selbst-erhöhende Eindruckslenkung zu
täuschen, indem die Führungsperson Qualitäten darstellt, über die sie gar nicht verfügt. Viel-
mehr geht es darum, dass die Etablierung und Aufrechterhaltung eines adäquaten führungsrele-
vanten Images ein entscheidender Faktor dafür ist, wer in eine Führungsposition kommt und
wie wirksam diese Person in ihrer Führungsposition ist (vgl. Leary, 1989).

a) Selbstkonstruktion
Die Darstellung des Selbst innerhalb der Rolle als Führungskraft hat die Funktion, eine situative
Identität als Führungsperson zu kreieren. Wenn eine Person eine Vorstellung davon hat wie sie
als Führungskraft idealerweise gerne sein würde, dann kann sie an solchen idealen Selbstbil-
dern, die personalisierte Zielrepräsentationen darstellen (Possible selves nach Markus &
Nurius, 1986; Markus & Ruvolo, 1989), die Konstruktion ihrer Identität ausrichten (vgl. Bau-
meister, 1982). Da die Etablierung einer Führungsidentität als soziale Konstruktion immer einer
sozialen Bestätigung durch die Arbeitsumwelt bedarf, ist es für die Führungskraft wichtig, von
anderen so gesehen zu werden, wie sie zu sein wünscht. Ihre selbstdarstellenden Verhaltenswei-
sen sind dementsprechend darauf ausgerichtet, die erwünschte Führungsidentität zu konstruie-
ren, indem Mitarbeiter, Kollegen, Vorgesetzte und andere berufliche Interaktionspartner der
Führungskraft Charakteristika zuschreiben, die dieser Identität entsprechen. Die Motivation zu
einer solchen Selbstkonstruktion (Baumeister, 1982; siehe 1.2.4.4), bei der sich die Person an
ihren eigenen Vorstellungen orientiert, verhindert, dass aus einer Führungskraft ein „soziales
Chamäleon“ wird, das sich – abhängig von den Erwartungen des jeweiligen Publikums – stets
unterschiedlich darstellt.

b) Sandwichposition im mittleren Management


Gerade eine Führungskraft des mittleren Managements interagiert mit Personen unterschiedli-
cher Hierarchieebenen. Der inhaltliche Schwerpunkt der Führungsrolle verschiebt sich entspre-
chend je nach Interaktionspartnern, womit die Führungsperson mit widersprüchlichen Werten
und Erwatungen konfrontiert ist. Für die ständig wechselnden Situationen und Anforderungen
braucht „die Führungskraft von heute eine große ‚personale Bandbreite‟ oder, anders ausge-
drückt: eine Vielzahl von inneren Möglichkeiten, zu reagieren und zu agieren, die fast über-
menschlich erscheinen will“ (Schulz von Thun et al., 2006, S.13). So soll die Führungskraft oft
gegensätzlichen Anforderungen gerecht werden, die von unterschiedlichen Personen an sie ge-
stellt werden. Ein solcher Intra-Rollenkonflikt kann auch als Sandwich-Position beschrieben
werden, die für eine Führungskraft im mittleren Management charakteristisch ist: Vergegenwär-
tigt man sich die Vielzahl der Rollenpartner, die irgendwelche Erwartungen an die Führungs-
kraft richten, wie z.B. Mitarbeiter, Vorgesetzte, Personalentwickler, Kunden, bekommt man den
Eindruck, „eine Führungskraft im mittleren Management müsse sich wie ein ‚armes Würstchen„
fühlen, eingewickelt in ihre Führungsrolle, zu keiner freien Bewegung mehr fähig“ (Schulz von
Thun et al., 2006, S.17).
1.3 Selbstdarstellung und Führung 105

c) Einheit versus Vielheit


Um nicht als „armes Würstchen“ zu enden, muss eine Führungskraft eine klare Linie, eine Füh-
rungsidentität entwickeln, die eine gewisse Kontinuität in die unterschiedlichen Interaktionen
bringt und an der sich die Führungskraft selbst und die Personen ihres Arbeitsumfeldes orientie-
ren können. Der Führungsperson kommt damit die Aufgabe zu, ihren unterschiedlichen Teil-
identitäten, die in der Interaktion mit verschiedenen Personengruppen und innerhalb verschie-
dener Arbeitskontexte und Anforderungen entwickelt werden, eine gemeinsame Richtung zu
geben. Stern (1923) schlägt als passendes Einheitsmodell angesichts der Vielheit von Selbst-
und Identitätsaspekten die Einheit in der Mannigfaltigkeit, die Vieleinheit oder Unitas multiplex
vor. Die Einheit wird nach Stern durch Zielstrebigkeit erreicht. „Kerngedanke ist, dass die Ziele,
die eine Person anstrebt, zu einer Vereinheitlichung der Vielheit ihrer Selbstaspekte führen“
(Laux & Renner, 2008a, S. 299). Bei einer Führungsperson, deren individuelle Identität sich
besonders im Austausch mit anderen Personen manifestiert, wird z.B. die Vielheit der potenziell
möglichen Kognitionen, Handlungen und Eigenschaften auf das bewusste beziehungsbezogene
Ziel „Ich möchte meine Mitarbeiter für gemeinsame Ziele begeistern und damit die Leistungs-
motivation meiner Mitarbeiter fördern“ vereinheitlicht beziehungsweise gebündelt. So ist es für
die Führungsperson hoch relevant, sich über ihre Idealvorstellungen zur angestrebten Füh-
rungsidentität bewusst zu sein. In der Untersuchung von Sosik et al. (2002; siehe 1.3.2.2) wurde
deutlich, dass das Ausmaß und die Differenziertheit der zur Verfügung stehenden erwünschten,
realen oder normativen Selbstbilder sowie Rollenbilder in Bezug auf eine spezifische angestreb-
te Teilidentität maßgelich dafür verantwortlich ist, inwieweit diese Teilidentität auch tatsächlich
konstruiert werden kann. Nur wenn zentrale Aspekte angestrebter Identitäten bewusst sind, ist
es der Führungsperson zudem möglich, in kritischen Situationen zu entscheiden, ob sie bereit
ist, von diesen Idealen aufgrund der Anforderungen des Publikums oder der Situation abzurü-
cken.

d) Zusammenfassung
Insgesamt umfasst der Prozess der Selbstinterpretation im Kontext von Führung die Darstellung
erwünschter Identitätsbilder, die darauf basierende Konstruktion einer Führungsidentität ge-
meinsam mit den Adressaten der Selbstdarstellung und die Festigung der Führungsidentität,
indem sie gegenüber einem äußeren und einem inneren Publikum wiederholt zum Ausdruck
gebracht wird.

1.3.3.2 Gezielte Eindruckssteuerung zur Verfolgung persönlicher Interessen und Ziele


In den dargestellten Modellen transformationaler und charismatischer Führung wird betont, dass
die „echte und sozialisierte“ transformationale und charismatische Führungsperson stets unter
dem Aspekt handelt, gemeinschaftliche Interessen zu vertreten und ihren Einfluss nicht dazu
nutzt, ihre persönlichen Ziele und Belange auf Kosten anderer zu erreichen. Es lässt sich aber
sicherlich nicht von der Hand weisen, dass das Handeln von Individuen in Organsationen auch
immer durch persönliche Interessen bestimmt ist. Alleine schon das Bestreben einer Person,
eine Führungsposition zu erlangen, in der sie dann gegebenenfalls nach gemeinschaftlichen
Interessen handeln kann, bringt Verhaltensweisen mit sich, die (auch) dem eigenen Ziel des
Karriereaufstiegs dienen. Um persönliche Interessen und Ziele zu erreichen, spielt die indi-
viduelle Selbstdarstellung eine entscheidende Rolle.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 106

a) Gründe für eine gezielte Eindruckssteuerung


Gründe dafür liegen unter anderem in den folgenden Aspekten:
 Aufgrund der Ausweitung von v.a. technologischen Kommunikationswegen, ist es den Mit-
gliedern einer Organisation möglich, breiter und schneller zu kommunizieren. Dementspre-
chend ist die Einzelperson aber auch mit einem breiteren Publikum konfrontiert und muss
ihre Selbstdarstellung an das jeweilige Kommunikationsmedium und an unterschiedliche
Publikumserwartungen anpassen.
 Der Karriereerfolg ist eng gekoppelt an gute Beziehungen innerhalb des Unternehmens,
gerade zu Kollegen und Vorgesetzten, die die Richtung der beruflichen Entwicklung der
Person beeinflussen können (vgl. Baumeister, 1989). Die Erreichung persönlicher Ziele
hängt dementsprechend oft maßgeblich davon ab, welchen Eindruck eine Person von sich
bei diesen Personen hinterlässt. So ist z.B. die Wahrscheinlichkeit, ein hohes Gehalt zu be-
kommen und aufzusteigen, mit dem strategischen Einsatz von Selbstdarstellungsstrategien
verbunden.
 Baumeister wies bereits 1989 darauf hin, dass die Betonung einer stark serviceorientierten
Wirtschaft die Wichtigkeit von publikumszentrierter Selbstdarstellung erhöht, da die Quali-
tät von Service schwer messbar sei. Innerhalb der Organisation ist es deshalb oft nicht
nachzuvollziehen, wer wirklich gute Leistungen erbringt und wer für positive Ergebnisse
verantwortlich ist. Dementsprechend kann es für die persönliche Zielerreichung einer Per-
son überaus wichtig werden, erfolgreich, kompetent, produktiv und verantwortlich für posi-
tive Ergebnisse zu erscheinen, unabhängig davon, ob die Person auch wirklich erfolgreich,
kompetent, produktiv und verantwortlich für die positiven Ergebnisse ist. Dies kann zum
einen heißen, dass Personen durch Selbstdarstellung über ihre „wahren Fähigkeiten“ hin-
wegtäuschen. Zum anderen kann dies aber auch bedeuten, dass Personen, die die erwünsch-
ten Fähigkeiten tatsächlich mitbringen, diese durch bestimmte Selbstdarstellungstaktiken
und -strategien hervorheben und zum Ausdruck bringen müssen, damit sie überhaupt be-
merkt werden. Auch eine solche Darstellung von persönlichen berufsbezogenen Charakte-
ristika im Sinne einer Persönlichkeitsdarstellung ist ein dramaturgischer Vorgang. Um in
einer Organisation die persönlichen Stärken adäquat zum Ausdruck kommen zu lassen ist
anzunehmen, dass auch „das Echte“ theatralischer Hilfen bedarf, um zur Geltung zu kom-
men (vgl. Müller-Freienfels, 1927). Überspitzt formuliert, kann es für die Karriere wichtiger
sein, gut zu erscheinen, als gut zu sein.

b) Einsatz von Selbstdarstellungsstrategien und -taktiken


Im Rahmen einer solch gezielten Eindruckslenkung in der Organisation bedarf es – wie im
Praktikermodell nach Martinko (1991; siehe 1.3.2.1) dargestellt – bewusst eingesetzter
akquisitiver und protektiver Selbstdarstellungstaktiken und -strategien. Sich beliebt zu machen
(„Ingratiation“ nach Jones, 1975) als akquisitive Selbstdarstellungstaktik dient beispielsweise
dem Darsteller dazu, Einfluss auf und Kontrolle über sein Gegenüber zu erlangen. Die Wahr-
scheinlichkeit des Einsatzes dieser Strategie steigt mit den Machtunterschieden an, wonach hie-
rarchisch gegliederte Organisationen ein prototypisches Einsatzfeld für Ingratiation darstellen
(vgl. Giacalone, Rosenfeld, Riordan, 1995). Weitere Selbstdarstellungstaktiken und -strategien
in Organisationen sind nach Jones & Pittman (1982) das Betreiben von Eigenwerbung, indem
sich die Person als kompetent und intelligent darstellt (Self-promotion), das Einschüchtern an-
derer (Intimidation), der Versuch, beispielhaft zu erscheinen (Exemplification), oder auch
1.3 Selbstdarstellung und Führung 107

protektive Eindruckslenkung durch Entschuldigungen, Rechtfertigungen, „Self-handicapping“


(vgl. Berglas & Jones, 1978; siehe 1.2.4.4) u.a. (vgl. auch Giacalone et al., 1995).

c) Machiavellistische versus soziale Motivation von Selbstdarstellung


Riordan (1989) weist darauf hin, dass in der entsprechenden Ratgeberliteratur zum Thema
Karriere und Selbstdarstellung bei Managern oft die Wettbewerbsorientierung – die Karriere auf
Kosten anderer – betont wird. So instruieren viele Ratgeberbücher Manager nicht, wie sie am
besten führen könnten, sondern legen den Fokus darauf, wie die eigene Karriere am besten ge-
fördert werden kann und wie die entsprechende Selbstdarstellung dazu aussehen muss (vgl.
Riordan, 1989). In diesem Zusammenhang wird eine „machiavellistische“ Motivation zur
Selbstdarstellung angenommen, die den manipulativen Charakter von Eindruckslenkung betont.
Riordan (1989) schlägt hingegen – in Übereinstimmung mit den neocharismatischen Führungs-
ansätzen – eine ganz andere Richtung von Eindruckslenkung vor:
Being cooperative, open to communication, honestly concerned about others, credible, and
capable of a variety of influence techniques are self-presentations that will serve managers
in the evolving business environment better than those advocated in the media (p.101).
Diese Feststellung von Riordan Ende der 80er Jahre trifft auch auf die heutige Entwicklung zu.
Gerade der heutzutage immer lauter werdende „Ruf“ nach Managern, die die entsprechenden
„Soft skills“ und Qualitäten wie „emotionale und soziale Intelligenz“ mitbringen, zeigt, dass
solche interpersonellen Fähigkeiten, die die Grundlage von Menschenführung darstellen, drin-
gend gebraucht werden. Damit diese Fähigkeiten innerhalb einer Organisation auch entspre-
chend zum Einsatz kommen können und eine Person, die diese Ressourcen mitbringt auch ge-
fördert wird und Aufstiegsmöglichkeiten erhält, reicht es nicht, dass die Person über diese Fä-
higkeiten verfügt. Darüber hinaus müssen solche führungsrelevanten Fähigkeiten von den Ent-
scheidungsträgern der Organisation auch als relevant erachtet und der Person die entsprechen-
den Qualitäten zugeschrieben werden.

1.3.3.3 Selbstdarstellung und Einflussnahme im Führungskontext


In der Work-activity-Forschung (vgl. Rosenstiel, 2006) wird deutlich, dass Führungskräfte,
unabhängig von ihrer hierarchischen Stellung, Funktion und Branche, ca. 2/3 ihrer Arbeitszeit
kommunikativem Handeln widmen. Um andere durch kommunikatives Handeln zu beeinflussen
und zu führen, sind eine Reihe aufgaben- und beziehungsorientierte Verhaltensweisen nötig. In
welcher Relation steht dabei die Selbstdarstellung von Führungskräften zu anderen führungs-
relevanten Verhaltensweisen?

a) Direkte und indirekte Effekte


Die Handlungen von Führungskräften haben einen direkten und einen indirekten Effekt auf die
Mitarbeiter (vgl. Leary, 1989). Durch aufgaben- und beziehungsorientierte Verhaltensweisen
beeinflussen Führungskräfte direkt ihre Mitarbeiter und deren Reaktionen. Gleichzeitig steuert
die Führungskraft die Gruppenprozesse aber auch indirekt durch den Eindruck, den sie durch ihr
Verhalten bei ihrem Team hervorruft. Ein solcher Eindruck kann ein Nebenprodukt („secondary
impression“ nach Schneider, 1981) verschiedener führungsrelevanter Verhaltensweisen sein, die
nicht direkt darauf abzielen, einen bestimmten Eindruck zu erwecken. Oder das Hervorrufen
eines bestimmten Eindrucks ist Hauptziel bestimmter Handlungen, um damit die Reaktionen der
Mitarbeiter indirekt zu steuern („calculated impression“ nach Schneider 1981). Selbstdarstel-
lung beeinflusst durch den hervorgerufenen Eindruck die Reaktionen des Arbeitsumfeldes der
1 Theoretische und empirische Grundlagen 108

Führungskraft, womit die Effektivität und Produktivität z.B. eines Teams direkt und indirekt
gesteuert wird.

b) Pygmalion leadership style


Eine Führungskraft kann Selbstdarstellung gegenüber ihren Mitarbeiter gezielt dazu einsetzen,
die Leistung ihrer Mitarbeiter, aber auch ihre eigene Leistung zu steigern. Auch in der
transformationalen Führung wird betont, dass Führungspersonen, die hohe Erwartungen an die
Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter formulieren und gleichzeitig das Vertrauen ausdrücken, dass
diese Standards auch erreicht werden können, zu erhöhter Anstrengung der Mitarbeiter beitra-
gen und damit Leistung über die Erwartungen hinaus erreicht werden kann. Bringt ein Mitarbei-
ter andere dazu, ihn als kompetent anzusehen, steigert er die Erwartungen des Vorgesetzten und
seiner Kollegen an seine Leistung, womit diese ihn entsprechend dieser Erwartungen behandeln.
Somit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Leistung des Mitarbeiters verbessert.

Pygmalion im Management
Diese, als Pygmalion-Effekt (vgl. Rosenthal & Jacobson, 1986) bekannte self-fulfilling-
prophecy wurde erstmals von Livingston (1969; zitiert nach Eden, 1991) auf den Management-
Bereich angewendet. Die praktische Implikation des Pygmalion in management (vgl. Eden,
1991) ist, dass alles, was die Erwartungen des Vorgesetzten an seine Mitarbeiter bezüglich de-
ren Leistungsfähigkeit hebt, auch dazu beitragen kann, diese Leistung tatsächlich zu steigern.
Das Gegenteil kann allerdings eintreffen, wenn an die Leistungen des Mitarbeiters niedrige
Erwartungen gesetzt werden („Golem Effekt“; vgl. Eden, 1991). Aber nicht nur hohe Erwartun-
gen von Seiten des Vorgesetzten an den Mitarbeiter können dessen Leistung erhöhen, sondern
auch die Erwartung des Mitarbeiters an sich selbst. Ein solcher „Galatea-Effekt“ ist zu be-
schreiben als „the boost in subordinates‟ performance that results from directly raising their
self-expectations“ (Eden, 1991, p.16). Eden (1991) fasst einen Führungsstil, der solche Effekte
ausnutzt, unter dem Begriff Pygmalion leadership style zusammen.

Selbstdarstellung als Ausgangspunkt


Selbstdarstellung kann also als Werkzeug verwendet werden, um Leistungserwartungen auszu-
drücken. Die kausale Kette sieht dabei folgendermaßen aus: Die Selbstdarstellung des Mitarbei-
ters beeinflusst die Erwartungen und das daraus resultierende Verhalten des Vorgesetzten, das
wiederum Auswirkungen auf die Leistung des Mitarbeiters hat. Macht man sich also klar, dass
eine Self-fulfilling-prophecy mit Erwartungen beginnt und diese Erwartungen beeinflusst wer-
den können, wird deutlich, dass Self-fulfilling-prophecies willentlich herbeizuführen sind (vgl.
Eden, 1991). Um den Ausgangpunkt, die Erwartungen, zu steuern, ist eine entsprechende
Selbstdarstellung notwendig. Für eine Führungskraft der mittleren Hierarchieebene bedeutet
dies folgendes: Zum einen hat sie die Aufgabe, auf die Selbstdarstellung ihrer Mitarbeiter so zu
reagieren, dass sie durch herausfordernde, aber machbare Erwartungen deren Leistungsfähigkeit
steigert. Zum anderen sollte sie sich ihren eigenen Vorgesetzten gegenüber so darstellen, dass
sie hohe Leistungserwartungen an ihre eigene Person hervorruft, damit ein produktiver Pygma-
lion-Effekt bezogen auf die eigene Person entstehen kann.
1.3 Selbstdarstellung und Führung 109

1.3.3.4 Konsequenzen von Selbstdarstellung für die Organisation

a) Positive Konsequenzen
Damit Selbstdarstellung in Organisationen nicht nur für das Individuum gewinnbringend ist,
muss sie so eingesetzt werden, dass sie auch dazu beiträgt, Organisationsziele zu erreichen (vgl.
Giacalone et al., 1995). Selbstdarstellung einzelner Individuen ist dann gewinnbringend für die
Gesamtorganisation, wenn sie zu positiven Beziehungen beiträgt und die Harmonie in der Firma
stärkt. Es ist auch dann positiv zu werten, wenn durch Eindruckslenkung diejenigen Personen,
Ereignisse oder Produkte zur Geltung kommen, die zu den Zielen der Organisation positiv bei-
tragen. Außerdem kann Selbstdarstellung Entscheidungen erleichtern (z.B. Stellenbesetzungen)
und zu effektiven Entscheidungen beitragen (vgl. Giacalone et al., 1995). Die positiven Konse-
quenzen, die für die Organisation resultieren, wenn eine charismatische oder transformationale
Führungsidentität etabliert wird, wurden in Abschnitt 1.1 sowie 1.3.1.3 aufgezeigt.

b) Negative Konsequenzen
Was sind aber die Kosten individueller Selbstdarstellung im organisationalen Kontext? Gezielte
Selbstdarstellung verbraucht mentale Ressourcen. Führungskräfte, die sich stark damit aus-
einandersetzen, wie sie bei anderen ankommen, können nicht ihre gesamte Energie der Aufgabe
widmen (vgl. Baumeister, 1989). Es werden umso mehr mentale Energien verbraucht, je stärker
die Person ihre Selbstdarstellung anpassen muss. So verfügt jede Führungskraft über bestimmte
Selbstdarstellungsstile, die normalerweise aktiviert sind. Greifen solche Stile in bestimmten
Situationen jedoch nicht, muss die Person ihre Selbstdarstellung bewusst anpassen, wodurch
soziale Informationen weniger gut verarbeitet werden können (vgl. Baumeister & Hutton, 1987,
zitiert nach Baumeister, 1989). In einem solchen Kontext kann es zu einem Teufelskreis kom-
men, denn eine adäquate Selbstdarstellung bedarf einer präzisen Wahrnehmung der Erwartun-
gen und Reaktionen des Gegenübers. Muss sich die Person allerdings zu stark auf die Wahr-
nehmung und auf damit verbundene Selbstdarstellungshandlungen konzentrieren, ist sie weni-
ger aufmerksam gegenüber weiterer sozialer Information. Dies kann dazu führen, dass ihre
Selbstdarstellung in die falsche Richtung läuft und sozusagen am Publikum vorbei geht.

1.3.4 Fazit zu Selbstdarstellung und Führung

Im Folgenden werden die dargestellten theoretischen und empirischen Erkenntnisse zum Zu-
sammenhang von Selbstdarstellung und Führung zusammengefasst und zentrale Grundannah-
men für die vorliegende Arbeit abgeleitet. Darüber hinaus werden offene Fragen formuliert, die
sich aus den Inhalten des Abschnitts 1.3 ergeben.

Zusammenfassung und Grundannahmen


(1) Theorien charismatischer Führung können als Modelle der Selbstinterpretation aufge-
fasst werden. Die Theorien charismatischer Führung nach House (1977), Shamir et al.
(1993) und Gardner und Avolio (1998) sind als dynamische Interaktionsmodelle einzu-
ordnen, die charismatische Führung als Interaktionsphänomen begreifen. Das Selbst-
darstellungsverhalten der Person steht dabei im Mittelpunkt des reziproken Austauschs
zwischen der Führungsperson und den Geführten. Im Rahmen der Interaktion finden
Identifikationsprozesse statt, die Veränderungen in der Selbstsicht der Akteure bewir-
ken. Auf diesem Weg entstehen Teilidentitäten als Führende und Geführte.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 110

(2) Modelle zur Selbstdarstellung in Organisationen weisen praktische Relevanz auf. Die
praktische Nützlichkeit von Modellen zur Selbstdarstellung in Organisationen lässt sich
insbesondere für das dynamische Interaktionsmodell der Selbstinterpretation aufzeigen,
das die Grundlage der acht Schritte des Persönlichkeitscoachings (Riedelbauch und
Laux; 2011) darstellt. Auch Gardner und Avolio (1998) weisen auf die praktische Rele-
vanz ihres Modells für Coaching und Training von Führungspersonen hin. Martinko
(1991) stellt mit seinem Praktikermodell einen konkreten Leitfaden zur gezielten Ein-
druckslenkung zur Verfügung.
(3) Selbstdarstellung dient der aktiven Identitätsregulation. Selbstdarstellung wird dazu
eingesetzt, die jeweilige aktuelle Identität der erwünschten Identität anzunähern oder
diese gegen Bedrohungen zu schützen. Prozesse der Identitätsregulation werden als
Identity Enhancement, Identity Protection, Identity Adjustment und Identity Mainte-
nance beschrieben. Diese Auffassung der Funktion von Selbstdarstellung entspricht der
Vorstellung, dass sich über die Prozesse der Selbstinterpretation kontextabhängige Teil-
identitäten entwickeln, etablieren und verändern. Mit den vier Prozessen der Identitäts-
regulation wird die aktive Konstruktion von Identität hervorgehoben.
(4) Es lassen sich auf empirischem Weg systematische Zusammenhänge zwischen Führung
und Selbstdarstellungsformen und -strategien aufzeigen. Die Komplexität des Selbst-
konzepts als charismatische Führungsperson hängt positiv mit Self-monitoring zur
Etablierung einer charismatischen Führungsidentität zusammen. Prosoziale Formen der
Selbstdarstellung gehen mit charismatischer Führung einher. Transformationale Füh-
rungsstile und Kriterien des Führungserfolgs hängen positiv mit den Selbstdarstellungs-
strategien Excemplification und Ingratiation zusammen, sind jedoch negativ mit Self-
promotion und Intimidation assoziiert. Die Gruppe der Führungskräfte weist insgesamt
– wie in Abschnitt 1.2.8 als These für die transformationaler Führung abgeleitet – eine
akquisitive Selbstdarstellungsorientierung auf.
(5) Die zentralen Funktionen der Selbstdarstellung im Führungskontext lassen sich zu vier
Hauptaspekten zusammenfassen. Selbstdarstellung trägt maßgeblich zur Etablierung
und aktiven Regulation einer Führungsidentität bei und ermöglicht dem Akteur eine ge-
zielte Eindruckssteuereung, um persönliche Interessen zu verfolgen. Selbstdarstellung
dient darüber hinaus dazu, auf die Geführten (im prosozialen Sinne) Einfluss zu nehmen
und positive Effekte für die Gesamtorganisation zu erreichen. Selbstdarstellung kann
aber auch negative Effekte hervorrufen, die v.a. dann entstehen, wenn Selbstdarstellung
als Täuschung oder Manipulation genutzt wird oder zu viele Ressourcen der Person be-
ansprucht.
(6) Selbstinterpretation in der Rolle als Führungskraft kann als „individuelle Rollenausge-
staltung“ aufgefasst werden. Selbstdarstellungs- und rollentheoretische Auffassungen
von Führung weisen viele Parallen auf, zu denen folgendes Fazit gezogen wird: Unter
individueller Rollenausgestaltung wird die spezifische Selbstinterpretation einer Füh-
rungsperson in der Rolle als Führungskraft verstanden. Damit umfasst die Rollenausge-
staltung den produktiven Gestaltungsvorgang bei der Auswahl, der Wiedergabe und der
Auslegung von Selbst- und Rollenbildern sowie Prozesse der sozialen und personalen
Internalisierung innerhalb spezifischer Rahmenbedingungen. Für die Rollenausgestal-
tung ist es dabei bedeutsam, dass
 sich der Rolleninhaber seiner Aufgaben und der damit verbundenen Position be-
wusst ist (Rollendefinition beziehungsweise -klärung),
1.3 Selbstdarstellung und Führung 111

 der Rolleninhaber Handlungskonsequenzen, die sich aus den Aufgaben und


Rollen ergeben, stimmig nach außen vermitteln kann und
 der Rolleninhaber die Rolle gegen innere und äußere Widerstände durchsetzen
kann, indem er sich mit der Rolle identifiziert und von anderen als Rollenträger
anerkannt wird (d.h., dass er sich selbst führungsrelevante Attribute zuschreibt
und diese von den Interaktionspartnern zugeschrieben bekommt).
(7) Selbstinterpretation im Kontext der Rolle Führungskraft hat den Stellenwert, sich selbst
und der Umwelt zu vermitteln, wie die Führungsperson als einzigartige Persönlichkeit
die Rolle gestaltet und diese damit individualisiert. Der vorgegebene Rahmen der Füh-
rungsrolle definiert sich dabei
 aus den spezifischen Führungsaufgaben, den Erwartungen der relevanten Personen-
gruppen, der Unternehmenskultur und den Arbeitsstrukturen und
 aus einem weitgehenden Konsens im Unternehmen darüber, welche Verhaltenswei-
sen vom Positionsinhaber erwartet werden, um als erfolgreiche Führungsperson an-
erkannt zu werden (ein Modell oder Prototyp effektiver Führung im Rahmen einer
expliziten oder impliziten Führungstheorie).

Offene Fragen
Im Fazit zu Abschnitt 1.2 wurde die Frage aufgeworfen, wie die theoretisch-konzeptuellen
Überschneidungen zwischen transformationaler Führung und Selbstdarstellung aussehen. Dieser
Frage wurde in Abschnitt 1.3 mit der Darstellung und Interpretation der theoretischen Modelle
und empirischen Ergebnisse zur Führung und Selbstdarstellung nachgegangen. Es wurden Zu-
sammenhänge zwischen der charismatischen Führung im Besonderen und Führung im Allge-
meinen mit Prozessen der Selbstinterpretation und Formen der Selbstdarstellung deutlich.
Besonders das Rollenkonzept von Führung bietet einen geeigneten Rahmen, um Selbst-
interpretation als psychologisches Phänomen und Gestaltung der Führungsrolle als soziologi-
sches Phänomen aufeinander zu beziehen. Bei der Integration von rollen- und selbstdarstel-
lungstheoretischen Aspekten von Führung bleiben allerdings folgende Fragen zur spezifischen
Einordnung transformationaler Führung offen:
(1) Welcher Stellenwert kommt transformationalen Führungsprinzipien bei der individuel-
len Selbstinterpretation in der Rolle als Führungskraft zu?
(2) Kann die Ausgestaltung der Führungsrolle, die sich an transformationalen Führungs-
prinzipien orientiert, als Selbstinterpretationsstil konzeptualisiert werden?
1 Theoretische und empirische Grundlagen 112

1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback

In den beiden vorausgehenden Abschnitten wurde beschrieben, dass Führung als Interaktions-
phänomen aufgefasst werden kann. Führungsidentität entsteht demnach im Austausch zwischen
der Führungsperson und den Geführten. Möchte man Führungsverhalten und Wirkungen von
Führung beschreiben, so ist es gemäß der dargestellten Auffassung von Führung notwendig,
sowohl die Außen- als auch die Innensicht der Führungsperson zu berücksichtigen. Um Selbst-
und Fremdbilder einer Führungsperson in systematischer Form erfassen und abgleichen zu kön-
nen, eignet sich der Einsatz eines multiperspektivischen Führungsfeedbacks, in dessen Rahmen
Führungskräfte Rückmeldung von relevanten Personengruppen ihres Arbeitsumfeldes (Vorge-
setzte, Kollegen, Mitarbeiter und Kunden) erhalten. Die unterschiedlichen Rollen und Persön-
lichkeiten der Interaktionspartner und die damit verbundenen Erwartungen an die Führungsper-
son sowie die verschiedenen Sichtweisen des Verhaltens und der Wirkung der beurteilten Füh-
rungsperson, können somit in eine Reflexion des Führungsverhaltens einbezogen werden (vgl.
Runde, Kirschbaum & Wübbelmann, 2001).
In Abschnitt 1.4.1 werden die Grundlagen des multiperspektivischen Führungsfeed-
backs dargestellt. Abschnitt 1.4.2 widmet sich dem Phänomen, dass verschiedene Persönlich-
keitsmerkmale in unterschiedlicher Präzision sowohl aus der Außen- als auch aus der Innen-
perspektive beschrieben werden können. Gegenstand von Abschnitt 1.4.3 ist der Abgleich von
Selbst- und Fremdeinschätzungen, durch den das Ausmaß des Übereinstimmungsgrades zwi-
schen Innen- und Außenperspektive bestimmt werden kann. Abschnitt 1.4.4 zeigt auf, welchen
Beitrag das multiperspektivische Führungsfeedback zur Opimtierung der individuellen Selbst-
interpretation leisten kann. Dabei wird zwischen einer diagnostischen und einer Interventions-
funktion des multiperspektivischen Führungsfeedbacks unterschieden. In Abschnitt 1.4.5 wird
ein Fazit zum multiperspektivischen Führungsfeedback gezogen: Die dargestellten Inhalte wer-
den zu Grundannahmen für die vorliegende Arbeit zusammengefasst und Thesen zum Zusam-
menhang des Übereinstimmungsgrades zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen mit habi-
tuellen Formen der Selbstdarstellung abgeleitet.

1.4.1 Grundlagen zum Führungsfeedback

Es können verschiedene Varianten des multiperspektivischen Führungsfeedbacks unterschieden


werden. In allen dargestellten Varianten dienen schriftliche Befragungen als Datengrundlage
(zur Beschreibung der Grundlagen zum Führungsfeedback vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).

1.4.1.1 Varianten des multiperspektivischen Führungsfeedbacks


Wird die Aufwärtsbeschreibung der Führungsperson durch die Mitarbeiter mit der Selbstbe-
schreibung der Führungskraft und der traditionellen Abwärtsbeschreibung der Führungsperson
durch den direkten Vorgesetzten kombiniert, so wird von einem Sandwich-Modell gesprochen.
Wenn zusätzlich die Urteile von Kollegen und externen Partnern (z.B. Kunden, Zulieferer) ein-
geholt werden, dann wird das Vorgehen – entsprechend der „Rundum-Beschreibung“ der Füh-
rungsperson – als 360°-Feedback bezeichnet (vgl. Rathgeber, 2005). Sowohl die 270°-Methode
ohne Einbezug der Sichtweise externen Personen (z.B. Kunden) als auch das Sandwich-Modell
als 180°-Methode, werden in der Praxis häufiger eingesetzt, als das idealtypische Modell einer
Rundum-Beschreibung, da diese beiden Varianten ökonomischer sind und trotzdem eine Viel-
falt an wertvollen Informationen einbringen (vgl. Rathgeber, 2005). Dennoch hat sich der Be-
griff 360°-Feedback für verschiedene Arten der multiperspektivischen Einschätzung durchge-
1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback 113

setzt (vgl. Scherm & Sarges, 2002). Im Folgenden wird zur leichteren Lesbarkeit der verkürzte
Begriff Führungsfeedback vewendet, der alle Formen des multiperspektivischen Führungsfeed-
backs umfasst.

1.4.1.2 Schriftliche Befragungen als Datengrundlage


Die Datengrundlage für die Erstellung der Beurteilungsprofile stellen schriftliche Befragungen
in anonymisierter Form dar. Da die einzelnen Feedbackgebergruppen wie z.B. Mitarbeiter und
Kollegen die Führungskraft bezüglich verschiedener Tätigkeitsbereiche und Verhaltensaspekte
unterschiedlich gut einschätzen können, leisten sie mit ihrer Rückmeldung einen wertvollen
Beitrag zur umfassenden Identifizierung von Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten der
Führungsperson. Die Einschätzung erfolgt dabei nicht bezüglich fachlicher Kompetenzen. Es
geht um konkretes Verhalten in der beruflichen Interaktion mit den verschiedenen
Beurteilergruppen (vgl. Lehment, 1999) beziehungsweise um berufsbezogene Persönlichkeits-
merkmale (vgl. Hossiep & Paschen, 2003a). Die Führungskraft schätzt sich selbst bezüglich der
gleichen Merkmale ein, sodass Selbst- und Fremdeinschätzung abgeglichen und Diskrepanzen
und Übereinstimmungen ausgemacht werden können. Durch die Gegenüberstellung von Selbst-
und Fremdbildern kann die Führungskraft ihre Selbstwahrnehmung mit der Wirkung ihres Ver-
haltens auf andere Personen vergleichen (vgl. Hossiep & Paschen, 2003a).

1.4.1.3 Funktionen des 360°-Feedbacks


Die zentrale Funktion des 360°-Feedbacks als formalisiertes Rückmeldesystem besteht darin,
die persönliche Weiterentwicklung von Führungskräften zu unterstützen (vgl. Runde et al.,
2001). Damit wird das 360°-Feedback klar von Leistungsbeurteilung abgegrenzt. Das Führungs-
feedback ist nicht auf „objektive“ und „messbare“ Kriterien der Leistungsbeurteilung bezogen,
sondern auf subjektive Einschätzungen des Verhaltens und der Wirkung der Fokusperson durch
andere Personen. Ziel eines so verstandenen 360°- Feedbacks ist es, auf der Grundlage konkre-
ter Rückmeldung zu einer Verhaltensänderung beizutragen und den eingeschätzten Personen die
Möglichkeit zur Selbstentwicklung zu geben (vgl. Runde et al., 2001). Durch die vielfältigen,
spezifischen Sichtweisen und Erwartungen der relevanten beruflichen Interaktionspartner kön-
nen Merkmale der Führungsperson identifiziert werden, die über das Selbstwissen des
Coachingteilnehmers hinausgehen.
Insgesamt wird Feedback gegeben, um
 die Selbstbilder der Führungsperson um bisher nicht bewusst wahrgenommene Verhaltens-
weisen, Gefühle, Motive und Gewohnheiten zu erweitern,
 Selbstreflexionsprozesse bei der Führungskraft anzustoßen und damit eine differenzierte
Selbstbewertung eigener Merkmale zu ermöglichen,
 den Perspektivenwechsel zu trainieren und
 letztlich die aus der Innen- und Außensicht gewünschten Veränderungen im Führungsver-
halten zu identifizieren und als Grundlage für individuelle Coaching- und Trainingsziele
heranzuziehen
(vgl. Rathgeber, 2005 sowie Scherm & Sarges, 2002).

1.4.1.4 Ansatzpunkte für Veränderung


Der Abgleich von Selbst- und Fremdeinschätzungen ermöglicht es, Ansatzpunkte für Verände-
rungen abzuleiten: So können Diskrepanzen in der Selbst- und Fremdwahrnehmung auf bisher
von der Führungskraft vernachlässigte Aspekte ihrer Führungsaufgaben und -rollen hinweisen
1 Theoretische und empirische Grundlagen 114

und die Aufmerksamkeit der Führungskraft auf diese Bereiche lenken (vgl. Lehment, 1999).
Weiterhin kann ein Abgleich von Selbst- und Fremdbild wichtige Hinweise darauf geben, wie
die Führungskraft in ihrer Selbstdarstellung von außen wahrgenommen wird. Auf Basis dieser
Informationen kann die Führungskraft reflektieren, ob sie eine Änderung ihrer Außenwirkung
wünscht und welche Verhaltensänderungen dafür notwendig sind (vgl. Riedelbauch & Laux,
2011). Das Führungsfeedback dient oft als ein Baustein von Führungskräfteentwicklung. In
diesem Kontext kommt den Selbst- und Fremdeinschätzungen keine Beurteilungsfunktion zu,
sondern sie dienen dazu, spezifische Ressourcen und Entwicklungsziele zu identifizieren.

1.4.2 Persönlichkeitsmerkmale aus der Innen- und Außenperspektive

Eine Persönlichkeit lässt sich nur dann umfassend beschreiben, wenn sie sowohl aus der Innen-
als auch aus der Außenperspektive betrachtet wird (vgl. Laux, 2008). Im Folgenden werden
zwei Systematisierungsmöglichkeiten zur Beschreibung von Personmerkmalen aus der Innen-
und Außenperspektive dargestellt, denen im multiperspektivischen Feedback besondere Rele-
vanz zukommt (zur Darstellung der Systematisierungsmöglichkeiten vgl. Riedelbauch & Laux,
2011): Die Unterscheidung von inneren und äußeren Eigenschaften und die Systematik des
Johari-Fensters.

1.4.2.1 Innere und äußere Eigenschaften


Meist gehen wir davon aus, dass sich Personen im Beisein anderer Menschen nicht beliebig
verhalten, sondern bestimmte Selbstbilder selektieren und nur diejenigen nach außen darstellen,
die ihnen angemessen erscheinen. Wir haben also die implizite Annahme, dass eine Person über
mehr Informationen über sich selbst verfügt als ihre jeweiligen Interaktionspartner. Aufgrund
dieses Informationsvorsprungs kann die Person Informationen über sich selbst der Umwelt se-
lektiv zur Verfügung stellen. Es gibt allerdings auch Aspekte der Persönlichkeit, die den jewei-
ligen Interaktionspartnern besser zugänglich sind als der Person selbst.
Johnson (1997) unterscheidet zwischen äußeren Eigenschaften (behavioral traits), die
von außen direkt beobachtet werden können, und inneren Eigenschaften (emotional and
cognitive traits), auf die geschlossen werden muss. Die äußeren Eigenschaften sind Beschrei-
bungen von Verhalten (z.B. gesprächig oder klagsam), wohingegen die inneren Eigenschaften
die Gründe für die äußeren Eigenschaften darstellen (z.B. macht sich Sorgen). Der Zugang einer
Person zu ihren äußeren Eigenschaften ist ähnlich indirekt wie der Zugang anderer Personen zu
den inneren Eigenschaften der Person. Besonders deutlich wird dies z.B. bei der Charakterisie-
rung einer Person als charmant oder charismatisch. Ohne die Rückmeldung der Interaktions-
partner kann nicht entschieden werden, ob die Person charismatisch ist oder nicht. Dies wird
insbesondere in der Definition von Charisma nach House (1977) deutlich, der Charisma über
die Effekte charakterisiert, die das Verhalten der Führungsperson bei den Geführten hervorruft
(siehe 1.3.1.1). Charisma als Merkmal tritt also erst im Interaktionsverhalten zutage und wird
der Person von Interaktionspartnern dann zugeschrieben, wenn diese entsprechende Verhal-
tensweisen bei der Person beobachtet haben (z.B. selbstbewusstes Auftreten, glaubhafte Dar-
stellung eigener Überzeugungen), die wiederum bestimmte Wirkungen auf die Interaktions-
partner erzielen (z.B. Identifikation mit der Führungsperson und deren Werten und Zielen).
Insgesamt sehen sich Personen selbst stärker durch internale, private Erfahrungen und
gedankliche Prozesse charakterisiert, von anderen werden eher die nach außen getragenen Attri-
bute als wichtig für die Persönlichkeit angesehen (vgl. Funder & Colvin, 1997).
1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback 115

Bei der Interpretation von Selbst- und Fremdbeschreibungen ist also zu beachten, dass innere
Eigenschaften von der Person selbst valider eingeschätzt werden können als von anderen Per-
son, da sie von der Person selbst direkt erfahrbar sind. Beobachter müssen von äußeren Zeichen
wie verbalen Mitteilungen oder nonverbalem Verhalten auf die inneren Eigenschaften schlie-
ßen. Die Person selbst kann hingegen ihre äußeren Eigenschaften nicht direkt beobachten und
ist daher auf die Rückmeldung anderer Personen über diese Merkmale angewiesen. Daher ist
bei der Einschätzung äußerer Eigenschaften die Fremdbeschreibung valider als die Selbstbe-
schreibung (vgl. Johnson, 1997).

1.4.2.2 Systematisierung der Innen- und Außenperspektive: Das Johari-Fenster


Im Johari-Fenster (benannt nach Joe Luft und Harry Ingram; Luft, 1984) werden die unter-
schiedlichen Möglichkeiten der Zugänglichkeit von Persönlichkeitsmerkmalen und Verhaltens-
weisen entweder für die Person selbst und/oder für die Interaktionspartner systematisch betrach-
tet. Darüber hinaus stellt es eine Basis dar, um Zielsetzungen für Trainings- und
Coachingmaßnahmen abzuleiten (vgl. Hossiep & Paschen, 2003b).
In einem graphischen Modell mit vier Quadranten (siehe Abbildung 1.4.1) können die
Merkmale einer Person danach eingeordnet werden, ob sie nur der Person selbst, nur ihren
Interaktionspartnern oder aber beiden beziehungsweise niemandem bekannt sind (vgl. Luft,
1984). Die vier Quadranten repräsentieren damit die Gesamtperson in Relation zu anderen Per-
sonen.

Verhaltensbereiche die der Person selbst....

bekannt sind unbekannt sind

Öffentliche Person Blinder Fleck

bekannt
sind

die anderen
Personen...
Privatperson Unbekanntes

unbekannt
sind

Abbildung 1.4.1: Das Johari-Fenster (Abbildung modifiziert nach Hossiep & Paschen, 2003c)

a) Öffentliche Person
Der Bereich der öffentlichen Person (siehe Abbildung 1.4.1: schraffierte Fläche als Überschnei-
dungsbereich von Selbst- und Fremdbildern) repräsentiert Verhalten, Gefühle, Motive und Ge-
wohnheiten, die der Person selbst und anderen bekannt sind. Dieser Bereich bildet die Grundla-
ge für Interaktionen und Austausch zwischen Menschen. Besonders wichtig im organisationalen
Kontext ist die Annahme, dass es für eine effektive Zusammenarbeit einen großen Bereich ge-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 116

ben muss, der den Interaktionspartnern gemeinsam zugänglich ist (vgl. Luft, 1984). Das Füh-
rungsfeedback bildet eine Grundlage dafür, eine breitere Kommunikationsbasis zwischen Füh-
rungskraft und Personen des Arbeitsumfeldes zu schaffen und damit den Bereich der öffentli-
chen Person zu vergrößern.

b) Blinder Fleck
Der blinde Fleck (siehe Abbildung 1.4.1 schraffierte Fläche, die nur Fremdbilder, aber keine
Selbstbilder umfasst) bezieht sich auf individuelle Merkmale, die der Person selbst nicht be-
wusst, für andere Personen aber beobachtbar sind und die damit den äußeren Eindruck be-
einflussen. In diesen Bereich gehören zum Beispiel automatisierte Gewohnheiten, die der Per-
son selbst nicht (mehr) auffallen. In diesem Fall haben die Beobachter also mehr Informationen
über die Person als diese selbst. Indem Aspekte des blinden Flecks durch die Rückmeldung der
Außenwahrnehmung bewusst gemacht werden, kann die Führungsperson ihre Wirkung auf an-
dere Personen besser abschätzen (vgl. Hossiep & Paschen, 2003c).
Durch die Rückmeldung der Fremdeinschätzungen können blinde Flecken bewusst ge-
macht werden. Im blinden Fleck können sowohl unerwünschte Verhaltensweisen und Merkmale
verankert sein, die ggf. den äußeren Eindruck negativ beeinflussen, als auch erwünschte Verhal-
tensweisen und Merkmale vorliegen, die den äußeren Eindruck positiv beeinflussen. Indem
Aspekte des blinden Flecks bewusst gemacht werden, können also zum einen hinderliche
Merkmale erkannt und ggf. verändert werden. Zum anderen können aber auch unbewusste
Ressourcen aktiviert und damit bei der Ausgestaltung der Führungsrolle gezielt genutzt werden
(vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).

c) Privatperson
Der Quadrant der Privatperson (siehe Abbildung 1.4.1: schraffierte Fläche, die nur Selbstbilder,
aber keine Fremdbilder umfasst) bezieht sich auf Verhalten, Gefühle, Motive und Gewohnhei-
ten, die der Person selbst bekannt, die für andere aber nicht ersichtlich sind. Diese Merkmale
können Ausgangspunkte für eine strategische Selbstdarstellung sein, indem die Person aus dem
Pool von Selbstbildern diejenigen auswählt und nach außen präsentiert, die sie anderen Perso-
nen von sich vermitteln möchte. Bestimmte Eigenschaften sollen demnach verborgen bleiben,
von anderen soll das Publikum glauben, sie würden die Person kennzeichnen (vgl. Riedelbauch
& Laux, 2011).

d) Unbekanntes
Der Quadrant des Unbekannten bezieht sich auf Charakteristika der Person, die weder der Per-
son selbst noch anderen bekannt sind. Wird durch das Führungsfeedback eine offenere Kom-
munikation angestoßen, so können ggf. sogar Aspekte des Unbekannten beleuchtet werden,
indem Arbeitsbeziehungen gemeinsam reflektiert und Interaktionsmuster transparent gemacht
werden (vgl. Schorch, 2004).

e) Gesamtbild
Die Bereiche des blinden Flecks und der Privatperson machen darauf aufmerksam, dass eine
Auffassung von Persönlichkeit, die sich ausschließlich auf das Selbsturteil stützt, zu kurz greift
(vgl. Laux, 2008). Um ein Gesamtbild der Persönlichkeit zu erhalten, ist es daher notwendig,
auch die Einschätzung von Interaktionspartnern einzubeziehen.
1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback 117

1.4.3 Abgleich von Selbst- und Fremdeinschätzungen

Der zentrale Vorteil des multiperspektivischen Führungsfeedbacks gegenüber „einseitigen“


Beschreibungen des Führungsverhaltens ist die Möglichkeit, Selbst- und Fremdeinschätzung
abzugleichen. Die rückgemeldete Fremdeinschätzung spiegelt wieder, welchen Eindruck die
Führungskraft in ihrem Arbeitsumfeld von sich erzielt hat. Die Selbsteinschätzung ist Ausdruck
der Innensicht, die gleichzeitig Ausgangpunkt und Ergebnis der Prozesse der Selbstinterpreta-
tion darstellt. Die Zusammenschau von Selbst- und Fremdbildern gibt Aufschluss darüber, wel-
che Führungsidentität gemeinsam konstruiert wird.

1.4.3.1 Einflussfaktoren auf den Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschät-


zungen
Es zeigt sich, dass der Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen zum Füh-
rungsverhalten eher gering ist: So konnte Rathgeber (2005) in ihrer Untersuchung von 210 Per-
sonen der Automobilindustrie eine mittlere Selbst-Aufwärts-Korrelation in unbedeutender Höhe
von r = .06 feststellen, die allerdings sowohl auf positiven als auch auf negativen Korrelationen
in den einzelnen Führungsdimensionen beruht und daher nur eingeschränkt interpretiert werden
kann. Die höchsten Korrelationen zwischen Selbst- und Mitarbeitereinschätzungen liegen aller-
dings auch nur bei r = .36.
Worauf können solche schwachen Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdbe-
schreibungen zurückgeführt werden? Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie Selbst- und
Fremdeinschätzungen werden durch zahlreiche Faktoren bestimmt, deren jeweiliges Zusam-
menspiel und Gewichtung erheblichen Einfluss darauf haben, in welchem Ausmaß Selbst- und
Fremdbilder übereinstimmen. So können Abweichungen zwischen Selbst- und Fremdbildern
zum einen auf der verzerrten Wahrnehmung durch die Person selbst, aber auch auf dem Grad
der Genauigkeit in der interpersonellen Wahrnehmung beruhen (vgl. Hossiep et al., 2000). Jeder
Feedbackgeber konstruiert sich selbst seine eigene Eindrucksrealität, die mehr oder weniger
repräsentative Ausschnitte des beobachteten Verhaltens darstellt (vgl. Scherm & Sarges, 2002).
Eine Zusammenstellung der Einflussfaktoren auf die Selbstwahrnehmung und auf die Selbstein-
schätzung findet sich bei Atwater & Yammarino (1997), eine Auflistung der Einflussfaktoren
auf die Fremdwahrnehmung und -einschätzung bei Hossiep et al. (2000) sowie Scherm & Sar-
ges (2002). Im Zusammenhang mit dem Selbstdarstellungsverhalten einer Person sind folgende
Einflussfaktoren auf den Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzung von Be-
deutung: Die Selbstdarstellung der Person bei der Selbsteinschätzung und die Einschätzbarkeit
der Person in Abhängigkeit ihrer Selbstdarstellungsstile.

a) Selbstdarstellungstendenzen bei der Selbstbeschreibung


Personen neigen bei der Selbstbeschreibung dazu, „wahre“ Informationen über die eigene Per-
son zu selektieren und nur vorteilhafte Informationen zu präsentieren. Paulhus (1984) unter-
scheidet diesbezüglich zwischen der Tendenz, im Fragebogen impression management zu be-
treiben, um vor anderen Personen gut dazustehen und self-deception, als Tendenz, vor sich
selbst gut dastehen zu wollen. Beide Tendenzen können Einfluss auf das Antwortverhalten der
Person nehmen und die Validität des Fragebogens beeinträchtigen. Außerdem ist es nicht nur
wichtig, das, was eine Person über sich mitteilt zu beachten, sondern auch das, was sie ver-
schweigt. Eindrücke werden nicht nur gesteuert, indem sich Personen auf eine bestimmte Art
und Weise beschreiben, sondern auch durch die Informationen, die ausgelassen werden. Leary
(1995) spricht hierbei von „exclusionary self-presentation tactics“ (p. 18). Weichen Selbst- und
1 Theoretische und empirische Grundlagen 118

Fremdeinschätzungen voneinander ab, so kann dies nach dieser Interpretation auf eine beschö-
nigende Selbstbeschreibung zurückgeführt werden.

b) Selbstdarstellungstile
Die Bereitschaft einer Person, etwas von sich Preis zu geben, beeinflusst die Genauigkeit, mit
der ihre Persönlichkeit eingeschätzt werden kann (vgl. Hossiep et al., 2000). Merkmale der
handelnen Person, die mit deren Einschätzbarkeit zusammenhängen, wurden von Colvin (1993)
untersucht: Personen, die ein wenig berechenbares und stärker situationsabhängiges Verhalten
zeigen, lassen sich schwieriger einschätzen. Hingegen zeigen leichter einschätzbare Personen
ein transparenteres Verhalten. Bei der Beschreibung der Persönlichkeitsdarsteller nach Laux
und Renner (2002) wurde hervorgehoben, dass diese zu einer authentischen Vermittlung von
Selbstbildern neigen und daher eher eine situationsübergreifende Konsistenz des Verhaltens
aufweisen (siehe 1.2.7.3). In der Konsequenz kann davon ausgegangen werden, dass Selbst- und
Fremdeinschätzungen bei Persönlichkeitsdarstellern eher übereinstimmen, als bei Personen mit
einer geringeren Authentizitätsneigung. Cheek (1982) konnte darüber hinaus zeigen, dass die
Ausprägung einer beurteilten Person auf der Subskala Acting ability die Kongruenz von Selbst-
und Fremdeinschätzungen moderiert (siehe 1.2.7.2). Cheek führt dies darauf zurück, dass
Selbstdarstellung eine soziale Fertigkeit darstellt, mit deren Hilfe eine Person ihre Selbstbilder
erfolgreich nach außen vermitteln kann. Die Genauigkeit der Fremdeinschätzung einer Person
wird hingegen gemindert, wenn eine hohe Rollenvariabilität vorliegt (vgl. Colvin, 1993) und
das Verhalten der Person damit wenig berechenbar und stark situationsabhängig ist (Tendenz zu
protektiver Selbstüberwachung; siehe 1.2.7.2).

1.4.3.2 Vier Arten von Selbsteinschätzern nach Yammarino und Atwater (1993)
Im Arbeitskontext ist es für Personen wichtig zu wissen, wie sie wahrgenommen werden. So
beeinflusst
 der Eindruck, den eine Führungskraft bei Vorgesetzten macht, deren Belohnungs- und Be-
förderungsentscheidungen,
 die Wahrnehmung der Führungsperson durch die Mitarbeiter deren Verhalten, Selbstkon-
zept und Leistungsbereitschaft,
 der Eindruck, den die Führungskraft bei den Kollegen macht, die Effektivität der Zusam-
menarbeit und
 die Wahrnehmung der Führungsperson durch die Kunden den Verkaufserfolg (vgl. Atwater
& Yammarino, 1997).
Van Velsor, Rudermann & Young (1991; zit. nach Hossiep et al., 2000) haben aller-
dings in einer Studie zu Selbst- und Fremdeinschätzung gezeigt, dass sich nur 10 % der an der
Studie teilnehmenden Manager so beschrieben, dass es der jeweiligen Fremdeinschätzung ent-
sprach. Bei den restlichen 90% ergaben sich markante Unterschiede in Selbst- und Fremdein-
schätzung. Dabei besteht die häufigste Abweichung in der Überschätzung der eigenen Fähigkei-
ten im Umgang mit anderen Menschen.

In einem Modell zum Übereinstimmungsgrad von Yammarino & Atwater (1993) werden die
Unterschiede in der Selbst- und Fremdeinschätzung systematisch kategorisiert und vier Arten
von Selbsteinschätzern unterschieden (siehe Abbildung 1.4.2): Die Überschätzer
(Overestimator), die Unterschätzer (Underestimator) und die realistischen Selbsteinschätzer.
Letztere werden unterteilt in solche, die in Selbst- und Fremdbeschreibungen einheitlich positiv
eingeschätzt werden (In-Agreement/Good) und solche, die sich in Bezug auf die Verhaltenskri-
1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback 119

terien schlecht einschätzen und auch von anderen diesbezüglich eher negativ beurteilt werden
(In-Agreement/Poor). Dabei ist der Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzung
definiert als „[...] the degree of agreement or congruence between self- and other-
evaluations/ratings“ (Yammarino & Atwater, 1993, p. 231).

Fremdeinschätzung Fremdeinschätzung
hoch niedrig

Selbsteinschätzung Übereinstimmende
Überschätzer
hoch positive Einschätzung
(Overestimator)
(In-Agreement/Good)

Selbsteinschätzung Übereinstimmende
Unterschätzer
niedrig negative Einschätzung
(Underestimator)
(In-Agreement/Poor)

Abbildung 1.4.2: Vier Kategorien der Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung (Ab-
bildung nach Riedelbauch & Laux, 2011)

Fleenor, McCauley & Brutus (1996) schlagen eine Differenzierung der vier Kategorien vor und
ergänzen diese um zwei weitere: Overestimators/Good sowie Underestimators/Poor. In einer
Studie mit 2056 Managern zeigen sie auf, dass nach dem Vier-Gruppen-Modell nach
Yammarino und Atwater sowohl die Beurteilten der Kategorie In-Agreement/Good als auch der
Kategorie Unterschätzer von ihren Vorgesetzten positiver bewertet wurden als die Überschätzer.
Nach dem Sechs-Gruppen-Modell der Autoren unterschieden sich die Führungskräfte, die den
Kategorien In-Agreement/Good, Underestimator/Good und Overestimator/Good zugeteilt wur-
den in Bezug auf ihre Führungseffektivität nicht voneinander.
Im empirischen Teil der Arbeit wird aufgrund der eindeutigeren Zuordnung von Füh-
rungspersonen zu einer der Gruppen der Selbsteinschätzer das Vier-Gruppen-Modell nach
Atwater und Yammarino (1993) herangezogen.

1.4.3.3 Konsequenzen des Übereinstimmungsgrades


Welche Konsequenzen sich aus der Genauigkeit der Selbsteinschätzung für die Führungskraft
und das Unternehmen ergeben, ist ebenfalls Gegenstand des Modells der Selbstwahrnehmungs-
genauigkeit von Yammarino und Atwater. Nach diesem Modell gibt es einen Zusammenhang
zwischen der Übereinstimmung von Selbst- und Fremdeinschätzung und der Wirksamkeit von
Führungskräften (vgl. Atwater & Yammarino, 1997). Wie sieht dieser Zusammenhang aus?

a) Ergebnisse empirischer Studien


Nicht nur für das Individuum, sondern auch für die Organisation resultieren aus einer Diskre-
panz zwischen Selbst- und Fremdbild negative Konsequenzen. Dies ist bei Überschätzern der
Fall, aber auch dann, wenn die Beurteilung aus Selbst- und Fremdsicht zwar übereinstimmt,
aber negativ ist („In-Agreement/Poor“). Positive Konsequenzen für das Individuum und die
Organisation resultieren hingegen dann, wenn Selbst- und Fremdeinschätzungen übereinstim-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 120

mend positiv ausfallen („In-Agreement/Good“). Bei Unterschätzern lassen sich negative wie
auch positive Konsequenzen finden (vgl. Yammarino & Atwater, 1993).
Atwater und Yammarino (1992) führten eine Studie mit Studierenden der Marineaka-
demie (N = 91) beziehungsweise Marineoffizieren der U.S. Armee (N = 158) durch. Sie konn-
ten aufzeigen, dass die prädiktive Validität von Auswahlverfahren auf das tatsächliche Füh-
rungsverhalten sowie des Führungsverhaltens auf Erfolgsvariablen von Führung in Abhängig-
keit davon variiert, welcher der vier Kategorien von Selbsteinschätzern die Versuchspersonen
zugeordnet wurden. Die Zusammenhänge zwischen dem Führungsverhalten und dem Führungs-
erfolg waren für diejenigen Offiziere am höchsten, die der Übereinstimmungskategorie In-
Agreement/Good zugeordnet wurden. Das Führungsverhalten wurde mit den Skalen zur
transformationalen Führung des MLQ (siehe 1.1.4) erfasst. Die Autoren schlussfolgern, dass
„Selbsterkenntnis“ (operationalisiert durch den Übereinstimmungsgrad) eine Moderatorvariable
für die Beziehung zwischen dem Führungsverhalten und Prädiktoren und Erfolgsvariablen von
Führung darstellt. Sie weisen darauf hin, dass eine Differenzierung von Führungspersonen nach
den vier Gruppen in zukünftigen Studien angebracht ist, wenn Führungsverhalten vorhergesagt
werden soll. Das Führungsverhalten derjenigen Führungspersonen, die die überhöhtesten
Selbsteinschätzungen aufwiesen, wurde von den Geführten als am wenigsten transformational
beschrieben.
Auch Sosik (2001) beschäftige sich in einer Studie mit 83 Führungskräften, die von 249
Mitarbeitern und 83 Vorgesetzten eingeschätzt wurden, mit dem Einfluss der Selbsterkenntnis
der Manager (operationalisiert durch den Übereinstimmungsgrad) auf Arbeitseinstellungen so-
wie auf die Beziehung zwischen charimatischem Führungsverhalten und der Leistung der jewei-
ligen Führungskraft. Auch in dieser Studie resuliert das Ergebnis, dass der Zusammenhang zwi-
schen Arbeitseinstellungen, charismatischer Führung und dem Ausmaß der Leistung der Füh-
rungsperson als Funktion der Selbsterkenntnis der Führungsperson variiert.
Es sei aber darauf hingewiesen, dass es auch andere Untersuchungsergebnisse zu die-
sem Themengebiet gibt: So haben Fleenor et al. (1996) gezeigt, dass wirksames Führungsver-
halten weniger stark durch den Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschät-
zungen vorhergesagt wird, als durch die von anderen eingeschätzte Führungseffektivität der
Fokusperson: „What predicts effectiveness is the level of performance as seen by others, not the
relation of self-ratings to that level of performance“ (Fleenor et al., 1996, p. 502).
Welche Veränderungen werden durch das Führungsfeedback in Abhängigkeit vom
Übereinstimmungsgrad hervorgerufen? Johnson und Ferstl (1999) verglichen Selbst- und Mit-
arbeitereinschätzungen zu zwei Zeitpunkten im Abstand von einem Jahr. Sie konnten zeigen,
dass Führungspersonen, die sich selbst überschätzten, ihre Leistung aus Sicht der Mitarbeiter bis
zum zweiten Messzeitpunkt verbesserten. Unterschätzer tendierten hingegen dazu, in ihrem
Leistungsniveau aus Sicht der Mitarbeiter abzusinken. Von der Tendenz her schätzten sich da-
rüber hinaus sowohl die Personen, die zum ersten Messzeitpunkt als Überschätzer klassifiziert
wurden, als auch die Personen mit einer übereinstimmenden Einschätzung, zum zweiten Mess-
zeitpunkte niedriger ein als zum ersten. Für Unterschätzer zeigte sich das gegenläufige Muster.
Insgesamt passen sich die Führungspersonen also zum zweiten Messzeitpunkt in ihrer Selbst-
einschätzung der Fremdeinschätzung an. Überschätzer können darüber hinaus eine Leistungs-
verbesserung erzielen. Diese kann nicht vollständig durch Regression zur Mitte erklärt werden
(vgl. Johnson & Ferstl, 1999).
1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback 121

b) Moderatoren der Zusammenhänge


Die entsprechenden Konsequenzen beruhen auf verschiedenen Faktoren: „Bezogen auf das In-
dividuum gilt, dass Menschen, die sich selbst realistisch einschätzen, eher in der Lage sind, ihre
Leistungen zu verbessern“ (Hossiep et al., 2000, S.238; Kursivdruck i.O.). Über- oder Unter-
schätzer können ihre Stärken und Schwächen weniger gut wahrnehmen und bringen daher keine
adäquate Anstrengung zur Lösung einer Aufgabe auf. Weiterhin gibt es nach Ashford (1986)
einen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit, sich realistisch einzuschätzen und der Fähigkeit,
Rückmeldung konstruktiv zu verwerten. Personen mit einer realistischen Selbsteinschätzung
können leichter Hinweise von anderen annehmen und sind eher bereit, ihr Verhalten dement-
sprechend zu verändern.

c) Zusammenfassung
Insgesamt konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass sich Führungskräfte, die sich in
Kongruenz mit der Außensicht einschätzen, erfolgreicher und effektiver im Job sind, sowie als
transformationaler und charismatischer eingeschätzt werden als solche, deren Selbsteinschät-
zung von der Fremdeinschätzung abweicht.

1.4.4 Beitrag des Führungsfeedbacks zur Optimierung der individuellen Selbstinterpre-


tation

Was kann ein Führungsfeedback zur Reflexion und Optimierung der individuellen Selbstinter-
pretation in der Führungsrolle beitragen und an welchen Komponenten der Selbstinterpretation
setzt es an?
Dem Führungsfeedback kommt in Hinblick auf die Komponenten der Selbstinterpreta-
tionsprozesse zunächst einmal eine diagnostische Funktion zu. Sind generelle Abweichungen
zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen festzustellen, ist gemeinsam mit der Führungskraft
zu eruieren, ob dies an mangelnden Fertigkeiten zu einer adäquaten Darstellung oder an einer
unzureichenden Wahrnehmungsfähigkeit liegt. Sind Abweichungen oder niedrige Einschätzung
in bestimmten Bereichen auffällig, so sollte dieser Bereich Gegenstand einer detaillierten Klä-
rung und/oder Modifikation von z.B. spezifischen Fähigkeiten, Motiven und Verhaltensweisen
sein (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011; Schorch, 2004). Durch die rückgemeldeten Ergebnisse
der Fremdeinschätzungen wird der Führungskraft verdeutlicht, welche Wirkung sie mit ihrer
Darstellung nach außen erzielt. Gleichzeitig nehmen die Feedbackgeber über die Rückmeldung
der Fremdbilder Einfluss auf die aktuellen Selbstbilder der Führungskraft. In dem Moment, in
dem Feedback über die Außenwirkung der Führungskraft gegeben wird, nimmt dieses wiede-
rum Einfluss darauf, wie die Führungskraft sich selbst sieht. Der Feedbackprozess an sich ver-
ändert also bereits den in der Selbst- und Fremdbefragung erfassten Status quo, stößt Verände-
rungsprozesse an und erfüllt damit ebenfalls eine Interventionsfunktion. Durch die Rückmel-
dung von Fremdbildern kann eine Internalisierung dieser Fremdbilder erfolgen und somit das
Selbstkonzept verändert werden. Rückgemeldete Diskrepanzen können auch die Motivation der
Führungskraft zu einer gezielten Selbstdarstellung erhöhen. Insgesamt kann das Führungsfeed-
back dazu beitragen, die Reflexionsfähigkeit der Führungskraft zu fördern und deren Aufmerk-
samkeit auf ihre Außenwirkung und ihr Selbstdarstellungsverhalten zu lenken (vgl. Riedelbauch
& Laux, 2011; Schorch, 2004).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 122

1.4.4.1 Führungsfeedback als diagnostisches Instrument


Das multiperspektivische Führungsfeedback fungiert bezüglich folgender Komponenten der
Selbstinterpretation als diagnostisches Instrument:

a) Innensicht
Im Führungsfeedback schätzt sich die Führungskraft hinsichtlich verschiedener Aspekte ihres
Führungsverhaltens in offenen und geschlossenen Fragen ein. Die Selbstbeschreibungen können
sich auf den Ist-Zustand beziehen, also darauf, wie die Führungskraft selbst ihr Führungsverhal-
ten wahrnimmt. Zum anderen kann sowohl durch offene Fragen, als auch durch die Erhebung
eines Wunsch- oder Soll-Profils in standardisierten Fragebogen erfasst werden, wie die Füh-
rungskraft in Bezug auf bestimmte Führungsaspekte gerne wäre – also wie ihr angestrebter Soll-
Zustand aussieht (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011). Indem sich die Führungskraft selbst ein-
schätzt, macht sie für sich und andere explizit, über welche führungsbezogenen, realen, idealen
und normativen Selbstbilder sie verfügt. Das Führungsfeedback dient demnach als diagnosti-
sches Instrument dazu, Teile des führungsbezogenen Selbstkonzeptes transparent zu machen
(vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).

b) Außensicht
Darüber hinaus trägt das Führungsfeedback dazu bei, Aspekte des Führungsverhaltens zu identi-
fizieren, die im Selbstwissen der Führungskraft nicht verankert, anderen Personen aber zugäng-
lich sind. Indem solche Aspekte des blinden Flecks zurückgemeldet werden, kann die Füh-
rungsperson die Wirkung ihrer Selbstdarstellung besser überprüfen und genauer auf die Anfor-
derungen der Situation abstimmen. Außerdem kann sie Reaktionen anderer Personen, die sich
auf die im blinden Fleck liegenden Aspekte des Verhaltens beziehen, besser einordnen und so-
mit adäquater mit ihnen umgehen (vgl. Schorch, 2004). Insgesamt können durch das Führungs-
feedback – abhängig von der Art der Instruktion in standardisierten Fragebogen und der Formu-
lierung offener Fragen – sowohl reale, als auch erwünschte und normative Fremdbilder als Teil-
komponenten der Außensicht erfasst werden (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).

c) Abgleich von Innen- und Außensicht


Selbst- und Fremdeinschätzung können abgeglichen und damit Übereinstimmungen oder
Diskrepanzen transparent gemacht werden. Diskrepanzen können zum einen Auskunft darüber
geben, in welchen Bereichen die Selbstdarstellung der Führungskraft nicht eindeutig ist oder
nicht ihren Selbstbildern entspricht; zum anderen können sie die Motivation der Führungskraft
erhöhen, ihrer Selbstdarstellung Aufmerksamkeit zu widmen (vgl. Schorch, 2004). Der Ver-
gleich von Selbst- und Fremdeinschätzungen kann dazu beitragen, individuellen und organisa-
tionalen negativen Konsequenzen entgegenzuwirken, die aus einer Selbstüber- oder Selbstunter-
schätzung der Führungskraft resultieren (siehe 1.4.3.3). Die Erfassung des gewünschten Soll-
Zustandes des Führungsverhaltens aus Sicht der Führungskraft und der Feedbackgeber ermög-
licht es, Erwartungen abzugleichen. So können erwünschte Entwicklungsrichtungen transparent
gemacht und daraus Ziele für die Führungskraft abgeleitet werden, die sowohl die Vorstellun-
gen der Führungskraft berücksichtigen, als auch die Ansichten ihrer Interaktionspartner einbe-
ziehen (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).
1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback 123

d) Förderung von Wahrnehmungs- und Handlungskompetenzen


Die Ergebnisse des Führungsfeedbacks können auch als Grundlage dafür dienen, über die Kom-
petenzfelder zu entscheiden, die in einem individuellen Personalentwicklungsprogramm für die
jeweilige Person relevant sind. Somit können Förderprogramme passgenauer auf die vorhande-
nen oder zu entwickelnden individuellen Kompetenzen zugeschnitten werden (vgl. Scherm &
Sarges, 2002). Für Personen, deren Selbsteinschätzung generell stark von der Einschätzung
durch andere Personen abweicht, kann es sinnvoll sein, sich in Interventionsmaßnahmen auf den
Auf- und Ausbau entsprechender Wahrnehmungs- und Selbstdarstellungskompetenzen zu kon-
zentrieren. Wenn Selbst- und Fremdeinschätzungen in spezifischen Bereichen des Führungsver-
haltens Defizite aufdecken, so kann die Führungsperson speziell in diesen Bereichen trainiert
oder gecoacht werden (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).

1.4.4.2 Führungsfeedback als Intervention


Das Führungsfeedback erfüllt nicht nur diagnostische Funktion, sondern stößt zugleich Verän-
derungsprozesse an.

a) Veränderungen im Selbstkonzept
Veränderungen im Selbstkonzept können Folge von Internalisierungsprozessen sein: So kann
beispielsweise durch das explizite Feedback von Ressourcen (z.B. Begeisterungsfähigkeit der
Führungsperson), die von den Mitarbeitern im Führungsfeedback geschildert wurden, das
Selbstkonzept um kompetenzbezogene Selbstbilder, die sich auf diese Ressourcen beziehen
(z.B. „ich kann andere begeistern“), erweitert werden. Feedback kann nach Swann (1987) auch
eine verstärkte internale Aufmerksamkeit bezüglich des betroffenen Selbstkonzeptbereiches
hervorrufen. Durch die entsprechende Rückmeldung werden selbstkonzeptrelevante Inhalte
schneller aus dem Gedächtnis abgerufen und sind somit besser verfügbar. Die Person beschäf-
tigt sich intensiver mit ihrem Selbstkonzept und nimmt unter Umständen dann auch Änderun-
gen vor (vgl. Hossiep et al., 2000). Ob Informationen aus der Rückmeldung von anderen Perso-
nen, die dem Selbstkonzept widersprechen, von der Person aufgenommen werden oder nicht,
hängt von der subjektiven Wichtigkeit des jeweiligen Selbstkonzeptbereiches ab:
Je größer die Bedeutung des betroffenen Bereiches für die Person ist, desto abweisender
und nachhaltiger wird sie auf äußere Bedrohungen reagieren […], da gerade elementare
Selbstkonzeptbereiche in einer engen Beziehung zu den Zielen und Zukunftsplänen einer
Person stehen (Hossiep et al., 2000, S. 206).
Zentrale Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die Art der Rückmeldung der Ergebnisse an
die beurteilte Person. Aufgabe der rückmeldenden Person kann es sein, die Führungskraft bei
der konstruktiven Interpretation der Ergebnisse zu unterstützen. Eine Konfrontation der beurteil-
ten Person mit den Fremdbildern erfordert ein hohes Maß an Bereitschaft, sich konstruktiv und
selbstkritisch mit den Hinweisen auseinander zu setzen, v.a. dann, wenn Selbst- und Fremd-
wahrnehmung stark voneinander abweichen (vgl. Hossiep et al., 2000). Riedelbauch und Laux
(2011) geben Hinweise darauf, was in Feedbackgesprächen zur Rückmeldung der Ergebnisse
allgemein beachtet werden sollte und wie im Speziellen die Feedbackgespräche bei den vier
Gruppen von Selbsteinschätzern gestaltet werden können.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 124

b) Veränderung von Selbstdarstellungsmustern


Stellt die Führungskraft aufgrund der Rückmeldung der Fremdeinschätzungen fest, dass die
Darstellung ihrer Selbstbilder bei anderen Personen einen anderen Eindruck hinterlässt als sie es
wünscht, kann sie ihre habituellen Selbstdarstellungsmuster reflektieren, andere Verhaltenswei-
sen zur gezielten Selbstdarstellung nutzen und/oder andere Selbstbilder für die Darstellung nach
außen auswählen. Es kann aber auch zu einer kognitiven Umstrukturierung dahingehend kom-
men, dass die Führungskraft sich angemessenere Ziele setzt, ihre Fähigkeiten und Schwächen
realistischer einschätzt und in der Konsequenz mit diesen effektiver umgeht (vgl. Riedelbauch
& Laux, 2011; Schorch, 2004).

c) Feedback als Lern- und Reflexionsimpuls


Gerade die im Führungsfeedback zu Tage tretenden Differenzen in Selbst- und Fremdeinschät-
zungen, können Reflexionsprozesse anstoßen und Lernimpulse setzen (vgl. Scherm & Sarges,
2002). Scherm und Sarges (2002) bewerten die Lerneinsichten einer Führungskraft als entschei-
denden Treiber beruflicher Entwicklung. Lerneinsicht setzt sich zusammen aus dem Potenzial
einer Person und aus ihren Erfahrungen. Eine zentrale Stellung beim Lernen aus Erfahrung
nimmt das Feedback ein, d.h. die Rückmeldung zum eigenen Verhalten von unterschiedlichen
Personen des Umfeldes:
Um nachhaltige Lernprozesse einzuleiten, müssen auf Seiten der Führungskraft die Bereit-
schaft und die Fähigkeit vorhanden sein, die Wahrnehmung der eigenen Person mit der
Sicht der Umgebung abzugleichen (Scherm & Sarges, 2002, S. 14).
Indem im Führungsfeedback das Verhalten der Fokusperson in relevanten Tätigkeitsbereichen
thematisiert und ein kompakter Vergleich von Selbst- und Fremdwahrnehmung vorgenommen
wird, kann bei der Person eine kritische Reflexion der eigenen Merkmale und Verhaltensweisen
angestoßen werden. Diese Reflexion von Erfahrungen, das Auswerten von Feedback, ermög-
licht nachhaltige Lernprozesse (vgl. Scherm & Sarges, 2002).

d) Veränderung der Fremdbilder


Die Feedbackgeber beschäftigen sich durch die Einschätzung des Führungsverhaltens der Fo-
kusperson und durch die Angaben darüber, was die Fokusperson besser machen könnte, intensiv
mit der Führungskraft. Sie reflektieren ihre persönliche Beziehung zur Führungsperson, machen
sich Gedanken darüber, wie sie sich diese Beziehung wünschen würden und setzen sich damit
auseinander, wie die Führungskraft auf sie wirkt. Allein durch diese Reflexion kann sich die
Wahrnehmung der Feedbackgeber ändern, da sie ihre Aufmerksamkeit stärker auf bestimmte
Aspekte des Führungsverhaltens lenken und dieses insgesamt genauer beobachten (vgl.
Schorch, 2004).
1.4 Multiperspektivisches Führungsfeedback 125

1.4.5 Fazit zum multiperspektivischen Führungsfeedback

Die dargestellten theoretischen Grundlagen zum multiperspektivischen Führungsfeedback las-


sen sich zu folgenden Grundannahmen für die vorliegende Arbeit zusammenfassen:

Zusammenfassung und Grundannahmen:


(1) Nach der interaktionistischen Auffassung von Führung ist es unerlässlich, bei der Erfas-
sung des Führungsverhaltens sowohl die Innensicht der Führungsperson als auch die
Außensicht der Geführten zu berücksichtigen. Dies ist durch das Instrument des multi-
perspektivischen Führungsfeedbacks möglich.
(2) Das multiperspektivische Führungsfeedback umfasst verschiedene Varianten des Feed-
backs, von der Aufwärts- oder Abwärtsbeschreibung bis hin zu einer Rundumbeschrei-
bung der Führungsperson aus der Sicht von Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern und
Kunden. In der vorliegenden Arbeit wird zur Vereinfachung der Begriff Führungsfeed-
back für alle Varianten des multiperspektivischen Führungsfeedbacks verwendet.
(3) Da im Führungsfeedback sowohl die Innen- als auch die Außensicht einer Person be-
rücksichtigt werden, kann mit dessen Hilfe ein „Gesamtbild“ der Persönlickeit im Füh-
rungskontext erstellt werden. Es können sowohl innere als auch äußere Eigenschaften
erfasst und damit alle Quadranten des Johari-Fensters berücksichtigt werden.
(4) Die Art und Weise der Selbstdarstellung einer Person nimmt Einfluss auf den Über-
einstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen. Personen mit einer hohen
Authentizitätsneigung sowie hohen Selbstdarstellungskompetenzen sind für andere Per-
sonen leichter einzuschätzen als Personen mit einer hohen Rollenvariabilität.
(5) Es können vier Kategorien von Selbsteinschätzern unterschieden werden, die mit unter-
schiedlichen Konsequenzen einhergehen: Überschätzer, Unterschätzer, Personen mit ei-
ner übereinstimmenden positiven Einschätzung (In-Agreement/Good) und Personen mit
einer übereinstimmenden negativen Einschätzung (In-Agreement/Poor). Die Zugehö-
rigkeit zu einer der Kategorien hat Einfluss auf den Zusammenhang des Führungsver-
haltens mit Erfolgsvariablen von Führung und der Leistung der Führungsperson. Füh-
rungspersonen mit einem höheren Ausmaß an Selbsterkenntnis (operationalisiert durch
den Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen) werden insge-
samt als erfolgreicher und effektiver beurteilt und weisen höhere Ausprägungen im
transformationalen beziehungsweise charismatischen Führungsverhalten auf als Füh-
rungspersonen, die sich über- oder unterschätzen. Darüber hinaus kann aufgezeigt wer-
den, dass sich Führungspersonen bei wiederholter Durchführung eines Führungsfeed-
backs in ihrer Selbsteinschätzung an die Fremdeinschätzung anpassen. Zudem ver-
bessern Überschätzer aus Sicht der Mitarbeiter ihre Leistung bis zum zweiten Messzeit-
punkt, Unterschätzer sinken aus Sicht der Mitarbeiter in ihrem Leistungsniveau ab.
(6) Dem Führungsfeedback kommt in Hinblick auf die Selbstinterpretation einer Person in
der Führungsrolle sowohl diagnostische Funktion als auch Interventionsfunktion zu.
Führungsbezogene Selbstbilder im Selbstkonzept können sowohl erfasst als auch ver-
ändert werden. Aspekte des blinden Flecks werden deutlich und die Führungsperson er-
hält Einsicht in ihre Außenwirkung. Sowohl die Außen- als auch die Innensicht können
nicht nur transparent und damit vergleichbar gemacht werden, sondern sich auch als
Folge angestoßener Reflexions- und Internalisierungsprozesse verändern.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 126

Aus den dargestellten Inhalten lassen sich folgende Thesen zum Übereinstimmungsgrad zwi-
schen Selbst- und Fremdeinschätzungen ableiten:

Thesen zum Übereinstimmungsgrad: Zusammenhang mit Selbstdarstellungsstilen und Aus-


wirkungen auf Veränderungen im Führungsverhalten beziehungsweise in der Selbstein-
schätzung
 Bei Führungspersonen, die dem Cluster der akquisitiven Selbstüberwacher (siehe 1.2.7.4)
zuzuordnen sind – die also sowohl eine Tendenz zur Persönlichkeitsdarstellung aufweisen,
als auch über hohe Selbstdarstellungskompetenzen verfügen – liegen Selbst- und Fremdein-
schätzungen des Führungsverhaltens nahe beeinander.
 Bei Führungspersonen, die dem Cluster der protektiven Selbstüberwacher (siehe 1.2.7.4)
zuzuordnen sind – die also eine niedrige Authentizitätsneigung und insbesondere eine hohe
protektive Variabilität aufweisen – unterscheiden sich Selbst- und Fremdeinschätzungen des
Führungsverhaltens.
 Der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen vergrößert sich bei
einer wiederholten Durchführung des Führungsfeedbacks zwischen dem ersten und dem
zweiten Messzeitpunkt.
 Das Ausmaß der Veränderungen in den Führungsstilen, das sich im Anschluss an ein Füh-
rungsfeedback aus Sicht der Mitarbeiter ergibt, unterscheidet sich in Abhängigkeit vom
Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Ausprägung dieser
Führungsstile.
1.5 Coaching von Führungskräften 127

1.5 Coaching von Führungskräften

Der vorausgehende Abschnitt beschäftigte sich mit der Frage, wie mit Hilfe des multiperspekti-
vischen Führungsfeedbacks Führung als Interaktionsphänomen sowohl aus der Innensicht der
Führungsperson als auch aus der Außensicht der Geführten erfasst werden kann. Das Führungs-
feedback dient nicht nur der Diagnostik von Selbst- und Fremdbildern, sondern es stößt darüber
hinaus auch Veränderungen in der Selbstinterpretation der Führungsperson an. Wie können die
durch das Führungsfeedback initiierten Veränderungen zielorientiert weitergeführt werden?
Abhängig vom Profil der Selbst- und Fremdeinschätzungen der einzelnen Führungsperson im
Führungsfeedback, können im Einzelcoaching bedarfsgerecht die Ansatzpunkte der Klärung
und Modifikation der Selbstinterpretation oder einzelner Führungsbereiche aufgegriffen und
bearbeitet werden. In Bezug auf die Förderung transformationaler Führung wurde in Abschnitt
1.1.6 aufgezeigt, dass individuumsorientierte Einzelcoachings dazu geeignet sein können, Füh-
rungspersonen in der individuellen Ausgestaltung der transformationalen Führungsprinzipien zu
unterstützen. Dafür ist es sinnvoll, im Coaching auf der multiperspektivischen Erfassung
transformationaler Führungsstile aufzubauen und Coachingziele auch aus dem individuellen
Profil im MLQ (siehe 1.1.4) abzuleiten. Insgesamt kann Coaching damit als Maßnahme der
Führungskräfteentwicklung aufgefasst werden, die sowohl zur individuellen Förderung
transformationaler Führungsprinzipien als auch zur individuellen Reflexion und Modifikation
der Ausgestaltung der Führungsrolle geeignet ist. In Abschnitt 1.5 werden daher die Grundlagen
zum Coaching von Führungskräften dargestellt:
Nach der Beantwortung der grundlegenden Frage „Was ist Coaching?“ in Abschnitt
1.5.1 (Abschnitt nach Riedelbauch & Laux, 2011) schlägt Abschnitt 1.5.2 eine Brücke zu Ab-
schnitt 1.4 und zeigt auf, wie die Potenziale des Führungsfeedbacks im Coaching genutzt wer-
den können. Abschnitt 1.5.3 stellt den Ansatz des „Persönlichkeitscoachings“ (Riedelbauch &
Laux, 2011) in seinen Grundzügen dar. Dabei handelt es sich um ein Coachingkonzept, das sich
in seinem praktischen Vorgehen explizit an den Komponenten und Prozessen der Selbstinterpre-
tation in der Führungsrolle orientiert. In Abschnitt 1.5.4 wird ein Fazit zum Coaching von Füh-
rungskräften gezogen: Die dargestellen Inhalte werden zu Grundannahmen für die vorliegende
Arbeit zusammengefasst. Darüber hinaus werden offene Fragen abgeleitet.

1.5.1 Was ist Coaching?

Coaching als professionelle Managementberatung (Schreyögg, 2003) ist eine Maßnahme zur
Personalentwicklung, die sich im deutschsprachigen Raum seit etwa 1985 zunächst als Beratung
für Top-Manager etabliert und sich in den letzten Jahren in Unternehmen rasant verbreitet und
auf vielfältige Zielgruppen ausgeweitet hat (vgl. Böning & Fritschle, 2005). Die „professionelle
Reflexions- und Entwicklungshilfe in der beruflichen Praxis“ (Fischer-Epe, 2002, S. 22) soll
zum einen Hilfestellung bei der Bewältigung von Krisen und Konflikten geben, zum anderen
der Optimierung von Potenzialen und Kompetenzen der Person dienen. Damit stellt Coaching
eine „Dialogform“ über „Freud und Leid im Beruf“ (Schreyögg, 2003, S. 51) dar und erfüllt
zweierlei Funktionen: Es unterstützt einerseits bei der Lösung bereits vorliegender Probleme
und beugt andererseits der Entstehung neuer Probleme vor. Der Coachingdialog findet in einer
absichtlich herbeigeführten Beratungsbeziehung statt, deren Qualität durch Freiwilligkeit, ge-
genseitige Akzeptanz, Vertrauen und Diskretion gekennzeichnet ist. Coaching ist also perso-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 128

nenzentriert und individuell und damit stets auf die Belange des Einzelnen zugeschnitten. Aus-
gangspunkte der Arbeit im Coaching sind die Anliegen und Themen, die für den Klienten rele-
vant sind (vgl. Rauen, 2008).

1.5.1.1 Begriffsklärung
Christopher Rauen (2008) umschreibt den Begriff Coaching in Anlehnung an die Definition des
DBVCs (Deutscher Bundesverband Coaching e.V.) anhand der folgenden Merkmale:
 „Coaching ist ein interaktiver, personenzentrierter Beratungs- und Betreuungsprozess, der
berufliche und private Inhalte umfassen kann. Im Vordergrund steht die berufliche Rolle
beziehungsweise damit zusammenhängende Anliegen des Gecoachten.“
 „Coaching ist eine individuelle Beratung auf der Prozessebene, d.h., der Coach liefert keine
direkten Lösungsvorschläge, sondern begleitet den Gecoachten und regt dabei an, eigene
Lösungen zu entwickeln.“
 „Coaching findet auf der Basis einer tragfähigen und durch gegenseitige Akzeptanz und
Vertrauen gekennzeichneten, freiwillig gewünschten Beratungsbeziehung statt, d.h., der
Gecoachte geht das Coaching freiwillig ein und der Coach sichert ihm Diskretion zu.“
 „Coaching zielt immer auf eine (auch präventive) Förderung von Selbstreflexion und
-wahrnehmung, Bewusstsein und Verantwortung, um so Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.“
 „Coaching arbeitet mit transparenten Interventionen und erlaubt keine manipulativen Tech-
niken, da ein derartiges Vorgehen der Förderung von Bewusstsein prinzipiell entgegenste-
hen würde.“
 „Coaching findet in mehreren Sitzungen statt und ist zeitlich begrenzt.“
 „Coaching richtet sich an eine bestimmte Person (…) mit Führungsverantwortung und/oder
Managementaufgaben.“ […] (Rauen, 2008, S. 3f., Klammern i.O.)
Astrid Schreyögg (2003) stellt neben dem Ziel, berufliche Qualifikationen zu erhöhen, die Ent-
wicklung und Wiederherstellung menschlicher Gestaltungspotenziale im Beruf in den Vorder-
grund. Neben der Kompetenzerweiterung betont sie auch Elemente von Humanität in berufli-
chen Zusammenhängen und begreift ein Ziel des Coachings in der Steigerung der Humanität im
Beruf gegenüber sich selbst und gegenüber anderen.
Im Herausgeberwerk von Stober und Grant (2006) zum evidenzbasierten Coaching
werden verschiedene Coachingansätze aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven be-
schrieben: Ausgehend von Coaching aus der humanistischen Perspektive, über kognitives Coa-
ching bis hin zu Coaching auf Basis der positiven Psychologie – um nur drei der insgesamt
zwölf dargestellten Ansätze zu nennen – lässt sich die theoretische Vielfalt erkennen, die die
Grundlage der praktischen Coachingarbeit bildet. Was verbindet aber die unterschiedlichen
Coachingansätze? In der Einleitung des Herausgeberwerks (Grant & Stober, 2006) werden
Kernaspekte verschiedener Coachingansätze herausgearbeitet, die den unterschiedlichen Rich-
tungen als Gemeinsamkeiten zugrunde liegen:
 Gleichberechtigte Arbeitsbeziehung zwischen Coach und Klient.
 Fokus liegt auf dem Entwickeln von Lösungen und auf Zielerreichungsprozessen.
 Annahme, dass die Klienten keine klinisch relevanten psychischen Störungen aufweisen.
 Gemeinsame Zielvereinbarung.
 Der Coach muss nicht notwendigerweise ein Experte im (Lern-)Feld des Klienten sein, aber
über Expertise in der Unterstützung von Lernprozessen verfügen.
 Ein systematischer Prozess, der darauf abzielt, den Klienten beim selbstgesteuerten Lernen
und in seinem persönlichen Wachstum zu unterstützen.
1.5 Coaching von Führungskräften 129

Ausgehend von diesen Gemeinsamkeiten verschiedener Coachingansätze kann man Coaching in


der Kurzform als eine systematisierte Maßnahme definieren, die innerhalb einer helfenden Be-
ziehung umgesetzt wird, mit dem Ziel, die Entwicklung des Gecoachten zu fördern (vgl. Ste-
wart, O‟Riordan & Palmer, 2008).

1.5.1.2 Führungskräfte als Hauptzielgruppe von Coaching


Bei Coaching handelt es sich um eine personenbezogene Einzelberatung von Menschen in der
Arbeitswelt (vgl. Looss, 2002). Warum unter diesen Menschen gerade Führungskräfte die
Hauptzielgruppe von Coaching sind, lässt sich folgendermaßen erklären:
Führungskräfte, die umgeben sind von leistungserwartenden Vorgesetzten, konkurrie-
renden Kollegen und individuell zu führenden Mitarbeitern, sehen sich vielfältigen Erwartungen
und Anforderungen gegenübergestellt, oft ohne den entsprechenden Rückhalt oder unparteiische
Rückmeldung zum eigenen Verhalten zu bekommen (vgl. Rauen, 2008). Sie haben es in ihrer
Funktion meist sowohl mit schlecht umgrenzten Problemen als auch mit anderen Menschen zu
tun, „ohne dass die Menschenarbeit den eigentlichen Sinn ihrer Tätigkeit ausmachen würde. Der
Umgang mit anderen ist nicht das Zentrum der Managertätigkeit, sondern ein Instrument dersel-
ben“ (Looss, 2002, S. 41). Das Handeln von Führungskräften ist darüber hinaus in hohem Maße
öffentlich und sie werden oft stärker an den Ergebnissen ihres Handelns als an den Anstrengun-
gen gemessen, die sie unternehmen, um ein Ziel zu erreichen. Das Normensystem, an dem sich
eine Führungskraft orientieren soll, ist vieldeutig; gleichzeitig soll sie sich stets souverän in
jeder sozialen Situation bewegen können und Handlungssicherheit ausstrahlen. „So entsteht das
bekannte ‚So tun als ob„, die Fassade vom nichtirritierbaren Alleskönner, deren Aufrechterhal-
tung immer mehr Energie verschluckt“ (Looss, 2002, S. 43). Eine Führungskraft muss andere
Menschen „instrumentalisiert“ einsetzen, ist also auf die Beziehungen zu diesen Menschen an-
gewiesen; andererseits dürfen diese Beziehungen nicht zum Selbstzweck werden. Führungsper-
sonen befinden sich also stets in sozialen Situationen, in denen sie ihre Beziehungen sehr diffe-
renziert auf verschiedenen Ebenen steuern und sich gleichzeitig der eigenen Rolle bewusst sein
müssen.
Coaching war und ist die seit den 1980er Jahren mit großer Öffentlichkeitswirksamkeit
propagierte Lösung solcher Problemkonstellationen (vgl. Rauen, 2008): Führungskräfte erhalten
die Möglichkeit, mit einem neutralen Partner ihre individuellen Themen in systematischer Form
zu klären und Veränderungen einzuleiten.

1.5.1.3 Anlässe von Coaching


Anlässe von Coaching können zum einen individuelle oder kollektive Krisen, zum anderen die
Suche nach individuellen und kollektiven Verbesserungen sein (vgl. Schreyögg, 2003). Im Vor-
dergrund steht im Coaching immer die berufliche Rolle (vgl. Fischer-Epe, 2002).

a) Krisen und Verbesserungen


Zu akuten individuellen Krisen zählen Ereignisse wie Arbeitsplatzwechsel, Übernahme neuer
Aufgaben, Einstieg in ein neues Team oder aktuelle zwischenmenschliche Konflikte. Chroni-
sche Krisen auf individueller Ebene entfalten ihre Wirkung oft schleichend und werden häufig
zu spät realisiert oder unterschätzt. Hierzu gehören langfristiger Job-Stress, Mobbing, chroni-
sche Konflikte oder auch das Phänomen des Burnouts. Bei kollektiven Krisen kann es sich um
ökonomische oder organisationskulturelle Krisen handeln oder um Krisen, die durch Umstruk-
turierungen oder politische Veränderungen bedingt sind (vgl. Schreyögg, 2003).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 130

Schreyögg (2003) stellt fest, dass der Wunsch nach Coaching auch in nicht krisenhaften Stadien
auftaucht, in denen Menschen ihre beruflichen Aktivitäten zu intensivieren und zu erweitern
versuchen. Die Suche nach individuellen Verbesserungen durch Coaching bezieht sich bei-
spielsweise darauf, flexible Bewältigungsstrategien im Umgang mit Anforderungen zu erlernen
sowie konzeptionelle und soziale Kompetenzen zu optimieren oder zu erweitern. Inbegriffen
sind auch Wünsche nach Selbstverwirklichung und Sinnorientierung in der beruflichen Tätig-
keit. Auf kollektiver Ebene bieten Optimierungswünsche von Organisationen wie z.B. die Ent-
wicklung neuer Projektstrukturen oder die Implementierung neuer Führungskonzepte Anlässe
für Coaching (vgl. Schreyögg, 2003).

b) Anliegen zur beruflichen Rolle


Coaching kann berufliche und private Inhalte umfassen, im Vordergrund steht aber eindeutig
die berufliche Rolle beziehungsweise damit zusammenhängende Anliegen des Klienten. Böning
spricht diesbezüglich von einer „personen- und persönlichkeitsnahen Beratung, die im Umfeld
arbeits- und leistungsbezogener Anforderungen stattfindet […]“ (Böning & Fritschle, 2005,
S.40). Im Coaching werden demnach Fragestellungen behandelt, die die berufliche Aufgabe, die
Rolle und die Persönlichkeit des Klienten betreffen (vgl. Fischer-Epe, 2002). Themenschwer-
punkte bilden im Coaching meist die Personal- und Führungsfunktionen und die dafür relevan-
ten Rollen und erforderlichen sozialen Kompetenzen (vgl. Schreyögg, 2002). Die aktuelle be-
rufliche Situation wird rekonstruiert und Veränderungswünsche – z.B. durch konkrete Übungs-
sequenzen und die systematische Übertragung möglicher Lösungsansätze auf den Führungsall-
tag – realisiert. Die Erhöhung der Effizienz durch gesteigerte Führungskompetenzen steht als
Ziel auf gleicher Stufe mit der Humanisierung des Arbeitsumfeldes gegenüber anderen und sich
selbst (nach Schreyögg, 2002). Um hier ein Gleichgewicht zu halten, muss eine Führungskraft
als „souveräner Gestalter“ (Fischer-Epe, 2002, S.22) im Arbeitsumfeld wirken.

c) Forschung über Coachinganlässe


Empirische Studien zur Exploration der Anlässe von Coaching kommen zu folgenden Ergebnis-
sen: Aus Sicht der Klienten stehen besonders die Veränderung der beruflichen Situation sowie
der Wunsch nach Verhaltensänderung und Reflexion als Anlässe von Coaching im Vordergrund
(vgl. Mäthner, Jansen & Bachmann, 2005). Böning und Fritschle (2005) dokumentieren in ihrer
fragebogenbasierten telefonischen Erhebung unter 70 Personalmanagern und 50 Coachs die fünf
häufigsten Anlässe für Coaching aus Sicht der Coaches: Diese führen die Bearbeitung persönli-
cher und beruflicher Probleme, Karriereplanung und Weiterentwicklung, Persönlichkeits- und
Potenzialentwicklung sowie die Übernahme neuer Aufgaben, Funktionen und Rollen als die
wichtigsten Coachinganlässe an.

1.5.2 Nutzung der Potenziale des Führungsfeedbacks im Coachingprozess

In welchem Zusammenhang stehen das multiperspektivische Führungsfeedback und Coaching


bezüglich der Komponenten und Prozesse der Selbstinterpretation der Führungskraft? Wie kön-
nen die in Abschnitt 1.4.4 aufgezeigten Potenziale des Führungsfeedbacks zur Optimierung der
Selbstinterpretation im Coaching systematisch genutzt werden?
1.5 Coaching von Führungskräften 131

1.5.2.1 Begünstigung des Transfers


Personalentwicklungskonzepte sind oft mit dem Problem konfrontiert, dass die in einer Ent-
wicklungsmaßnahme geschulten und erworbenen Kompetenzen nur unzureichend in den alltäg-
lichen beruflichen Tätigkeitszusammenhang übertragen werden. Solche Transferprobleme kön-
nen eine nachhaltige Entwicklung hemmen. Da beim Führungsfeedback die Rückmeldungen
zum Führungsverhalten aus dem unmittelbaren Arbeitsumfeld der Führungskraft stammen,
können erwünschte Verhaltensänderungen auch direkt im Alltag trainiert werden. Darüber hin-
aus können die Feedbackgeber Änderungsbemühungen der Führungskraft unterstützend beglei-
ten: Der Einbezug der einzelnen Personen des Arbeitsumfeldes im Führungsfeedback kann die
Aufmerksamkeit dieser Personen gegenüber Veränderungen im Führungsverhalten steigern und
deren Bereitschaft, kooperativ an Verbesserungen in der Zusammenarbeit mitzuwirken, erhö-
hen. Somit erfährt die Führungskraft im günstigsten Fall bei der Umsetzung der Veränderungs-
schritte Unterstützung aus ihrem direkten Arbeitsumfeld (vgl. Scherm & Sarges, 2002).

1.5.2.2 Multiperspektivische Festlegung von Coachingzielen


Die Gefahr eines Einzelcoachings besteht normalerweise darin, dass die Coachingmaßnahme zu
einseitig an den persönlichen Zielen und Problemen des Klienten ausgerichtet ist, was in der
Organisation zu Konflikten führen kann. Der Coach ist dabei auf die subjektiven Beschreibun-
gen seines Klienten angewiesen, sodass andere Sichtweisen und Problemdefinitionen dem
Coach fremd bleiben (vgl. Rückle, 2000). Hier ergibt sich ein gewinnbringender Ansatzpunkt
für den Einsatz eines Führungsfeedbacks im Rahmen eines Coachingprozesses: Durch den mul-
tiperspektivischen Zugang zu relevanten Bereichen des Führungsverhaltens, bekommen der
Coach und der Klient Einblick in die Sichtweisen der Personen des Arbeitsumfeldes, die die
Sichtweise des Klienten ergänzen können. Damit wird es möglich, Coachingziele zu definieren,
die sowohl an den Anliegen des Klienten als auch an den Belangen relevanter Personen des
Arbeitsumfeldes ausgerichtet sind (vgl. Schorch, 2004).

1.5.2.3 Verkleinerung blinder Flecken


Führungskräfte bekommen selten konstruktives, auf Verhalten bezogenes Feedback. Aufgabe
des Coaches ist es deshalb, ggf. unrealistische Selbstbilder zu entzerren und blinde Flecken zu
erkennen und anzusprechen. Da der Coach die Führungskraft selten oder nie in ihrem direkten
Arbeitsalltag erlebt, bleiben auch für ihn viele blinde Flecken unentdeckt, die für die tägliche
Arbeit der Führungskraft jedoch hoch relevant sein können. Der Coach kann also als sozialer
Spiegel fungieren, reflektiert dabei aber nur Ausschnitte dessen, wie die Führungskraft in ihrer
Rolle auf andere wirkt. Das Führungsfeedback bietet hingegen einen multiperspektivischen
Zugang zu den blinden Flecken des Verhaltens der Führungskraft. Damit sinkt die Wahrschein-
lichkeit, dass relevante Ressourcen oder Vulnerabilitäten des Klienten im Coaching übersehen
werden (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).

1.5.2.4 Nachhaltige Veränderungen


Es ist anzunehmen, dass die Hinweise aus dem Führungsfeedback unter Umständen nur kurz-
fristige Veränderungen bewirken. Um langfristigen Erfolg zu erzielen, muss den Führungsper-
sonen zu einer verbesserten Selbstwahrnehmung verholfen werden, damit sie in der Lage sind,
Schwachstellen in Zukunft selbstständig zu erkennen und mittels geeigneter Maßnahmen zu
bearbeiten (vgl. Yammarino & Atwater, 1993). Generelle Differenzen in Selbst- und Fremd-
bildern, aber auch spezifische Abweichungen von Selbst- und Fremdeinschätzungen zu be-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 132

stimmten Führungsbereichen, können in einem individuellen Coaching geklärt und Kompeten-


zen, die eine Annäherung von Selbst- und Fremdbildern in der erwünschten Richtung unterstüt-
zen, gefördert werden (vgl. Schorch, 2004).

1.5.3 Persönlichkeitscoaching

Der Ansatz des Persönlichkeitscoachings wurde am Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie


der Universität Bamberg entwickelt, praktisch angewendet und evaluiert. Im Verlauf der Ent-
wicklung der in diesem Abschnitt dargestellten Konzeption des Persönlichkeitscoachings wur-
den am Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie seit den 1990er Jahren bis zum aktuellen Zeit-
punkt verschiedene inhaltliche Schwerpunkte gesetzt. Ein zentraler inhaltlicher Schwerpunkt
liegt auf dem Phänomen der Selbstdarstellung als grundlegender Einflussfaktor auf die Entwick-
lung beruflicher Identität. Riedelbauch und Laux (2011) fassen die theoretischen Grundlagen
und die konkrete praktische Umsetzung des Coachingansatzes unter dem Fokus von Selbstdar-
stellung und Führungsidentität im Buch „Persönlichkeitscoaching“ zusammen. Sofern keine
anderen Quellen angegeben werden, beziehen sich die Abschnitte 1.5.3.1 bis 1.5.3.5 auf Riedel-
bauch und Laux (2011).

1.5.3.1 Einordnung des Coachingansatzes


Persönlichkeitscoaching versteht sich als eine mögliche Konzeption, nach welchem theoreti-
schen Grundverständnis, unter welchem Fokus und vor allem auf welche Art und Weise Füh-
rungskräftecoaching stattfinden kann. Es ordnet sich in das Selbstverständnis von Coaching als
professionellen, personzentrierten und berufsbezogenen Beratungsansatz (vgl. z. B. Böning &
Fritschle, 2005; Lippmann, 2009; Rauen, 2008; Schreyögg, 2003) ein.
Im Persönlichkeitscoaching wird der Klärungs- und Veränderungsarbeit das in Ab-
schnitt 1.2 dargestellte dynamische Interaktionsmodell der Selbstinterpretation (zusammenfas-
send siehe 1.2.6) zugrunde gelegt, vor dessen Hintergrund die einzelnen Coachingschritte re-
flektiert und ein Handlungsmodell für das praktische Vorgehen im Coaching abgeleitet werden
können. Im Persönlichkeitscoaching wird die Auffassung vertreten, dass im Zusammenspiel des
Verhaltens der Führungskraft mit den Reaktionen der Interaktionspartner die individuelle Füh-
rungsidentität als Ergebnis eines Interaktionsprozesses entsteht. Dieser wird ganz entscheidend
durch die Art und Weise der Selbstdarstellung der Führungsperson moderiert. Der Schwerpunkt
des Coachingsansatzes liegt entsprechend auf der Klärung und Veränderung der individuellen
Führungsidentität in Wechselwirkung mit den Interaktionspartnern. Ansatzpunkte dafür bilden
die Komponenten und Prozesse der Selbstinterpretation, also die Art und Weise, wie Selbst- und
Rollenbilder ausgewählt, vermittelt und Reaktionen anderer darauf interpretiert und verarbeitet
werden (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).
Das Vorgehen im Persönlichkeitscoaching orientiert sich zum einen an einem Leitfaden
beziehungsweise Prozessmodell zum Ablauf des Coachings (Was wird wann gemacht?), zum
anderen an bestimmten Prinzipien der Prozessgestaltung (Wie wird vorgegangen?). Das
achtschrittige Prozessmodell wird in Abschnitt 1.5.3.3 dargestellt, die Prinzipien der Prozessge-
staltung werden in Abschnitt 1.5.3.4 beschrieben. Darüber hinaus weist Persönlichkeitscoaching
bestimmte formale Merkmale auf, die in Abschnitt 1.5.3.2 zusammengefasst werden. In Ab-
schnitt 1.5.3.5 wird ein Überblick über die Methoden gegeben, die im Persönlichkeitscoaching
zum Einsatz kommen.
1.5 Coaching von Führungskräften 133

1.5.3.2 Formale Merkmale


Beim Persönlichkeitscoaching handelt es sich um ein Einzel-Coaching durch einen externen
Coach. Ein Coaching-Prozess umfasst meist etwa acht bis zehn Sitzungen mit einer Dauer von
je 90 bis 120 Minuten. Der thematische Fokus liegt auf den individuellen Anliegen des Klien-
ten, die sich aus der Interaktion mit Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern und Kunden ergeben.
Persönlichkeitscoaching richtet sich schwerpunktmäßig an Führungskräfte der mittleren und
unteren Hierarchieebene. Die Ansichten relevanter Personen des beruflichen Umfelds des jewei-
ligen Klienten werden in Form eines multiperspektivischen Führungsfeedbacks in den
Coachingprozess mit einbezogen.

1.5.3.3 Prozessmodell: Acht Schritte der Identitätskonstruktion


Die folgende Beschreibung des Prozessmodells mit den acht Schritten der Identitätskonstruktion
ist in weiten Teilen dem Abschnitt 3.1.2 aus Riedelbauch und Laux (2011) entnommen.
Die acht Coachingschritte beschreiben einen systematischen Klärungs- und Verände-
rungsprozess, der darauf abzielt, eine „stimmige Führungsidentität“ (siehe 1.3.2.3) zu etablie-
ren. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die individuellen Coachingthemen des Klienten unter
Rückbezug auf dessen Gesamtpersönlichkeit bearbeitet, die sowohl aus der Innen- als auch aus
der Außenperspektive betrachtet wird. Die Bestimmung der Coachingthemen – als das „Was“
der Bearbeitung im Coaching – erfolgt in Coachingschritt 1 unter der Problemperspektive. Es
werden zentrale Problembereiche und/oder Anliegen des Klienten herausgearbeitet und anhand
einer Problemanalyse konkretisiert. Die Frage nach der Richtung („Wohin“) und der Art und
Weise („Wie“) von Veränderungen erfolgt ab Schritt 2 unter der Ressourcenperspektive (vgl.
Grawe & Grawe-Gerber, 1999): Über welche Möglichkeiten verfügt der Klient, seine Themen
zu klären, Lösungen zu erarbeiten und Veränderungen durchzuführen? Wie kann er seine Res-
sourcen nutzen, um individuelle Vulnerabilitäten, die der Formulierung und Erreichung stimmi-
ger Ziele im Wege stehen, auszugleichen?

a) Leitfragen und Zwischenziele


Jedem der acht Schritte der Identitätskonstruktion liegen bestimmte Leitfragen zugrunde, die
sich entweder auf Komponenten der Innen- und Außensicht der individuellen
Klientenpersönlichkeit, auf Wechselwirkungen zwischen den beiden Perspektiven oder aber auf
die situativen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich der Klient bewegt, beziehen. Die Be-
antwortung der Leitfragen dient dazu, spezifische Zwischenziele auf dem Weg der Identitäts-
konstruktion zu erreichen: So erarbeitet sich der Klient mit der Beantwortung der Leitfragen
Schritt für Schritt Orientierungspunkte, die eine Richtung für die zu etablierende Führungsiden-
tität vorgeben. Die Antworten auf die jeweiligen Leitfragen können sowohl relevante Einsichten
und Erkenntnisse beinhalten, als auch bisher nicht bewusste Ressourcen aufdecken oder konkre-
te Lösungsideen, Ziele oder Veränderungsschritte in Hinblick auf die Coachingthemen nach
sich ziehen. Der Coachingteilnehmer wird bei der Beantwortung der Leitfragen durch die Be-
ziehung zum Coach als „Basis-Ressource“ (vgl. Therapeut als Basis-Ressource nach Grawe,
2000) und durch den Einsatz entsprechender Methoden unterstützt.

b) Zusammenfassende Beschreibung der acht Schritte


Im Folgenden werden die acht Schritte der Identitätskonstruktion mit den jeweiligen Leitfragen
zusammenfassend beschrieben.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 134

Schritt 1
In Schritt 1 erfolgen die Klärung der Ausgangssituation und die Bestimmung von
Coachingthemen. Es sollen folgende Leitfragen beantwortet werden: Welches sind meine indi-
viduellen Coachinganliegen/Coachingthemen? Was genau möchte ich klären/verändern? Wo-
rum soll es im Coaching gehen?

Schritte 2, 3 und 4
In den Schritten 2 bis 4 werden die Komponenten der dynamischen Interaktion der Innen- und
Außenperspektive des Klienten zum Thema gemacht.
In Schritt 2 werden die realen Selbstbilder (siehe 1.2.2.1) des Coachingteilnehmers ak-
tiviert, indem er angeleitet wird, die folgenden Leitfragen für sich zu beantworten: Wie sehe und
erlebe ich mich in meiner Führungsposition/in Bezug auf die Coachingthemen? Wie denke ich,
dass andere mich sehen?
Schritt 3 thematisiert die möglichen und die normativen Selbstbilder des
Coachingteilnehmers (siehe 1.2.2.1) durch die Bearbeitung der folgenden Leitfragen: Wie möch-
te ich mich in meiner Führungsposition/in Bezug auf die Coachingthemen sehen und erleben?
Wie möchte ich gesehen werden? Wie denke ich, dass ich sein sollte?
In Schritt 4 wird die Innensicht des Klienten ergänzt durch die Erfassung von Fremdbil-
dern aus der Außensicht (siehe 1.2.2.2). Durch den Einbezug der Außenperspektive soll die
Beantwortung der folgenden Leitfragen ermöglicht werden: Wie werde ich in meiner Führungs-
position/in Bezug auf meine Coachingthemen von anderen gesehen und erlebt? Wie möchten
mich andere Personen sehen und erleben? Inwieweit stimmt das damit überein, wie ich mich
selbst sehe und sehen möchte?
Konnte der Klient die Leitfragen aus Schritt 2 bis 4 für sich beantworten, so können
die folgenden Zwischenziele auf dem Weg der Identitätskonstruktion als erreicht angesehen
werden.
 Die Führungsperson ist sich ihrer Selbstbilder, die für die Führungsrolle relevant sind, be-
wusst: Sie weiß, wie sie sich aktuell als Führungskraft selbst sieht und erlebt und wie sie
sich gerne sehen und erleben würde.
 Die Führungsperson ist sich der Fremdbilder, die sie bei anderen hervorruft, bewusst: Sie
weiß, wie sie von anderen Personen aktuell als Führungskraft wahrgenommen wird und wie
ihre Interaktionspartner sie gerne sehen und erleben würden.

Schritt 5
In Schritt 5 werden die in den Schritten 2 bis 4 erarbeiteten Komponenten der dynamischen
Interaktion von Innen- und Außensicht zusammengefügt und in ihrem Zusammenspiel betrach-
tet. Individuelle Selbstdarstellungsmuster werden als zentrale Moderatorvariablen zwischen der
Innen- und der Außensicht des Coachingteilnehmers identifiziert.
Folgendes Zwischenziel sollte mit Schritt 5 erreicht sein: Die Führungsperson ist sich
des Zusammenspiels von Selbst- und Fremdbildern bewusst. Sie weiß um ihre individuellen
Selbstdarstellungsmuster und kann die zentralen Merkmale des spezifischen Zusammenspiels
von Innen- und Außensicht als Basis ihrer aktuell konstruierten Führungsidentität(en) beschrei-
ben. Dafür wird der Coachingteilnehmer angeleitet, die folgenden Leitfragen zu beantworten:
Wie hängen die Außen- und die Innensicht meiner Persönlichkeit zusammen? Welche individu-
ellen Selbstdarstellungsmuster habe ich?
1.5 Coaching von Führungskräften 135

Schritt 6
Schritt 6 widmet sich der Klärung der Rahmenbedingungen, innerhalb derer die dynamische
Interaktion von innen und außen stattfindet. Durch die Beantwortung der folgenden Leitfragen
sollen die spezifische Situation und der übergeordnete Kontext als wichtige Einflussfaktoren auf
die Identitätskonstruktion berücksichtigt werden: Welches sind die spezifischen Rahmenbedin-
gungen, innerhalb derer ich führe? Welche dieser Rahmenbedingungen nehmen besonderen
Einfluss auf die Entwicklung einer Führungsidentität?
Mit der Beantwortung der Leitfragen in Schritt 6 sollte folgendes Zwischenziel erreicht
sein: Die Führungsperson ist sich der Rahmenbedingungen, innerhalb derer sie führt, bewusst.
Sie weiß, welche Normen, Erwartungen, Anforderungen und Aufgaben ihre Führungsposition
kennzeichnen und kann zukünftig die Art und Weise ihrer Selbstdarstellung darauf abstimmen.

Schritt 7
Die Aktivierung vorhandener persönlicher Ressourcen in den vorherigen Schritten soll dazu
beitragen, dass bestehende Handlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Die Erweiterung von
Ressourcen in Schritt 7 dient dem Ausbau und der Flexibilisierung des Handlungsspektrums. So
soll der Klient in diesem Schritt dazu angeregt werden, neue Möglichkeiten zur Ausgestaltung
der Führungsrolle und zur Lösung seiner Coachingthemen spielerisch zu erkunden, mit ver-
schiedenen Denk- und Handlungsoptionen Erfahrungen zu sammeln, mögliche Selbst- und Rol-
lenbilder zu erproben und seine Wahrnehmungs- und Handlungskompetenzen zu erweitern.
Folgendes Zwischenziel soll in Schritt 7 erreicht werden: Die Führungskraft erprobt neue Denk-
und Handlungsmöglichkeiten, erwirbt neue Kompetenzen, die notwendig sind, um individuelle
Ziele zu erreichen und erweitert ggf. ihre Selbstbilder durch neu entdeckte Persönlichkeitsfacet-
ten. Um das Zwischenziel zu erreichen, werden folgende Leitfragen bearbeitet: Wie könnte ich
als Führungsperson sein? Welche Kompetenzen kann und will ich noch aufbauen, um meine
Ziele besser zu erreichen?

Schritt 8
In Schritt 8 sollte schließlich das Gesamtziel des Persönlichkeitscoachings erreicht werden: Die
Führungskraft ist sich darüber bewusst, welche Führungsidentität sie zukünftig etablieren möch-
te und kann. Durch eine Integration der Ergebnisse aus den vorherigen Schritten – die als Orien-
tierungspunkte eine Richtung für die zu etablierende Führungsidentität vorgeben – erfolgt die
Beantwortung der Leitfragen zu Coachingschritt 8: Welche Führungsidentität möchte ich lang-
fristig etablieren? Welche kurz- und mittelfristigen Veränderungsziele und Umsetzungsschritte
lassen sich daraus in Bezug auf meine Coachingthemen ableiten?
Um die erste Leitfrage zu Schritt 8 zu beantworten, ist es notwendig, individuelle Ant-
worten darauf zu finden, wie sich die Führungskraft innerhalb von drei vorgeschlagenen Identi-
tätsthemen (Kohärenz, Kreativität und Einzigartigkeit) positionieren kann. Um ein gewisses
Ausmaß an Einheit und Kohärenz innerhalb der vielfältigen äußeren Anforderungen und der
verschiedenen Persönlichkeitsfacetten herzustellen, wird die Führungsperson zur Entwicklung
einer Identitätsvision angeleitet: In einem halbstrukturierten Interview entwickelt sie auf der
Basis der im Coachingprozess erarbeiteten Orientierungspunkte ein möglichst konkretes Bild
davon, wohin sie sich langfristig als Führungsperson entwickeln möchte. Dabei wird sowohl die
Individualität als auch die Kreativität dieses Identitätsentwurfs hervorgehoben.
Um die zweite Leitfrage zu Schritt 8 zu beantworten, werden die konkreten Umset-
zungsmöglichkeiten des angestrebten Identitätsentwurfs auf die Coachingthemen bezogen und
1 Theoretische und empirische Grundlagen 136

die in den vorherigen Coachingschritten bereits erarbeitete Ziele und Veränderungsschritte zu-
sammengefasst.
Am Ende des Coachingprozesses sollten insgesamt folgende Ziele erreicht sein: Die
Führungsperson kann Charakteristika ihrer erwünschten Führungsidentität benennen, die so-
wohl aus realen und idealen Selbstbildern als auch aus äußeren Anforderungen und Standards
abgeleitet sind. Um gemeinsam mit den beruflichen Interaktionspartnern die erwünschten Iden-
titätsfacetten zu konstruieren, setzt die Führungsperson passende Formen der Selbstdarstellung
ein. Im Rahmen der Klärung und Umsetzung erwünschter Identität(en) hat die Führungsperson
stimmige Lösungsmöglichkeiten für die individuellen Coachingthemen gefunden.

1.5.3.4 Prinzipien der Prozessgestaltung


Es werden sechs Prinzipien der Prozessgestaltung als zentrale Wirkelemente beziehungsweise
Erfolgsfaktoren von Persönlichkeitscoaching angenommen. Die folgende Beschreibung dieser
Prinzipien stellt eine Zusammenfassung des Abschnitts 3.2 aus Riedelbauch und Laux (2011)
dar.

a) Vertrauensvolle Beziehung zwischen Coach und Klient


Die Beziehung zwischen Coach und Klient wird als grundlegende Voraussetzung für alle ande-
ren Prinzipien der Prozessgestaltung aufgefasst, die nur innerhalb einer funktionierenden Ar-
beitsbeziehung realisiert werden können. Die „helfende Beziehung“ zwischen Coach und Klient
wird als zweckbestimmtes, zielgerichtetes Arbeitsbündnis definiert, das zeitlich begrenzt und
durch eine spezifische Rollenverteilung (Coach als professioneller Berater, der Hilfe zur Selbst-
hilfe leistet; Klient als Ratsuchender mit einem spezifischen Anliegen) gekennzeichnet ist (in
Anlehnung an die Definition von Therapiebeziehung nach Kanfer, Reinecker & Schmelzer,
2000, S. 63).

b) Individuumsorientierung
Im Coachingprozess werden die individuellen Stärken und Schwächen des Klienten herausgear-
beitet und die Prozessgestaltung und eingesetzten Methoden an die Besonderheiten des Einzel-
falls angepasst. Ein individuumsorientiertes Vorgehen impliziert außerdem, dass der
Coachingteilnehmer darin unterstützt wird, einen persönlichkeitsgemäßen Führungsstil zu prak-
tizieren, authentische Selbstdarstellungsmuster und Kommunikationsstile zu entwickeln und
damit eine stimmige Führungsidentität zu entwickeln, ohne dass Fremdmodelle zur „idealen
Führung“ als Zielsetzung vorgegeben werden. Individuumsorientierung heißt auch, im Coa-
ching die Einzigartigkeit der Führungspersönlichkeit vor dem Hintergrund der individuellen
Führungssituation und der organisationalen Rahmenbedingungen herauszuarbeiten.

c) Feedback unter Einbezug der Außenperspektive


Im Persönlichkeitscoaching wird die Gegenüberstellung der Innen- und Außensicht der Person
systematisch genutzt, um die individuellen Selbstdarstellungsmuster der Führungsperson zu
identifizieren. Im Laufe des Coachingprozesses erhält die Führungsperson Feedback durch den
Coach, sowie Feedback über ihre Außenwirkung durch die beruflichen Interaktionspartner und
durch den Einsatz entsprechender Coachingmethoden (z. B. Videofeedback). Durch die ver-
schiedenen Feedbackvarianten wird dem Klienten nicht nur eine umfassende „Rundumsicht“
der eigenen Person ermöglicht, sondern es werden auch seine Fähigkeiten zum Perspektiven-
wechsel geschult.
1.5 Coaching von Führungskräften 137

d) Systematische Förderung von Selbstreflexion


Selbstreflexion dient nach der Auffassung im Persönlichkeitscoaching der Erweiterung des
Wissens über die eigene Persönlichkeit, die sich im Sinne einer „Beziehungspersönlichkeit“
(Schneewind, 1999) beziehungsweise eines „interpersonelles Selbst“ (Hannover et al., 2004)
gleichermaßen durch intra- als auch interpersonale Prozesse auszeichnet. Selbstreflexion bezieht
sich auf die bewusste und kontrollierte Beschäftigung mit dem Inhalt und dem Zusammenspiel
der Komponenten eines dynamischen interpersonalen Prozessmodells von Persönlichkeit. Ge-
genstand der Selbstreflexion sind somit z. B. die realen und möglichen Selbstbilder, Motive und
Kompetenzen, die Außenwirkung der eigenen Person und die Mechanismen, die zu dieser Au-
ßenwirkung führen.

e) Zielbestimmung und Umsetzungsunterstützung


Die Wirkprinzipien Zielbestimmung und Umsetzungsunterstützung umfassen, das zu tun, was
der Klient durch Selbstreflexion und Feedback herausgefunden hat, tun zu wollen. Angestrebte
Veränderungen werden konkret und explizit geplant sowie in und zwischen den
Coachingsitzungen umgesetzt.

f) Ressourcenaktivierung und -erweiterung


Im Persönlichkeitscoaching konzentrieren sich Coach und Klient auf die individuellen Ressour-
cen des Klienten: Damit sind all diejenigen Personmerkmale gemeint, die dazu genutzt werden
können, für den Klienten und sein Arbeitsumfeld stimmige Ziele zu formulieren und zu errei-
chen. Ressourcen umfassen demnach Vorstellungen über die eigene Person und Rolle (reale und
mögliche Selbstbilder sowie Rollenbilder; vgl. Abschn. 1.2.2.1 und 1.2.3.1) und damit in Zu-
sammenhang stehende Motive und Verhaltensweisen sowie die Kompetenzen des jeweiligen
Coachingteilnehmers. Die Berücksichtigung von Ressourcen im Persönlichkeitscoaching erfolgt
auf zwei Ebenen: Ressourcen können „prozessual aktiviert und/oder inhaltlich thematisiert sein
oder werden“ (Grawe & Grawe-Gerber, 1999, S. 70). Darüber hinaus erfolgt die Aktivierung
und Erweiterung von individuellen Ressourcen in zwei Phasen: Ziel in der Phase der Ressour-
cenaktivierung ist es, vorhandene Ressourcen zu bestimmen, bewusst zu machen und diese op-
timal zu nutzen. In der Phase der Ressourcenerweiterung werden Coachingmethoden eingesetzt,
die dazu beitragen, neue Ressourcen aufzubauen. Neue Ressourcen können z. B. veränderte
Sichtweisen der eigenen Person oder neue Kompetenzen sein, über die der Coachingteilnehmer
in dieser Form oder Ausprägung vorher nicht verfügt hat.

1.5.3.5 Methoden im Persönlichkeitscoaching


Im Persönlichkeitscoaching kommen kognitiv-analysierende Methoden, erlebnisaktivierende
Methoden und Methoden zum Abgleich von Innen- und Außensicht zum Einsatz. Somit findet
die Rekonstruktion des Kliententhemas auf verschiedenen Ebenen und unter Einbezug ver-
schiedenen Perspektiven statt: Die unterschiedlichen Bearbeitungsmodi (kognitiv, erlebensori-
entiert) und die unterschiedlichen Perspektiven (Selbst- und Fremdbild) ermöglichen eine um-
fassende Reflexion, Erweiterung und ggf. Veränderung von aktuellen Deutungs- und Hand-
lungsmustern des Klienten (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).
Beim Einsatz konkreter Verfahren spielen im Persönlichkeitscoaching zwei übergeord-
nete Prinzipien eine zentrale Rolle. Gemäß des Prinzips der Individuumsorientierung erfolgt die
Auswahl der Methoden in Anpassung an die Bedürfnisse des Teilnehmers. Außerdem gilt hin-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 138

sichtlich der möglichen Verfahren das Prinzip des Methodenpluralismus, d. h., dass innerhalb
eines Coachingprozesses verschiedene Vorgehensweisen zum Einsatz kommen. Im Einzelfall
kommt damit jeweils im Rahmen der acht Schritte eine ganz individuelle Kombination von
Maßnahmen zum Einsatz (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011).

1.5.4 Fazit zum Coaching von Führungskräften

Grundannahmen
Aus den dargestellten Inhalten lassen sich folgende zentrale Grundannahmen zum Coaching von
Führungskräften für die vorliegende Arbeit herausarbeiten:
(1) Coaching wird als Maßnahme zur Führungskräfteentwicklung aufgefasst, die sowohl
zur individuellen Förderung transformationaler Führungsprinzipien als auch zur indivi-
duellen Reflexion und Modifikation der Ausgestaltung der Führungsrolle geeignet ist.
(2) Im Coachingprozess können die Potenziale eines multiperspektivischen Führungsfeed-
backs zur Diagnostik und Intervention systematisch genutzt werden. Der Einbezug ei-
nes Führungsfeedbacks in den Coachingprozess unterstützt den Transfer der
Coachinginhalte in den Arbeitsalltag und ermöglicht eine Festlegung der Coachingziele
auf der Basis multiperspektivisch gewonnener Daten. Damit kann verhindert werden,
dass neben den individuellen Zielen des Klienten die Organisationsziele und Bedürf-
nisse der Personen des Arbeitsumfeldes im Coaching zu wenig berücksichtigt werden.
Darüber hinaus trägt das Führungsfeedback dazu bei, blinde Flecken des Coaching-
teilnehmers zu erkennen. Insgesamt können die durch das Führungsfeedback angesto-
ßenen Veränderungen im Coaching zielgerichtet vertieft und damit deren Nachhaltig-
keit erhöht werden.
(3) Der Ansatz des Persönlichkeitscoachings eignet sich in besonderem Maße, eine Füh-
rungsperson bei der individuellen Ausgestaltung der Führungsrolle zu unterstützen. Das
praktische Vorgehen im Persönlichkeitscoaching beruht auf dem dynamischen Inter-
aktionsmodell der Selbstinterpretation. Ziel des Persönlichkeitscoachings ist es, in
Wechselwirkung mit den Interaktionspartnern eine stimmige Führungsidentität zu etab-
lieren. Ansatzpunkte dafür bilden die Komponenten und Prozesse der Selbstinter-
pretation.

Offene Frage
Es wurde deutlich, dass das Ziel des Persönlichkeitscoaching darin besteht, Führungspersonen
bei der Klärung und Modifikation ihrer individuellen Selbstinterpretation in der Führungsrolle
zu unterstützen, um die Etablierung einer stimmigen Führungsidentität zu gewährleisten. Noch
nicht geklärt ist, inwieweit die individuelle Selbstinterpretation mit Hilfe des Persönlichkeits-
coachings auf transformationale Führungsprinzipien hin ausgerichtet und damit die Entwicklung
einer transformationalen Führungsidentität gefördert werden kann.
1.6 Evaluationsforschung 139

1.6 Evaluation psychologischer Interventionsmaßnahmen

Im empirischen Teil der Arbeit nimmt die Wirksamkeitsuntersuchung von Gruppenworkshops


und Einzelcoachings zur Förderung transformationaler Führung einen zentralen Stellenwert ein.
In Kapitel 1.6 werden daher die Grundlagen zur Evaluation psychologischer Interventionsmaß-
nahmen dargestellt, die für das Verständnis der empirischen Untersuchung notwendig sind.
Nach einer Begriffsklärung von Evaluation in Abschnitt 1.6.1 werden die zwei zentralen
Fragestellungen der Evaluation herausgearbeitet: Die Frage nach der Wirksamkeit und die Frage
nach dem Wirkmodell. In der vorliegenden Arbeit steht die Frage nach der Wirksamkeit im
Fokus, weshalb diese in den Abschnitten 1.6.4 und 1.6.5 ausführlicher behandelt wird. In Ab-
schnitt 1.6.2 werden grundlegende Evaluationsformen beschrieben. Abschnitt 1.6.3 widmet sich
Rahmenkonzepten der Evaluation von Interventionsmaßnahmen. Abschnitt 1.6.4 geht insbeson-
dere auf verschiedene Wirksamkeitskriterien ein, die bei der Bewertung der Wirksamkeit so-
wohl aus inhaltlicher als auch aus messmethodischer Perspektive eine Rolle spielen. Grundle-
gende Forschungsstrategien der Wirksamkeitsuntersuchung werden in Abschnitt 1.6.5 aufge-
zeigt, bevor in Abschnit 1.6.6 die Besonderheiten der Evaluation im Coaching beleuchtet wer-
den. In Abschnitt 1.6.7 wird ein Fazit zur Evaluation psychologischer Interventionsmaßnahmen
gezogen: Die dargestellten Inhalte werden zu Grundannahmen für die vorliegende Arbeit zu-
sammengefasst.

1.6.1 Begriffsklärung und zentrale Fragestellungen der Evaluationsforschung

Es erfolgt zunächst eine Begriffsklärung zu Evaluation und Evaluationsforschung, bevor auf die
zentralen Fragestellungen der Evaluationsforschung eingegangen wird.

1.6.1.1 Evaluation und Evaluationsforschung


Evaluation dient als Planungs- und Entscheidungshilfe, um Handlungsalternativen zu bewerten
(vgl. Mittag & Hager, 2000). Damit ist Evaluation immer ziel- und zweckorientiert und Evalua-
tionsprojekte weisen stets einen unmittelbaren Praxisbezug auf (vgl. Wottawa & Thierau, 2003):
Ein Evaluationsobjekt (z.B. eine praktische Maßnahme) soll überprüft, verbessert und über des-
sen zukünftigen Einsatz entschieden werden.

a) Begriffsklärung
Suchmann (1967, zitiert nach Wottawa & Thierau, 2003) unterscheidet zwischen Evaluation
und Evaluationsforschung. Mit Evaluation meint er den
Prozeß [sic] der Beurteilung des Wertes eines Produktes, Prozesses oder eines Programmes,
was nicht notwendigerweise systematische Verfahren oder datengestützte Beweise zur Un-
termauerung einer Beurteilung erfordert (Suchmann, 1967, zitiert nach Wottawa & Thierau,
2003, S. 13).
Bei der Evaluationsforschung hingegen werden zur Bewertung des Evaluations-
gegenstandes explizit wissenschaftliche Forschungsmethoden und -techniken in systematischer
Form verwendet.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 140

So definieren Mittag und Hager (2000) Evaluationsforschung als


die wissenschaftlich fundierte, empirische und hypothesenorientierte Forschung unter sys-
tematischer Anwendung sozialwissenschaftlicher Forschungsmethoden […]. Die Ergebnis-
se dieser Forschung bilden die wesentliche, wenn auch nicht die einzige Grundlage einer
wissenschaftlichen Evaluation oder Bewertung der Konzeption, Ausgestaltung, Umsetzung
und des Nutzens sozialer und psychologischer Interventionsprogramme (S. 103).
Bortz und Döring (2006) betrachten die Evaluationsforschung nicht als eigene Disziplin, son-
dern verstehen sie als Anwendungsvariante empirischer Forschungsmethoden auf eine spezielle
Gruppe von Fragestellungen. Evaluationsforschung orientiert sich daher an den Standards der
empirischen Grundlagenforschung.

b) Evaluationsgegenstand
Die Evaluationsforschung befasst sich mit einer Vielzahl von Evaluationsobjekten. Im vorlie-
genden Abschnitt stehen psychologische Interventionsprogramme als Evaluationsgegenstand im
Mittelpunkt der Betrachtung:
Unter Interventionsmaßnahmen verstehen wir jede Art von außengesteuerter, zielorientier-
ter und systematischer Beeinflussung von Personen und/oder Systemmerkmalen. Jede
Interventionsmaßnahme besteht aus einer Menge von zu bearbeitenden Aufgaben bezie-
hungsweise Problemen und mindestens einer Methode der Instruktion (Hager &
Hasselhorn, 2000b, S. 41).

c) Funktionen der Evaluation und Evaluationsforschung


Abbildung 1.6.1 gibt einen Überblick über die fünf zentralen Ziele, Zwecke oder Funktionen
der Evaluation nach Bortz & Döring (2006).

Erkenntnis- Erkenntnisse über Eigenschaften und Wirkungen von


funktion Interventionen sammeln

Optimierungs- Stärken und Schwächen der Intervention in Hinblick auf ihre


funktion Ziele identifizieren

Kontroll- Werden die intendierten Wirkungen der Maßnahme erreicht?


funktion Welche Nebenwirkungen treten auf?

Entscheidungs- Welche Intervention soll gefördert, weiterentwickelt,


funktion eingesetzt werden?

Legitimations- Legitimation der Entwicklung und Durchführung einer


funktion Intervention nach außen.

Abbildung 1.6.1: Überblick über die zentralen Ziele, Zwecke oder Funktionen der Evaluation nach Bortz
und Döring (2006)

Die fünf Evaluationsziele beinhalten Ergebnisoffenheit, was eine wissenschaftliche Evaluation


von einer missbrauchenden Instrumentalisierung von Evaluation für Selbstdarstellungszwecke,
als Durchsetzungshilfe oder zur Veranwortungsdelegation abgrenzt (vgl. Bortz & Döring,
2006).
1.6 Evaluationsforschung 141

1.6.1.2 Zentrale Fragestellungen der Evaluationsforschung


In der Evaluationsforschung spielen zwei Fragestellungen die zentrale Rolle (vgl. Patry &
Perrez, 2000):
 Frage nach der Wirksamkeit: Inwieweit zeigt das Programm Wirkung? Wie groß ist die
Wirkung?
 Frage nach dem Wirkmodell: Warum zeigt das Programm Wirkung?
In Abbildung 1.6.2 werden die zentralen Merkmale und Unterschiede der Wirksamkeitsprüfung
und der Überprüfung des Wirkmodells zusammengefasst (vgl. Patry & Perrez, 2000).

Überprüfung der Wirkungsweise/


Wirksamkeitsprüfung
des Wirkmodells
Ist die Intervention in Hinblick auf
Welche Wirkkomponenten liegen
ihre Ziele wirksam?
der Intervention zu Grunde?
• Frage, ob die Intervention Wirkung • Frage, warum die Intervention
zeigt. Wirkung zeigt.
• Frage, inwieweit die Intervention • Frage, wie es zu den Wirkungen
Wirkung zeigt. kommt.
• Für den Anwender des • Überprüfung eines theoretischen
Interventionsprogramms die Wirkmodells.
relevanteste Frage. • Einzelne Elemente des Programms
• Das Programm als Ganzes wird werden betrachtet.
betrachtet.

 Wirksamkeitsnachweis  Erklärung der Wirkung


Abbildung 1.6.2: Zentrale Fragestellungen der Evaluationsforschung

a) Wirksamkeitsprüfung
Für die Wirksamkeitsprüfung ist es zentral, die Programmziele genau zu definieren, da nur dann
überprüft werden kann, ob die erwünschten und angestrebten Wirkungen auch tatsächlich ein-
treten. Da aber Programmziele unterschiedlich konkretisiert und operationalisiert werden und
(erwünschte) Wirkungen von Interventionen vielfältig sein können, ist es wichtig explizite
Wirksamkeitskriterien (siehe 1.6.4) festzulegen, die der Evaluation zu Grunde gelegt werden
(vgl. Hager, 2000b; Patry & Perrez, 2000).
Bei der Wirksamkeitsprüfung wird das Programm als Ganzes betrachtet und ggf. Ver-
gleichsprogrammen gegenübergestellt (Vergleichs-Gruppen-Designs). Programmziele werden
durch beobachtbare, abhängige Variablen (AV = Wirksamkeitskriterien) operationalisiert, die
Veränderungen in den abhängigen Variablen werden beobachtet und es wird überprüft, ob die
Veränderungen auf die unabhängige Variable (UV = die jeweilige Interventionsbedingung)
zurückzuführen sind. Die Wirksamkeitsprüfung befasst sich also mit dem experimentellen und
quasi-experimentellen Vergleich verschiedener Interventionsprogramme hinsichtlich ihrer
Wirksamkeit und Effizienz (vgl. Lutz & Grawe, 2007). Damit ist bei der Wirksamkeitsüberprü-
fung die Frage nach dem passenden Forschungsdesign/der Untersuchungsstrategie (siehe 1.6.5)
von zentraler Bedeutung. Die Frage nach der Theorie zum Programm ist in diesem Fall nach-
rangig (vgl. Patry & Perrez, 2000).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 142

b) Überprüfung der Wirkungsweise/des Wirkmodells


Der empirische Nachweis der Wirksamkeit sagt noch nichts darüber aus, wie es zu diesen Wir-
kungen kommt. Bei der Überprüfung der Wirkungsweise interessiert daher die Frage, wie be-
ziehungsweise warum Wirkungen entstehen. Um die Wirkkomponenten des Programms heraus-
zufinden, werden einzelne Elemente des Programms betrachtet. Dem Programm wird ein theo-
retisches Wirkmodell zu Grunde gelegt und diese zu Grunde liegende Theorie wird überprüft.
So untersucht die Prozessforschung die Wirkungsweise zentraler angenommener Wirkungspa-
rameter im Laufe der Intervention auf unterschiedlichen Inhalts- und Zeitebenen (vgl. Lutz &
Grawe, 2007). Bei der Überprüfung der Wirkweise werden Variationen des Programms mitei-
nander verglichen, um herauszufinden, welche Elemente der Intervention welche Wirkungen
aufweisen. Im empirischen Teil der Arbeit steht die Wirksamkeitsprüfung von Einzelcoachings
und Gruppenworkshops zur Förderung transformationaler Führung im Fokus.

1.6.2 Evaluationsformen

Je nach Fragestellung der Evaluation bedarf es unterschiedlicher methodischer Herangehens-


weisen. So können bei der Evaluationsforschung verschiedene Formen beziehungsweise Arten
der Evaluation zum Einsatz kommen. Im Folgenden werden zentrale Evaluationsformen darge-
stellt.

1.6.2.1 Summative und formative Evaluation


Für die Gestaltung von wissenschaftlichen Evalutionsstudien hat die von Scriven (1991) ge-
troffene Unterscheidung von formativer und summativer Evaluation (siehe Abbildung 1.6.3) die
größte Bedeutung.
Die summative Evaluation beurteilt zusammenfassend die Wirksamkeit einer vorgegebenen
Intervention, während die formative Evaluation regelmäßig Zwischenergebnisse erstellt mit
dem Ziel, die laufende Intervention zu modifizieren oder zu verbessern (Bortz & Döring,
2006, S. 110).

Summative Evaluation Formative Evaluation


Frage nach Wirksamkeit und Frage nach Verbesserung und
Nutzen Weiterentwicklung

• Erfolgt nach der Fertigstellung / • Erfolgt während eines laufenden


Durchführung / Implementierung Programmes.
eines Programms. • Erarbeitet Informationen zur
• Befasst sich mit der Qualität, Optimierung des Programms.
Wirksamkeit und dem Einfluss • Befasst sich mit neu zu
eines Programms. entwickelnden Programmen und
• Anwendung: Unterstützung einer mit der Optimierung bereits
Entscheidungsfindung zum laufender Programme.
Einsatz eines Programms. • Programmkomponenten sollen
verbessert werden.

Abbildung 1.6.3: Summative und formative Evaluation


1.6 Evaluationsforschung 143

Die Unterscheidung in summative und formative Evaluation lässt sich auch in der Unterschei-
dung von Ergebnis- und Verlaufsevaluation wieder finden. Die Ergebnisevaluation befasst sich
mit dem Resultat der Intervention nach Abschluss der Maßnahme, die Verlaufsevaluation do-
kumentiert hingegen den jeweiligen Fortschritt während der Intervention, mit dem Ziel, diesen
zu optimieren (vgl. Lutz & Grawe, 2007).

a) Summative Evaluation
Die summative Evaluation soll die Qualität, den Einfluss und den Nutzen bereits
stattgefundender Interventionsprogramme feststellen und bewerten. Damit bezieht sich die
summative Evaluation auf die Programmeffektivität beziehungsweise Programmwirksamkeit:
Die Ergebnisevaluation in Form von Outcome- und Output-Evaluation (siehe 1.6.3.3) unter-
sucht, ob und inwieweit angestrebte Wirkungen kurz- und langfristig aufgetreten sind. Die zen-
tralen Fragen, die mit der summativen Evaluation beantwortet werden sollen lauten damit: Tre-
ten die erwarteten Wirkungen auf? Wie groß sind die Wirkungen? Wie lange halten sie an (vgl.
Hager, 2000b)? Die summative Evaluation strebt die Suche nach Mustern an, sodass eine Gene-
ralisierung der Effektivität einer spezifischen Intervention bei einer spezifischen Population
unter bestimmten Bedingungen stattfinden kann (vgl. Patton, 1990). Sie erfolgt zum Abschluss
der Maßnahme und/oder zu einem Follow-up-Termin und dient häufig als Grundlage für Ent-
scheidungen darüber, ob ein Interventionsproamm in einer Organisation implementiert werden
soll oder nicht (vgl. Bortz & Döring, 2006).

b) Formative Evaluation
Die formative Evaluation stellt v.a. Informationen für noch in der Vorbereitungs- oder Imple-
mentierungsphase befindliche, laufende (Interventions-) Programme bereit, die erprobt und
verbessert werden sollen. Die prozessbegleitende, entwicklungsorientierte Form der Evaluation
verfolgt das grundsätzliche Ziel, die Interventionsmaßnahme zu optimieren (Wottawa &
Thierau, 2003). Sie dient damit dazu,
 die Realisierbarkeit / Praktikabilität der Interventionsmaßnahme zu überprüfen,
 die Wirkung der Interventionsmaßnahme abzuschätzen,
 Wirk- und Hemmfaktoren innerhalb und außerhalb der Interventionsmaßnahme zu erfassen,
 eine kontinuierliche Anpassung und Verbesserung der einzelnen Elemente zu ermöglichen.
Bei der formativen Evaluation wird eine Generalisierung über den spezifischen Kontext hinaus
nicht angestrebt. Ziel ist es hingegen, die Intervention zu einem gegebenen Zeitpunkt für eine
spezifische Klientel in einem spezifischen Kontext zu optimieren (vgl. Patton, 1990). Formative
Evaluationen, die zur Entwicklung und Implementierung neuer Maßnahmen eingesetzt werden,
haben meist erkundenen Charakter (vgl. Bortz & Döring, 2006). Um eine laufende Maßnahme
zu bewerten, kommt insbesondere qualitativen Methoden eine besondere Bedeutung zu.

1.6.2.2 Evaluation durch Erkundung


Das Ziel von erkundenen oder explorativen Studien liegt darin, Hypothesen für ein bislang we-
nig erforschtes Untersuchungsgebiet zu generieren. Evaluationsforschung ist hingegen eher
hypothesenüberprüfend, da „jede Maßnahme mit einer einfachen oder auch komplexen ‚Wirk-
hypothese„ verknüpft ist, die zu überprüfen Aufgabe einer Evaluationsstudie ist“ (Bortz & Dö-
ring, 2006, S. 109). Erkundungbedarf besteht daher im Kontext von Evaluationsstudien dann,
wenn Veränderungsprozesse und die spezifische Wirkungen im Verlauf von Interesse sind.
Charakteristisch für erkundende Studien ist der Einsatz qualitativer Methoden.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 144

1.6.2.3 Qualitative und quantitative Evaluation

a) Quantitative Evaluation
Leitgedanke der quantitativen Forschung ist
die klare Isolierung von Ursachen und Wirkungen, die saubere Operationalisierung von
theoretischen Zusammenhängen, die Messbarkeit und Quantifizierung von Phänomenen,
die Formulierung von Untersuchungsanordnungen, die es erlauben, ihre Ergebnisse zu ver-
allgemeinern und allgemeingültige Gesetze aufzustellen (Flick, 2000, S. 10f., zitiert nach
Offermanns, 2004, S. 77).
Ziel der quantitativen Evaluation ist es, Ergebnisse verallgemeinern zu können und allgemein-
gültige Gesetze aufzustellen. Ihre zentralen Merkmale sind:
 Verwendung repräsentativer Stichproben,
 standardisierte Versuchsanordnungen, in denen weitestgehend alle Störvariablen aus-
geklammert werden (größtmögliche Objektivität),
 Anspruch, Kausalzusammenhänge zu bestimmen (vgl. Offermanns, 2004).
Die Kritik an der quantitativen Evaluationsforschung richtet sich v.a. darauf, dass die Standardi-
sierung der Versuchsbedingungen zur Entfernung der Ergebnisse von Alltagsfragen und
-problemen führt. Es werden nur nach vorab festgelegten Wirksamkeitskriterien signifikante
Veränderungen am Schluss überprüft. Dieses Vorgehen ist sehr rigide, weshalb die Gefahr be-
steht, wichtige Aspekte zu übersehen. Um zu subjekt- und situationsspezifischen Aussagen zu
kommen, die sich auf Alltagsprobleme beziehen, eignet sich daher eher ein qualitatives Vorge-
hen (vgl. Offermanns, 2004).

b) Qualitative Evaluation
Qualitative Evaluationsforschung will Praxisveränderungen wissenschaftlich begleiten und
auf ihre Wirkungen hin einschätzen, indem die ablaufenden Praxisprozesse offen, einzel-
fallintensiv und subjektorientiert beschrieben werden (Mayring, 2002, S. 63).
Qualitatives Vorgehen ist v.a. dann sinnvoll, wenn
 keine klaren Wirksamkeitskriterien von Anfang an aufgestellt werden können,
 Veränderungen in einem komplexen, sich verändernden Praxisfeld stattfinden,
 Veränderungsprozesse beschrieben werden sollen (vgl. Bortz & Döring, 2006).
Die zentralen Merkmale qualitativer Evaluationsforschung lassen sich mit folgenden
Stichpunkten zusammenfassen:
 Intensive, einzelfallbezogene Prozessbeschreibungen.
 Subjekt- und situationsspezifische Aussagen.
 Aus den beobachteten Prozessen heraus können neue Bewertungskriterien induktiv auf-
gestellt werden.
 Naturalistische, alltagsbezogene Perspektive; keine distanzierte Bewertung von außen (z.B.
teilnehmende Beobachtung).
 Die in der Praxis beteiligten Personen kommen auch selbst zu Wort (Selbstevaluation) und
geben ihre subjektive Einschätzung wieder. Damit werden unterschiedliche Perspektiven
berücksichtigt.
 Eine offene, ganzheitliche Schlussbewertung des Gesamteindrucks der abgelaufenen Ver-
änderungsprozesse bezieht die Reflexion des Forschers über die Forschung als Teil der Er-
kenntnis mit ein (vgl. Mayring, 2002; Offermanns, 2004).
1.6 Evaluationsforschung 145

c) Kombination
Je nach Fragestellung und Zielsetzung der jeweiligen Evaluationsstudie kann es sinnvoll sein,
entweder einem quantitativen oder einem qualitativen Vorgehen den Vorrang zu geben. Oft ist
es aber gerade nützlich, beide Vorgehensweisen zu verbinden. Werden z.B. in einem quantitati-
ven Vorgehen allgemeine Wirksamkeitshypothesen auf Gruppenebene überprüft, können die
Ergebnisse durch eine offene, ganzheitliche Beschreibung von Einzelfällen verständlicher ge-
macht und damit die Aussagekraft von Mittelwertsvergleichen präzisiert werden. Qualitative
Daten können also die Interpretation quantitativer Daten erleichtern. Darüber hinaus können
qualitative Daten in quantitative Daten überführt werden. So können z.B. die Häufigkeiten be-
stimmter Nennungen oder Beobachtungen in einer Katgeorie, die aus der qualitativen Analyse
des Datenmaterials abgeleitet wurden, mit den Häufigkeiten in anderen Kategorien verglichen
werden (vgl. Bortz & Döring, 2006; Geßner, 2010; Offermanns, 2004).
Insgesamt ist zu beachten, dass im Rahmen eines qualitativen Vorgehens durchaus auch
quantitative Daten erhoben und verarbeitet werden können, genauso wie auch qualitative Daten
innerhalb einer quantitativen Forschungslogik eine Rolle spielen können. Eine quantiative oder
qualitative Forschungsstrategie ist also nicht mit der Erhebung qualitativer und quantitativer
Daten gleichzusetzen (vgl. Laux, 2008).

1.6.3 Rahmenkonzepte der Evaluation von Interventionsmaßnahmen

In der Literatur finden sich verschiedene Rahmenkonzepte zur Evaluation von Interventions-
maßnahmen. Mittag und Hager (2000) stellen ein grundlegendes Rahmenmodell zur Evaluation
psychologischer Interventionsmaßnahmen vor, andere Autoren beziehen sich auf spezifische
Interventionsformen: So entwickeln beispielsweise Hochholdinger, Rowold und Schaper (2008)
ein integratives Rahmenmodell zur Trainingsevaluation und –wirksamkeit.
Im Folgenden wird zum einen der weit verbreitete Ansatz zur Evaluation von Trai-
ningsprogrammen nach Kirkpatrick (1976) dargestellt. Zum anderen wird das Modell zur Eva-
luation von Coachingprozessen nach König und Volmer (2003) beschrieben und in das Rah-
menkonzept von Mittag und Hager (2000) eingeordnet.

1.6.3.1 Vier Ebenen der Evaluation nach Kirkpatrick (1976)


Der geläufigste Ansatz zur Evaluation von Trainings ist der von Kirkpatrick (1976), der Trai-
ningseffekte nach deren Abstand von der Trainingssituation und nach deren betrieblichen Rele-
vanz unterscheidet. Kirkpatrick (1976) sowie Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) schlagen vor,
bei der Evaluation von Trainingsprogrammen vier aufeinander aufbauende Ebenen zu berück-
sichtigen. Dabei ist jede der Ebenen für sich genommen wichtig und beeinflusst die Ergebnisse
der jeweils nächsten Ebene. Von Ebene zu Ebene wird der Evaluationsprozess komplexer, bietet
aber auch wertvollere Informationen. Die Autoren betonen, dass keine der Ebenen bei der Eva-
luation von Trainingsmaßnahmen ausgelassen werden sollte, nur um zu derjenigen Ebene zu
kommen, die den Evaluator am Meisten interessiert.
Die vier Ebenen sind:
 Ebene 1: Reaktion (Reaction)
 Ebene 2: Lernen (Learning)
 Ebene 3: Verhalten (Behavior)
 Ebene 4: Ergebnisse (Results)
1 Theoretische und empirische Grundlagen 146

Die folgenden Ausführungen zu den vier Ebenen sind der Literatur nach Kirkpatrick und
Kirkpatrick (2006) sowie Kirkpatrick (1976) entnommen.

a) Ebene 1: Reaktion
Auf der Ebene 1 wird evaluiert, wie die Teilnehmer einer Intervention auf diese reagieren. Be-
rücksichtigt wird hier also der Maßstab der Kundenzufriedenheit. Reaktionen werden meist mit
sog. „happiness sheets“ (Kirkpatrick & Kirkpatrick, 2006, p. 27) unmittelbar nach Abschluss
des Trainings erfasst. Die Teilnehmer können so subjektives Feedback zur Durchführung und zu
den Inhalten des Trainings geben. Eine Evaluation auf Ebene 1 ist wichtig, weil durch das
Feedback der Teilnehmer das Training verbessert werden kann und ein Vergleich verschiedener
Trainings möglich wird, indem z.B. organisationsinterne Standards aufgestellt werden. Darüber
hinaus ist die Reaktion der Teilnehmer leicht zu erfassen.
Zur Evaluation von Reaktionen schlagen Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) Richtlinien
vor, von denen einige im Folgenden aufgeführt werden:
1. Festlegen, was erhoben werden soll: Die Reaktionen auf das Training (z.B. zu Aufbau,
Inhalten, Materialien) und auf den Trainer sollten getrennt voneinander erhoben wer-
den.
2. Eine Form zur quantitativen Erhebung entwickeln: Eine quantitative Erhebung durch
z.B. Rating-Skalen dient dazu, einen maximalen Anteil and Informationen mit minima-
lem Zeitaufwand erfassen zu können.
3. Zur schriflichen Aufzeichnung von Meinungen und Kommentaren ermutigen: Da Ra-
tings nur einen Teil der Reaktionen erfassen, aber keine Auskunft über Gründe oder
Meinungen zur Verbesserung geben, sollte immer Platz für Vorschläge oder Kommen-
tare gelassen und diese direkt erfragt werden.
4. 100% sofortige Antworten bekommen: Die Evaluation sollte unbedingt noch während
und nicht erst nach Abschluss des Trainings durchgeführt werden, um einen möglichst
hohen Rücklauf zu erzielen.
5. Ehrliche Antworten bekommen: Das Feedback sollte prinzipiell anonym sein aber die
Option enthalten, am Ende des Bogens freiwillig Namen und Adresse angeben zu kön-
nen, da der Traininer dann die Möglichkeit hat, nachzufragen.
6. Geeignete Standards entwickeln: Die Auswertungen von Evaluationsbögen sollte Mit-
telwerte für die erfassten Bereiche angeben, die über mehrere Trainings hinweg vergli-
chen und darauf aufbauend Standards für zukünftige Trainings entwickelt werden kön-
nen.

b) Ebene 2: Lernen
Eine Evaluation auf Ebene 2 erfasst, inwieweit die Teilnehmer eines Programms ihre Einstel-
lungen ändern sowie ihr Wissen erweitern oder ihre Fähigkeit durch die Teilnahme am
Programm verbessern. Lernen wird damit als multidimensionales Konstrukt aufgefasst. Im
Idealfall erfolgt auf dieser Ebene eine standardisierte Erfassung der Lerndimensionen, z.B.
durch Papier-und-Bleistift-Tests, durch Simulationen oder Verhaltensbeobachtung. Wichtig ist,
dass ohne Lernen keine Verhaltensänderung stattfinden kann, daher die Erfassung der Ebene 2
eine unbedingte Voraussetzung für Ebene 3 darstellt.
1.6 Evaluationsforschung 147

Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) empfehlen, bei der Datenerhebung auf Ebene 2 bestimmte
Richtlinien zu berücksichtigen, z.B.:
1. Kontrollgruppe heranziehen: Die Empfehlung, eine Kontrollgruppe heranzuziehen, be-
trifft die drei Ebenen 2 bis 4. Ob Veränderungen auf der Ebene des Lernens oder Ver-
haltensänderungen auf das Training zurückzuführen sind, kann nur im Vergleich mit
einer geeigneten Kontrollgruppe festgestellt werden. Allerdings weisen die Autoren
darauf hin, dass der Einsatz einer Kontrollgruppe aufgrund des Aufwandes, der damit
verbunden ist, nicht immer praktikabel und nicht in allen Settings durchführbar ist.
2. Prä- und Posttests durchführen: Veränderungen im Wissen oder in Einstellungen sind
durch Wissenstest oder Fragebogen mit Hilfe eines Vorher-Nachher-Vergleiches zu er-
heben. Für die Erfassung von Fähigkeiten sollten Performanztest, z.B. Rollenspiele,
herangezogen werden. Wenn vollkommen neue Inhalte Gegenstand des Trainings sind,
so reicht es aus, das gelehrte Wissen oder die trainierten Fähigkeiten in einem Posttest
zu überprüfen.
3. Ergebnisse der Evaluation für eine Verbesserung des Trainings nutzen: Abhängig da-
von, in welchem Ausmaß Lernen im Rahmen des Trainings stattgefunden hat, sollten
Verbesserungen im Training oder beim Trainer angestrebt werden.

c) Ebene 3: Verhalten
Auf Ebene 3 wird das Ausmaß der sichtbaren Verhaltensänderung nach der Teilnahme an ei-
nem Programm evaluiert. Der Lernerfolg der Teilnehmer (Ebene 2) stellt eine notwendige, aber
nicht hinreichende Bedingung für eine Verhaltensänderung dar: So sind für Verhaltensänderun-
gen einige Voraussetzungen notwendig, die über den eigentlichen Lernerfolg hinausgehen. Da-
zu gehören z.B. die Änderungsmotivation des einzelnen Teilnehmers, ein anregendes Umfeld
(Arbeitsklima), in dem das Verhalten umgesetzt werden kann und die Verstärkung erwünschten
Verhaltens, die intrinsisch (z.B. Genugtuung, Stolz, Zufriedenheit) oder extrinisch (z.B. Ge-
haltserhöhung, bessere Position) erfolgen kann. Das Arbeitsklima kann verschiedene Merkmale
aufweisen, die in unterschiedlichem Ausmaß hinderlich oder aber förderlich dafür sind, im
Arbeitsalltag die im Training gelernten Inhalte in verändertes Verhalten umzusetzen. Das
Arbeitsklima kann
 hinderlich sein, wenn vom Arbeitsumfeld das explizite „Verbot“ besteht, das Erlernte im
Alltag umzusetzen.
 entmutigend sein, wenn der implizite Hinweis darauf gegeben wird, dass das Arbeitsumfeld
(insbesondere der Vorgesetzte) mit einer Verhaltensänderung unzufrieden wäre.
 neutral sein, wenn es dem Arbeitsumfeld (insbesondere dem Vorgesetzten) egal ist, ob der
Mitarbeiter sein Verhalten ändert.
 ermutigend sein, wenn das Arbeitsumfeld (insbesondere der Vorgesetzte) zur Übernahme
des neuen Verhaltens in den Arbeitsalltag anregt.
 unterstütztend sein, wenn das Arbeitsumfeld (insbesondere der Vorgesetzte) das neue Ver-
halten im Arbeitsalltag einfordert (vgl. Kirkpatrick & Kirkpatrick, 2006).
Insgesamt gilt, dass ohne die entsprechende Anwendungsmöglichkeit auch keine Verhaltens-
änderung stattfinden kann.
Auch für die Evaluation von Verhaltensänderungen schlagen Kirkpatrick und
Kirkpatrick (2006) Richtlinien vor, z.B.:
1. Zeit geben, während der Verhaltensänderungen eintreten können: Verhaltens-
änderungen brauchen Zeit. Hinzu kommt, dass der Arbeitsalltag nicht immer sofort die
1 Theoretische und empirische Grundlagen 148

Möglichkeit dafür bereitstellt, Verhaltensänderungen umzusetzen. Die Überprüfung, ob


Verhaltensänderungen langfristig eingetreten sind und die Trainingsinhalten nachhaltig
auf den Alltag transferiert wurden, kann erst einige Zeit nach Abschluss des Trainings
festgestellt werden (zwischen zwei bis sechs Monaten nach Trainingsabschluss).
2. Prä- und Posttest heranziehen: Nur wenn das Ausgangverhalten vor dem Training be-
stimmt wird, kann ein Vergleich mit potenziell neuem Verhalten nach der Intervention
erfolgen.
3. Einbezug verschiedener Perspektiven: Es ist sinnvoll, möglichst viele Menschen des
Arbeitsumfeldes zu befragen (z.B. Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kollegen), die das Verhal-
ten des Trainingsteilnehmers im alltägllichen Arbeitskontext erleben. So können aus
verschiedenen Perspektiven Verhaltensänderungen festgestellt werden.
4. Geeignete Verfahren einsetzten: Für die Bewertung einer Verhaltensänderung aus ver-
schiedenen Perspektiven eigenen sich z.B. Fragebogen, in dem die Ausprägung relevan-
ter Verhaltensweisen des Trainingsteilnehmers bewertet wird oder Interviews, in denen
Verhaltensänderungen sowie dafür hilfreiche und hemmende Faktoren exploriert wer-
den können.
5. Wiederholung der Evaluation nach einiger Zeit: Um spät eingetretene Verhaltensände-
rung zu erfassen, beziehungsweise die Stabilität von Verhaltensänderungen nachweisen
zu können, ist es sinnvoll, die Evaluation in einem größeren Zeitabstand zum Training
zu wiederholen (z.B. in einem Abstand von sechs Monaten zur ersten Postevaluation).

d) Ebene 4: Ergebnis
Auf Ebene 4 wird evaluiert, inwieweit Lernen und verändertes Verhalten dazu beitragen, er-
wünschte „Endergebnisse“ wie beispielsweise eine gesteigerte Produktivität, eine verbesserte
Qualität, gesenkte Kosten, erhöhte Verkaufzahlen oder einen erhöhten Profit zu errreichen.
Übergeordnetes Ziel ist es, die Ergebnisse des Trainings mit den Zielen der Organisation in
Einklang zu bringen. Die Richtlinien zur Erfassung von Ergebnissen entsprechen weitgehend
den Richtlinien, die die Autoren für die Evaluation auf Ebene 3 vorschlagen. Darüber hinaus
weisen sie darauf hin, dass der Evaluator auf Ebene 4 mit Hinweisen auf mögliche Ergebnisse
zufrieden sein sollte, da „Beweise“ dafür, dass durch das Training bestimmte Ergebnisse erzielt
werden konnten, schwierig zu erbringen sind. Insgesamt stellt die Evaluation auf Ebene 4 die
größte Herausforderung dar, da es eine Vielzahl von Faktoren gibt, die Einfluss auf Ergebnis-
kriterien nehmen können.

e) Zusammenfassende Definition
Eine zusammenfassende Definition von Evaluation nach Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006),
die diese als Wissenschaft und Kunst charakterisieren macht deutlich, dass die Abstimmung der
theoretisch-methodischen Richtlinien mit der praktischen Umsetzbarkeit die eigentlich schwie-
rige Aufgabe der Evaluation darstellt:
As a science, it is organized knowledge – concepts, theory, principles, and techniques. As
an art, it is the application of the organized knowledge to realities in a situation, usually
with blend or compromise, to obtain desired practical results (Kirkpatrick & Kirkpatrick,
2006, p. 74).
1.6 Evaluationsforschung 149

1.6.3.2 Prozessmodell zur Evaluation von Coachingprozessen nach König und Volmer
(2003)
Evaluation von Coaching bedeutet, Daten zu sammeln, die Hinweise auf den Erfolg oder Miss-
erfolg des Coachings geben. Dabei stellen sich drei Fragen: „Was soll evaluiert werden, welche
Kriterien sind Gegenstand der Evaluation? Wie soll evaluiert werden, d.h. wie sollten die Daten
erhoben werden? Zu welchem Zeitpunkt sollte evaluiert werden, d.h. wann werden die Daten
erhoben?“ (vgl. König & Volmer, 2003).

a) Grundlagen: Rahmenmodell zur Evaluation psychologischer Interventionsmaß-


nahmen
Mittag und Hager (2000) unterscheiden in ihrem Rahmenmodell der Evaluation psychologi-
scher Interventionsmaßnahmen verschiedene Evaluationsarten, die im Verlauf einer Programm-
entwicklung durchgeführt werden sollten. Je nach Zeitpunkt im Prozess der Programmentwick-
lung ist eine bestimmte Form der Evaluation mit jeweils eigenen Aufgaben notwendig: Vor der
Erprobung einer Maßnahme steht die Evaluation der Programmkonzeption. Während der Er-
probung der Programmkonzeption (Testphase) zielt die formative Evaluation darauf ab, Aspekte
des in der Entwicklung befindlichen Programms zu optimieren. Während der Durchführung des
fertig entwickelten Progamms erfolgt die Prozesseveluation, die die Veränderungen auf Seiten
der Zielperson erfasst, die während der Intervention stattfinden. Nach Abschluss der Inter-
vention findet eine Erfolgs- oder Egebnisevaluation statt, die aufzeigen soll, inwieweit sich die
Zielperson nach der Intervention im Vergleich zu vor der Intervention verändert hat. Die
Evaluation der Programmwirksamkeit ist meist summativ. Bei der abschließenden Evaluation
der Programmeffizienz werden Programme unter Ökonomiegesichtspunkten betrachtet.

b) Prozessmodell der Coachingevaluation


Die Ergebnisevaluation kann also in kurzfristig messbare (Output-Evaluation) und längerfristig,
nur indirekt beeinflusste Ergebnisse (Outcome-Evaluation), unterschieden werden (vgl. König
& Volmer, 2003). Für die Evaluation von Coachingprozessen ergibt sich demnach nach König
und Volmer (2003) das in Abbildung 1.6.4 dargestellte Prozessmodell.
Ergebnisevaluation =
Summative Evaluation

Ziel- Input- Prozess- Output- Outcome-


Evaluation Evaluation Evaluation Evaluation Evaluation

Klärung der Was war der Wie wird der Veränderung von Welche
Erwartungen und Aufwand Coachingprozess Verhalten und längerfristigen
Ziele der hinsichtlich aus Sicht der Einstellungen des Veränderungen
Beteiligten Kosten und Zeit? Betroffenen Coachingteil- sind durch das
beurteilt? nehmers zum Coaching
Festlegung der
Abschluss des eingetreten?
Zielerreichungs- Themen, Verlauf
Coachings
kriterien

Abbildung 1.6.4: Prozessschritte der Evaluation von Coachingprozessen (Abbildung modifiziert nach
König & Volmer, 2003)
1 Theoretische und empirische Grundlagen 150

König und Volmer (2003) weisen darauf hin, dass selbst bei Berücksichtigung aller Prozess-
schritte der Coachingevaluation die erhobenen Daten immer nur Indikatoren für mögliche Zu-
sammenhänge sein können. Es ist nicht möglich, durch Daten, die im Rahmen der Evaluation
erhoben werden, den Erfolg und das Zustandekommen des Erfolges zu „beweisen“.

1.6.4 Wirksamkeitskriterien

An welchen Kriterien kann die Effektivität, die Effizienz, der Nutzen oder der Erfolg – also die
Wirksamkeit der Interventionsmaßnahme – festgemacht werden? Welche Daten müssen erho-
ben werden, um die Wirksamkeit überprüfen zu können?

1.6.4.1 Inhaltliche und messmethodische Perspektive


Lutz und Grawe (2007) beziehen sich zunächst auf das inhaltliche Problem der relevanten Ziel-
variablen und meinen damit Fragen wie: „Was soll erfasst beziehungsweise gemessen werden?
Mit welchen Instrumenten können die angestrebten […] Veränderungen gemessen werden?“
(S. 736). Neben der inhaltlichen Auswahl relevanter Wirksamkeitskriterien ist auch das mess-
methodische Vorgehen bei der Evaluation von Interventionsmaßnahmen relevant. Zum einen ist
darüber zu entscheiden, welche Erhebungsmethoden unter Berücksichtigung welcher Daten-
quellen eingesetzt werden, um die Ausprägung der ausgewählten Variablen zu bestimmen. Wei-
terhin stellen sich Fragen nach der Bewertung der Messergebnisse beziehungsweise nach der
Methodik der Erfolgsmessung. Der Evaluator muss also entscheiden, was das gemessene Er-
gebnis bedeutet und inwieweit es als Erfolg beurteilt werden kann (vgl. Lutz & Grawe, 2007).

Im Folgenden wird zunächst die inhaltliche Perspektive in Bezug auf Kriterien des
Coachingerfolgs beleuchtet, bevor darauf eingegangen wird, wie Veränderungen methodisch am
besten erfasst werden können. Dabei spielt für den empirischen Teil der Arbeit insbesondere die
Unterscheidung des Grads der Zielerreichung vom Grad der Veränderung eine Rolle (vgl.
Schulte, 1993). Der Grad der Veränderung kann wiederum über zwei Arten der Veränderungs-
messung eingeschätzt werden, über die in die direkte und die indirekte Veränderungsmessung
(vgl. Grawe & Braun, 1994). Bei der Bewertung von Veränderungen (Liegen Veränderungen in
statistisch interpretierbarem Ausmaß vor und wenn ja, wie ist die Intensität der Veränderungen
zu bewerten?) können wiederum die statistische Signifikanz und/oder Effektgrößen herangezo-
gen werden (vgl. z.B. Bortz & Döring, 2006; Hager, 2000b). Der Abschnitt zu den Wirksam-
keitskriterien wird mit einem Fazit zum Einsatz multipler Kriteriumsmaße und verschiedener
messmethodischer Vorgehensweisen abgeschlossen.

1.6.4.2 Inhaltliche Perspektive verschiedener Wirksamkeits- und Qualitätskriterien


Reinecker (1994) beschreibt den Nutzen, die Kosten und die Zufriedenheit des Klienten als
überlicherweise herangezogene Kriterien zur Bewertung verschiedener Strategien psychosozia-
ler Versorgung. Speziell für den Coachingbereich haben Heß und Roth (2001) 13 Coaching-
Experten befragt und aus den Befragungsergebnissen Qualitätskriterien für Coaching hergelei-
tet, die als Grundlage für die Bewertung des Erfolgs von Coachings dienen sollen. Sie nehmen
eine Dreiteilung des Qualitätsbegriffs vor und unterscheiden Struktur-, Prozess- und Ergebnis-
qualität. Die Strukturqualität umfasst Merkmale der personellen (z.B. Qualifikation des
Coaches), materiellen und räumlichen Ausstattung, die als Voraussetzungen für die Prozessqua-
lität erachtet werden. Unter Prozessqualität werden alle Aktivitäten subsumiert, die zur Errei-
chung eines bestimmten Ziels beitragen sollen. Es geht um die Art und Weise, wie die Dienst-
1.6 Evaluationsforschung 151

leistung Coaching erbracht wird. Die Ergebnisqualität beschreibt den Erfolg einer Maßnahme.
Dies kann im Sinne eines Vorher-Nachher-Vergleichs geschehen oder auch die subjektive Zu-
friedenheit des Teilnehmers beinhalten, die retrospektiv nach Abschluss der Maßnahme erfasst
wird.
Heß und Roth (2001) ordnen den drei Qualitätsdimensionen verschiedene Qualitäts-
merkmale zu. Zur Dimension Ergebnisqualität gehören beispielsweise Kriterien wie Zielerrei-
chung, Zufriedenheit, emotionale Entlastung oder eine Erweiterung und Flexibilisierung des
Handlungsrepertoires. Im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung steht die Ergebnisqualität im Vor-
dergrund.

1.6.4.3 Grad der Zielerreichung versus Grad der Veränderung


Das Ausmaß von Veränderungen kann an zwei unterschiedlichen Bezugspunkten festgemacht
werden: Am Grad der Zielerreichung oder am Grad der Veränderung. Beide Wege beinhalten
einen Vergleich, wobei das Resultat dieses Vergleichs als Erfolgskriterium fungiert. Beim Grad
der Zielerreichung steht der Abstand zu einem vorher definierten Ziel im Vordergrund, beim
Grad der Veränderung geht es um den Abstand zu einem Ausgangspunkt vor der Intervention
(vgl. Hager & Hasselhorn, 2000b).

a) Grad der Zielerreichung


Bei der Bestimmung des Erfolgs einer Interventionsmaßnahme über den Grad der Zielerrei-
chung wird der Zustand im relevanten Wirksamkeitskriterium nach der Intervention mit einem
Normmaßstab oder mit einem angestrebten Zielzustand verglichen. Es geht also um das Aus-
maß, in dem die postulierten, programm- oder einzelfallspezifischen Ziele auch tatsächlich er-
reicht werden.
Um im Einzelfall den Grad der Zielerreichung zu bestimmten, bietet es sich an, indivi-
duelle Zielvorstellungen zu erfassen, die im Einklang mit den spezifischen Zielen der Interven-
tionsmaßnahme stehen. Das Erreichen dieser subjektiven Ziele kann z.B. mit dem Verfahren der
Ziel-Erreichungs-Skala beziehungsweise Goal Attainment Scaling (GAS) (vgl. Kiresuk, Smith
& Cardillo, 1994) bestimmt werden. Bei dieser Methode werden von der Person vor der Durch-
führung der Interventionsmaßnahme mehrere subjektiv relevante Ziele formuliert, um während
oder nach der Maßnahme zu überprüfen, ob, beziehungsweise inwieweit diese Ziele erreicht
wurden. Solche individuellen Zielerreichungsgrade können auch aggregiert und als Indikatoren
für den Gesamtnutzen einer Maßnahme herangezogen werden (vgl. Bortz & Döring, 2006).

b) Grad der Veränderung


Der Grad der Veränderung bezieht sich auf den Vergleich der Ausprägung der
Kriteriumsvariablen vor der Intervention mit der Ausprägung nach der Intervention (Vorher-
Nachher-Differenz) oder auf eine globale retrospektive Einschätzung der Veränderung. Diese
beiden Varianten zur Erfassung des Grads der Veränderung, die indirekte und direkte Verände-
rungsmessung, werden im nächsten Abschnitt dargestellt.
Der Grad der Veränderung von Merkmalen durch einen Prä-Post-Vergleich stellt denje-
nigen Ansatz dar, der in der empirischen Evaluation der Wirksamkeit von Interventionsmaß-
nahmen am verbreitesten ist (vgl. Hager & Hasselhorn, 2000b). Bei diesem Vorgehen ist es
notwendig, Kriterien zu definieren, auf deren Basis die Relevanz der Differenzwerte einge-
schätzt werden kann (siehe 1.6.4.5).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 152

1.6.4.4 Direkte und indirekte Veränderungsmessung


Bezüglich der Veränderungseinschätzung lassen sich prinzipiell zwei Arten von Veränderungs-
messung unterscheiden, die direkte und die indirekte Veränderungsmessung (vgl. Grawe &
Braun, 1994).

a) Überblick
Häufiger und strenger als die direkte Veränderungsmessung ist die indirekte Veränderungsmes-
sung, die eine mögliche Veränderung anhand der Differenz der Maße in einem entsprechenden
Messinstrument vor und nach der jeweiligen Intervention ermittelt. Aus diesen Differenzwerten
wird das Ausmaß der Merkmalsveränderung vom Dignostiker indirekt erschlossen (vgl. Kram-
pen & Hank, 2008; Lutz & Grawe, 2007). Die direkte Veränderungsmessung erfolgt durch eine
retrospektive Einschätzung der Veränderungen nach Durchführung der Intervention. Eine Ände-
rung wird anhand von Veränderungsaussagen im Zeitvegleich direkt abgegeben (z.B. „Ich fühle
mich weniger gehetzt“). Diese Veränderungsaussagen können Selbstaussagen der Teilnehmer
der jeweiligen Intervention oder Fremdbeurteilungen des Diagnostikers sein (vgl. Krampen &
Hank, 2008). Die direkte Veränderungsmessung kann entweder durch eine globale Erfolgsein-
schätzung nach Beendigung der Intervention beziehungsweise zu einem Follow-up-Zeitpunkt
oder durch einen entsprechend aufgebauten Fragebogen (z.B. den Veränderungsfragebogen des
Erlebens und Verhaltens nach Zielke & Kopf-Mehnert, 1978) geschehen (vgl. Lutz & Grawe,
2007).

b) Vor- und Nachteile der beiden Formen der Veränderungsmessung


Beide Arten der Veränderungsmessung führen meist zu unterschiedlichen Ergebnissen und ha-
ben verschiedene Vor- und Nachteile (vgl. Lutz & Grawe, 2007):
Die direkte Veränderungmessung
 ermöglicht durch eine unmittelbare Einschätzung des Effektes eine einfache und öko-
nomische Veränderungsabschätzung,
 ermöglicht keinen Vergleich mit dem Ausgangszustand,
 birgt die Gefahr, durch die retrospektive Einschätzung wahrgenommene Veränderungen
(durch z.B. sozial erwünschtes Antwortverhalten) zu überschätzen.
Die indirekte Veränderungsmessung
 beruht auf der klassischen Testtheorie und ist daher durch die entsprechenden Probleme
bei der Konzeptualisierung der Veränderungsmessung (siehe Punkt c) eingeschränkt
(vgl. Bortz & Döring, 2006; Krampen & Hank, 2008; Petermann, 1978).
 ermöglicht einen direkten Vergleich des Zustands vor und nach der Intervention.
Bei der direkten Veränderungsmessung werden die methodischen Probleme der direkten Verän-
derungsmessung damit umgangen,
dass als Vergleichsprozess die subjektive Messwertskala der Person selbst herangezogen
wird und in nur einer Messung subjektiv erlebte Veränderungen in ihrer Richtung für einen
vorgegebenen Zeitraum direkt erhoben werden. Unabhängig von dem physikalischen
Messwertkontinuum werden die wahrgenommenen Veränderungen durch den impliziten
Vergleich zwischen einem intern wahrgenommenen Anfangszustand mit einem Endzustand
auf einem Kontinuum der subjektiven Bedeutsamkeit des Probanden quantifiziert (Kram-
pen & Hank, 2008, S. 317).
1.6 Evaluationsforschung 153

Nach Krampen und Hank (2008) sollte die direkte Veränderungsmessung nicht als Alternative
zur indirekten Veränderungsmessung herangezogen werden, sondern als Ergänzung eingesetzt
werden. Die Übereinstimmung der Befunde aus den beiden Strategien der Veränderungsmes-
sung ist dabei von besonderem Interesse.

c) Ausgewählte Probleme der indirekten Veränderungsmessung


Die indirekte Veränderungsmessung ist mit einigen Problemen behaftet. So können z.B. expe-
rimentelle Fehlerquellen, die statistische Regression zur Mitte (Regressionseffekt), das Reliabi-
lität-Validitätsdilemma sowie Messbedeutungsprobleme Einfluss auf die Art und die Interpreta-
tion der Ergebnisse nehmen (vgl. Bortz & Döring, 2006; Krampen & Hank, 2008; Petermann,
1978).

Experimentelle Fehlerquellen
Folgende experimentelle Fehlerquellen können bei der Erhebung und Interpretation der Daten
im Rahmen der indirekten Veränderungsmessung von Bedeutung sein (vgl. Bortz & Döring,
2006; Petermann, 1978):
 Selektive Stichprobenveränderung: Wiederholte Erhebungen verlangen von den Untersu-
chungspersonen ein relativ hohes Engagement, daher kann es zum Ausscheiden (Drop-Out)
einzelner Personen kommen. Wenn das Ausscheiden mit den Stufen der unabhängigen Va-
riablen variiert, dann ist die Drop-Out-Rate selektiv (Konfundierung).
 Zeit als Störvariable: Die Wahl des Zeitintervalls zwischen den Erhebungszeitpunkten bei
Prä-Post-Messungen kann Einfluss auf die Art der Ergebnisse nehmen. Wird ein zu kurzes
Zeitintervall erhoben, ist der interessierende Prozess ggf. noch nicht abgeschlossen. Wird
ein zu langes Zeitintervall gewählt, so könnte der interessierende Prozess durch nachfolgen-
de Prozesse überlagert sein.
 Testungsfaktoren: Übungs- und Lerneffekte, Testleiter- und Testsituationseffekte sowie
Sättigungseffekte können Folgen der Auswirkungen der Erst- auf die Wiederholungsmes-
sung sein.

Messmethodische Probleme
Folgende messmethodische Probleme können bei der Interpretation von Veränderungen von
Bedeutung sein:
 Regression zu Mitte: Wird bei einer Gruppe von Individuen die gleiche Variable zweimal
hintereinander erhoben, so ist die Abweichung der individuellen Messwerte vom Gruppen-
mittelwert bei der Zweitmessung geringer als die Abweichung der Messwerte der gleichen
Individuen vom Gruppenmittelwert bei der Erstmessung. Unter der statistischen Regression
wird also die Tendenz zur Mitte verstanden, die auf die Messfehler zurückzuführen ist (vgl.
Petermann, 1978).
 Subjektive Bedeutung der Veränderung: Das Physikalismus-Subjektivismus-Dilemma
kennzeichnet die Schwierigkeit, exakt quantifizierbare Merkmalsbereiche zu gewinnen, die
zugleich psychologisch sinnvoll interpretierbar sind (Krampen & Hank, 2008). Das gleiche
Ausmaß der Veränderung im Sinne psychometrischer Differenzen kann für verschiedene
Personen von unterschiedlicher subjektiver Bedeutsamkeit sein (vgl. Unterscheidung von
statistischer und klinischer Signifikanz; z.B. Reinecker, 1994).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 154

1.6.4.5 Statistische Signifikanz und Effektgrößen


Der Frage, ob es eine Wirkung gibt, kann anhand zweierlei Kriterien beantwortet werden:
 Augenschein: Empirisch festgestellte Unterschiede, die unabhängig von ihrer Größe in die
erwartete Richtung weisen, sprechen für die Wirksamkeit der Intervention.
 Probabilistisch: Nicht jeder Unterschied, der in die richtige Richtung weist, ist statistisch
bedeutsam.
Üblicherweise werden die Entscheidungskriterien probabilistisch definiert und über einen sta-
tistischen Test operationalisiert (vgl. Hager, 2000b).

a) Statistische Signifikanz
Das am meisten verbreitete Kriterium zur probabilistischen Beurteilung der Effektivität einer
Interventionsmaßnahme ist die statistische Signifikanz. Diese ermöglicht nur die Beantwortung
der Frage, ob das Programm eine Wirkung zeigt, die über Zufallsschwankungen hinausgeht und
gibt bestenfalls Hinweise auf die Intensität der Wirkung (vgl. Hager, 2000b). Das Auftreten
eines signifikanten Ergebnisses ist in erster Linie von der Genauigkeit der Messung und von der
Stichprobengröße abhängig. So führen mit steigender Stichprobengröße auch immer kleinere
Unterschiede zwischen den Gruppen zu einem signifikanten Ergebnis, auch wenn der Effekt
letzendlich praktisch nicht mehr relevant ist (vgl. Bortz & Schuster, 2010).
Die Teststärke oder Power eines Tests gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein
Signifikanztest zugunsten einer spezifischen Alternativhypothese entscheidet (vgl. Bortz &
Schuster, 2010). Die Teststärke drückt damit in Evaluationsstudien die Wahrscheinlichkeit aus,
eine tatsächliche vorhandene Wirkung oder einen tatsächlich vorhandenen Wirksamkeitsunter-
schied bei der statistischen Prüfung auch wirklich zu entdecken (vgl. Cohen, 1962). Die Test-
stärke hängt von der Effektgröße, vom Stichprobenumfang und von der Streuung des Merkmals
in der Gruppe ab (vgl. Bortz & Schuster, 2010). Damit ergibt sich das Problem, dass bei kleinen
Stichprobenumfängen und nur geringen Wirksamkeitsunterschieden zwischen zwei Inter-
ventionsbedingungen die Ergebnisse statistischer Tests mit einer sehr geringen Wahrscheinlich-
keit signifikant werden. Dieser Zusammenhang fällt v.a. bei der Testung von Wirksamkeits-
unterschiedshypothesen (siehe 1.6.5.3) ins Gewicht: Der Unterschied zwischen zwei alternati-
ven Interventionsbedingungen, die jede für sich genommen effektiv ist, kann bei realistischer
Betrachtung gar nicht so groß werden, dass er sich bei relativ kleinen Stichproben (ca. 20 Per-
sonen pro Gruppe) im statistischen Mittelwertvergleich als signifikant erweist (vgl. Grawe,
1992). Hinzu kommt, dass die Varianz innerhalb der Gruppe sehr klein sein müsste, um ein
signifikantes Ergebnis zu erzielen.
Eine Alternative beziehungsweise Ergänzung zum Signifikanztest besteht in der Be-
rechnung von Effektstärken. Diese sind auch dazu geeignet, die Frage nach der Intensität einer
Wirkung zu beantworten (vgl. Hager, 2000b).

b) Effektgrößen
Effektgrößen (= Effektstärken) drücken die praktische Signifikanz beziehungsweise Relevanz
oder Bedeutsamkeit einer Wirkung aus. Sie werden herangezogen, um die praktische Relevanz
von signifikanten Ergebnissen zu verdeutlichen.
1.6 Evaluationsforschung 155

Effektstärken für abhängige und unabhängige Stichproben


Effektstärken liefern eine Punktschätzung bezüglich der Ausprägung des Unterschieds zwischen
zwei Erhebungsgruppen (Effektstärken für unabhängige Stichproben) oder zwei Erhebungszeit-
punkten (Effektstärken für abhängige Stichproben) unabhängig von der Skala der Messinstru-
mente (siehe 3.5.3.1). Der Vergleich zwischen zwei Gruppen (z.B. Interventionsgruppe und
Vergleichsgruppe ohne Intervention) führt in der Regel zu konservativeren Schätzungen des
Interventionseffekts als der Vergleich von Prä-Post-Maßen (vgl. Lutz & Grawe, 2007).

„Cohens d“ als Distanzmaß


Statistische Effektgrößen können als Distanzmaße oder Zusammenhangsmaße berechnet wer-
den. Als Distanzmaße beschreiben sie das Ausmaß der Unterschiedlichkeit zwischen zwei oder
mehr hypothetischen Populationen. Als Zusammenhangsmaße beziehen sie sich auf das Aus-
maß des Zusammenhangs zwischen der Zuordnung zu einer der hypothetischen Populationen
und den Werten einer als Zufallsvariable interpretierten abhängigen Variable (vgl. Hager,
2000b).
Die am häufigsten verwendete Effektgröße, Cohens d, stellt ein Distanzmaß dar.
Cohens d entspricht dem standardisierten Mittelwertsunterschied zwischen zwei Gruppen. Da-
mit wächst das Maß mit einem größeren Abstand der Mittelwerte und einer kleineren Streuung
der Werte in der Population (vgl. Bortz & Döring, 2006).

Stärken und Schwächen der Effektgrößen


Die Stärken der Effektgrößen liegen darin, dass sie von der Maßeinheit der Ursprungsdaten und
von der Stichprobengröße unabhängig sind. Darüber hinaus sind sie weitgehend unabhängig
von probabilistischen Überlegungen beziehungsweise davon, ob eine Wirkung statistisch gese-
hen als signifikant beurteilt werden kann. Da es eine Verbindung zwischen Effektstärke, Test-
stärke und Stichprobengröße gibt (vgl. Cohen, 1988), können darüber hinaus a priori optimale
Stichprobenumfänge (Stichproben, die gerade große genug sind, um einen für praktisch bedeut-
sam erachteten Effekt statistisch absichern zu können) bestimmt werden, was die Planung von
Evaluationsstudien erleichtert. Dazu müssen die erwartete Effektgröße abgeschätzt, sowie Test-
stärke und Signifikanzniveau festgelegt werden (vgl. Bortz & Schuster, 2010). Ist dies im Vor-
feld von Evaluationsstudien aus praktischen Gründen nicht möglich, so kann zum einen post
hoc berechnet werden, welche Effekte vorliegen müssten, damit diese mit der vorliegenden
Teststärke in der jeweiligen Stichprobe statistisch nachgewiesen werden können. Zum anderen
kann die Teststärke post hoc bestimmt werden. Prinzipiell sind Effektgrößen dazu in der Lage,
traditionelle Signifikanztests zu ergänzen oder zu ersetzen, beziehungsweise können sie zu einer
Zusammenfassung von Studien in Meaanalysen eingesetzt werden (vgl. Lutz & Grawe, 2007;
Reinecker, 1994).
Schwächen der Effektgrößen bestehen darin, dass diese artifiziell erhöht sein können,
wenn die Vergleichsgruppe keine Intervention erhält. In diesem Fall können zu den programm-
gebundenen Wirkungen (= spezifische Veränderungen, die direkt auf das Programm und auf
keine andere Ursache zurückzuführen sind; vgl. Hager & Hasselhorn, 2000b) interventionsge-
bundenen Wirkungen (= Veränderung ist darauf zurückzuführen, dass überhaupt eine Interven-
tion stattgefunden hat, unabängig von dem angewendeten Programm; vgl. Hager & Hasselhorn,
2000b) hinzukommen. Weiterhin hängt die Größe des statistischen Effekts von dem Grad der
Nähe der gewählten Kriteriumsmaße zum Interventionsprogramm ab (vgl. Hager, 2000b): Je
programmnäher ein Kriteriumsmaß ist (Anforderungstransfer) und umso ähnlicher die Erhe-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 156

bungs- und Interventionssituation ausfallen (Situationstransfer), desto höher ist der statistische
Effekt zu erwarten. Zusätzlich spielt der zeitliche Abstand der Erhebung zum Ende der Inter-
vention eine Rolle (zeitlicher Transfer).
Insgesamt ist festzuhalten
dass die Werte von Effektgrößen über mehrere Untersuchungen, ja sogar in einer Untersu-
chung mit mehreren Kriteriumsmaßen oder abhängigen Variablen trotz einer möglicher-
weise ‚gemeinsamen Metrik„ nicht miteinander vergleichbar sind (Hager, 2000b; S. 161;
Hervorhebung i.O.).

c) Beurteilung
Insgesamt stellen Effektgrößen die relativ beste Möglichkeit dar, die Intensität einer Wirkung
auf statistischer Ebene zu operationalisieren. Je größer dabei der Effekt unter sonst gleichen
Bedingungen ausfällt, desto größer ist die Intensität der Wirkung der Maßnahme (vgl. Hager,
2000b).
In Bezug auf die Beziehung zwischen statistischer Signifikanz und Effektgrößen ist zu
beachten, dass Effektgrößen auch dann einen von Null verschiedenen Wert annehmen können,
wenn die beobachteten Abweichungen oder Zusammenhänge nicht signifikant sind. Ein noch so
großer, aber insignifikanter Effekt bedeutet jedoch nach dem Rational statistischen Testens, dass
dieser eigentlich als zufällige Abweichung von einem Nulleffekt interpretiert werden müsste
(vgl. Hager, 2000b). Auf der anderen Seite wird in der Literatur durchaus die Auffassung vertre-
ten, dass Effektgrößen als Alternativen zum statistischen Test interpretiert werden können (vgl.
zusammenfassend Hager, 1995). Dies bietet den Vorteil, dass Effektgrößen in den Vordergrund
rücken, wenn der statistische Test z.B. bei einer zu geringen Stichprobengröße mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit insignifikant bleibt.
In der Forschungspraxis werden im Allgemeinen auch statistisch insignifikante Effekte
in der erwarteten Richtung durchaus als Hinweise auf die Wirksamkeit interpretiert oder aus-
schließlich Effektstärken bestimmt und auf statistische Tests verzichtet. Insgesamt plädiert Ha-
ger (2000b) dafür, Effektgrößen nicht als Ersatz für, sondern als Ergänzung zu statistischen
Tests anzusehen:
Unter dieser Auffassung dienen statistische Tests weiter dazu, festzustellen, ob eine Wir-
kung aufgetreten ist, die unter probabilistischer oder signifikanzstatistischer Sichtweise
größer ist als zufällige Schwankungen, während die Effektgröße angibt, wie intensiv diese
Wirkung ausfällt (S. 163).

1.6.4.6 Fazit: Multiple Kriteriumsmaße und verschiedene messmethodische Ansätze


In Bezug auf den Erfolg von Psychotherapie herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass dieser
nicht eindimensional zu erfassen ist. Entsprechend werden in einem multimodalen Vorgehen
unterschiedliche Datenquellen (z.B. Selbst- und Fremdbeurteilungen), unterschiedliche Daten-
ebenen (z.B. physische, psychologische, soziale, ökonomische) und unterschiedliche inhaltliche
Konstrukte herangezogen (vgl. Lutz & Grawe, 2007). Die gleiche Aussage ergibt sich mit dem
Vorschlag von Heß und Roth (2001), die Qualitätsmerkmalen drei verschiedenen Qualitätsdi-
mensionen zuordnen. Für die Ergebnisqualität als Erfolg oder Wirksamkeit der Maßnahme wer-
den entsprechend zahlreiche Qualitätsmerkmale aufgeführt. Auch Hager und Hasselhorn
(2000a) betonen, dass der Einbezug verschiedener relevanter Kriteriumsmaße, die sowohl die
Programmziele als auch potenzielle Neben- und Folgewirkungen erfassen, wünschenswert ist.
Dabei sollte allerdings die Verschiedenheit und Vielfalt der Erhebungsmethoden nicht zum
1.6 Evaluationsforschung 157

Selbstzweck werden, sondern stets darauf ausgerichtet sein, den Erfolg der jeweiligen Interven-
tionsmaßnahme möglichst adäquat bestimmen zu können.
Darüber hinaus ist es wünschenswert – wie auch dem Plädoyer von Hager (2000b) zu
entnehmen – zur Bewertung von Veränderungen sowohl das Maß der statistischen Signifikanz
heranzuziehen als auch Effektgrößen zu bestimmen. Da die direkte und die indirekte Erfassung
von Veränderungen meist zu unterschiedlichen Ergebnissen führt (vgl. Lutz & Grawe, 2007)
kann es sinnvoll sein, die Wirksamkeit einer Maßnahme nicht nur über einen Weg der
Veränderungabschätzung zu bestimmten, sondern die Ergebnisse der indirekten und direkten
Veränderungsmessung zueinander in Beziehung zu setzen. Darüber hinaus spielt für eine
individuumsorientierte Maßnahme wie das Einzelcoaching der Einbezug des Grades der Errei-
chung individueller Ziele eine herausragende Rolle.

1.6.5 Forschungsstrategien zur Wirksamkeitsuntersuchung

Bei der Untersuchung der Wirksamkeit wird das zu bewertende Programm als Ganzes betrach-
tet. Die Wirksamkeitsuntersuchung kann sowohl als exploratives Vorgehen zur Erkundung der
spezifischen Wirkungen, als auch als explikatives Vorgehen zur Überprüfung von a priori aufge-
stellten Hypothesen zu Wirksamkeit und Wirksamkeitsunterschieden angelegt sein. Weiterhin
ist es möglich, die Wirksamkeit der zu untersuchenden Intervention auf Gruppenebene zu ana-
lysieren und damit Aussagen zu generieren, die interindividuell gültig sind, beziehungsweise
Hypothesen zu überprüfen, die Aussagen über Gruppenmittelwerte machen. Solche Gruppenun-
tersuchungen können ergänzt werden durch Einzelfallanalysen: Diese dienen dazu, die Wirk-
samkeit der spezifischen, individuumsorientierten Intervention im Einzelfall zu erkunden sowie
auf den Einzelfall bezogene Wirksamkeitshypothesen zu überprüfen. Auf Gruppenebene kön-
nen verschiedene Designs zur Wirksamkeitsüberprüfung eingesetzt werden, die entweder dem
Paradigma der isolierten Evaluation oder dem der vergleichenden Evaluation (vgl. Hager,
2000a) zuzuordnen sind.

1.6.5.1 Wirksamkeitsuntersuchung auf Gruppen- und Einzelfallebene


Hager (2000b) weist darauf hin, dass es für eine Evaluationsuntersuchung möglich und generell
wünschenswert ist, verschiedene Arten von Vorgehensweisen heranzuziehen und die verbreitete
Gruppenanalyse durch Einzelfallanalysen zu ergänzen.

a) Idiographisches und nomothetisches Vorgehen


Mit der begrifflichen Unterscheidung von nomothetischem und idiographischem Vorgehen in
der empirischen Wissenschaft leitete Windelband (1894, zitiert nach Laux, 2008) einen pseu-
domethodologischen Streit ein. Als idiographische Methode wird seitdem „...die Beschreibung
und Interpretation einzelner, einmaliger Gestalten und Ereignisse verstanden“ (Laux, 2008, S.
124), während sich die Nomothetik auf die Suche nach allgemeinen Gesetzmäßigkeiten konzen-
triert. Nomothetische Forschung neige gemäß der Windelband„schen Unterscheidung zur Abs-
traktion, während in der idiographischen Forschung die Tendenz zur Anschaulichkeit und die
Erforschung der individuellen Besonderheiten im Vordergrund steht (vgl. Laux, 2008;
Reinecker, 1999).
Idiographisches Vorgehen ist nicht mit qualitativer Forschung gleichzusetzen. Vielmehr
kann idiographisches Vorgehen qualitativer und quantitativer Natur sein, wenn Daten interpreta-
tiv verarbeitet (qualitative Forschung) und zugleich Daten aus Messungen statistisch analysiert
(quantitative Forschung) werden (vgl. Bortz & Döring, 2006).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 158

Grundsätzlich wird auch in der idiographischen Forschung angestrebt, auf Basis des untersuch-
ten Einzelfalls zu Aussagen zu gelangen, die für Gruppen von Individuen gültig sind. Dafür
muss von einem Individuum auf mehrere Individuen abstrahiert werden: „Auf die idiographisch
orientierte Erhebungsphase soll daher eine Auswertungsphase folgen, die nomothetischen Ziel-
setzungen entspricht“ (Laux, 2008, S.156). Eine solche zweistufige Konzeption – die von indi-
viduellen Gesetzmäßigkeiten von Einzelfällen durch Schritte der Abstraktion und Generalisie-
rung zu interindividuellen Gesetzmäßigkeiten gelangt – entspricht dem Verfahren der kompara-
tiven Kasuistik nach Jüttemann (1990) und wird auch als „bottom-up“-Ansatz (vgl. Laux, 2008)
bezeichnet.
Idiographisches und nomothetisches Vorgehen wurden von Windelband (1894) als For-
schungsperspektiven charakterisiert, die sich funktional ergänzen. Eine starre Verknüpfung von
Gegenstand und Methodik ist demnach nicht angebracht, denn dieselben Gegenstände können
sowohl zum Objekt einer nomothetischen wie auch einer idiographischen Untersuchung ge-
macht werden (vgl. Laux, 2008). Heute muss die strikte Unterscheidung von nomothetischer
und idiographischer Forschung aus inhaltlichen und methodologischen Gründen als überholt
angesehen werden: So betont Reinecker (1999), dass die Zuordnung von Einzelfallstudien zum
Bereich der idiographischen Forschung im Sinne von Windelband unzutreffen ist.

b) Gruppen- und Einzelfallanalysen


Gruppen- und Einzelfallanalysen zur Wirksamkeitsuntersuchung werden in der vorliegenden
Arbeit insofern in den idiographischen und nomothetischen Ansatz eingeordnet, als dass sie
zunächst unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen: Aus den Gruppenanalysen sollen Aussagen
über die Wirksamkeit der Interventionsmaßnahmen in ähnlichen Populationen abgeleitet wer-
den, Einzelfallanalysen sollen die spezifische Wirkung und individuelle Wirksamkeit im jewei-
ligen Einzelfall veranschaulichen. Auf Basis beider Perspektiven werden Schlussfolgerungen
über die Wirksamkeit der untersuchten Interventionsmaßnahmen gezogen.
Sowohl auf Ebene der Gruppe als auch auf Ebene des Individuums ist es möglich, Ver-
änderungen und Ausprägungen verschiedener Wirksamkeitskriterien zu beschreiben und auf
dieser Basis Hypothesen zur Wirksamkeit zu generieren (deskriptives/erkundendes Vorgehen),
zum anderen a priori aufgestellte Hypothesen zur Wirksamkeit der Interventionsmaßnahme zu
überprüfen (konfirmatorisches/explikatives Vorgehen). Sollen Wirksamkeitshypothesen über-
prüft werden, so ist die Wahl eines passenden Untersuchungsdesigns von zentralem Interesse
(vgl. Bortz & Döring, 2006). Es stehen für Gruppen- und Einzelfallanalysen zahlreiche experi-
mentelle und quasi-experimentelle Forschungsdesigns zur Verfügung, die die interne und exter-
ne Validität der Ergebnisse gewährleisten sollen (siehe 1.6.5.2 und 1.6.5.3).

1.6.5.2 Experimentelle und quasi-experimentelle (naturalistische) Studien


Lutz und Grawe (2007) führen die wichtigsten Unterschiede zwischen experimentellen und
quasi-experimentellen Studien im Bereich der Psychotherapieforschung auf.

a) Experimentelle Studien
Experimentelle Studien verfolgen das Ziel, deduktiv Hypothesen zur Effektivität eines Interven-
tionsprogramms zu testen. Dabei werden Aspekte der internen Validität betont. Es werden rela-
tiv homogene Stichprobene herangezogen und es erfolgt eine Zufallszuweisung der Probanden
auf die Interventions- und Kontrollgruppe (Randomisierung). Die Intervention muss klar defi-
niert sein und standardisiert durchgeführt werden. Die Studien zeichnen sich durch einen hohen
1.6 Evaluationsforschung 159

Grad an experimenteller Kontrolle aus und erlauben es daher, Unterschiede im Interventions-


ergebnis auf die spezifische Behandlung zurückzuführen (vgl. Lutz & Grawe, 2007). Reinecker
(1994) betont, dass die Durchführung von „echten Experimenten“ im klinischen Bereich sehr
beschränkt ist, da nur in wenigen Therapiestudien eine Randomisierung der Versuchsgruppen
erfolgt. Diese Feststellung gilt ebenso für Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit von Trai-
nings und Coachings in organisationalen Settings. Auch hier ist eine Zufallszuweisung der Pro-
banden zu den Interventionsbedingungen nur selten realisierbar.
Der Hauptkritikpunkt einer solchen methodisch stringent durchgeführten experimentel-
len Studie bezieht sich auf die externe Validität. Ergebnisse aus Experimenten können nur be-
dingt auf die Alltagspraxis übertragen werden, da es sich bei den Probanden um eine ausge-
wählte Stichprobe von Personen handelt, die bereit sind, an einer Studie teilzunehmen. Insge-
samt kann in vielen natürlichen Situationen eine vollständige Kontrolle der Validität nicht er-
reicht werden; in solchen Fällen behilft man sich mit quasi-experimentellen Designs (vgl. Lutz
& Grawe, 2007; Reinecker, 1994).

b) Naturalistische/Quasi-experimentelle Studien
Die zweite Forschungsstrategie zur Wirksamkeitsüberprüfung von Interventionsmaßnahmen,
die quasi-experimentellen Designs (vgl. Campbell & Stanley, 1963; Cook & Campbell, 1979),
betonen insbesondere die externe Validität. Naturalistische beziehungsweise quasi-
experimentelle Studien untersuchen, inwieweit spezifische Interventionen unter Praxisbedin-
gungen und nicht nur in einer kontrollierten und stark spezifizierten Situation wirksam sind.
Quasi-experimentelle Designs streben an, zumindest eine gewisse Kontrolle von Alternativ-
Hypothesen zu gewährleisten:
Die Interpretierbarkeit der Ergebnisse eines Experiments hängt eng mit der Anzahl der zu-
rückgewiesenen Alternativhypothesen zusammen, so daß [sic] es immer angebracht ist, bei
der Wahl eines Designs die verschiedenen Verletzungsmöglichkeiten der Validität zu be-
rücksichtigen (Reinecker, 1994, S. 257; Kursiv i.O.).
Die Zuweisung zu einer spezifischen Intervention erfolgt nicht nach dem Prinzip der
Randomisierung, sondern die Probanden wählen selbst ihre Behandlung beziehungsweise die
jeweilige Interventionsbedingung aus. Behandlungs- oder Rahmenbedingungen werden nicht im
Vorfeld der Intervention kontrolliert, sondern werden post-hoc statistisch zu kontrollieren ver-
sucht, z.B. in Form von Kovarianzanalysen (nach Lutz & Grawe, 2007). In der quasi-
experimentellen Untersuchung liegen die Gruppen also in ihrer natürlichen Zusammensetzung
vor (vgl. Bortz & Döring, 2006).
Auch für quasi-experimentelle Studien gelten an sich die von Cook und Campbell
(1979) beschriebenen Kriterien der internen und externen Validität. Lutz und Grawe (2007)
weisen allerdings diesbezüglich auf Einschränkungen hin: „Ergebnisse auf der Basis naturalisti-
scher Forschungsdesigns sind oft nicht eindeutig interpretierbar und lassen den Ausschluss von
alternativen Hypothesen nicht zu“ (S. 733).
Insgesamt ist festzuhalten:
Experimentelle Studien lassen einen Rückschluss auf den maximalen Effekt eines bestimm-
ten, eventuell neu entwickelten Behandlungsverfahrens unter kontrollierten experimentel-
len Bedingungen zu, während quasi-experimentelle und naturalistische Studien einen
Rückschluss auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Belange der Alltagssituation
ermöglichen (Lutz & Grawe, 2007, S. 733).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 160

c) Einzelfallexperimente oder Quasi-Experimente


Gruppenanalysen bieten üblicherweise gegenüber Einzelfallanalysen den Vorteil der besseren
internen Validität. Hingegen besteht ihr Nachteil darin, dass die Wirksamkeitshypothese nur für
eine „hypothetische mittlere Person“ (Hager, 2000b, S. 165) geprüft wird und für den indivi-
duellen Einzelfall nicht zutreffen müssen. (Quasi-)Experimentelle Einzelfallanalysen ermög-
lichen es hingegen, Hypothesen für einzelne Personen zu überprüfen. Die Grundprinzipien des
Einzelfallexperiments sind identisch mit denen von Gruppenexperimenten. Anstelle des Ver-
gleichs zwischen verschiedenen Gruppen tritt der Vergleich zwischen verschiedenen Bedingun-
gen bei einer Person über die Zeit:
Eine Person stellt ‚ihre eigene Kontrolle„ dar, da das Verhalten der Person vor und während
einer Intervention mit dem eigenen Verhalten (nicht mit Durchschnittswerten) verglichen
wird. Diese Kontrolle ‚innerhalb„ einer Person erlaubt eine genaue Bewertung einer Inter-
vention und stellt einen wesentlichen Unterschied zur Gruppenforschung dar (Kern, 1997,
S. 69).
Für die experimentelle Einzelfallforschung sind eine Reihe von Versuchsplänen vorgestellt
worden (vgl. Petermann, 1996a; Kern, 1997; Reinecker, 1994, 1999), die sich v.a. als Variatio-
nen von Zeitreihenstudien darstellen. Einen weiteren geeigneten Untersuchungsrahmen für Ein-
zelfallstudien zur Überprüfung der Wirksamkeit stellt die Internale Referenzstrategie dar, die in
Abschnitt 1.6.5.5 erläutert wird.

1.6.5.3 Isolierte und vergleichende Evaluation auf Gruppenebene: Evaluationsdesigns


Die auf die Wirksamkeit von Interventionsprogrammen ausgerichteten Hypothesen beziehen
sich im Wesentlichen entweder auf die grundsätzliche Wirksamkeit des Programms oder auf
seine Wirksamkeit im Vergleich zu Konkurrenzprogrammen (vgl. Hager, 2000a).

a) Prinzip der Kontrolle


Um Wirksamkeits- und Wirksamkeitsunterschiedshypothesen überprüfen zu können, kommt es
darauf an, sich mit plausiblen Störfaktoren zu befassen und diese – so weit wie möglich – zu
kontrollieren. Dass Prinzip der Kontrolle besagt,
dass im Sinne der Sicherung der sog. Internen Validität und damit einer hinreichend ein-
deutigen Interpretierbarkeit alle nicht mir der Hypothese verbundenen und daher potentiell
störenden Faktoren (Störfaktoren) zu kontrollieren sind, während die mit der Hypothese
verbundenen oder hypothesenrelevanten Faktoren variiert werden sollen (Hager, 2000a, S.
182).
Dabei betont Hager (2000a) die gegenstandsadäquate Umsetzung des Prinzips der Kontrolle,
d.h. dass die Auswahl einer für die inhaltliche Fragestellung/Hypothese geeigneten Vergleichs-
gruppe das entscheidende Kriterium für die Erhöhung der internen Validität darstellt. Prinzipiell
kann die Kontrolle durch die Konstanthaltung, Elimination oder systematische Variation von
bekannten Störfaktoren erfolgen. Unbekannte Störfaktoren sollen über die Randomisierung
ausgeschlossen werden.

Stellenwert der Randomisierung


Allgemein wird der Randomisierung zur Erhöhung der internen Validität eine große Bedeutung
beigemessen. Brandstädter (1990, zitiert nach Hager, 2000a) weist aber darauf hin, dass die
interne Validität oder Interpretierbarkeit der empirischen Befunde weniger von der Umsetzung
dieser experimentellen Kontrolltechnik als Aspekt der Versuchsplanung, als vielmehr von den
1.6 Evaluationsforschung 161

zur Erklärung herangezogenen Theorien und Hypothesen im Vergleich zu konkurrierenden Hy-


pothesen abhängt. Nach Brandstädter (1990) kann „eine ‚schwache„ quasi- oder vorexperimen-
telle Studie […] durchaus intern valide sein, wenn die Beobachtungsbefunde nur auf eine Weise
plausibel erklärt werden können (zitiert nach Hager, 2000a, S. 182).

Variablenkonfundierung
Auch wenn eine Randomisierung stattfindet, kann eine Konfundierung der Programmwirkungen
mit Wirkungen der Interventionssituation als solcher nicht ausgeschlossen werden. Die Gefahr
dieser spezifischen Variablenkonfundierung besteht nach Hager (2000a) besonders dann, wenn
die Vergleichsgruppe keiner Intervention unterzogen wird. In diesem Fall sind alle nicht-
programmgebundenen Faktoren (wie z.B. die Zuwendung) mit dem Programm konfundiert.
Diese Konfundierung kann nur durch die Verwendung geeigneter Vergleichsgruppen eliminiert
werden (vgl. Hager, 2000a).
Variablenkonfundierung bezieht sich aber nicht nur auf diese spezifische Variante, son-
dern bezieht sich allgemein auf das Phänomen,
dass die unabhängige Variable mit weiteren Variablen, die die abhängige Variable eben-
falls beeinflussen, konfundiert beziehungsweise überlagert ist, sodass letztlich nicht ent-
schieden werden kann, welche Variablen für die Unterschiede in der abhängigen Variablen
verantwortlich sind (Bortz & Döring, 2006, S. 526).
So sind insbesondere die Ergebnisse quasi-experimenteller Evaluationsstudien mehrdeutig zu
interpretieren. Da die Zuordnung der Teilnehmer zu den Interventionsbedingungen vorgegeben
ist und nicht nach dem Prinzip der Randomisierung erfolgt, unterscheiden sich die Untersu-
chungsgruppen nicht nur in Bezug auf die unabhängigen Variablen. Daher lassen die Ergebnisse
quasi-experimenteller Studien mehr Erklärungsalternativen zu als experimentelle Studien (vgl.
Bortz & Döring, 2006).
Für die Kontrolle personengebundenen Störvariablen stehen verschiedene Techniken
zur Verfügung. Für diese Arbeit spielen insbesondere die kovarianzanalytische Kontrolle von
Störvariablen, das Konstanthalten untersuchungsbedingter Störvariablen – wie z.B. das Aus-
maß, in dem die Selbstreflexion der Teilnehmer gefördert wird – und das Registrieren von Stör-
variablen eine Rolle, um diese als alternative Erklärungen zu überprüfen und möglicherweise
auf Basis der Daten sukzessive auszuschließen (vgl. Bortz & Döring, 2006).

b) Paradigma der vergleichenden und isolierten Evaluation


Um Wirksamkeits- und Wirksamkeitsunterschiedshypothesen zu überprüfen sind in der Evalua-
tionsforschung von Scriven (1991) zwei Paradigmen vorgeschlagen worden: Das Paradigma der
nicht-vergleichenden oder isolierten Evaluation und das Paradigma der vergleichenden Evalua-
tion.
Bei der isolierten Evaluation geht es um die Beantwortung der Frage, ob eine Interven-
tionsmaßnahme überhaupt wirksam ist. Die Überprüfung dieser Frage erfolgt im Vergleich zu
einem Kontrollprogramm. Die Randbedingungen der als Kontrollprogramm fungierenden Ver-
gleichsbedingung müssen denen der Experimentalbedingung möglichst angeglichen werden
(z.B. von denselben Personen durchgeführt werden), die Ziele der beiden Interventionsmaß-
nahmen werden hingegen variiert, d.h. das Kontrollprogamm verfolgt andere Interventionsziele
als das Experimentalprogramm. Es werden die auf die Ziele des Experimentalporgramms
abgestimten Kriteriumsmaße erhoben und verglichen (vgl. Hager, 2000a).
1 Theoretische und empirische Grundlagen 162

Bei der Überprüfung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen im Rahmen des Paradigmas der


vergleichenden Evaluation handelt es sich um einen Vergleich der Wirksamkeit eines Interven-
tionsprogramms mit der Wirksamkeit einer alternativen Behandlung. Beide Interventionsbedin-
gungen verfolgen dabei die gleichen Zielsetzungen, allerdings werden die Randbedingungen
programmabhängig variiert. Wichtig ist die Respräsentativität der jeweiligen Programme, d.h.,
dass die beiden alternativen Programme in der von den Autoren vorgesehenen oder in der Praxis
verbreiteten Form stattfinden müssen. Dazu gehört, dass die beiden Interventionsprogramme
jeweils von gleichermaßen kompetenten Personen durchgeführt werden. Festgestellte Wirksam-
keitsunterschiede zwischen zwei Programmen stellen die empirische Grundalge dafür dar, eine
Effektivitätsrangfolge aufzustellen. Einzusetzen sind in der vergleichenden Evaluation in allen
Versuchsgruppen diejenigen Kriteriumsmaße, die in beiden Programmen von Bedeutung sind
(vgl. Hager, 2000a).
Es ist prinzipiell möglich, die vergleichende und die isolierte Evaluation zu kombinie-
ren. Dafür werden die Ziele für die beiden Alternativprogramme konstant gehalten und die je-
weiligen Randbedingungen programmabhängig variiert. Für jede der beiden Alternativ-
programme wird je ein Kontrollprogramm mit den gleichen Randbedingungen wie die des
jeweiligen Alternativprogramms herangezogen. Bei dieser Kombination ist sowohl die Interpre-
tation möglich, ob die jeweiligen Alternativprogramme überhaupt wirken, als auch die Interpre-
tation, welches der Alternativprogramme wirksamer als das andere Programm ist.

c) Mögliche quasi-experimentelle Evaluationsdesigns


Das Grundbestreben aller Designansätze ist es, Störquellen – und damit alternative Erklärungs-
möglichkeiten für potenziell nachweisbare Veränderungen – soweit wie möglich auszuschlie-
ßen. Evaluationsdesigns sollen also eine möglichst hohe interne und externe Validität der Unter-
suchung gewährleisten. Für die meisten Fälle der Evaluation von Interventionsprogrammen im
Feld kommen quasi-epxerimentelle Designs in Frage, da die Bildung äquivalenter Vergleichs-
gruppen meist nicht möglich und zudem die externe Validität von besonderem Interesse ist (vgl.
Wottawa & Thierau, 2003). Folgende ausgewählte quasi-experimentelle Untersuchungspläne
kommen in Evaluationsstudien im Feld zum Einsatz (vgl. Bortz & Döring, 2006):
 Zweigruppen-Prätest-Posttest-Plan zur Überprüfung von Wirksamkeitshypothesen: Es wer-
den zwei Gruppen verglichen, von denen nur eine die zu evaluierende Intervention erhält.
Bei beiden Gruppen finden Messungen zu zwei Zeitpunkten statt. Die Vergleichsgruppe
sollte eine Placebointervention erhalten.
 Zweigruppen-Pretest-Posttest-Plan zur Überprüfung von Wirksamkeitsunterschiedshypo-
thesen: Auch hier werden zwei Gruppen vor- und nachgetestet, beide erhalten allerdings ei-
ne Intervention. Es werden die Wirksamkeitsunterschiede zwischen den Gruppen überprüft
(s.o.).
 Pläne mit Kontrollvariablen: Sollen nicht randomisierte Experimental- und Kontroll-
gruppen verglichen werden, so können Störvariablen das Ergebnis verfälschen. Gibt es
Hinweise auf Störvariablen, so sollten diese mit erhoben und deren Einfluss durch statisti-
sche Verfahren (z.B. Kovarianzanalse) neutralisiert werden.
 Einzelfallanalyse: Einzelfallanalysen können entweder als Zeitreihenstudien durchgeführt
werden (siehe 1.6.5.2) oder es werden Experimentalvariablen, die durch das Interventions-
progamm beeinflusst werden sollen, mit Kontrollvariabeln verglichen. Das entsprechende
Design der internalen Referenzstrategie wird in Abschnitt 1.6.5.5 erläutert.
1.6 Evaluationsforschung 163

Wottawa und Thierau (2003) weisen darauf hin, dass im Bereich der Evaluationsforschung
praktikable Kompromisse notwendig sind, wenn es darum geht, die Techniken der
Versuchplanung im Feld so weit wie möglich umzusetzen, gleichzeitig aber auch wertvolle,
heuristisch verwertbare Informationen zu sammeln, die den idealen Designanforderungen der
Grundlagenforschung nicht entsprechen können.

1.6.5.4 Einzelfallanalysen zur Überprüfung und Erkundung der Wirksamkeit

a) Zentrale Merkmale von Einzelfallstudien


Unter dem Begriff Einzelfallstudie wird in der Sozialforschung jener Bereich verstanden, der
ein einzelnes Element zum Gegenstand der Analyse macht. Als Untersuchungseinheiten können
dabei z.B. Personen, bestimmte Settings oder Realisierungen von Interventionen angesehen
werden (vgl. Reinecker, 1999). Um der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes und der
Individualität der zu untersuchenden Person gerecht zu werden und nicht bei der Aussage über
eine hypothetische mittlere Person stehen zu bleiben, versucht die Fallstudie „ein ganzheitliches
und damit realistisches Bild der sozialen Welt zu zeichnen“ (Lamnek, 2005, S. 299). Einzelfall-
studien bieten damit die Möglichkeit, den Forschungsgegenstand in seiner Komplexität und in
Bezug auf das Individuum zu erfassen. So eignen sich Einzelfallstudien als Forschungsvorge-
hen, um Hypothesen zu generieren und zu einem theoretischen Modell zu integrieren. Sie sind
aber nicht auf diesen von Reichenbach als „context of discovery“ (1938, zitiert nach Reinecker,
1999, S. 269) bezeichneten Forschungsbereich beschränkt, sondern sind auch zur Überprüfung
von Hypothesen geeignet. Um zu Aussagen über individuelle Prozesse und Verläufe zu gelan-
gen, sind Einzelfallanalysen unabdingbar, denn in Gruppenstudien werden Aussagen über
Aggregate gemacht, aus denen nicht auf Charakteristika eines einzelnen Individuums geschlos-
sen werden kann (vgl. Reinecker, 1999).

b) Klassifikation und Typen von Einzelfallstudien

Klassifikationssystem für Einzelfallanalysen


Westmeyer (1996) differenziert Einzelfallbetrachtungen anhand eines allgemeinen Klassifika-
tionsschemas, in dem verschiedene Arten psychologiebezogener Tätigkeiten und Ziele des Han-
delns unterschieden werden. Eine Unterscheidung hinsichtlich der Produkte der Tätigkeiten aus
Wissenschaft und Technologie ergibt eine Differenzierung nach ihrem Entstehungs- (Entde-
ckungs-), Begründungs- und Verwertungszusammenhang. Der Entstehungszusammenhang be-
zieht sich auf die Aufstellung von Theorien, der Begründungszusammenhang betrifft die exakte
Prüfung von Theorien und der Verwertungszusammenhang meint die Umsetzung und Anwen-
dung von Theorien. Exploratorische Einzelfallanalysen sind in den Entstehungszusammenhang
einzuordnen und dienen der Erkundung von Interventionsprozessen und deren Wirkungen. Sie
zielen auf die Formulierung beziehungsweise Konkretisierung von Wirkhypothesen ab und tra-
gen dazu bei, die relevanten Variablen zu identifizieren und zu operationalisieren.
Konfirmatorische Einzelfallanalysen sind in den Begründungszusammenhang einzuordnen und
dienen der Prüfung von Hypothesen.

Typen von Einzenfallstudien nach methodischen und inhaltlichen Gesichtspunkten


Die Einzelfallstudie kann sowohl in die quantiatitive als auch in die qualitative Forschungslogik
eingeordnet werden (vgl. Lamnek, 2005). Innerhalb der quantitativen Forschungslogik dienen
Fallstudien z.B. der Exploration eines Forschungsgegenstandes oder der Hypothesen-
1 Theoretische und empirische Grundlagen 164

entwicklung, um weitere Untersuchungen vorzubereiten. Darüber hinaus werden sie zur


Plausibilisierung und Illustration quantitativer Ergebnisse eingesetzt. Bei der Einzelfallstudie im
qualitativen Paradigma handelt es sich „um den elementaren empirischen Zugang des interpre-
tativen Paradigmas zur sozialen Wirklichkeit, der die Einzelperson in ihrer Totalität ins Zentrum
der Untersuchung zu stellen trachtet“ (Lamnek, 2005, S. 313). Der Fokus einer Fallstudie kann
weiterhin entweder auf dem spezifischen, untersuchten Fall (intrinsische Fallstudie) oder auf
einer bestimmten Problemstellung liegen, für die der Fall als Illustration herangezogen wird
(instrumentelle Fallstudie) (vgl. Stake, 1994). Bei der instrumentellen Fallstudie besteht das
Ziel nicht im besseren Verständnis dieses einen bestimmten Falls, sondern der Fall wird unter-
sucht, um Einsicht in einen bestimmten Gegenstandsbereich zu erhalten oder ein theoretisches
Modell auszubauen. Wenn mehr als ein Fall untersucht wird, dann spricht man von einer kollek-
tiven Fallstudie (vgl. Stake, 1994).

c) Geltungsbegründung und Grenzen der Erkenntnisse aus Einzelfallstudien


Mit der Durchführung einer Einzelfallstudie intendiert man überlicherweise nicht nur Aussagen
über diesen einen Fall, sondern strebt eine Verallgemeinerung der entdeckten Gesetzmäßigkei-
ten an (vgl. Reinecker, 1999). Das Problem der Einzelfallforschung besteht damit immer im
Verhältnis vom Einzelfall zum Allgemeinen. Zur Untersuchung der Wirksamkeit von Treat-
ments schreibt Westmeyer (1996), dass sich ein statistisch signifikantes Ergebnis in einer Ein-
zelfalluntersuchung nicht als Beweis für die Effektivität der Intervention interpretieren lässt.
Das Ergebnis zeigt nur auf, dass eine statistisch bedeutsame Veränderung aufgetreten ist. Fakto-
ren, die die interne Validität des Einzelfallexperiments bedrohen, müssen – genauso wie in
Gruppenanalysen auch – weitgehend kontrolliert beziehungsweise in ihrem Einfluss geprüft
werden. Auf Basis weiterer Argumente gegen eine induktive Generalisierung von einem Fall
auf andere, in bestimmter Hinsicht ähnliche Fälle, kommt Westmeyer zu dem Schluss, dass sich
eine Verallgemeinerung über den untersuchten Einzelfall hinaus nicht rechtfertigen lässt. Um
dennoch über einzelfallbezogene Hypothesen hinaus allgemeinere psychologische Aussagen mit
weiterem Geltungsanspruch für den Bereich psychologischer Praxis gewinnen zu können, wird
man in Serien direkter und systematischer Replikation die Bewährungswahrscheinlichkeit des
Treatments ermitteln (vgl. Reinecker, 1999). Bringen die Replikationen hypothesenkongruente
Ergebnisse, so können sich daran Gruppenstudien anschließen. In einem solchen Fall fungieren
Einzelfallstudien als vorgeschalteter Filter, der darüber entscheidet, welche Interventionen auf-
wendigeren Gruppenuntersuchungen unterzogen werden sollten (vgl. Westmeyer, 1996).

d) Indikationskriterien einzelfallanalytischen Vorgehens


Einzelfall- und Gruppenexperimente richten sich auf unterschiedliche Erkenntnisziele und treten
deshalb auch nicht in Konkurrenz miteinander (vgl. Westmeyer, 1996). So unterscheidet West-
meyer (1996) verschiedene Hypothesenarten, für deren Überprüfung jeweils entweder Untersu-
chungen an Einzelfällen oder an Gruppen indiziert sein können. Einzelfallanalysen sind immer
dann die Methode der Wahl, wenn es um die Prüfung von Hypothesen geht, die Aussagen über
einzelne Individuen beziehungsweise Individuumsparameter und nicht über
Individuenaggregate beziehungsweise „fiktive statistische Durchschnittspersonen“ machen (vgl.
Reinecker, 1994). Bei der Überprüfung der Wirksamkeit individuumsorientierter Interventionen
stellt die Einzelfallanalyse die Methoder der Wahl und bietet sich „als verbindendes Element
zwischen Theorie und Praxis besonders an“ (Reinecker, 1994, S. 258). Darüber hinaus haben
Einzelfallanalysen einen hohen heuristischen Wert im Bereich der Entstehung von Theorien und
1.6 Evaluationsforschung 165

Hypothesen. Im Vergleich zu Gruppenstudien besteht ein höherer Auflösungsgrad, der es er-


laubt, Hinweise auf möglicherweise interessante Phänomene zu liefern (vgl. Reinecker, 1999).

1.6.5.5 Die Internale Referenzstrategie (IRS) als quasiexperimentelles Einzelfalldesign

a) Darstellung der Internalen Referenzstrategie


Klassische, einzelfallbasierte Evaluationsstrategien, die multiple Prä- und Postmessungen (Zeit-
reihen) bei ein und derselben Person verlangen, sind im organisationalen Kontext aufgrund des
hohen Aufwands schwierig umzusetzen. Stattdessen kann zur Überprüfung der Wirksamkeit auf
Einzelfallebene auch ein Ein-Gruppen-Prä-Posttest-Design – die Internale Referenzstrategie
(IRS) (vgl. Haccoun & Hamtiaux, 1994) beziehungsweise das nonequivalent dependent variable
design (vgl. Cook & Campbell, 1979) – eingesetzt werden. Haccoun & Hamtiaux (1994) evalu-
ierten die IRS als Forschungsdesign, um die Effektivität von Trainings zur Wissensvermittlung
zu überprüfen. Sie konnten zeigen, dass die Ergebnisse, die bei der Evaluation mit der IRS ge-
wonnen wurden, den Schlussfolgerungen entsprachen, die im komplexeren Experimental-
Kontrollgruppen-Design gewonnen wurden. Frese, Beimel & Schoenborn (2003) verwendeten
die IRS erstmals im Rahmen der Evaluation von Führungstrainings, die speziell die Förderung
charismatischer Führung anstrebten.
Das Rational der IRS beruht auf der Definition von Interventionen als geplante Verän-
derung. Daher muss bei einer Überprüfung der Wirksamkeit einer Intervention aufgezeigt wer-
den können, dass die Veränderungen in den spezifischen Inhalten der Intervention größer sind,
als die Veränderung anderer Inhalte oder Verhaltensweisen. Kurz gesagt, geplante Veränderun-
gen müssen ungeplante Veränderungen übersteigen (vgl. Haccoun & Hamtiaux, 1994).
Zentrales Kennzeichen der internalen Referenzstrategie ist damit, dass bei einer Treat-
ment-Gruppe oder eben bei einem Einzelfall jeweils zwei Sets von abhängigen Variablen ver-
glichen werden: Ein Set von Experimentalvariablen, von denen angenommen wird, dass sie in
der Intervention beeinflusst werden und ein Set von Kontrollvariablen, von denen angenommen
wird, dass sie durch die Intervention unbeeinflusst bleiben. Somit können intervenierende Va-
riablen im Vergleich zu einem einfachen Prä-Post-Vergleich reduziert, gleichzeitig aber auf eine
Kontrollgruppe verzichtet werden (vgl. Cook & Campbell, 1979; Haccoun & Hamtiaux, 1994).

b) Vor- und Nachteile der internalen Referenzstrategie

Vorteile der IRS zur Evaluation von Interventionsmaßnahmen im betrieblichen Kontext


Frese et al. (2003) argumentieren, dass das Design der IRS im wirtschaftlichen Kontext gut
umzusetzen ist und Vorteile gegenüber einem klassischen Warte-Kontrollgruppen-Design auf-
weist. Die gleiche Argumentation gilt für die IRS als Einzelfalldesign im Vergleich zur Zeitrei-
henstudien. So bietet die IRS für die Evaluation von Coachings und Trainings für Führungskräf-
te im betrieblichen Kontext folgende Vorteile:
 Entscheidungsträger in Unternehmen sind in der Regel wenig bereit, um der Forschung
willen bestimmte Bedingungen auf sich zu nehmen, die aus der Sicht der Praxis unpraktika-
bel erscheinen. Somit ist eine randomisierte Zuordnung von Probanden zu bestimmten Ex-
perimental- oder Kontrollbedingungen meist nicht möglich. Mit der Verwendung der IRS
werden nur diejenigen Führungskräfte als Probanden benötigt, die auch wirklich an einer
Intervention teilnehmen wollen oder sollen. Damit ist dieses Vorgehen kostengünstiger und
mit weniger Aufwand verbunden.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 166

 Gefährdungen der internen Validität in Form von Lern- und Entwicklungseffekten, Effekten
durch wiederholte Testungen sowie Einfluss von Ereignissen, die außerhalb der Interventi-
on liegen, treffen auf die relevanten (Experimentalvariablen) und die irrelevanten (Kontroll-
variablen) Items gleichermaßen zu und können damit im Rahmen der IRS kontrolliert wer-
den (vgl. Cook & Campbell, 1979).
 Unspezifische Effekte der Intervention (Hawthorne- /Placeboeffekt) können beim Einsatz
einer Warte-Kontrollgruppe nicht kontrolliert werden. Hierfür würde es einer Pseudotrai-
nings-Kontrollgruppe bedürfen. Bei der IRS kann davon ausgegangen werden, dass Place-
bo-Effekte die Experimental- und Kontrollvariablen gleichermaßen beeinflussen (vgl. Frese
et al., 2003).
 Die Gefahr wird ausgeschlossen, dass eine nicht erhobene Variable (konfundierende Vari-
able), die zwischen Kontroll- und Experimentalgruppe differenziert, mit der Intervention in-
teragiert (Cook & Campbell, 1979).
 Individuumsorientierte Maßnahmen der Führungskräfteentwicklung, wie z.B. Einzelcoa-
chings, können sehr unterschiedlich ablaufen. Um den Prozess optimal an die Gegebenhei-
ten des Klienten anzupassen, muss Coaching in erster Linie am Individuum und nicht an ei-
nem vorgegebenen Standardvorgehen orientiert sein. Damit bekommt kein Klient die glei-
che Intervention wie ein anderer, was Gruppenvergleiche schwierig machen würde. Dem
Problem der statistischen Mittelwertstestung, dass Durchschnittsveränderungen keine Ent-
sprechungen auf Ebene des Individuums haben müssen (vgl. Reinecker, 1999), wird durch
die Untersuchung des Einzelfalls, der als seine eigene Referenz in Bezug auf eingetretene
Veränderungen herangezogen wird, entgegengewirkt.

Nachteile der IRS zur Evaluation von Interventionsmaßnahmen im betrieblichen Kontext


Folgende Probleme können mit dem Einsatz der IRS verbunden sein:
 Der Forscher kann kontrollieren, wie schwierig oder leicht es ist, signifikante Unterschiede
in der Veränderung von Experimental- und Kontrollvariablen zu bekommen. So entscheidet
der Forscher, ob er den Experimentalvariablen sehr ähnliche oder sehr unterschiedliche
Kontrollvariablen wählt, wobei es im ersten Fall schwierig, im zweiten Fall eher leicht ist,
Unterschiede nachzuweisen. Die Herausforderung besteht darin, Kontrollvariablen zu fin-
den, die den Experimentalvariablen konzeptuell ähnlich, aber unterschiedlich zu den geför-
derten Kompetenzbereichen sind. Relevante und irrelevante Items sollten inhaltlich ähnlich
sein, mit dem gleichen Format gemessen werden und ähnliche Schwierigkeit aufweisen
(vgl. Haccoun & Hamtiaux, 1994).
 Das Design hängt vollständig von entgegengesetzten Mustern der Veränderung und Nicht-
Veränderung ab. Es lässt keine Interpretationen zu bei Nicht-Veränderung (vgl. Cook &
Campbell, 1979).
 Die IRS ist anfälliger für β- als für α-Fehler. So ist es wahrscheinlicher, mit der IRS eine
eigentlich wirkungsvolle Intervention als nicht wirkungsvoll einzustufen, als eine nicht-
wirkungsvolle Intervention fälschlicherweise als wirkungsvoll zu bewerten (vgl. Cook &
Campbell, 1979).

1.6.6 Evaluation im Coaching

Da im empirischen Teil der Arbeit die Wirksamkeitsuntersuchung von Einzelcoachings einen


zentralen Stellenwert einnimmt, werden im Folgenden einige Besonderheiten der Evaluation im
Coaching aufgezeigt. Zunächst wird der Status quo zur Evaluation im Coaching skizziert, bevor
1.6 Evaluationsforschung 167

auf das Prinip der kontrollierten Praxis als Kompomisslösung zwischen den Ansprüchen der
Evaluationsforschung und der Umsetzbarkeit in der praktischen Arbeit eingegangen wird. Ab-
schließend werden fünf Postulate zur Coachingevaluation aus der Literatur abgeleitet, die die
zentralen Forderungen und Diskussionen zu aussagekräftigen Evaluationsstudien im Coaching
zusammenfassen.

1.6.6.1 Status quo zur Evaluation im Coaching

a) Überblick
Auch wenn die wissenschaftliche Kontrolle von Coaching als evidenzbasierter Profession ge-
fordert wird (vgl. Greif, 2008; Stewart et al., 2008), so ist die Umsetzung von Untersuchungsde-
signs, die wissenschaftlichen Kriterien genügen, in der Praxis rar (vgl. Greif, 2008; Künzli,
2008, 2009). Darüber hinaus kann unter dem Label Coaching bisher jeder anbieten, was er will.
Aus diesem Grund ist es schwierig, Coachingmaßnahmen zu vergleichen, beziehungweise aus
Studien zur Coachingevaluation allgemeine Aussagen zur Wirksamkeit von Coaching abzulei-
ten. Bisher dominieren retrospektive Befragungen der Klienten nach Beendigung des Coachings
zu ihrer subjektiven Zufriedenheit. Künzli (2008) fasst den Stand der Forschung zusammen:
„Wenn Coaching ein Medikament wäre, müsste es sofort vom Markt genommen werden“
(S. 25). Denn bis zum heutigen Datum gibt es keine Wirksamkeitsstudie zu Coaching, die den
methodischen Anforderungen der Medikamentenforschung auch nur annäherungsweise genügen
würde. Dennoch lässt sich feststellen, dass gerade in den letzten Jahren vermehrt Evaluations-
studien zur Bewertung von Coaching publiziert werden. Greif (2008) gibt einen umfassenden
Überblick über den Stand der Coachingevaluationsforschung und entwickelt ein zusammenfas-
sendes Strukturmodell von Coaching, das als vorläufige Orientierungsgrundlage zu Wirkfakto-
ren und Wirkungen von Coaching auf theoretischen Überlegungen und empirischen Erhebungen
beruht.
Insgesamt ist festzustellen, dass es keine umfassende und einheitliche Evaluationsstra-
tegie von Coaching gibt, wofür Stewart et al. (2008) vier Gründe aufführen:
 Es fehlt eine Definition dessen, was Evaluation von Coaching ausmacht.
 Die Ziele, die mit Coaching erreicht werden sollen, können sehr unterschiedlich sein und
werden mit sehr verschiedenen Ansätzen und Methoden verfolgt.
 Es gibt keinen Konsens zu den geeigneten Quellen der Evaluation und zur Art der Datener-
hebung.
 Es werden Evaluationsansätze aus dem Training übernommen, ohne kritisch zu überprüfen,
ob sie für Coaching geeignet sind.

b) Schwierigkeiten bei der Coachingevaluation


Die Durchführung wissenschaftlicher Studien in der betrieblichen Praxis birgt besondere
Herausforderungen, wie Ellam-Dyson und Palmer (2008) in ihrem Erfahrungsbericht über eine
geplante Prä-Post-Untersuchung mit Kontrollgruppe zur Coachingevaluation unter Real-Life-
Bedingungen eindrucksvoll beschreiben. Die Autoren interessierte, ob und wie Glaubenssätze
von Managern durch Coaching verändert werden können und ob eine Veränderung der Über-
zeugungen sich auch in einem veränderten Verhalten niederschlägt. Zunächst war es schwierig,
eine Untersuchungsgruppe zu rekrutieren, da viele Unternehmen Bedenken zu möglichen Risi-
ken und Nebenwirkungen des Forschungsvorhabens hatten. Zweitens hatten die Autoren
Schwierigkeiten, eine geeignete Kontrollgruppe zu finden. Die Idee, eine Wartekontrollgruppe
einzusetzen wurde von der internen Personalabteilung des kooperierenden Unternehmens
1 Theoretische und empirische Grundlagen 168

zurückgewiesen. Das dritte Problem bestand in der Rücklaufquote zum zweiten Erhebungszeit-
punkt des eingesetzten 360°-Feedbacks. Die Drop-Out-Raten waren relativ hoch, da die Ein-
fluss- und Kontrollmöglichkeiten der Forscher auf die Untersuchungsstichprobe zum zweiten
Messzeitpunkt niedriger waren als zum ersten Messzeitpunkt. Zudem gab es Probleme mit der
forschungsmethodisch geforderten Repräsentativität der Interventionsmaßnahme. Die Coaches
hatten zum Teil Vorbehalte, eingesetzte Techniken zu notieren oder aber die eingesetzten Maß-
nahmen bestanden in Eigenentwicklungen oder Mischformen, die schwer vergleichbar waren.

c) Fazit
In den letzten Jahren bemühen sich eine Vielzahl von Forschern um die Evaluation unterschied-
licher Coachingansätze in verschiedenen Kontexten (zusammenfassend siehe Greif, 2008;
Künzli, 2009). Dabei erweist es sich als Herausforderung, wissenschaftliche Standards in die
betriebliche Praxis zu übertragen. Die Evaluation von Coachings bewegt sich dabei im Span-
nungsfeld zwischen der Überprüfung der Wirksamkeit und Wirkungen im Einzelfall und der
Generierung von allgemeinen Aussagen zur Wirksamkeit von Coachingmaßnahmen, die sich
voneinander stark unterscheiden können. Im Folgenden wird das Prinzip der kontrollierten Pra-
xis dargestellt, das aufzeigt, wie die Wirksamkeit und Wirkungen von Coachingmaßnahmen im
Einzelfall überprüft werden können. Aus gut dokumentierten Einzelfällen der Coachingpraxis
können Schlussfolgerungen über die Bewertung von Coaching im Allgemeinen gezogen und
Hypothesen zur Wirksamkeit generiert werden. Abschließend werden Forderungen zur Evalua-
tion von Coachings, die sich aus dem Status quo zur Coachingevaluation ableiten lassen, als
Postulate zur Coaching-evaluation zusammengefasst.

1.6.6.2 Kontrollierte Praxis


Petermann (1992) bemüht sich mit seinem Konzept der kontrollierten Praxis um einen „Kom-
promiß [sic.] zwischen überhöhten, praxisfernen Exaktheitsansprüchen der Psychologie als
Wissenschaft und dem nicht regelgeleiteten, intuitiven Nur-Helfen-Wollen vieler Praktiker“ (S.
65). Er empfiehlt drei Gütekriterien, die die Grundvoraussetzungen für jede kontrollierte Praxis
darstellen (vgl. Kanfer et al., 2000):
 Objektivierbarkeit/Dokumentierbarkeit (sodass ein intersubjektives Nachvollziehen der
dokumentierten Abläufe möglich wird),
 Komplexität (im Sinne einer umfassenden Evaluation, die möglichst viele relevante Para-
meter einbezieht) und
 subjektive Bedeutsamkeit (sodass die subjektiv relevanten Veränderungen erfasst werden
können).
Vor dem Hintergrund dieser Gütekriterien formuliert Petermann (1992) Anforderungen an ein
praktisches Vorgehen in der Psychotherapie, das den Kriterien der kontrollierten Praxis ent-
spricht:
 Dokumentation von Alltagsrealität
 explizite Erfassung der subjektiv bedeutsamen Beschwerden
 einzelfallbezogene Prüfbarkeit der Beschwerden
 minimale zusätzliche Belastung des Klienten durch die Datengewinnung
 Datengewinnung und Intervention dürfen sich nicht negativ beeinflussen
 Unmittelbare Umsetzbarkeit der erhobenen Informationen, d.h. die Schritte der Datensamm-
lung und Verwertung sind eng aufeinander bezogen
 Auswertungsschritte müssen ohne größeren Aufwand durchführbar sein
1.6 Evaluationsforschung 169

Kontrollierte Praxis stellt nicht die methodische Exaktheit in den Vordergrund, sondern betont,
die relative Exaktheit der Evaluation in der Praxis:
Die situationsgerechte, komplexitätserhaltende und den subjektiven Bedingungen des Kli-
enten gerecht werdende Datenerhebung (relative Exaktheit) ist […] in der Praxis […] wich-
tiger als der Versuch, krampfhaft strengste methodische Erfordernisse aus der psycholo-
gisch-experimentellen Grundlagenforschung in den Bereich der klinischen Praxis und Eva-
luation herüberzuretten (Kanfer et al., 2000, S. 120).
Kanfer et al. (2000) beschreiben entsprechende Evaluationsmaßnahmen, die sich in der thera-
peutischen Praxis realisieren lassen: Dazu zählt zunächst die kontinuierliche, prozessbegleitende
Diagnostik, bei der der Realablauf der Therapie mit dem hypothetisch erwarteten Ablauf vergli-
chen wird und die eine Grob- und Feinsteuerung des Prozesses möglich macht. Darüber hinaus
dient die Prä-Post-Evaluation als ergebnisorientierte Evaluation der Überprüfung, ob und in-
wieweit sich bedeutsame Veränderungen während der Therapie ergeben haben. Schließlich wird
mit der zielabhängigen Evaluation in der Praxis überprüft, inwieweit die im jeweiligen Einzel-
fall angestrebten Ziele erreicht wurden. Die zielabhängige Evaluation berücksichtigt, dass es
keine allgemeingültigen Effektivitätskriterien geben kann, sondern die Auswahl und der Um-
fang der Evaluationsmittel und –kriterien durch den jeweiligen Zweck des Evaluationsvorha-
bens im Einzelfall bestimmt werden müssen. Der Praktiker sollte sich daher im konkreten Ein-
zelfall die Frage stellen: „Was möchte ich wozu, womit, sowie unter welchen Bedingungen eva-
luieren?“ (Kanfer et al., 2000, S. 120; Kursivdruck i.O.).

1.6.6.3 Postulate zur Coachingevaluation


Zentrale Forderungen zur zukünftigen Evaluationsforschung im Coaching aus der Literatur
werden im Folgenden zu fünf Postulaten zusammengefasst:

Postulat I: Multimodale und multimethodale Evaluation


Es müssen möglichst verschiedenartige, geeignete Kriterien erhoben werden sowie systemati-
sche, qualitative Befragungen und quantitative Messmethoden eingesetzt werden, deren Zuver-
lässigkeit und Gültigkeit überprüft wurden (vgl. Greif, 2008).

Postulat II: Evidenzbasiertes Coaching


Das Konzept der evidenzbasierten Forschung stammt aus der Medizin (Evidence-based Medi-
cine (EBM)) und bezieht sich auf einen Best-Practice-Ansatz, der sich auf eine systematische
Recherche, Analyse und Bewertung von Belegen stützt, die für oder gegen die Wirksamkeit
einer Behandlung sprechen. Evidenzbasierte Behandlungen müssen nach diesem Ansatz durch
experimentelle Untersuchungsanordnungen mit Kontrollgruppen abgesichert sein. Auch wenn
der Begriff „evidenzbasiert“ für den Coachingbereich adaptiert wurde, so wird argumentiert,
dass die methodischen Ansprüche des evidenzbasierten Vorgehens für die Umsetzung im Coa-
ching zu praxisfern und zu stark an der Medikamentenforschung orientiert ist. Eine direkte
Übertragung auf die Coachingforschung sei daher nicht möglich (vgl. Künzli, 2008).
Der Begriff des evidenzbasierten Coachings wurde durch Grant (2003, zitiert nach
Grant & Stober, 2006) geprägt. Er unterschied damit das professionelle Coaching, das explizit
auf empirischem und theoretischem Wissen basiert, von denjenigen Coachingansätzen, die der
Populärpsychologie zum Thema Persönlichkeitsentwicklung entstammen.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 170

Grant und Stober (2006) definieren den Begriff des evidenzbasierten Ansatzes folgendermaßen:
Hence, we prefer to take a more sophisticated understanding of the term evidence-based
and refer to the intelligent and conscientious use of best current knowledge integrated with
practitioner expertise in making decisions about how to deliver coaching to individual
coaching clients and in designing and teaching coach training programs (p. 6; Kursivdruck
i.O.).
Evidenzbasiertes Coaching nach Grant und Stober stützt sich demnach auf das jeweils zur Ver-
fügung stehende Wissen und ist weniger darüber definiert, nach welcher Forschungsstrategie
dieses Wissen gewonnen wird.

Postulat III: Einbezug von Erfahrungswissen


Wie in der Definition von Grant und Stober (2006) des Begriffs evidensbasiert bereits deutlich
wurde, messen sie der Expertise des Praktikers einen zentralen Stellenwert bei. Nicht alle prak-
tischen Entscheidungen können evidenzbasiert getroffen werden, sondern das Erfahrungswissen
der Coaches stellt eine wichtige Grundlage für eine qualitativ hochwertige, praktische Coa-
chingarbeit dar. Der Vorschlag von Greif (2008) lautet daher, die Erfahrungen verschiedener
Praktiker durch methodische Expertenbefragung zu erfassen und systematisch zu beschreiben.

Postulat IV: Theorieverankerung von Coaching und Coachingevaluation


Greif (2008) betont, dass die systematische Coaching-Forschung Hypothesen erfordert, die
theoretisch begründet sind. Um Fachwissen über Coaching systematisch weiterentwickeln zu
können, braucht es empirisch-wissenschaftlich überprüfte Annahmen und Theorien. In der an-
glo-amerikanischen Coaching-Fachliteratur (z.B. Handbuch zum evidenzbasierten Coaching
von Stober & Grant, 2006) zeigt sich das Bemühen um den Anschluss an empirisch gesicherte
Erkenntnisse psychologischer Theorien verschiedener Richtungen. In der deutschsprachigen
Coaching-Literatur zeigt sich das psychologische Theoriedefizit bisher hingegen darin, dass es
bis dato nur wenige Theorien zur Beschreibung und Erklärung des Coaching-Prozesses und
seiner Wirkungen gibt.

Postulat V: Meta-Modell der Coachingevaluation


Vorliegende Coachingansätze haben viele Gemeinsamkeiten, aber v.a. auch ihre jeweiligen
Alleinstellungsmerkmale, die die Evaluation erschweren. Daher fordern Stewart et al. (2008),
dass sich die Coachingevaluation an einem Meta-Modell von Coaching orientieren muss, dass
die gemeinsamen Merkmale evidenzbasierter Coachingmodelle zusammenfasst:
Coaching evaluation should be anchored in an understanding of what constitutes coaching.
[…]. Ideally coaching evaluation would be anchored in an holistic […] evidence-based
coaching framework that captures the common and specific features of the evidence-based
models which coaches may employ, and that reflects the dynamic, relational and con-
structed nature of the coaching process (p. 131).

Zusammenfassung: Ansprüche an gute Coaching-Forschung


Es lässt sich zusammenfassend festhalten, dass gute Coachingforschung folgende Merkmale
aufweist: „Sie
 ist theorieverankert,
 multiperspektivisch (Klient, Coach, Vorgesetzter, Mitarbeitender etc.),
 berücksichtigt die Zeitabhängigkeit von Wirkungen (kurz-, mittel- und langfristig),
 benutzt Indikatoren des Verhaltens und des Erlebens,
1.6 Evaluationsforschung 171

 nimmt auf die verschiedenen Formen und Ausprägungen von Coaching Rücksicht,
 vergisst den Kontext nicht (das Unternehmensklima spielt eine Rolle),
 berücksichtigt ökonomische Aspekte (Preis-Leistungs-Verhältnis)“ (Künzli, 2008, S. 27).
Um diese Ansprüche einzulösen, braucht es Programme und Kooperationen zur
Coachingevaluation mit einer langfristigen Perspektive, da kein einzelnes Forschungsprojekt all
diesen Anforderungen gerecht werden kann.

1.6.7 Fazit zur Evaluationsforschung

Die dargestellten theoretischen und methodischen Grundlagen zur Evaluationsforschung werden


im Folgenden zusammengefasst. In Kapitel 3 wird die im empirischen Teil der Arbeit dar-
gestellte Evaluationsstudie in die methodischen und theoretischen Grundlagen der Evaluations-
forschung eingeordnet (siehe 3.1.2.2).

Zusammenfassung der theoretischen und methodischen Grundlagen:


(1) Die Evaluation psychologischer Interventionsmaßnahmen beschäftigt sich mit der
Frage nach der Wirksamkeit und dem Wirkmodell der jeweiligen Intervention.
(2) Es lässt sich eine summative von einer formativen Evaluation unterscheiden. Die
summative Evaluation (Ergebnisevaluation) beurteilt zusammenfassend die Wirksam-
keit einer Intervention, die formative Evaluation (Verlaufsevaluation) erfolgt prozess-
begleitend und ist entwicklungsorientiert.
(3) Evaluationsstudien sind meist hypothesenüberprüfend angelegt, können aber auch der
Erkundung von Wirkungen und der Generierung von Hypothesen dienen.
(4) Evaluationsforschung kann innerhalb eines quantitativen oder eines qualitativen Para-
digmas erfolgen. Innerhalb beider Pradigmen können sowohl quantitative als auch qua-
litative Methoden eingesetzt werden. Darüber hinaus ist eine Kombination eines quanti-
tativen und qualitativen Vorgehens sinnvoll und möglich.
(5) Evaluationskriterien werden von Kirkpatrick (1976) nach vier aufeinander aufbauenden
Ebenen eingeteilt: So sollten bei der Evaluation einer Maßnahme die Reaktion der Teil-
nehmer, deren Lerngewinn, Veränderung von Verhaltensweisen und Ergebnisse für die
Gesamtorganisation berücksichtigt werden.
(6) Mögliche Evaluationsformen im Coaching werden von König und Volmer (2003) in ei-
nem Prozessmodell nach dem jeweiligen Zeitpunkt der Intervention systematisiert. Es
können Ziel-, Input- und Prozessevaluation unterschieden werden, die vor und während
der Intervention erfolgen. Nach Abschluss der Maßnahme werden die Ergebnisse der
Intervention im Rahmen einer Output- und/oder einer Outcome-Evaluation summativ
bewertet.
(7) Die Wirksamkeit von Interventionsmaßnahmen kann an unterschiedlichen Wirksam-
keitskriterien festgemacht werden. Zunächst erfolgt auf inhaltlicher Ebene die Ent-
scheidung, welche Kriterien zur Bewertung des Erfolgs der Maßnahme relevant sind.
Darüber hinaus muss auf messmethodischer Ebene festgelegt werden, wie potenzielle
Veränderungen in diesen Kriterien erfasst und bewertet werden sollen. Veränderungen
können sowohl über den Grad der Zielerreichung als auch über den Grad der Verände-
rung operationalisiert werden. Der Grad der Veränderung kann wiederum sowohl indi-
rekt als auch direkt erfasst werden. Das Ausmaß der Veränderung kann probabilistisch
über statistische Signifikanztests bewertet sowie anhand von Effektgrößen die Intensität
der Wirkung bestimmt werden.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 172

(8) Bei der Untersuchung der Wirksamkeit steht die Frage nach dem passenden For-
schungsdesign im Vordergrund. Wirksamkeitsuntersuchungen können als Gruppen-
oder Einzelfallanalysen angelegt sein. Sowohl auf Gruppen- als auch auf Einzelfallebe-
ne ist sowohl ein deskriptives, erkundendes Vorgehen zur Generierung von Hypothesen
als auch ein explikatives, konfirmatorisches Vorgehen zur Überprüfung von Hypothe-
sen möglich. Forschungsdesigns lassen sich grundsätzlich in experimentelle und natura-
listische beziehungsweise quasi-experimentelle Designs unterscheiden. Auf Gruppen-
ebene werden im Rahmen des Paradigmas der isolierten Evaluation Wirksamkeitshypo-
thesen überprüft, im Rahmen des Paradigmas der vergleichenden Evaluation stehen
Wirksamkeitsunterschiedshypothesen im Fokus. Im Rahmen beider Paradigmen ist es
das Ziel der Untersuchungsdesigns, Alternativerklärungen für potenzielle Wirkungen
weitgehend auszuschließen. Bei der vergleichenden Evaluation ist die Repräsentativität
der zu vergleichenden Programme von besonderer Bedeutung.
(9) Einzelfallanalysen können nach ihrer Funktion im Entstehungs, Begründungs- und
Verwertungszusammenhang systematisiert werden. Exploratorische Einzelfallanalysen
sind in den Entstehungszusammenhang einzuordnen und dienen z.B. der Erkundung der
Wirkungen von Interventionsprozessen und der Konkretisierung von Wirkhypothesen.
Konfirmatorische Einzelfallanalysen sind in den Begründungszusammenhang einzu-
ordnen und dienen der Prüfung singulärer Hypothesen. Darüber hinaus können Einzel-
fallstudien in die qualitative oder quantitative Forschungslogik eingeordnet werden.
Die instrumentelle Fallstudie dient dazu, eine bestimmte Problemstellung zu illustrie-
ren. Werden mehrere Einzelfälle untersucht, handelt es sich um eine kollektive Fallstu-
die. Aus der Wirksamkeit einer Intervention im Einzelfall kann nicht auf die generelle
Wirksamkeit des Programms geschlussfolgert werden. Ergebnisse mehrerer Einzelfall-
studien können aber miteinander verglichen und aus der einzelfallübergreifenden Inter-
pretation Hypothesen über Wirkungen abgeleitet werden. Um Aussagen mit weiterem
Geltungsanspruch treffen zu können, muss die Bewährungswahrscheinlichkeit der In-
tervention in Replikationsstudien ermittelt werden.
(10) Die internale Referenzstrategie kann als quasi-experimentelles Einzelfalldesign heran-
gezogen werden, um individuelle Wirksamkeitshypothesen zu überprüfen.
(11) Es wird die wissenschaftliche Evaluation von Coaching als evidenzbasierter Profession
gefordert. Die Durchführung wissenschaftlicher Studien in der betriebswirtschaftlichen
Praxis birgt jedoch besondere Herausforderungen. Dennoch hat sich in den letzten Jah-
ren eine Vielzahl von Forschern um die Evaluation verschiedener Coachingansätze in
den unterschiedlichen Kontexten bemüht. Wenn sich strenge methodische Anforderun-
gen an wissenschafliche Evaluationsuntersuchungen in der Praxis nicht erfüllen lassen,
so bietet das Konzept der kontrollierten Praxis wertvolle und umsetzbare Ansatzpunkte,
um eine relative Exaktheit der Evaluation zu gewährleisten. Die Forderungen dazu, wie
Evaluationsforschung im Coaching idealerweise umgesetzt werden sollten, lassen sich
zu fünf Postulaten (multimodale und multimethodale Evaluation; evidenzbasiertes Vor-
gehen im Coaching; Einbezug von Erfahrungswissen von Praktikern in die Evaluation;
Theorieverankerung von Coaching und Coachingevaluation und Orientierung an einem
Metamodell von Coaching) zusammenfassen.
1.7 Zusammenfassung und Konsequenzen für die empirischen Zielsetzungen 173

1.7 Zusammenfassung und Konsequenzen für die empirischen Zielsetzungen

Zunächst erfolgt eine knappe Zusammenfassung der Inhalte des Theorieteils, bevor daraus Kon-
sequenzen für die empirischen Zielsetzungen der Arbeit gezogen werden.

1.7.1 Zusammenfassung

Abschnitt 1.1. bis 1.3: Darstellung und Zusammenhang der Forschungsthemen


transformationale Führung und Selbstdarstellung
In den Abschnitten 1.1 und 1.2 werden die theoretischen und empirischen Grundlagen zu den
beiden zentralen Themen transformationale Führung und Selbstdarstellung aufgezeigt. Ab-
schnitt 1.3 schlägt eine Brücke zwischen den ersten beiden Abschnitten und stellt theoretische
Konzepte und empirische Ergebnisse zum Zusammenhang von Selbstdarstellung und
transformationaler Führung dar.

Zwischenergebnis: Transformationale Selbstinterpretation


Ergebnis der ersten drei Abschnitte ist, dass transformationale Führung als dynamische Interak-
tion zwischen Führungsperson und Geführten aufgefasst wird. Die Komponenten und Prozesse
der individuellen Selbstinterpretation tragen maßgeblich dazu bei, diese Interaktion zu gestalten
und die Führungsrolle zu individualisieren. Transformationale Führung wird damit als spezifi-
sche Form der Selbstinterpretation einer Person in der Führungsrolle aufgefasst. Bei der Be-
schreibung transformationaler Führung müssen daher sowohl die Innen- als auch die Außensicht
der jeweiligen Führungsperson berücksichtigt werden.

Abschnitt 1.4: Führungsfeedback zur Erfassung von Führungsverhalten


Abschnitt 1.4 widmet sich der Frage, wie Selbst- und Fremdbilder zum Führungsverhalten er-
fasst und einander gegenübergestellt werden können. Das multiperspektivische Führungsfeed-
back wird als diagnostisches Instrument eingeführt, mit dessen Hilfe (transformationales) Füh-
rungsverhalten aus der Innen- und Außensicht beschrieben werden kann und das darüber hinaus
Interventionscharakter aufweist.

Abschnitt 1.5: Coaching als geeignetes Interventionskonzept zur Förderung


transformationaler Führung
Wird transformationale Führung als spezifische Art und Weise der Selbstinterpretation in der
Führungsrolle aufgefasst, so bedarf es eines berufsbezogenen Interventionskonzepts, das dazu
geeignet ist, Komponenten und Prozesse der Selbstinterpretation zum Gegenstand der Klärung
und Modifikation zu machen. Abschnitt 1.5 stellt Coaching, insbesondere Persönlichkeitscoa-
ching, als Interventionsansatz vor, der prinzipiell dazu geeignet ist, den Einsatz
transformationaler Führungsprinzipien auf individueller Ebene zu fördern.

Abschnitt 1.6: Evaluationsforschung als empirischer Rahmen


Abschnitt 1.6 stellt die theoretischen und methodischen Grundlagen der Evaluationsforschung
dar, die den Rahmen für einen Teil der empirischen Untersuchung bildet.
1 Theoretische und empirische Grundlagen 174

1.7.2 Konsequenzen für die empirischen Zielsetzungen

Im jeweiligen Fazit zu den Abschnitten 1.1 bis 1.5 wurden aus den theoretischen und empiri-
schen Grundlagen zu den einzelnen Themen offene Fragen beziehungsweisen Thesen abgeleitet.
Diese werden im Folgenden zusammengefasst und Konsequenzen für die empirischen Zielset-
zungen der Arbeit gezogen.

a) Offene Fragen und aufgestellte Thesen

Offene Fragen zur transformationalen Führung


Es stellt sich die Frage nach der Übertragbarkeit des idealistischen transformationalen Füh-
rungsmodells auf verschiedene Kontexte und Hierarchieebenen. Im empirischen Teil der Arbeit
sollen Daten zur Ausprägung transformationaler Führung auf der unteren und mittleren
Hierarchiebene eines Unternehmens mittlerer Größe erhoben und die Ergebnisse unter dem
Aspekt der Übertragbarkeit des Führungsmodells analysiert werden. Weiterhin gibt es bisher
keine Beschreibungen, welche Anlässe und Ziele in einem Einzelcoaching zur Förderung
transformationaler Führung im Fokus stehen und inwieweit individuelle Coachingthemen mit
dem transformationalen Führungsmodell in Einklang zu bringen sind. Es sollen daher Anlässe
und Ziele in individuellen Einzelcoachingprozessen dokumentiert und deren Zusammenhang
zum transformationalen Führungsmodell diskutiert werden. Darüber hinaus interessiert die
Adaptation des transformationalen Führungsmodells für organisationsspezifische Belange und
Voraussetzungen. Im empirischen Teil der Arbeit soll aufgezeigt werden, wie das Modell des
Full Range of Leadership in der Art der Darstellung und in der inhaltlichen Schwerpunktsetzung
an die Bedürfnisse eines kooperierenden Unternehmens angepasst werden und als Basis für ein
organisationsspezifisches Führungskräfteentwicklungsprogramm dienen kann. Von besonderem
Interesse ist die Frage nach der inkrementellen Wirksamkeit von Einzelcoachings zusätzlich zu
Gruppenworkshops zur Förderung transformationaler Führung sowie nach deren Wirksamkeit
in Hinblick auf unterschiedliche Kriterien. Der Aspekt der Wirksamkeit von Gruppenworkshops
und Einzelcoachings zur Förderung transformationaler Führung im Kontext unternehmensspezi-
fischer und individueller Zielsetzungen wird dem empirischen Teil der Arbeit als Fragestellung
zu Grunde gelegt.

Thesen und offene Fragen zu Selbstdarstellung und Führung


Aus den theoretischen Grundlagen wurden Thesen zum Zusammenhang habitueller
Selbstdarstellungformen und transformationaler Führung abgeleitet. Es wird daher die Frage-
stellung untersucht, ob sich diese Zusammenhänge auch empirisch nachweisen lassen. Auf der
Basis der Ergebnisse wird darüber hinaus der konzeptuelle Zusammenhang von Führungs- und
Selbstdarstellungsstilen diskutiert. Der offenen Frage nach der theoretisch-konzeptuellen Nähe
von Selbstinterpretation und transformationaler Führung wurde bereits in Abschnitt 1.3 auf der
Basis der Literatur nachgegangen. Darüber hinaus werden im Diskussionsteil eigene Überle-
gungen dazu angestellt und Grundzüge eines theoretischen Modells transformationaler Selbstin-
terpretation skizziert.
1.7 Zusammenfassung und Konsequenzen für die empirischen Zielsetzungen 175

Thesen zum Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen


Aus den theoretischen Grundlagen wurden Thesen zum Zusammenhang des Übereinstim-
mungsgrads mit Selbstdarstellungsstilen und mit dem Ausmaß von Veränderungen im Füh-
rungsverhalten abgeleitet. Es wird daher die Fragestellung untersucht, welche empirischen Zu-
sammenhänge zwischen den Konstrukten bestehen.

Offene Frage zum Coaching


Zunächst interessiert die generelle Frage, inwieweit Einzelcoachings zur Förderung
transformationaler Führung gegenüber Gruppenworkshops eine inkrementelle Wirksamkeit
aufweisen. Diese Fragestellung soll durch die empirische Untersuchung beantwortet werden.
Auf Basis der Ergebnisse zur Wirksamkeit von Einzelcoachings im Allgemeinen kann anschlie-
ßend diskutiert werden, inwieweit sich der Ansatz des Persönlichkeitscoachings im Speziellen
als konzeptueller Rahmen eignet, die Etablierung einer transformationalen Führungsidentität zu
unterstützen. Dazu sollen im Diskussionsteil Überlegungen angestellt und Grundzüge eines
Coachingansatzes zur Förderung transformationaler Selbstinterpretation abgeleitet werden.

b) Zielsetzungen der empirischen Untersuchung


Insgesamt kristallisieren sich drei zentrale Anliegen heraus, die dem empirischen Teil der Arbeit
als Zielsetzungen zu Grunde gelegt werden:
(1) Exploration des empirischen Zusammenhangs von Selbstdarstellungs- und Führungs-
stilen: Von Interesse ist zum einen, inwieweit Führungsstile des Full Range of
Leadership mit spezifischen Selbstdarstellungsstilen zusammenhängen. Zum anderen
ergibt sich die Frage, inwieweit sich bei Führungspersonen bestimmte Selbstdarstel-
lungstypen identifizieren lassen und ob diese mit der Ausprägung transformationaler
Führung zusammenhängen.
(2) Evaluation von Einzelcoachings und Gruppenworkhops zur Förderung
transformationaler Führung: Ausgehend von der Frage nach der Übertragbarkeit des
idealistischen Führungsmodells auf verschiedene Kontexte und Hierarchieebenen, inte-
ressiert zunächst, inwieweit durch Gruppenworkshops und Einzelcoachings
transformationales Führungsverhalten bei Führungspersonen der unteren und mittleren
Hierarchieebene in einem mittelständischen Unternehmen gefördert werden kann (Frage
nach der Wirksamkeit der Interventionsmaßnahme als Ganzes). Darüber hinaus ist der
Ablauf und die spezifische Wirksamkeit von Einzelcoachings von Interesse: Inwieweit
erweisen sich Einzelcoachings hinsichtlich verschiedener Wirksamkeitskriterien als
wirksam? Welche Veränderungen ergeben sich? Inwieweit kann durch Einzelcoachings
die Wirksamkeit von Gruppenworkshops zur Förderung transformationaler Führung
erhöht werden?
(3) Exploration des empirischen Zusammenhangs zwischen Veränderungen in den Füh-
rungsstilen des Full Range of Leadership, dem Übereinstimmungsgrad von Selbst- und
Fremdeinschätzungen und Selbstdarstellungstypen.

In Kapitel 2 werden die zentralen Forschungsfragen, untergeordnete Fragestellungen sowie a


priori aufgestellte Hypothesen zu den drei Zielsetzungen im Überblick aufgeführt.
2 Fragestellungen und Hypothesen 176

2 Fragestellungen und Hypothesen

In Abschnitt 1.7 wurden die Ergebnisse und offenen Fragen des Theorieteils zusammengefasst
und Konsequenzen für den empirischen Teil der Arbeit abgeleitet. Es kristallisierten sich drei
zentrale Zielsetzungen für die empirische Untersuchung heraus. Entsprechend werden drei
übergeordnete Forschungsfragen bearbeitet, die in insgesamt neun Fragestellungen unterglie-
dert sind. Forschungsfrage I befasst sich mit dem Zusammenhang von Selbstdarstellungs- und
Führungsstilen, in Forschungsfrage II geht es um die Evaluation von Gruppenworkshops und
Einzelcoachings zur Förderung transformationaler Führung. Forschungsfrage III schlägt eine
Brücke zwischen der Forschungsfrage I und II und befasst sich mit dem Zusammenhang zwi-
schen Interventionseffekten, Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen und
Selbstdarstellungstypen.
Die Abschnitte 2.1, 2.2 und 2.3 widmen sich der Darstellung der neun Fragestellungen,
in Abschnitt 2.4 werden die Veränderungshypothesen zur Überprüfung der Wirksamkeit von
Gruppenworkshops und Einzelcoachings aufgeführt. In Kapitel 3 wird das methodische und
praktische Vorgehen bei der empirischen Untersuchung der neun Fragestellungen erläutert. Im
Ergebnisteil (Kapitel 4) werden die Einzelergebnisse zu den neun Fragestellungen in je einem
eigenen Abschnitt dargestellt. In Kapitel 5 werden die Einzelergebnisse interpretiert und auf-
einander bezogen und auf dieser Basis die drei übergeordneten Forschungsfragen beantwortet.

2.1 Zusammenhang von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen

Wie im Theorieteil in Abschnitt 1.3 aufgezeigt wurde, so ist der transformationale Führungs-
ansatz eng mit selbstdarstellungstheoretischen Konstrukten und Prozessen assoziiert und hängt
mit bestimmten Impression Management Strategien zusammen. Im Kontext dieser Ergebnisse
erfolgt im ersten Teil der empirischen Untersuchung die empirisch-quantitative Exploration des
Zusammenhangs transformationaler Führungsstile mit habituellen Formen der Selbstdarstellung
bei Führungskräften der mittleren und unteren Hierarchiebene (Forschungsfrage I).

Forschungsfrage I:
Wie hängen die Führungsstile des Full Range of Leadership mit habituellen Formen der Selbst-
darstellung (Selbstdarstellungsstilen) von Führungskräften zusammen?

Forschungsfrage I wird sowohl aus variablenzentrierter Perspektive (Fragestellung I/1) als auch
aus personenzentrierter Perspektive (Fragestellung I/2) beleuchtet, d.h. es sollen zum einen
systematische Zusammenhänge zwischen der Ausprägung von Führungs- und Selbstdarstel-
lungsstilen untersucht, zum anderen bestimmte Selbstdarstellungstypen und deren Führungspro-
file identifiziert werden.
2 Fragestellungen und Hypothesen 177

Fragestellung I/1:
Lassen sich systematische Zusammenhänge zwischen der jeweiligen Ausprägung der Führungs-
stile des Full Range of Leadership, der internen Erfolgskriterien von Führung und den jeweili-
gen Ausprägungen von Selbstdarstellungsstilen nachweisen? Wenn ja: Welche Zusammenhänge
bestehen und wie lassen sich diese interpretieren?
Fragestellung I/2:
Lassen sich in der Stichprobe der Führungskräfte homogene Personengruppen mit typischen
Konfigurationen von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen identifizieren? Wenn ja: Welche
Merkmalsprofile bestehen und wie lassen sich die Cluster interpretieren?

Im Rahmen der Fragestellung I/2 ist es insbesondere von Interesse, ob sich die vier Selbstdar-
stellungscluster nach Laux und Renner (2002; siehe 1.2.7.4) in der Stichprobe der Führungs-
personen replizieren lassen und wenn ja, mit welcher Ausprägung der transformationalen Füh-
rungsstile diese Cluster einhergehen.

2.2 Wirksamkeit von Einzelcoachings und Gruppenworkshops zur Förderung


transformationaler Führung

Forschungsfrage II befasst sich mit der Untersuchung der Wirksamkeit von Einzelcoachings
und Gruppenworkshops zur Förderung transformationaler Führung.

Forschungsfrage II:
Wie wirksam sind Gruppenworkshops und Einzelcoachings zur Förderung transformationaler
Führung bei Führungspersonen der mittleren und unteren Hierarchiebene?

Forschungsfrage II gliedert sich in fünf untergeordnete Fragestellungen (siehe Kasten). Zwei


dieser Fragestellungen konzentrieren sich auf die Wirksamkeitsüberprüfung der beiden Inter-
ventionsmodule Gruppenworkshops und Einzelcoachings. Drei weitere Fragestellungen bezie-
hen sich ausschließlich auf spezifische Wirksamkeitskriterien zur Evaluation des Interventions-
moduls Einzelcoaching.

Fragestellungen zur Wirksamkeit der Interventionsmodule Gruppenworkshops und Einzel-


coachings
Fragestellung II/1: Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile
Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings
bei den teilnehmenden Führungskräften die Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full
Range of Leadership entsprechend der Zielsetzungen des Interventionsprogramms?
Fragestellung II/2: Veränderungen im Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdein-
schätzungen
Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings
der Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes
der Führungsstile des Full Range of Leadership?
2 Fragestellungen und Hypothesen 178

Fragestellungen zur Wirksamkeit des Interventionsmoduls Einzelcoaching


Fragestellung II/3: Zusammenhang der Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes
der Führungsstile mit den individuellen Coachingzielen
Lassen sich bei den Coachingteilnehmern Unterschiede im Ausmaß der Veränderung der ver-
schiedenen Führungsstile des Full Range of Leadership in Abhängigkeit der individuellen
Coachingziele nachweisen?
Fragestellung II/4: Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele
Wie bewerten die teilnehmenden Führungskräfte das Interventionsmodul Einzelcoaching hin-
sichtlich der Erreichung der individuellen Coachingziele sowie hinsichtlich der Entwicklung des
Führungsverhaltens insgesamt?
Fragestellung II/5: Subjektive Einschätzung von Zufriedenheit, Gesamterfolg und Verän-
derungen
Wie zufrieden sind die teilnehmenden Führungskräfte mit dem Interventionsmodul Einzelcoa-
ching, wie schätzen Sie den Gesamterfolg des Coachings ein und welche Veränderungen berich-
ten Sie?

Die Fragestellungen II/1 bis II/5 beziehen sich auf unterschiedliche Wirksamkeitskriterien (siehe
1.6.4), anhand derer die Wirksamkeit der Interventionsmodule Gruppenworkshops und Einzel-
coachings zur Förderung transformationaler Führung operationalisiert wird:
(1) Die übergeordneten Zielsetzungen des Interventionsprogramms bestehen darin, bei den
teilnehmenden Führungspersonen die Häufigkeit transformationaler Führungsverhal-
tensweisen und des Einsatzes des Führungsstils der leistungsorientieren Anerkennung
(Contingent Reward/CR) zu erhöhen sowie den Einsatz von Verhaltensweisen des
Laissez Faire-Stils zu reduzieren. Das erste Wirksamkeitskriterium bezieht sich darauf,
inwieweit diese programmspezifischen Zielsetzungen erreicht werden (Fragestellung
II/1).
(2) Aufgrund der theoretisch hergeleiteten Einbettung transformationaler Führungsprinzi-
pien in selbstdarstellungstheoretische Konstrukte und Prozesse werden bei der Überprü-
fung der Wirksamkeit der Interventionsmodule sowohl die Selbsteinschätzungen als
auch die Fremdeinschätzungen der Führungspersonen durch deren Mitarbeiter herange-
zogen. Die Veränderung im Übereinstimmungsgrad zwischen den jeweiligen Selbst-
und Fremdeinschätzungen wird dabei als ein weiteres Wirksamkeitskriterium betrachtet
(Fragestellung II/2). Dieses Kriterium soll eine Aussage darüber ermöglichen, inwie-
weit es der Führungsperson gelingt, transformationale Führungsprinzipien entsprechend
ihrer Selbstbilder zum Ausdruck zu bringen (Prozess der Selbstdarstellung) bezie-
hungsweise Rückmeldung der Interaktionspartner zu ihrer Außenwirkung adäquat zu
interpretieren (Prozess der Selbstbewertung).
(3) Zur Untersuchung der Wirksamkeit des Interventionsmoduls Einzelcoaching wird über-
prüft, inwieweit individuelle Veränderungen in den Führungsstilen des Full Range of
Leadership mit den jeweiligen Coachingzielen des Teilnehmers als einzelfallspezifische
Interventionsziele (ergänzend zu den übergeordneten Zielsetzungen des Interventions-
programms, siehe Fragestellung II/1) in Zusammenhang stehen (Fragestellung II/3).
2 Fragestellungen und Hypothesen 179

(4) Die Exploration der Wirksamkeit des Interventionsmoduls Einzelcoaching erfolgt darü-
ber hinaus anhand der subjektiven Einschätzungen der Coachingteilnehmer zum Aus-
maß der individuellen Zielerreichung und der Entwicklung des Führungsverhaltens ins-
gesamt (Fragestellung II/4) sowie zur Zufriedenheit, zum Gesamterfolg und zu den
Veränderungen durch die Coachingmaßnahme (Fragestellung II/5). Neben der Zufrie-
denheit des Teilnehmers mit der Maßnahme gehört die Zielerreichung zu denjenigen
Wirksamkeitskriterien, die in Studien zur Evaluation von Einzelcoachings am weitesten
verbreitet sind. In einer Interventionsmaßnahme, die sich durch ihre Individuums-
orientierung auszeichnet, ist es unerlässlich, die Wirksamkeit der Maßnahme an der Er-
reichung individueller, spezifischer Zielsetzungen zu überprüfen und die subjektive Ge-
samteinschätzung des Teilnehmers zu berücksichtigen.

Zu den Fragestellungen II/1 und II/2 werden Hypothesen zu erwarteten Effekten auf Gruppen-
und Einzelfallebene aufgestellt, die in den Abschnitten 2.4.2 und 2.4.3 aufgeführt werden. Zur
Beantwortung der Fragestellung II/3 wird eine Haupthypothese formuliert (siehe 2.4.4). Zur
Untersuchung dieser Haupthypothese werden einzelfallspezifische Hypothesen aus den indivi-
duellen Coachingzielen der sechs Coachingteilnehmer abgeleitet und im Einzelfall überprüft.
Die einzelfallspezifischen Hypothesen werden in der Ergebnisdarstellung in Abschnitt 4.4.1
dargestellt. Die Fragestellungen II/4 und II/5 werden ausschließlich explorativ untersucht.

2.3 Zusammenhänge zwischen Veränderungen in den Führungsstilen, Überein-


stimmungsgrad und Selbstdarstellungstypen

Forschungsfrage III:
Welche Zusammenhänge bestehen zwischen möglichen Veränderungen in den Führungsstilen,
dem Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen und der Zugehörigkeit
zu einem Selbstdarstellungstypus?

Der Forschungsfrage III sind zwei Fragestellungen untergeordnet:


Fragestellung III/1: Zusammenhang des Ausmaßes der Veränderung der Führungsstile
mit dem Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen
Inwieweit hängt das Ausmaß der potenziellen Veränderungen in den Führungsstilen des Full
Range of Leadership (insbesondere den transformationalen Führungsstilen, der leistungsorien-
tierten Anerkennung und Laissez Faire) im Rahmen des Interventionsprogramms mit dem
Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes
dieser Führungsstile zusammen?
Fragestellung III/2: Zusammenhang des Übereinstimmungsgrades der Selbst- und
Fremdeinschätzungen mit den Selbstdarstellungsclustern
Inwieweit hängt der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur
Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full Range of Leaderships (insbesondere den
transformationalen Führungsstilen, der leistungsorientierten Anerkennung und Laissez Faire)
mit der Zugehörigkeit zu den Selbstdarstellungsclustern aus der Fragestellung I/2 zusammen?
2 Fragestellungen und Hypothesen 180

2.4 Hypothesen zu den Fragestellungen II/1 bis II/3

In Abschnitt 2.4.1 wird zunächst ein Überblick über die Hypothesen gegeben. Anschließend
werden in den Abschnitten 2.4.2 bis 2.4.4 die einzelnen A-Priori-Hypothesen zu den Fragestel-
lungen II/1 bis II/3 aufgeführt.

2.4.1 Überblick über die Hypothesen

Die Hypothesen zu den Fragestellungen II/1 und II/2 gliedern sich jeweils nach drei Aspekten:
(1) Veränderungshypothesen versus Wirksamkeitsunterschiedshypothesen: Auf der Basis
der Erkenntnisse aus empirischen Studien zur Förderung transformationaler Führung
(siehe 1.1.6.4) können Hypothesen zur generellen Wirksamkeit von Interventionspro-
grammen zur Förderung transformationaler Führung abgeleitet werden. Darüber hinaus
deuten erste empirische Hinweise aus bisherigen Evaluationsstudien (z.B. Peus, 2005)
sowie theoretische Überlegungen zur individuellen Ausgestaltung und damit auch zur
individuellen Förderung transformationaler Führungsprinzipien auf eine Verbesserung
der Wirksamkeit hin, wenn zusätzlich zu gruppenbezogenen Interventionen
individuumsorientierte Einzelcoachings eingesetzt werden.
In Bezug auf die Fragestellungen II/1 und II/2 werden a priori ausschließlich Hypo-
thesen über Veränderungen aufgestellt, die im Rahmen der Interventionsmodule Grup-
penworkshops und Einzelcoachings bei den teilnehmenden Führungspersonen erwartet
werden. Diese Veränderungshypothesen werden im empirischen Teil der Arbeit über-
prüft. Darüber hinaus wird auch die Wirksamkeit verschiedener Interventionsbedingun-
gen verglichen. So ist es von Interesse, ob der Einsatz von Einzelcoachings zusätzliche
Effekte bei der Förderung transformationaler Führung hervorbringt, die mit Gruppen-
workshops nicht erzielt werden. Aus der Beschreibung von Unterschieden zwischen den
Gruppen werden im empirischen Teil der Arbeit Hypothesen zur inkrementellen Wirk-
samkeit (vgl. Lohr, DeMaio & McGlynn, 2003) der Einzelcoachings zusätzlich zu den
Gruppenworkshops generiert.
Insgesamt werden a priori Veränderungshypothesen aufgestellt und für die jeweili-
ge Interventionsgruppe überprüft. Darüber hinaus werden Wirksamkeitsunterschiedshy-
pothesen für zwei alternative Interventionsbedingungen auf Basis eines Vergleichs der
zwei Interventionsgruppen generiert.
(2) Gruppen- und Einzelfallebene: In Übereinstimmung mit dem Kernaspekt von Einzel-
coaching als individuumszentrierter Intervention werden die Veränderungen nicht nur
auf Gruppen- sondern auch auf Individuumsebene betrachtet und daher Veränderungs-
hypothesen auf Gruppen- und Einzelfallebene aufgestellt und überprüft.
(3) Direkte und indirekte Veränderungsmessung: Der Grad der Veränderung kann sowohl
direkt als auch indirekt erfasst werden (siehe 1.6.4.4). Um die erwarteten Veränderun-
gen in den Führungsstilen und im Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdein-
schätzungen auf Gruppen- und Einzelfallebene zu überprüfen, werden operationale Hy-
pothesen über die erwarteten Ergebnisse der indirekten und direkten Veränderungs-
messung formuliert.

Hierarchischer Aufbau der Hypothesen


Damit ergibt sich folgender hierarchischer Aufbau der A-Priori-Hypothesen: Zu den Fragestel-
lungen II/1 und II/2 wird jeweils eine Haupthypothese (Veränderungshypothese) zur Wirksam-
2 Fragestellungen und Hypothesen 181

keit der Interventionsbedingung formuliert, die sich jeweils in eine Unterhypothese zur Grup-
penebene und in eine Unterhypothese zur Einzelfallebene aufteilt. Im Rahmen der Fragestellung
II/1 werden die Gruppen- und Einzefallhypothese wiederum jeweils durch eine operationale
Hypothese zur indirekten und eine operationale Hypothese zur direkten Veränderungsmessung
überprüft. Die operationalen Hypothesen werden im Ergebnisteil zu Beginn des jeweiligen Un-
terkapitels aufgeführt.

2.4.2 Veränderung in der Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile

Fragestellung II/1: Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile


Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings
bei den teilnehmenden Führungskräften die Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full
Range of Leadership entsprechend der Zielsetzungen des Interventionsprogramms?

Im Folgenden werden die zu überprüfenden Veränderungshypothesen aufgeführt. Darüber


hinaus werden in Kapitel 4.2 aus den Ergebnissen zu beobachtbaren Veränderungen in den
Interventionsgruppen Hypothesen zur inkrementellen Wirksamkeit der Einzelcoachings über die
Gruppenworkshops hinaus abgeleitet. Zur Bewertung des Wirksamkeitskriteriums der Verände-
rung von Führungsstilen werden nur die Fremdeinschätzungen durch die Mitarbeiter herange-
zogen, um tatsächlich beobachtbare Verhaltensänderungen zu erfassen.

Haupthypothese II/1: Veränderungshypothese zur Häufigkeit des Einsatzes der Füh-


rungsstile
In der gesamten Interventionsgruppe sowie in den einzelnen Interventionsgruppen A
(Gruppenworskshops) und B (Gruppenworkshops und Einzelcoachings) nehmen aus Sicht der
Mitarbeiter der teilnehmenden Führungskräfte die Häufigkeit des Einsatzes der
transformationalen Führungsstile und des Stils der leistungsorientierten Anerkennung zu, die
Häufigkeit des Einsatzes des Laissez Faire-Stils nimmt ab.

Unterhypothese II/1.1: Gruppenebene


In den Interventionsgruppen A (Gruppenworkshops) und B (Gruppenworkshops und Einzelcoa-
chings) nehmen aus Sicht der Mitarbeiter der teilnehmenden Führungskräfte die mittlere Aus-
prägung der Häufigkeit des Einsatzes der transformationalen Führungsstile und des Stils der
leistungsorientierten Anerkennung zu, die mittlere Ausprägung des Laissez Faire-Stils nimmt
ab.
Unterhypothese II/1.2: Einzelfallebene
Bei den Führungspersonen der Interventionsgruppen A (Gruppenworkshops) und B (Gruppen-
workshops und Einzelcoachings) nehmen aus Sicht der Mitarbeiter der teilnehmenden Füh-
rungskräfte die jeweils individuelle Ausprägung der Häufigkeit des Einsatzes der
transformationalen Führungsstile und des Stils der leistungsorientierten Anerkennung im jewei-
ligen Einzelfall zu, die individuelle Ausprägung des Laissez Faire-Stils nimmt im jeweiligen
Einzelfall ab.

Die operationalen Hypothesen der direkten und indirekten Veränderungsmessung zu den Unter-
hypothesen II/1.1 und II/1.2 werden im Ergebnisteil zu Beginn des jeweiligen Unterabschnitts
aufgeführt.
2 Fragestellungen und Hypothesen 182

2.4.3 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen

Fragestellung II/2: Veränderungen im Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdein-


schätzungen
Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings
der Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes
der Führungsstile des Full Range of Leadership?

Haupthypothese II/2: Veränderungshypothese zum Übereinstimmungsgrad der Selbst-


und Fremdeinschätzungen
In der gesamten Interventionsgruppe sowie in den Interventionsgruppen A
(Gruppenworskshops) und B (Gruppenworkshops und Einzelcoachings) nimmt der Überein-
stimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der Füh-
rungsstile des Full Range of Leadership jeweils zu.

Unterhypothese II/2.1: Gruppenebene


Der mittlere Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen (= mittlere
Absolutwerte der Differenz beziehungsweise Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen) zur gezeigten Häufigkeit der Führungsstile des Full Range of Leadership nimmt
von Messzeitpunkt 1 zu Messzeitpunkt 2 in der jeweiligen Interventionsgruppe A beziehungs-
weise B zu (= mittlere Absolutwerte der Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen
nimmt ab beziehungsweise positive Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen
nehmen zu, negative Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen nehmen ab).
Unterhypothese II/2.2: Einzelfallebene
Der individuelle Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen (= Absolutwert
der Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung) zur gezeigten Häufigkeit der Führungs-
stile des Full Range of Leadership nimmt von Messzeitpunkt 1 zu Messzeitpunkt 2 bei den Füh-
rungskräften der Interventionsgruppen A und B im Einzelfall zu (= Absolutwert der Differenz
zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen nimmt ab).

2.4.4 Abhängigkeit der Veränderungen in den Führungsstilen von den Coachingzielen

Zur Beantwortung der Fragestellung II/3 wird eine Haupthypothese formuliert (siehe Kasten).
Zur Untersuchung dieser Haupthypothese werden einzelfallspezifische Hypothesen aus den
individuellen Coachingzielen der sechs Coachingteilnehmer abgeleitet und im Einzelfall über-
prüft. Die einzelfallspezifischen Hypothesen werden in Abschnitt 4.5.1 dargestellt.
Hypothese II/3: Abhängigkeit der Veränderungen in den Führungsstilen von den indivi-
duellen Coachingzielen
Das jeweilige Ausmaß der durch das Interventionsmodul Einzelcoaching bedingten individuel-
len Veränderung in den einzelnen Führungsstilen des Full Range of Leadership unterscheidet
sich in Abhängigkeit von den spezifischen Coachingzielen: Das Ausmaß der Veränderungen
fällt im Einzelfall in denjenigen Führungsstilen des Full Range of Leaderhips, die in den indivi-
duellen Coachingzielen angesprochenen werden, höher aus, als in denjenigen Führungsstilen
des Full Range of Leadership, die nicht in den Coachingzielen angesprochen werden.
3.1 Überblick 183

3 Methode

Kapitel 3 beschreibt in fünf Abschnitten das forschungsmethodische und praktische Vorgehen


bei der empirischen Untersuchung der neun Fragestellungen I/1 bis III/2. Nach einem Überblick
über die praktische und forschungsmethodische Umsetzung der empirischen Untersuchung in
Abschnitt 3.1 wird in Abschnitt 3.2 die Untersuchungsstichprobe dargestellt. Abschnitt 3.3
widmet sich dem Evaluationsgegenstand, dem Interventionsprogramm zur Förderung
transformationaler Führung. In Abschnitt 3.4 wird über die eingesetzten Verfahren zur Erhe-
bung der quantitativen und qualitativen Daten berichtet. Der abschließende Abschnitt 3.5 zeigt
das Vorgehen bei der Auswertung der Daten auf, d.h. es wird erläutert, wie die erhobenen Daten
für die jeweiligen Fragestellungen aufbereitet, analysiert und interpretiert wurden.

3.1 Praktische Umsetzung und forschungsmethodisches Vorgehen der empiri-


schen Untersuchung

Zunächst wird über die praktische Durchführung der empirischen Untersuchung im Unterneh-
men berichtet, bevor das forschungsmethodische Vorgehen zur Beantwortung der Fragestellun-
gen dargestellt wird.

3.1.1 Überblick über die praktische Umsetzung

Die empirische Untersuchung erfolgte im Rahmen eines Führungskräfteentwicklungsprojekts,


das von April bis November 2008 in einer Bank in Deutschland mit ca. 350 Mitarbeitern von
einem Mitarbeiter der Personalabteilung des Unternehmens und der Verfasserin durchgeführt
wurde.
Abbildung 3.1.1 gibt einen Überblick über die zeitliche Abfolge der Projektmodule: Das
Projekt startete mit einem Auftaktworkshop, an dem alle Führungskräfte der mittleren und unte-
ren Hierarchieebene des Unternehmens (N = 24) teilnahmen. Im Anschluss an den Auftakt-
workshop und vor Durchführung der multiperspektivischen Führungsfeedbacks ordneten sich
die 24 Führungskräfte einer von drei Interventionsbedingungen zu (Interventionsgruppen A und
B sowie Vergleichsgruppe C; siehe 3.1.2.4). Zwischen der 14. und 16. Kalenderwoche 2008
erfolgte die Bearbeitung und Auswertung der Fragebogen zum ersten multiperspektivischen
Führungsfeedback (Prä-Messung) sowie die Rückmeldung der Ergebnisse an die einzelnen
Führungspersonen in einem individuellen Feedbackgespräch. Im Anschluss daran starteten die
beiden Interventionsmodule Gruppenworkshops und Einzelcoachings. Die fünf Gruppenwork-
shops fanden in zweiwöchentlichem Abstand von April bis Juli 2008 statt. Die sechs
Einzelcoachingsitzungen fanden ebenfalls in zweiwöchentlichem Abstand von April bis Juli
2008 abwechselnd mit den Gruppenworkhops statt. Die Follow-up-Sitzung zu den Einzelcoa-
chings wurde nach Durchführung des zweiten Führungsfeedbacks im November 2008 abgehal-
ten. Das zweite multiperspektivische Führungsfeedback (Post-Messung) wurde Ende Oktober
bis Anfang November 2008 – und damit drei Monate nach Abschluss des Interventionspro-
gramms – durchgeführt.
3 Methode 184

Anfang April 2008 April bis Juli 2008 Oktober/November 2008

Führungsfeedback I Führungsfeedback II
Bestandsaufnahme Bestandsaufnahme:
zum aktuellen Aktuelles
Auftaktworkshop Führungsverhalten Führungsverhalten
Führungskräfte

und den & Veränderungen im


Selbstdarstellungs- Führungsverhalten
Alle

stilen
Vertiefte Bearbeitung von Führungsthemen

Rückmeldegespräche
Rückmeldegespräche
zu den Ergebnissen
zu den Ergebnissen
& Abgleich
der Ergebnisse mit
den gesetzten Zielen
Gruppe

Leitfadengestützte
Selbstreflexion zur
C

Ableitung von Zielen


Gruppenworkshops
Interventions-

Workshop Workshop Workshop Workshop


gruppe A

1 2 3 4
Interventionsgruppe

Abschlussworkshop
B

Einzelcoaching-Sitzungen
1 2-5 6
Zielklärung Bearbeitung Transfer-
Follow-up-
& von sicherung Transfer
Sitzung
Aktions- Veränderungs- &
plan zielen Abschluss

Abbildung 3.1.1 Überblick über die Abfolge der Projektmodule

3.1.2 Forschungsmethodisches Vorgehen

Das forschungsmethodische Vorgehen unterteilt sich in eine empirisch-quantitative Exploration


von Fragebogendaten und eine Evaluationsstudie zur Untersuchung der Wirksamkeit von Grup-
penworkshops und Einzelcoachings, deren jeweilige Zielsetzungen in Abschnitt 3.1.2.1 darge-
stellt werden.
Die folgenden Abschnitte gehen jeweils auf zentrale Details der Evaluationsstudie ein:
In Abschnitt 3.1.2.2 wird das methodische Vorgehen in die Grundlagen der Evaluationsfor-
schung (siehe 1.6) eingeordnet. Abschnitt 3.1.2.3 gibt einen Überblick über die herangezogenen
Wirksamkeitskriterien. In Abschnitt 3.1.2.4 werden die Besonderheiten der untersuchten Inter-
ventionsbedingungen erläutert und deren methodischer Stellenwert im Rahmen des Forschungs-
designs aufgezeigt. Abschnitt 3.1.2.5 fasst das methodische Vorgehen bei der
Wirksmkeitsuntersuchung zusammen.
3.1 Überblick 185

3.1.2.1 Zielsetzungen der empirisch-quantitativen Exploration und der Evaluationsstudie


Die empirische Untersuchung lässt sich aus forschungsmethodischer Sicht untergliedern in
 eine empirisch-quantitative Exploration des Zusammenhangs von Führungs- und Selbst-
darstellungsstilen auf der Basis der Daten aus einer Fragebogenerhebung und
 eine Evaluationsstudie zur Wirksamkeit von Gruppenworkshops und Einzelcoachings auf
Basis multiperspektivisch und multimethodal erhobener, qualitativer und quantitativer Da-
ten.

a) Zielsetzung der empirisch-quantiativen Exploration


Zielsetzung der empirisch-quantitativen Exploration ist die systematische Untersuchung des
Zusammenhangs habitueller Selbstdarstellungsformen mit den Führungsstilen des Full Range of
Leadership, insbesondere den transformationalen Führungsstilen (Fragestellungen I/1 und I/2).
Dafür wurde aus der Sicht von 20 Führungskräften und auch Sicht deren Mitarbeiter (N = 174)
die jeweilige Ausprägung der Führungsstile des Full Range of Leadership mit Hilfe des MLQ
(siehe 3.4.1) eingeschätzt. Zusätzlich wurden in der Selbstbeschreibung der Führungspersonen
die Ausprägungen der Selbstdarstellungsstile mit den in Abschnitt 3.4.2 beschriebenen Skalen
erfasst.

b) Zielsetzung der Evaluationsstudie


Die Zielsetzungen der Evaluationsstudie bestehen
(1) in der Untersuchung der Wirksamkeit von Gruppenworkshops und Einzelcoachings zur För-
derung transformationaler Führung anhand verschiedener Wirksamkeitskriterien, die sowohl auf
der Ebene des einzelnen Individuums als auch auf Gruppenebene betrachtet werden. Es werden
a priori aufgestellte Veränderungshypothesen überprüft, Wirksamkeitsunterschiedshypothesen
zu den verschiedenen Interventionsbedingungen generiert und subjektive Effekte der Einzelcoa-
chings exploriert.
(2) in der Erprobung verschiedener methodischer Strategien zur Beschreibung und Erfassung
potenzieller Veränderungen bei Führungskräften, die an Interventionsmodulen zur Förderung
transformationaler Führung teilnehmen. Das Vorgehen bei der Untersuchung der Wirksamkeit
weist folgende Merkmale auf:
 multiperspektivische Datenerhebung durch den Einbezug von Selbst- und Fremdbeschrei-
bungen
 multimethodale Erhebung quantitativer und qualitativer Daten: Es werden Fragebogen,
Interview und Skalenfragen eingesetzt. Die Überprüfung von Veränderungen erfolgt direkt
und indirekt über einen Prä-Post-Vergleich auf Gruppen- und Individuumsebene. Differen-
zielle Effekte auf Individuumsebene werden darüber hinaus im Rahmen der internalen Refe-
renzstrategie (siehe 1.6.5.5) überprüft.
 Berücksichtigung multimodaler Daten: Bei der Exploration von Veränderungen im halb-
strukturierten Interview werden verschiedene Ebenen des Erlebens und Verhaltens (be-
obachtbares Verhalten, Emotionen und Kognitionen) berücksichtigt:
Aus den Ergebnissen der verschiedenen Vorgehensweisen bei der Untersuchung der Wirksam-
keit werden im Diskussionsteil Schlussfolgerungen gezogen, welche methodischen Strategien
sich bei der Evaluation von Interventionsmaßnahmen zur Förderung transformationaler Führung
in der organisationalen Praxis sowohl als aussagekräftig als auch als praktikabel erweisen.
3 Methode 186

3.1.2.2 Einordnung des methodischen Vorgehens in die Grundlagen der Evaluationsfor-


schung
Im Folgenden wird das methodische Vorgehen der Wirksamkeitsuntersuchung in die Grundla-
gen der Evaluationsforschung eingeordnet, wie sie in Abschnitt 1.6 dargestellt wurden. Bei der
Beschreibung des methodischen Vorgehens wird jeweils in Klammern angegeben, in welchem
Unterabschnitt zu Abschnitt 1.6 die entsprechenden theoretischen und methodischen Grundla-
gen nachzulesen sind.

a) Zentrale Fragestellung und Evaluationsform


Im Rahmen der Evaluationsstudie steht die Frage nach der Wirksamkeit von Gruppenworkshops
und Einzelcoaching zur Förderung transformationaler Führung im Fokus (siehe 1.6.1.2). Es
handelt sich sich um eine summative Evaluation (siehe 1.6.2.1). Es wurden sowohl a priori auf-
gestellte Hypothesen zur Wirksamkeit überprüft (explikatives Vorgehen), als auch aus den Er-
gebnissen Hypothesen zur inkrementellen Wirksamkeit von Einzelcoachings gegenüber Grup-
penworkshops abgeleitet (erkundendes Vorgehen; siehe 1.6.2.2). Die Evaluationsstudie erfolgt
im Kontext einer quantiativen Forschungslogik unter Verwendung qualitativer und quantitativer
Daten (siehe 1.6.2.3).

b) Einordnung in Rahmenkonzepte der Evaluation von Interventionsmaßnahmen


In der Evaluationsstudie werden die Evaluationsebenen 1 bis 4 nach Kirkpatrick (1976; siehe
1.6.3.1) in unterschiedlichem Ausmaß berücksichtigt. Im Fokus steht die Ebene des Verhaltens:
Es wurde überprüft, inwieweit sich Veränderungen im Führungsverhalten der Teilnehmer
nachweisen lassen. Eine Zuordnung der Evaluationskriterien zu den vier Ebenen erfolgt in Ab-
schnitt 3.1.2.3.
Es stehen drei Prozessschritte des Modells zur Coachingevaluation von König und
Volmer (2003; siehe 1.6.3.2) im Fokus: die Ziel-, Output- und Outcome-Evaluation. Die Ziel-
evaluation stellt die Basis für die nachfolgende Ergebnisevaluation dar: Zunächst wurden mit
dem Auftraggeber (Vertreter des beauftragenden Unternehmens) die übergeordneten Ziele der
Führungskräfteentwicklungsmaßnahme festgelegt (siehe 3.3.1). Anschließend wurden gemein-
sam mit den Teilnehmern die spezifischen Ziele der Gruppenworkshops definiert (siehe 3.3.2).
Mit jedem einzelnen Coachingteilnehmer wurden wiederum die individuellen Coachingziele
explizit formuliert und in konkrete, überprüfbare Kriterien der Zielerreichung übertragen. Die
Coachingziele und Kriterien der Zielerreichung wurden im Coachingprozess gemeinsam in ei-
nem Aktionsplan definiert und schriftlich festgehalten (siehe 3.3.3). Die Ergebnisevaluation
(Summative Evaluation) der Einzelcoachings erfolgte sowohl unmittelbar nach Abschluss des
Maßnahme (Output-Evaluation) als auch zu einem Follow-up-Termin drei Monate nach Been-
digung der Maßnahme (Outcome-Evaluation).

c) Kriterien zur Wirksamkeitsuntersuchung


Zur Beurteilung der Wirksamkeit der Interventionsmodule wurden multiple Kriteriumsmaße
herangezogen und diese mit verschiedenen messmethodischen Ansätzen erfasst und bewertet
(siehe 1.6.4):
3.1 Überblick 187

Auswahl inhaltlicher Kriterien zur Überprüfung der Wirksamkeit von Einzelcoachings und
Gruppenworkshops
Wie im Fazit zu Abschnitt 1.3 dargestellt, werden Verhaltensweisen transformationaler Führung
zunächst als personunspezifische Handlungsanleitungen zur Umsetzung effektiver Führung
aufgefasst. Transformationale Selbstinterpretation bezieht sich auf das „Wie“ der individuellen,
persönlichkeitsgemäßen Ausgestaltung dieser Verhaltensweisen und ist als Wechselwirkung
zwischen Führungsperson und Interaktionspartnern – als Austausch zwischen Innensicht und
Außensicht – zu verstehen. Die Wirksamkeit des Interventionsprogramms wurde somit zum
einen durch die Häufigkeit der Umsetzung transformationaler Führungsprinzipien im Führungs-
alltag operationalisiert, zum anderen am Übereinstimmungsgrad von Selbsteinschätzung (Innen-
sicht) und Fremdeinschätzungen (Außensicht) als Ergebnis dieser Wechselwirkung fest ge-
macht.

Auswahl inhaltlicher Kriterien zur Untersuchung der Wirksamkeit von Einzelcoachings


Für die Bewertung der Wirksamkeit der Einzelcoachings wurde darüber hinaus anhand von
Skalenfragen die individuelle Entwicklung bei der Annäherung an persönliche Coachingziele
erfasst (siehe 1.6.4.3). Die individuellen Zielerreichungs- beziehungsweise Veränderungsgrade
wurden zunächst einzelfallspezifisch interpretiert und anschließend die fallübergreifenden Inter-
pretationen als Indikatoren für den Gesamterfolg der Maßnahme herangezogen. Zusätzlich wur-
de in halbstrukturierten Interviews die Einschätzung der Coachingteilnehmer zu den Kriterien
Zufriedenheit, Gesamterfolg des Coachings und subjektive Veränderungen erfagt.

Erfassung und Bewertung der Kriterien


Zu den beiden Wirksamkeitskriterien Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile und Überein-
stimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen wurde der Grad der Veränderung
(siehe 1.6.4.3) sowohl direkt als auch indirekt erfasst (siehe 1.6.4.4). Ergebnisse aus der direk-
ten und der indirekten Veränderungsmessung wurden zueinander in Beziehung gesetzt. Die
Bewertung potenzieller Veränderungen erfolgte sowohl auf der Basis einer deskriptiven Daten-
analyse als auch auf Basis statistischer Signifikanztests (siehe 1.6.4.5). Darüber hinaus wurde
bei statistisch signifikanten Ergebnissen die Intensität der Wirkung sowie das Ausmaß der
Gruppenunterschiede durch die Berechnung von Effektgrößen bestimmt. Da die Stichproben-
größe insgesamt sehr klein (siehe 3.2) und damit die Power der Tests sehr gering ist, wurden
darüber hinaus auch Effektgrößen für diejenigen Variablen bestimmt, in denen sich Verände-
rungen in der erwarteten Richtung ergeben, die aber nicht das Ausmaß statistischer Signifikanz
erreichen.

d) Forschungsstrategien
Die Evaluationsstudie kombiniert ein gruppen- und ein einzelfallanalytisches Vorgehen (siehe
1.6.5.1). Auf Basis der Ergebnisse zu potenziellen Wirkungen der jeweiligen Interventionsbe-
dingung wurden sowohl Hypothesen zu Wirksamkeitsunterschieden generiert als auch Hypothe-
sen zur Wirksamkeit überprüft.
Das Forschungsdesign ist als naturalistische Studie einzuordnen (siehe 1.6.5.2): Es er-
folgte keine randomisierte Zuteilung der Führungskräfte auf die Interventionsbedingungen, son-
dern eine Selbstselektion der Teilnehmer. Nach dem Paradigma der isolierten Evaluation wur-
den Wirksamkeitshypothesen für die Interventionsgruppe im Vergleich zu einer Kontrollgruppe
mit Placebointervention überprüft. Darüber hinaus wurde die Wirksamkeit der jeweiligen Inter-
3 Methode 188

ventionsbedingung in einem Zweigruppen-Prä-Posttest-Plan untersucht und Hypothesen zu


Wirksamkeitsunterschieden zwischen den Interventionsbedingungen durch einen Gruppenver-
gleich generiert. Damit handelt es sich um eine Kombination aus vergleichender und isolierter
Evaluation (siehe 1.6.5.3).
Die Repräsentativitität der beiden Interventionsmodule (siehe 1.6.5.3) wurde dadurch
gewährleistet, dass diese von den gleichen Personen durchgeführt wurden. Eine Person aus der
Personalabteilung des Unternehmens und die Verfasserin führten gemeinsam die Gruppenwork-
shops durch. Drei der Einzelcoachings wurden vom Unternehmensvertreter, drei Einzelcoa-
chings von der Verfasserin durchgeführt. Vorher war ein gemeinsames Einzelcoaching als in-
strumentelle Vorstudie durchgeführt worden, um sowohl die im Prozess einzusetzenden Doku-
mentationsbogen (siehe 3.3.3.3) zu erproben als auch eine Abstimmung der Prozessgestaltung
zwischen den beiden Coaches zu gewährleisten.

e) Einzelfallanalysen
In der Evaluationsstudie wurden die Daten der sechs Coachingteilnehmer nicht nur auf Grup-
penebene ausgewertet, um Wirksamkeitshypothesen zu überprüfen und Wirksamkeitsunter-
schiedshypothesen zu generieren, sondern jeder der sechs Coachingprozesse wurde auch auf
Einzelfallebene (siehe 1.6.5.4) ausgewertet. Dabei handelt es sich um kollektive, instrumentelle
Fallstudien, die dazu dienen sollen, die Wirksamkeit der Interventionsmaßnahme Einzelcoa-
ching im Einzelfall zu illustrieren. Die Untersuchung der sechs Einzelfälle folgt dabei sowohl
einem exploratorischen als auch einem konfirmatorischen Vorgehen. Im Rahmen der explorato-
rischen Einzelfallanalysen wurden qualitative Interviews geführt, um Wirkungen im Einzelfall
zu erkunden. Darüber hinaus wurde für jeden Teilnehmer der individuelle Zielerreichungsgrad
erhoben und aus den aggregierten Daten fallübergreifend Hinweise über die Wirksamkeit der
Einzelcoachings abgeleitet. Für das konfirmatorische Vorgehen wurden a priori einzelfallspezi-
fische Hypothesen zur Wirksamkeit der Interventionsmaßnahme aufgestellt und diese im Rah-
men des Designs der internalen Referenzstrategie überprüft. Weiterhin wurden Veränderungen
in den Führungsstilen und im Übereinstimmungsgrad jeweils auch auf Einzelfallebene be-
schrieben.

f) Einordnung in die Postulate zur Evaluationsforschung im Coaching


In der Evaluationsstudie wurde versucht, den zentralen Forderungen an eine gute
Coachingevaluation, wie sie in Abschnitt 1.6.6.3 zusammengefasst wurden, nachzukommen:
Die Hypothesen und Wirksamkeitskriterien sind theorieverankert, die Datenerfassung erfolgte
multiperspektivisch und es wurden verschiedene Wirksamkeitskriterien herangezogen. Darüber
hinaus kamen quantitative und qualitative Erhebungsmethoden zum Einsatz. Bei der Untersu-
chung der Wirksamkeit der Coachings auf Ebene des Einzelfalls wurden sowohl die kurz- als
auch die mittelfristige Zielerreichung berücksichtigt und im qualitativen Interview Indikatoren
des Erlebens und Verhaltens erfragt.

3.1.2.3 Wirksamkeitskriterien
Im Folgenden werden die Wirksamkeitskriterien im Detail beschrieben und den vier Evaluati-
onsebenen nach Kirkpatrick (1976) zugeordnet.
Zur Überprüfung der Wirksamkeit der beiden Interventionsmodule Gruppenworkshops
und Einzelcoachings wurden zwei Wirksamkeitskriterien herangezogen. Die Wirksamkeit der
Einzelcoachings wurde darüber hinaus anhand drei weiterer Kriterien untersucht. Die insgesamt
3.1 Überblick 189

fünf Wirksamkeitskriterien lassen sich im Modell der vier Evaluationsebenen nach Kirkpatrick
(1976) sowie Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) den ersten drei Ebenen Reaktion, Lernen und
Verhalten zuordnen (siehe 1.6.3.1).

a) Wirksamkeitskriterien zur Evaluation der Interventionsmodule Gruppenworkshops


und Einzelcoachings
Folgende Wirksamkeitskriterien wurden für die Evaluation der beiden Interventionsmodule
Gruppenworkshops und Einzelcoachings herangezogen:
 Wirksamkeitskriterium 1: Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes der zehn Füh-
rungsstile des Full Range of Leadership, insbesondere der sechs transformationalen Füh-
rungsstile, des Stils der leistungsorientierten Anerkennung (Contingent Reward / CR) und
Laissez Faire (LF)
 Wirksamkeitskriterium 2: Veränderungen im Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile
Die Daten zur Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile wurden aus der Sicht von 20 Füh-
rungskräften (Selbsteinschätzung) und deren direkt unterstellten Mitarbeitern (Fremdeinschät-
zungen) vor Durchführung der Interventionsmodule Einzelcoaching und Gruppenworkshops
(t1) sowie drei Monate nach Abschluss der beiden Interventionsmodule (t2) erhoben.
Die beiden Kriterien lassen sich im Modell nach Kirkpatrick (1976) der Ebene des Ler-
nens (Ebene 2) und der Ebene des Verhaltens (Ebene 3) zuordnen. Die Ebene des Verhaltens ist
eindeutig angesprochen, wenn es um die Einschätzung von Veränderungen durch die Mitarbei-
ter geht. Diese kennen weder explizit die Zielsetzungen des Interventionsprogramms, noch kön-
nen sie aufgrund der Anonymität der Befragung positive oder negative Konsequenzen aus ihrer
abgegebenen Einschätzung erwarten. Von daher kann davon ausgegangen werden, dass die
Mitarbeiter beobachtbares Verhalten beziehungsweise beobachtbare Verhaltensänderungen der
Führungsperson bewerten. Bei der Selbsteinschätzung der Führungspersonen werden hingegen
zwei Evaluationsebenen angesprochen: Die Verhaltensebene, aber auch die Ebene des Lernens,
die nach Kirkpatrick (1976) sowohl Einstellungen, Wissen als auch Fertigkeiten umfasst. So ist
nicht eindeutig zu trennen, ob die Führungspersonen im Fragebogen ihr tatsächlich gezeigtes
Verhalten oder ihre, auf die Führungsrolle bezogenen Selbstbilder beschreiben. Reale, aber v.a.
normative und ideale Selbstbilder (siehe 1.2.2.1) können durch eine erwünschte Einstellungsän-
derung zu bestimmten Führungsprinzipien und durch einen angestrebten Wissenszuwachs zum
Thema Führung im Rahmen der beiden Interventionsmodule beeinflusst werden. Da die Ebene
des Lernens der Ebene des Verhaltens zu Grunde liegt und in den Selbsteinschätzungen der
Führungspersonen potenziell beide Ebenen erfasst werden, kann erwartet werden, dass Verän-
derungen in der Selbsteinschätzung der Führungspersonen leichter zu erreichen sind als Verän-
derungen in den Fremdeinschätzungen.

b) Wirksamkeitskriterien zur Evaluation des Interventionsmoduls Einzelcoaching


Zusätzlich zu den Wirksamkeitskriterien 1 und 2 (s.o.) wurden drei weitere, coachingspezifische
Wirksamkeitskriterien zur Evaluation der individuumsorientierten Einzelcoachings betrachtet:
 Wirksamkeitskriterium 3: Ausmaß der Erreichung individueller Coachingziele und subjekti-
ve Fortschritte im Führungsverhalten
 Wirksamkeitskriterium 4: Zufriedenheit mit dem Coaching und subjektive Einschätzung des
Gesamterfolgs
 Wirksamkeitskriterium 5: Subjektiv beobachtbare Veränderungen
3 Methode 190

Zur Bewertung des Ausmaßes der individuellen Zielerreichung wurden sowohl Selbsteinschät-
zungen zur Erreichung der Coachingziele anhand von Skalenfragen zu drei Messzeitpunkten
erhoben, als auch differenzielle Auswirkungen der individuellen Coachingziele auf Verände-
rungen in den Führungsstilen auf der Basis von Selbst- und Fremdeinschätzungen überprüft. Die
Daten zu den Wirksamkeitskriterien 4 und 5 beruhen auf Selbsteinschätzungen der
Coachingteilnehmer, die zum Abschluss des Coachingprozesses und zu einem Follow-up-
Termin drei Monate nach Abschluss der Interventionsmaßnahme (in Anschluss an das zweite
Führungsfeedback) erhoben wurden.
Die Kriterien 3 bis 5 lassen sich im Modell nach Kirkpatrick (1976) der Ebene der Re-
aktion (Ebene 1), der Ebene des Lernens (Ebene 2) und der Ebene des Verhaltens (Ebene 3)
zuordnen. So beschreibt das Kriterium 4 die Ebene der unmittelbaren Reaktion des
Coachingteilnehmers. Die Kriterien 3 und 5 beziehen sich – abhängig von der Art der individu-
ellen Zielsetzungen und der angestrebten Veränderungen des einzelnen Teilnehmers – auf die
Ebenen Lernen und Verhalten.

3.1.2.4 Besonderheiten der Interventionsbedingungen und des Forschungsdesigns

a) Überblick über die zu untersuchenden Interventionsbedingungen


Die Führungspersonen konnten sich auf der Basis eigener Präferenzen einer von zwei angebote-
nen Interventionsbedingungen zuordnen:
 Interventionsbedingung A: Teilnahme an fünf Gruppenworkshops (vier Impulsworkshops
und ein Abschlussworkshop) zur Förderung transformationaler Führung (siehe 3.3.2). Acht
Führungspersonen ordneten sich der Interventionsbedingung A zu.
 Interventionsbedingung B: Teilnahme an fünf Gruppenworkshops (vier Impulsworkshops
und ein Abschlussworkshop) und Teilnahme an sechs Einzelcoachingsitzungen (siehe
3.3.3). Sechs Führungspersonen ordneten sich der Interventionsbedingung B zu.
 Darüber hinaus gab es sechs Führungskräfte, die sich dazu entschieden, an keinem der bei-
den Interventionsmodule teilzunehmen (Gruppe C).
Alle Führungspersonen wurden in einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung über die für alle
Führungskräfte verpflichtende Teilnahme am multiperspektivischen Führungsfeedback sowie
über Ablauf und Inhalte der freiwilligen Gruppenworkshops und Einzelcoachings informiert.
Die Teilnahme an den Gruppenworkshops war zwar keine Pflicht, wurde aber von der oberen
Führungsebene des Unternehmens empfohlen. Die Teilnahme an den Einzelcoachings erfolgte
auf rein freiwilliger Basis und wurde als Angebot beziehungsweise Chance dargestellt, eigene
Führungsthemen über die allgemeinen Gruppenthemen hinaus individuell zu vertiefen. Die Ein-
zelcoachings wurden sowohl von den Projektleitern als auch von der Unternehmensführung als
Optimierungsangebot beschrieben und nicht in den Kontext der Bearbeitung von Defiziten ge-
stellt. Alle Führungskräfte wurden dazu aufgefordert, sich im Anschluss an den Auftaktwork-
shop zu entscheiden, ob sie zusätzlich zu den Gruppenworkshops auch an einem Einzelcoaching
teilnehmen wollten. Erst nach dem Auftaktworkshop erfolgte die erste Erhebung im multiper-
spektivischen Führungsfeedback. Damit fand die Selektion der Führungspersonen auf die Inter-
ventionsbedingungen vor der Erhebung und Rückmeldung der Ergebnisse des Führungsfeed-
backs statt.

b) Methodischer Stellenwert der Gruppe C


Bei der Untersuchungsplanung war es nicht vorgesehen gewesen, dass eine Gruppe von Füh-
rungspersonen an keiner der beiden Interventionsbedingungen teilnahm. Da diese Führungsper-
3.1 Überblick 191

sonen aber ebenfalls das multiperspektivische Führungsfeedback zu zwei Messzeitpunkten


durchliefen und auf der gleichen Hierarchieebene im Unternehmen arbeiteten, bot es sich an, die
Daten von Gruppe C für einen Vergleich mit den Daten der Interventionsgruppen A und B
heranzuziehen.

Gruppe C als Vergleichsgruppe


Auch wenn Gruppe C aufgrund der Selbstselektion der Führungspersonen nur mit einer einge-
schränkten internen Validität als tatsächliche Vergleichsbedingung erachtet werden kann, so
sprachen dennoch zwei Gründe dafür, potenziell beobachtbare Effekte in der gesamten Interven-
tionsgruppe (Gruppen A und B) durch einen Vergleich mit Gruppe C zu untermauern:
 Führungspersonen der Gruppe C unterschieden sich im Durchschnitt zum ersten Messzeit-
punkt (t1) in der Ausprägung der Führungsstile nicht vom Durchschnitt der Führungsperso-
nen der Interventionsgruppen A und B (siehe 4.3.1.1). Systematische Unterschiede zwi-
schen den Gruppen (Interventionsgruppen und Gruppe C) in den Selbst- und Fremdein-
schätzungen der Führungsstile lagen damit nicht vor. Allerdings können Unterschiede zwi-
schen den Führungspersonen der drei Gruppen in persönlichen Merkmalen wie Motivation
und Selbstreflexion nicht ausgeschlossen werden (siehe Punkt 3.1.2.4c).
 Nachdem deutlich wurde, dass sich sechs Führungskräfte gegen die Teilnahme an den
Interventionsmodulen entschieden hatten, wurde nach einer wenig aufwändigen Interventi-
onsform gesucht, die diesen Führungspersonen eine vertiefte Reflexion ihres Führungsver-
haltens – über die Rückmeldegespräche zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks hinaus
– ermöglichen sollte. Die sechs Führungspersonen der Gruppe C wurden daher jeweils am
Ende der persönlichen Feedbackgespräche in einen Leitfaden zur Selbstreflexion (siehe An-
hang 2.7) eingewiesen. In diesem wurden sie angeleitet, sich selbstständig Ziele zu setzen
und Umsetzungsschritte zur Zielerreichung zu planen. Damit erhielten diese Führungsper-
sonen gewissermaßen eine Placebo-Intervention, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren,
dass sich Unterschiede zwischen der Interventionsgruppe (Gruppen A und B) und der
Gruppe C auch auf eine verstärkte Reflexion des eigenen Führungsverhaltens in den Inter-
ventionsgruppen zurückführen lassen (Konfundierung von interventions- und programmge-
bundenen Wirkungen; siehe 1.6.5.3). Es wurde allerdings nicht überprüft, inwieweit die
Führungspersonen der Gruppe C dieses Angebot für sich tatsächlich nutzten.

Isolierte Evaluation: Vergleich der Interventionsgruppe (Gruppe A und B) mit der Gruppe C
In einer experimentellen Anordnung innerhalb des Paradigmas der isolierten Evaluation ist es
das Ziel, die Randmerkmale der Vergleichsbedingung denen der Experimentalbedingung weit-
gehend anzugleichen, gleichzeitig in der Vergleichsbedingung aber andere Ziele als in der Ex-
perimentalbedingung zu verfolgen (vgl. Hager, 2000a; siehe 1.6.5.3). In der vorliegenden Un-
tersuchung erhielten Führungspersonen der Gruppe C die Gelegenheit, im Rahmen einer Place-
bo-Intervention (s.o.) über ihr aktuelles Führungsverhalten und potenzielle Veränderungsziele
zu reflektieren (Angleichung der Randbedingungen). Gleichzeitig wurden sie aber nicht gezielt
dazu angeleitet, die Häufigkeit des Einsatzes transformationaler Führungsverhaltensweisen zu
erhöhen (unterschiedliche Ziele). Damit wurden in den Interventionsgruppen jeweils andere
Ziele verfolgt als in der Gruppe C, die Randbedingungen (vertiefte Beschäftigung mit den Er-
gebnissen des Führungsfeedbacks; gezielte Förderung von Selbstreflexion; Formulierung kon-
kreter Ziele) wurden aber so weit wie möglich angeglichen.
Durch die Selbstselektion der Führungspersonen ist die eindeutige Interpretierbarkeit
von Gruppenunterschieden dennoch eingeschränkt. Darüber hinaus muss festgehalten werden,
3 Methode 192

dass die Führungspersonen der beiden Interventionsgruppen trotz des Bemühens um eine Place-
bo-Intervention in der Gruppe C wesentlich mehr Zuwendung durch die Workshopleiter/
Coaches erhielten als die Führungspersonen der Gruppe C.

Fazit zu Gruppe C: Vergleichsgruppe im Rahmen eines quasi-experimentellen Versuchs-


designs
Insgesamt liegt damit der methodische Stellenwert von Gruppe C darin, potenzielle Verände-
rungen in der gesamten Interventionsgruppe (Gruppen A und B als Gesamtgruppe) mit poten-
ziellen Veränderungen in der Gruppe C zu vergleichen und damit Aussagen darüber zu ermögli-
chen, ob das Interventionsprogramm als Ganzes im Sinne der Kriterien 1 und 2 wirksam ist.

c) Feldstudie: Ein Forschungsdesign für die Umsetzung in der Praxis


Durch die Selbstselektion der Führungspersonen ergaben sich drei Gruppen, die sich nicht nur
in der jeweiligen Interventionsbedingung, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den
individuellen Merkmalen ihrer Mitglieder unterschieden. Aufgrund der selbst gewählten Zuord-
nung zu den drei Interventionsbedingungen (vor Durchführung der ersten Messung zu t1) lassen
sich Unterschiede zwischen den Führungspersonen der drei Gruppen z.B. auf motivationaler
oder auf selbstreflexiver Ebene annehmen. Diese individuellen Merkmale können potenziell
Einfluss auf die Wirksamkeit der jeweiligen Interventionsmaßnahme nehmen und sind daher bei
der Interpretation der Effekte der Interventionsmodule zu berücksichtigen.

Problem: Variablenkonfundierung
In einem experimentellen Versuchsdesign bedeuten solche Konfundierungen der unabhängigen
Variablen mit Störvariablen, die durch Selbstselektion entstehen, eine Verletzung der internen
Validität und sind daher zu vermeiden (vgl. Campbell & Stanley, 1963). Die vorliegende Wirk-
samkeitsstudie versteht sich als Feldstudie (naturalistische Studie). Wie in Abschnitt 1.6.5.3
dargestellt, kann eine naturalistische Studie ohne Randomisierung ebenfalls intern valide sein:
Voraussetzung dafür ist, Alternativerklärungen bei der Interpretation zu berücksichtigen. Stör-
variablen können dafür entweder durch statistische Kontrolle eliminiert werden oder beschrie-
ben und registriert werden, um sie in die Argumentation bei der Interpretation der Ergebnisse
einzubeziehen.

Stärke: Ökologische Validität


Es wurde untersucht, welche Effekte im Rahmen der beiden Interventionsbedingungen A
(Gruppenworkshops) und B (Gruppenworkhops und Einzelcoachings) erzielt werden, wenn
diese unter den in der organisationalen Praxis üblichen Bedingungen durchgeführt werden (Be-
tonung der ökologischen Validität). Die freiwillige Teilnahme von Führungskräften an Interven-
tionsangeboten, insbesondere an Einzelcoachings, spiegelt die gängige Praxis. Die
individuumsorientierte Interventionsmaßnahme des Einzelcoachings beruht sogar per Definition
auf einer freiwilligen, selbst gewählten Teilnahme (siehe 1.5.1.1). Da die Führungspersonen in
der Studie die Möglichkeit hatten, sich selbst einer Interventionsbedingung zuzuordnen, ent-
sprechen die Studien- den Alltagsbedingungen. Damit ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf
die Belange der Alltagssituation möglich (vgl. Lutz & Grawe, 2007). Positiv ist auch, dass die
Gesamtstichprobe als repräsentativ für Führungspersonen der mittleren und unteren Hierarchie-
ebene einer Bank in Deutschland gelten, da alle Führungspersonen des kooperierenden Unter-
nehmens an der Untersuchung teilnahmen und keine Vorauswahl stattfand. Die Stichprobe liegt
demnach in ihrer natürlichen Zusammensetzung vor.
3.1 Überblick 193

Mögliche Unterschiede zwischen den Teilnehmern der drei Gruppen


Folgende Merkmale beziehungsweise Interaktionen zwischen diesen Merkmalen können zur
selbst gewählten, individuellen Zuordnung der Führungskräfte auf eine der drei Gruppen beige-
tragen haben:
 Unterschiede in der (Änderungs-) Motivation: Führungspersonen, die sich der Interventi-
onsgruppe B zuordneten, hatten jeweils konkrete Anliegen zur Klärung und /oder Modifika-
tion des eigenen Führungsverhaltens. Diese Führungspersonen waren dazu bereit, diese An-
liegen in einem Einzelcoaching zu bearbeiten und sich vertieft mit individuellen Themen
auseinanderzusetzen. Daher kann interpretiert werden, dass Personen der Interventions-
gruppe B eher dazu motiviert waren, eigenes Verhalten zu reflektieren und ggf. auch zu
verändern als Führungspersonen in den anderen beiden Gruppen.
 Unterschiede in der Erwartung an die Interventionsmaßnahme: Alle Führungspersonen
erhielten die gleichen Informationen über Ablauf und mögliche Inhalte der Interventions-
module. Je nach Vorerfahrung mit Trainings- und Coachingmaßnahmen und damit gegebe-
nenfalls in Zusammenhang stehenden Vorbehalten gegenüber Führungskräfteentwicklungs-
programmen, können die individuellen Erwartungen an die Durchführung der Intervention
und die jeweiligen Erfolgserwartungen zwischen den Führungspersonen dennoch differie-
ren. Diejenigen Führungskräfte, die im Sinne ihrer persönlichen Bedürfnisse positive Effek-
te der jeweiligen Maßnahme erwarten, werden sich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit
der Interventionsgruppe A oder B zuordnen als Führungskräfte, die negative oder keine Ef-
fekte erwarten.
 Unterschiede im Ausmaß der Selbstreflexion: Die Führungspersonen waren aufgefordert,
sich im Anschluss an den Auftaktworkshop für eine der beiden Interventionsbedingungen
zu entscheiden. Führungskräfte, die sich für die Teilnahme am Einzelcoaching entschieden,
hatten alle bereits vor der Teilnahme am multiperspektivischen Führungsfeedback ein kon-
kretes Anliegen, das sie im Coaching bearbeiten wollten. Es kann daher interpretiert wer-
den, dass diese Führungspersonen bereits vor Durchführung der Intervention in verstärktem
Maße über ihr Führungsverhalten reflektierten.
 Unterschiede in der Selbsteinschätzung: Die Selbstselektion fand vor der Rückmeldung der
Ergebnisse des Führungsfeedbacks statt. Damit beruhte die Entscheidung für eine der bei-
den Interventionsbedingungen (beziehungsweise gegen die Teilnahme an den Interventio-
nen) auf der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Selbsteinschätzung des Führungsverhaltens.
Es ist möglich, dass Führungspersonen, die sich der Bedingung B zuordneten, höheren Ver-
änderungs- oder Optimierungsbedarf beziehungsweise ausgeprägtere Defizite in ihrem Füh-
rungsverhalten wahrnahmen als Führungspersonen der Gruppe A. Außerdem kann interpre-
tiert werden, dass Führungspersonen, die sich gegen die Teilnahme an den Interventions-
modulen entschieden haben (Gruppe C), keinen Änderungsbedarf in ihrem Führungsverhal-
ten wahrnahmen.
 Weitere Merkmale: Zusätzlich zu den bereits genannten Charakteristika kommen weitere
Merkmale in Frage, die potenziell Einfluss auf die Entscheidung für eine der beiden Inter-
ventionsbedingungen beziehungsweise gegen die Teilnahme an den Interventionen genom-
men haben können. Dazu gehören z.B. die aktuell zur Verfügung stehende Zeit, an den
Interventionsmodulen teilzunehmen oder das Vorliegen anderer Verpflichtungen, die mit
einer Teilnahme konkurrieren. Darüber hinaus können auch Faktoren wie Reaktanz oder
Resignation eine Rolle spielen, wenn z.B. eine Unzufriedenheit mit organisationalen Struk-
turen und Bedingungen vorliegt, die entweder die Hoffnung auf Veränderung oder die Be-
3 Methode 194

reitschaft, sich selbst zu engagieren negativ beeinflusst. In den individuellen Feedbackge-


sprächen wurde deutlich, dass bei den Führungspersonen, die sich der Gruppe C zuordne-
ten, v.a. folgende zwei Faktoren eine Rolle spielten: Fehlende Zeit und die fehlende Bereit-
schaft, sich auf eine Interventionsmaßnahme einzulassen, die von den Personen der oberen
Führungsebene zwar empfohlen, aber von diesen Führungskräften selbst nicht wahrgenom-
men wurde (fehlendes Vorbild / Modell zur Teilnahme).
Die Ergebnisse zu den Fragestellungen II/1 und II/2 zur Wirksamkeit der beiden Interventions-
bedingungen A und B werden in Kapitel 5 jeweils in Hinblick auf die aufgeführten Merkmale
der Führungspersonen in den Gruppen interpretiert (siehe 5.1.1.1 und 5.1.1.2).

d) Zulässige Interpretationen vor dem Hintergrund der optimalen Passung von Inter-
vention und Personmerkmalen
Die beiden Gruppen von Führungskräften mit den Interventionsbedingungen A oder B (im Fol-
genden Interventionsgruppen A und B oder Gruppen A und B genannt) wurden in Hinblick auf
potenziell beobachtbare Veränderungen in den oben beschriebenen Wirksamkeitskriterien 1 und
2 untersucht, d.h. es wurden innerhalb der jeweiligen Gruppe die a priori aufgestellten Verände-
rungshypothesen überprüft. Auf dieser Basis werden im Ergebnisteil Aussagen über die Wirk-
samkeit der jeweiligen Interventionsbedingung getroffen. Darüber hinaus wurden die jeweiligen
potenziellen Veränderungen in den Interventionsgruppen A und B gegenübergestellt, um aus
den Ergebnissen Wirksamkeitsunterschiedshypothesen abzuleiten. Es ist allerdings im Rahmen
des vorliegenden Untersuchungsdesigns aufgrund der Selbstselektion der Führungspersonen
nicht zulässig, Gruppenunterschiede in Richtung und im Ausmaß der Veränderung ausschließ-
lich auf die jeweilige Interventionsbedingung zurückzuführen. Aus der Beschreibung und dem
Vergleich von Veränderungen auf Einzelfall- und Gruppenebene in Abhängigkeit von der Zu-
gehörigkeit zu einer der beiden Interventionsbedingungen lassen sich jedoch Hypothesen darü-
ber ableiten, welche der Interventionen unter der Bedingung der Selbstselektion mit einer höhe-
ren Wahrscheinlichkeit zu erwünschten Veränderungen beitragen. Zusätzlich können Hinweise
auf die inkrementelle Wirksamkeit der Einzelcoachings gegenüber Gruppencoachings abgeleitet
werden, die aus der Wirkung der Coachingmaßnahme auf Basis individueller Merkmale des
Coachingteilnehmers entsteht (Ableitung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen zu den
Interventionsbedingungen A und B). Die Wirksamkeit der jeweiligen Interventionsmodule kann
so im Gesamtkontext der organisationalen und individuellen Rahmenbedingungen exploriert
werden. Durch die Selbstselektion wird im besten Fall eine individuelle Passung von Interventi-
onsangebot und individuellen Charakteristika vorgenommen. Auf der Basis einer solchen Inter-
pretation können beobachtbare Effekte in den Selbst- und Fremdeinschätzungen der Führungs-
stile in den zwei Gruppen A und B auf die Wirkungen der Module Gruppenworkshops und Ein-
zelcoachings zurückgeführt werden, die sich dann entfalten, wenn eine Passung von Interventi-
on und Personenmerkmalen vorliegt. Damit werden Effekte beschrieben, die dann resultieren,
wenn persönliche Voraussetzungen dafür gegeben sind, sich auf die Intervention auch einzulas-
sen.

3.1.2.5 Überblick über das methodische Vorgehen bei der Wirksamkeitsuntersuchung


Tabelle 3.1.1 gibt einen Überblick über das methodische Vorgehen bei der Wirksamkeitsunter-
suchung der Interventionsmodule Gruppenworkshops und Einzelcoachings. Zu den Wirksam-
keitskriterien 1 bis 5 werden die jeweilige Forschungsstrategie, die eingesetzten Erhebungsver-
fahren und -zeitpunkte sowie die Auswertungsverfahren im Überblick dargestellt.
3.1 Überblick 195

Tabelle 3.1.1 Überblick über das methodische Vorgehen bei der Wirksamkeitsuntersuchung
Krite- Forschungsstrategie Daten- Zeitpunkt der Datenauswertung/
rium erhebung Datenerhebung -analyse
Indirekte Veränderungs- - Deskriptive Datenanalse
messung auf Ebene der - Statistischer Mittelwerts-
gesamten Interventions- vergleich zu den zwei
gruppe (Gruppen A und Messzeitpunkten
B) und Vergleichsgruppe - Bestimmung der Effekt-
C: Zweigruppen-Prätest- stärken für unabhängige
Posttest-Plan Stichproben
- Varianzanalytischer Grup-
Fragebogen:
Kriterium 1: Absolute Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes der

Prämessung vor penvergleich


Selbst- und
Indirekte Veränderungs- der Intervention - Deskriptive Datenanalse
Fremdein-
messung auf Ebene der (t1) und Post- - Statistischer gruppeninter-
schätzung zur
zwei Interventionsgrup- messung drei ner Mittelwertsvergleich zu
jeweils aktuel-
pen A und B: Prä- Post- Monate nach den zwei Messzeitpunkten
len Ausprä-
Vergleich innerhalb der Abschluss der - Bestimmung der Effekt-
gung der Füh-
Interventionsgruppen Intervention (t2) stärken für abhängige
rungsstile des
und Vergleich der Grup- Stichproben
MLQ
penunterschiede
Indirekte Veränderungs- - Deskriptive Datenanalyse
messung auf Einzelfall- - Bestimmung kritischer
Führungsstile

ebene: Prä-Post- Differenzen auf Basis des


Vergleich und Internale Standardmeßfehlers und
Referenzstrategie als Vergleich der jeweiligen
quasiexperimentelles empirischen mit der
Untersuchungsdesign kritischen Differenz
Direkte Veränderungs- - Deskriptive Datenanalyse
messung auf Ebene der - Varianzanalytische Über-
gesamten Interventions- prüfung von Gruppen-
gruppe (Gruppen A und unterschieden
B) und Vergleichsgruppe - Effektstärken für unab-
Fragebogen:
C: Zweigruppen-Prätest- hängige Stichproben
Selbst- und Retrospektive
Posttest-Plan
Fremdein- Erfassung der
Direkte Veränderungs- - Deskriptive Datenanalse
schätzung zu Veränderung
messung auf Ebene der zur Überprüfung der
den Verände- drei Monate
Interventionsgruppen A Hypothesen
rungen in den nach Abschluss
und B und auf Einzel- - Gruppenvergleiche zur
Führungsstilen der Intervention
fallebene Hypothesengenerierung:
des MLQ
Mittelwertsvergleich
zwischen den Gruppen und
Bestimmung der Effekt-
stärken für unabhängige
Stichproben
Vergleich der gesamten
stimmungsgrad von Selbst- und Fremdein-
Kriterium 2: Veränderungen im Überein-

Interventionsgruppe
(Gruppen A und B) mit
- Berechnung korrelativer
der Gruppe C: Zwei-
Zusammenhänge auf Grup-
gruppen-Prätest- Post- Fragebogen: Prämessung vor
penebene
test-Plan Selbst- und der Intervention
- Bestimmung von Niveau-
schätzungen

Beschreibung der Verän- Fremdein- (t1) und Post-


unterschieden zwischen den
derungen auf Ebene der schätzungen messung drei
Ratings-Scores der Selbst-
zwei Interventions- zur aktuellen Monate nach
und Fremdeinschätzungen
gruppen A und B und Ausprägung Abschluss der
Vergleich der Gruppen- der Führungs- Intervention (t2)
unterschiede stile des MLQ
Einzelfallanalyse: Prä- Bestimmung von Niveau-
Post-Vergleich auf unterschieden zwischen den
Individuumsebene Ratings-Scores der Selbst- und
Fremdeinschätzungen
3 Methode 196

Fortsetzung Tabelle 3.1.1


Kriterium Forschungs- Datenerhebung Zeitpunkt der Daten- Datenauswertung/
strategie erhebung -analyse
Beschreibende - Skalenfragen Prämessung vor der - Graphische Darstel-
Einzelfall- zur Zielerrei- Intervention (t1), lung des Verlaufs der
Kriterium 3: Ausmaß der

analysen: chung Postmessung zum Zielerreichung


Individuelle - Fortschrittskala Abschluss des Coa- - Deskriptive Daten-
Zielerreichung

Einschätzung zum Führungs- chings (t2), Postmes- analyse


der Zielerrei- verhalten sung zum Follow-up- - Zusammenfassende
chung - Offene Fragen Termin drei Monate Strukturierung der
zur Ziel- nach Abschluss des verbalen Daten
Fallübergreifen- erreichung Coachings (t3)
de Interpretation
der Ergebnisse
Fallüber- - Halbstruktu- Outcomevaluation Schritte der qualitativen
Subjektive Einschätzung
zu Zufriedenheit, Erfolg

greifende Dar- rierte Inter- nach Abschluss des Inhaltsanalyse:


Kriterien 4 und 5:

stellung und views mit den Coachings Bildung von Kategorien


Veränderungen

Interpretation Coaching- und Darstellung relativer


von teilnehmern Häufigkeiten der
&

Interviewdaten - Einschätzung Aussagen


zu Erfolg und
Zufriedenheit
in mündlichen
Skalenfragen
3.2 Stichprobe 197

3.2 Stichprobe

Zielgruppe des Führungskräfteentwicklungsprojekts waren alle 24 Führungskräfte der mittleren


und unteren Hierarchieebene des Unternehmens.

Teilnehmer am Führungsfeedback I
Alle 24 Führungskräfte der mittleren und unteren Hierarchieebene des Unternehmens wurden zu
t1 von insgesamt 221 Mitarbeitern eingeschätzt. 22 der 24 Führungskräfte gaben zu diesem
Zeitpunkt auch eine Selbsteinschätzung zu ihrem Führungsverhalten und der Ausprägung der
Selbstdarstellungsstile ab. Die 24 Führungskräfte waren zum Zeitpunkt der Befragung im
Durchschnitt 45,6 Jahre alt (30 bis 65 Jahre) und führten im Durchschnitt 11,9 Mitarbeiter (3 bis
35 Mitarbeiter).

Teilnehmer am Führungsfeedback II
Von den 24 Führungskräften, deren Führungsverhalten im Führungsfeedback I eingeschätzt
wurde, wurden 21 Führungskräfte auch im Führungsfeedback II von insgesamt 178 Mitarbeitern
beurteilt. Alle der 21 Führungskräfte gaben auch eine Selbsteinschätzung ab. Bei 20 der 21 Füh-
rungskräfte lag der Rücklauf der Mitarbeiterfragebogen über 50 %. Dies wurde als Mindest-
grenze festgelegt, um die Daten der Fremdeinschätzung interpretieren zu können. Der Drop-Out
von vier Führungskräften ergab sich daraus, dass eine Führungskraft in der Zwischenzeit in den
Ruhestand gegangen war, eine Führungskraft krankheitsbedingt ausfiel, eine die dritte Füh-
rungskraft sich gegen die erneute Teilnahme am Führungsfeedback entschieden hatte und bei
der vierten Führungskraft der Rücklauf der Mitarbeiterfragebogen unter 50 % lag.

Interventionsstichprobe
Sechs der 24 Führungspersonen nahmen zwar an den Führungsfeedbacks aber nicht an den
Interventionsmodulen teil (Gruppe C). Drei der 24 Führungspersonen nahmen weder an beiden
Führungsfeedbacks noch an den Interventionsmodulen teil. Eine Führungsperson nahm an den
Gruppenworkshops und an beiden Führungsgfeedbacks teil, allerdings konnten deren Daten
wegen einem zu geringen Rücklauf der Mitarbeiterfragebogen (s.o.) nicht berücksichtigt wer-
den. So ergab sich eine Interventionsstichprobe von 15 Führungspersonen, wobei jedoch nur die
Daten von 14 Führungspersonen in der Auswertung berücksichtigt werden konnten. Tabelle
3.2.1 gibt einen Überblick über die Verteilung der Führungspersonen der Interventionsstichpro-
be auf die einzelnen Einheiten der beiden Interventionsmodule.
Tabelle 3.2.1: Überblick – Verteilung der Führungspersonen der Interventionsstichprobe auf die Module
Modul Anzahl FK
Impulsworkshops 1 bis 4: Insgesamt regelmäßig teilnehmende Führungskräfte (Besuch 15
von mindestens zwei Impulsworkshop sowie Teilnahme am Abschlussworkshop)
Teilnahme Impulsworkshop 1 14
Teilnahme Impulsworkshop 2 12
Teilnahme Impulsworkshop 3 12
Teilnahme Impulsworkshop 4 9
Teilnahme am Führungsfeedback I & II und regelmäßige Teilnahme an den Workshops 9
Teilname am Führungsfeedback I & II und regelmäßige Teilnahme an den Workshops 6
sowie Teilnahme an den Einzelcoachings
Interventionsstichprobe Gesamt 15
3 Methode 198

Evaluationsstichprobe
20 Führungskräfte wurden sowohl im Führungsfeedback I als auch im Führungsfeedback II von
mehr als 50% ihrer Mitarbeiter eingeschätzt und gaben zudem zu beiden Messzeitpunkten eine
Selbsteinschätzung ab. Zu diesen 20 Führungskräften füllten insgesamt 174 Mitarbeiter zu bei-
den Zeitpunkten einen Fragebogen aus. Tabelle 3.2.2 gibt einen Überblick über die Verteilung
dieser 20 Führungspersonen auf die drei Gruppen (Interventionsbedingung A oder B sowie
Gruppe C).

Tabelle 3.2.2: Überblick über die Verteilung der Anzahl der Führungskräfte der Evaluationsstichprobe
auf die drei Gruppen
Gruppe Anzahl der Selbst- Anzahl der Anzahl der
eingeschätzten einschätzungen Mitarbeiter- Mitarbeiter
FK insgesamt einschätzungen insgesamt
insgesamt
Gruppe C 6 6 58 82
Interventionsgruppe A 8 8 48 70
Interventionsgruppe B 6 6 68 95
Gesamt 20 20 174 247
Anmerkung: FK = Führungskräfte

Tabelle 3.2.3 gibt einen Überblick über die Zuordnung der einzelnen Führungspersonen der
Evaluationsstichprobe auf die drei Gruppen.

Tabelle 3.2.3: Überblick über die Zuordnung der einzelnen Führungskräfte der Evaluationsstichprobe auf
die drei Gruppen
Gruppe Nummer Prozentsatz der MA, von denen eine Einschätzung
der FK zu t1 und t2 vorliegt (Rücklaufquote)
Gruppe C 7 75,86 %
(n=6) 9 59,26 %
11 71,43 %
12 71,43 %
14 80,00 %
20 83,33 %
Interventionsgruppe A 15 66,67 %
(n=8) 2 66,67 %
18 50,00 %
19 62,86 %
3 66,67 %
4 100 %
6 100 %
8 100 %
Interventionsgruppe B 1 75,00 %
(n=6) 10 81,82 %
13 52,94 %
16 75,00 %
17 85,71 %
5 88,89 %
Gesamt 20 70,45 %
Anmerkung: FK = Führungskräfte; MA = Mitarbeiter
3.2 Stichprobe 199

In Tabelle 3.2.4 findet sich ein Überblick über die Verteilung der Merkmale Geschlecht, Alter
und Führungsspanne in den drei Gruppen der Evaluationsstichprobe.

Tabelle 3.2.4: Verteilung der Merkmale Geschlecht, Alter und Führungsspanne in den drei Gruppen der
Evaluationsstichprobe
Gruppe Geschlecht Alter in Jahren Führungsspanne
Anzahl Anzahl M Min Max M Min Max
Frauen Männer
Gruppe C 1 5 47.00 34 56 13.67 MA 5 MA 29 MA
Interventionsgruppe A 2 6 45.75 30 56 8.75 MA 3 MA 35 MA
Interventionsgruppe B 1 5 38.33 30 51 15.83 MA 4 MA 34 MA
Gesamt 4 17 43.69 30 56 12.75 MA 3 MA 35 MA

In der Verteilung der Merkmale in den drei Gruppen werden wie erwartet Selektionseffekte
deutlich (siehe 3.1.2.4).
So sind die Führungskräfte, die sich für die Interventionsbedingung B entschieden ha-
ben, im Durchschnitt am jüngsten. Die Führungskräfte, die sich gegen die Teilnahme an den
Interventionsmodulen entschieden haben, sind im Durchschnitt am ältesten. Es kann einerseits
interpretiert werden, dass das Alter der Führungspersonen mit der Motivation zusammenhängt,
das eigene Führungsverhalten zu reflektieren und gegebenenfalls zu modifizieren. Andererseits
ist es auch möglich, dass sich die Selbsteinschätzung des Führungsverhaltens abhängig vom
Alter unterscheidet. Führungspersonen mit mehr Führungserfahrung sehen gegebenenfalls we-
niger Änderungsbedarf in ihrem Führungsverhalten und schätzen dieses positiver ein als jüngere
Führungspersonen mit weniger Führungserfahrung. Dieser These wird mit der Gegenüberstel-
lung der mittleren Selbsteinschätzungen in den Interventionsgruppen und der Gruppe C in Ab-
schnitt 4.3.1.1 nachgegangen.
Darüber hinaus unterscheiden sich die drei Gruppen auch in der mittleren Führungs-
spanne. Führungspersonen der Interventionsgruppe B führen im Durchschnitt fast doppelt so
viele Mitarbeiter wie Führungspersonen der Interventionsgruppe A. Führungkräfte der Gruppe
C weisen eine ähnlich hohe Führungsspanne auf wie Führungskräfte der Interventionsgruppe B.
Es kann demnach interpretiert werden, dass diejenigen Führungspersonen, die prinzipiell dazu
motiviert sind, an einer Intervention teilzunehmen, sich dann eher für ein Einzelcoaching ent-
scheiden, wenn sie eine hohe Anzahl an Mitarbeitern führen. Stellt man die Tatsache in Rech-
nung, dass eine höhere Führungsspanne wahrscheinlich auch mit einem erhöhten Aufwand für
Führungsaufgaben im Arbeitsalltag verbunden ist, so erscheint es nachvollziehbar, dass diese
Führungspersonen daher auch verstärkt Anliegen zur Bearbeitung ihres Führungsverhaltens
aufweisen.

Stichprobe zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Selbstdarstellungs- und Füh-


rungsstile
Um die Ergebnisse zu den Forschungsfragen I und II in Beziehung setzen zu können, wurden
auch zur Beantwortung der Forschungsfrage I nur die 174 Fremdbeschreibungen und die 20
Selbstbeschreibungen derjenigen Führungskräfte ausgewertet, zu denen Prä- und Postdaten vor-
lagen und die daher in die Evaluationsstichprobe eingingen. Die Selbstdarstellungsstile wurden
nur zu t1 in der Selbsteinschätzung erhoben. Auch hier wurden nur die Daten derjenigen Füh-
rungskräfte herangezogen, die Teil der Evaluationsstichprobe sind (N = 20).
3 Methode 200

3.3 Gegenstand der Evaluation: Interventionsprogramm zur Förderung


transformationaler Führung

Auf der Basis der in Abschnitt 1.1.6 dargestellten Ansätze zur Förderung transformationaler
Führung wurde ein eigenes, auf die Bedürfnisse des kooperierenden Unternehmens abgestimm-
tes Interventionsprogramm zur Förderung transformationaler Führung konzipiert. Zusätzlich zur
Vermittlung allgemeiner Prinzipien zur Umsetzung transformationaler Führungsstile und des
Führungsstils der leistungsorientierten Anerkennung (Contingent Reward) in Gruppenwork-
shops, wurde ein zentrales Augenmerk auf die individuelle Förderung transformationaler Füh-
rungsverhaltens in individuumsorientierten Einzelcoachings gelegt. Dies entspricht dem Plä-
doyer von Rathgeber und Jonas für eine individuumsorientierte Vorgehensweise bei der Förde-
rung transformationaler Führung, da diese
in den alltäglichen Führungskontext eingebettet ist und genau mit diesen Erfahrungen ar-
beitet: Sie spricht gegen ein starres Trainingsprogramm, das den Kreuzzug für einen be-
stimmten Führungsstil führt. Außerdem ist es von bedeutendem Vorteil, dass sich Füh-
rungskräfte ihrer ganz persönlichen ‚blinden Flecken„ bewusst werden und sich entspre-
chend individuelle Ziele stecken (Rathgeber & Jonas, 2003, S. 69).
Abschnitt 3.3.1 gibt einen Überblick über die Konzeption des Interventionsprogramms für die
organisationsspezifischen Anliegen und Voraussetzungen. Damit wird der zweiten offenen Fra-
ge aus Abschnitt 1.1 nach der Adaptation des transformationalen Führungsmodells für organisa-
tionsspezifische Belange nachgegangen. In den Abschnitten 3.3.2 und 3.3.3 werden die beiden
Interventionsmodule Gruppenworkshops und Einzelcoachings beschrieben.

3.3.1 Konzeption des Interventionsprogramms

In Abschnitt 3.3.1.1 wird die Ableitung des Führungsmodells in Abhängigkeit des Anliegens
des Unternehmens dargestellt. Abschnitt 3.3.1.2 gibt einen Überblick über den Aufbau des
Interventionsprogramms

3.3.1.1 Anliegen des Unternehmens, Ableitung eines Führungsmodells und Zielsetzungen

a) Anliegen des Unternehmens


Das Anliegen des Unternehmens bestand darin, die 24 Führungskräfte der mittleren und unteren
Hierarchieebene in Hinblick auf die strategischen Ziele des Unternehmens in ihrem Führungs-
verhalten zu fördern. Gemäß der Strategie des Unternehmens stand die Förderung von Eigen-
verantwortung der Mitarbeiter durch deren Führungskräfte im Fokus. So war der Auf- und
Ausbau von Coachingkompetenz bei den Führungskräften als Instrument zur Förderung der
Eigenverantwortung von Mitarbeitern in der Unternehmensstrategie als Handlungsfeld veran-
kert. Als zentrale Aspekte dieser Coachingkompetenz wurde – neben der Motivierung von Mit-
arbeitern auf der Basis individueller Bedürfnisse – die Fähigkeit der Führungspersonen hervor-
gehoben, mit den Mitarbeitern individuelle Ziele auszuhandeln und zu vereinbaren (vgl. Führen
mit Zielvereinbarung / Management by Objectives (MbO) als Methode der transaktionalen Füh-
rung; Steiger, 2008a). Bis dato waren aus Sicht der Unternehmensführung entsprechende Coa-
ching- und Zielvereinbarungskompetenzen bei den Führungskräften der mittleren und unteren
Führungsebene nur unzureichend vorhanden. Das Anliegen bestand somit darin, effektives Füh-
3.3 Interventionsprogramm 201

rungsverhalten im Allgemeinen und die Coachingkompetenz der Führungskräfte im Besonderen


zu fördern.
Dieses Anliegen wurde in konkrete Zielsetzungen für die Interventionsmaßnahme über-
führt. Dafür wurden die Komponenten eines effektiven Führungsverhaltens aus den Erkenntnis-
sen der wissenschaftlich-empirischen Führungsforschung abgeleitet und mit den Führungsleitli-
nien des Unternehmens und den in der Strategie verankerten Zielen abgeglichen. Ergebnis war
ein Führungsmodell, das inhaltlich dem Full Range of Leadership entspricht, das sich aber in
den Begrifflichkeiten und der Darstellungsform an den Führungsprinzipien des Unternehmens
orientiert.

b) Metapher zur Veranschaulichung des Führungsmodells: Führungsbaum


Zur graphischen Veranschaulichung des Führungsmodells wurde die Metapher eines Führungs-
baums gewählt (siehe Abbildung 3.2). Diese Metapher macht es möglich, bei der Vermittlung
des Führungsmodells den Führungsstil der leistungsorientierten Anerkennung (Contingent
Reward/ CR) als spezifische Form des Führens über Zielvereinbarungen in den Mittelpunkt zu
stellen (Baumstamm), gleichzeitig aber den transformationalen Führungsprinzipien als Veräste-
lungen der Baumkrone einen besonderen Stellenwert einzuräumen.

Einfluss durch
Vorbildlichkeit &
Glaubwürdigkeit

Motivation durch Anregung von


begeisternde Eigenverant-
Visionen wortung
Individuelle
Berücksichtigung
& Förderung

Leistungs-
orientierte
Anerkennung

Aktive Eingreifen im
Kontrolle Ausnahmefall

Laissez-Faire
Abbildung 3.2.1: Veranschaulichung des Full Range of Leadership als Führungsbaum

Die Wurzeln des Baums stehen für die eher passiven Führungsstile Eingreifen im Ausnahmefall
(Management by Exception passive/MBP) und Führen durch aktive Kontrolle (Management by
Exception active/MBA). Der Stamm des Baums symbolisiert den Führungsstil der leistungsori-
entierten Anerkennung (Contingent Reward/CR), der die Basis für das Führungsverständnis des
Unternehmens bildet. Dieser Führungsstil entspricht weitgehend dem bis dato im Unternehmen
vermittelten Prinzip Führen durch Zielvereinbarung (Management by Objectives; Steiger,
2008a). Bei der Vermittlung des Führungsmodells im Auftaktworkshop wurde von dem Vor-
wissen und den Erfahrungen der Führungspersonen zu diesem Führungsprinzip ausgegangen.
3 Methode 202

Die Baumkrone umfasst die vier Bereiche transformationaler Führung, die als mögliche Ver-
ästelungen die Facetten eines besonders effektiven Führungsverhaltens veranschaulichen.
Die Weiterentwicklung des Führungsverhaltens hin zum Einsatz transformationaler
Führungsprinzipien entspricht also in der Führungsbaum-Metapher einem gemeinsamen
(„Über-sich-hinaus“-) Wachsen von Führungskraft und Mitarbeitern, das durch die nachgewie-
senen Effekte transformationaler Führung (siehe 1.1.5) deutlich wird. Die in den Wurzeln ver-
ankerten Verhaltensweisen einer eher passiven (MBP) oder kontrollierenden (MBA) Führung
stellen Minimalvoraussetzung effektiver Führung dar. Leistungsorientierte Anerkennung (CR)
als transaktionaler Führungsstil gilt als notwendige Basis für die transformationalen Führungs-
verhaltensweisen (vgl. Augmentationseffekt; siehe 1.1.2.1). Die individuelle Berücksichtigung
und Förderung von Mitarbeitern (Individualized Consideration/IC) hängt unmittelbar mit der
leistungsorientierten Anerkennung zusammen, die in Abhängigkeit individueller Bedürfnisse
erfolgen sollte. Laissez Faire als Verweigerung von Führung ist nicht Teil des Führungsbaumes.
Der Führungsbaum wurde allen teilnehmenden Führungspersonen im Auftaktworkshop
als übergeordnetes Modell vorgestellt und sowohl den Rückmeldegesprächen zu den Ergebnis-
sen des Führungsfeedbacks als auch den Gruppenworkshops als inhaltlicher Leitfaden zu Grun-
de gelegt.

c) Zielsetzungen des Interventionsprogramms


Die übergeordnete Zielsetzung des Interventionsprogramms bestand somit darin,
transformationale Führungsstile und den Stil der leistungsorientierten Anerkennung (= Con-
tingent Reward) zu erhöhen und Laissez-Faire Verhaltensweisen zu reduzieren. Von den
transformationalen Führungsprinzipien wurden die Stile Individualized Consideration (IC) und
Intellectual Stimulation (IS) in den Fokus gestellt, da sie dem Anliegen des Unternehmens ent-
sprechen, die Coachingkompetenz der Führungskräfte und die Eigenständigkeit der Mitarbeiter
zu fördern. Als Basis wurde dem Führungsstil Contingent Reward ein besonderer Stellenwert
beigemessen, um auf den bisher etablierten Führungsprinzipien im Unternehmen aufzubauen
und transaktionale Verhaltensweisen als Grundlage für die Wirkung transformationaler Prinzi-
pien zu optimieren.

3.3.1.2 Aufbau des Interventionsprogramms im Überblick


Die Konzeption des Interventionsprogramms basiert auf einem 3-gleisigen Vorgehen (vgl.
Rowold & Rowold, 2005; siehe 1.1.6.3), das Gruppenworkshops, Einzelcoachings und die
Durchführung eines multiperspektivischen Führungsfeedbacks zu zwei Zeitpunkten verbindet
(siehe Abbildung 3.1). Somit wurde die Forderung von Day & Harrison (2007) erfüllt, bei der
Förderung von Führungskompetenzen individuelle Interventionen mit gruppenbasierten Ansät-
zen zu kombinieren.
Nach einem Auftaktworkshop wurden im multiperspektivischen Führungsfeedback die
Selbsteinschätzung der jeweiligen Führungskraft zu ihrem Führungsverhalten und die Fremd-
einschätzungen durch deren Mitarbeiter im Fragebogen erfasst und die Ergebnisse einander
gegenübergestellt. Als Erhebungsinstrumente dienten der Multifactor Leadership Questionnaire
(MLQ nach Bass & Avolio, 1995) in der deutschen Übersetzung nach Felfe und Goihl (2002,
2003) beziehungsweise Felfe (2006b) sowie offene Fragen zu Stärken, Entwicklungsbereichen
und Veränderungen im Führungsverhalten. In individuellen Rückmeldegesprächen mit jeder
Führungskraft wurden die Ergebnisse interpretiert, Selbst- und Mitarbeitereinschätzung vergli-
chen und das Führungsprofil auf Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten hin analysiert. An-
schließend konnten die Führungskräfte der Gruppe C in einer schriftlich angeleiteten Selbstre-
3.3 Interventionsprogramm 203

flexion Entwicklungsbereiche und Stärken im eigenen Führungsverhalten identifizieren und


priorisieren sowie konkrete Ziele und Schritte zur Zielerreichung ableiten und in einem Akti-
onsplan festhalten.
Im Anschluss erfolgte für die Führungspersonen der Gruppen A und B über einen Zeit-
raum von vier Monaten die Interventionsphase in Form von Gruppenworkshops und/oder Ein-
zelcoachings. Drei Monate nach Abschluss der Interventionsphase erfolgte ein zweites Füh-
rungsfeedback, um Veränderungen im Führungsverhalten aus Sicht der Führungskräfte und aus
Sicht der Mitarbeiter zu erfassen. In individuellen Rückmeldegesprächen mit jeder Führungs-
kraft wurden die Ergebnisse mit den gesetzten Zielen abgeglichen und weitere Schritte zur Ziel-
erreichung abgeleitet.

3.3.2 Gruppenworkshops

Die Gruppenworkshops fanden im 14-tägigen Abstand für jeweils 2 ½ Stunden außerhalb der
regulären Arbeitszeiten statt. In den Workshops wurden theoretische Informationen und konkre-
te praktische Strategien vermittelt, kollegialer Austausch zu Führungsthemen ermöglicht und
zur systematischen Reflexion und Modifikation des eigenen Verhaltens angeregt.

3.3.2.1 Ziele
Übergeordnetes Ziel der Workshops bestand darin, bei den teilnehmenden Führungkräften die
Häufigkeit des Einsatzes transformationaler Führungsverhaltenweisen mit besonderer Betonung
der vierten Komponente Individuelle Unterstützung und Förderung (IC) sowie die Häufigkeit
von Verhaltensweisen transaktionaler Führung in Form der leistungsorientierten Anerkennung
(CR) zu steigern. Den Führungskräften sollte die Bedeutung einer aktiven Führung von Mitar-
beitern verdeutlicht sowie die Grundeinstellung vermittelt werden, sich Zeit für die Führung von
Mitarbeitern zu nehmen (= Verringerung von Laissez Faire). Darüber hinaus wurde die Bedeu-
tung klarer Ziele innerhalb des eigenen Teams und die Klärung der gegenseitigen Erwartungen
zwischen Mitarbeitern und Führungskraft (= leistungsorientierte Anerkennung) hervorgehoben.
Um insbesondere die individuelle Unterstützung und Förderung der Mitarbeiter (IC) durch die
Führungskräfte zu intensivieren, wurden Theorien zur individuellen Motivierung vermittelt,
Haltung und Vorgehensweisen des aktiven Zuhörens erarbeitet und allgemeine Prinzipien zur
Führungskraft als Coach thematisiert.
Die konkreten Ziele der einzelnen Gruppenworkshops wurden im Auftaktworkshop
gemeinsam mit den teilnehmenden Führungskräften festgelegt:
 Einheitliches Führungsverständnis der Führungskräfte herstellen, aber individuelle Ausge-
staltung respektieren
 Selbstreflexion zum Führungsverhaltens und zu persönlichen Einstellungen zu Führung
 Konkrete Tipps und Handlungsmöglichkeiten für effektives Führungsverhalten erarbeiten
 Kollegialer Austausch zu Handlungsmöglichkeiten in bestimmten Führungssituationen

3.3.2.2 Beschreibung
In jedem Workshop wurde den Teilnehmern ein Handout ausgehändigt, das die zentralen Inhal-
te, weiterführende Informationen und Leitfäden zur Selbstreflexion zu den jeweiligen Themen
enthielt.
3 Methode 204

a) Auftaktworkshop
Im Auftaktworkshop wurde zunächst das Gesamtprojekt zur Führungskräfteentwicklung in den
Kontext der Leitsätze der Unternehmensstrategie eingeordnet. In einem nächsten Schritt wurden
das Führungsmodell vorgestellt und die Führungsstile erläutert. Weiterhin wurden die Teilneh-
mer gebeten, ihr Führungsverständnis anhand vorgegebener Leitfragen zu reflektieren und sich
im Anschluss dazu untereinander auszutauschen. Nach der Einordnung der Projektziele (Förde-
rung effektiver Führung durch den Ausbau leistungsorientierter Anerkennung und
transformationaler Führungsverhaltensweisen) in die Gesamtstrategie des Unternehmens wur-
den die drei Module des Führungskräfteentwicklungsprogramms dargestellt. Dazu wurde zu-
nächst ein Ausblick auf die Termine und Inhalte der Workshops gegeben und im Anschluss das
Einzelcoaching als Angebot zur individuellen Weiterentwicklung des Führungsverhaltens vor-
gestellt. Zum Abschluss des Auftaktworkshops wurden Ziele, Inhalte und Ablauf des multi-
perspektivischen Führungsfeedbacks aufgezeigt, wobei insbesondere auf die Strategien zur Ge-
währleistung der Anonymität der erhobenen Daten hingewiesen wurde.

b) Impulsworkshops
Die vier Impulsworkshops richteten sich inhaltlich an den vier Komponenten transformationaler
Führung und am Führungsstil der leistungsorientierten Anerkennung aus. Folgende Inhalte wur-
den schwerpunktmäßig behandelt:

Impulsworkshop 1: Führung als „Zerreißprobe“ („Erstes I“)


In der Hinleitung zum Thema wurde betont, dass sich die Teilnehmer im ersten Workshop mit
sich selbst, mit ihrer Rolle und ihrer Position beschäftigen werden. Inhaltlich bezog sich der
Workshop auf die transformationale Komponente Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaub-
würdigkeit („erstes I“). Dafür wurde im Rahmen des Workshops skizziert, in welchen Span-
nungsfeldern aus verschiedenen Erwartungen, Zielen und Rollenanforderungen sich eine Füh-
rungsperson bewegt und wie der jeweilige spezifische Führungskontext zu erfassen und zu be-
schreiben ist. Es wurde erarbeitet, welche Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Führungsper-
son zur Verfügung stehen, eine Führungsidentität zu etablieren, die sowohl den äußeren Rah-
menbedingungen als auch der individuellen Persönlichkeit gerecht wird (vgl. Riedelbauch &
Laux, 2011).
Zentrale Inhalte:
 Führungskräfte in verschiedenen Spannungsfeldern: Vielfalt an Rollen/Aufgaben/
Erwartungen und Umgang damit
 Persönlichkeit und Werte
 Außendarstellung als Führungskraft
 Wie lässt sich die Innenperspektive mit der Außenperspektive in Einklang bringen?

Impuls-Workshop 2: Die Führungskraft als Coach – Individualität der Mitarbeiter erkennen


(„Viertes I“)
Inhaltlich bezogen sich sowohl der zweite als auch der dritte Workshop auf die
transformationale Komponente Individuelle Berücksichtigung und Förderung („viertes I“). Da-
bei wurden in Workshop 2 die Grundlagen für die individuelle Berücksichtigung von Mitarbei-
tern in Form von diagnostischen Strategien im Führungsalltag gelegt und psychologisches Hin-
tergrundwissen zu Motivation und Motivierung vermittelt.
3.3 Interventionsprogramm 205

Zentrale Inhalte:
 Motive, Motivation, Bedürfnisse, Leistungsmotivation: Was steckt dahinter?
 Individuelle und unternehmensweite Annahmen und Einstellungen zu Motiven und Motiva-
tion der Mitarbeiter
 Wie finde ich heraus, was meine Mitarbeiter wirklich motiviert?
 Grundhaltung eines Coaches
 Techniken: Perspektivenwechsel, Aktives Zuhören, ressourcenorientierte Fragetechniken

Impuls-Workshop 3: Die Führungskraft als Coach – Mitarbeiter individuell fördern


(„Viertes I“)
In Workshop 2 wurden die Grundlagen für die individuelle Berücksichtigung von Mitarbeitern
gelegt, indem erarbeitet wurde, wie die Führungskraft die individuellen Bedürfnisse und Eigen-
heiten des Mitarbeiters erkennen kann. Im dritten Workshop ging es darum, wie die Führungs-
kraft auf die individuellen Motive und Bedürfnissen eingehen kann. Dazu wurden Erkenntnisse
aus den earbeiteten Motivationstheorien auf die konkrete Anwendung im Führungsalltag über-
tragen.
Zentrale Inhalte:
 Welche Möglichkeiten habe ich, auf die Bedürfnisse meiner Mitarbeiter individuell einzu-
gehen?
 Voraussetzungen und Vorgehensweisen zur individuellen Berücksichtigung von Mitarbei-
tern und zur Förderung von Eigenverantwortung auf organisationaler Ebene (Rahmenbe-
dingungen) sowie konkrete Handlungsmöglichkeiten auf der Ebene des eigenen Teams/der
eigenen Abteilung
 Konkrete Führungssituationen: Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarung, Rückmeldung,
Kritik, Lob und Anerkennung, Delegieren

Impuls-Workshop 4: Die Strategie zum Leben erwecken und Eigenverantwortung anregen


(„Drittes und Viertes I“)
Workshop 4 konzentierte sich auf die transformationalen Komponenten Motivation durch be-
geisternde Visionen („zweites „I“) und Anregung von Eigenverantwortung und unabhängigem
Denken („drittes „I“).
Zentrale Inhalte:
 Klärung: Was begeistert/motiviert mich selbst an der Strategie? Was sind für mich die
Kernpunkte?
 Was genau will ich an meine Mitarbeiter weitervermitteln?
 Welches Bild habe ich von meinen Mitarbeitern?
 Wie reagiere ich, wenn Mitarbeiter eigenverantwortlich denken und handeln?
 Techniken: Rhetorik, Bildsprache, lösungsorientierte Grundhaltung; Umgang mit Ideen der
Mitarbeiter; Hinterfragen eingefahrener Denkmuster; bewusst hohe Erwartungen formulie-
ren (Pygmalion Leadership Style; vgl. Eden, 1991)

c) Abschluss-Workshop: Integration, Bewertung und Transfer


Im Abschlussworkshop wurden zentrale Punkte zusammengefasst und offene Fragen geklärt.
Anschließend hatte jede Führungsperson die Möglichkeit, eigene Ziele in einem Aktionsplan
festzuhalten. Darüber hinaus wurde ein gemeinsamer Aktionsplan bezüglich derjenigen Aspekte
erstellt, die die Zusammenarbeit zwischen den Führungskräften oder angestrebte strukturelle
Veränderungen im Unternehmen betrafen. Abschließend wurden die Workshops aus Sicht der
3 Methode 206

Teilnehmer bewertet (Evaluation auf Reaktionsebene; vgl. Kirkpatrick, 1976) und ein Ausblick
auf das zweite Führungsfeedback gegeben.

3.3.3 Einzelcoachings

Im Modell des Full Range of Leadership bleibt die Art und Weise der Umsetzung verschiedener
Führungsmuster explizit jeder Führungskraft selbst überlassen. Es wird kein „one best way“ der
Führung anvisiert, sondern es wird die individuelle Ausgestaltung der Führungsmuster betont.
Idee war es deshalb, die Führungskräfte individuell bei der Umsetzung ihrer Entwicklungsziele
und v.a. bei der Klärung und persönlichen Ausgestaltung angestrebten Führungsverhaltens zu
unterstützen. Interessierte Führungskräfte hatten daher die Möglichkeit, persönliche Anliegen zu
Führungsthemen im Rahmen eines Einzelcoachings mit einem externen oder einem internen
Coach zu bearbeiten. Sechs Führungskräfte entschieden sich für eine vertiefte Bearbeitung ihrer
Entwicklungsziele im Coaching.

3.3.3.1 Ablauf
Die Einzelcoachings umfassten für jede Führungskraft sechs 90- bis 120-minütige Sitzungen
und eine Follow-up-Sitzung drei Monate nach Abschluss des Coachings. In Tabelle 3.3.1 kann
der Ablauf des Einzelcoachings nachvollzogen werden.

Tabelle 3.3.1: Überblick zum Ablauf der Einzelcoachings


Phasen Sitzungen/Themen Inhalte
Einführung ins  Informationen zum Coachingprozess
Orientierungs- und

Coaching  Erste Klärung von Anliegen


Klärungsphase

(in der Gruppe)  Erste Klärung von Zielen


 Coachingvereinbarung und Terminvereinbarung
Sitzung 1:  Problemanalyse und Ressourcenanalyse
Zielklärung und  Zielklärung und Zielformulierung
Aktionsplan  Festlegen eines Aktionsplans
Sitzung 2 bis Bearbeitung von Veränderungszielen:
rungsphase

Sitzung 5
Verände-

 Variabler, bedarfsorientierter Einsatz von


Interventionsphase Coachingmethoden
 Erarbeitung von Umsetzungsschritten im Berufsalltag

Sitzung 6: Abschluss  Reflexion der Veränderungen in Bezug auf die


des Coachings Coachingziele
 Festhalten der nächsten Schritte für die Umsetzung der
Coachinginhalte im Berufsalltag
Abschlussphase

 Einsatz von Methoden zur Transfersicherung


Evaluationstermin:  Halbstrukturiertes Interview zur subjektiven Einschätzung
Output-Evaluation des Coachings
Follow-up-Termin  Zweites Führungsfeedback: Rückmeldung der Ergebnisse
(nach 3 Monaten) unter besonderer Berücksichtigung von Veränderungen
 Gemeinsame Reflexion von Veränderungen in Bezug auf
die persönlichen Ziele (Wo stehe ich jetzt, wo will ich noch
hin?)
3.3 Interventionsprogramm 207

3.3.3.2 Inhalte und Methoden


Die individuellen Ziele wurden aus den Ergebnissen des Führungsfeedbacks und den persönli-
chen Anliegen der Führungskraft abgeleitet und zu Beginn der Sitzungen gemeinsam festgelegt.
In den Coachings stand zum einen die vertiefte und systematische Klärung der vereinbarten
Führungsthemen, zum anderen die Modifikation konkreten Verhaltens im Mittelpunkt. So wur-
den die Führungskräfte zur vertieften Selbstreflexion angeleitet und darin unterstützt, sich selbst
in unterschiedlicher Weise in der Führungsrolle auszuprobieren sowie erwünschte Verhaltens-
weisen im geschützten Rahmen des Coachings einzuüben und anschließend im Führungsalltag
umzusetzen.
Es wurden in erster Linie Methoden angewendet, die regelmäßig im Persönlichkeitscoa-
ching (Riedelbauch & Laux, 2011; siehe 1.5.4) zum Einsatz kommen. In der jeweiligen Kurzbe-
schreibung der individuellen Coachingprozesse in Abschnitt 4.6 werden im Einzelfall verwen-
deten Methoden aufgelistet und auf die jeweilige Literatur verwiesen.

3.3.3.3 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess


Begleitend zum gesamten Coachingprozess kamen in allen sechs Fällen einheitliche Dokumen-
tationsbogen zum Einsatz. Diese sollten zum einen eine jeweils ähnliche Struktur der sechs
Coachingprozesse gewährleisten, damit diese vergleichbar blieben und damit einzelfallübergrei-
fende Interpretationen möglich waren. Zum anderen unterstützten die Dokumentationsbogen die
Vereinbarung und Überprüfung konkreter Ziele und Fortschritte im Sinne einer Ziel- und Pro-
zessevaluation (vgl. König & Volmer, 2003; siehe 1.6.3.2). Drittens bildeten die mit den Doku-
mentationsbogen erfassten Daten, neben den Ergebnissen der Outputinterviews zum Abschluss
der Coachings, die Basis für die Beantwortung der Fragestellungen II/3 und II/4.
Die Dokumentationsbogen finden sich in Anhang 1.6 bis 1.14, im Folgenden wird eine
Übersicht über die eingesetzten Bögen gegeben:
 Dokumentationsbogen 1: Allgemeine Skalenfragen zum Beginn des Coachings (Fortschritt-
skala zum Führungsverhalten, Energie- und Zuversichtsskala)
 Dokumentationsbogen 2: Dokumentation der Coachingziele und Skalenfragen zur Zielerrei-
chung zu Beginn des Coachings (Aktueller Stand der Zielerreichung; weitere Schritte; Hin-
dernisse; erwartete Effekte der Zielerreichung)
 Dokumentationsbogen 3: Coachingplan zur Arbeit an den Coachingzielen – „Aktionsplan“;
einzusetzen am Ende der ersten Sitzung sowie begleitend zum Gesamtprozess (Planung der
Coachingsitzungen und der Nutzung der Zwischenzeiten)
 Dokumentationsbogen 4: Klientenprotokoll zu den Coachingsitzungen und den Schritten
zur Zielerreichung; einzusetzen im Anschluss an die jeweilige Sitzung (Skalenfragen zum
aktuellen Stand der Zielerreichung; Ergebnisse der Sitzung; Wirk- und Hemmfaktoren der
einzelnen Sitzung; weitere Schritte)
 Dokumentationsbogen 5: Sitzungsbegleitende Skalenfragen zur Zielerreichung; einzusetzen
zu Beginn der jeweiligen Sitzung (Einschätzung der zwischenzeitlich erreichten Fortschrit-
te, Festlegung des zu bearbeitenden Ziels in der Sitzung)
 Dokumentationsbogen 6: Allgemeine Skalenfragen zum Abschluss des Coachings; vgl.
Dokumentationsbogen 1 (Fortschrittskala zum Führungsverhalten, Energie- und
Zuversichtsskala)
3 Methode 208

 Dokumentationsbogen 7: Skalenfragen zur Zielerreichung in der Abschlussitzung; vgl. Do-


kumentationsbogen 2 (Aktueller Stand der Zielerreichung; Kriterien der aktuellen Zielerrei-
chung; Unterschiede zu Sitzung 1; weitere Schritte)
 Dokumentationsbogen 8: Allgemeine Skalenfragen in der Follow-up-Sitzung ; vgl. Doku-
mentationsbogen 1 und 6 (Fortschrittskala zum Führungsverhalten, Energie- und
Zuversichtsskala)
 Dokumentationsbogen 9: Skalenfragen zur Zielerreichung in der Follow-up-Sitzung, vgl.
Dokumentationsbogen 2 und 7 (Aktueller Stand der Zielerreichung; Kriterien der aktuellen
Zielerreichung; Unterschiede zu Sitzung 1)
3.4 Datenerhebung 209

3.4 Datenerhebung

Die Datenerhebung erfolgte in erster Linie anhand von Fragebogen, die in zwei Versionen als
Selbst- und Fremdbeschreibungsbogen vor und nach der Intervention an die Führungskräfte und
deren Mitarbeiter ausgehändigt wurden. Die Fragebogen enthielten sowohl die Skalen des
Multifactor Leadership Questionnaires (MLQ; siehe 3.4.1) als auch offene Fragen zum Füh-
rungsverhalten, deren Ergebnisse jedoch nur für die individuellen Rückmeldegespräche und
nicht für die vorliegende Untersuchung herangezogen wurden. Darüber hinaus waren im Selbst-
beschreibungsfragebogen zum ersten Messzeitpunkt Skalen zur Erfassung von Selbstdarstel-
lungsstilen enthalten (siehe 3.4.2). Die jeweiligen Instruktionen zu den Selbst- und Fremdbe-
schreibungsbogen der beiden Messzeitpunkte sind in Anhang 2.1 bis 2.4 nachzulesen. Zusam-
men mit den Fragebogen wurden zu beiden Messzeitpunkten Informationsblätter ausgegeben,
die alle relevanten Informationen zum Führungsfeedback enthielten (siehe Anhang 2.5 und 2.6).
Die Fragebogen wurden von den Führungspersonen selbst an deren Mitarbeiter verteilt. Die
Ausgabe der Fragebogen an die Führungskräfte erfolgte von der Verfasserin und einem Mitar-
beiter der Personalabteilung. Die Fragebogen wurden in verschlossenen Umschlägen in der
Personalabteilung des Unternehmens gesammelt und zur Auswertung an die Universität Bam-
berg weitergeleitet. Auf jedem Fragebogen war mit einem Codenamen zu vermerken, welche
Führungsperson eingeschätzt wurde. Darüber hinaus waren die Mitarbeiter aufgefordert, sich
selbst nach einem vorgegebenen System einen Codenamen zuzordnen und diesen unbedingt auf
dem Fragebogen zu vermerken.
In der Interventionsgruppe B wurden zusätzlich zu den Fragebogen zu drei Messzeit-
punkten Skalenfragen und offene Fragen zum Führungsverhalten und zur Zielerreichung (siehe
3.4.3) eingesetzt sowie nach Abschluss des Coachings ein halbstrukturiertes Interview (siehe
3.4.4) geführt.

3.4.1 Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ)

Zur Datengewinnung für die Beantwortung der Fragestellungen zu den Forschungsfragen I und
III sowie der Fragestellungen II/1 bis II/3 wurde der MLQ eingesetzt. Im Theorieteil wurde in
Abschnitt 1.1.4 der theoretische Hintergrund sowie die Entwicklung und die Faktorenstruktur
des Fragebogens erläutert. Im vorliegenden Abschnitt 3.4.1 wird ausschließlich die in der empi-
rischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit eingesetzte Version des MLQ im Überblick dar-
gestellt. In Abschnitt 3.4.1.1 wird die deutsche Version des MLQ Form5xShort beschrieben,
wie sie im ersten und zweiten Führungsfeedback zur Anwendung kam. Abschnitt 3.4.1.2 erläu-
tert die Anpassung des Antwortformats des MLQ für die direkte Veränderungseinschätzung zur
Häufigkeit der Führungsstile zum zweiten Messzeitpunkt.

3.4.1.1 Einsatz des MLQ zur Prä-Post-Testung


Im Rahmen der Prä-Post-Erfassung der Häufigkeit der eingesetzten Führungsstile wurde der
MLQ Form5xShort nach Bass & Avolio (1995) in der deutschen Adaptation des Fragebogens
nach Felfe und Goihl (2002, 2003) beziehungsweise Felfe (2006b) eingesetzt. Zusätzlich zu den
fünf transformationalen Skalen der englischen Originalversion wurden die Selbst- und Fremd-
einschätzungen zu der von Felfe und Goihl (2002) konstruierten Skala Ausstrahlung erfasst.
3 Methode 210

Der Fragebogen enthält 13 Skalen, davon 10 Führungsstilskalen und drei Erfolgsvariablen von
Führung (siehe Tabelle 3.4.1). Zusätzlich zur Fremdeinschätzungsversion wurde eine entspre-
chende Version zur Selbsteinschätzung eingesetzt. Das Antwortformat in der deutschen Version
umfasst fünf Abstufungen (Ratingskala von 1 bis 5) der Häufigkeit, in der die Verhaltensweisen
gezeigt werden, beziehungsweise die Wirkungen auftreten (nie, selten, hin und wieder, oft, re-
gelmäßig / fast immer). Jede der Führungsstilskalen umfasst jeweils vier Items, die Skalen zu
den internen Erfolgskriterien von Führung enthalten zwei (Zufriedenheit mit Führung), drei
(zusätzliche Anstrengungsbereitschaft) beziehungsweise vier (Effizienz der Führungsperson)
Items. In Anhang 2.1 und 2.2 können die Instruktionen zur Bearbeitung des Selbsteinschät-
zungs- und Fremdeinschätzungsfragebogens zum Führungsfeedback I nachvollzogen werden.

Tabelle 3.4.1: Übersicht über Zuordnung, Bezeichnungen und Itemanzahl der MLQ-Skalen (vgl. Bass &
Avolio, 1995; Felfe; 2006b)
Items Kür- Bass und Avolio Felfe Begriffsverwendung
zel (1995) (2006b)
4 IIa Erstes I Einfluss durch Vor-
Idealized Influence bildlichkeit und
attributed Glaubwürdigkeit
Einfluss durch Vorbild-
(Wirkung auf MA)
lichkeit und
4 IIb Erstes I Einfluss durch Vor-
Glaubwürdigkeit
Idealized Influence bildlichkeit und
Transformationale Führung

behavior Glaubwürdigkeit
(Verhalten)
4 IM Zweites I Motivation durch Motivation durch
Inspirational begeisternde Visionen begeisternde Visionen
Motivation
4 IS Drittes I Anregung und Förde- Anregung von Eigen-
Intellectual rung von kreativem und verantwortung und
Stimulation unabhängigem Denken unabhängigem Denken
4 IC Viertes I Individuelle Unterstüt- Individuelle Berück-
Individual zung und Förderung sichtigung und
Consideration Förderung
4 AUS Charisma, Ausstrahlung Ausstrahlung
und emotionale Bindung
4 CR Contingent Reward Leistungsorientierte Leistungsorientierte
Transak-

Führung

Belohnung Anerkennung
tionale

4 MBA Management by Führung durch aktive Führung durch aktive


Exception active Kontrolle Kontrolle
4 MBP Management by Führung durch Eingrei- Führung durch Ein-
Exception passive fen im Ausnahmefall greifen im
Führung
“Nicht”-
Passive/

Ausnahmefall
4 LF Laissez Faire Vermeidung von Laissez Faire
Führung
3 EEF Extra effort Zusätzliche Anstren-
Erfolgskriterien

gungsbereitschaft
Interne

4 EFF Leader Effektivität der


effectiveness Führung
2 SAT Satisfaction with Zufriedenheit der
leadership Mitarbeiter
3.4 Datenerhebung 211

Im Ergebnisteil wird entsprechend der obigen Zuordnung (siehe Tabelle 3.4.1) der Skalen nach
Felfe (2006b) sowie Felfe und Goihl (2002) jeweils von sechs Skalen/Komponenten
transformationaler Führung gesprochen. Darüber hinaus werden für einige Berechnungen diese
sechs transformationalen Skalen zu einem Mittelwert transformationaler Führung zusammenge-
fasst. Dieser wird als Globalskala, Gesamtskala oder Gesamtwert transformationaler Führung
bezeichnet. In Anhang 1.1 sind die 13 Subskalen mit den dazugehörigen Items sowie den Mit-
telwerten, Standardabweichungen und Realiabilitäten aufgeführt, die auf den Fremdeinschät-
zungsdaten aus einer Normstichprobe (N = 3475) aus verschiedenen Organisationstypen
(Kleinbetriebe bis große Unternehmen sowie öffentlicher Dienst) und aus verschiedenen Bran-
chen (Produktion, Finanzen, IT, Gesundheit, Bildung, Verwaltung) beruhen (vgl. Felfe, 2006b).

3.4.1.2 Retrospektive Veränderungseinschätzung im MLQ


Die Einschätzung zu den Items des MLQ durch die Führungspersonen und deren Mitarbeiter
erfolgte nicht nur im originalen Antwortformat zur Beurteilung der aktuellen Ausprägung des
Führungsverhaltens. Nach dem Vorbild des Veränderungsfragebogens des Erlebens und Verhal-
tens (VEV nach Zielke & Kopf-Mehnert, 1978) wurde bei der Durchführung des zweiten Füh-
rungsfeedbacks zusätzlich nach einer direkten Einschätzung der Veränderungen der jeweils
beschriebenen Verhaltensweise oder Wirkung gefragt. Für diese Form der direkten Verände-
rungsmessung (siehe 1.6.4.4) wurde das Antwortformat entsprechend adaptiert und eine Verän-
derungsskala von –2 (= viel weniger als zum ersten Messzeitpunkt) bis +2 (= viel mehr als zum
ersten Messzeitpunkt) eingeführt. Damit war es möglich, sowohl die Richtung als auch das
Ausmaß der Veränderungen aus Sicht der Mitarbeiter und aus Sicht der Führungspersonen zu
erfassen. Die Instruktion für die Bearbeitung des Fragebogens zum zweiten Messzeipunkt kann
in Anhang 2.3 und 2.4 nachvollzogen werden.

3.4.2 Erhebung der Selbstdarstellungsstile

Zur Gewinnung der Daten für die Beantwortung der Fragestellungen I/1, I/2 und III/2 wurden
zusätzlich zu den Führungsstilen zum ersten Messzeitpunkt habituelle Selbstdarstellungsformen
(Selbstdarstellungsstile) in der Selbsteinschätzung der 20 Führungspersonen erfasst. Im Theo-
rieteil wurden in Abschnitt 1.2.7 der jeweilige theoretische Hintergrund und das inhaltliche Ver-
ständnis der Selbstdarstellungsstile dargestellt. Im vorliegenden Abschnitt 3.4.2 werden aus-
schließlich die Skalen zur Erfassung dieser Selbstdarstellungsstile beschrieben. Als Erhebungs-
instrumente dienten die Skala zur Persönlichkeitsdarstellung nach Laux et al. (2003; siehe
3.4.2.1), die deutsche Übertragung (Laux & Renner, 2002) der Skalen zur akquisitiven und
protektiven Selbstüberwachung nach Wolfe et al. (1986; siehe 3.4.2.2) sowie eine deutsche
Übersetzung (Renner, 2006) der Mood Manipulator Scale von Norton (1983; siehe 3.4.2.3).
Die Selbsteinschätzungen zu allen Skalen werden auf einer Ratingskala mit vier Abstu-
fungen vorgenommen: Die Probanden sollen angeben, in welchem Ausmaß die einzelnen Fest-
stellungen (Items) auf sie zutreffen (1 = trifft gar nicht zu, 2 = trifft etwas zu, 3 = trifft weitge-
hend zu, 4=trifft vollständig zu).

3.4.2.1 Skala zur Persönlichkeitsdarstellung


Die Skala zur Erfassung der Persönlichkeitsdarstellung wurde in Forschungsprojekten zum
Thema Theatralität und Persönlichkeit am Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie der Univer-
sität Bamberg entwickelt (Laux et al., 2003). In dieser Skala werden individuumszentrierte Mo-
tive der Selbstdarstellung erfasst. Die Items der Skala umschreiben die Tendenz einer Person,
3 Methode 212

ein als wirklich empfundenes (authentisches) Selbstbild darzustellen. Es geht um das Bestreben,
die „wahre“ Persönlichkeit und die „wahren Gefühle“ zu zeigen (vgl. Merzbacher, 2007).
Nach Merzbacher (2007) untergliedert sich die Skala in zwei motivational zu interpre-
tierende Faktoren: der erste Faktor beschreibt das Mitteilungsbedürfnis, der zweite Faktor das
Authentizitätsbedürfnis der Person. Während sich das Mitteilungsbedürfnis auf die subjektive
Bedeutsamkeit der Vermittlung der Gefühle und Bedürfnisse bezieht, finden sich im Faktor
Authentizitätsbedürfnis diejenigen Items der Persönlichkeitsdarstellung, bei denen die Person
als Objekt der Vermittlung im Mittelpunkt steht, nicht die Vermittlung selbst. Ein Beispielitem
zum Unterfaktor Mitteilungsbedürfnis lautet: „Es ist mir wichtig, dass andere wissen, wie ich
mich fühle.“ Ein Beispielitem zum Unterfaktor Authentizitätsbedürfnis lautet „Ich möchte mei-
ne wahre Persönlichkeit zeigen“.
Insgesamt umfasst die Skala sieben Items, wobei sich drei Items dem Unterfaktor Mit-
teilungsbedürfnis, vier Items dem Unterfaktor Authentizitätsbedürfnis zuordnen lassen. Zur
Beantwortung der Fragestellungen zu den Forschungsfragen I und II werden ausschließlich die
Ergebnisse der Gesamtskala berücksichtigt und keine Unterteilung in die zwei Faktoren und
keine Analyse auf Einzelitemebene vorgenommen. In Anhang 1.5 sind die sieben Items der
Skala mit den jeweiligen Mittelwerten und Standardabweichungen dargestellt, die in einer stu-
dentischen Stichprobe (N =329; vgl. Laux et al., 2003) ermittelt wurden.

3.4.2.2 Skalen zur akquisitiven und protektiven Selbstüberwachung


Zur Erfassung der akquisitiven und protektiven Selbstüberwachung wurden die deutschen Über-
tragungen nach Laux & Renner (2002) der Revised Self-monitoring Scale (RSMS) beziehungs-
weise der Concern for Appropriateness Scale (CAS) von Lennox und Wolfe et al. (1986) vorge-
legt.
Die Revised Self-monitoring Scale (RSMS) zur Erfassung des akquisitiven Stils der
Selbstdarstellung umfasst die beiden korrelierenden Subskalen „Ability to modify self-
presentation“ (Deutsch: Selbstdarstellungskompetenz, Beispielitem: „Sobald ich weiß, welches
Verhalten eine bestimmte Situation erfordert, kann ich mich problemlos darauf einstellen“) und
„Sensitivity to the expressive behavior of others“ (Deutsch: Wahrnehmungssensibilität, Bei-
spielitem: „Ich kann oft die wahren Gefühle einer Person an ihren Augen ablesen“). Die
Concern for Appropriateness Scale (CAS) beinhaltet die beiden Subskalen „Protective
variability“ (Protektive Variabilität, Beispielitem: „Verschiedene Situationen bringen mich da-
zu, mich wie sehr unterschiedliche Personen zu verhalten“) und „Protective social comparison“
(Protektiver sozialer Vergleich, Beispielitem: „Wenn ich nicht weiß, wie ich mich in einer be-
stimmten Situation verhalten soll, orientiere ich mich am Verhalten anderer“). Die CAS erfasst
den protektiven Stil der Selbstdarstellung.
Jede der Subskalen der RSMS und der CAS enthält sechs Items, d.h. sowohl der
protektive als auch der akquisitive Selbstdarstellungsstil wird mit insgesamt zwölf Items erfasst.

Tabelle 3.4.2 gibt einen Überblick über die Skalenbezeichnungen. Fett hervorgehoben sind die
Skalenbezeichnungen nach Laux und Renner (2002) und die jeweiligen Skalenabkürzungen,
wie sie in der Untersuchung der vorliegenden Arbeit verwendet werden.
3.4 Datenerhebung 213

Tabelle 3.4.2: Überblick über die englischen und deutschen Skalenbezeichnungen zur akquisitiven und
protektiven Selbstüberwachung
Revised Self-monitoring Scale Concern fo Appropriateness Scale
Akquisitive Selbstüberwachung (AK) Protektive Selbstüberwachung (PRO)
Sensitivity to expressive Ability to modify self- Cross-situational Attention to social
behavior of others = presentation = Variability comparison information
Wahrnehmungskomponente Handlungskomponente
der sozialen Fähigkeiten der sozialen Fähigkeiten

Wahrnehmungs- Selbstdarstellungs- Protektive Variabilität Protektiver sozialer


sensibilität (AkWa) kompetenz (AkSd) (Prova) Vergleich (Prover)
 Beide Subskalen repräsentieren den
Inkonsistenzbereich von Self-monitoring

Anmerkung: Fett hervorgehoben sind die Skalenbezeichnungen und Abkürzungen der Skalen, wie sie in der Untersuchung zu den
Forschungsfragen I und III verwendet werden.

Zu den Skalen der protektiven und akquisitiven Selbstüberwachung liegen Vergleichsdaten aus
einer Studie zum Zusammenhang von Self-monitoring und Authentizität vor (vgl. Laux & Ren-
ner, 2002). Dabei handelt es sich um eine Fragebogenuntersuchung mit Studierenden (N= 329;
154 weiblich, 172 männlich; Altersdurchschnitt: 23 Jahre). In Anhang 1.2 und 1.3 finden sich
die Items der Subskalen der akquisitiven und protektiven Selbstüberwachung mit den jeweiligen
Mittelwerten, Standardabweichungen und Reliabilitäten aus der Vergleichsstichprobe.

3.4.2.3 Mood Manipulator Scale


Zur Erfassung der Stimmungsbeeinflussung wurde die deutschsprachige Fassung nach Renner
(2006) der Mood Manipulator Scale von Norton (1983) eingesetzt. Renner (2006) konstruierte
diese Skala zur Erfassung des Motivs nach Spannungsaufbau in sozialen Interaktionen (siehe
1.2.7.5). Die neun ins Deutsche übertragenen Items der Mood-Manipulator-Scale enthalten
hauptsächlich Formulierungen, die eher kompetenz- als motivbezogen sind (z.B. „Ich kann eine
Person mit meinen Geschichten fesseln“; Formulierungen mit ich weiß oder ich kann). Solche
eher kompetenzbezogenen Formulierungen findet man auch in der Skala zur Erfassung des
akquisitiven Selbstdarstellungsstils (z.B. „Wenn ich einen ganz bestimmten Eindruck von mir
vermitteln will, dann kann ich das auch entsprechend steuern“), der durch das Motiv gekenn-
zeichnet ist, soziale Gewinne machen zu wollen. Renner (2006) argumentiert deshalb, dass Per-
sonen, die den eher kompetenzbezogenen Items der Mood-Manipulator-Scale zustimmen,
Stimmung nicht nur beeinflussen können, sondern dazu auch besonders motiviert sind. Die
motivationale Komponenten der Mood-Manipulation kommt zumindest in folgendem Item der
Mood-Manipulator-Scale zum Ausdruck: „Um eine dramatische Wirkung zu erzeugen, gebe ich
dem, was ich sage, gerne eine emotionale Färbung“.
In Anhang 1.4 sind die neun Items der Skala mit den jeweiligen Mittelwerten, Standard-
abweichungen und Reliabilitäten aus einer überwiegend studentischen Vergleichsstichprobe
aufgelistet. Die 100 Probanden dieser Vergleichsstichprobe (59 Männer und 41 Frauen) waren
für eine Einzel-Assessment-Studie zum histrionischen Selbstdarstellungsstil angeworben und
danach ausgewählt worden, ob sie überlicherweise einen ausgeprägten Einsatz histrionischer
Kommunikationsaspekte (z.B. Anwendung von Ironie, Imitation von Personen, schlagfertige
Kommentare, unterhaltsame Gestik und Mimik) zeigten (vgl. Renner, 2006).
3 Methode 214

3.4.3 Skalenfragen

Begleitend zum gesamten Coachingprozess wurden Skalenfragen zu verschiedenen relevanten


Aspekten wie z.B. Zufriedenheit, Zuversicht, Energie, Zielerreichung usw. eingesetzt (Doku-
mentationsbogen; siehe Anhang 1.6 bis 1.14 sowie 3.3.3.3). In den Sitzungen wurden die Fort-
schrittsskalen dazu verwendet, über bereits erfolgte Schritte in Richtung der angestrebten Lö-
sungen zu reflektieren und weitere angestrebte Veränderungen abzuleiten. Die Skalen zur Ener-
gie und Zuversicht dienten dazu, Aspekte der Änderungsmotivation des Klienten „abbilden“ zu
können und damit kommunizierbar zu machen. Für die Beantwortung der Fragestellung II/4
wurden nur die Fortschrittskala zum Führungsverhalten (siehe 3.4.3.1) und die Skalenfragen zur
Zielerreichung (siehe 3.4.3.2) herangezogen, die zu den Messzeitpunkten vor dem Coaching
(t1), zum Abschluss des Coachings (t2) und zum Follow-up-Termin (t3) erhoben wurden. Eine
prozessbezogene Auswertung aller verwendeten Skalenfragen findet sich bei Schubert (2009).

3.4.3.1 Fortschrittskala zum Führungsverhalten


Die Fortschrittskala zum Führungsverhalten wurde zu drei Messzeitpunkten von den sechs
Coachingteilnehmern ausgefüllt (siehe Dokumentationsbogen 1, 6 und 8 im Anhang 1.6, 1.11
und 1.13). Tabelle 3.4.3 gibt einen Überblick über die Formulierungen sowie über die jeweilige
Funktion der Einzelfragen zu den drei Messzeitpunkten. Für die Evaluation der Einzelcoachings
wurden die Ergebnisse der jeweils kursiv hervorgehobenen Fragen herangezogen.

Tabelle 3.4.3: Formulierung und Funktion der Fortschrittskala zum Führungsverhalten


Messzeit- Formulierung Funktion/Ziel
punkt
„Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insge- Prä-Post-Evaluation: Aktuellen
samt auf einer Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein Stand explizit machen / Aus-
aus Ihrer Sicht ideales Führungsverhalten steht und 0 gangszustand erfassen
Vor dem Coaching (t1)

für ein Führungsverhalten, mit dem Sie völlig unzufrie-


den sind?“
„Wo werden Sie auf der Skala stehen, wenn Sie mit Zielzustand definieren
Ihrem Führungsverhalten zufrieden sind? Was wird
dann anders sein?“
„Wo standen Sie auf der Skala, als Sie das erste Mal Zuversicht stärken durch bishe-
Führungsaufgaben übernommen haben? Was ist jetzt rige Fortschritte
anders als damals?“
„Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insge- - Prä-Post-Evaluation: Aktuel-
samt auf einer Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein len Stand explizit machen /
Abschlussitzung (t2)

ideales Führungsverhalten steht und 0 für ein Füh- Kurzfristige Effekte des Coa-
chings erfassen
rungsverhalten, mit dem Sie völlig unzufrieden sind?“ - Motivation: Erzielte Fort-
schritte transparent machen
„Wo werden Sie auf der Skala stehen, wenn Sie mit Weitere Ziele für den Transfer in
Ihrem Führungsverhalten zufrieden sind? Was wird den Arbeitsalltag definieren
dann anders sein?“
„Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insge- - Prä-Post-Evaluation: Aktuel-
len Stand explizit machen /
Sitzung (t3)
Follow-up-

samt auf einer Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein
ideales Führungsverhalten steht und 0 für ein Füh- Mittelfristige Effekte des
Coachings erfassen
rungsverhalten, mit dem Sie völlig unzufrieden sind?“ - Motivation: Erzielte Fort-
schritte transparent machen
3.4 Datenerhebung 215

3.4.3.2 Skalenfragen zur Zielerreichung


Die Skalenfragen zur Zielerreichung wurden zu drei Messzeitpunkten von den sechs
Coachingteilnehmern ausgefüllt (siehe Dokumentationsbogen 2, 7 und 9 im Anhang 1.7, 1.12
und 1.14). Tabelle 3.4.4 gibt einen Überblick über die Formulierungen sowie über die jeweilige
Funktion der Einzelfragen zur Zielerreichung zu den drei Messzeitpunkten. Für die Evaluation
der Einzelcoachings wurden die Ergebnisse der jeweils kursiv hervorgehobenen Fragen heran-
gezogen.
abelle 3.4.4: Formulierung und Funktion der Skalenfragen zur Zielerreichung zu drei Messzeitpunkten
Messzeit- Formulierung Funktion/Ziel
punkt
Wo stehen Sie aktuell in Bezug auf Ziel X (0= Prä-Post-Evaluation: Aktuellen Stand
ganz am Anfang; 10 = Ziele rreicht)? explizit machen/Ausgangszustand erfas-
sen
Was kann ich alles tun, um diesem Ziel einen Änderungsmotivation aufbauen,
kleinen Schritt näher zu kommen? Wie sieht das Umsetzungsschritte definieren
Vor dem Coaching (t1)

im Arbeitsalltag konkret aus? Was will ich


wirklich umsetzen? Was werde ich konkret tun?
Was kann ich ohne viel Mühe umsetzen?
In welchen Situationen möchte ich was auspro- Konkretisierungsgrad der Ziele und
bieren / wann werde ich das tun? Selbstverpflichtung erhöhen
Auf welche Hindernisse könnte ich bei der Vorbereitung auf Schwierigkeiten bei der
Umsetzung meines Ziels stoßen? Wie könnte Zielerreichung; Anbahnung aktiver
ich mit diesen Hindernissen umgehen? Problemlösestrategien
Welche Effekte / Ergebnisse erwarte ich, wenn Aufbau von Erfolgserwartungen;
ich meinem Ziel näher komme? Konkretisierung eines Zielszustands
Wo stehen Sie aktuell in Bezug auf Ziel X (0= - Prä-Post-Evaluation: Aktuellen Stand
ganz am Anfang; 10 = Ziele rreicht)? explizit machen/Kurzfristige Effekte
des Coachings erfassen
- Motivation: Erzielte Fortschritte
transparent machen
Abschlussitzung (t2)

„An welchen Kriterien machen Sie das fest? - Motivation: Erzielte Fortschritte
Wie beschreiben Sie den Unterschied in Bezug transparent machen
- Allgemeine Merkmale und funktionale
auf dieses Ziel zwischen dem Beginn des Coa-
Verhaltensweisen identifizieren, die
chings und jetzt? Was machen Sie jetzt anders zur Zielerreichung beitragen
als zu Beginn des Coachings?
Welche konkreten Schritte werden Sie umset- - Weitere Ziele für den Transfer in den
zen, um auf der Skala weiter zu kommen / den Arbeitsalltag definieren
- Änderungsmotivation aufrechterhalten
gegenwärtigen Stand zu halten?
Woran werden Sie merken, wenn Sie das Ziel Zielzustand konkretisieren
erreicht haben?
Wo stehen Sie aktuell in Bezug auf Ziel X (0= - Prä-Post-Evaluation: Aktuellen Stand
ganz am Anfang; 10 = Ziele rreicht)? explizit machen/Mittelfristige Effekte
Follow-up-Sitzung (t3)

des Coachings erfassen


- Motivation: Erzielte Fortschritte
transparent machen
„An welchen Kriterien machen Sie das fest? - Motivation: Erzielte Fortschritte
Wie beschreiben Sie den Unterschied in Bezug transparent machen
- Allgemeine Merkmale und funktionale
auf dieses Ziel zwischen dem Beginn des Coa-
Verhaltensweisen identifizieren, die
chings und jetzt? Was machen Sie jetzt anders zur Zielerreichung beitragen
als zu Beginn des Coachings?
3 Methode 216

3.4.4 Interview zur Ergebnisevaluation

Dem Datenerwerb zur Beantwortung der Fragestellung II/5 dienten halbstrukturierte Interviews,
die zum Abschluss des Coachings mit den sechs Coachingteilnehmern geführt wurden.

3.4.4.1 Einordnung: Halbstrukturiertes Interview


Die eingesetzte Interviewform lässt sich nach Fisseni (2004) den halbstrukturierten oder halb-
standardisierten Interviews zuordnen, die eine Mischform aus standardisierten und
unstandardisierten Interviews darstellen. Das halbstrukturierte Interview gewährt Freiheit für
individuelle Variationen (z.B. Nachfragen an geeigneter Stelle), gibt aber Strukturen zu Ablauf,
Inhalten und Formulierungen vor. Der Vergleich der Ergebnisse aus den Interviews mit ver-
schiedenen Personen wird somit erleichtert. Durch die Vorstrukturierung der Datenerhebung in
Form eines Leitfadens können zentrale Kategorien, die für die Auswertung der Interviewdaten
aufgrund der übergeordneten Fragestellung zentral sind, berücksichtigt werden. Da es sich beim
Einzelcoaching um ein jeweils individuelles Vorgehen handelt, bietet sich für die Evaluation ein
halbstrukturiertes Interview an: Dieses bietet die Möglichkeit, einen Teil der Fragen im Ge-
spräch frei und dem individuellen Prozess entsprechend zu formulieren, gleichzeitig aber zent-
rale Inhalte des Interviews im Vorfeld festzulegen.

3.4.4.2 Interviewleitfaden
Der Interviewleitfaden basiert auf einem Leitfaden zur Coachingevaluation, der 2004 am Lehr-
stuhl für Persönlichkeitspsychologie der Universität Bamberg entwickelt (vgl. Laux et al., 2004;
Schraml, 2005) und 2008 für die Durchführung der Evaluationsstudie modifiziert wurde. Zur
Beantwortung der Fragestellung II/4 wird nur ein Ausschnitt des gesamten Interviewleitfadens
herangezogen. Der gesamte Leitfaden zur Outputevaluation der Einzelcoachings besteht aus
drei Frageblöcken. Diese teilen sich auf in die Überprüfung der Programmwirksamkeit, die
Überprüfung der Programmwirkungen mit drei Fragen zum Prozessverlauf und die Einschät-
zung der Verzahnung der einzelnen Elemente des Interventionsprogramms (vgl. Müller, 2009;
Schubert, 2009). Die Interviewfragen, die zur Datenerhebung für Fragestellung II/5 herangezo-
gen wurden, werden in Tabelle 3.4.5 dargestellt.

Tabelle 3.4.5: Interviewfragen zur Datenerhebung für Fragestellung II/5


Teilaspekte der Zugeordnete Interviewfragen
Fragestellung II/5
Zufriedenheit mit Auf einer Skala von 0 bis 10 – wie zufrieden sind Sie mit dem Coaching, wenn 0
dem Coaching bedeutet: überhaupt nicht zufrieden und 10 bedeutet: voll und ganz zufrieden?
Woran machen Sie das fest?
Gesamterfolg des Wie schätzen Sie insgesamt auf einer Skala von 0 bis 10 den Erfolg des Coachings
Coachings ein, wenn 0 bedeutet: Das Coaching war gar nicht erfolgreich und 10 bedeutet:
Das Coaching war überaus erfolgreich? Woran machen Sie das fest?
Allgemeine Wie bewerten Sie das Coaching insgesamt? Stellen Sie sich bitte vor, Sie würden
Einschätzung des demnächst noch mal an einem Coaching teilnehmen: Was sollte unbedingt wieder
Coachings so sein, wie es bei diesem Coaching war? Was sollte anders sein?
Subjektive Verän- - Was hat sich aus Ihrer Sicht durch das Coaching verändert?
derungen durch das - Wie hat sich Ihre Selbsteinschätzung als Führungskraft verändert? Wie haben
Coaching sich Ihre Einstellungen und Gefühle durch das Coaching verändert? Was heißt
das konkret? Welche Veränderungen in Ihrem Verhalten haben sich Ihrer Ein-
schätzung nach durch das Coaching ergeben? Wie sieht das genau aus?
3.4 Datenerhebung 217

3.4.4.3 Durchführung der Interviews


Die Interviews wurden von Ende Juli bis Anfang August 2008 von einer Studentin der Universi-
tät Bamberg durchgeführt. Diese war an den Coachings nicht beteiligt und hatte keine Vorin-
formationen zu den Coachingprozessen erhalten. Damit waren eine externe Evaluation und eine
neutrale Datenerhebung möglich. Die Interviews dauerten im Durchschnitt ca. 35 Minuten und
fanden alle unter vier Augen am Arbeitsplatz der Befragten außerhalb des jeweils eigenen Büro-
raums statt. Die Interviews wurden auf Tonband aufgezeichnet und anschließend an der Univer-
sität Bamberg transkribiert (siehe 3.5.6.2).
3 Methode 218

3.5 Datenanalyse

Im Folgenden werden die Vorgehensweisen bei der Analyse der Daten beschrieben. Abschnitt
3.5.1 gibt einen Überblick über einige vorgeschaltete explorative Datenanalysen. Die Abschnitte
3.5.2 bis 3.5.7 stellen die zentralen Auswertungsschritte zur Beantwortung der neun Fragestel-
lungen I/1 bis III/2 dar.
Alle quantitativen Datenanalysen erfolgten mit der Auswertungssoftware PASW
(Predictive Analysis SoftWare) Statistics 18 für Windows der SPSS Incorporation. Die qualita-
tive Inhaltsanalyse der verbalen Daten aus den Evaluationsinterviews erfolgte mit dem Compu-
terprogramm MAXqda (Verbi GmbH, 2004). MAXqda zählt zur sogenannten QDA-Software –
QDA steht für Qualitative Data Analysis und ist ein Oberbegriff für Textanalyseprogramme zur
Auswertung qualitativer Daten.

3.5.1 Explorative Datenanalyse

Zunächst wurden die Mittelwerte, Standardabweichungen und Cronbachs Alpha der Selbst- und
Fremdeinschätzungsdaten aus der Gesamtstichprobe zu t1 (siehe 3.2) für die jeweiligen Füh-
rungsstil- und Selbstdarstellungsskalen berechnet. Für die späteren Gruppen- und Einzelfallver-
gleiche wurden darüber hinaus die jeweiligen Mittelwerte für die Gruppe C und die gesamte
Interventionsgruppe (Gruppen A und B) sowie für die einzelnen Interventionsgruppen A und B
bestimmt. Für die Analysen auf Einzelfalleben wurden die jeweiligen Mittelwerte der Fremd-
einschätzungen in den abhängigen Variablen berechnet.
Im nächsten Schritt wurde die Normalverteilungsvoraussetzung der abhängigen Variab-
len überprüft. Es wurde ein Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstets (KS-Test) für die beobachte-
ten Verteilungen der Variablen in der Gesamtstichprobe durchgeführt. Wie aufgrund der gerin-
gen Stichprobengröße zu erwarten, sind in der Untersuchungsstichprobe nicht alle abhängigen
Variablen normalverteilt. So resultierten im Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstets (KS-Test)
für die folgenden abhängigen Variablen signifikante Effekte (siehe Anhang 3.1):
 Führungsstile: Selbsteinschätzungen zu Contingent Reward (CR) und Management by
Exception Passive (MBP); Fremdeinschätzungen zu Inspirational Motivation (IM)
 Erfolgskriterien von Führung: Selbsteinschätzungen zu Leader Effectiveness (EFF) und
Satisfaction with Leadership (SAT)
 Selbstdarstellungsstile: Gesamtskala (AK) und Unterskalen (AKSd und AkWa) zur
akquisitiven Selbstüberwachung; Unterskala protektiver sozialer Vergleich (Prover) zur
protektiven Selbstüberwachung
Ein Großteil der abhängigen Variablen ist damit in der Stichprobe normalverteilt, nur für die
aufgeführten Variablen ist die Normalverteilungsvoraussetzung nicht erfüllt. Entsprechend der
Ergebnisse aus Monte-Carlo-Studien (vgl. Bortz & Schuster, 2010) – in denen überprüft wurde,
wie auf der Normalverteilung basierende Tests auf eine Verletzung der Normalverteilungsvo-
raussetzung für die analysierten Variablen in der Grundgesamheit reagieren – kann jedoch ge-
schlussfolgert werden, dass die Konsequenzen der Verletzung der Normalverteilungsvorausset-
zung für die meisten Tetst vernachlässigbar sind (vgl. Statistica, 2003). Zudem gilt, dass bei
vorhandener Varianzhomogenität die Varianzanalyse relativ robust gegen Verletzungen der
Normalverteilungsvoraussetzung ist (vgl. Backhaus et al., 1994). Die Analyse der Varianzho-
mogenität der Gruppe C und der gesamten Interventionsgruppe sowie der Interventionsgruppen
3.5 Datenanalyse 219

A und B mit Hilfe eines Levene-Tests zeigt die jeweilige Gleichheit der Fehlervarianzen auf
(siehe Anhang 3.2 und 3.3), womit dieses Kriterium erfüllt ist.
Mit der Verletzung der Normalverteilungsvoraussetzung wird bei den nachfolgenden
Datenanalysen dementsprechend folgendermaßen umgegegangen: Varianzanalysen zu Grup-
penunterschieden werden aufgrund der gegebenen Varianzhomogenität uneingeschränkt durch-
geführt. T-Tests zu Mittelwertsunterschieden werden für alle interessierenden abhängigen Vari-
ablen durchgeführt und die Ergebnisse jeweils durch das nonparametrische Verfahren des
Wilcoxon-Tests abgesichert. Korrelative Datenanalysen werden ebenfalls uneingeschränkt für
alle abhängigen Variablen durchgeführt.

3.5.2 Exploration von Zusammenhängen: Korrelationen, Faktoren- und Clusteranalyse

Zur Exploration von Zusammenhängen zwischen Führungs- und Selbstdarstellungsstilen wurde


variablen- und personenzentriert vorgegangen: Für die variablenzentrierte Analyse der Daten
wurden Korrelationen zwischen den Variablen berechnet und über explorative Faktorenanalysen
deren Dimensionalität bestimmt. Die personzentierte Clusteranalyse sollte darüber hinaus Auf-
schluss über Personengruppen mit homogenen Selbstdarstellungsprofilen und Führungsstilaus-
prägungen geben.

3.5.2.1 Variablenzentrierte Analysen


Um erste Hinweise auf systematische Zusammenhänge zwischen den intervallskalierten abhän-
gigen Variablen zu erhalten, wurden für die gemittelten Selbst- und Fremdeinschätzungen zu
den Skalen des MLQ sowie für die gemittelten Selbsteinschätzungen zu den Selbstdarstellungs-
skalen Produkt-Moment-Korrelationen (Pearson-Korrelationen) berechnet und diese auf Signi-
fikanz getestet. Die Interpretation der Höhe der Korrelationskoeffizienten folgt der Einteilung
nach Cohen (1988):
r = 0.10  kleiner Effekt
zwischen 0.10 und 0.30  gering bis moderat
r = 0.30  mittlerer (moderater) Effekt
zwischen r = 0.30 und r = 0.50  moderat bis groß
r = 0.50  starker Effekt
Im nächsten Schritt wurde auf der Basis der standardisierten Skalenwerte der zehn Führungssti-
le des MLQ (Fremdeinschätzung) sowie auf der Grundlage der standardisierten Skalenwerte der
sechs erfassten Selbstdarstellungsstile (es wurden jeweils beide Subskalen zur akquisitiven und
protektiven Selbstüberwachung herangezogen) jeweils eine exploratorische Faktorenanalyse
durchgeführt. Für diese Analysen wurden jeweils die Fremdeinschätzungsdaten zur Ausprägung
der MLQ-Skalen verwendet, da diese im Vergleich mit den Selbsteinschätzungdaten als valider
eingestuft werden (vgl. Rathgeber, 2005) und damit für die inhaltliche Interpretation der ermit-
telten Faktoren besser geeignet sind.
Das allgemeine Ziel der Faktorenanalyse besteht darin, korrelierende Variablen auf
höherer Abstraktionsebene zu Faktoren zusammenzufassen. Diese faktoriellen Variablenbündel
können auf der Basis des theoretischen Hintergrunds inhaltlich interpretiert und damit Erkennt-
nisse zur Ähnlichkeit von Führungs- und Selbstdarstellungsstilen abgeleitet werden. Außerdem
dient die Faktorenanalyse dazu, Daten zu reduzieren (vgl. Bortz & Döring, 2006).
Zur Überprüfung und inhaltlichen Interpretation der Faktorenstruktur der Selbstdarstellungs-
und Führungsstile und zur Reduktion der Variablen im Vorfeld der Clusteranalyse wurden da-
her in einem ersten Schritt die Skalen der zehn Führungsstile des MLQ mittels einer Hauptkom-
3 Methode 220

ponentenanalyse faktorisiert, in einem zweiten Schritt wurden die sechs Selbstdarstellungsska-


len mittels einer Hauptkomponentenanalyse auf ihre Dimensionalität hin überprüft. Aufgrund
der hohen Interkorrelationen zwischen den Variablen wurde jeweils eine Promax-Rotation ge-
wählt. In einem dritten Schritt wurden vier Selbstdarstellungsskalen (jeweils die Gesamtskala
zur akquisitiven und protektiven Selbstüberwachung sowie Persönlichkeitsdarstellung und
Mood Management) und die zehn Führungsstile des MLQ auf eine gemeinsame Dimensionalität
hin überprüft. Um Hinweise auf die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren zu erlangen, wurde
zunächst eine Parallelanalyse (vgl. Horn, 1965) der zehn Führungsstile des MLQ und der vier
Selbstdarstellungsstile durchgeführt und ein MAP-Test (vgl. Velicer, 1976) gerechnet. Mit den
standardisierten Skalenwerten der vierzehn Variablen wurde eine Hauptkomponentenanalyse
mit Promaxrotation durchgeführt.

3.5.2.2 Personenzentrierte Analysen


Mit Hilfe einer Clusteranalyse sollte überprüft werden, inwieweit sich die 20 Führungspersonen
in ihren akquisitiven und protektiven Selbstüberwachungstendenzen und im Ausmaß der Per-
sönlichkeitsdarstellung unterscheiden. Dafür wurde eine hierarchisch-agglomerative Clusterana-
lyse nach dem Ward-Algorithmus gerechnet, wobei die drei Variablen akquisitive Selbstüber-
wachung, protektive Selbstüberwachung sowie Persönlichkeitsdarstellung in die Analyse einbe-
zogen wurden. Es war von Interesse, ob die vier Cluster nach Laux & Renner (2002; siehe
1.2.7.4) in der Stichprobe der Führungskräfte repliziert werden konnten und inwieweit sich er-
mittelte Cluster in Hinblick auf die Ausprägung der Führungsstile unterscheiden. Als Distanz-
maß wurde die quadrierte euklidische Distanz eingesetzt.
Die Zusammenstellung mehrerer Variablen zu einem Profil ist nur dann sinnvoll, wenn
distinkte Merkmale erfasst werden, da ansonsten die Gefahr eines „Scheinprofils“ (Lienert &
Raatz, 1998, S.373) besteht, in welchem einzelne Variablen allesamt dasselbe Konstrukt abbil-
den. Zur empirischen Exploration möglicher homogener Subgruppen innerhalb der Gesamt-
stichprobe sollten deshalb aus den erhobenen Variablen möglichst distinkte Konstrukte ausge-
wählt werden, anhand derer die Klassifikation durchgeführt und die Cluster beschrieben werden
konnten. Da die drei Merkmale für die Klassifizierung der Führungskräfte theoriegeleitet aus-
gewählt wurden, wurde vor der Durchführung der Clusteranalyse überprüft, inwieweit es sich
um ein Scheinprofil handelt. Zur Überprüfung diese Problems schlagen Lienert & Raatz (1998;
S. 324) vor, für die in die Clusteranalyse einbezogenen Variablen die Profilreliabilität nach fol-
gender Formel zu bestimmen:

prof rtt= rtt- rst / 1- rst


Anmerkung:
rtt = arithmetisches Mittel der Reliabilitätskoeffizienten aller k Skalen zur Erfassung der Profilmerkmale
rst = arithmetisches Mittel der Interkorrelationen aller k Skalen

Aus der Formel wird ersichtlich, dass die Realiabilität eines Profils umso größer ist, je reliabler
die einzelnen Skalen und je geringer deren Interkorrelationen sind. Für die ausgewählten
Varibalen resultierte eine Profilreliabilität von .62, die als „befriedigend“ eingestuft werden
kann (nach Lienert & Raatz, 1998, S.374). Damit ist gewährleistet, dass es sich bei den Profilen
nicht um Scheinprofile handelt.

Die ermittelte Faktorstruktur (siehe 4.1.1) wie auch die hohen Interkorrelationen zwischen den
transformationalen Führungsstilen, legten eine Aggregation der sechs transformationalen Skalen
3.5 Datenanalyse 221

(IIa, IIb, IM, IS, IC und AUS) zu einer Gesamtvariablen Transformationale Führung (TF) nahe
(= Mittelwert der Ausprägung der transformationalen Führungsstile). Zur Überprüfung der 4-
Clusterlösung nach Laux und Renner (2002) wurden der Mittelwert zur transformationalen Füh-
rung (TF) sowie die Skala zur Mood Manipulation (MMS) als externe Passiv-Variablen (vgl.
Wehner, 1981; Moosbrugger & Frank, 1992) herangezogen. Dafür wurden Hypothesen für die
gefundenen Cluster zur Ausprägung dieser Passiv-Variablen im Sinne einer prädiktiven
Kriteriumsvalidierung formuliert. Zur Überprüfung der Hypothesen wurde eine multivariate
Varianzanalyse mit dem Mittelwert der transformationalen Führung (TF) und der Mood Mani-
pulator Scale (MMS) als abhängige Variablen sowie der Clusterzugehörigkeit als Faktor durch-
geführt.

3.5.3 Überprüfung von Veränderungen in den Führungsstilen auf Gruppenebene

Es wurde sowohl indirekt als auch direkt überprüft, inwieweit auf Gruppenebene bedeutsame
und erwartete Veränderungen in der Ausprägung der Führungsstile von den Führungskräften
selbst und von ihren Mitarbeitern berichtet wurden.

3.5.3.1 Indirekte Veränderungsmessung


Folgende Datenanalysen zur indirekten Veränderungsmessung wurden durchgeführt: Deskripti-
ve Datenanalyse (Gegenüberstellung von Mittelwerten im Prä-Post-Vergleich), statistischer
Mittelwertsvergleich der Prä- und Postmessungen durch T-Test und Wilcoxon-Test sowie Ver-
gleich von Gruppenunterschieden durch Varianzanalyse. Für signifikante Ergebnisse und für
diejenigen Führungsstile, in denen erwartete Veränderungen auftraten, wurden darüber hinaus
Effektstärken berechnet.

a) Deskriptive Datenanalyse
Eine rein inferenzstatistische Auswertung der Mittelwertsunterschiede war aufgrund der gerin-
gen Stichprobengröße und der damit verbundenen geringen Power der Tests nur eingeschränkt
aussagekräftig. Daher wurde bei der Interpretation der Ergebnisse zur Überprüfung von Verän-
derungen großes Gewicht auf den Prä-Post-Vergleich der Mittelwerte auf deskriptiver Ebene
gelegt. Die Mittelwerte und Standardabweichungen der Selbst- und Fremdeinschätzungen zu
den jeweiligen Skalen des MLQ wurden getrennt nach Gruppe C und der Interventionsgruppe
(für die isolierte Evaluation) beziehungsweise getrennt nach den einzelnen Interventiongruppen
A und B (für die vergleichende Evaluation) in ihrem Prä-Post-Vergleich dargestellt und auf
dieser Basis die Unterschiede zwischen den Gruppen interpretiert.

b) T-Test und Wilcoxon-Test


Um darüber hinaus Hinweise auf signifikante Veränderungen in den einzelnen Führungsstilska-
len des MLQ zu erhalten, wurden T-Tests für abhängige Stichproben getrennt für die jeweiligen
Gruppen durchgeführt. Aufgrund der geringen Stichprobengröße und der Verletzung der Nor-
malverteilungsvoraussetzungen in einigen Variablen (siehe 3.5.1) wurden die Unterschiede
zusätzlich mit dem Wilcoxon-Test als nonparametrisches Äquivalenzverfahren zum T-Test
überprüft.
3 Methode 222

c) Varianzanalysen
Da die Führungskräfte nicht randomisiert auf die drei Gruppen (Gruppe C sowie Interventions-
gruppen A und B) aufgeteilt wurden, sondern sich selbst einer der drei Bedingungen zuordne-
ten, wurde beim Vergleich der Interventionsgruppe mit der Gruppe C sowie beim Vergleich der
beiden Interventionsgruppen zunächst überprüft, ob diese sich zu t1 hinsichtlich der Ausprä-
gung der abhängigen Variablen unterschieden. Um eine α-Fehler Inflation bei mehreren T-Tests
zu vermeiden, wurde mit den Fremdeinschätzungsdaten eine einfaktorielle multivariate Va-
rianzanalyse (MANOVA) durchgeführt.
Um das Ausmaß der Veränderung in den abhängigen Variablen zwischen t1 und t2 in
den Gruppen vergleichen zu können, wurden zunächst Differenzwerte aus der Prä- und Poster-
hebung berechnet. Auf der Basis der mittleren, absoluten Differenzwerte wurden die Wirksam-
keitshypothesen varianzanalytisch (durch einfaktorielle multivariate Varianzanalysen) getestet.

d) Effektstärken
Effektstärken wurden sowohl für erwartungskonforme Unterschiede zwischen den Interventi-
onsgruppen A und B sowie zwischen der Interventionsgruppe insgesamt und Gruppe C (unab-
hängige Stichproben), als auch für gruppeninterne Veränderungen in den Mittelwerten einzelner
Führungsstile in der erwarteten Richtung zwischen t1 und t2 (abhängige Stichproben) berech-
net.

Effektstärken für unabhängige Stichproben


Nach Arthur et al. (2003) wird die Wirksamkeit von Trainings überlicherweise in Effektgrößen
(= Effektstärken) angegeben. Um das Ausmaß der Wirkung der jeweiligen Interventionsbedin-
gung zu überprüfen, wurden für diejenigen Variablen, bei denen Veränderungen in Überein-
stimmung mit den Erwartungen beziehungsweise signifikante Gruppenunterschiede nachgewie-
sen werden konnten, die Effekstärken (Cohens d als Differenz zwischen zwei Mittelwerten ge-
teilt durch die Standardabweichung) berechnet. Cohens d ist die Effektgröße für
Mittelwertsunterschiede zwischen Gruppen und hilft bei der Beurteilung der praktischen Rele-
vanz eines signifikanten Mittelwertunterschieds. Nach Cohen (1992) indiziert eine Effektstärke
von 0.2 einen kleinen Effekt, 0.5 einen mittleren und 0.8 einen starken Effekt.

Effektstärken für abhängige Stichproben


Cohen (1962, 1988) weist darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen Stichprobengröße, der
Effektstärkendifferenz und dem ß-Fehler (= fälschliche Annahme der Null-Hypothese) besteht.
Die statistische Auswertung von Daten aus kleinen Stichproben bringt daher das Problem mit
sich, dass die statistische Power der Tests (= die Wahrscheinlichkeit, einen tatsächlich vorhan-
denen Wirksamkeitsunterschied zwischen zwei Interventionsbedingungen bei der statistischen
Prüfung auch wirklich zu entdecken) relativ gering ist (siehe 1.6.4.5). Aus rein methodischen
Gründen ist daher bei der vergleichenden Evaluation zweier Interventionsbedingungen mit klei-
nen Stichprobenzahlen – bei denen ggf. auch nur geringe Unterschiede in der Wirksamkeit be-
stehen – die Wahrscheinlichkeit gering, beim statistischen Mittelwertsvergleich einen signifi-
kanten Unterschied zu ermitteln. Eine alternative Möglichkeit zur Beurteilung der Effektivität
einer Intervention besteht daher darin, aus einem Prä-Post-Vergleich innerhalb einer Behand-
lungsgruppe die Effektstärken zu errechnen und diese dann mit Effektstärken zu vergleichen,
die in ähnlichen Stichproben erzielt wurden. Zur Überprüfung von Veränderungen in den Füh-
rungsstilen auf Gruppenebene wurden daher für diejenigen Führungsstile, bei denen
3.5 Datenanalyse 223

Mittelwertsveränderungen in der erwarteten Richtung auftraten, Effektstärken für die jeweiligen


Gruppen berechnet und diese miteinander sowie mit Effektstärken aus anderen Untersuchungen
an ähnlichen Stichproben verglichen. Einen Anhaltspunkt bietet hier zum einen eine Metanalyse
zum Einsatz von Trainings in Organisationen (n= 395 Trainings) nach Arthur et al. (2003), in
der eine mittlere Effektstärke der Trainings von d = .62 resultierte, zum anderen die Untersu-
chung von Radstaak (2008) zum Einsatz einer Kombination aus Coachings und Trainings zur
Förderung transformationaler Führung in zwei verschiedenen Stichproben. Hier resultierten
Effektgrößen von d = .92 und .72 für transformationale Führung.

e) Stichprobenumfänge
Grundsätzlich führen größere Stichproben zu genaueren Ergebnissen als kleinere Stichproben-
umfänge. Stichprobenumfänge sind dann als optimal einzustufen, wenn sie bei gegebenem α, β
und gegebener Effektgröße eine eindeutige Entscheidung über die Gültigkeit von H0 und H1
sicherstellen. Mit kleiner werdenden Effektgrößen wird der optimale Stichprobenumfang größer
(vgl. Bortz & Schuster, 2010).
Für die wichtigsten Verfahren werden optimale Stichprobenumfänge genannt, die als
Richtwerte zur Absicherung einer kleinen, mittleren oder großen Effektgröße erforderlich sind.
Diese Zahlen gehen auf Cohen (1988, 1992) zurück und beziehen sich auf α = 0.05 und 1 – β =
0.80. Die Tabellen nach Cohen sind in Auszügen bei Bortz und Döring (2006) wieder gegeben.
Im Folgenden werden Anhaltspunkte zur Beurteilung des Stichprobenumfangs für den Ver-
gleich der Mittelwerte aus unabhängigen und abhängigen Stichproben sowie für die Varianzana-
lyse gegeben:
 Möchte man einen großen Effekt (Effektstärke gleich 0.8) über die Mittelwerte zweier
unabängiger Stichproben auf dem 5%igen Signifikanzniveau statistisch abischern, benötigt
man bei einseitigem Test pro Stichprobe N = 20 Untersuchungsobjekte.
 Für die Absicherung eines Effektes in abhängigen Stichproben (Prä-Post-Messungen) rei-
chen bei einer positiven Korrelation der Messwerte von t1 und t2 kleinere Stichproben aus.
Möchte man beispielsweise einen großen Effekt (Effektstärke gleich 0.8) über den Ver-
gleich zweier Stichprobenmittelwerte aus abhängigen Stichproben auf dem 5%igen
Signifikanzniveau statistisch absichern, benötigt man bei einer Korrelation der Messwerte
zu t1 und t2 von r = 0.6 N = 9 Untersuchungsobjekte, bei einer Korrelation der Messwerte
von r = 0.8 nur noch N = 5 Untersuchungsobjekte (vgl. Bortz & Döring, 2006, S. 629).
 Eine Varianzanalyse mit Messwiederholung mit df = 1 entspricht dem t-Test für unabhängi-
gen Stichproben. Um große Effekte beim Vergleich von zwei Gruppen auf dem 5%igen
Signifikanzniveau statistisch abzusichern, bedarf es bei einer mittleren Korrelation von 0.5
N = 14 Untersuchungsobjekte. Der optimale Stichprobenumfang reduziert sich mit der stei-
genden Korrelation der Messwerte von t1 zu t2.
Insgesamt ist in der vorliegenden Untersuchung der geringe Stichprobenumfang mit N = 6 bis
N = 14 Personen pro Gruppe hinsichtlich der Power der statistischen Signifikanztests als kri-
tisch zu betrachten. Im Ergebnisteil werden daher für jeden Signifikanztest die Power der Tests
und die Wahrscheinlichkeit des β-Fehlers angegeben. Die Berechnung von Effektstärken er-
scheint hingegen unproblematisch, da diese weitgehend unabhängig von der Stichprobengröße
sind (siehe 1.6.4.5) ist.
3 Methode 224

3.5.3.2 Direkte Veränderungsmessung


Folgende Datenanalysen wurden zur direkten Veränderungsmessung wurden durchgeführt: De-
skriptive Datenanalyse (Gegenüberstellung von Prä- und Post-Mittelwerten der direkten Verän-
derungseinschätzung), statistischer Mittelwertsvergleich durch T-Test und Wilcoxon-Test sowie
Ermittlung der Effektstärken der Gruppenunterschiede.

a) Deskriptive Datenanalyse
Es wurden Mittelwerte und Standardabweichungen getrennt für Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen zur Veränderung in den Führungsstilen zu t2 (Skala von -2 bis +2) berechnet und für die
Vergleichsgruppe C und die gesamte Interventionsgruppe (isolierte Evaluation) sowie für die
einzelnen Interventionsgruppen A und B (vergleichende Evaluation) gegenübergestellt.

b) Mittelwertsvergleich zwischen den Gruppen


Die Unterschiede in den Mittelwerten zum Ausmaß der Veränderungen zwischen der Ver-
gleichsgruppe C und der Inteventionsgruppe sowie zwischen den Interventionsgruppen A und B
wurden mittels T-Test für unabhängige Stichproben überprüft und die Ergebnisse mittels
Wilcoxon-Test abgesichert.

c) Effektstärken der Gruppenunterschiede


Um das Ausmaß der Wirkung der Gruppenzugehörigkeit zu überprüfen, wurden für diejenigen
Variablen, bei denen Veränderungen in Übereinstimmung mit den Erwartungen nachgewiesen
werden konnten, die Effektstärken für unabhängige Stichproben (Cohens d als Differenz zwi-
schen den zwei Gruppenmittelwerten geteilt durch die Standardabweichung der Gesamtstich-
probe / Population) berechnet. Auch hier gilt nach Cohen (1992), dass eine Effektstärke von 0.2
einen kleinen Effekt und Effektstärken von 0.5 einen mittleren beziehungsweise von 0.8 einen
starken Effekt indizieren.

3.5.4 Überprüfung von Veränderungen in den Führungsstilen auf Individuumsebene

Auch auf Einzelfallebene wurde sowohl indirekt als auch direkt überprüft, inwieweit bedeutsa-
me und erwartete Veränderungen in der Ausprägung der Führungsstile von den Führungskräften
selbst und von deren jeweiligen Mitarbeitern berichtet worden sind. Die Einzelfallhypothesen
wurden für jede der Führungspersonen individuell überprüft. Darüber hinaus wurden die Inter-
ventionsgruppe und die Vergleichsgruppe C sowie die einzelnen Interventionsgruppen A und B
hinsichtlich der jeweiligen relativen Häufigkeit der erfolgreichen Einzelfälle (= Fälle, bei denen
erwartete Veränderungen eingetreten sind) verglichen.

3.5.4.1 Indirekte Veränderungsmessung: Kritische Differenzen


Zur Beantwortung der Fragestellung zu Veränderungen auf Individuumsebene wurden in einem
Prä-Post-Vergleich die Ausprägungen der zehn im MLQ erfassten Führungsstile, sowie die je-
weiligen Mittelwerte aller transformationalen Führungsstilskalen (TF) gegenübergestellt. Zur
Überprüfung der intraindividuellen Unterschiede in der Ausprägung der abhängigen Variablen
zu den zwei Testzeitpunkten musste überprüft werden, ob sich die Werte zu t1 und t2 laut
Selbst- und/oder Fremdeinschätzung in bedeutsamer Höhe voneinander unterscheiden.
3.5 Datenanalyse 225

Da eine Überschreitung der kritischen Differenz bei definierter Irrtumswahrscheinlichkeit statis-


tische Bedeutsamkeit ausdrückt (vgl. Lienert & Raatz, 1998), wurde zunächst für jede der ab-
hängigen Variablen die kritische Differenz zwischen der Ausprägung zu t1 und der Ausprägung
zu t2 berechnet. Im nächsten Schritt konnte für jede Führungskraft geprüft werden, ob die indi-
viduelle tatsächliche Differenz (= empirische Differenz) über oder unter der kritischen Differenz
liegt (siehe Anhang XY). Zur Beurteilung, ob das Ergebnis einer Führungskraft zu t1 statistisch
bedeutsam vom Ergebnis zu t2 abweicht oder nicht (Beurteilung intraindividueller Unterschie-
de), wurde folgende Formel zur Bestimmung der kritischen Differenz herangezogen (nach Lie-
nert & Raatz, 1998, S.369).

Diffkrit. = z * sx * 2 (1 - rtt)
wobei:
z = z-Wert (entspricht bei p von 0.05 = 1.96)
sx = Standardabweichung in der Stichprobe
rtt = Reliabilität der Skala in der Stichprobe

Die Irrtumswahrscheinlichkeit wurde auf p =.05 festgelegt.

3.5.4.2 Direkte Veränderungsmessung


Die Daten der direkten Veränderungsmessung wurden für jeden Einzelfall auf deskriptiver Ebe-
ne ausgewertet. So wurden die Mittelwerte aus den Items zur direkten Veränderungsmessung
für jeden Einzelfall danach analysiert, ob sie in Richtung und Ausmaß den erwarteten Verände-
rungen entsprechen.

3.5.4.3 Überprüfung von Einzelfallhypothesen


Die Überprüfung von Wirksamkeitshypothesen auf Einzelfallebene in Abhängigkeit der spezifi-
schen Coachingziele erfolgte nach dem Prinzip der internalen Referenzstrategie (siehe 1.6.5.5):
Beobachtbare Veränderungen in ausgewählten Experimental- und Kontrollvariablen wurden
gegenübergestellt. Dafür wurden die Experimental- und Kontrollvariablen zunächst auf Einzel-
fallebene aus den individuellen Coachingzielen abgeleitet. Als Experimentalvariablen galten
diejenigen Führungsstile, die explizit in den individuell festgelegten Coachingzielen angespro-
chen wurden. Als Kontrollvariablen wurden diejenigen Führungsstile herangezogen, die nicht
explizit Gegenstand des Coachings waren. Um die erwarteten unterschiedlichen Veränderungen
in Experimental- und Kontrollvariablen überprüfen zu können, wurden wiederum die Daten der
direkten und der indirekten Veränderungseinschätzung herangezogen. Die aggregierten Fremd-
einschätzungen pro Führungsperson und die Selbsteinschätzungen der Führungsstile zu t1 und
t2 wurden gegenübergestellt und deskriptiv in Hinblick auf erwartete sowie unerwartete Verän-
derungen analysiert (indirekte Veränderungseinschätzung). Weiterhin wurden Unterschiede
zwischen den Experimental- und Kontrollvariablen in den aggregierten Fremdeinschätzungen
pro Führungsperson und den Selbsteinschätzungen der Führungsstile zu Richtung und Ausmaß
der Veränderung zu t2 untersucht (direkte Veränderungseinschätzung).

3.5.5 Überprüfung von Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von Selbst- und


Fremdeinschätzungen

Auch die Veränderungen im Ausmaß der Übereinstimmung von Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen wurden sowohl auf Gruppenebene (siehe 3.5.5.1) als auch auf Einzelfallebene (siehe
3.5.5.2) betrachtet. Der Übereinstimmungsgrad wurde sowohl über Niveuunterschiede zwischen
3 Methode 226

den Rating-Scores aus den beiden Einschätzungsperspektiven (Gruppen- und Einzelfallebene)


als auch über korrelative Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen (Grup-
penebene) beschrieben.
Es ist anzumerken, dass die Veränderung des Übereinstimmungsgrades eines von meh-
reren Wirksamkeitskriterien darstellt, die – um ein aussagekräftiges Bild zur Wirksamkeit des
Interventionsprogamms zu gewinnen – aufeinander bezogen werden müssen (siehe Kapitel 5).
Eine ausschließliche Annäherung von Selbst- und Fremdbild allein kann nicht als ausreichendes
Wirksamkeitskriterium gewertet werden, wenn sich dabei die Ausprägung der relevanten Füh-
rungsstile nicht in die erwünschte Richtung verändert.

3.5.5.1 Überprüfung der Veränderungen auf Gruppenebene

a) Korrelative Zusammenhänge
Die Korrelation zwischen Selbstbeurteilungen und Fremdbeurteilungen wird häufig als Validie-
rung für die Selbstbeurteilung herangezogen (vgl. z.B. Conway & Huffcutt, 1997). Da aber auch
Fremdbeurteilungen verzerrt sein können, dürfen sie als Validierungskriterium nicht überinter-
pretiert werden. Um die Wirksamkeit des Interventionsprogramms zu überprüfen, interessiert
bezüglich der Fragestellung II/2 ausschließlich der Grad der Übereinstimmung zwischen den
beiden Beurteilerperspektiven. Es kann keine Aussage darüber gemacht werden, welche der
Perspektiven als valider bewertet wird. Dafür wäre eine Validierung der Selbst- und Fremdra-
tings durch Erfolgskriterien von Führung sinnvoll (vgl. z.B. Rathgeber, 2005), die im Rahmen
der interessierenden Fragestellungen in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht im Fokus steht.
Um Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen aufzeigen zu können,
wurden Pearson-Korrelationen für die Selbst- und Fremdbewertungen zur Ausprägung der Füh-
rungsstile berechnet. In der Untersuchung von Rathgeber (2005) unterschieden sich die Korrela-
tionen zwischen den Selbst- und den Mitarbeitereinschätzungen nur in geringem Ausmaß in
Abhängigkeit davon, ob die Mitarbeiterratings zur jeweils gleichen Führungsperson in aggre-
gierter oder nicht aggregierter Form in die Berechnung eingingen. Wo Unterschiede auftraten,
fielen diese zugunsten der aggregierten Ratings aus. Für die Berechnungen der korrelativen
Zusammenhänge wurden daher in der vorliegenden Untersuchung die aggregierten Mitarbeiter-
einschätzungen herangezogen.
Die Korrelationskoeffizienten werden für die Interventionsgruppe und die Vergleichs-
gruppe C beziehungsweise für die Interventionsgruppen A und B für die beiden Messzeitpunkte
t1 und t2 dargestellt und Unterschiede in der Veränderungen der Korrelationen zwischen t1 und
t2 auf deskriptiver Ebene analysiert.

b) Niveau-Unterschiede zwischen den Rating-Scores der Selbst- und Fremdeinschät-


zungen
In der Unternehmenspraxis werden die Ergebnisse von multiperspektivischen Führungsbeurtei-
lungen in aller Regel anhand der Mittelwertsunterschiede zurückgemeldet. Auch aus wissen-
schaftlicher Perspektive erscheint es nützlich, Erkenntnisse über die Art und Höhe der Diskre-
panzen zu gewinnen und diese als Wirksamkeitskriterium für Interventionen heranzuziehen.
Neben den korrelativen Zusammenhängen wurden also auch die Perspektiv-Diskrepanzen als
weiteres Ähnlichkeits- beziehungsweise Differenzmaß für die Beurteilung des Übereinstim-
mungsgrades betrachtet.
3.5 Datenanalyse 227

Um die Veränderungen im Übereinstimmungsgrad analysieren zu können, wurden zunächst für


jede der zwanzig Führungspersonen Differenzwerte für die beiden Messzeitpunkte gebildet,
indem zur jeweiligen Variablen der Mittelwert der Fremdeinschätzungen vom Wert der Selbst-
einschätzung abgezogen wird. Anschließend wurde aus den Absolutwerten der Differenzen der
Einzelfälle jeweils ein gruppenspezifischer Mittelwert gebildet. Damit ergibt sich für jede der
vier Gruppen (gesamte Interventionsgruppe, Vergleichsgruppe C, Interventionsgruppen A und
B) zu jeder der elf Variablen (zehn Führungsstile des MLQ und Mittelwert der
transformationalen Skalen „TF“) ein Absolutwert der Differenzen für t1 und t2. Der
Absolutwert der Differenzen zu t2 wurde vom Absolutwert der Differenzen zu t1 abgezogen
und damit ein Wert für das Ausmaß der Veränderung im Übereinstimmungsgrad bestimmt.
Negative Werte bedeuten eine Verringerung des Übereinstimmungrades, da sie anzeigen, dass
der Absolutwert der mittleren Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zugenom-
men hat. Positive Werte implizieren entsprechend eine Erhöhung des Übereinstimmungsgrades.
Die jeweiligen Differenzwerte wurden für jede Gruppe bestimmt und auf deskriptiver Ebene
analysiert, inwieweit die beobachteten Veränderungen den erwarteten Veränderungen entspre-
chen und inwieweit sich Gruppenunterschiede im Aumaß der Veränderung aufzeigen lassen.

3.5.5.2 Überprüfung der Veränderungen auf Individuumsebene


Die Überprüfung von Veränderungen im Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremd-
einschätzungen erfolgte auf Individuumsebene ausschließlich über den Vergleich der Niveauun-
terschiede zwischen den Ratingscores der unterschiedlichen Beurteilerperspektiven. Die Diffe-
renzwerte wurden äquivalent zur Gruppenauswertung bestimmt, nur dass keine Mittelwerte
gebildet wurden. Auch auf Einzelfallebene wurden also die jeweiligen Absolutwerte der Diffe-
renzen aus der Selbsteinschätzung und den aggregierten Mitarbeitereinschätzungen zu t2 von
den Differenzwerten zu t1 abgezogen und damit ein positiver oder negativer Differenzwert ge-
bildet, der das Ausmaß der Veränderung im Übereinstimmungsgrad anzeigt. Die jeweiligen
Differenzwerte wurden für jede einzelne Führungsperson bestimmt und auf deskriptiver Ebene
analysiert, inwieweit die beobachteten Veränderungen den erwarteten Veränderungen entspre-
chen.
Zur Generierung von Wirksamkeitunterschiedshypothesen auf der Basis der Einzelfall-
ergebnisse wurden die Interventionsgruppen A und B dahingehend verglichen, in wievielen
Einzelfällen die erwarteten Veränderungen (= erfolgreiche Einzelfälle) eintreten. Es wurde der
relative Anteil der erfolgreichen Fälle an der Gesamtzahl der Fälle in der jeweiligen Gruppe
bestimmt.

3.5.6 Exploration der Wirksamkeit der Einzelcoachings anhand subjektiver Kriterien

In Abschnitt 3.5.6.1 wird über die Auswertung der Skalenfragen berichtet, Abschnitt 3.5.6.2
widmet sich dem Vorgehen bei der Interviewauswertung. In Abschnitt 3.5.6.3 werden die Kate-
goriensysteme der Interviewauswertung dargestellt.

3.5.6.1 Skalenfragen zur individuellen Zielerreichung und zur Entwicklung des Füh-
rungsverhaltens
Die jeweiligen Einschätzungen zum Ausmaß der Erreichung der einzelfallspezifischen
Coachingziele zu den drei Messzeitpunkten vor Durchführung des Coachings (t1), Abschluss
des Coachings (t2) und zum Follow-up-Termin (t3) wurden für jeden der sechs Einzelfälle in
ihrem Verlauf visualisiert. Auch die intraindividuellen Veränderungen in den jeweiligen Bewer-
3 Methode 228

tungen des eigenen Führungsverhaltens auf der Fortschrittskala zum Führungsverhalten über die
drei Messzeitpunkte hinweg wurden für jeden Einzelfall veranschaulicht. Zur Interpretation der
Ergebnisse aus den Skalenfragen wurden die schriftlichen Kommentare zusammengefasst, die
die Coachingteilnehmer zu den offenen Fragen der Dokumentationsbogen 6 bis 9 angemerkt
hatten. Abschließend wurden die so ermittelten Ergebnisse fallübergreifend interpretiert.

3.5.6.2 Vorgehen bei der Interviewauswertung


Die Outputinterviews, die von einer Studentin zum Abschluss der Coachings mit den sechs
Coachingteilnehmern geführt worden waren, wurden inhaltsanalytisch ausgewertet (vgl. Müller,
2009). Die Analyse des verbalen Datenmaterials orientierte sich dabei an den Schritten der qua-
litativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2007). Als Interpretationsform wurde die inhaltliche
Strukturierung gewählt, die nach Mayring (2007) das Material „zu bestimmten Themen, zu be-
stimmten Inhaltsbereichen extrahieren und zusammenfassen“ (S. 85) will. Zusätzlich zu theo-
riegeleiteten Kategorien können dabei auch direkt aus dem Text abgeleitete induktive Katego-
rien gebildet werden, die sich nicht auf „vorab formulierte Theorienkonzepte [...] beziehen“
(Mayring, 2007, S. 75). Die theoretische Vorstrukturierung der Aussagen ergab sich aus den
Fragestellungen des Interviewleitfadens (siehe 3.4.4.2).

a) Aufbereitung des Datenmaterials


Zur Auswertung wurden die auf Tonband aufgenommenen Interviews in schriftliche Form über-
tragen. Die Transkription des Materials fand in normalem Schriftdeutsch statt, da nicht formale,
sondern allein inhaltliche Aspekte interessierten. Dabei kamen bestimmte Transkriptionsregeln
in Anlehnung an Bortz und Döring (2006) sowie an Dittmar (2002) zur Anwendung. Alle Inter-
viewfragen und Antworten wurden transkribiert. Die Namen der erwähnen Personen wurden
anonymisiert. Zu jedem Interview wurde ein Transkriptionskopf mit Angaben zu Datum, Inter-
viewer und Ersteller des Transkripts erstellt. Die Äußerungen des Interviewers wurden in Groß-
buchstaben geschrieben und bei Sprecherwechsel wurde jeweils eine neue Zeile verwendet,
sodass die Gesprächsanteile deutlich dem Interviewer und dem Befragten zuzuordnen sind.

b) Definition der Analyseeinheiten


Mayring (2007) fordert eine Festlegung von Analyseeinheiten, um die Genauigkeit der Inhalts-
analyse zu erhöhen und die intersubjektive Überprüfbarkeit zu gewährleisten. Die kleinste
Kodiereinheit ist die ein Wort umfassende Aussage „positiver“ auf die Frage zu Veränderungen
bei Gefühlen und Einstellungen. Die Codevergabe kann sich auch über eine ganze Antwort aus-
dehnen, die teilweise durch Zwischenfragen des Interviewers unterbrochen sein kann. Somit
besteht die Möglichkeit, dass auch mehrere Absätze eine Kontexteinheit bilden. Die Analyse-
einheit legt nach Mayring (2007) fest, in welcher Reihenfolge die Textteile ausgewertet werden.
Die sechs Output-Interviews bilden jeweils eine eigene Analyseeinheit.

c) Zuordnung der Aussagen zu Kategorien


Es wurden Kodierregeln formuliert, um die Zuordnung der Aussagen zu den Kategorien zu er-
leichtern. Zur beispielhaften Veranschaulichung des Geltungsbereiches der einzelnen Katego-
rien wurden Ankerbeispiele aus dem Material herangezogen. Bei möglichen Überschneidungen
wurden Abgrenzungsregeln formuliert (vgl. Rustemeyer, 1992). Aussagen, die in keine der Ka-
tegorien passten und auch keine neuen Informationen beinhalteten, fielen in die Restkategorie.
3.5 Datenanalyse 229

d) Darstellung der Ergebnisse


Die Ergebnisse der Interviewauswertung werden fallübergreifend dargestellt. Die Auswertung
geschieht durch den Bezug der durchschnittlichen relativen Häufigkeiten der Kategorien auf die
Gesamtzahl der Kodierungen eines Kategoriensystems. Dafür wird die Anzahl der Kodierungen
der jeweiligen Kategorie jedes einzelnen Teilnehmers durch die Anzahl der Aussagen des Teil-
nehmers insgesamt geteilt. Diese relativen Häufigkeiten der sechs Coachingteilnehmer werden
dann aufsummiert und durch die Anzahl der Teilnehmer (N=6) dividiert. Durch diese Vorge-
hensweise können die Unterschiede in der Interviewlänge und somit die absoluten Häufigkeiten
der Aussagen pro Coachingteilnehmer berücksichtigt werden.

3.5.6.3 Kategoriensysteme
Im Folgenden werden die zwei Kategoriensysteme zur allgemeinen Einschätzung des Coa-
chings und zur subjektiven Veränderungen durch das Coaching mit den Definitionen der Kate-
gorien sowie den Ankerbeispielen und Abgrenzungsregeln vorgestellt. Die zwei Systeme erga-
ben sich aus der Strukturierung des Interviewleitfadens.

a) Kategoriensystem zur allgemeinen Einschätzung des Coachings


Das erste Kategoriensystem zur allgemeinen Einschätzung des Coachings kodiert Aussagen, in
denen das Coaching generell positiv bewertet wird oder in denen Verbesserungsvorschläge zum
Coaching benannt werden.
Um den subjektiven Einschätzungen der Coachingteilnehmer gerecht zu werden, wur-
den diese Kategorien induktiv gebildet. Tabelle 3.5.1 zeigt die einzelnen Kategorien des Sys-
tems zur allgemeinen Einschätzung des Coachings.

Tabelle 3.5.1: Überblick über das Kategoriensystem Allgemeine Einschätzung des Coachings
Name der Kategorie Abkürzung
Positive Einschätzung aufgrund der erfolgreichen Arbeit an konkreten
Ziele
Coachingzielen
Positive Einschätzung aufgrund der Individuumsorientierung Individuumsorientierung

Positive Einschätzung der Gestaltung des Coachingprozesses Prozess


Positive Einschätzung bedingt durch die gute Beziehung zwischen
Beziehung
Coach und Coachingteilnehmer
Allgemeine positive Aussagen zum Coaching Allgemein

Positive Einschätzung bedingt durch weitere Gründe Sonstiges

Verbesserungsvorschläge zu zeitlichen Aspekten Zeit


Verbesserungsvorschläge zur stärkeren Unterstützung des Alltagstrans-
Unterstützung
fers durch Coach und Vorgesetzte
3 Methode 230

Positive Einschätzung aufgrund erfolgreicher Arbeit an Zielen (Ziele)


In dieser Kategorie werden Aussagen kodiert, die das Coaching aufgrund von klaren Zielset-
zungen und der konsequenten und erfolgreichen Verfolgung dieser Ziele positiv bewerten.
Ankerbeispiel:
Dass es ein sehr, sehr großer Erfolg war. Also – hat eingeschlagen, weil wir Ziele ge-
steckt haben und dran geblieben sind. Das hat’s erreicht (Teilnehmer F).

Positive Einschätzung aufgrund der Individuumsorientierung (Individuumsorientierung)


Hier hinein fallen Aussagen, die das Coaching als positiv einschätzen, da es am Individuum
orientiert durchgeführt wurde.
Ankerbeispiel:
Äh – zum einen des, des Zwanglose, dass es nicht in eine [...] gewisse Richtung schon
immer geht, dass man merkt, dass diese, dass schon gewisse Meilensteine vordefiniert
sind, also dass man wirklich gemeinsam miteinander bespricht oder herausfindet, was,
was für mich wichtig ist. Äh, des is, des is für mich wirklich ein Meilenstein (Teilneh-
mer A).

Positive Einschätzung des Coachingprozesses (Prozess)


Hier werden Aussagen kodiert, die den Ablauf oder die Struktur des Coachings positiv hervor-
heben.
Ankerbeispiel:
[...] die Abfolge der Themen, die Struktur in den Sitzungen, die Länge der einzelnen
Coachingtermine, das war vollkommen in Ordnung (Teilnehmer C).
Auch werden hier positive Aussagen zur Vorgehensweise wie auch zu den Methoden des Coa-
chings aufgenommen.
Ankerbeispiel:
Und weil’s einfach ein guter Wechsel war zwischen, zwischen theoretischen Ansätzen
und praktischem Doing (Teilnehmer D).

Positive Einschätzung bedingt durch die gute Beziehung zwischen Coach und
Coachingteilnehmer (Beziehung)
Diese Kategorie beinhaltet Aussagen, die die Beziehung und die Gespräche zwischen Coach
und Klient als positiv und hilfreich einschätzen.
Ankerbeispiel:
Hm, die Basis der Zusammenarbeit also des, meiner Ansicht nach, war eine gute Ver-
trauensbasis, eine offene Basis, ich hab mich da jetzt nicht irgendwie eingeschränkt in
meinen Aussagen (Teilnehmer A).

Allgemeine positive Aussagen (Allgemein)


Darunter fallen Aussagen, in denen das Coaching allgemein positiv bewertet wird, ohne dass ein
einzelner Aspekt – wie die Struktur, die Individuumsorientierung, die Beziehung zwischen
Coach und Coachingteilnehmer oder Methoden des Coachings – hervorgehoben wird.
Ankerbeispiel:
Äh, also das war insgesamt überaus erfolgreich, äh, für mich selbst ja (Teilnehmer E).
3.5 Datenanalyse 231

Positive Einschätzung bedingt durch weitere Gründe (Sonstiges)


In dieser Kategorie werden positive Aussagen zu Einzelaspekten kodiert, die nur einmal ge-
nannt wurden. Dazu gehört z.B. die freiwillige Teilnahme am Coaching.
Ankerbeispiel:
Dass man sich entscheiden kann, ob man das einzeln, ob man das Einzelcoaching teil-
nimmt, äh, und auch, äh, die Auswahl des Ansprechpartners oder des Coachs selbst
(Teilnehmer D).

Darunter fällt auch eine einmalig genannte positive Aussage zur Verbesserung des persönlichen
Empfindens durch das Coaching.
Ankerbeispiel:
Ja an meinem persönlichen Empfinden, also wenn ich jetzt vergleich, wie ich, wie ich,
äh, wie’s mir zu Beginn des Coachings ging, und wie ich mich jetzt fühle, denk ich
schon, dass des für mich, äh, sehr hilfreich war (Teilnehmer A).

Verbesserungsvorschläge zu zeitlichen Aspekten (Zeit)


Diese Kategorie beinhaltet Verbesserungsvorschläge, die den Wunsch nach mehr Zeit für das
Coaching und/oder nach anderen Zeiten für die Coachingtermine oder das Coaching an sich
ausdrücken.
Ankerbeispiel:
[...] also die, es müssten mehr, mehr Termine sein, äh, es müsste, äh zu vernünftigeren
Zeiten, Zeiten sein, und - ja, einfach dieser, der Zeitfaktor, bisschen mehr Zeit, weil man
doch, doch manche Bereiche nur am Rand streifen, streifen konnte und auch einige Be-
reiche, die mir trotzdem noch wichtig sind, jetzt nicht behandelt wurden, weil halt der
andere dann wichtiger war [...] (Teilnehmer F).

Verbesserungsvorschläge zur Unterstützung des Alltagstransfers (Unterstützung)


Darunter fallen Aussagen, die den Wunsch zur stärkeren Unterstützung des Alltagstransfers
durch den Coach oder den eigenen Vorgesetzten ausdrücken.
Ankerbeispiel:
[...] Ein Coaching auch mal, wenn ich wirklich dann was tue, also nicht nur im Zweier-
gespräch, sondern wirklich mich dann mal, ja, im Doing im Alltag begleiten (Teilneh-
mer E).

b) Kategoriensystem zu subjektiven Veränderungen


Dieses Kategoriensystem enthält die von den sechs Coachingteilnehmern genannten subjektiven
Veränderungen, die sich durch das Coaching ergeben haben. Die Kategorien dieses Systems
ergaben sich aus der Struktur des Interviewleitfadens mit Fragen zu Veränderungen im Bereich
Selbsteinschätzung, Emotionen und Einstellungen und Verhalten (siehe Tabelle 3.5.2) Für Aus-
sagen, die nicht in diese drei Bereiche fallen, wurde die Restkategorie „weitere positive Verän-
derungen“ vorgesehen.
3 Methode 232

Tabelle 3.5.2: Überblick über das Kategoriensystem Veränderungen durch das Coaching
Name der Kategorie Abkürzung
Positive Veränderungen im Bereich der Selbsteinschätzung und
Selbsteinschätzung
-bewertung
Positive Veränderungen im Bereich der Emotionen und Einstellungen Emotionen & Einstellungen
Positive Veränderungen im Bereich Verhalten den Kollegen und
Verhalten
Mitarbeitern gegenüber
Weitere positive Veränderungen Sonstiges

Positive Veränderungen im Bereich der Selbsteinschätzung und –bewertung (Selbsteinschät-


zung)
In dieser Kategorie werden Aussagen über positive Veränderungen in der Selbstbewertung
durch wahrgenommene Verbesserungen des Führungsverhaltens kodiert.
Ankerbeispiel:
[...] Ich, ich denk, dass ich ein, ein Stück weit konkreter bin, als, als vorher, ich bin bis-
her ein Stück weit, äh, ja, zielstrebiger, bin strukturierter, [...] Ich bewerte Situationen
anders und, äh, ich denk des ich ein Stück weit effektiver bin (Teilnehmer D).
Auch fallen darunter Aussagen über positive Veränderungen der Selbsteinschätzung, indem
durch das Coaching die eigenen Ressourcen bewusst gemacht wurden.
Ankerbeispiel:
Ich bin mir meiner Stärken bewusst geworden, das auch (Teilnehmer F).

Positive Veränderungen im Bereich der Emotionen und Einstellungen (Emotionen & Ein-
stellungen)
Der Interviewte erwähnt hier positive Veränderungen bei Gefühlen und Einstellungen z.B. mehr
Freude an der Arbeit an sich, positivere Einstellungen gegenüber den Mitarbeitern und Kollegen
oder eine Erweiterung der eigenen Sichtweisen.
Ankerbeispiel:
Ähm, sie sind positiver geworden. Positiver den Kollegen und Kolleginnen gegenüber.
[…] und auch die Erwartung jetzt einzelne Schritte erfolgreich zu erreichen. Also hoff-
nungsvoller (Teilnehmer B).

Positive Veränderungen im Bereich Verhalten den Kollegen und Mitarbeitern gegenüber


(Verhalten)
In dieser Kategorie werden Aussagen über positive Veränderungen im Verhalten wie z.B. Ver-
besserung der Zusammenarbeit mit Kollegen und Mitarbeitern und die Stärkung deren Eigen-
verantwortlichkeit kodiert.
Ankerbeispiel:
Ich frag meine Mitarbeiter mehr und, ähm, binde sie mehr in Lösungen mit ein (Teil-
nehmer E).
Ebenso fallen darunter Aussagen über positive Veränderungen im Verhalten, die ein sichereres
und gelasseneres Auftreten beinhalten.
Ankerbeispiel:
Ich bin sicherer geworden, für mich selbst und äh auch sicherer im Umgang mit den
Mitarbeitern [...] (Teilnehmer A).
3.5 Datenanalyse 233

Weitere positive Veränderungen (Sonstiges)


In diese Kategorie werden alle weiteren Aussagen zu positiven Veränderungen durch das Coa-
ching aufgenommen, die keinem der anderen Bereiche zugeordnet werden können.
Ankerbeispiel:
[...] meine Erkenntnis is, nicht mehr alles so ernst zu nehmen und, wie gesagt, ein
Gleichgewicht zwischen Beruf und, und Alltag einfach mal herzustellen und den Beruf
nicht, nicht immer so in den, in den Mittelpunkt zu rücken, weil mir’s einfach nicht gut
tut (Teilnehmer A).

3.5.7 Exploration der Zusammenhänge zwischen Veränderung in den Führungsstilen,


Übereinstimmungsgrad und Selbstdarstellungsclustern

In den Abschnitten 3.5.7.1 und 3.5.7.2 werden die Datenanalysen zur Beantwortung der Frage-
stellungen III/1 und III/2 beschrieben. Von Interesse ist zum einen der Zusammenhang zwi-
schen dem Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen mit dem Aus-
maß der Veränderung in den Führungsstilen, zum anderen der Zusammenhang zwischen dem
Übereinstimmungrad und der Zugehörigkeit zu den Selbstdarstellungsclustern aus Fragestellung
I/2.

3.5.7.1 Datenanalysen zum Zusammenhang zwischen Übereinstimmungsgrad mit Verän-


derungen in den Führungsstilen
Um potenzielle, systematische Zusammenhänge zwischen dem Übereinstimmungsgrad von
Selbst- und Fremdeinschätzungen mit dem Ausmaß der Veränderung in den Führungsstilen zu
erkunden, wurden sowohl korrelative Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Differenzwer-
ten ermittelt als auch Unterschiede in den vier Gruppen von Selbsteinschätzern nach
Yammarino und Atwater (1993) exploriert.

a) Korrelative Zusammenhänge
Die absoluten Differenzwerte zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu den jeweiligen
Führungsstilen zu t1 (= Übereinstimmungsgrad zu t1) wurden mit den absoluten Differenzwer-
ten der Ausprägung der jeweiligen Führungsstile zu t1 und t2 (Ausmaß der Veränderung) korre-
liert (Pearson-Korrelationen).

b) Vergleich von vier Selbsteinschätzungstypen (Clustern)


Die 20 Führungspersonen wurden nach den vier Selbsteinschätzungstypen nach Yammarino
und Atwater (1993) geclustert. Anschließend wurde analysiert, inwieweit Gruppenunterschiede
im Ausmaß der Veränderung der Führungsstile festzustellen sind.

Zuordnung der Führungspersonen zu den vier Selbsteinschätzungstypen


Um die Führungspersonen den vier Selbsteinschätzungstypen (Clustern) zuzuordnen, wurden
zunächst deren jeweilige Differenzwerte zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 zu
den Variablen Transformationale Führung, Contingent Reward und Laissez Faire den vier
Gruppen zugeteilt. Für die Variablen Transformationale Führung und Contingent Reward ergab
sich folgende Zuordnung: Führungspersonen mit Werten unter -0.5 wurden als Unterschätzer
klassifiziert, Führungspersonen mit Werten zwischen -0.5 und 0.5 wurden dem Cluster In-
Agreement zugeordnet und Führungspersonen mit Werten über 0.5 kamen in die Kategorie
3 Methode 234

Überschätzer. Für die Variable Laissez Faire wurde entsprechend entgegengesetzt klassifiziert,
da hier niedrige Ausprägungen erwünscht sind: Führungspersonen mit Werten unter -0.5 wur-
den als Überschätzer klassifiziert, Führungspersonen mit Werten zwischen -0.5 und 0.5 wurden
dem Cluster In-Agreement zugeordnet und Führungspersonen mit Werten über 0.5 kamen in die
Kategorie Unterschätzer. Um die Führungspersonen des Clusters In-Agreement den zwei Grup-
pen In-Agreement Good und In-Agreement Poor zuzuordnen, wurde nach folgendem Schema
vorgegangen: Führungspersonen, deren Werte zu t1 in den Variablen Transformationale Füh-
rung und Contingent Reward jeweils über beziehungsweise für die Variable Laissez Faire unter
dem jeweiligen Mittelwert der Gesamtstichprobe liegen, wurden dem Selbsteinschätzungstyp
In-Agreement Good zugeordnet. Führungspersonen, deren Werte zu t1 in den Variablen
Transformationale Führung und Contingent Reward entsprechend jeweils unter beziehungswei-
se für die Variable Laissez Faire über dem jeweiligen Mittelwert der Gesamtstichprobe liegen,
wurden dem Selbsteinschätzungstyp In-Agreement Poor zugeordnet.
Um eine variablenübergreifende Zuordnung der 20 Führungspersonen zu den vier
Selbsteinschätzungstypen (Clustern) zu ermöglichen, wurden die variablenspezifischen Cluster-
zuordnungen verglichen und die Führungspersonen nach folgendem Schema einem der vier
variablenübergreifenden Cluster zugeordnet: Führungspersonen, die mindestens bei zwei der
drei Variablen (TF, CR und LF) die gleiche variablenspezifische Clusterzugehörigkeit aufwie-
sen, wurden diesem Cluster zugeordnet.

Vergleich der vier Selbsteinschätzungstypen: Ausmaß der Veränderung in den Führungssti-


len
In einem ersten Schritt wurden die Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung sowohl
für die Selbst- als auch die Fremdeinschätzungen ermittelt und die Unterschiede in den
Differenzscores deskriptiv gegenübergestellt. Im zweiten Schritt erfolgte eine Überprüfung der
Gruppenunterschiede mittels einfaktorieller multivariater Varianzanalyse. Dabei wurden sowohl
die variablenübergreifenden Übereinstimmungsclustern als auch die variablenspezifischen
Übereinstimmungsclustern hinsichtlich der mittleren Differenzscores (Ausmaß der Verände-
rung) in den Führungsstilen verglichen. Darüber hinaus erfolgte ein Vergleich der Gruppen
anhand der Mittelwerte aus der direkten Veränderungseinschätzung zu den jeweiligen Füh-
rungsstilen.

3.5.7.2 Datenanalysen zum Zusammenhang zwischen Übereinstimmungsgrad mit den


Selbstdarstellungsclustern
Um potenzielle, systematische Zusammenhänge zwischen dem Übereinstimmungsgrad von
Selbst- und Fremdeinschätzungen und der Zugehörigkeit zu einem der vier Selbstdarstellungs-
cluster aus Fragestellung I/2 zu erkunden, wurden die Gruppenunterschiede in den mittleren
Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 und t2 sowohl variablenspezi-
fisch als auch variablenübergreifend zum einen deskriptiv analysiert, zum anderen varianzanal-
tisch überprüft.
4.1 Zusammenhang Selbstdarstellungs- und Führungsstile: Variablenzentrierte Untersuchung 235

4 Ergebnisse

In Kapitel 4 werden die Einzelergebnisse zu den in Kapitel 2 beschriebenen neun Fragestellun-


gen in je einem gesonderten Hauptabschnitt (4.1 bis 4.9) dargestellt. Zu Beginn eines jeden
Abschnitts wird jeweils die entsprechende Fragestellung aufgeführt. Die zusammenfassende
Beantwortung der neun Fragestellungen erfolgt in Abschnitt 5.1.1.
Generell gilt, dass der Ergebnisteil bereits erste Interpretationen enthält, die im strengen
Sinne auf die Ergebnisdiskussion in Kapitel 5 vorgreifen. Die Vielzahl der Fragestellungen be-
ziehungsweise Hypothesen legt es jedoch nahe, durch unmittelbar eingebaute Interpretationen
oder Zusammenfassungen die Verständlichkeit der Einzelergebnisse zu erhöhen. In Kapitel
5.1.1, der eigentlichen Ergebnisinterpretation und -diskussion, werden die zentralen Ergebnisse
zu jeder der neun Fragestellung zusammengefasst. In Abschnitt 5.1.2 werden die Ergebnisse der
einzelnen Fragestellungen zueinander in Beziehung gesetzt und auf dieser Basis die drei über-
geordneten Forschungsfragen beantwortet.

4.1 Zusammenhang von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen: Variablenzen-


trierte Untersuchung

In Abschnitt 4.1 wird über die Einzelergebnisse zu Fragestellung I/1 (siehe Kasten) berichtet.
Fragestellung I/1:
Lassen sich systematische Zusammenhänge zwischen der jeweiligen Ausprägung der Führungs-
stile des Full Range of Leadership, der internen Erfolgskriterien von Führung und den jeweili-
gen Ausprägungen von Selbstdarstellungsstilen nachweisen? Wenn ja: Welche Zusammenhänge
bestehen und wie lassen sich diese interpretieren?

In Abschnitt 4.1.1 erfolgt die Darstellung der deskriptiven Statistik und der korrelativen Zu-
sammenhänge der erfassten Variablen, in Abschnitt 4.1.2 werden die Ergebnisse der
explorativen Faktorenanalyse berichtet.

4.1.1 Deskriptive Statistik und korrelative Zusammenhänge

Es werden zunächst die Mittelwerte, Standardabweichungen und Interkorrelationen der Skalen


des MLQ sowie der verschiedenen Selbstdarstellungsstile dargestellt, bevor die korrelativen
Zusammenhänge zwischen Selbstdarstellungs- und Führungsstilen aufgezeigt werden.

4.1.1.1 Skalenkennwerte und Interkorrelationen im MLQ


In den Tabellen 4.1.1 und 4.1.2 sind die Mittelwerte und Standardabweichung der einzelnen
Dimensionen des MLQ sowie deren Interkorrelationen getrennt für die zwei Perspektiv-
Versionen (Mitarbeiter- und Selbsteinschätzungen) beschrieben. Zur Berechnung der Skalenin-
terkorrelationen wurden Produkt-Moment-Korrelationen (Pearson) verwendet.
4 Ergebnisse 236

a) Daten der Mitarbeitereinschätzungen


Tabelle 4.1.1 zeigt die Skalenkennwerte und Interkorrelationen der MLQ-Skalen der Daten aus
der Mitarbeitereinschätzung zu t1.

Tabelle 4.1.1: Skalenkennwerte und Interkorrelationen (Pearson) der MLQ-Skalen (Daten aus der Mitar-
beitereinschätzung zu t1; N = 174)

MBA

MBP
AUS

EEF

EFF
α

IMa

CR
Fremd M SD

IIb
TF

LF
IIa

IC
IS
TF 3.57 .43 .95 1.00
IIa 3.56 .48 .76 .93** 1.00
IIb 3.65 .42 .80 .95** .85** 1.00
IMa 3.67 .55 .87 .78** .61** .70** 1.00
IS 3.59 .42 .84 .90** .75** .82** .75** 1.00
IC 3.59 .46 .88 .92** .89** .87** .54* .78** 1.00
AUS 3.37 .56 .93 .92** .93** .87** .54* .75** .88** 1.00
CR 3.74 .49 .76 .95** .85** .91** .69** .92** .89** .88** 1.00
MBA 2.98 .38 .52 -.06 -.20 -.04 -.11 .08 .01 -.04 -.05 1.00
MBP 2.11 .53 .83 -.71** -.68** -.66** -.63** -.74** -.57** -.55* -.73** .29 1.00
LF 2.22 .52 .71 -.72** -.73** -.67** -.42 -.71** -.68** -.67** -.81** .15 .83** 1.00
EEF 3.44 .47 .89 .87** .82** .87** .51* .75** .88** .87** .88** .18 -.58** -.66** 1.00
EFF 3.64 .54 .86 .95** .94** .90** .64** .85** .90** .92** .92** -.12 -.77** -.80** .83** 1.00
SAT 3.68 .55 .90 .86** .91** .84** .51* .72** .80** .86** .83** -.24 -.66** -.76** .75** .90**
Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05; Erfassung der Ausprägung der Variablen auf einer Skala von 1 („nie“) bis 5 („regelmäßig“);
TF= Transformationaler Führung; IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire, EEF=Extra Effort,
EFF=Leader Effectiveness, SAT=Satisfaction with leadership

Es fällt auf, dass alle Mittelwerte der transformationalen Skalen (TF bis AUS), der transaktiona-
len Skala Contingent Reward (CR) sowie der Erfolgskriterien von Führung (EEF bis SAT) über
dem Skalenmittel (Skalenwerte von 1 bis 5) liegen, während die Mittelwerte der transaktionalen
Skala Management by Exception active (MBA) und der vermeidenen Führungsstile Manage-
ment by Exception passive (MBP) und Laissez Faire (LF) unter dem Skalenmittel liegen. Die
transaktionale Skala Contingent Reward (CR) ist dabei im Mittel am höchsten ausgeprägt.
Die Mittelwerte der Fremdeinschätzungen in der Stichprobe liegen für die
transformationalen Skalen sowie für die transaktionale Skala Contingent Reward (CR) durch-
wegs höher als die Mittelwerte der Fremdeinschätzungen in der deutschen Vergleichsstichprobe
nach Felfe (2006b; N = 3475 Mitarbeitereinschätzungen; siehe Anhang 1.1). Auch die Mittel-
werte der Erfolgskriterien von Führung sind in der Stichprobe höher als in der Vergleichsstich-
probe. Hingegen liegen die Mittelwerte von Management by Exception active (MBA) sowie der
passiven Stile Management by Exception passive (MBP) und Laissez Faire (LF) unter den Mit-
telwerten der Vergleichsstichprobe. Insgesamt fallen also die Mitarbeiterbeurteilungen in der
Stichprobe der 20 Führungskräfte im Vergleich zur Normstichprobe sehr positiv im Sinne der
erwünschten Ausprägung der Stile des Full Range of Leadership aus.
Wie erwartet, korrelieren die transformationalen Skalen hoch miteinander (r = .54 bis
.93) und negativ mit Management by Exception passive (r = -.55 bis -.74) und Laissez Faire
(r = -.42 bis -.73). Dasselbe Muster zeigt sich für die Skala Contingent Reward: Sie korreliert
hoch mit den transformationalen Skalen (r =.69 bis .92) und negativ mit Management by
Exception passive (r = -.73) und Laissez Faire (r = -.81). Management by Excpetion active kor-
reliert sehr gering bis gering mit allen anderen Skalen (höchste Korrelation von r = .29 mit der
4.1 Zusammenhang Selbstdarstellungs- und Führungsstile: Variablenzentrierte Untersuchung 237

Skala Management by Exception passive). Das Muster der Interkorrelationen entspricht den
Interkorrelationen der MLQ-Skalen, wie sie bei Felfe (2006b) beschrieben werden.
Ebenfalls wie erwartet, korrelieren die transformationalen Skalen hoch mit den internen
Erfolgskriterien von Führung Extra Effort, Leader Effetiveness und Satisfaction with
Leadership (r = .51 bis .94). Auch Contingent Reward korreliert hoch mit den Erfolgskriterien
(r = .76 bis .82), während die Skalen Management by Exception Passive und Laissez Faire ne-
gativ mit den internen Erfolgskriterien zusammenhängen (r = -.58 bis -.80). Management by
Exception active korreliert nur gering mit den internen Erfolgskriterien (höchste Korrelation
von r = -.24 mit Satisfaction).

b) Daten der Selbsteinschätzungen


Tabelle 4.1.2 zeigt die Skalenkennwerte und Interkorrelationen der Führungsstil-Skalen der
Selbsteinschätzungsdaten zu t1.

Tabelle 4.1.2: Skalenkennwerte und Interkorrelationen (Pearson) der MLQ-Skalen (Daten aus der Selbst-
einschätzung zu t1; N = 20)

Selbst_MBA

Selbst_MBP

Selbst_EEF

Selbst_EFF
Selbs_AUS

Selbst_CR
Selbst_IM
SelbstI_Ib
Selbst_TF

Selbst_LF
Selbst_IIa

Selbst_IC
Selbst_IS

Selbst M SD α

TF 3.84 0.43 .85 1.00


IIa 3.60 0.49 .10 .74** 1.00
IIb 4.01 0.61 .76 .76** .63** 1.00
IM 3.86 0.66 .72 .84** .52* .61** 1.00
IS 3.96 0.49 .71 .73 **
.32 .48* .63** 1.00
IC 4.03 0.48 .67 .83** .58** .56** .66** .51* 1.00
AUS 3.60 0.65 .81 .67** .40 .21 .41 .45* .54* 1.00
CR 3.75 0.50 .46 .78 **
.71 **
.50 *
.65 **
.45 *
.68** .60** 1.00
MBA 2.98 0.57 .39 -.19 -.37 -.24 -.26 -.19 -.07 .23 -.23 1.00
MBP 2.16 0.53 .52 -.21 -.15 -.29 -.29 -.23 .00 .01 -.02 .10 1.00
LF 1.86 0.60 .60 -.53* -.32 -.22 -.38 -.55* -.45* -.52* -.48* -.11 .26 1.00
EEF 3.65 0.68 .74 .69** .40 .36 .54* .57** .59** .69** .58** .04 -.40 -.62** 1.00
EFF 4.04 0.44 .42 .62** .29 .35 .43 .45* .43 .83** .48* .28 -.14 -.59** .76** 1.00
SAT 3.78 0.62 .81 .71** .44 .38 .61** .65** .58** .60** .55* -.17 -.20 -.36 .73** .57**
Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05; Erfassung der Ausprägung der Variablen auf einer Skala von 1 („nie“) bis 5 („regelmäßig“);
TF= Transformationale Führung; IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivati-
on; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire, EEF=Extra Effort

Es wird deutlich, dass die Mittelwerte der Selbsteinschätzungen zu allen Skalen außer Laissez
Faire über den Mittelwerten der Fremdeinschätzungen liegen. Die Führungskräfte können dem-
nach im Mittel gegenüber der Einschätzung durch ihre Mitarbeiter als Überschätzer (siehe
1.4.3.2) eingeordnet werden (zur Übereinstimmung von Selbst- und Fremdeinschätzungen im
Detail siehe 4.4 sowie 4.8).
Die Interkorrelationen zwischen den transformationalen Skalen fallen in der Selbstein-
schätzung niedriger aus als in der Fremdeinschätzung (höchste Korrelation von r = .66 zwischen
Individual Consideration und Inspirational Motivation). Auffällig ist die nur mittelhohe Korrela-
tion von r = .32 zwischen Intellectual Stimulation und Idealized Influence attributed, die im
Gegensatz zur hohen Korrelation dieser Skalen von r = .75 in der Fremdeinschätzung steht. Bei
der Skala Ausstrahlung bestehen ebenfalls nur mittelhohe Korrelationen zu den anderen
transformationalen Skalen (zwischen r = .21 und .54). Die Skalen Management by Exception
passive und Management by Excpetion active korrelieren jeweils nur gering mit den anderen
4 Ergebnisse 238

Skalen und untereinander. Laissez Faire korrliert auch hier wie erwartet mit allen
transformationalen Skalen negativ (r = -.32 bis -.55). Die Skala Contingent Reward korreliert
hoch mit den transformationalen Skalen (r = .45 bis .71) und negativ mit Management by
Exception active (r = -.23) und Laissez Faire (r = -.48).
Die transformationalen Skalen korrelieren mittelhoch bis hoch mit den internen Er-
folgskriterien von Führung Extra Effort, Leader Effetiveness und Satisfaction with Leadership
(r =.29 bis .83). Auch Contingent Reward korreliert hoch mit den Erfolgskriterien (r =.48 bis
.58), während die Skalen Management by Exception Passive und Laissez faire negativ mit den
internen Erfolgskriterien zusammenhängen (r = -.14 bis -.62). Management by Exception active
korreliert nur gering mit den internen Erfolgskriterien (höchste Korrelation von r = -.28 mit
Leader Effectiveness).

4.1.1.2 Skalenkennwerte und Interkorrelationen der Selbstdarstellungsskalen


Tabelle 4.1.3 zeigt die Skalenkennwerte und Interkorrelationen der Selbstdarstellungsskalen der
Daten aus der Selbsteinschätzung zu t1.

Tabelle 4.1.3: Skalenkennwerte und Interkorrelationen (Pearson) der Selbstdarstellungsskalen (Selbstein-


schätzung zu t1; N = 20)

Prover
AkWa

Prova
M SD
AkSd

PRO
AK

pd
AKa 2.76 .60 .81 1.00
AkSda 2.67 .62 .58 .95** 1.0
AkWa 2.85 .64 .84 .95** .81** 1.00
PRO 1.64 .32 .65 -.36 -.26 -.43 1.00
Prova 1.52 .36 .51 -.21 -.09 -.30 .96** 1.00
Prover 1.70 .32 .78 -.50* -.42 -.53* .95** .81** 1.00
PD 3.13 .60 .87 .30 .04 .53* -.60** -.62** -.51* 1.00
MMS 2.39 .45 .84 .55* .41 .64** -.24 -.18 -.29 .47*
Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05; Erfassung der Ausprägung der Variablen auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 4 („trifft
vollständig zu“); AK=Akquisitive Selbstüberwachung, AkSd=Selbstdarstellungskompetenz (Subskala zu AK),
AkWa=Wahrnehmungssensibilität (Subskala zu AK), PRO=Protektive Selbstüberwachung, Prova=Protektive Variabilität (Subskala
zu PRO), Prover=Protektiver sozialer Vergleich (Subskala zu PRO), PD=Persönlichkeitsdarstellung, MMS=Mood Manipulator Scale

Wie auch in der Vergleichsstichprobe nach Laux & Renner (2002; N = 329; siehe Anhang 1.2
und 1.3) liegen in der Stichprobe der untersuchten Führungspersonen die Mittelwerte für die
akquisitive Selbstüberwachung über den Mittelwerten der protektiven Selbstüberwachung. Da-
bei sind in der Stichprobe der 20 Führungskräfte höhere Mittelwerte für akquisitive Selbstüber-
wachung sowohl in der Gesamtskala als auch in den Subskalen zu berichten als in der studenti-
schen Vergleichsstichprobe. Gleichzeitig liegen die Mittelwerte für die protektive Selbstüber-
wachung (Gesamtskala und Subskalen) unter den Mittelwerten der Vergleichsstichprobe.
Im Mittel schätzen sich die 20 Führungskräfte also eher als akquisitive denn als
protektive Selbstüberwacher ein, gleichzeitig beschreiben sie ihre akquisitiven Selbstüberwa-
chungstendenzen als ausgeprägter, die protektiven Selbstüberwachungstendenzen als weniger
ausgeprägt, als dies in der studentischen Stichprobe der Fall ist. Die selbst zugeschriebene Ten-
denz zur Persönlichkeitsdarstellung ist bei den 20 Führungskräften im Mittel ebenfalls höher
ausgeprägt als in der studentischen Vergleichsstichprobe (Laux et al., 2003; N = 329; siehe An-
hang 1.5) und liegt weit über dem Skalenmittelwert. Hingegen liegt die mittlere Selbsteinschät-
zung zur Ausprägung der Mood Manipulation bei den 20 Führungspersonen unter dem Mittel-
wert der überwiegend studentischen Vergleichsstichprobe (Renner, 2006; N = 100; siehe An-
hang 1.4).
4.1 Zusammenhang Selbstdarstellungs- und Führungsstile: Variablenzentrierte Untersuchung 239

Es bestehen hohe Interkorrelationen zwischen den Subskalen (AkSd und AkWa) der
akquisitiven Selbstüberwachung (r = .81) und den Subskalen (Prova und Prover) der protektiven
Selbstüberwachung (r = .81). Die Skalen und Subskalen der akquisitiven und protektiven
Selbstüberwachung korrelieren wie zu erwarten negativ (r = -.09 bis -.53), die höchste negative
Korrelation besteht zwischen der Subskala protektiver sozialer Vergleich und der Subskala
Wahrnehmungssensibilität (r = -.53). Zwischen der Skala Persönlichkeitsdarstellung und der
Skala protektive Selbstüberwachung besteht ein hoch signifikanter negativer Zusammenhang.
Dieser zeigt sich am deutlichsten zwischen der Subskala protektive Variabilität und Persönlich-
keitsdarstellung (r = -.62). Hingegen korreliert die Skala Persönlichkeitsdarstellung signifikant
positiv mit der akquisitiven Subskala Wahrnehmungssensibilität (r = .53) und leicht positiv mit
der Gesamtskala der akquisitiven Selbstüberwachung (r = .30). Die Skala Mood Manipulation
korreliert signifikant positiv mit der Skala akquisitive Selbstüberwachung (r = .55) und sogar
hoch signifikant mit der Subskala Wahrnehmungssensibilität (r = .64). Hingegen besteht ein
leicht negativer Zusammenhang zwischen Mood Manipulation und den Skalen der protektiven
Selbstüberwachung.

4.1.1.3 Korrelative Zusammenhänge zwischen Selbstdarstellungsskalen und MLQ-Skalen

a) Zusammenhänge der Selbstdarstellungsskalen mit den Fremdeinschätzungen im


MLQ
Zum Zusammenhang zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den Fremdeinschätzungen auf
den Führungsstilskalen des MLQ ergibt sich folgendes Bild (siehe Tabelle 4.1.4):
Auffällig sind die durchwegs hohen positiven Korrelationen zwischen den Skalen
transformationaler Führung und der Gesamtskala und den Subskalen akquisitiver
Selbsüberwachung (r = .32 bis .68). Hingegen bestehen leichte bis mittelhohe negative Zusam-
menhänge zwischen den Skalen transformationaler Führung und der Gesamtskala und den Sub-
skalen der protektiven Selbstüberwachung (r = -.02 bis -.32). Die Skala Persönlichkeitsdarstel-
lung korreliert von der Tendenz her eher positiv mit den Skalen transformationaler Führung
(r = .05 bis .26) mit der Ausnahme von Idealized Influence attributed (r = -.01). Die Mood Ma-
nipulator Skala korreliert signifikant positiv mit den transformationalen Skalen Inspirational
Motivation (r = .49) und Intellectual Stimulation (r = .55), zu den anderen transformationalen
Skalen bestehen leicht positive Zusammenhänge.
Für die Führungsstilskala Contingent Reward ergibt sich ein ähnliches Bild wie für die
transformationalen Führungsstile: Sie korreliert signifikant positiv mit der Gesamtskala und den
Subskalen akquisitiver Selbsüberwachung (r = .52 bis .58) und leicht negativ mit der Gesamt-
skala und den Subskalen der protektiven Selbstüberwachung (r = -.10 bis -.30). Zwischen der
Skala Contingent Reward und der Mood Manipulator Skala sowie der Skala Persönlichkeitsdar-
stellung ergibt sich ein mittelhoher positiver (r = .40) beziehungsweise ein leicht positiver
(r = .21) Zusammenhang.
Management by Exception active korreliert mit den Skalen der akquisitiven und
protektiven Selbstüberwachung negativ, zur akquisitiven Subskala Selbstdarstellungskompetenz
besteht ein signifikant negativer Zusammenhang (r = -.46). Management by Exception passive
korreliert hoch signifikant negativ mit der Gesamtskala und den Subskalen akquisitiver Selbst-
überwachung (r = -.62 bis -.71), hingegen besteht ein positiver Zusammenhang zu der Gesamt-
skala und den Subskalen der protektiven Selbstüberwachung (r = .28 bis .50). Laissez Faire
korreliert negativ mit den Skalen der akquisitiven Selbstüberwachung und leicht positiv mit den
Skalen der protektiven Selbstüberwachung.
4 Ergebnisse 240

Tabelle 4.1.4: Korrelationen (Pearson) zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den Fremdeinschät-
zungen zu den Führungsstilskalen des MLQ (N = 20/174)

Selbst_Prover
Selbst_AkWa

Selbst_Prova

Selbst_MMS
Selbst_AkSd

Selbst_PRO
Selbst_AK

Selbst_pd
Fremd

TF .61** .64** .53* -.19 -.11 -.26 .15 .34


IIa .55* .64** .42 -.11 -.04 -.19 -.01 .10
IIb .52* .52* .47* -.19 -.15 -.22 .16 .37
IM .68** .66** .64** -.21 -.11 -.29 .15 .49*
IS .63** .63** .57** -.26 -.19 -.32 .26 .55*
IC .49* .49* .45* -.17 -.11 -.21 .25 .25
AUS .43 .51* .32 -.10 -.02 -.17 .05 .09
CR .57** .58** .52* -.21 -.10 -.30 .21 .40
MBA -.37 -.46* -.24 -.25 -.41 -.06 .43 .00
MBP -.70** -.71** -.62** .40 .28 .50* -.13 -.43
LF -.37 -.42 -.28 .22 .12 .32 .03 -.17
Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05
AK=Akquisitive Selbstüberwachung, AkSd=Selbstdarstellungskompetenz (Subskala zu AK), AkWa=Wahrnehmungssensibilität
(Subskala zu AK), PRO=Protektive Selbstüberwachung, Prova=Protektive Variabilität (Subskala zu PRO), Prover=Protektiver
sozialer Vergleich (Subskala zu PRO), PD=Persönlichkeitsdarstellung, MMS=Mood Manipulator Scale
TF= Transformationale Führung; IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

b) Zusammenhänge der Selbstdarstellungsskalen mit den Selbsteinschätzungen im


MLQ
Zum Zusammenhang zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den Selbsteinschätzungen auf
den Skalen des MLQ ergibt sich folgendes Bild (siehe Tabelle 4.1.5): Der Zusammenhang zwi-
schen den Skalen der transformationalen Führung und den Skalen der akquisitiven Selbstüber-
wachung ist weniger eindeutig als in der Fremdeinschätzung. Zwar bestehen auch hier haupt-
sächlich eher positive Korrelationen zwischen den Skalen transformationaler Führung und der
Gesamtskala und den Subskalen akquisitiver Selbsüberwachung (r = .07 bis .48), jedoch fallen
diese geringer aus. Außerdem lassen sich ebenfalls – zwar äußerst geringe – aber negative Zu-
sammenhänge zwischen der akquisitiven Subskala Selbstdarstellungskompetenz und drei
transformationalen Skalen aufzeigen. Aber auch in der Selbsteinschätzung bestehen leichte bis
mittelhohe negative Zusammenhänge zwischen den Skalen transformationaler Führung und der
Gesamtskala und den Subskalen der protektiven Selbstüberwachung (r = -.06 bis -.67). Diese
sind signifikant für die transformationalen Skalen Ausstrahlung und Intellectual Stimulation.
Die Skala Persönlichkeitsdarstellung korreliert mittelhoch bis signifikant positiv mit den
Skalen transformationaler Führung (r = .30 bis .56). Die Mood Manipulator Skala korreliert
signifikant positiv mit den transformationalen Skalen Inspirational Motivation (r = .47) und
Individual Consideration (r = .51) sowie hoch signifikant positiv mit der transformationalen
Skala Intellectual Stimulation (r = .58), zu den anderen transformationalen Skalen bestehen
mittelhohe positive Zusammenhänge.
Ein sehr ähnliches Bild ergibt sich für die Führungsstilskala Contingent Reward: Sie
korreliert leicht positiv mit der Gesamtskala und den Subskalen akquisitiver Selbsüberwachung
(r = .12 bis .42) und negativ mit der Gesamtskala und den Subskalen der protektiven Selbst-
überwachung (r = -.42 bis -.53). Zwischen der Skala Contingent Reward und der Mood Manipu-
lator Skala sowie der Skala Persönlichkeitsdarstellung ergibt sich ein signifikant positiver
(r = .49) beziehungsweise ein mittelhoch positiver (r = .43) Zusammenhang.
4.1 Zusammenhang Selbstdarstellungs- und Führungsstile: Variablenzentrierte Untersuchung 241

Management by Exception active korreliert mit allen anderen Skalen leicht bis mittelhoch nega-
tiv (r = –.11 bis –.40), keiner diese Zusammenhänge ist jedoch signifikant. Management by
Exception passive korreliert im Gegensatz zu den Zusammenhängen aus den Fremdeinschät-
zungsdaten mit keiner der Skalen in bedeutsamer Höhe. Laissez Faire korreliert hingegen auch
hier negativ mit den Skalen der akquisitiven Selbstüberwachung und positiv mit den Skalen der
protektiven Selbstüberwachung.

Tabelle 4.1.5: Korrelationen (Pearson) zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den Selbsteinschät-
zungen zu den Führungsstilskalen des MLQ (N = 20)

Selbst_Prover
Selbst_AkWa

Selbst_Prova

Selbst_MMS
Selbst_AkSd

Selbst_PRO
Selbst_AK

Selbst_pd
Selbst

TF .26 .10 .38 -.49* -.52* -.40 .56* .59**


IIa .07 -.07 .19 -.19 -.23 -.12 .38 .40
IIb .10 -.03 .23 -.20 -.31 -.06 .47* .41
IM .30 .17 .39 -.41 -.43 -.34 .44 .47*
IS .43 .34 .48* -.46* -.41 -.46* .54* .58**
IC .08 -.04 .18 -.24 -.25 -.21 .30 .51*
AUS .19 .11 .25 -.66** -.67** -.58** .41 .36
CR .28 .12 .42 -.50* -.53* -.42 .43 .49*
MBA -.40 -.35 -.40 -.20 -.26 -.11 -.17 -.37
MBP -.06 -.03 -.09 -.01 .09 -.13 -.15 .10
LF -.45* -.38 -.46* .47* .44 .46* -.32 -.22
Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05
AK=Akquisitive Selbstüberwachung, AkSd=Selbstdarstellungskompetenz (Subskala zu AK), AkWa=Wahrnehmungssensibilität
(Subskala zu AK), PRO=Protektive Selbstüberwachung, Prova=Protektive Variabilität (Subskala zu PRO), Prover=Protektiver
sozialer Vergleich (Subskala zu PRO), PD=Persönlichkeitsdarstellung, MMS=Mood Manipulator Scale
TF= Transformationale Führung; IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

c) Zusammenhänge der Selbstdarstellungsskalen mit Selbst- und Fremdeinschätzun-


gen zu den internen Erfolgskriterien von Führung im MLQ
Tabelle 4.1.6 zeigt die Korrelationen zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den Selbst-
und Fremdeinschätzungen zu den internen Erfolgskriterien von Führung im MLQ.

Tabelle 4.1.6: Korrelationen (Pearson) zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den Selbst- und
Fremdeinschätzungen zu den internen Erfolgskriterien von Führung (MLQ) (N = 20/174)
Selbst_Prover
Selbst_AkWa

Selbst_Prova

Selbst_MMS
Selbst_AkSd

Selbst_PRO
Selbst_AK

Selbst_pd

Fremd_EEF .45* .45* .41 -.24 -.17 -.28 .25 .23


Fremd_EFF .57** .62** .48* -.26 -.19 -.32 .14 .24
Fremd_SAT .41 .49* .29 -.12 -.05 -.17 -.02 .12
Selbst_EEF .25 .23 .24 -.55* -.58** -.46* .26 .38
Selbst_EFF .23 .16 .27 -.73** -.77** -.62** .47* .30
Selbst_SAT .25 .27 .22 -.26 -.27 -.22 .14 .42
Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05
AK=Akquisitive Selbstüberwachung, AkSd=Selbstdarstellungskompetenz (Subskala zu AK), AkWa=Wahrnehmungssensibilität
(Subskala zu AK), PRO=Protektive Selbstüberwachung, Prova=Protektive Variabilität (Subskala zu PRO), Prover=Protektiver
sozialer Vergleich (Subskala zu PRO), PD=Persönlichkeitsdarstellung, MMS=Mood Manipulator Scale
EEF=Extra Effort, EFF=Leader Effectiveness, SAT=Satisfaction with leadership
4 Ergebnisse 242

In der Fremd- und Selbsteinschätzung der internen Erfolgskriterien zeigt sich jeweils ein ähnli-
ches Zusammenhangsmuster zu den Selbstdarstellungsvariablen. Dabei korrelieren die Skalen
akquisitiver Selbstdarstellung in mittelhohem Ausmaß positiv mit den internen Erfolgskriterien.
Dieser Zusammenhang zeigt sich in der Fremdeinschätzung deutlicher (mit hauptsächlich signi-
fikanten Korrelationen zwischen r = .45 bis .62) als in der Selbsteinschätzung (mit niedrigeren
Korrelationen zwischen r = .16 bis .27). Die Skalen protektiver Selbstdarstellung korrelieren
durchwegs negativ mit den internen Erfolgskriterien, dieser Zusammenhang wird in der Selbst-
einschätzung für die Skalen Extra Effort und Leader Effectiveness signifikant (r = –.46 bis –.55)
beziehungsweise hoch signifikant (r = –.58 bis –.77), alle anderen negativen Zusammenhänge
sind nur gering ausgeprägt (r =–.05 bis –.32). Für die beiden Skalen Persönlichkeitsdarstellung
und Mood Manipulation zeigt sich – mit einer Ausnahme für die Skala Satisfaction in der
Fremdeinschätzung – tendenziell ein mäßig positiver Zusammenhang zu den Erfolgskriterien
von Führung (r = .12 bis .47).

4.1.2 Ergebnisse der exploratorischen Faktorenanalyse

Für die weiteren Berechnungen der Faktoren- und Clusteranalyse wurden jeweils die Fremdein-
schätzungsdaten zur Ausprägung der MLQ-Skalen (N = 174) verwendet, da sich hier erstens
eindeutigere Zusammenhänge feststellen ließen (siehe 4.1.1), zweitens für fast alle Variablen in
der Fremdeinschätzung die Normalverteilungsvoraussetzung gegeben ist und drittens die
Fremdeinschätzungen zur individuellen Ausprägung der Führungsstile allgemein als valider
beurteilt werden als die Selbsteinschätzungen (vgl. Rathgeber, 2005). Zum methodischen Vor-
gehen bei der Faktorenanalyse siehe Abschnitt 3.5.2.1.

4.1.2.1 Dimensionalität der Führungsstilskalen des MLQ


Zunächst wurden die Skalenwerte der Fremdeinschätzungsdaten zu den zehn Führungsstilen des
MLQ mittels einer Hauptkomponentenanalyse faktorisiert (siehe Tabelle 4.1.7). Zwei Faktoren
erreichten Eigenwerte größer 1. Auch der Scree-Plot legte eine Zweifaktorenlösung nahe. Auf-
grund der hohen Interkorrelationen zwischen den Führungsstilen des MLQ wurde eine Promax-
Rotation gewählt. Die ersten beiden Faktoren klären vor der Rotation mit den Eigenwerten 7.00
und 1.16 69.95% beziehungsweise 11.56% und damit insgesamt 81,52% der Gesamtvarianz
auf (dritter Eigenwert: 0.69). Das Maß der Stichprobeneignung nach Kaiser-Meyer-Olkin er-
reicht mit 0.73 einen mittleren Wert.
Tabelle 4.1.7: Hauptkomponentenanalyse der MLQ-Skalen: promax-rotierte 2-Faktorenlösung
Faktorladungen Faktorladungen
Faktor Skala h2
Faktor 1 Faktor 2
Faktor 1 CR 0.95 0.98 0.05
IIb 0.88 0.95 0.08
IS 0.85 0.94 0.14
IC 0.85 0.94 0.16
AUS 0.83 0.92 0.12
IIa 0.86 0.91 -0.09
LF 0.71 -0.78 0.21
IM 0.54 0.72 -0.07
MBP 0.77 -0.72 0.39
Faktor 2 MBA 0.91 0.09 0.97
Eigenwert (nach Promax-Rotation) 7.00 1.42
Anmerkungen: IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual
Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, MBA=Management by Exception
active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire
4.1 Zusammenhang Selbstdarstellungs- und Führungsstile: Variablenzentrierte Untersuchung 243

Interpretation der Faktoren


Faktor 1 als gemeinsamer Faktor mehrerer Variablen enthält alle transformationalen Skalen und
die Skala der leistungsorientierten Anerkennung (CR), die am höchsten auf dem Faktor lädt. Die
passiv-vermeidenden Führungsstile (LF und MBP) laden negativ auf diesem Faktor. Im theore-
tischen Modell nach Bass (1985) wird transaktionale Führung als Basis für die
transformationalen Verhaltensweisen darstellt (siehe 1.1.2.1). Darüber hinaus resultieren in
vielen Untersuchungen zur Faktorstruktur des MLQ hohe Korrelationen zwischen den
transformationalen Skalen und der Skala der leistungsorientieren Anerkennung (vgl. z.B. Felfe,
2006b; Vandenberghe et al., 2002). Goodwin et al. (2001) haben das Problem aufgegriffen, dass
sich die Skala der leistungsorientierten Anerkennung (CR) theoretisch und empirisch entweder
der transformationalen oder aber der transaktionalen Führung zuordnen lässt (siehe 1.1.4). Sie
schlagen eine Zweiteilung der Skala vor und unterscheiden Items, die eher darauf abzielen, Ver-
einbarungen zu treffen (expliziter Kontrakt) von Items, die eher die Erwartung betreffen, dass
Vereinbarungen eingehalten werden (impliziter Kontrakt). Zweitere beruhen auf gegenseitigem
Vertrauen und werden daher eher der transformationalen Führung zugeordnet. Aufgrund der
sehr hohen Korrelationen der transformationalen Skalen mit CR in der Stichprobe und der ge-
meinsamen Ladung auf einem Faktor, wird die leistungsorientierte Anerkennung hier eher als
Form der transformationalen Führung begriffen. Faktor 1 beschreibt damit die
transformationale, aktive Führung. Faktor 2 als merkmalseigener Faktor (Einzelrestfaktor) ent-
hält ausschließlich die Skala Management by Exception active als klassischen transaktionalen
Führungsstil. Faktor 2 beschreibt damit die transaktionale, kontrollierende Führung.

4.1.2.2 Dimensionalität der Selbstdarstellungsskalen


In einem zweiten Schritt wurden die sechs Selbstdarstellungsskalen (Selbstdarstellungskompe-
tenz, Wahrnehmungssensibilität, protektive Variablilität, protektiver sozialer Vergleich, Mood
Manipulator Scale sowie Persönlichkeitsdarstellung) mittels einer Hauptkomponentenanalyse
faktorisiert (siehe Tabelle 4.1.8). Zwei Faktoren erreichten Eigenwerte größer 1. Auch der
Scree-Plot legte eine Zweifaktorenlösung nahe. Aufgrund der hohen Interkorrelationen zwi-
schen den Selbstdarstellungsskalen wurde eine Promax-Rotation gewählt. Die ersten drei Fakto-
ren klären vor der Rotation mit den Eigenwerten 3.26 und 1.41 54,30% und 21.78% und
23,51% und damit insgesamt 77,82 % der Gesamtvarianz auf (dritter Eigenwert: 0.83). Das Maß
der Stichprobeneignung nach Kaiser-Meyer-Olkin weist mit einem Wert von 0.56 darauf hin,
dass die Stichprobe für eine Faktorenanalyse nur bedingt geeignet ist, weshalb die vorgeschla-
gene Faktorenlösung nur mit Vorsicht interpretiert werden sollte.

Tabelle 4.1.8: Hauptkomponentenanalyse der Selbstdarstellungsskalen: promax-rotierte 2-Faktorenlösung


Faktorladungen Faktorladungen
Faktor Skala h2
Faktor 1 Faktor 2
Faktor 1 Prova .90 1.00 .18
Prover .77 .80 -.18
pd .69 -.80 .06
Faktor 2 AkSd .82 .20 .96
AkWa .93 -.16 .89
MMS .57 -.10 .71
Eigenwert (nach Promax-Rotation) 2.72 2.67
Anmerkungen: AK=Akquisitive Selbstüberwachung, AkSd=Selbstdarstellungskompetenz (Subskala zu AK),
AkWa=Wahrnehmungssensibilität (Subskala zu AK), PRO=Protektive Selbstüberwachung, Prova=Protektive Variabilität (Subskala
zu PRO), Prover=Protektiver sozialer Vergleich (Subskala zu PRO), PD=Persönlichkeitsdarstellung, MMS=Mood Manipulator
Scale
4 Ergebnisse 244

Interpretation der Faktoren


Auf dem ersten Faktor laden die beiden protektiven Skalen positiv, die Skala Persönlichkeits-
darstellung lädt negativ. Dieser Faktor beschreibt damit eine hohe Tendenz zur protektiven
Selbstüberwachung bei gleichzeitig gering ausgeprägter Authentizität. Dieser Faktor kann ent-
sprechend als protektive soziale Anpassung interpretiert werden.
Auf dem zweiten Faktor laden sowohl die akquisitiven Skalen als auch die Mood Mani-
pulator Scale positiv, d.h. dieser Faktor umfasst sowohl die beiden Kompetenzbereiche Selbst-
darstellung und Wahrnehmungssensibilität als auch die Fähigkeit und das Motiv, die Stimmung
anderer gezielt zu beeinflussen. Damit kann dieser Faktor als akquisitive soziale Beeinflussung
zusammengefasst werden.

4.1.2.3 Dimensionalität von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen


In einem dritten Schritt wurden die Führungs- und Selbstdarstellungsstile auf eine gemeinsame
Dimensionalität hin analysiert und die insgesamt zehn Führungsstile des MLQ und die vier
Selbstdarstellungsvariablen (akquisitive und protektive Selbstüberwachung wurden nun jeweils
auf Ebene der Gesamtskala und nicht auf der Ebene der Subskalen betrachtet) gemeinsam
faktorisiert.
Um Hinweise auf die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren zu erlangen, wurde zu-
nächst eine Parallelanalyse (vgl. Horn, 1965) der zehn Führungsstile des MLQ und der vier
Selbstdarstellungsstile durchgeführt. Dafür wurden die Hauptkomponenten der Daten verwen-
det. Es wurden 100 Simulationsläufe durchgeführt, für weitere 100 Läufe wurden Zufallsstich-
proben aus den Daten gezogen (Resampling). Der Verlauf legt die Extraktion von zwei Fakto-
ren nahe. Ein zusätzlich durchgeführter MAP-Test (vgl. Velicer, 1976) erreicht sein Minimum
für die vierzehn Variablen ebenfalls bei zwei Faktoren. Mit den standardisierten Skalenwerten
der vierzehn Variablen wurde eine Hauptkomponentenanalyse durchgeführt, wobei die Anzahl
der zu extrahierenden Faktoren auf zwei Komponenten festgelegt wurde. Der Kaiser-Meyer-
Olkin-Koeffizient von .75 weist auf eine zufriedenstellende Eignung der Stichprobe hin. Aus
der Hauptkomponetenanalyse resultieren drei Faktoren mit einem Eigenwert größer 1. Die
ersten drei Faktoren klären vor der Rotation mit den Eigenwerten 7.72, 2.10 und 1.45 55,12%,
15.02% und 10.38% und damit insgesamt 80.51 % der Gesamtvarianz auf (vierter Eigenwert:
.90). Die ersten beiden Faktoren klären zusammen 70,14 % der Varianz auf. In der
dreifaktoriellen Lösung resultierten hohe Doppelladungen für die Führungsstile Management by
Exception passive, Management by Exception active und Inspirational Motivation sowie für die
protektive Selbstüberwachung. Es wurde daher die zweifaktorielle Lösung aufgrund der eindeu-
tigeren Interpretierbarkeit und aufgrund des MAP-Tests und der Parallelanalyse bevorzugt (sie-
he Tabelle 4.1.9).

Interpretation der Faktoren


Die promaxrotierte Lösung für zwei Faktoren (siehe Tabelle 4.1.9) führt zu hohen Ladungen der
transformationalen Skalen, der Laissez Faire-Skala, der Skala Management by Exception passi-
ve und der akquisitiven Selbstüberwachung auf dem ersten Faktor. Die Selbstdarstellungsstile
Persönlichkeitsdarstellung und Mood Manipulation sowie der Führungsstil Management by
Exception active laden hoch auf dem zweiten Faktor, protektive Selbstüberwachung korreliert
hoch negativ mit dem zweiten Faktor.
4.1 Zusammenhang Selbstdarstellungs- und Führungsstile: Variablenzentrierte Untersuchung 245

Tabelle 4.1.9: Hauptkomponentenanalyse der Führungsstilsskalen des MLQ und der Selbstdarstellungs-
skalen: promax-rotierte 2-Faktorenlösung
Faktorladungen Faktorladungen
Faktor Skala h2
Faktor 1 Faktor 2
Faktor 1 IIa .90 .98 -.25
CR .93 .96 .03
AUS .81 .93 -.21
IIb .85 .92 -.00
IC .79 .89 -.02
IS .87 .86 .21
LF .68 -.85 .16
MBP .69 -.80 -.10
IM .60 .71 .18
AK .56 .62 .30
Faktor 2 Pd .79 -.06 .90
PRO .56 -.07 -.73
MMS .52 -25 .62
MBA .28 -.29 .52
Eigenwert
7.66 2.74
(nach Promax-Rotation)
Anmerkungen: AK=Akquisitive Selbstüberwachung, AkSd=Selbstdarstellungskompetenz (Subskala zu AK),
AkWa=Wahrnehmungssensibilität (Subskala zu AK), PRO=Protektive Selbstüberwachung, Prova=Protektive Variabilität (Subskala
zu PRO), Prover=Protektiver sozialer Vergleich (Subskala zu PRO), PD=Persönlichkeitsdarstellung, MMS=Mood Manipulator
Scale; IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimula-
tion, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, MBA=Management by Exception active,
MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

Faktor 1 umfasst damit die transformationale, aktive Führung sowie die beiden akquisitiven
Kompetenzbereiche Selbstdarstellung und Wahrnehmungssensibilität. In Abschnitt 1.2.5 wurde
Selbstinterpretation als Konstrukt eingeführt, das sowohl den Prozess der Selbstdarstellung (von
innen nach außen) als auch den Prozess der Selbstbewertung (von außen nach innen) umfasst.
Eine Selbstbewertung, die der Bewertung durch andere Personen weitgehend entspricht, setzt
die Kompetenz voraus, Reaktionen anderer Personen wahrnehmen und adäquat interpretieren zu
können (= Wahrnehmungskompetenz als akquisitive Komponente). Faktor 1 wird daher als
transformationale Selbstinterpretation zusammengefasst.
Faktor 2 umfasst die transaktionale, kontrollierende Führung sowie eine hohe Authenti-
zitätsneigung bei gleichzeitiger geringer sozialer Anpassung. Es kann interpretiert werden, dass
eine hohe Tendenz, ein als „wirklich“ empfundenes Selbstbild auszudrücken, ohne die sozialen
Anforderungen und äußeren Erwartungen ausreichend zu berücksichtigen, eher dazu führt, dass
die Führungsperson als kontrollierend denn als inspirierend, charismatisch oder unterstützend
wahrgenommen wird. Gleichzeitig lädt auch Mood Manipulation positiv auf diesem Faktor, die
den „kontrollierenden“ Aspekt, der bereits durch die transaktionale Führungskomponente MBA
angesprochen wird, hervorhebt. Faktor 2 wird damit als nonkonformistische Selbstdarstellung
und kontrollierende Einflussnahme zusammengefasst.
4 Ergebnisse 246

4.2 Zusammenhang von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen: Personenzen-


trierte Untersuchung

In Abschnitt 4.2 wird über die Einzelergebnisse zu Fragestellung I/2 (siehe Kasten) berichtet.
Fragestellung I/2:
Lassen sich in der Stichprobe der Führungskräfte homogene Personengruppen mit typischen
Konfigurationen von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen identifizieren? Wenn ja: Welche
Merkmalsprofile bestehen und wie lassen sich die Cluster interpretieren?

In Abschnitt 4.2.1 erfolgt die Beschreibung der identifizierten Selbstdarstellungscluster, in Ab-


schnitt 4.2.2 werden die Überprüfung der Clusterlösung und deren Zusammenhang zur trans-
formationalen Führung dargestellt. Zum methodischen Vorgehen bei der Clusteranalyse siehe
3.5.2.2.

4.2.1 Beschreibung der Cluster

Die Führungskräfte wurden anhand ihrer Profile zur Ausprägung der drei Selbstdarstellungsva-
riablen akquisitive Selbstüberwachung, protektive Selbstüberwachung und Persönlichkeitsdar-
stellung klassifiziert (vgl. Laux & Renner, 2002). Es konnten vier Cluster mit jeweils zwei bis
acht Personen identifiziert werden, die jeweils ähnliche Merkmalsprofile aufweisen und sich
von den Personen der anderen Cluster in der Ausprägung der Merkmale unterscheiden. Auf
Grund der geringen Stichprobengröße hat die Clusteranalyse explorativen Charakter. Da jedoch
die inhaltliche Plausibilität der Clusterlösung in hohem Ausmaß gegeben ist, werden die vier
Cluster trotz der geringen Personenanzahl als Typen interpretiert. Mittelwerte und Standardab-
weichungen der Variablen in den vier Clustern sind in Tabelle 4.2.1 aufgeführt.

Tabelle 4.2.1: Anzahl der Personen, Zuordnung der Führungspersonen und Mittelwerte und Standardab-
weichungen der Variablen in der 4-Clusterlösung
Cluster N Zuordnung der FK AK PRO PD
M SD M SD M SD
1 8 1, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 18 2.83 .44 1.51 .25 3.75 .10
2 5 2, 5, 7, 11, 17 2.98 .07 2.00 .12 2.53 .29
3 5 3, 4, 6, 16, 20 3.03 .17 1.35 .11 3.06 .16
4 2 12, 19 1.23 .00 2.00 .12 2.29 .00
Gesamt 20 2.52 .17 1.71 .15 2.91 .14
Anmerkungen: fett hervorgehoben sind die jeweils höchsten Mittelwerte für die drei Variablen, kursiv hervorgehoben sind die
jeweils niedrigsten Mittelwerte für die drei Variablen. AK = Akquisitive Selbstüberwachung; PRO = Protektive Selbstüberwachung;
PD = Persönlichkeitsdarstellung; FK = Führungskräfte

Interpretation der vier Cluster


Cluster 1: Das erste Cluster vereinigt Personen, die sich hohe Tendenzen zur Persönlichkeits-
darstellung zuschreiben, während die akquisitive Selbstüberwachungstendenz durchschnittlich,
die protektive Selbstüberwachungstendenz unterdurchschnittlich ausgeprägt ist. In der Cluster-
lösung von Laux und Renner (2002) entspricht dieses Variablenprofil der Personengruppe der
schwachen Selbstüberwacher, die die entsprechenden Merkmale des gering ausgeprägten Self-
monitorings nach Snyder (1987; siehe 1.2.7.1) erfüllen. Sowohl in der vorliegenden Stichprobe
als auch bei Laux und Renner (2002) ist in diesem Cluster die protektive Selbstüberwachungs-
tendenz im Vergleich zum Mittelwert noch niedriger ausgeprägt als die akquisitive Selbstüber-
4.2 Zusammenhang Selbstdarstellungs- und Führungsstile: Personenzentrierte Untersuchung 247

wachung. Wenn also die schwachen Selbstüberwacher ihre Selbstdarstellung überhaupt an der
sozialen Umgebung ausrichten, dann am ehesten auf eine akquisitive Art und Weise.

Cluster 2: Personen des zweiten Clusters tendieren im Vergleich zur Gesamtstichprobe zu einer
sehr hoch ausgeprägten protektiven Selbstüberwachung bei gleichzeitig hoch ausgeprägter
akquisitiver Selbstüberwachung und unterdurchschnittlicher Tendenz zur Persönlichkeitsdar-
stellung. Personen dieses Clusters können in Anlehnung an Laux & Renner (2002) zusammen-
fassend als starke Selbstüberwacher gekennzeichnet werden. Sie erfüllen die Merkmale des
hoch ausgeprägten Self-monitorings nach Snyder (1987; siehe 1.2.7.1)

Cluster 3: Personen des dritten Clusters zeigen im Vergleich zur Gesamtstichprobe die höchsten
Ausprägungen in der akquisitiven Selbstüberwachung bei gleichzeitig niedrigster Ausprägung
der protektiven Selbstüberwachung. Diese Personen schreiben sich im Vergleich zu Personen
der Cluster 2 und 4 eine ausgeprägtere Tendenz zur Persönlichkeitsdarstellung zu. Im Vergleich
zur Gesamtstichprobe ist die Persönlichkeitsdarstellung überdurchschnittlich ausgeprägt. Zu-
sammenfassend können Personen, die diesem Cluster angehören, als akquisitive Selbstüberwa-
cher (vgl. Laux & Renner, 2002) bezeichnet werden.

Cluster 4: Das vierte Cluster mit nur zwei Personen zeichnet sich durch eine deutlich unter-
durchschnittliche Ausprägung der akquisitiven Selbstüberwachung und der Persönlichkeitsdar-
stellung bei gleichzeitig hoher Ausprägung der protektiven Selbstüberwachung aus. Die Ten-
denz zur protektiven Selbstüberwachung entspricht der Ausprägung dieses Selbstdarstellungs-
stils in Cluster 2, allerdings fehlt in Cluster 4 die ausgeprägte Tendenz zur akquisitiven Selbst-
überwachung. Personen des vierten Clusters können zusammenfassend als protektive Selbst-
überwacher gekennzeichnet werden (vgl. Laux & Renner, 2002).

Abbildung 4.2.1 zeigt die standardisierten Werte für die Variablen akquisitive Selbstüberwa-
chung (AK), protektive Selbstüberwachung (PRO) sowie Persönlichkeitsdarstellung (PD) für
die vier Cluster.
1,50
1,00
,50
,00
-,50 Z-Wert AK
-1,00 Z-Wert PRO
-1,50 Z-Wert PD
-2,00
-2,50
-3,00
Cluster 1 Cluster 2 Cluster 3 Cluster 4

Abbildung 4.2.1: Standardisierte Werte (Z-Werte) für die Variablen akquisitive Selbstüberwachung (AK),
protektive Selbstüberwachung (PRO) und Persönlichkeitsdarstellung (PD) in den vier Clustern
4 Ergebnisse 248

4.2.2 Überprüfung der 4-Clusterlösung und Zusammenhang zur transformationalen


Führung

Zur Überprüfung der 4-Clusterlösung wurden die Mittelwerte der transformationalen Führungs-
skalen (TF) sowie die Skala zur Mood Manipulation (MMS) als externe, nicht zur Klassifi-
kation eingesetzte Passiv-Variablen (vgl. Wehner, 1981; Moosbrugger & Frank, 1992) herange-
zogen. Im Sinne einer prädiktiven Kriteriumsvalidierung können folgende Hypothesen zur Aus-
prägung der Passiv-Variablen in den vier Clustern formuliert werden. Die Hypothesen sind aus
den Thesen zum Zusammenhang habitueller Selbstdarstellungsformen und transformationaler
Führung des Theorieteil (siehe 1.2.8) sowie aus den korrelativen Ergebnissen aus Abschnitt
4.1.1 abgeleitet.
1. Im dritten Cluster (akquisitive Selbstüberwacher) werden die höchsten Mittelwerte für
Transformationale Führung erwartet.
2. Im vierten Cluster (protektive Selbstüberwacher) werden die niedrigsten Mittelwerte für
Transformationale Führung erwartet.
3. Im dritten Cluster (akquisitive Selbstüberwacher) werden die höchsten Mittelwerte für
Mood Manipulation erwartet.
4. Im ersten Cluster (schwache Selbstüberwacher) werden höhere Mittelwerte für Mood Ma-
nipulation erwartet als in Cluster 2 (starke Selbstüberwacher).
5. Im vierten Cluster (protektive Selbstüberwacher) werden die niedrigsten Mittelwerte für
Mood Manipulation erwartet.

Eine multivariate Varianzanalyse mit transformationaler Führung und Mood Manipulation als
abhängige Variablen und der Clusterzugehörigkeit als Faktor führte zu keinen signifikanten
Effekten des Klassifikationsfaktors. Auf der deskriptiven Ebene zu tendenziellen
Mittelwertsunterschieden zwischen den vier Clustern lassen sich jedoch folgende Ergebnisse
festhalten (siehe Tabelle 4.2.2).

Tabelle 4.2.2: Anzahl der Personen, Mittelwerte und Standardabweichungen der Passivvariablen (Selbst-
einschätzungen zu Mood Manipulation (MMS) und Fremdeinschätzungen zur transformationalen Füh-
rung (TF)) in der 4-Clusterlösung
Cluster N MMS TF
M SD M SD
1 8 2,61 0,42 3,57 0,32
2 5 2,36 0,41 3,63 0,62
3 5 2,31 0,43 3,79 0,14
4 2 1,78 0,00 2,91 0,23
Gesamt 20 2,39 0,45 3,57 0,43
Anmerkungen: fett hervorgehoben sind die jeweils höchsten Mittelwerte für die zwei Variablen, kursiv hervorgehoben sind die
jeweils niedrigsten Mittelwerte für die zwei Variablen. Cluster 1 = schwache Selbstüberwacher; Cluster 2 = starke Selbstüberwacher
Cluster 3 = akquisitive Selbstüberwacher; Cluster 4 = protektive Selbstüberwacher

Auf der Basis der deskriptiven Mittelwertsunterschiede zwischen den vier Clustern können fol-
gende Schlussfolgerungen zu den Hypothesen 1 bis 5 zur Ausprägung der Passivvariablen ge-
zogen werden:
Hypothese 1: Die fünf Personen des dritten Clusters zeigen die höchste mittlere Ausprägung
der transformationalen Führung. Hypothese 1 kann bestätigt werden.
Hypothese 2: Personen des vierten Clusters zeigen eindeutig die niedrigste mittlere Ausprägung
transformationaler Führung. Hypothese 2 kann bestätigt werden.
4.2 Zusammenhang Selbstdarstellungs- und Führungsstile: Personenzentrierte Untersuchung 249

Hypothese 3: Personen des dritten Clusters zeigen eine niedrigere mittlere Ausprägung von
Mood Manipulation als Personen des Clusters 1 und 2. Hypothese 3 wird verworfen.
Hypothese 4: Personen des ersten Clusters zeigen die höchste mittlere Ausprägung von Mood
Manipulation. Hypothese 4 kann bestätigt werden.
Hypothese 5: Personen des vierten Clusters zeigen eindeutig die niedrigste mittlere Ausprägung
von Mood Manipulation. Hypothese 5 kann bestätigt werden.
Abbildung 4.2.2 stellt die mittleren Ausprägungen in den beiden Passivvariablen (Mood
Manipulation Scale = MMS und Transformationale Führung = TF) in den vier Clustern dar.
4,00

3,50

3,00

2,50
Cluster 1
2,00 Cluster 2
1,50 Cluster 3
Cluster 4
1,00

0,50

0,00
MMS TF

Abbildung 4.2.2: Mittlere Ausprägung zu den Passivvariablen Mood Manipulation (MMS; Selbstein-
schätzungen) und Transformationale Führung (TF; Fremdeinschätzungen) in den vier Clustern
Anmerkungen: Cluster 1 = schwache Selbstüberwacher; Cluster 2 = starke Selbstüberwacher;; Cluster 3 = akquisitive Selbstüber-
wacher; Cluster 4 = protektive Selbstüberwacher

Vier der fünf Hypothesen können damit auf der Basis tendenzieller Mittelwertsunterschiede
bestätigt werden. Auch wenn keine signifikanten Effekte des Klassifikationsfators (der Cluster-
zugehörigkeit) nachgewiesen werden können, so kann die prädiktive Kriteriumsvalidierung
durch die Passivvariablen zumindest als befriedigend angesehen werden, da vorwiegend
Mittelwertsunterschiede in den erwarteten Tendenzen vorliegen und die Erreichung signifikan-
ter Unterschiede aufgrund der geringen Stichprobengröße sehr unwahrscheinlich ist.
Insgesamt weisen die akquisitiven Selbstüberwacher erwartungskonform die höchsten
Ausprägungen in der transformationalen Führung auf, die protektiven Selbstüberwacher die
niedrigsten Ausprägungen. Darüber hinaus zeigt sich bei den schwachen Selbstüberwachern
eine etwas stärkere Tendenz zur Mood Manipulation als bei den anderen Gruppen. Die
protektiven Selbstüberwacher weisen auch hier die niedrigsten Werte auf. In Tabelle 4.2.3 kön-
nen darüber hinaus die durchschnittlichen Ausprägungen in der Variablen Management by
Exception active (MBA) in den vier Clustern nachvollzogen werden. Die schwachen Selbst-
überwacher weisen die höchste Ausprägung, die starken Selbstüberwacher die niedrigste Aus-
prägung in der Variablen auf.

Tabelle 4.2.3: Mittelwerte der Variablen Management by Exception active (MBA) in der 4-Clusterlösung
Variable Cluster 1 Cluster 2 Cluster 3 Cluster 4 Mittelwert
MBA 3.21 2.70 2.83 3.14 2.97
Anmerkungen: Cluster 1 = schwache Selbstüberwacher; Cluster 2 = starke Selbstüberwacher; Cluster 3 = akquisitive Selbstüber-
wacher; Cluster 4 = protektive Selbstüberwacher
4 Ergebnisse 250

4.3 Veränderungen in der Häufigkeit gezeigter Führungsstile

In Abschnitt 4.3 werden die Einzelergebnisse zu Fragestellung II/1 (siehe Kasten) berichtet.
Fragestellung II/1: Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile
Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings
bei den teilnehmenden Führungskräften die Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full
Range of Leadership entsprechend der Zielsetzungen des Interventionsprogramms?

In Abschnitt 4.3.1 erfolgt zunächst die Darstellung der Ergebnisse aus dem Vergleich der Ver-
änderungen in der Interventionsgruppe (Gruppen A und B) mit den Veränderungen in der Grup-
pe C. Abschnitt 4.3.2 widmet sich den Ergebnissen der Überprüfung der Veränderungshypothe-
sen in den einzelnen Interventiongruppen A und B sowie der Generierung von Wirksamkeitsun-
terschiedshypothesen. Die Ergebnisse aus den beiden Abschnitten dienen der Überprüfung der
Haupthypothese II/1 (siehe Kasten).
Haupthypothese II/1: Veränderungshypothese zur Häufigkeit des Einsatzes der Füh-
rungsstile
In der gesamten Interventionsgruppe sowie in den einzelnen Interventionsgruppen A
(Gruppenworskshops) und B (Gruppenworkshops und Einzelcoachings) nehmen aus Sicht der
Mitarbeiter der teilnehmenden Führungskräfte die Häufigkeit des Einsatzes der
transformationalen Führungsstile und des Stils der leistungsorientierten Anerkennung zu, die
Häufigkeit des Einsatzes des Laissez Faire-Stils nimmt ab.

In Abschnit 5.1.1.3 wird die Fragestellung zusammenfassend beantwortet. Eine Interpretation


der Ergebnisse in Hinblick auf die übergeordnete Forschungsfrage II erfolgt in Abschnitt
5.1.2.2. Das methodische Vorgehen bei der Überprüfung von Veränderungen in den Führungs-
stilen auf Gruppen- und Einzelfallebene kann in den Abschnitten 3.5.3 und 3.5.4 des Methoden-
teils nachvollzogen werden.

4.3.1 Vergleich der Interventionsgruppe mit Gruppe C

Um zu überprüfen, ob sich in den Interventionsgruppen A und B überhaupt Veränderungen in


der erwarteten Richtung nachweisen lassen, die auf die Intervention zurückgeführt werden kön-
nen, wurden die Führungspersonen der beiden Interventionsbedingungen zunächst zu einer ge-
meinsamen Interventionsgruppe zusammengefasst und diese mit der Gruppe C (Vergleichs-
gruppe ohne Intervention) verglichen. Dafür wurden ausschließlich die Fremdeinschätzungen
herangezogen, da Veränderungen in der Einschätzung durch die Mitarbeiter auf tatsächliche
Verhaltensänderungen hinweisen, wohingegen Veränderungen in der Selbsteinschätzung auch
auf der Evaluationsebene des Lernens angesiedelt sein können (vgl. Kirkpatrick,1976; siehe
3.1.2.3). Anhand des Vergleichs der Interventionsgruppe mit der Gruppe C ist es aufgrund der
Selbstselektion der Führungspersonen nicht möglich, potenzielle Gruppenunterschiede in den
Veränderungen ausschließlich auf die Interventionen zurückzuführen. Sollte aber die Verände-
rungshypothese II/1 in der Interventionsgruppe im Gegensatz zur Vergleichsgruppe C bestätigt
werden können, so können verschiedene Alternativerklärungen für diesen Gruppenunterschied
herangezogen und auf ihre Plausibilität hin geprüft werden (siehe 5.1.1.3).
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 251

Um Unterschiede in der Selbsteinschätzung als potenziellen Selektionsgrund für die Zuordnung


zu den Gruppen (siehe 3.1.2.4) besser interpretieren zu können, wurden darüber hinaus die Mit-
telwerte der Selbsteinschätzungen der Führungspersonen der Gruppe C zu t1 den Mittelwerten
der Selbsteinschätzungen der Führungspersonen der Interventionsgruppe gegenübergestellt.

4.3.1.1 Indirekte Veränderungsmessung

a) Deskriptive Statistik
Die Tabellen 4.3.1 und 4.3.2 zeigen die Mittelwerte und Standardabweichungen der zehn Füh-
rungsstile des MLQ und der Gesamtvariablen Transformationale Führung (TF) vor und nach der
Intervention für die Interventionsgruppe und für die Gruppe C sowohl für die Selbsteinschät-
zungen (siehe Tabelle 4.3.1) als auch für die Fremdeinschätzungen (siehe Tabelle 4.3.2).

Tabelle 4.3.1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Selbsteinschätzungen der Führungsstile vor
(t1) und nach (t2) der Intervention für die Interventionsgruppe und Gruppe C
Interventionsgruppe (N = 14) Gruppe C (N = 6)
Pretest (t1) Posttest (t2) Pretest (t1) Posttest (t2)
Variable
M SD M SD M SD M SD
Selbst
TF 3.84 0.40 3.77 0.43 3.84 0.54 3.58 0.53
IIa 3.64 0.41 3.61 0.45 3.49 0.67 3.17 0.54
IIb 3.96 0.56 3.86 0.49 4.13 0.75 4.00 0.84
IM 3.88 0.61 3.73 0.72 3.83 0.83 3.54 0.77
IS 3.89 0.49 3.79 0.51 4.13 0.49 3.63 0.61
IC 4.00 0.52 3.89 0.47 4.08 0.41 3.79 0.46
AUS 3.68 0.67 3.77 0.56 3.42 0.61 3.33 0.58
CR 3.88 0.44 3.89 0.59 3.47 0.58 3.46 0.43
MBA 3.04 0.54 3.13 0.60 2.83 0.66 3.04 0.56
MBP 2.11 0.57 2.20 0.56 2.29 0.46 2.38 0.70
LF 1.84 0.58 1.84 0.55 1.92 0.70 2.08 0.70
Anmerkungen: Erfassung der Ausprägung der Variablen auf einer Skala von 1 („nie“) bis 5 („regelmäßig“); TF=Transformationale
Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimu-
lation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, MBA=Management by Exception active,
MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

Die in der Haupthypothese II/1 formulierten Veränderungen (Zunahme der Ausprägung der
transformationalen Führungsskalen (IIa, IIb, IM, IS, IC und AUS) sowie der Skala Contingent
Reward; Abnahme der Ausprägung von Laissez Faire) sind für die Selbsteinschätzungsdaten im
deskriptiven Mittelwertsvergleich nicht nachweisbar. Die gemittelten Selbsteinschätzungen zur
Ausprägung der transformationalen Führungsstile und zur Ausprägung des Stils der leistungs-
orientierten Anerkennung (CR) sind nach der Durchführung des Interventionsprogramms für
beide Gruppen tendenziell sogar niedriger als vor der Durchführung des Interventionspro-
gramms. Die gemittelten Selbsteinschätzungen der Ausprägung des Laissez Faire-Stils (LF)
bleiben in der Interventionsgruppe gleich, in der Gruppe C sind sie nach der Durchführung des
Interventionsprogramms tendenziell höher als vor der Durchführung des Interventionspro-
gramms.
Tabelle 4.3.2 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Fremdeinschätzun-
gen der zehn Führungsstile und der Globalskala zur transformationalen Führung vor und nach
der Intervention für die Interventionsgruppe und für die Gruppe C.
4 Ergebnisse 252

Tabelle 4.3.2: Mittelwerte und Standardabweichungen der Fremdeinschätzungen der Führungsstile vor
(t1) und nach (t2) der Intervention für die Interventionsgruppe und Gruppe C
Interventionsgruppe (N = 14) Gruppe C (N = 6)
Pretest (t1) Posttest (t2) Pretest (t1) Posttest (t2)
Variable
M SD M SD M SD M SD
Fremd
TF 3.53 0.39 3.56 0.46 3.67 0.53 3.62 0.54
IIa 3.46 0.43 3.54 0.59 3.78 0.56 3.73 0.65
IIb 3.64 0.42 3.57 0.48 3.68 0.47 3.70 0.56
IM 3.70 0.48 3.56 0.48 3.60 0.75 3.54 0.74
IS 3.57 0.36 3.57 0.40 3.61 0.58 3.73 0.63
IC 3.52 0.44 3.71 0.53 3.76 0.48 3.60 0.49
AUS 3.28 0.55 3.42 0.63 3.59 0.56 3.43 0.47
CR 3.72 0.47 3.77 0.50 3.78 0.58 3.75 0.68
MBA 3.02 0.36 3.02 0.37 2.89 0.46 2.99 0.28
MBP 2.11 0.49 2.16 0.49 2.11 0.65 2.08 0.81
LF 2.22 0.50 2.14 0.57 2.24 0.63 2.01 0.77
Anmerkungen: Erfassung der Ausprägung der Variablen auf einer Skala von 1 („nie“) bis 5 („regelmäßig“); TF=Transformationale
Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimu-
lation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, MBA=Management by Exception active,
MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

Die in der Haupthypothese II/1 erwarteten Veränderungen (Zunahme der Ausprägung der
transformationalen Führungsskalen (IIa, IIb, IM, IS, IC und AUS) sowie der Skala Contingent
Reward; Abnahme der Ausprägung von Laissez Faire) sind für die Fremdeinschätzungsdaten im
deskriptiven Mittelwertsvergleich tendenziell nachweisbar.
In der Interventionsgruppe steigen die gemittelten Fremdeinschätzungen zur Ausprä-
gung der Führungsstile bei drei der sechs transformationalen Führungsstile (IIa, IC, AUS) an,
bei zwei Skalen nehmen sie ab (IIb und IM) und bei der Skala Intellectual Stimulation (IS) sind
keine Veränderungen nachweisbar. Die mittlere Ausprägung der transformationalen Skalen
(Variable TF) nimmt zu. Die mittlere Ausprägung des Stils der leistungsorientierten Anerken-
nung (CR) steigt tendenziell nach der Intervention an.
In der Gruppe C nehmen hingegen die gemittelten Fremdeinschätzungen zur Ausprä-
gung der Führungsstile bei vier der sechs transformationalen Führungsstile (IIa, IM, IC, AUS)
ab, bei zwei Skalen nehmen sie zu (IIb und IS). Die mittlere Ausprägung der transformationalen
Skalen (Variable TF) nimmt in Gegensatz zur Interventionsgruppe ab. Die mittlere Ausprägung
des Stils der Leistungsorientierten Anerkennung (CR) ist in der Vergleichsgruppe C zum zwei-
ten Messzeitpunkt geringer als zum ersten Messzeitpunkt. Die gemittelten Fremdeinschätzun-
gen zur Ausprägung des Laissez Faire-Stils (LF) nehmen sowohl in den Interventionsgruppen A
und B als auch in der Gruppe C tendenziell ab.

b) Überprüfung von Gruppenunterschieden zu t1


In Abschnitt 3.1.2.4 wurde die These formuliert, dass Führungspersonen der Gruppe C ihr Füh-
rungsverhalten positiver einschätzen als Führungspersonen der Gruppen A und B und sich des-
halb gegen die Teilnahme an einer Intervention entschieden haben. Diese Hypothese bestätigt
sich bei einem Vergleich der Mittelwerte der beiden Gruppen zu t1 nicht. Führungskräfte der
Gruppe C schätzen sich nicht in systematischer Form über die Variablen hinweg positiver ein
als Führungspersonen der Interventionsgruppe.
Die Darstellung der Mittelwerte der Fremdeinschätzungen in Tabelle 4.3.2 zeigt jedoch
auf, dass zu t1 (Prämessung) tendenzielle Unterschiede zwischen der Interventionsgruppe und
der Gruppe C in der jeweiligen Ausprägung der Führungsstile in systematischer Form vorlagen.
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 253

Führungspersonen der Gruppe C weisen im Mittel in fünf der sechs transformationalen Variab-
len sowie in der Variablen leistungsorientierte Anerkennung tendenziell höherer Werte auf als
Führungspersonen der Interventionsgruppe. Die varianzanalytische Überprüfung erbrachte je-
doch keine signifikanten Gruppeneffekte für die elf abhängigen Variablen. Die Unterschiede in
den Fremdeinschätzungen zur Ausprägung der Führungsstile zu t1 zwischen der Interventions-
gruppe und der Gruppe C können damit als statistisch nicht bedeutsam interpretiert werden.
Dieses Ergebnis zeigt auf, dass sich die Führungspersonen, die sich für eine Intervention ent-
schieden haben, in Bezug auf die Ausprägung der Führungsstile im Durchschnitt nur tendenziell
von den Führungspersonen unterscheiden, die sich gegen die Teilnahme an den Interventions-
modulen entschieden haben.
Dieses Ergebnis ist bei der Interpretation von Gruppenunterschieden zu berücksichti-
gen: Systematische Unterschiede in der Selbsteinschätzung zu t1 können als Grund für die
Selbstselektion ausgeschlossen werden. Allerdings werden Führungspersonen der Gruppe C im
Durchschnitt von ihren Mitarbeitern positiver bewertet als Führungspersonen der Interventions-
gruppe, was die Führungspersonen zum Zeitpunkt der Selbstselektion allerdings nocht nicht
wussten.

c) Überprüfung der gruppeninternen Mittelwertsunterschiede Prä- und Postmessung:


T-Test und Wilcoxon-Test
Die tendenziellen Veränderungen in der Ausprägung der mittleren Fremdeinschätzungswerte zu
t1 und t2 wurden zunächst separat für die Interventionsgruppe und die Gruppe C überprüft.
Für die Interventionsgruppe resultierte im T-Test ein signifikanter Unterschied in der
mittleren Ausprägung der transformationalen Skala Individualized Consideration zu t1 und t2
(T = -3.34; df = 13; p = .005) in der erwarteten Richtung. Auch im Wilcoxon-Test ließ sich ein
signifikanter Mittelwertsunterschied für die Skala Individualized Consideration nachweisen
(Z = -2.59; p = .010). Für die übrigen Skalen resultierten weder im T-Test noch im Wilcoxon-
Test signifikante Unterschiede in der Prä- und Postmessung (siehe Anhang 3.5 und 3.9). Die
Teststärke liegt für den T-Test in der Interventionsgruppe bei 1 – β = 0.55, d.h. die Wahrschein-
lichkeit, die Hypothese eines Nichtunterschieds fälschlicherweise beizubehalten, beträgt β =
0.45.
In der Gruppe C waren im T-Test signifikant niedrigere mittlere Ausprägungen zu t2 als
zu t1 der Skalen Individualized Consideration (T = 3.51; df = 5; p = .017) und Ausstrahlung
(T = 3.03; df = 5; p = .029) zu berichten. Auch im Wilcoxon-Test ergaben sich signifikante
Mittelwertsunterschiede für die Skala Individualized Consideration (Z = -2.20; p=.028) und die
Skala Ausstrahlung (Z=-2.21; p = .027). Für die übrigen Skalen resultierten weder im T-Test
noch im Wilcoxon-Test signifikante Unterschiede in der Prä und Postmessung (siehe Anhang
3.6 und 3.10). Die Teststärke liegt für den T-Test in Gruppe C allerdings auch nur bei 1 – β =
0.28, d.h. die Wahrscheinlichkeit, die Hypothese eines Nichtunterschieds fälschlicherweise bei-
zubehalten, beträgt β = 0.72.

d) Beurteilung der Intensität der Veränderungen: Effektstärken


Für die sechs Führungsstilvariablen, in denen sich in der Interventionsgruppe von t1 zu t2 Ver-
änderungen in den Mittelwerten der Fremdeinschätzungen in der erwarteten Richtung ergeben,
werden in Tabelle 4.3.3 die Effektstärken aufgeführt:
4 Ergebnisse 254

Tabelle 4.3.3: Effektstärken für abhängige Stichproben für die Veränderungen in den Fremdeinschätzun-
gen von t1 zu t2 in der Interventionsgruppe
Variable Mittelwert t1 Mittelwert SD in der Effektstärke Beurteilung der Effektstärke a
Fremdeinschätzung t2 Population
TF 3.53 3.56 0.43 0.07 kein Effekt
IIa 3.46 3.54 0.48 0.12 kein Effekt
IC 3.52 3.71 0.46 0.41 kleiner bis mittlerer Effekt
AUS 3.28 3.42 0.56 0.07 kein Effekt
CR 3.72 3.77 0.49 0.10 kein Effekt
LF 2.22 2.14 0.52 0.15 kein Effekt
Anmerkungen: a = Effektstärkekonventionen nach Cohen (1988); TF= Transformationale Führung, IIa = Idealized Influence
attributed, IC= Individualized Consideration, AUS = Ausstrahlung, CR = Contingent Reward, LF = Laissez Faire

Für die Variable Individualized Consideration (IC) ergibt sich ein kleiner bis mittlerer Effekt
des Messzeitpunktes. Die Intensität der Veränderungen in der absoluten Ausprägung in allen
anderen Führungsstilen erweist sich als nicht bedeutsam.

e) Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung: Varianzanalyse


Um Unterschiede im Ausmaß der Veränderungen zwischen der Interventionsgruppe und der
Gruppe C zu überprüfen, wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit den Absolutwerten der
Differenzen zwischen t1 und t2 für die abhängigen Variablen gerechnet. Es resultieren keine
signifikanten Gruppeneffekte. Dies kann auf die geringe statistische Power des Signifikanztest
zurückgeführt werden (die β-Wahrscheinlichkeit beträgt 0.75).

f) Zusammenfassung
In den Fremdeinschätzungsdaten der Interventionsgruppe lassen sich Veränderungen in den
Führungsstilen in der erwarteten Richtung nachweisen. So ist in der Interventionsgruppe ein
signifikanter Anstieg des Mittelwerts der Skala Individualized Consideration zwischen Mess-
zeitpunkt 1 und Messzeitpunkt 2 zu berichten, während in der Gruppe C signifikante Verringe-
rungen in der Ausprägung der Skalen Individualized Consideration und Ausstrahlung resultie-
ren. Die Veränderung in der Variablen Individualized Consideration in der Interventionsgruppe
erreicht das Ausmaß eines kleinen bis mittleren Effekts. Die Veränderungen für den Führungs-
stil der leistungsorientieren Anerkennung sind von der Tendenz in der Interventionsgruppe er-
wartungskonform, jedoch nicht signifikant. Die Veränderungen zwischen Prä- und Postmessung
zum Laissez Faire-Stil erfolgen zwar in der erwarteten Richtung, sind jedoch nicht signifikant
und unterscheiden sich kaum zwischen der Interventionsgruppe und der Gruppe C.
Insgesamt lassen sich über die indirekte Veränderungsmessung kaum signifikante Ver-
änderungseffekte in der gezeigten Häufigkeit der Führungsstile des Full Range of Leadership
von Messzeitpunkt 1 zu Messzeitpunkt 2 nachweisen, was auf die geringe statistische Power der
Test zurückgeführt werden kann. Die gemittelten Selbst- und Fremdeinschätzungen der Ausprä-
gung des Laissez Faire-Stils sind nach der Durchführung des Interventionsprogramms nur ten-
denziell niedriger, der Ausprägungen des Stils der leistungsorientierten Anerkennung nur
tendeziell höher als vor der Durchführung des Interventionsprogramms. Die Veränderungsef-
fekte unterscheiden sich insgesamt nicht signifikant zwischen der Interventionsgruppe und der
Gruppe C. Im deskriptiven Mittelwertsvergleich zeigen sich allerdings in der Interventionsgrup-
pe erwartungskonforme Veränderungen in einem Großteil der Variablen im Gegensatz zur
Gruppe C.
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 255

 Die in der Hypothese II/1 erwarteten Veränderungen lassen sich über die indirekte
Veränderungsmessung in der Interventionsgruppe im Gegensatz zur Vergleichsgruppe
C nachweisen, fallen aber gering aus und erreichen nur für eine Variable (IC) das
Ausmaß statistischer Bedeutsamkeit.

4.3.1.2 Direkte Veränderungsmessung

a) Deskriptive Statistik
Tabelle 4.3.4 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen zur direkten Einschätzung von
Veränderungen in den acht Führungsstilen durch die Mitarbeiter (Fremdeinschätzungen) nach
der Intervention für die Interventionsgruppe und die Gruppe C.

Tabelle 4.3.4: Mittelwerte und Standardabweichungen der direkten Einschätzung der Richtung und des
Ausmaß der Veränderungen in der Ausprägung der Führungsstile (Fremdeinschätzung) nach der Interven-
tion für die Interventionsgruppe und Gruppe C
Interventionsgruppe (N = 14) Gruppe C (N = 6)
Variable Fremd M SD M SD
IIa_Veränderung 0.05 0.21 0.02 0.03
IIb_Veränderung 0.11 0.13 0.09 0.15
IM_Veränderung -0.02 0.26 0.05 0.07
IS_Veränderung 0.17 0.12 0.04 0.09
IC_Veränderung 0.20 0.23 -0.05 0.10
AUS_Veränderung 0.07 0.24 -0.04 0.16
CR_Veränderung 0.14 0.16 0.06 0.05
LF_Veränderung -0.15 0.11 0.02 0.07
Anmerkungen: Erfassung des Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von -2 („viel weniger“) bis +2 („viel mehr“); IIa= Idealized
Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC=
Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, LF=Laissez Faire

Die in der Haupthypothese II/1.1 formulierten erwarteten Veränderungen lassen sich in der
Interventionsgruppe in den jeweiligen Variablen weitgehend nachweisen (siehe Tabelle 4.3.4).
Die gemittelten Fremdeinschätzungen zur Veränderung liegen für fünf der sechs
transformationalen Führungsstile (außer IM) und für den Stil der leistungsorientierten Anerken-
nung (CR) jeweils über dem Wert von 0, für den Laissez Faire-Stil unter 0, fallen allerdings
jeweils sehr gering aus. Nur die leicht negative Veränderung des Führungsstils Inspirational
Motivation ist nicht erwartungskonform.
In der Gruppe C wird bei zwei der sechs transformationalen Skalen eine leicht negative
Veränderung berichtet (IC, AUS). In den anderen transformationalen Skalen und bei Contingent
Reward werden zwar leicht positive Veränderung berichtet, die jedoch durchwegs von der Ten-
denz her schwächer ausfallen als in der Interventionsgruppe. Der Laissez Faire-Stil nimmt von
der Tendenz her zu.
Insgesamt ist die Richtung der Veränderungseinschätzung erwartungskonform, das
Ausmaß der Veränderungen fällt aber gering aus.
4 Ergebnisse 256

b) Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung: Multivariate Varianzanalyse


Um Unterschiede im Ausmaß der berichteten Veränderungen zwischen der Interventionsgruppe
und der Gruppe C zu überprüfen, wurde eine einfaktorielle multivariate Varianzanalyse mit den
Absolutwerten der direkten Veränderungseinschätzung der acht Variablen gerechnet (siehe An-
hang 3.13). In der Fremdeinschätzung ergeben sich signifikante Gruppeneffekte für
Inspirational Motivation (F (1,19) = 4.80; p=.042), allerdings ist hier der erwünschte Effekt für
die Gruppe C und nicht für die Interventionsgruppe zu verzeichnen (siehe Tabelle 4.3.4). Signi-
fikante Gruppeneffekte resultieren auch für die Variablen Individualized Consideration (F
(1,19) = 6.73; p=.018) und Contingent Reward (F (1,19) = 5.25; p=.034). Für beide Führungssti-
le liegt das Ausmaß der Veränderungen in der erwünschten Richtung in der Interventionsgruppe
über dem der Gruppe C (siehe Tabelle 4.3.4). Die statistische Power des Tests beträgt 1 – β =
0.25, d.h. die die Wahrscheinlichkeit, die Hypothese eines Nichtunterschiedes fälschlicherweise
beizubehalten, beträgt β = 0.75.

c) Beurteilung des Ausmaßes der Gruppenunterschiede: Effektstärken


In Tabelle 4.3.5 werden die Effektstärken für die direkt eingeschätzten Veränderungen der Füh-
rungsstile (Fremdeinschätzungen) aufgeführt. Es handelt sich um Effektstärken für unabhängige
Stichproben, d.h. das Ausmaß der Wirkung der Zugehörigkeit zur Interventionsgruppe wird
durch den standardisierten Mittelwertsunterschied zwischen der Interventionsgruppe und der
Gruppe C beschrieben.

Tabelle 4.3.5: Effektstärken für unabhängige Stichproben (Interventionsgruppe und Gruppe C) für die
direkten Veränderungseinschätzungen (Fremdeinschätzungen) zu t2
Variable_ Mittelwert Mittelwert SD in der Effektstärke Beurteilung der
Veränderung Interventionsgruppe Gruppe C Population Effektstärke a
(n=14) (n=6) (n=20)
IIa_Fremd 0.05 0.02 .17 0.18 kein Effekt
IIb_Fremd 0.11 0.09 .14 0.14 kein Effekt
IM_Fremd -0.02 0.05 .22 0.32 kleiner bis mittlerer Effekt
IS_Fremd 0.17 0.04 .13 1.00 großer Effekt
IC_Fremd 0.20 -0.05 .23 1.09 großer Effekt
AUS_Fremd 0.07 -0.04 .22 0.50 mittlerer Effekt
CR_Fremd 0.14 0.06 .14 0.57 mittlerer bis großer Effekt
LF_Fremd -0.15 0.02 .13 1.31 großer Effekt
Anmerkungen: a = Effektstärkekonventionen nach Cohen (1988); Erfassung des Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von -2
(„viel weniger“) bis +2 („viel mehr“)
IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC=
Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, LF=Laissez Faire

Nur für die Variablen Idealized Influence attributed (IIa), Idealized Influence behavior (IIb) und
Management by Exception passive (MBP) resultieren keine Effekte. Bei allen anderen Füh-
rungsstilen sind mittlere bis große Effekte zu verzeichnen. Nur einer dieser Effekte weist wider
erwarten auf eine höhere Veränderung in der Gruppe C als in der Interventionsgruppe hin (IM).
Hingegen resultieren in den Variablen IS, IC, AUS, CR und LF mittlere bis große Verände-
rungseffekte für die Interventionsgruppe in der erwarteten Richtung.
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 257

d) Zusammenfassung
Die mittleren Einschätzungen durch die Mitarbeiter zu Richtung und Ausmaß der Veränderung
sind in der Interventionsgruppe für fünf der sechs transformationalen Führungsskalen sowie für
die Skalen der leistungsorientierten Anerkennung und Laissez Faire erwartungskonform. Die
Unterschiede zwischen der Interventionsgruppe und der Gruppe C im Ausmaß der erwarteten
Veränderung sind für eine der sechs transformationalen Skalen sowie für die Skala Contingent
Reward signifikant. Es zeigen sich in fünf der acht interessierenden Variablen (sechs
transformationale Skalen, CR und LF) mittlere bis große Effekte für die Interventionsgruppe.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich in den Mittelwerten der Items zur
direkten Einschätzung von Veränderungen zwischen dem Messzeitpunkt 1 bis zum Messzeit-
punkt 2 in der Interventionsgruppe die erwarteten Veränderungen in der Ausprägung der Füh-
rungsstile des Full Range of Leadership nachweisen lassen. Die berichteten Veränderungen
erreichen das Ausmaß bedeutsamer Effekte. In der Gruppe C fallen die berichteten Veränderun-
gen geringer aus und gehen zum Teil in die zur Interventionsgruppe entgegengesetzte Richtung
(negative Veränderungen in den transformationalen Skalen und positive Veränderungen bei
Laissez Faire).
 Die in der Hypothese II/1.1 erwarteten Veränderungen lassen sich über die direkte Ver-
änderungsmessung in der Interventionsgruppe im Gegensatz zur Vergleichsgruppe C
nachweisen.

4.3.2 Überprüfung der Veränderungshypothesen in den Interventionsgruppen A und B


und Generierung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen

Im Folgenden werden die a priori aufgestellten Hypothesen zu Veränderungen in den Führungs-


stilen in den einzelnen Interventionsgruppen A und B systematisch überprüft und auf Basis die-
ser Ergebnisse Hypothesen zu Wirksamkeitsunterschieden zwischen den Gruppen abgeleitet. In
Abschnitt 4.3.2.1 werden die Ergebnisse aus den Gruppenanalysen, in Abschnitt 4.3.2.2 die
Ergebnisse der Einzelfallanalysen dargestellt.

4.3.2.1 Gruppenanalysen
Die Überprüfung der Unterhypothese II/1.1 zur Wirksamkeit der jeweiligen Interventionsbedin-
gung bezüglich der Veränderung der Ausprägung der Führungsstile auf Gruppenebene (siehe
Kasten) erfolgte auf zweierlei Wegen: Über die indirekte und die direkte Veränderungsmes-
sung. Für beide Wege wurde jeweils eine zu überprüfende operationale Hypothese formuliert.
Zunächst werden die Ergebnisse der indirekten Veränderungsmessung dargestellt, bevor die
Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung berichtet werden.
Unterhypothese II/1.1: Gruppenebene
In den Interventionsgruppen A und B nehmen aus Sicht der Mitarbeiter der teilnehmenden Füh-
rungskräfte die mittlere Ausprägung der Häufigkeit des Einsatzes der transformationalen Füh-
rungsstile und des Stils der leistungsorientierten Anerkennung zu, die mittlere Ausprägung des
Laissez Faire-Stils nimmt ab.
4 Ergebnisse 258

a) Indirekte Veränderungsmessung
Zur Überprüfung der operationalen Hypothese II/1.1a (s.u.) werden zunächst die Mittelwerte
der Prä- und Posterhebung dargestellt, um anschließend auf die Ergebnisse der
inferenzstatistischen Auswertung einzugehen.
Operationale Hypothese II/1.1a: Indirekte Veränderungsmessung
In den jeweiligen Interventionsgruppen A und B lassen sich statistisch bedeutsame Ver-
änderungseffekte (= mindestens kleine bis mittlere Effektstärken oder signifikante
Mittelwertsunterschiede zwischen t1 und t2) in den Einschätzungen zur gezeigten Häu-
figkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full Range of Leadership von Messzeitpunkt
1 zu Messzeitpunkt 2 nachweisen: Die gemittelten Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit
des Einsatzes der transformationalen Führungsstile und des Stils der leistungsorientier-
ten Anerkennung sind nach der Durchführung des Interventionsprogramms jeweils hö-
her als vor der Durchführung des Interventionsprogramms. Die gemittelten Fremdein-
schätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes des Laissez Faire-Stils sind nach der Durch-
führung des Interventionsprogramms niedriger als vor der Durchführung des Inter-
ventionsprogramms.

Deskriptive Statistik
Tabelle 4.3.6 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Fremdeinschätzungen der
acht Führungsstile und der Gesamtvariablen Transformationale Führung (TF) vor und nach der
Intervention für die Interventionsgruppe A und für die Interventionsgruppe B.

Tabelle 4.3.6: Mittelwerte und Standardabweichungen der Fremdeinschätzungen der Führungsstile vor
und nach der Intervention für Interventionsgruppe A und B
Gruppe A (N = 8) Gruppe B (N = 6)
Pretest Posttest Pretest Posttest
Variable
M SD M SD M SD M SD
Fremd
TF 3.71 0.36 3.73 0.39 3.29 0.31 3.34 0.47
IIa 3.66 0.41 3.76 0.56 3.18 0.29 3.24 0.51
IIb 3.89 0.32 3.76 0.42 3.30 0.28 3.32 0.46
IM 3.79 0.42 3.55 0.27 3.59 0.57 3.57 0.71
IS 3.63 0.42 3.67 0.43 3.51 0.27 3.43 0.34
IC 3.71 0.36 3.93 0.39 3.27 0.44 3.40 0.58
AUS 3.59 0.48 3.69 0.59 2.87 0.34 3.06 0.53
CR 3.88 0.49 3.94 0.43 3.50 0.38 3.53 0.53
LF 2.12 0.52 2.05 0.66 2.34 0.47 2.26 0.45
Anmerkungen: Erfassung der Ausprägung der Variablen auf einer Skala von 1 („nie“) bis 5 („regelmäßig“); TF=Transformationale
Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimu-
lation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, LF=Laissez Faire

Die in der operationalen Hypothese II/1.1a erwarteten Veränderungen in den Interventionsgrup-


pen A und B sind für die Fremdeinschätzungsdaten tendenziell nachweisbar (siehe Tabelle
4.3.6). So steigen in beiden Gruppen die Mittelwerte eines Großteils der transformationalen
Variablen (vier von sechs), der Gesamtvariablen Transformationale Führung (TF) sowie die
Mittelwerte der Skala Contingent Reward an. Die Mittelwerte der Fremdeinschätzungen zur
Skala Laissez Faire nehmen erwartungskonform ab.
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 259

Überprüfung von Gruppenunterschieden zu t1


Die Gegenüberstellung der Mittelwerte in der Tabelle 4.3.6 deutet darauf hin, dass zu t1 bedeut-
same Unterschiede zwischen den beiden Interventionsgruppen in der jeweiligen Ausprägung der
Führungsstile vorlagen. Die varianzanalytische Überprüfung der Fremdeinschätzungen zu den
Führungsstilvariablen erbrachte signifikante Gruppeneffekte für die Variable Transformationale
Führung (F = 5.27; df = 1; p= .041), für die Skala Idealized Influence attributed (F = 5.80; df=1;
p=.033), für die Skala Idealized Influence behavior (F = 12.92; df = 1; p= .004) und für die Ska-
la Ausstrahlung (F = 9.56; df = 1; p= .009) (siehe Anhang 3.4). In allen vier Skalen liegen die
Mittelwerte der Führungspersonen der Gruppe A signifikant über den Mittelwerten der Füh-
rungskräfte der Gruppe B (siehe Tabelle 4.3.6).
Führungkräfte, die sich der Interventionsbedingung B zuordneten, werden also im Mit-
tel von ihren Mitarbeitern als weniger transformational, insbesondere als weniger charismatisch
eingeschätzt, als Führungspersonen der Interventionsgruppe A. Dieser bedeutsame Gruppenun-
terschied in der Ausprägung der Führungsstile vor Durchführung der Intervention muss berück-
sichtigt werden, wenn Hypothesen zu Wirksamkeitsunterschieden zwischen den Interventions-
bedingungen abgeleitet werden.

Überprüfung der gruppeninternen Mittelwertsunterschiede Prä- und Postmessung: T-Test


und Wilcoxon-Test
Die tendenziellen Veränderungen in der Ausprägung der Mittelwerte der Führungsstile zu t1
und t2 wurden separat für die beiden Interventionsgruppen A und B mit dem T-Test und dem
nonparametrischen Verfahren des Wilcoxon-Tests überprüft.
In Gruppe A resultiert im T-Test ein signifikanter Unterschied in der mittleren Ausprä-
gung der Skala Individualized Consideration zu t1 und t2 (T = -3.27; df = 7; p = .014) in der
erwarteten Richtung. Auch der Wilcoxon-Test ergibt für die Skala Individualized Consideration
einen signifikanten Unterschied zwischen Prä- und Posterhebung (Z = - 2.20; p = .028). In den
anderen Skalen resultieren keine signifikanten Unterschiede (siehe Anhang 3.7 und 3.11).
In der Gruppe B sind weder im T-Test noch im Wilcoxon-Test signifikante
Mittelwertsunterschiede zwischen t1 und t2 zu berichten (siehe Anhang 3.8 und 3.12). Die Po-
wer des T-Tests liegt für die Gruppe A bei 1 – β = 0.36, für Gruppe B bei 1 – β = 0.28. Somit ist
in beiden Gruppen die β-Wahrscheinlichkeit, d.h. die Wahrscheinlichkeit, die Hypothese eines
Nichtunterschieds fälschlicherweise beizubehalten mit 0.64 beziehungsweise 0.72 sehr hoch.

Überprüfung des Einflusses der Gruppenzugehörigkeit auf die Ausprägung der Führungssti-
le zu t2: Kovarianzanalyse
Um den Einfluss der Zugehörigkeit zur Interventionsgruppe A oder B auf die Ausprägung der
Führungsstile zu t2 zu überprüfen, wurde eine einfaktorielle multivariate Kovarianzanalyse
gerechnet (siehe Tabelle 4.3.7). Hierbei wurden die mittleren Ausprägung der Variablen zu t2
als abhängige Variablen, die Prätestwerte aufgrund der signifikanten Mittelwertsunterschiede
zwischen den Gruppen A und B zu t1 als Kovariate und die Gruppenzugehörigkeit als unabhän-
gige Variable eingesetzt (vgl. Barling et al., 1996). Die Power des T-Tests liegt für den Grup-
penvergleich bei 1 – β = 0.22. Somit ist die β-Wahrscheinlichkeit mit 0.78 und damit die Wahr-
scheinlichkeit, tatsächliche Gruppenunterschiede zu übersehen, extrem hoch.
4 Ergebnisse 260

Tabelle 4.3.7: Einfluss der Gruppenzugehörigkeit (Interventionsgruppe A oder B) auf die Ausprägung der
Fremdeinschätzung der Führungsstile zu t2 unter statistischer Kontrolle der Ausprägungen der Führungs-
stile zu t1 (Kovarianzanalyse)
AV: Fremdeinschätzung df F Sig. Partielles Eta-Quadrat
TF_t2 1 .26 .701 .21
IIa_t2 1 8.76 .207 .90
IIb_t2 1 2.00 .392 .67
IM_t2 1 3244.80 .011 1.00
IS_t2 1 19.52 .142 .95
IC_t2 1 .42 .635 .29
AUS_t2 1 1.33 .455 .57
CR_t2 1 .14 .773 .12
LF_t2 1 .24 .708 .20
Anmerkungen: TF=Transformationale Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior;
IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent
Reward, LF=Laissez Faire

Trotz der geringen Power resultieren für die Fremdeinschätzungsdaten signifikante Gruppen-
effekte für die Skala Inspirational Motivation (F (1, 13) = 3244.795; p = .011; η2=.1.000) (siehe
Tabelle 4.3.7). Die Ausprägung des transformationalen Führungsstils der Inspirational Motiva-
tion hängt demnach signifikant von der Gruppenzugehörigkeit ab. In beiden Interventionsgrup-
pen sinkt der Mittelwert zu Inspirational Motivation, obwohl für beide Gruppen ein Anstieg des
Führungsstils erwartet worden war. Die Abnahme des Führungsstils fällt in Gruppe A höher aus
als in Gruppe B.

Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung: Multivariate Varianzanalyse

Um Hinweise auf Unterschiede im jeweiligen Ausmaß der Veränderungen zwischen den Inter-
ventionsgruppen A und B zu erhalten, wurde eine einfaktorielle multivariate Varianzanalyse mit
den absoluten Differenzwerten zwischen t1 und t2 für die neun Variablen gerechnet (siehe An-
hang 3.15). Auch hier liegt eine sehr geringe Testtärke von 1 – β = 0.22 vor. Trotz der geringen
Power ergibt sich ein signifikanter Gruppeneffekt für die Gesamtskala zur transformationalen
Führung in der Fremdeinschätzung (F (1, 13) = 4.968, p = .046, η2 = .293), d.h. der Anstieg des
Mittelwerts der transformationalen Führungsskalen in Gruppe B liegt signifikant über dem An-
stieg des Mittelwerts der transformationalen Führungsskalen in Gruppe A.

Beurteilung des Ausmaßes der Veränderungen in den Gruppen A und B: Effektstärken


Für diejenigen der neun interessierenden Führungsstilvariablen (sechs Variablen
transformationaler Führung, TF insgesamt, CR und LF), in denen sich entweder in beiden oder
in einer der Interventionsgruppen A und B von t1 zu t2 Veränderungen in den Mittelwerten in
der erwarteten Richtung ergeben, werden in Tabelle 4.3.8 die Effektstärken gegenübergestellt.
Diejenigen Effektstärken, die Veränderungen in unerwarteter Richtung kennzeichnen, sind mit
einem „–“ gekennzeichnet, Effektstärken, die Veränderungen in erwarteter Richtung beschrei-
ben, sind mit einem „+“ versehen. In Interventionsgruppe B resultieren in zwei der neun interes-
sierenden abhängigen Variablen (IC und AUS) bedeutsame Effekte in der erwarteten Richtung.
In Interventionsgruppe A ergeben sich in zwei der Variablen (IIa und IC) bedeutsame Effekte in
der erwarteten Richtung (siehe Tabelle 4.3.8).
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 261

Tabelle 4.3.8: Effektstärken für abhängige Stichproben für die Veränderungen in den Fremdeinschätzun-
gen von t1 zu t2 in den Interventionsgruppen A und B
Variable SD in der Effektstärke Beurteilung der Effektstärke Beurteilung der
Population Gruppe A Effektstärke a Gruppe B Effektstärke a
TF_Fremd 0.39 0.05 kein Effekt 0.09 kein Effekt

IIa_Fremd 0.43 0.23 kleiner Effekt (+) 0.14 kein Effekt


kleiner bis mittlerer
IIb_Fremd 0.42 0.31 0.05 kein Effekt
Effekt (–)
IS_Fremd 0.36 0.11 kein Effekt 0.22 kleiner Effekt (–)
kleiner bis mittlerer
IC_Fremd 0.44 0.50 mittlerer Effekt (+) 0.30
Effekt (+)
kleiner bis mittlerer
AUS_Fremd 0.55 0.18 kein Effekt 0.35
Effekt (+)
CR_Fremd 0.47 0.13 kein Effekt 0.06 kein Effekt

LF_Fremd 0.50 0.14 kein Effekt 0.16 kein Effekt


Anmerkungen: a = Effektstärkekonventionen nach Cohen (1988); „–“ = Veränderungen in unerwarteter Richtung; „+“ = Verände-
rungen in erwarteter Richtung; Fett: bedeutsame Effekte in erwarteter Richtung; Population = Interventiongruppe insgesamt;
TF=Transformationale Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivati-
on; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, LF=Laissez Faire

Zusammenfassung der Überprüfung der operationalen Hypothese II/1.1a


Auf Basis des deskriptiven Mittelwertsvergleichs lassen sich die erwarteten Veränderungen in
den Führungsstilen sowohl in der Interventionsgruppe A als auch in der Interventionsgruppe B
nachweisen. In der Interventionsgruppe A resultiert eine signifikante Veränderung des
transformationalen Führungsstils Individual Consideration (IC). In der Interventionsgruppe B
sind keine signifikanten Mittelwertsunterschiede zwischen t1 und t2 zu berichten. In beiden
Gruppen resultieren für zwei der sechs transformationalen Führungsstile kleine bis mittlere Ef-
fekte des Messzeitpunktes. Nur für jeweils zwei der acht interessierenden Variablen resultieren
statistisch bedeutsame Veränderungen im Sinne der Hypothese. Die erwartungskonformen Ver-
änderungen in den Mittelwerten reichen nicht aus, um die Hypothese zu statistisch bedeutsamen
Veränderungen beizubehalten.
 Hypothese II/1.1a wird verworfen.

b) Direkte Veränderungsmessung
Zur Überprüfung der operationalen Hypothese II/1.1b (s. u.)werden die Mittelwerte der direkten
Veränderungseinschätzungen zu jedem Führungsstil für die Interventionsgruppen A und B dar-
gestellt und mit den erwarteten Veränderungen verglichen.
Operationale Hypothese II/1.1b: Direkte Veränderungsmessung
In den Mittelwerten der Items zur direkten Einschätzung von Veränderungen zwischen
dem Messzeitpunkt 1 bis zum Messzeitpunkt 2 lassen sich in den jeweiligen Inter-
ventionsgruppen A und B Veränderungen in der Ausprägung der Führungsstile des Full
Range of Leadership nachweisen: Die zum Messzeitpunkt 2 erhobenen gemittelten
Fremdeinschätzungen zu Richtung und Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von -2
(„viel weniger“) bis +2 („viel mehr“) liegen für die transformationalen Führungsstile
und für den Stil der leistungsorientierten Anerkennung jeweils über dem Wert von 0
(positive Veränderungen), für den Laissez Faire-Stil jeweils unter 0 (negative Verände-
rungen).
4 Ergebnisse 262

Deskriptive Statistik
Tabelle 4.3.9 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Fremdeinschätzungen zur
direkten Einschätzung von Veränderungen in den acht Führungsstilen nach der Intervention für
die Interventionsgruppen A und B.

Tabelle 4.3.9: Mittelwerte und Standardabweichungen der direkten Einschätzung von Veränderungen in
der Ausprägung der Führungsstile (Fremdeinschätzung) nach der Intervention für Interventiongruppen A
und B
Gruppe A (N = 8) Gruppe B (N = 6)
Variable Fremd
M SD M SD
Veränderung_IIa 0.05 0.17 0.06 0.27
Veränderung_IIb 0.12 0.14 0.11 0.14
Veränderung_IM -0.09 0.26 0.07 0.25
Veränderung_IS 0.16 0.13 0.18 0.12
Veränderung_IC 0.22 0.21 0.17 0.26
Veränderung_AUS 0.10 0.17 0.03 0.32
Veränderung_CR 0.11 0.19 0.18 0.13
Veränderung_LF -0.12 0.12 -0.18 0.09
Anmerkungen: Erfassung des Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von -2 („viel weniger“) bis +2 („viel mehr“); IIa= Idealized
Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC=
Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, LF=Laissez Faire

Die in Hypothese II/1.1b formulierten Erwartungen zur Richtung der Veränderungen lassen sich
in der Interventionsgruppe B vollständig, in der Interventionsgruppe A bis auf eine Ausnahme
(Inspirational Motivation) nachweisen. Allerdings ist das berichtete Ausmaß der Veränderung
im Durchschnitt in beiden Gruppen sehr gering.

Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung: Multivariate Varianzanalyse


Um Unterschiede im Ausmaß der berichteten Veränderungen zwischen den Interventionsgrup-
pen A und B zu überprüfen, wurde eine einfaktorielle multivariate Varianzanalyse mit den
Absolutwerten der direkt eingeschätzten Veränderungen in den acht Führungsstilen gerechnet
(siehe Anhang 3.16). Es ergeben sich keine signifikanten Gruppeneffekte. Dies kann auf die
sehr geringe statistische Power des Signifikanztest zurückgeführt werden (die Wahrscheinlich-
keit, die Hypothese eines Nichtunterschiedes fälschlicherweise beizubehalten, liegt bei β =0.78).

Beurteilung des Ausmaßes der Gruppenunterschiede: Effektstärken


Wegen der geringen Power des Signifikanztest zur Beurteilung von Gruppenunterschieden wur-
den zusätzlich Effektstärken für unabhängige Stichproben berechnet. In Tabelle 4.3.10 werden
die Effektstärken für die direkt eingeschätzten Veränderungen der Führungsstile aufgeführt. Es
handelt sich hier um Effektstärken für unabhängige Stichproben, d.h. das Ausmaß der Wirkung
der jeweiligen Interventionsbedingung wird durch den standardisierten Mittelwertsunterschied
zwischen den Interventionsgruppen A und B beschrieben. Bei drei der sechs transformationalen
Skalen sind keine bedeutsamen Effekte der Gruppenzugehörigkeit zu beobachten. Nur für
Inspirational Motivation resultiert ein mittlerer bis großer Effekt für die Interventionsbedingung
B, während sich für die Skalen Individualized Consideration (IC) und Ausstrahlung (AUS) ein
kleiner beziehungsweise kleiner bis mittlerer Effekt für die Interventionsbedingung A ergibt.
Für den Führungsstil der leistungsorientierten Anerkennung (CR) ergibt sich ein mittlerer Effekt
für die Interventionsbedingung B. Für Laissez Faire (LF) resultiert ein kleiner bis mittlerer Ef-
fekt für die Interventionsbedingung B.
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 263

Tabelle 4.3.10: Effektstärken für unabhängige Stichproben (Interventionsgruppen A und B) für die direk-
ten Veränderungseinschätzungen (Fremdeinschätzungen) zu t2
Variable_ Mittelwert Mittelwert SD in der Effektstärke Beurteilung der Effektstärke a
Veränderung Gruppe A Gruppe B Population
(n=8) (n=6) (n=20)
IIa_Fremd 0,05 0,06 .17 0.06 kein Effekt
IIb_Fremd 0,12 0,11 .14 0.07 kein Effekt
IM_Fremd -0,09 0,07 .22 0.73 mittlerer bis großer Effekt (+)
IS_Fremd 0,16 0,18 .13 0.15 kein Effekt
IC_Fremd 0,22 0,17 .23 0.22 kleiner Effekt (–)
AUS_Fremd 0,10 0,03 .22 0.32 kleiner bis mittlerer Effekt (–)
CR_Fremd 0,11 0,18 .14 0.50 mittlerer Effekt (+)
LF_Fremd -0,12 -0,18 .13 0.46 kleiner bis mittlerer Effekt (+)
Anmerkungen: a = Effektstärkekonventionen nach Cohen (1988); Erfassung des Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von -2
(„viel weniger“) bis +2 („viel mehr“); „–“ = Unterschiede zwischen den Gruppen zu Gunsten von Gruppe A; „+“ = Unterschiede
zwischen den Gruppen zu Gunsten von Gruppe B
IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC=
Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, LF=Laissez Faire

Zusammenfassung der Überprüfung der operationalen Hypothese II/1.1b


In den Mittelwerten der Items zur direkten Einschätzung von Veränderungen zwischen dem
Messzeitpunkt 1 bis zum Messzeitpunkt 2 lassen sich in den jeweiligen Interventionsgruppen A
und B Veränderungen in der Ausprägung der Führungsstile des Full Range of Leadership in der
erwarteten Richtung nachweisen: Die zum Messzeitpunkt 2 erhobenen gemittelten Fremdein-
schätzungen zur Richtung und Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von -2 („viel weniger“)
bis +2 („viel mehr“) liegen für die transformationalen Führungsstile und für den Stil der leis-
tungsorientierten Anerkennung bis auf die Ausnahme der Skala Inspirational Motivation in
Gruppe A jeweils über dem Wert von 0 (positive Veränderungen), für den Laissez Faire-Stil
jeweils unter 0 (negative Veränderungen). Allerdings ist das durchschnittliche Ausmaß der be-
richteten Veränderungen in beiden Gruppen sehr gering (Werte von -.18 bis .22 auf einer Skala
von -2 bis +2).
 Hypothese II/1.1b wird beibehalten.

c) Generierung von Hypothesen zu Wirksamkeitsunterschieden zwischen den Inter-


ventionsgruppen A und B
Auf Basis der indirekten Veränderungsmessung lässt sich in der Gesamtskala zur
transformationalen Führung (Mittelwert der sechs transformationalen Führungsskalen) ein Un-
terschied im Ausmaß der Veränderung zwischen den Gruppen nachweisen: Der Anstieg des
Mittelwertes der transformationalen Führungsskalen liegt in Gruppe B signifikant über dem
Anstieg des Mittelwerts der transformationalen Führungsskalen in Gruppe A. Allerdings er-
reicht dieser Anstieg nicht das Ausmaß statistischer Bedeutsamkeit. Nur die Veränderung der
Skala Individualized Consideration von t1 zu t2 in Gruppe A ist signifikant. Insgesamt unter-
scheiden sich die beiden Gruppen A und B kaum im Ausmaß der erwarteten Veränderungen der
Führungsstile.
 Auf der Basis der Daten aus der indirekten Veränderungmessung können keine Hypo-
thesen über Wirksamkeitsunterschiede zwischen den Interventionsbedingungen A und B
generiert werden.
4 Ergebnisse 264

In der direkten Veränderungsmessung fallen insgesamt die geringen Unterschiede zwischen den
gemittelten Fremdeinschätzungen zu Richtung und Ausmaß der Veränderung für drei der sechs
transformationalen Führungsskalen, für die Skala Contingent Reward sowie für Laissez Faire zu
Gunsten der Interventionsgruppe B aus. Bei zwei der transformationalen Variablen fallen die
Veränderungen in Gruppe A stärker aus. Keiner der Unterschiede zwischen den Gruppen ist
signifikant. Die zwei größten Effektstärken für unabhängige Stichproben resultieren für Inter-
ventionsgruppe B im Führungsstil Contingent Reward (d = 0.50) und in der Variablen
Inspirational Motivation (d = 0.73).
 Auf der Basis der Daten aus der direkten Veränderungseinschätzung können keine vari-
ablenübergreifenden, aber variablenspezifische Wirksamkeitsunterschiede festgestellt
werden.
 Wirksamkeitsunterschiedshypothese II/1.1: Das Ausmaß der Veränderung in der Häu-
figkeit des Einsatzes der Führungsstile leistungsorientierte Anerkennung (CR) und
Inspirational Motivation (IM) unterscheidet sich je nach Interventionsbedingung. Die
Wirksamkeit der Interventionsbedingung B zur Förderung dieser Führungsstile geht
über die Wirksamkeit der Interventionsbedingung A hinaus.

4.3.2.2 Einzelfallanalysen
Auch die Überprüfung der Unterhypothese II/1.2 zur Veränderung der Ausprägung der Füh-
rungsstile auf Individuumseben (siehe Kasten) erfolgte über die indirekte und die direkte Ver-
änderungsmessung aussschließlich auf der Basis der Fremdeinschätzungsdaten. Für beide Wege
wurde jeweils eine zu überprüfende operationale Hypothese formuliert. Zunächst werden die
Ergebnisse der indirekten Veränderungsmessung dargestellt, bevor auf die Ergebnisse der direk-
ten Veränderungsmessung eingegangen wird.
Unterhypothese II/1.2: Einzelfallebene
Bei den Führungspersonen der Interventionsgruppen A und B nehmen aus Sicht der Mitarbeiter
der teilnehmenden Führungskräfte die jeweils individuelle Ausprägung der Häufigkeit des Ein-
satzes der transformationalen Führungsstile und des Stils der leistungsorientierten Anerkennung
im jeweiligen Einzelfall zu, die individuelle Ausprägung des Laissez Faire-Stils nimmt im je-
weiligen Einzelfall ab.

a) Indirekte Veränderungsmessung
Zur operationalen Hypothese II/1.2a (s.u.) werden zunächst die kritischen Differenzen für die
Prä- und Postmessungen der abhängigen Variablen aufgeführt und anschließend die empiri-
schen Differenzwerte jeder Führungsperson den kritischen Differenzen gegenübergestellt und
statistische bedeutsame Unterschiede hervorgehoben.
Operationale Hypothese II/1.2a: Indirekte Veränderungsmessung
Es lassen sich bei den Führungskräften der beiden Interventionsgruppen A und B auf
Individuumsebene statistisch bedeutsame Veränderungseffekte in den Einschätzungen
der gezeigten Häufigkeit der Führungsstile des Full Range of Leadership von Messzeit-
punkt 1 zu Messzeitpunkt 2 nachweisen: Die gemittelten Fremdeinschätzungen zur
Häufigkeit des Einsatzes der transformationaler Führungsstile und des Stils der leis-
tungsorientierten Anerkennung sind im Einzelfall nach der Durchführung der Interven-
tion höher als vor der Durchführung der Intervention. Die gemittelten Fremdeinschät-
zungen zur Häufigkeit des Einsatzes des Laissez Faire-Stils sind im Einzelfall nach der
Durchführung der Intervention niedriger als vor der Durchführung der Intervention.
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 265

Kritische Differenzen
Zunächst wurden auf der Basis der Standardabweichungen und der Reliabilitäten der Daten aus
der Gesamtstichprobe zu t1 die kritischen Differenzen für die acht interessierenden Führungs-
stilskalen des MLQ und für die Gesamtvariable Transformationale Führung (TF) nach der For-
mel in Abschn. 3.5.4.1 berechnet (siehe Tabelle 4.3.11). Die Gegenüberstellung der empirischen
und kritischen Differenzen der Führungsvariablen des MLQ kann für jede der 20 Führungskräf-
te in Anhang 3.14 nachvollzogen werden.

Tabelle 4.3.11: Kritische Differenzen für die zehn Führungsstilskalen des MLQ (Fremdeinschätzung)
Variable
SD Cronbachs Alpha Kritische Differenz
Fremd
TF 43 .95 .27
IIa .48 .76 .66
IIb .42 .80 .52
IM .55 .87 .55
IS .42 .84 .47
IC .46 .88 .44
AUS .56 .93 .41
CR .49 .76 .67
LF .52 .71 .78
Anmerkungen: TF=Transformationale Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior;
IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent
Reward, LF=Laissez Faire

Deskriptive Statistik
Die Tabelle 4.3.12 enthält die Mittelwerte der Fremdeinschätzungen der abhängigen Variablen
zu den zwei Messzeitpunkten für alle Führungskräfte der Interventionsgruppen A und B. Dieje-
nigen Mittelwerte, deren Differenz zwischen t1 und t2 im Betrag gleich oder größer der jeweili-
gen kritischen Differenz ist, sind fett hervorgehoben. Umrahmt sind diejenigen Mittelwerte, bei
denen sich Veränderungen zwischen t1 und t2 in statistisch bedeutsamem Ausmaß in der erwar-
teten Richtung ergeben. Es ergibt sich in den Interventionsgruppen A und B auf
Individuumsebene folgendes Bild (siehe Tabelle 4.3.12):
Es werden nur von den Mitarbeitern von vier der vierzehn Führungskräfte (FK 1, 2, 6,
10) bei einzelnen transformationalen Variablen (IC, AUS sowie Gesamtskala zur
transformationalen Führung) statistisch bedeutsame Veränderungen in der erwarteten Richtung
berichtet (umrahmte Mittelwerte in der Tabelle 4.3.12). Bei zwei Führungskräften (FK 2 und 3)
nimmt die Ausprägung der Fremdeinschätzungen in der Variable Inspirational Motivation von
t1 zu t2 wieder erwarten ab (fett hervorgehobene Mittelwerte in der Tabelle 4.3.12). Die Mit-
telwerte der Fremdeinschätzungen zu den transformationalen Skalen verändern sich bei den
neun verbleibenden Führungskräften (FK 4, 5, 13, 15, 16, 17, 18 und 19) nicht in statistisch
bedeutsamem Ausmaß. In der Ausprägung des Führungsstils der leistungsorientierten Anerken-
nung und in der Ausprägung des Laissez Faire-Stils sind entgegen der Erwartung keine Verän-
derungen zu berichten, die über den jeweiligen kritischen Differenzen liegen.
4 Ergebnisse 266

Tabelle 4.3.12: Mittelwerte der Führungsstile zu t1 und t2 der Führungskräfte der Interventionsgruppen A
und B (Fremdeinschätzung)
Variable FK FK FK FK FK FK FK
FK 1 FK 2 FK 3 FK 4 FK 5 FK 6 FK 8
Fremd 10 13 15 16 17 18 19
TF_t1 3,31 3,97 4,02 3,74 2,92 3,76 4,13 3,67 3,20 3,74 3,63 3,02 3,27 3,08
TF_t2 3,66 4,06 3,98 3,63 2,70 3,72 4,21 3,94 3,01 3,86 3,63 3,08 3,31 3,05
IIa_t1 3,08 4,13 3,88 3,90 2,84 3,69 3,94 3,44 3,08 3,63 3,62 3,03 3,32 2,83
IIa_t2 3,64 4,00 4,50 3,75 2,67 3,65 4,44 3,86 2,75 3,75 3,56 2,97 3,15 2,88
IIb_t1 3,42 4,13 4,25 3,75 2,90 4,00 4,25 3,72 3,18 3,75 3,41 3,16 3,63 3,36
IIb_t2 3,50 4,13 3,88 3,85 2,63 4,06 4,13 3,86 2,93 3,81 3,64 3,40 3,20 3,03
IM_t1 3,92 4,08 4,13 4,10 3,70 3,94 4,06 4,08 3,31 3,69 3,97 2,56 3,13 3,17
IM_t2 4,39 3,38 3,50 3,75 3,25 3,56 4,06 4,25 3,28 3,63 3,72 2,50 3,30 3,22
IS_t1 3,58 3,83 4,25 3,45 3,09 3,56 4,06 3,81 3,49 3,69 3,75 3,31 3,03 3,13
IS_t2 3,50 4,25 3,88 3,40 3,03 3,56 4,06 3,97 3,31 3,94 3,61 3,17 3,25 3,03
IC_t1 3,17 4,00 3,63 3,60 2,53 3,69 4,38 3,81 3,23 3,77 3,64 3,24 3,45 3,17
IC_t2 3,67 4,38 3,75 3,60 2,38 4,19 4,38 4,00 3,17 4,19 3,75 3,44 3,55 3,45
AUS_t1 2,67 3,63 4,00 3,65 2,44 3,69 4,06 3,14 2,78 3,94 3,39 2,81 3,00 2,73
AUS_t2 3,25 4,25 4,38 3,40 2,31 3,31 4,19 3,69 2,63 3,88 3,50 3,00 3,43 2,67
CR_t1 3,50 4,13 4,38 3,48 2,90 4,13 4,50 3,91 3,50 3,94 3,89 3,29 3,28 3,24
CR_t2 3,36 4,00 3,88 3,50 2,84 4,31 4,63 4,17 3,46 4,25 4,15 3,21 3,42 3,56
LF_t1 2,25 1,63 1,38 2,55 3,03 2,19 1,56 2,32 2,21 2,63 1,62 2,62 2,40 2,66
LF_t2 2,00 1,50 1,00 2,25 2,97 2,50 1,38 2,28 2,36 2,63 1,61 2,33 2,40 2,76
Anmerkungen: Fett hervorgehoben sind diejenigen Mittelwerte zu t1 und t2, deren Differenz gleich oder größer der jeweiligen
empirischen Differenz ist (siehe Anhang XY). Umrahmt sind diejenigen Mittelwerte, bei denen sich Veränderungen zwischen t1
und t2 in statistisch bedeutsamem Ausmaß in der erwarteten Richtung ergeben.
TF=Transformationale Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, LF=Laissez
Faire

Insgesamt wird nur eine der vierzehn Führungskräfte (FK 10) von ihren Mitarbeitern in allen
neun interessierenden Variablen (sechs transformationale Führungsstile, Gesamtvariable
Transformationale Führung (TF), CR und LF) zu t1 und t2 im Sinne der Hypothese II/1.2a er-
wartungskonform eingeschätzt. Bei sechs der vierzehn Führungspersonen (FK 1, 2, 8, 15, 16,
18) verändern sich die Ausprägungen der Mitarbeitereinschätzungen in einem Großteil der inte-
ressierenden Variablen erwartungskonform (sieben der neun Variablen). Für drei der vierzehn
Führungskräfte (FK 1, 2, 10) gilt, dass sich sowohl die Ausprägung von mindestens sieben der
neun interessierenden Variablen von der Tendenz her in der erwarteten Richtung verändert, als
auch bei mindestens eine dieser Variablen der Unterschied zwischen t1 und t2 statistisch be-
deutsam ist. Bei acht der vierzehn Führungskräfte verringert sich tendenziell das Ausmaß des
Laissez Faire-Stils, bei drei Führungspersonen bleibt es gleich, bei drei Führungskräften nimmt
es zu.

Zusammenfassung der Überprüfung der operationalen Hypothese II/1.2a:


Es resultieren nur für eine der vierzehn Führungskräfte durchwegs erwartungskonforme Verän-
derungen in der Ausprägung der Mittelwerte der abhängigen Variablen zu t1 und t2. Es sind
insgesamt nur wenige statistisch bedeutsame Veränderungen zu berichten. Es ergeben sich für
drei der vierzehn Führungskräfte (FK 1, 2, 10) großteils erwartungskonforme Veränderungen,
die für einzelne Variablen das Ausmaß statistischer Bedeutsamkeit erreichen. Für alle anderen
Führungskräfte entsprechen die beobachtbaren Veränderungen nicht in ausreichendem Ausmaß
den erwarteten Veränderungen.
 Hypothese II/1.2a wird für die Führungspersonen 1, 2, und 10 beibehalten, für alle an-
deren Führungspersonen verworfen.
4.3 Veränderungen in den Führungsstilen 267

b) Direkte Veränderungsmessung
Zur Überprüfung der operationalen Hypothese II/1.2b (s.u.) werden die Mittelwerte der Items
zur direkten Veränderungseinschätzung zu jedem Führungsstil für die einzelnen Führungsper-
sonen der Interventionsgruppen A und B dargestellt und mit den erwarteten Veränderungen
verglichen.
Operationale Hypothese II/1.2b: Direkte Veränderungsmessung
In den Mittelwerten der Items zur direkten Einschätzung von Veränderungen zwischen
dem Messzeitpunkt 1 bis zum Messzeitpunkt 2 lassen sich bei den Führungskräften der
beiden Interventionsgruppen A und B Veränderungen in der Ausprägung der Führungs-
stile des Full Range of Leadership nachweisen: Die zum Messzeitpunkt 2 erhobenen
gemittelten Fremdeinschätzungen zu Richtung und Ausmaß der Veränderung auf einer
Skala von -2 („viel weniger“) bis +2 („viel mehr“) liegen im Einzelfall für die
transformationalen Führungsstile und für den Stil der leistungsorientierten Anerkennung
jeweils über dem Wert von 0 (positive Veränderungen), für den Laissez Faire-Stil je-
weils unter 0 (negative Veränderungen).

Deskriptive Statistik
Tabelle 4.3.13 zeigt die Mittelwerte der Items zur direkten Einschätzung der Veränderungen in
den acht Führungsstilen nach der Intervention für die einzelnen Führungskräfte der Inter-
ventionsgruppen A und B.

Tabelle 4.3.13: Mittelwerte der direkten Einschätzung der Richtung und des Ausmaß der Veränderungen
in der Ausprägung der Führungsstile nach der Intervention für die Führungskräfte der Interventionsgrup-
pen A und B (Fremdeinschätzung)
Variable Fremd FK FK FK FK FK FK FK FK FK FK FK FK FK FK
1 2 3 4 5 6 8 10 13 15 16 17 18 19
IIa_Veränderung 0.36 0.13 0.00 -0.10 -0.34 0.04 -0.06 0.36 0.01 -0.06 -0.08 0.04 0.44 0.03
IIb_Veränderung 0.19 0.25 0.00 0.00 -0.09 0.31 0.19 0.28 0.00 0.13 0.08 0.19 -0.08 0.16
IM_Veränderung 0.31 -0.50 0.00 0.00 -0.16 -0.06 -0.44 0.31 0.17 -0.13 -0.31 0.10 0.19 0.19
IS_Veränderung 0.08 0.38 0.00 0.05 0.16 0.19 0.00 0.37 0.29 0.19 0.08 0.08 0.25 0.24
IC_Veränderung 0.53 0.13 0.13 0.00 -0.28 0.56 -0.06 0.25 0.10 0.44 0.19 0.23 0.31 0.28
AUS_Verändrung 0.25 0.38 0.00 0.00 -0.47 -0.06 0.25 0.42 -0.08 0.06 -0.14 0.23 0.25 -0.06
CR_Veränderung 0.36 -0.25 0.00 0.05 0.03 0.31 0.06 0.25 0.17 0.25 0.23 0.03 0.19 0.30
LF_Veränderung -0.17 0.00 -0.38 -0.10 -0.22 0.00 -0.13 -0.29 -0.03 -0.06 -0.14 -0.24 -0.21 -0.13
Anmerkungen: Erfassung des Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von -2 („viel weniger“) bis +2 („viel mehr“); IIa= Idealized
Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC=
Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, LF=Laissez Faire

Für die Fremdeinschätzungen zu Richtung und Ausmaß der Veränderungen in den einzelnen
Variablen ergeben sich für die einzelnen Führungspersonen der Interventionsgruppen A und B
folgende Ergebnisse (siehe Tabelle 4.3.13): Bei drei der vierzehn Führungspersonen (FK 1, 10
und 17) liegen alle Veränderungen in der erwarteten Richtung (für die transformationalen Vari-
ablen und für CR über 0, für LF unter 0). Bei drei weiteren Führungspersonen (FK 13, 18 und
19) werden die Veränderungen in einem Großteil der interessierenden Variablen (sechs oder
sieben von acht Variablen) in der erwarteten Richtung angegeben. Die Führungspersonen 3 und
4 berichten zwar eher von Veränderung in der erwarteten Richtung, allerdings nur bei einem
kleinen Teil der interessierenden Variablen.
4 Ergebnisse 268

Bei den verbleibenden sechs Führungspersonen 2, 5, 6, 8, 15 und 16 liegen die Veränderungs-


einschätzungen zu jeweils mindestens zwei Variablen entgegen der erwarteten Richtung.

Zusammenfassung der Überprüfung der operationalen Hypothese II/1.2b:


Es resultieren für drei der vierzehn Führungskräfte (FK 1, 10 und 17) durchwegs erwartungs-
konforme Veränderungen, bei drei weiteren Führungspersonen (FK 13, 18 und 19) liegen die
Werte eines Großteils der interessierenden Variablen in der erwarteten Veränderungsrichtung.
Für alle anderen Führungskräfte entsprechen die Werte der direkten Veränderungsmessung
nicht in ausreichendem Maße den Erwartungen. Die Hypothese kann für die Fremdeinschät-
zungsdaten entsprechend für die Führungspersonen 1, 10, 13, 17, 18 und 19 bestätigt werden.
 Hypothese II/1.2b wird für sechs der vierzehn Führungspersonen (FK 1, 10, 13, 17, 18,
19) beibehalten, für alle anderen Führungspersonen verworfen.

c) Generierung von Hypothesen zu Wirksamkeitsunterschieden zwischen den Inter-


ventionsgruppen A und B
Die in Hypothese II/1.2a (indirekte Veränderungsmessung) erwarteten Veränderungen werden
für drei der vierzehn Führungspersonen der Interventionsgruppen A und B weitgehend bestätigt,
die Hypothese wird demnach für die Führungspersonen 1, 2 und 10 beibehalten. Hypothese
II/1.2b (direkte Veränderungsmessung) wird für sechs der vierzehn Führungspersonen der
Interventionsgruppen A und B (FK 1, 10, 13, 17, 18, 19) beibehalten, da sich bei diesen Füh-
rungspersonen großteils erwartungskonforme Werte in den Items zur direkten Einschätzung von
Veränderungen aufzeigen lassen. Bei zwei der vierzehn Führungspersonen (FK 1 und 10) kann
Hypothese II/1.2 demnach sowohl über die direkte als auch über die indirekte Veränderungs-
messung bestätigt werden. Beide Führungspersonen stammen aus der Interventionsgruppe B.
Darüber hinaus wird Hypothese II/1.2 für fünf weitere Führungspersonen entweder über die
direkte oder über die indirekte Veränderungsmessung bestätigt (FK 2, 13, 17, 18 und 19). Zwei
dieser fünf Führungspersonen stammen aus Interventionsgruppe B (FK 13 und 17), die anderen
drei Führungspersonen aus Interventionsgruppe A (FK 2, 18 und 19).
Insgesamt wird Hypothese II/1.2 also für vier der sechs Führungspersonen aus Interven-
tionsgruppe B und für drei der acht Führungspersonen der Interventionsgruppe A entweder auf
Basis der direkten und / oder der indirekten Veränderungsmessung bestätigt. Diejenigen Perso-
nen, bei denen statistisch bedeutsame Veränderungen in den Einschätzungen zur gezeigten Häu-
figkeit der Führungsstile in der erwarteten Richtung (Hypothese II/1.2) auftreten, werden als
erfolgreiche Führungspersonen bewertet. Der relative Anteil der erfolgreichen Führungskräfte
aus der Interventionsgruppe B an der Gesamtzahl der Führungspersonen dieser Gruppe liegt bei
66,67 % (vier von sechs Führungspersonen). Der relative Anteil der erfolgreichen Führungs-
kräfte aus der Interventionsgruppe A an der Gesamtzahl der Führungspersonen dieser Gruppe
liegt bei 37,5 % (drei von acht Führungspersonen).
 Wirksamkeitsunterschiedshypothese II/1.2: Führungskräfte, die zusätzlich zu den Grup-
penworkshops an Einzelcoachings teilnehmen, zeigen im Einzelfall mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit erwartete Veränderungen in den Führungsstilen des Full Range of
Leadership als Führungskräfte, die nur an den Gruppenworkshops teilnehmen.
4.4 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad 269

4.4 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschät-


zungen

In Abschnitt 4.4 werden die Einzelergebnisse zu Fragestellung II/2 (siehe Kasten) berichtet.
Fragestellung II/2: Veränderungen im Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdein-
schätzungen
Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings
der Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes
der Führungsstile des Full Range of Leadership?

In Abschnitt 4.4.1 erfolgt zunächst die Darstellung der Ergebnisse aus dem Vergleich der Ver-
änderungen in der gesamten Interventionsgruppe mit den Veränderungen in der Gruppe C. Ab-
schnitt 4.4.2 widmet sich den Ergebnissen der Überprüfung der Veränderungshypothesen in den
einzelnen Interventiongruppen A und B, aus denen Wirksamkeitsunterschiedshypothesen abge-
leitet werden. Die Ergebnisse aus den beiden Abschnitten dienen der Überprüfung der Haupthy-
pothese II/2 (siehe Kasten).
Haupthypothese II/2: Veränderungshypothese zum Übereinstimmungsgrad der Selbst-
und Fremdeinschätzungen
In der gesamten Interventionsgruppe sowie in den Interventionsgruppen A
(Gruppenworskshops) und B (Gruppenworkshops und Einzelcoachings) nimmt der Überein-
stimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der Füh-
rungsstile des Full Range of Leadership jeweils zu.

Die zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/2 erfolgt in Abschnitt 5.1.1.4. Eine
Interpretation der Ergebnisse in Hinblick auf die übergeordnete Forschungsfrage II erfolgt in
Kapitel 5.1.2.2.

4.4.1 Vergleich der Interventionsgruppe mit Gruppe C

Um zu überprüfen, ob sich in den Interventionsgruppen A und B überhaupt Veränderungen in


der erwarteten Richtung im Übereinstimmungsgrad nachweisen lassen, wurden die Führungs-
personen der beiden Interventionsbedingungen zunächst zu einer gemeinsamen Interventions-
gruppe zusammengefasst und mit der Gruppe C verglichen. Wie in Abschnitt 3.5.5 dargestellt,
wird der Übereinstimmungsgrad jeweils sowohl durch korrelative Zusammenhänge zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen als auch durch Niveau-Unterschiede zwischen den
Ratingscores der Selbst- und Fremdeinschätzungen erfasst. Zunächst werden die korrelativen
Zusammenhänge zwischen den Selbst- und Fremdeinschätzung dargestellt (siehe 4.4.1.1), bevor
auf die Niveauunterschiede zwischen den Ratingscores eingegangen wird (siehe 4.4.1.2).

4.4.1.1 Korrelative Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen


Tabelle 4.4.1 zeigt die Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen (Korrelationen
der aggregierten Mitarbeitereinschätzungen mit den jeweiligen Selbsteinschätzungen) zu t1 und
t2 für die zehn Führungsstile des MLQ für die Interventionsgruppe und die Vergleichsgruppe C.
Veränderungen der Korrelationen in der erwarteten Richtung sind dunkelgrau hinterlegt.
4 Ergebnisse 270

Tabelle 4.4.1: Korrelationen (Pearson) zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen (aggregierte Mitarbei-
tereinschätzungen) zu t1 und t2 für die zehn Führungsstile des MLQ in der Interventionsgruppe und der
Gruppe C
Interventionsgruppe (N = 14 / 116) Gruppe C (N = 6 /58)
Korrelation Korrelation Korrelation Korrelation
Variable
Selbst-Fremd t1 Selbst-Fremd t2 Selbst-Fremd t1 Selbst-Fremd t2
IIa -.14 -.36 .04 .17
IIb -.22 -.16 .13 .45
IM .26 .37 .80 .72
IS .23 .19 .81 .69
IC .11 .13 -.05 .02
AUS .26 -.13 .05 .09
CR -.02 .05 .31 .40
MBA .11 .21 .18 .56
MBP -.06 .37 .75 .84*
LF .17 .14 .77 .65
Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05; Fett hervorgehoben: höchste Korrelationen; Dunkelgrau hinterlegt: Veränderungen der Korre-
lationen von t1 zu t2 in der erwarteten Richtung.
TF=Transformationale Führung; IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

Die Interpretation der Höhe der Korrelationskoeffizienten folgt der Einteilung nach Cohen
(1988; siehe 3.5.2.1).

a) Interventionsgruppe
In der Interventionsgruppe lassen sich folgende Zusammenhänge zwischen den Selbst- und
Fremdeinschätzungen feststellen (siehe Tabelle 4.4.1): Allein aufgrund der Tatsache, dass so-
wohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte unmittelbar am Führungsgeschehen beteiligt sind, ist
auf allen Variablen von vorneherein ein geringer Korrelationseffekt zu erwarten. So erstaunt es,
dass positive Selbst-Fremd-Korrelationen der Führungsdimensionen in der Interventionsgruppe
auch nach der Intervention größtenteils nur in unbedeutender bis moderater Höhe zwischen r =
.05 bis r = .37 liegen. Darüber hinaus finden sich nicht unbedeutende, negative Selbst-Fremd-
Korrelation für die Variablen Idealized Influence atttributed (IIa) und Idealized Influence
behavior (IIb), die für erstere zwischen t1 und t2 sogar zunehmen. Da der Mittelwert der Vari-
able IIa in der Fremdeinschätzung von t1 zu t2 zunimmt, in der Selbsteinschätzung von t1 zu t2
abnimmt (siehe Tabelle 4.3.1 und 4.3.2; Abschn. 4.3.1.1) bedeutet dies, dass die Mitarbeiter das
Führungsverhalten ihrer direkten Führungskräfte umso vorbildlicher und glaubwürdiger be-
schreiben, je weniger diese sich selbst diese Attribute zuschreiben. Es kann interpretiert werden,
dass durch die Intervention das Anspruchsniveau der Führungspersonen an das eigene Füh-
rungsverhalten steigt und daher das eigene Verhalten kritischer beurteilt wird als vor der Inter-
vention, obwohl von den Mitarbeitern tendenziell positive Veränderungen wahrgenommen wer-
den. In der Variable IIb verringert sich die negative Korrelation. Sowohl die Mittelwerte der
Selbst- als auch der Fremdeinschätzungen nehmen von t1 zu t2 ab (siehe Tabelle 4.3.1 und
4.3.2; Abschn.4.3.1.1), in den Selbsteinschätzungen allerdings in stärkerem Ausmaß als in den
Fremdeinschätzungen. So überschätzen sich die Führungspersonen im Mittel nach der Interven-
tion in geringerem Ausmaß als vor der Intervention. Eine unerwartete Veränderung des Zu-
sammenhangs zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen von t1 zu t2 lässt sich in der Variable
Ausstrahlung (AUS) beobachten. Die mittelhohe positive Selbst-Fremd-Korrelation zu t1 (r =
.26) nimmt nicht wie erwartet zu, sondern es ergibt sich ein leicht negativer Zusammenhang
zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t2 (r = -.13). Der Selbst- Fremd- Zusammenhang
zu t2 lässt sich von der Tendenz her demnach folgendermaßen beschreiben: Je höher ausgeprägt
4.4 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad 271

die Führungspersonen zu t2 ihre eigene Ausstrahlung bewerten, desto niedriger sind die Werte,
die sie von ihren Mitarbeitern erhalten.
Insgesamt lassen sich nur in drei der sechs transformationalen Variablen sowie in den
Variablen Contingent Reward und Management by Exception passive und active Veränderun-
gen in der Höhe der Korrelationen in der erwarteten Richtung festhalten. Bei sechs der zehn
Führungsstile nimmt der Übereinstimmungsgrad demnach tendenziell zu, bei dreien davon al-
lerdings nur in geringem Ausmaß (IIb, IC und CR).

b) Vergleichsgruppe C
In der Vergleichsgruppe C lassen sich folgende Zusammenhänge zwischen den Selbst- und
Fremdeinschätzungen feststellen (siehe Tabelle 4.4.1): Es ergeben sich fast durchwegs höhere
Selbst-Fremd-Korrelationen als in der Interventionsgruppe, insbesondere in den Variablen
Inspirational Motivation, Intellectual Stimulation und Management by Exception passive zu
beiden Messzeitpunkten (Korrelationen zwischen r = .60 und r = .84). Darüber hinaus liegen in
der Gruppe C kaum negative Zusammenhänge vor (Ausnahme: sehr geringe negative Korrelati-
on bei IC). Über die Variablen hinweg sind demnach die Zusammenhänge zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen sowohl zu t1 als auch zu t2 höher als in der Interventionsgruppe.
Insgesamt lassen sich auch in Gruppe C in drei der sechs transformationalen Variablen
sowie in den Variablen Contingent Reward und Management by Exception passive und active
Veränderungen in der Höhe der Korrelationen in der erwarteten Richtung festhalten. Bei sechs
der zehn Führungsstile nimmt der Übereinstimmungsgrad also tendenziell zu, bei dreien davon
allerdings nur in geringem Ausmaß (AUS, CR und MBP).

c) Niedrigste Korrelation in beiden Gruppen


Betrachtet man die Korrelationen in den Variablen über beide Gruppen hinweg, so ergeben sich
die niedrigsten Übereinstimmungen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Variable
Individualized Consideration (r= .02 bis .13). Die Führungspersonen beider Gruppen überschät-
zen sich im Mittel auf dieser Variablen sowohl zu Messzeitpunkt 1 als auch zu Messzeitpunkt 2.

4.4.1.2 Niveau-Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen


Tabelle 4.4.2 zeigt die Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen zu t1 und t2 sowie Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2 in der Inter-
ventionsgruppe und der Gruppe C für die zehn Führungsstile des MLQ und für den Mittelwert
der transformationalen Führungsskalen. Anhand der Absolutwerte können keine Über- oder
Unterschätzungen durch die Führungspersonen im Vergleich zu den Mitarbeitern festgemacht
werden, sondern es wird ausschließlich das Ausmaß der Übereinstimmung dargestellt. Aussa-
gen zur Richtung des Unterschieds zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen (Über- oder
Unterschätzung) werden in Abschnitt 4.8 getroffen. Von Interesse für die Hypothese II/2 sind
ausschließlich die Veränderungen im Übereinstimmungsgrad zwischen t1 und t2. Positive Wer-
te bedeuten eine Erhöhung des Übereinstimmungsgrades, negative Werte bedeuten eine Verrin-
gerung des Übereinstimmungsgrades. Es werden positive Werte erwartet.
4 Ergebnisse 272

Tabelle 4.4.2: Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 und t2 und
Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2 in der Interventionsgruppe und der Gruppe C
Interventionsgruppe (N = 14 / 116) Vergleichsgruppe C (N = 6 / 58)

Absolutwerte der Differenz

Absolutwerte der Differenz

Absolutwerte der Differenz

Absolutwerte der Differenz


Übereinstimmungsgrad

Übereinstimmungsgrad
Selbst / Fremd t2 a

Selbst / Fremd t1 a

Selbst / Fremd t1 a
Selbst / Fremd t1a

Veränderung

Veränderung
t1 zu t2 b

t1 zu t2 b
Variable
TF 0.51 0.59 -0.08 0.45 0.47 -0.02
IIa 0.58 0.67 -0.09 0.65 0.69 -0.04
IIb 0.72 0.60 0.12 0.76 0.65 0.11
IM 0.54 0.56 -0.02 0.45 0.46 -0.01
IS 0.49 0.52 -0.02 0.53 0.41 0.11
IC 0.68 0.56 0.12 0.57 0.58 -0.01
AUS 0.70 0.83 -0.13 0.61 0.52 0.08
CR 0.54 0.60 -0.06 0.48 0.59 -0.10
MBA 0.52 0.51 0.01 0.56 0.36 0.21
MBP 0.62 0.42 0.20 0.38 0.46 -0.08
LF 0.61 0.59 0.02 0.40 0.50 -0.11
Anmerkungen:
a: Absolutwerte der Differenz = Mittelwerte der Differenzen (Absolutwerte) zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen pro Füh-
rungskraft zu den zwei Messzeitpunkten
b: Veränderung Übereinstimmungsgrad = Absolutwerte der Differenzen zu t1 minus Absolutwerte der Differenzen zu t2; positive
Werte bedeuten eine Erhöhung des Übereinstimmungsgrades (eine Abnahme des Absolutwertes der Differenz), negative Werte
bedeuten eine Verringerung des Übereinstimmungsgrades (eine Zunahme der Absolutwerte der Differenz).
Fett: Erwartete Veränderung des Übereinstimmungsgrades
TF=Transformationale Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

Die erwarteten Veränderungen im Übereinstimmungsgrad lassen sich in der Interventionsgrup-


pe in der Hälfte der Führungsstile nachweisen, fallen allerdings in zwei dieser Variablen (LF
und MBA) äußerst gering aus. In Gruppe C finden sich bei vier der zehn Führungsvariablen
positive Differenzscores. Die höchsten Veränderungen im Übereinstimmungsgrad zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen in der erwarteten Richtung resultieren in der Interventions-
gruppe für die Variable Management by Exception passive, in Gruppe C für die Variable Mana-
gement by Exception active.

4.4.1.3 Zusammenfassung
Zusammenfassung Korrelationen: Bei sechs der zehn Führungsstile nimmt der Übereinstim-
mungsgrad in der Interventionsgruppe erwartungskonform zu (positive Korrelationen nehmen
zu, negative Korrelationen nehmen ab), allerdings zeigen sich in der Gruppe C die gleichen
Ergebnisse. Auch hier verändern sich bei sechs der zehn Variablen die Korrelationen in der
erwarteten Richtung.
Zusammenfassung Niveauunterschiede: Für die Veränderungen im Übereinstimmungsgrad auf
Basis der Niveauunterschiede zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen resultieren in der
Interventionsgruppe nur für die Hälfte der Variablen erwartungskonforme Differenzen, in der
Gruppe C für vier der zehn Variablen. Es lassen sich demnach kaum Unterschiede zwischen der
Interventionsgruppe und der Gruppe C feststellen.
Zusammenfassung der Hypothesenüberprüfung: Der mittlere Übereinstimmungsgrad der Selbst-
und Fremdeinschätzungen (= mittlere Absolutwerte der Differenz beziehungsweise Korrelatio-
4.4 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad 273

nen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen) zur gezeigten Häufigkeit der Führungsstile des
Full Range of Leadership nimmt von Messzeitpunkt 1 zu Messzeitpunkt 2 nur bei der Hälfte der
Variablen zu. Es besteht kein Unterschied zur Vergleichsgruppe C.
 Hypothese II/2 wird für die gesamte Interventionsgruppe auf der Basis des Vergleichs
mit Gruppe C verworfen.

4.4.2 Überprüfung der Veränderungshypothesen in den Interventionsgruppen A und B


und Generierung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen

In der gesamten Interventionsgruppe lassen sich die erwarteten Veränderungen im Überein-


stimmungsgrad nicht ausreichend nachweisen, um Hypothese II/2 beizubehalten. In Abschnitt
4.4.2 wird nun überprüft, inwieweit die in Hypothese II/2 erwarteten Veränderungen für die
einzelnen Interventionsgruppen A und B zutreffen. Auf Basis dieser Ergebnisse werden Hypo-
thesen zu Wirksamkeitsunterschieden zwischen den Gruppen abgeleitet. In Abschnitt 4.4.2.1
werden die Veränderungshypothesen auf Gruppenebene, in Abschnitt 4.4.2.2 auf Einzelfallebe-
ne überprüft.

4.4.2.1 Gruppenanalysen
Die Überprüfung der Unterhypothese II/2.1 (siehe Kasten) erfolgt auf zwei Wegen: Zunächst
werden die korrelativen Zusammenhänge zwischen den Selbst- und Fremdeinschätzung darge-
stellt, bevor auf die Niveauunterschiede zwischen den Ratingscores eingegangen wird.
Unterhypothese II/2.1: Gruppenebene
Der mittlere Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen (= mittlere
Absolutwerte der Differenz beziehungsweise Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen) zur gezeigten Häufigkeit der Führungsstile des Full Range of Leadership nimmt
von Messzeitpunkt 1 zu Messzeitpunkt 2 in der jeweiligen Interventionsgruppe A beziehungs-
weise B zu (= mittlere Absolutwerte der Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen
nimmt ab beziehungsweise positive Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen
nehmen zu, negative Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen nehmen ab).

a) Korrelative Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen


Tabelle 4.4.3 zeigt die Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen (Korrelationen
der aggregierten Mitarbeitereinschätzungen mit den jeweiligen Selbsteinschätzungen) zu t1 und
t2 für die zehn Führungsstile des MLQ für die Interventionsgruppen A und B. Veränderungen in
der erwarteten Richtung sind dunkelgrau hinterlegt, es werden stärkere Veränderungen der kor-
relativen Zusammenhänge (stärkere Abnahme negativer Korrelationen beziehungsweise stärke-
re Zunahme positiver Korrelationen) in Interventionsgruppe B als in Interventionsgruppe A
erwartet.
4 Ergebnisse 274

Tabelle 4.4.3: Korrelationen (Pearson) zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen (aggregierte Mitarbei-
tereinschätzungen) zu t1 und t2 für die zehn Führungsstile des MLQ für die Gruppen A und B
Interventionsgruppe A (N = 8 /48) Interventionsgruppe B (N = 6/68)
Korrelation Korrelation Korrelation S Korrelation
Variable
Selbst-Fremd t1 Selbst-Fremd t2 elbst-Fremd t1 Selbst-Fremd t2
IIa -,22 -,54 ,55 -,08
IIb -,13 -,33 ,44 ,19
IM -,10 -,59 ,53 ,85*
IS ,32 ,29 ,39 -,10
IC -,28 -,22 ,48 ,58
AUS -,04 -,29 ,30 ,20
CR -,41 -,21 ,65 ,78
MBA ,31 ,10 -,62 ,83*
MBP ,12 ,29 -,49 ,53
LF -,04 -,04 ,54 ,40
Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05; Fett hervorgehoben: höchste Korrelationen; Dunkelgrau hinterlegt: Veränderungen der Korre-
lationen von t1 zu t2 in der erwarteten Richtung.
IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC=
Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, MBA=Management by Exception active, MBP=
Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

In den Interventionsgruppen A und B lassen sich folgende Zusammenhänge zwischen den


Selbst- und Fremdeinschätzungen feststellen (siehe Tabelle 4.4.3):
Zu Messzeitpunkt 1 ergeben sich für acht der zehn Variablen (bis auf MBA und MBP)
höhere Selbst-Fremd-Korrelationen in der Interventionsgruppe B als in der Interventionsgruppe
A. Der mittlere Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen liegt dem-
nach für einen Großteil der Variablen vor der Intervention für die Gruppe B über dem mittleren
Übereinstimmungsgrad der Gruppe A. Mit der Ausnahme des Führungsstils Intellectual Stimu-
lation (IS) zeigt sich ein ähnliches Bild auch nach der Intervention, d.h. das Ausmaß des
Übereinstimmungsgrads ist in Gruppe B nun in neun von zehn Variablen höher als in Gruppe A.
Es kann demnach interpretiert werden, dass Führungspersonen der Interventionsgruppe B so-
wohl vor als auch nach der Intervention in einem höheren Ausmaß mit der Einschätzung durch
ihre Mitarbeiter übereinstimmen als Führungspersonen der Interventionsgruppe A.
In beiden Gruppen lassen sich auch unerwartete Veränderungen feststellen: Auffällig
sind in Interventionsgruppe A die Zunahme der negativen Korrelationen in vier der sechs
transformationalen Variablen (IIa, IIb, IM und AUS). Dies bedeutet, dass in diesen Variablen
die jeweiligen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu Messzeitpunkt 2 gegenüber Messzeitpunkt
1 zunehmend auseinander driften. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Interventionsgruppe B in den
Variablen Idealized Influence attributed (IIa) und Intellectual Stimulation (IS): Hier resultieren
nach der Intervention zwar äußerst schwache, aber negative Korrelationen im Gegensatz zu
Messzeitpunkt 1.
Ebenfalls in beiden Gruppen resultieren unterschiedliche Veränderungen im Überein-
stimmungsgrad in Abhängigkeit vom jeweiligen Führungsstil. Die Korrelationen nehmen in der
Gruppe B bei der Hälfte der Variablen in der erwarteten Richtung zu, in der Gruppe A nur bei
drei der zehn Variablen. Für die gesamte Interventionsgruppe resultierten Veränderungen in der
erwarteten Richtung für die sechs Führungsstile Idealized Influence behavior (IIb), Inspirational
Motivation (IM), Individualized Consideration (IC), Contingent Reward (CR) sowie Manage-
ment by Exception passive und active (MBP und MBA; siehe Abschnitt 4.4.1). Mit der Aus-
nahme von IIb sind es auch auf der Ebene der beiden einzelnen Interventionsgruppen diese ge-
nannten Führungsstile, in denen eine Annäherung von Selbst- und Fremdeinschätzungen zwi-
schen t1 und t2 erreicht wird, wobei für IM und MBA nur in Interventionsgruppe B eine erwar-
tungskonforme Veränderung im Übereinstimmungsgrad eintritt. In der Interventionsgruppe A
4.4 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad 275

sind die nicht erwartungskonformen Veränderungen der Selbst-Fremd-Korrelationen in den


sieben Variablen im Durchschnitt höher als die erwartungskonformen Veränderungen in den
drei Variablen IC, CR und MBP. In der Interventionsgruppe B sind die durchschnittlichen er-
warten Veränderungen in den Korrelationen höher als die durchschnittlichen unerwarteten Ver-
änderungen in den Korrelationen. Insgesamt resultiert demnach für Interventionsgruppe A von
t1 zu t2 eher eine Abnahme des Übereinstimmungsgrads zwischen Selbst- und Fremdeinschät-
zungen, für die Interventionsgruppe B eher eine Zunahme des Übereinstimmungsgrads.
Insgesamt lassen sich in Gruppe B in fünf der zehn Variablen Veränderungen in der
Höhe der Korrelationen in der erwarteten Richtung festhalten. Drei der Korrelationen sind nach
der Intervention im Gegensatz zu vor der Intervention signifikant (IM, CR, MBA). Besonders
auffällig sind die Veränderungen im Übereinstimmungsgrad in den Variablen MBA und MBP.
Hier weisen die Korrelationen vor der Intervention auf einen starken negativen Effekt hin, nach
der Intervention auf einen starken positiven Effekt. In der Gruppe A nimmt der Übereinstim-
mungsgrad bei drei der zehn Führungsstile tendenziell zu, bei zweien handelt es sich dabei um
eine Abnahme der negativen Korrelationen.
Zu den Unterschieden in den erwarteten Veränderungen zeigt sich folgendes Bild: In
der Interventionsgruppe B resultieren für drei der fünf grau hinterlegten Variablen (IM, MBA
und MBP; siehe Tabelle 4.4.3) höhere erwartungskonforme Veränderungen in der Selbst-
Fremd-Korrelation als die höchste erwartungskonforme Veränderung in der Interventionsgruppe
A (in der Variable CR). Im Durchschnitt fallen die Veränderungen der Selbst-Fremd-
Korrelationen in denjenigen Variablen, bei denen eine erwartungskonforme Entwicklung von t1
zu t2 zu verzeichnen ist, in der Gruppe B höher aus als in der Gruppe A.

b) Niveau-Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen


Tabelle 4.4.4 zeigt die absoluten Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1
und t2 sowie Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2 in den Interventionsgrup-
pen A und B für die zehn Führungsstile des MLQ und für den Mittelwert der transformationalen
Führungsskalen (Variable TF). Anhand der Werte können keine Über- oder Unterschätzungen
durch die Führungspersonen im Vergleich zu den Mitarbeitern festgemacht werden, sondern es
wird ausschließlich das Ausmaß der Übereinstimmung dargestellt. Von Interesse für die Hypo-
these II/2.1 sind die Veränderungen im Übereinstimmungsgrad zwischen t1 und t2. Positive
Werte bedeuten hier eine Erhöhung des Übereinstimmungsgrades, negative Werte bedeuten eine
Verringerung des Übereinstimmungsgrades. Es werden in beiden Gruppen positive Werte er-
wartet, die in Gruppe B jedoch tendenziell höher ausfallen als in Gruppe A.
Die erwarteten Veränderungen im Ausmaß der Übereinstimmung zwischen t1 und t2
lassen sich in der Interventionsgruppe B für sieben der zehn Führungsstile sowie für die Mittel-
werte der Selbst- und Fremdeinschätzungen zu den transformationalen Führungsskalen (TF)
nachweisen. In der Interventionsgruppe A finden sich hingegen nur bei drei der elf Variablen
positive Differenzscores, die zudem geringer ausfallen als die jeweiligen Differenzscores der
Interventiosngruppe B in den gleichen Variablen. Vergleicht man die Differenzscores der Grup-
pe B mit denjenigen der Gruppe C (siehe Tabelle 4.4.2 in Abschnitt 4.4.1.2), so wird deutlich,
dass in vier der sechs transformationalen Variablen sowie bei Management by Exception passi-
ve (MBP) und Laissez Faire (LF) in der Interventionsgruppe B auch höhere Veränderungen im
Übereinstimmungsgrad resultieren als in der Vergleichsgruppe. Besonders deutlich wird dies –
sowohl im Vergleich zur Interventionsgruppe A als auch im Vergleich zu Gruppe C – für die
Führungsstile Idealized Influence behavior (IIb), Individualized Consideration (IC) und Mana-
gement by Exception passive (MBP).
4 Ergebnisse 276

Tabelle 4.4.4: Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 und t2
sowie Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2 in den Interventionsgruppen A und B
Gruppe A (n= 8 /48) Gruppe B (n= 6 / 68)

Übereinstimmungsgrad

Übereinstimmungsgrad
Selbst / Fremd t2 a
Selbst / Fremd t1a

Selbst / Fremd t1a


Absolutwerte der
Absolutwerte der

Absolutwerte der

Absolutwerte der

Selbst / Fremd t2
Veränderung

Veränderung
Differenz

Differenz

Differenz

Differenz
t1 zu t2 b

t1 zu t2 b
Variable
TF 0.43 0.61 -0.18 0.63 0.57 0.06
IIa 0.56 0.85 -0.28 0.61 0.45 0.16
IIb 0.58 0.53 0.05 0.91 0.69 0.22
IM 0.60 0.62 -0.03 0.46 0.48 -0.01
IS 0.40 0.52 -0.12 0.62 0.52 0.10
IC 0.55 0.53 0.02 0.85 0.60 0.25
AUS 0.70 0.77 -0.07 0.70 0.92 -0.22
CR 0.52 0.60 -0.08 0.56 0.59 -0.04
MBA 0.58 0.66 -0.09 0.45 0.32 0.13
MBP 0.57 0.47 0.09 0.69 0.34 0.36
LF 0.62 0.71 -0.08 0.60 0.44 0.16
Anmerkungen:
a: Mittelere Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen pro Führungskraft zu den zwei Messzeit-
punkten
b: Mittlere Absolutwerte der Differenzen zu t1 minus mittlere Absolutwerte der Differenzen zu t2; positive Werte bedeuten eine
Erhöhung des Übereinstimmungsgrades (eine Abnahme der Absolutwerte der Differenz), negative Werte bedeuten eine Verringe-
rung des Übereinstimmungsgrades (eine Zunahme der Absolutwerte der Differenz).
Fett: Erwartete Werte der Veränderung des Übereinstimmungsgrades
TF=Transformationale Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

c) Zusammenfassung der Überprüfung der Unterhypothese II/2.1


Zusammenfassung Korrelationen: Insgesamt lassen sich in Gruppe B in fünf der zehn Variablen
Veränderungen in der Höhe der Korrelationskoeffizienten in der erwarteten Richtung festhalten
in der anderen Hälfte der Variablen widersprechen die Veränderungen diesen Erwartungen. Drei
der Korrelationen sind nach der Intervention im Gegensatz zu vor der Intervention signifikant
(IM, CR, MBA). In der Gruppe A nimmt der Übereinstimmungsgrad bei drei der zehn Füh-
rungsstile tendenziell zu, bei zweien handelt es sich dabei um eine Abnahme der negativen Kor-
relationen.
Zusammenfassung Niveauunterschiede: Die mittleren Absolutwerte der Differenzen zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen nehmen in Gruppe B in acht der elf Variablen
erwartungkonform ab, bei sechs dieser Variablen in einem stärkeren Ausmaß als in der Ver-
gleichsgruppe C. In der Interventionsgruppe A finden sich hingegen nur bei drei der elf Variab-
len positive Differenzscores, die zudem geringer ausfallen als die jeweiligen Differenzscores der
Interventionsgruppe B in den gleichen Variablen. Die Differenzscores aus dem jeweiligen abso-
luten Übereinstimmungsgrad zu t1 und t2 fallen demnach in der Interventionsgruppe B in acht
von elf Variablen erwartungskonform positiv und höher aus als in der Interventionsgruppe A.
Die erwartungskonforme Zunahme im Übereinstimmungsgrad in Gruppe B zwischen den ge-
mittelten Selbst- und Fremdeinschätzungen zu den Skalen transformationaler Führung lässt sich
auf eine erwünschten Zunahme transformationaler Verhaltensweisen aus Mitarbeitersicht bei
gleichzeitiger Abnahme der Überschätzung der Häufigkeit dieser Verhaltensweisen durch die
Führungspersonen zurückführen.
4.4 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad 277

Zusammenfassung der Hypothesenüberprüfung: Der mittlere Übereinstimmungsgrad der Selbst-


und Fremdeinschätzungen (= mittlere Absolutwerte der Differenzen beziehungsweise Korrela-
tionen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen) zur gezeigten Häufigkeit der Führungsstile
des Full Range of Leadership nimmt von Messzeitpunkt 1 zu Messzeitpunkt 2 in der Inter-
ventionsgruppe B in einem Großteil der Führungsstile zu. Die erwartungskonforme Verände-
rung im Übereinstimmungsgrad zeigt sich insbesondere in einer Verringerung der Niveauunter-
schiede zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen. In der Gruppe A resultieren nur bei drei
der zehn Führungsstile erwartungskonforme Veränderungen im Übereinstimmungsgrad.
 Hypothese II/2.1 wird für die Interventionsgruppe B beibehalten, für die Interventions-
gruppe A verworfen.

d) Generierung von Hypothesen zu Wirksamkeitsunterschieden zwischen den Inter-


ventionsgruppen A und B
In der Gruppe B ergeben sich in mehr Variablen erwartungskonforme Veränderungen im
Übereinstimmungsgrad als in Gruppe A. Darüber hinaus fallen die Veränderungen der Selbst-
Fremd-Korrelationen in denjenigen Variablen, bei denen eine erwartungskonforme Entwicklung
von t1 zu t2 zu verzeichnen ist, in der Interventionsgruppe B höher aus als in der Interventions-
gruppe A. Die Ergebnisse aus der Überprüfung der Niveauunterschiede legen es eindeutig nahe,
einen Wirksamkeitsunterschied der beiden Interventionsbedingungen in Hinblick auf das Krite-
rium der Erhöhung des Übereinstimmungsgrads anzunehmen. Die Ergebnisse aus der Überprü-
fung der Veränderungen in den Korrelationen sprechen ebenfalls tendenziell für einen Wirk-
samkeitsunterschied. Nimmt man die Ergebnisse zusammen, so resultieren für einen Großteil
der Variablen Unterschiede in der Veränderung des Übereinstimmungsgrades zwischen Inter-
ventionsgruppe A und B.
 Wirksamkeitsunterschiedshypothese 3: Das Ausmaß der Veränderung im Übereinstim-
mungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der
Führungsstile des Full Range of Leadership unterscheidet sich je nach Interventionsbe-
dingung. Die Wirksamkeit der Interventionsbedingung B geht über die Wirksamkeit der
Interventionsbedingung A hinaus.

4.4.2.2 Einzelfallanalysen
Unterhypothese II/2.2: Einzelfallebene
Der individuelle Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur gezeigten
Häufigkeit der Führungsstile des Full Range of Leadership nimmt von Messzeitpunkt 1 zu
Messzeitpunkt 2 bei den Führungskräften der Interventionsgruppen A und B im Einzelfall zu (=
Absolutwert der Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen nimmt ab).

a) Niveau-Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung


Tabelle 4.4.5 gibt einen Überblick über die absoluten Differenzen zwischen Selbst- und Fremd-
einschätzungen zu t1 und t2 sowie über Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2
bei den einzelnen Führungskräften der Interventionsgruppen A und B. Anhand der jeweiligen
Differenzwerte zwischen Selbst- und Fremdeinschätzngen zu t1 und t2 können Über- oder Un-
terschätzungen durch die Führungspersonen im Vergleich zu den Mitarbeitern festgemacht wer-
den (negative Differenzwerte: Führungskraft unterschätzt sich; positive Differenzwerte: Füh-
rungskraft überschätzt sich; Ausnahme: bei Laissez Faire sind niedrige Mittelwerte erwünscht,
daher ist hier eine umgekehrte Interpretation der Differenzwerte sinnvoll!). Von Interesse für
4 Ergebnisse 278

die Überprüfung der Unterhypothese II/2.2 sind die individuellen Veränderungen im Überein-
stimmungsgrad zwischen t1 und t2. Positive Werte bedeuten wiederum eine Erhöhung des
Übereinstimmungsgrades, negative Werte bedeuten eine Verringerung des Übereinstimmungs-
grades. Es werden positive Werte erwartet.
Für die einzelnen Führungskräfte der Interventionsgruppen A und B ergibt sich folgen-
des Bild (siehe Tabelle 4.4.5): Bei acht der vierzehn Führungspersonen (FK 1, 4, 5, 6, 10, 13, 17
und 19) fallen die mittleren Veränderungen im Übereinstimmungsgrad über die Variablen hin-
weg in der erwarteten Richtung aus (Abnahme der mittleren absoluten Differenzen zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen von t1 zu t2). Die höchsten durchschnittlichen Zunahmen im
Übereinstimmungsgrad resultieren bei den Führungspersonen 1 und 10 mit Differenzscores von
0.30 beziehungsweise 0.36. Mit einem Differenzscore in der Variablen Idealized Influence
attributed von 1.03 ist es ebenfalls Führungsperson 1, die die höchste variablenspezifische Ver-
änderung im Übereinstimmungsgrad in der erwarteten Richtung erreicht.
In der Variable Management by Exception passive ist die Anzahl der Führungsperso-
nen, bei denen sich die Differenzwerte zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen erwartungs-
konform verringern, mit elf von vierzehn Führungspersonen am höchsten. Für die anderen Vari-
ablen schwankt die Anzahl der Führungspersonen mit erwartungskonformen Veränderungen im
Übereinstimmungsgrad zwischen fünf und acht, im Durchschnitt liegt sie bei 6.8 Personen und
damit unter der Hälfte der Personen der Interventionsgruppen A und B.
4.4 Veränderungen im Übereinstimmungsgrad 279

Tabelle 4.4.5: Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 und t2
sowie Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2 bei den einzelnen Führungskräften der
Interventionsgruppen A und B

FK10

FK13

FK15

FK16

FK17

FK18

FK19
FK1

FK2

FK3

FK4

FK5

FK6

FK8
Diff. Selbst/Fremd_TF_t1 0.99 0.03 0.15 -0.37 0.67 -0.39 -0.67 0.71 1.01 0.30 0.25 0.15 0.94 0.59
Diff. Selbst/Fremd_TF_t2 0.56 -0.35 -0.98 -0.25 0.75 0.36 -0.92 -0.15 1.07 0.43 0.50 0.38 1.06 0.54
a
Veränd._ Übereinst._TF 0.42 -0.32 -0.83 0.12 -0.09 0.02 -0.25 0.56 -0.06 -0.13 -0.25 -0.23 -0.12 0.05
Diff. Selbst/Fremd_IIa_t1 1.17 -0.38 -0.63 -0.65 0.41 -0.69 -0.44 0.56 0.92 0.63 0.38 0.22 0.18 0.92
Diff. Selbst/Fremd_IIa_t2 -0.14 -0.50 -1.75 -0.50 1.08 0.35 -1.19 -0.11 1.00 0.75 -0.06 0.28 1.10 0.63
a
Veränd._ Übereinst._IIa 1.03 -0.13 -1.13 0.15 -0.68 0.33 -0.75 0.44 -0.08 -0.13 0.32 -0.07 -0.92 0.29
Diff.Selbst/Fremd_IIb_t1 1.08 0.63 -0.75 -0.25 0.85 -1.00 -0.75 1.03 1.57 0.25 0.09 0.84 0.62 0.39
Diff.Selbst/Fremd_IIb_t2 0.83 -0.13 -0.88 -0.35 0.63 -0.06 -0.63 0.39 1.82 0.19 -0.14 0.35 1.30 0.72
a
Veränd._ Übereinst._IIb 0.25 0.50 -0.13 -0.10 0.23 0.94 0.13 0.64 -0.25 0.06 -0.05 0.49 -0.68 -0.33
Diff. Selbst/Fremd_IM_t1 0.58 0.42 0.38 -0.60 -0.45 -0.44 -0.56 -0.08 1.44 -0.44 0.03 0.19 1.37 0.58
Diff. Selbst/Fremd_IM_t2 0.61 0.38 -0.75 -0.25 0.00 0.69 -1.56 0.00 0.97 -0.13 0.78 0.50 0.95 0.28
a
Veränd._ Übereinst._IM -0.03 0.04 -0.38 0.35 0.45 -0.25 -1.00 0.08 0.47 0.31 -0.75 -0.31 0.42 0.30
Diff. Selbst/Fremd_IS_t1 0.92 -0.33 0.25 -0.20 0.91 0.19 -0.56 0.44 1.01 0.31 0.25 0.19 1.22 -0.13
Diff. Selbst/Fremd_IS_t2 0.25 -0.50 -0.88 -0.15 0.47 0.69 -0.06 -0.47 0.94 0.81 0.39 0.58 1.00 -0.03
a
Veränd._ Übereinst._IS 0.67 -0.17 -0.63 0.05 0.44 -0.50 0.50 -0.03 0.08 -0.50 -0.14 -0.40 0.22 0.09
Diff. Selbst/Fremd_IC_t1 0.83 0.25 0.88 -0.10 1.22 -0.19 -0.88 1.19 1.27 0.48 0.36 -0.24 0.80 0.83
Diff. Selbst/Fremd_IC_t2 0.83 -0.88 -0.25 -0.10 1.13 0.06 -1.13 -0.25 0.33 0.31 0.75 0.31 0.95 0.55
a
Veränd._ Übereinst._IC 0.00 -0.63 0.63 0.00 0.09 0.13 -0.25 0.94 0.94 0.17 -0.39 -0.07 -0.15 0.28
Diff. Selbst/Fremd_AUS_t1 1.33 -0.38 0.75 -0.40 1.06 -0.19 -0.81 1.11 -0.03 0.56 0.36 -0.31 1.50 1.02
Diff. Selbst/Fremd_AUS_t2 1.00 -0.50 -1.38 -0.15 1.19 0.44 -0.94 -0.44 1.37 0.63 1.25 0.25 1.07 1.08
a
Veränd._ Übereinst._AUS 0.33 -0.13 -0.63 0.25 -0.13 -0.25 -0.13 0.67 -1.34 -0.06 -0.89 0.06 0.43 -0.06
Diff. Selbst/Fremd_CR_t1 0.50 -0.13 -0.63 0.27 0.85 -0.38 -1.25 0.59 0.75 0.06 0.36 -0.29 1.22 0.26
Diff. Selbst/Fremd_CR_t2 0.64 -0.25 -1.13 0.25 0.91 -0.31 -1.63 0.58 1.04 0.25 0.35 0.04 0.83 0.19
a
Veränd._ Übereinst._CR -0.14 -0.13 -0.50 0.02 -0.05 0.06 -0.38 0.01 -0.29 -0.19 0.01 0.24 0.38 0.07
Diff. Selbst/Fremd_MBA_t1 -0.75 -0.25 0.88 0.25 -0.04 -0.29 -0.69 0.39 -0.66 -0.88 0.08 0.78 0.65 0.73
Diff. Selbst/Fremd_MBA_t2 -0.50 0.00 1.13 0.10 0.19 -0.88 -0.75 0.31 0.36 -0.69 0.46 -0.08 0.70 1.07
a
Veränd._ Übereinst._MBA 0.25 0.25 -0.25 0.15 -0.15 -0.58 -0.06 0.08 0.30 0.19 -0.38 0.70 -0.05 -0.34
Diff. Selbst/Fremd_MBP_t1 -0.25 -0.29 0.63 -0.25 -0.72 1.25 0.19 0.94 -0.76 -1.38 1.19 -0.29 0.15 -0.39
Diff. Selbst/Fremd_MBP_t2 0.19 0.13 0.50 -0.15 -0.47 0.31 -0.13 0.44 -0.29 -1.63 0.33 0.30 0.92 0.03
a
Veränd._ Übereinst._MBP 0.06 0.17 0.13 0.10 0.25 0.94 0.06 0.50 0.47 -0.25 0.86 -0.01 -0.77 0.36
Diff. Selbst/Fremd_LF_t1 -0.50 0.13 0.38 -0.55 -1.03 0.56 0.44 -1.32 -0.21 -1.63 -0.37 0.13 -1.15 -0.16
Diff. Selbst/Fremd_LF_t2 0.00 0.50 0.75 -0.25 -0.72 -0.50 0.38 -1.28 -0.11 -1.63 -0.11 0.42 -1.40 -0.26
a
Veränd._ Übereinst._LF 0.50 -0.38 -0.38 0.30 0.31 0.06 0.06 0.05 0.10 0.00 0.26 -0.28 -0.25 -0.10
Mittlerer Absolutwert
b 0.81 0.29 0.57 0.35 0.75 0.50 0.66 0.76 0.88 0.63 0.34 0.33 0.89 0.54
Differenz Selbst/Fremd_t1
Mittlerer Absolutwert
b 0.51 0.37 0.94 0.23 0.68 0.42 0.84 0.40 0.85 0.68 0.47 0.32 1.03 0.49
Differenz Selbst/Fremd_t2
Mittlere Veränderung
b 0.30 -0.08 -0.37 0.13 0.06 0.08 -0.19 0.36 0.03 -0.05 -0.13 0.01 -0.14 0.06
Übereinstimmung
Anmerkungen: Differenz Selbst / Fremd = Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen pro Führungskraft zu den zwei
Messzeitpunkten. a: Veränderung Übereinstimmung = Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu
t1 minus Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t2; positive Werte bedeuten eine Erhöhung
des Übereinstimmungsgrades (eine Abnahme der Absolutwerte der Differenz), negative Werte bedeuten eine Verringerung des
Übereinstimmungsgrades (eine Zunahme der Absolutwerte der Differenz). b: Mittlere Absolutwerte der Differenzen zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen zu den zwei Messzeitpunkten beziehungsweise Mittelwert der Veränderungen im Übereinstim-
mungsgrad über alle Variablen hinweg pro Führungskraft. Fett: Erwartete Werte der Veränderung des Übereinstimmungsgrades
TF=Transformationale Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire
4 Ergebnisse 280

b) Zusammenfassung der Überprüfung der Unterhypothese II/2.2


Zusammenfassung Niveauunterschiede: Bei acht der vierzehn Führungspersonen (FK 1, 4, 5, 6,
10, 13, 17 und 19) fallen die mittleren Veränderungen im Übereinstimmungsgrad über die Va-
riablen hinweg in der erwarteten Richtung aus (Abnahme der mittleren absoluten Differenzen
zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen von t1 zu t2).
Zusammenfassung der Hypothesenüberprüfung: Der individuelle, mittlere Übereinstimmungs-
grad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur gezeigten Häufigkeit der Führungsstile des Full
Range of Leadership nimmt von Messzeitpunkt 1 zu Messzeitpunkt 2 bei den Führungskräften
1, 4, 5, 6, 10, 13, 17 und 19 zu. Bei sieben dieser acht Führungspersonen resultieren bei min-
destens sechs der elf Variablen erwartungskonforme Veränderungen im Übereinstimmungsgrad
(FK 1, 4, 5, 6, 10, 13 und 19). Das Ausmaß der Veränderung im Übereinstimmungsgrad fällt bei
den Führungspersonen 1 und 10 am höchsten aus. Führungsperson 10 zeigt in zehn der elf Va-
riablen erwartungskonforme Veränderungen im Übereinstimmungsgrad.
 Unterhypothese II/2.2 wird für sieben der vierzehn Führungspersonen der Interventi-
onsgruppen A und B beibehalten (FK 1, 4, 5, 6, 10, 13 und 19), für alle anderen Füh-
rungspersonen verworfen.

c) Generierung von Hypothesen zu Wirksamkeitsunterschieden zwischen den Inter-


ventionsgruppen A und B
Die Unterhypothese II/2.2 wird für sieben der 14 Führungspersonen bestätigt. Die eindeutigsten
Veränderungen zeigen sich bei den Führungspersonen 1 und 10, die beide die Interventionsbe-
dingung B durchlaufen haben. Insgesamt stammen vier der sieben Führungspersonen (FK 1, 5,
10 und 13) aus der Interventionsgruppe B, drei der sieben Führungspersonen (FK 4, 6 und 19)
aus der Interventionsgruppe A. Diejenigen Personen, bei denen Unterhypothese II/2.2 bestätigt
wurde, werden als erfolgreiche Führungspersonen bewertet. Der relative Anteil der erfolgrei-
chen Führungskräfte aus der Interventionsgruppe B an der Gesamtzahl der Führungspersonen
dieser Gruppe liegt bei 66,67 % (vier von sechs Führungspersonen). Der relative Anteil der
erfolgreichen Führungskräfte aus der Interventionsgruppe A liegt bei 37,5 % (drei von acht Füh-
rungspersonen). Insgesamt sprechen diese Ergebnisse für eine unterschiedliche Wirksamkeit der
Interventionsbedingungen A und B.
 Wirksamkeitsunterschiedshypothese 4: Führungskräfte, die zusätzlich zu den Gruppen-
workshops an Einzelcoachings teilnehmen, zeigen im Einzelfall mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit erwartete Veränderungen im Übereinstimmungsgrad der Selbst-
und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der Führungssstile als Füh-
rungspersonen, die nur an den Gruppenworkshops teilnehmen.
4.5 Zusammenhang der Veränderungen in den Führungsstilen mit den Coachingzielen 281

4.5 Zusammenhang der Veränderungen in den Führungsstilen mit den indivi-


duellen Coachingzielen

Im vorliegenden Abschnitt 4.5 werden die Ergebnisse zu Fragestellung II/3 (siehe Kasten) be-
richtet.
Fragestellung II/3: Zusammenhang der Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes
der Führungsstile mit den individuellen Coachingzielen
Lassen sich bei den Coachingteilnehmern Unterschiede im Ausmaß der Veränderung der ver-
schiedenen Führungsstile des Full Range of Leadership in Abhängigkeit der individuellen
Coachingziele nachweisen?

Zur Überprüfung der Hypothese II/3 (siehe Kasten) wurden im Einzelfall nach dem Design der
internalen Referenzstrategie (siehe 3.5.4.3) das Ausmaß der Veränderung von Experimental-
und Kontrollvariablen gegenübergestellt.
Hypothese II/3: Abhängigkeit der Veränderungen in den Führungsstilen von den
Coachingzielen
Das jeweilige Ausmaß der durch das Interventionsmodul Einzelcoaching bedingten individuel-
len Veränderung in den einzelnen Führungsstilen des Full Range of Leadership unterscheidet
sich in Abhängigkeit von den spezifischen Coachingzielen: Das Ausmaß der Veränderungen
fällt im Einzelfall in denjenigen Führungsstilen des Full Range of Leaderhips, die in den indivi-
duellen Coachingzielen angesprochenen werden, höher aus, als in denjenigen Führungsstilen
des Full Range of Leadership, die nicht in den Coachingzielen angesprochen werden.

In Abschnitt 4.5.1 werden die individuellen Ziele der sechs Coachingteilnehmer A bis F be-
schrieben, um die jeweiligen Kontroll- und Experimentalvariablen im Einzelfall bestimmen zu
können. Laissez Faire wird bei allen Coachingteilnehmer als Kontrollvariable ausgeschlossen,
da diese Variable als Kontrollbedingung zu unspezifisch ist. In den Abschnitten 4.5.2 und 4.5.3
werden die Ergebnisse der indirekten und die Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung zu
Hypothese II/3 dargestellt.

4.5.1 Überblick über Coachingziele und Experimentalvariablen in den sechs Einzefällen

In den Abschnitten 4.5.1.1 bis 4.5.1.6 werden für jeden der sechs Coachingteilnehmer zunächst
die Coachingziele zusammengefasst und anschließend aus den Coachingzielen erwartete Verän-
derungen in den Führungsstilen abgeleitet.

4.5.1.1 Coachingteilnehmer A (FK 17)


Teilnehmer A verfolgte im Coaching drei Ziele.
Sein erstes Ziel war die Leistungsoptimierung aller Mitarbeiter bezüglich ihrer jeweili-
gen Fähigkeiten. Der Coachingteilnehmer wollte ein ähnliches Niveau an Arbeitsbelastung her-
stellen, um nicht einige wenige Mitarbeiter aufgrund deren Fähigkeiten überdurchschnittlich
stark zu beanspruchen. Zur Erreichung dieses Ziels plante Coachingteilnehmer A eine struktu-
relle Veränderung in seiner Abteilung (neue Zuordnung von Aufgabenbereichen, räumliche
Umstrukturierung, veränderte Abläufe), die er in einem Zeitrahmen von ca. acht Montaten um-
setzen wollte. Zusätzlich strebte er an, Mitarbeitergespräche zu führen, in denen er die persönli-
4 Ergebnisse 282

chen Ziele der jeweiligen Mitarbeiter erfragen und die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung
jedes einzelnen Mitarbeiters so weit wie möglich darauf abstimmen wollte.
Das zweite Ziel bestand in der selbstständigen Regelung von auftretenden Problemen
unter den Mitarbeitern durch die Mitarbeiter selbst. Dies bedeutete für Teilnehmer A, dass er
seine eigenen Erwartungen zur Zusammenarbeit (ihm sei es wichtig, dass alle „an einem
Strang“ ziehen) und zum Umgang mit Konflikten im Team den Mitarbeitern mitteilen wollte. Er
nahm sich vor, im Anschluss daran weniger für nebensächlichen „Flurfunk“ ansprechbar zu sein
oder aber Gerüchte oder unausgesprochene Informationen über Dritte direkt mit den Betroffe-
nen zu thematisieren. So wolle er auftretende Probleme direkt ansprechen und auf vereinbarte
Regelungen hinweisen, darüber hinaus aber die Problemlösung an die Mitarbeiter übergeben.
Die beiden Ziele eins und zwei verschoben sich im Laufe des Coachings immer mehr in Rich-
tung „Teamentwicklung“.
Während der Bearbeitung des dritten Ziels – das eigene Befinden in der Führungsrolle
zu verbessern – wurde deutlich, dass dieses Ziel eine zentrale Basis für die ersten beiden Ziele
darstellte. Unterbereiche des dritten Ziels waren für den Teilnehmer A unter anderem die Ver-
änderung des Umgangs mit dem eigenen Vorgesetzen, indem der Teilnehmer ganz bewusst von
diesem Rückmeldung einforderte. Ebenso war Teilnehmer A die Umstrukturierung seiner Ar-
beit und das Hinterfragen eigener perfektionistischer Einstellungen wichtig, um sich zukünftig
Freiräume schaffen zu können und Prioriäten zu setzen. Ein zentraler Aspekt war weiterhin, sich
mit eigenen Stärken und Erfolgen zu beschäftigen, um selbstbewusster die Führungsrolle ausge-
stalten zu können.
Entsprechend der Coachingziele wurden die in Tabelle 4.5.1 dargestellten Veränderun-
gen in den Führungsstilen des Full Range of Leadership erwartet.

Tabelle 4.5.1: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer A


Coachingziel Erwartete Veränderungen in den
Führungsstilen
Leistungsoptimierung bei allen Mitarbeitern
- Strukturelle Veränderungen
- Individuelle Mitarbeitergespräche Individual Consideration ↑
- Probleme direkt ansprechen, auf Regelungen hinweisen Management by Exception active ↑
- Eigene Erwartungen mitteilen (alle „an einem Strang ziehen“) Idealized Influence behavior ↑
Eigene Arbeitszufriedenheit steigern / Befinden in der Führungs-
rolle verbessern / Selbstbewusstsein stärken Ausstrahlung ↑
Anmerkung: ↑ = Zunahme erwartet

Damit ergeben sich bei Coachingteilnehmer A folgende Experimental- und Kontrollvariablen


(siehe Tabelle 4.5.2):

Tabelle 4.5.2: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer A


Experimentalvariablen Kontrollvariablen
Individual Consideration (IC) Idealized Influence attributed (IIa)
Management by Exception active (MBA) Inspirational Motivation (IM)
Idealized Influence behavior (IIb) Intellectual Stimulation (IS)
Ausstrahlung (AUS) Contingent Reward (CR)
Management by Exception passive (MBP)
4.5 Zusammenhang der Veränderungen in den Führungsstilen mit den Coachingzielen 283

4.5.1.2 Coachingteilnehmer B (FK 1)


Coachingteilnehmer B gab zu Beginn des Coachings drei Ziele an.
Das erste Ziel bestand für Coachingteilnehmer B darin, die Eigenverantwortlichkeit und
Effizienz der Mitarbeiter zu fördern. Hierunter fiel für den Teilnehmer v.a. die Analyse und
Veränderung des eigenen Gesprächsverhaltens: Teilnehmer B wollte sich bemühen, im Ge-
spräch auf die Themen des jeweiligen Mitarbeiters einzugehen, die Art und Weise bestimmter
Aufgabenerledigungen dem Mitarbeiter vollständig selbst zu überlassen und diesem zu signali-
sieren, dass er ihm gute Arbeit zutraue. Weiterhin nahm sich Teilnehmer B vor, regelmäßig das
Expertenwissen seiner Mitarbeiter abzufragen und dieses zu nutzen und zu fördern. Insgesamt
wolle er mehr Vertrauen in seine Mitarbeiter haben und diese weniger in der Art und Weise der
Aufgabenbearbeitung kontrollieren.
Da der Teilnehmer eine Position innehatte, die im Unternehmen gerade neu geschaffen
worden war, war ihm oftmals seine Stellung und Funktion insbesondere anderen Führungskräf-
ten gegenüber nicht klar. So war es das zweite Ziel des Teilnehmers, eine klare Positionierung
v.a. gegenüber den Kollegen zu erreichen und seine Rolle selbstbewusster auszufüllen. So woll-
te er eigene Vorstellungen zu seiner Position anderen Führungskräften darlegen und Verantwor-
tungsbereiche gemeinsam klar definieren. Gegenüber den Mitarbeitern wollte er eindeutiger
eine Führungsfunktion übernehmen und deren Vertrauen durch mehr informellen Kontakt und
nicht-fachliche Kommunikation gewinnen.
Die ausgewogene Koordination von Spezialistentätigkeit und Führungsaufgaben war
das dritte Ziel des Teilnehmers B. Es war ihm wichtig, regelmäßige Besprechungstermine so-
wohl mit anderen Führungskräften als auch mit Mitarbeitern der eigenen Abteilung einzuführen.
In diesen Besprechungen sollten ausdrücklich gemeinsame Ziele besprochen sowie Anregungen
der Mitarbeiter erfragt und aufgegriffen werden. Des Weiteren legte Teilnehmer B Wert auf den
Austausch mit Spezialisten zu bestimmten Fachthemen.
Entsprechend der Coachingziele wurden die in Tabelle 4.5.3 dargestellten Veränderun-
gen in den Führungsstilen des Full Range of Leadership bei Teilnehmer B erwartet.

Tabelle 4.5.3: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer B


Coachingziel Erwartete Veränderungen in den
Führungsstilen
Eigenverantwortlichkeit und Effizienz der Mitarbeiter fördern
- Mehr Vertrauen gegenüber den Mitarbeitern haben und zeigen Inspirational Motivation ↑
- Mitarbeiter weniger kontrollieren
- Expertenwissen der Mitarbeiter nutzen und fördern / auf Mit-
Management by Exception active ↓
arbeiter eingehen
Individualized Consideration ↑
Klare Positionierung gegenüber anderen Führungskräften und Ausstrahlung ↑
Mitarbeitern / selbstbewusstere Ausgestaltung der Führungsrolle / Idealized Influence attributed ↑
Vertrauen gewinnen
Koordination von Spezialisten- und Führungsaufgaben
- Gemeinsame Ziele besprechen Inspirational Motivation ↑
- Anregungen der Mitarbeiter erfragen und aufgreifen
Anmerkung: ↑ = Zunahme erwartet; ↓ = Abnahme erwartet

Damit ergeben sich bei Coachingteilnehmer B folgende Experimental- und Kontrollvariablen


(siehe Tabelle 4.5.4):
4 Ergebnisse 284

Tabelle 4.5.4: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer B


Experimentalvariablen Kontrollvariablen
Individual Consideration (IC) Intellectual Stimulation (IS)
Inspirational Motivation (IM) Contingent Reward (CR)
Ausstrahlung (AUS) Management by Exception passive (MBP)
Idealized Influence attributed (IIa) Idealized Influence behavior (IIb)
Management by Exception active (MBA)

4.5.1.3 Coachingteilnehmer C (FK 16)


Coachingteilnehmer C bearbeitete im Coaching drei Ziele.
Als erstes Ziel formulierte Teilnehmer C, die Individualität der Mitarbeiter stärker ak-
zeptieren und berücksichtigen zu wollen. Dieses Ziel leitet sich unmittelbar aus dem im Vorfeld
durchgeführten Führungsfeedback ab. Um dieses Ziel zu erreichen, setzte sich der Teilnehmer
Unterziele. Diese bestanden beispielsweise darin, den Mitarbeitern mehr zuzuhören und häufi-
ger Gespräche mit ihnen zu führen sowie die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter zu er-
kennen und auf diese einzugehen, um so jeden Mitarbeiter persönlich motivieren zu können.
Weiterhin nahm sich der Teilnehmer C vor, einen mitarbeitergerechten, individuellen Lei-
stungsmaßstab zu finden, da er im Führungsfeedback von seinen Mitarbeitern aufgezeigt be-
kommen hatte, dass er die hohen Anforderungen an sich selbst oftmals direkt auf die Mitarbeiter
überträgt. Darüber hinaus wollte Teilnehmer C mehr Offenheit für andere entwickeln und sich
bewusster in das Denken und Fühlen seiner Mitarbeiter hineinversetzen.
Als zweites Ziel formulierte der Teilnehmer die verbesserte Weitergabe von Informa-
tionen. Auch dieser Aspekt war aus den Ergebnissen des Führungsfeedbacks abgeleitet worden.
Dieses Ziel bearbeitete der Teilnehmer selbstständig begleitend zum Coaching.
Das dritte Ziel betraf die Teambildung und die positive Selbstdarstellung des Teams
nach außen. Es sei ihm wichtig, dem Team seinen Stellenwert im Unternehmen als „Elitetrup-
pe“ klar zu machen und deren Bedeutung bei der Verhinderung einer potenziell anstehenden
Fusionierung des Unternehmens aufzuzeigen. Hierbei war für den Teilnehmer zunächst wichtig
zu klären, wie der aktuelle Stand des Teamzusammenhalts aussah und welche Möglichkeiten es
geben könnte, diesen auszubauen. Zu diesem Ziel gehörte für Teilnehmer C auch, den Selbst-
wert des gesamten Teams zu erhöhen und Maßnahmen zu suchen und durchzuführen, die das
„Wir- Gefühl“ im Team stärken könnten. Darüber hinaus wollte er mit und für das Team eine
Teamvision entwickeln, wo es in Zukunft hingehen könnte.
Entsprechend der Coachingziele wurden die in Tabelle 4.5.5 dargestellten Veränderun-
gen in den Führungsstilen des Full Range of Leadership bei Teilnehmer C erwartet.

Tabelle 4.5.5: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer C


Coachingziel Erwartete Veränderungen in den
Führungsstilen
Berücksichtigung der Individualität der Mitarbeiter
Besser zuhören / individuelle Bedürfnisse erkennen und berück-
sichtigen Individual Consideration (IC) ↑
Individuellen Leistungsmaßstab identifizieren
Verbesserung der Informationsweitergabe keine
Teambildung und Außendarstellung des Teams
- Stellenwert des Teams im Unternehmen aufzeigen Idealized Influence behavior (IIb) ↑
- Selbstwert des Teams / „Wir-Gefühl“ stärken Inspirational Motivation (IM) ↑
- Teamvision entwickeln
Anmerkung: ↑ = Zunahme erwartet
4.5 Zusammenhang der Veränderungen in den Führungsstilen mit den Coachingzielen 285

Damit ergeben sich bei Coachingteilnehmer C folgende Experimental- und Kontrollvariablen


(siehe Tabelle 4.5.6):

Tabelle 4.5.6: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer C


Experimentalvariablen Kontrollvariablen
Individual Consideration (IC) Idealized Influence attributed (IIa)
Idealized Influence behavior (IIb) Ausstrahlung (AUS)
Inspirational Motivation (IM) Contingent Reward (CR)
Intellectual Stimulation (IS)
Management by exception passive und
active (MBA und MBP)

4.5.1.4 Coachingteilnehmer D (FK 13)


Coachingteilnehmer D verfolgte zwei Ziele im Coaching.
Teilnehmer D sah v.a. Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich der eigenen Konfliktfä-
higkeit. So benannte er als erstes Coachingziel den verbesserten Umgang mit Konfliktsituatio-
nen. Hier wünschte er sich, sein Gesprächsverhalten in Kritikgesprächen mit Mitarbeitern zu
analysieren und ggf. zu verändern. Der Teilnehmer nahm sich vor, zukünftig weniger der Pro-
blemlöser für seine Mitarbeiter zu sein, als vielmehr bei entstehenden Schwierigkeiten zwischen
Mitarbeitern als Moderator zu fungieren, der verschiedene Perspektiven einbezieht und die Mit-
arbeiter zu einer selbstständigen Problemlösung anregt.
Das zweite Ziel leitete sich aus den Ergebnissen des Führungsfeedbacks ab und bestand
in der Förderung der Eigenständigkeit der Mitarbeiter. Teilnehmer D gab an, dass er den Mit-
arbeitern zwar mehr Verantwortung geben, aber diese damit nicht überfordern wolle. Vielmehr
sei es sein Ziel, die Mitarbeiter durch Erfolgserlebnisse und Spaß an der Arbeit an die Verant-
wortung heranführen. Dabei wolle er seine Mitarbeiter individuell unterstützen und deren Fä-
higkeiten berücksichtigen.
Entsprechend der Coachingziele wurden die in Tabelle 4.5.7 dargestellten Veränderun-
gen in den Führungsstilen des Full Range of Leadership bei Teilnehmer D erwartet.

Tabelle 4.5.7: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer D


Coachingziel Erwartete Veränderungen in den
Führungsstilen
Verbesserter Umgang mit Konfliktsituationen
Mitarbeiter zur selbstständigen Problemlösung anregen Intellecutal Stimulation (IS) ↑
Förderung der Eigenständigkeit der Mitarbeiter:
Erfolgserlebnisse ermöglichen; Individuelle Untersützung und Individualized Consideration (IC) ↑
Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten
Anmerkung: ↑ = Zunahme erwartet

Damit ergeben sich bei Coachingteilnehmer D folgende Experimental- und Kontrollvariablen


(siehe Tabelle 4.5.8):
4 Ergebnisse 286

Tabelle 4.5.8: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer D


Experimentalvariablen Kontrollvariablen
Individual Consideration (IC) Idealized Influence (IIa und IIb)
Intellectual Stimulation (IS) Ausstrahlung (AUS)
Inspirational Motivation (IM)
Contingent Reward (CR)
Management by exception passive und
active (MBA und MBP)

4.5.1.5 Coachingteilnehmer E (FK 5)


Der Teilnehmer E nannte für die Bearbeitung im Coaching zwei Ziele: Das erste Ziel leitete der
Teilnehmer unmittelbar aus den Ergebnissen des Führungsfeedbacks ab, das zweite Ziel resul-
tierte aus den Schwierigkeiten, die der Teilnehmer in der Zusammenarbeit mit anderen Füh-
rungskräften wahrnahm.
Das erste Ziel bestand in der Weiterentwicklung eigener Führungsfähigkeiten im Hin-
blick auf Konsequenz und Transparenz. Um dieses Ziel zu erreichen, wollte Teilnehmer E Ar-
beitsaufträge oder Wünsche seinerseits klarer formulieren und deren Umsetzung konsequenter
unterstützen. Darüber hinaus war es im wichtig, in Zukunft zeitnahe Rückmeldung zu Arbeits-
leistungen zu geben und erfüllte oder nicht erfüllte Erwartungen zu thematisieren. Das zweite
Ziel war die Verbesserung der Zusammenarbeit mit anderen Führungskräften. Hierzu wollte
Teilnehmer E das Gemeinschaftsgefühl zwischen den Kollegen verändern, sodass untereinander
Schwachstellen aufgezeigt werden können, ohne dass sich jemand rechtfertigen müsse.
Entsprechend der Coachingziele wurden die in Tabelle 4.5.9 dargestellten Veränderun-
gen in den Führungsstilen des Full Range of Leadership bei Teilnehmer E erwartet.

Tabelle 4.5.9: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer E


Coachingziel Erwartete Veränderungen in den
Führungsstilen
Weiterentwicklung der Führungsfähigkeiten im Hinblick auf
Konsequenz und Transparenz: Erwartungen formulieren, Umset- Contingent Reward (CR) ↑
zung unterstützen, Rückmeldung geben
Verbesserung der Zusammenarbeit mit anderen Führungskräften keine
Anmerkung: ↑ = Zunahme erwartet

Damit ergeben sich bei Coachingteilnehmer E folgende Experimental- und Kontrollvariablen


(siehe Tabelle 4.5.10):

Tabelle 4.5.10: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer E


Experimentalvariablen Kontrollvariablen
Contingent Reward (CR) Idealized Influence (IIa und IIb)
Ausstrahlung (AUS)
Inspirational Motivation (IM)
Management by exception passive und
active (MBA und MBP)
Individual Consideration (IC)
Intellectual Stimulation (IS)
4.5 Zusammenhang der Veränderungen in den Führungsstilen mit den Coachingzielen 287

4.5.1.6 Coachingteilnehmer F (FK 10)


Coachingteilnehmer F bearbeitete im Coaching zwei Ziele.
Das erste Ziel beschäftigte sich mit der Strukturierung und Neuorganisation des neuen
Aufgabenfeldes von Coachingteilnehmer F. Der Teilnehmer wollte sich über das neue Aufga-
bengebiet, welches er während des Coachings übernehmen sollte, Klarheit verschaffen und die
dazugehörigen Aufgaben nach Priorität ordnen. Darüber hianaus wollte der Teilnehmer sein
Zeitmanagement verbessern. Insgesamt strebte der Teilnehmer mit einer verbesserten Arbeits-
organisation mehr Ruhe und Gelassenheit an, um bei den Mitarbeitern präsenter zu sein und zu
wirken und sich auf die jeweils aktuelle Anforderung konzentrieren zu können. Dieses Entwick-
lungsziel hatte der Teilnehmer von den Mitarbeitern in den offenen Fragen des Führungsfeed-
backs rückgemeldet bekommen.
Das zweite Ziel des Teilnehmers war es, die Motivation der Mitarbeiter zu klären und
entsprechende „Werkzeuge“ zur Förderung der Arbeitsmotivation der Mitarbeiter zu finden.
Zur Verwirklichung dieses Ziels wollte Coachingteilnehmer F mit den Mitarbeitern Einzelge-
spräche zu deren persönlichen Zielen führen und gemeinsame Überlegungen zu den jeweiligen
individuellen Entwicklungsmöglichkeiten anstellen.
Entsprechend der Coachingziele wurden die in Tabelle 4.5.11 dargestellten Verände-
rungen in den Führungsstilen des Full Range of Leadership bei Teilnehmer F erwartet.

Tabelle 4.5.11: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer F


Coachingziel Erwartete Veränderungen in den
Führungsstilen
Strukturierung und Neuorganisation des neuen Aufgabenfeldes
- Prioriäten setzen, Zeitmanagement verbessern
- Ruhe und Gelassenheit anstreben/ Präsenter sein & wirken Ausstrahlung (AUS) ↑
Idealized Influence attributed (IIa)↑
Motivation der Mitarbeiter klären und entsprechende
„Werkzeuge“ zur Förderung der Arbeitsmotivation der
Mitarbeiter finden
- Individuelle Ziele und Entwicklungsmöglichkeiten der Mitar- Individualized Consideration (IC) ↑
beiter klären
Anmerkung: ↑ = Zunahme erwartet

Damit ergeben sich bei Coachingteilnehmer F folgende Experimental- und Kontrollvariablen


(siehe Tabelle 4.5.12):

Tabelle 4.5.12: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer F


Experimentalvariablen Kontrollvariablen
Ausstrahlung (AUS) Idealized Influence behavior (IIb)
Individual Consideration (IC) Inspirational Motivation (IM)
Idealized Influence attributed (IIa) Intellectual Stimulation (IS)
Contingent Reward (CR)
Management by exception passive und
active (MBA und MBP)
4 Ergebnisse 288

4.5.2 Ergebnisse der indirekten Veränderungsmessung

Zur Überprüfung der individuellen Hypothesen werden ausschließlich die Fremdbeurteilungen


herangezogen. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens besteht eine generelle Tendenz in den Selbst-
einschätzungen der Gesamtstichprobe, sich zum zweiten Messzeitpunkt „schlechter“ einzu-
schätzen als zum ersten Messzeitpunkt (niedrigere Werte in den transformationalen Führungs-
stilen und in der Variablen Contingent Reward sowie höhere Ausprägungen bei Laissez Faire).
In den Fremdeinschätzungen lässt sich hingegen kein genereller, variablenübergreifender Trend
erkennen. Dementsprechend werden die Fremdeinschätzungen als differenziertere Datenquellen
in Bezug auf die einzelnen Variablen erachtet. Zweitens beziehen sich die formulierten
Coachingziele fast alle auf die Interaktion mit den Mitarbeitern beziehungsweise auf die Wir-
kung auf die Mitarbeiter. Daher wird auf die Mitarbeitereinschätzung bei der Beurteilung der
zielabhängigen Wirksamkeit besonderen Wert gelegt.

4.5.2.1 Deskriptive Statistik


Tabelle 4.5.13 zeigt die individuellen Mittelwerte und Differenzen der Ausprägung der zehn
Führungsstile und der Gesamtskala zur transformationalen Führung zu den zwei Messzeitpunk-
ten in der Fremdeinschätzung. Die jeweiligen Experimentalvariablen der sechs Führungsperso-
nen sind duch einen Rahmen hervorgehoben. Hier werden höhere Differenzen erwartet, als in
den jeweiligen Kontrollvariablen, die in der Tabelle 4.5.13 nicht hervorgehoben sind. Negative
Differenzen bedeuten einen Anstieg der jeweiligen Variablen von t1 zu t2, positive Differenzen
implizieren entsprechend eine Abnahme der Ausprägung der Variablen von t1 zu t2.
4.5 Zusammenhang der Veränderungen in den Führungsstilen mit den Coachingzielen 289

Tabelle 4.5.13: Individuelle Mittelwerte und Differenzen der Ausprägung der Führungsstile zu den zwei
Messzeitpunkten für die Coachingteilnehmer (Interventionsgruppe B) (Fremdeinschätzung)
Coachingteilnehmer B E F D C A
FK 1 FK 5 FK 10 FK 13 FK 16 FK 17
TF_t1 3.31 2.92 3.67 3.20 3.63 3.02
TF_t2 3.66 2.70 3.94 3.01 3.63 3.08
Diff. t1 - t2 -0.35 0.21 -0.27 0.18 0.00 -0.06
IIa_t1 3.08 2.84 3.44 3.08 3.62 3.03
IIa_t2 3.64 2.67 3.86 2.75 3.56 2.97
Diff. t1 - t2 -0.56 0.18 -0.42 0.33 0.06 0.07
IIb_t1 3.42 2.90 3.72 3.18 3.41 3.16
IIb_t2 3.50 2.63 3.86 2.93 3.64 3.40
Diff. t1 - t2 -0.08 0.27 -0.14 0.25 -0.23 -0.24
IM_t1 3.92 3.70 4.08 3.31 3.97 2.56
IM_t2 4.39 3.25 4.25 3.28 3.72 2.50
Diff. t1 - t2 -0.47 0.45 -0.17 0.03 0.25 0.06
IS_t1 3.58 3.09 3.81 3.49 3.75 3.31
IS_t2 3.50 3.03 3.97 3.31 3.61 3.17
Diff. t1 - t2 0.08 0.06 -0.17 0.17 0.14 0.15
IC_t1 3.17 2.53 3.81 3.23 3.64 3.24
IC_t2 3.67 2.38 4.00 3.17 3.75 3.44
Diff. t1 - t2 -0.50 0.16 -0.20 0.06 -0.11 -0.19
AUS_t1 2.67 2.44 3.14 2.78 3.39 2.81
AUS_t2 3.25 2.31 3.69 2.63 3.50 3.00
Diff. t1 - t2 -0.58 0.13 -0.56 0.15 -0.11 -0.19
CR_t1 3.50 2.90 3.91 3.50 3.89 3.29
CR_t2 3.36 2.84 4.17 3.46 4.15 3.21
Diff. t1 - t2 0.14 0.05 -0.26 0.04 -0.26 0.08
MBA_t1 3.50 2.79 2.86 3.16 2.92 2.72
MBA_t2 2.75 2.81 3.19 3.14 3.04 3.08
Diff. t1 - t2 0.75 -0.02 -0.33 0.02 -0.12 -0.37
MBP_t1 2.00 2.47 2.06 2.26 1.56 2.54
MBP_t2 1.81 2.72 2.06 2.29 1.92 2.70
Diff. t1 - t2 0.19 -0.25 0.00 -0.03 -0.36 -0.16
LF_t1 2.25 3.03 2.32 2.21 1.62 2.62
LF_t2 2.00 2.97 2.28 2.36 1.61 2.33
Diff. t1 - t2 0.25 0.06 0.05 -0.15 0.01 0.28
Anmerkungen: Umrahmt sind diejenigen Mittelwerte und Differenzen, bei denen bei der betreffenden Führungsperson ein höheres
Ausmaß an Veränderung erwartet wird (individuelle Experimentalvariablen) als in den anderen, nicht umrahmten Variablen (indivi-
duelle Kontrollvariablen).
TF=Transformationale Führung, IIa= Idealized Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motiva-
tion; IS=Intellectual Stimulation, IC= Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward,
MBA=Management by Exception active, MBP= Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

Für die jeweiligen Coachingteilnehmer resultieren folgende Ergebnisse (siehe Tabelle 4.5.13):
Bei Führungskraft 1 (Coachingteilnehmer B) wurden in fünf Experimentalvariablen
höhere Differenzwerte erwartet als in den restlichen Variablen. Dabei wurden für Management
by Exception active positive Differenzwerte erwartet, in den anderen Experimentalvariablen
negative Differenzwerte. Die Veränderungsrichtungen entsprechen bei allen fünf Variablen den
Erwartungen. Darüber hinaus liegen die Differenzwerte über den Differenzwerten der Kontroll-
variablen.
Bei Führungskraft 5 (Coachingteilnehmer E) wurde in einer Experimentalvariablen
(Contingent Reward) ein höherer, positiver Differenzwert erwartet als in den restlichen Va-
riablen. Die Veränderungsrichtung widerspricht in dieser Variablen der Erwartung und das
Ausmaß der Veränderung liegt unter dem Veränderungsausmaß in einem Großteil der Kontroll-
variablen. Es fällt allerdings auf, dass sich die Mitarbeitereinschätzungen in allen
transformationalen Variablen verschlechtert; nur das Ausmaß des Einsatzes von Management
by Exception passive erhöht sich. Da durch das Interventionsprogramm eine Zunahme der
transformationalen Führungsstile und Cotingent Reward angestrebt worden war, der Teilnehmer
4 Ergebnisse 290

sich aber laut Mitarbeitereinschätzung in all diesen Variablen verschlechtert hatte, kann das
geringere Veränderungsausmaß in der Experimentalvariablen Contingent Reward gegenüber
den transformationalen Kontrollvariablen allerdings positiv gewertet werden.
Bei Führungskraft 10 (Coachingteilnehmer F) wurden in drei Experimentalvariablen
höhere, negative Differenzwerte erwartet als in den restlichen Variablen. Sowohl die Verände-
rungsrichtungen als auch das Ausmaß der Veränderungen entsprechen weitgehend den Erwar-
tungen (Ausnahme: Veränderungsausmaß der Experimentalvariable Individualized
Consideration liegt unter dem Differenzwert der Kontrollvariable Contingent Reward). Das
Veränderungsausmaß in der Experimentalvariabel Ausstrahlung liegt deutlich über der durch-
schnittlichen Veränderung in den Kontrollvariablen.
Bei Führungskraft 13 (Coachingteilnehmer D) wurden in den zwei Experimentalva-
riablen Intellectual Stimulation und Individualized Consideration höhere, negative Differenz-
werte erwartet als in den restlichen Variablen. Die Veränderungsrichtung beider Experimental-
variablen widerspricht den Erwartungen, auch das Ausmaß der Veränderung ist nicht höher als
in den Kontrollvariablen.
Bei Führungskraft 16 (Coachingteilnehmer C) wurden in drei Experimentalvariablen
höhere, negative Differenzwerte erwartet als in den restlichen Variablen. Die Veränderungsrich-
tung der zwei Experimentalvariablen Idealized Influence behavior und Individualized
Consideration entspricht den Erwartungen, der Differenzwert der Variable Inspriational Motiva-
tion ist hingegen wieder erwarten positiv. Das Veränderungsausmaß aller drei Variablen liegt
entgegen der Erwartung nicht über dem Veränderungsausmaß der Kontrollvariablen.
Bei Führungskraft 17 (Coachingteilnehmer A) wurden in vier Experimentalvariablen
höhere, negative Differenzwerte erwartet als in den restlichen Variablen. Sowohl die Verände-
rungsrichtungen als auch das Ausmaß der Veränderungen entsprechen den Erwartungen. Das
Veränderungsausmaß in der Experimentalvariablen Management by Exception active und
Idealized Influence behavior liegt deutlich über der durchschnittlichen Veränderung in den
Kontrollvariablen.

4.5.2.2 Zusammenfassung
Aus den dargestellten Einzefallergebnissen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:
Zusammenfassung der Einzelfallergebnisse: Bei Führungskraft 1 entsprechen die Er-
gebnisse vollkommen den Erwartungen. Bei Führungskraft 5 entsprechen die Ergebnisse nicht
den Erwartungen, können aber hinsichtlich der differenziellen Wirksamkeit der
Coachingmaßnahme plausibel interpretiert werden. Bei Führungskraft 10 entsprechen die Er-
gebnisse fast vollständig den Erwartungen. Bei Führungskraft 13 lassen sich die erwarteten
Ergebnisse nicht feststellen. Bei Führungskraft 16 finden sich nur wenige erwartungskonforme
Ergebnisse. Bei Führungskraft 17 sind die Ergebnisse vollkommen erwartungskonform.
Fallübergreifende Zusammenfassung: Damit ergeben sich für drei der sechs Füh-
rungspersonen erwartungskonforme Unterschiede in den Veränderungen der individuellen Aus-
prägung der Führungsstile von t1 zu t2 in Abhängigkeit von den einzelfallbezogenen
Coachingzielen: Das Ausmaß der Veränderungseffekte ist bei den Führungspersonen 1, 10 und
17 in den Führungsstilen, die in den Coachingzielen angesprochen werden (Experimentalva-
riablen) höher, als in den Führungsstilen, die nicht in den Coachingzielen angesprochen werden
(Kontrollvariablen).
4.5 Zusammenhang der Veränderungen in den Führungsstilen mit den Coachingzielen 291

 Hypothese II/3 wird auf der Basis der Ergebnisse der indirekten Veränderungsmessung
für drei der sechs Führungspersonen der Interventionsgruppe B beibehalten (FK 1, 10
und 17), für die Führungspersonen 5, 13 und 16 verworfen.

4.5.3 Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung

Es werden die Mittelwerte der Items zur direkten Veränderungseinschätzung zu jedem Füh-
rungsstil für die einzelnen Coachingteilnehmer dargestellt und die Werte der jeweiligen Expe-
rimental- und Kontrollvariablen verglichen.

4.5.3.1 Deskriptive Statistik


Tabelle 4.5.14 zeigt die Mittelwerte der Items zur direkten Einschätzung von Veränderungen in
den zehn Führungsstilskalen nach der Intervention für die sechs Coachingteilnehmer. Die jewei-
ligen Experimentalvariablen der sechs Führungspersonen sind duch einen Rahmen hervorgeho-
ben. Hier wird ein höherer Betrag der Veränderungswerte erwartet als in den jeweiligen Kon-
trollvariablen. Negative Veränderungswerte bedeuten eine Abnahme des jeweiligen Führungs-
stils im Zeitraum von t1 zu t2, positive Differenzen implizieren entsprechend eine Zunahme der
Ausprägung der Variablen von t1 zu t2.

Tabelle 4.5.14: Mittelwerte der direkten Einschätzung der Veränderungen in der Ausprägung der Füh-
rungsstile nach der Intervention für die Coachingteilnehmer (Fremdeinschätzung)
Variable Fremd FK 1 FK 5 FK 10 FK 13 FK 16 FK 17
IIa_Veränderung 0.36 -0.34 0.36 0.01 -0.08 0.04
IIb_Veränderung 0.19 -0.09 0.28 0.00 0.08 0.19
IM_Veränderung 0.31 -0.16 0.31 0.17 -0.31 0.10
IS_Veränderung 0.08 0.16 0.37 0.29 0.08 0.08
IC_Veränderung 0.53 -0.28 0.25 0.10 0.19 0.23
AUS_Verändrung 0.25 -0.47 0.42 -0.08 -0.14 0.23
CR_Veränderung 0.36 0.03 0.25 0.17 0.23 0.03
MBA_Veränderung -0.08 0.06 0.19 0.18 0.00 -0.02
MBP_Veränderung -0.14 -0.01 0.00 -0.06 -0.11 -0.08
LF_Veränderung -0.17 -0.22 -0.29 -0.03 -0.14 -0.24
Anmerkungen: Erfassung des Ausmaß der Veränderung auf einer Skala von -2 („viel weniger“) bis +2 („viel mehr“); IIa= Idealized
Influence attributed, IIb= Idealized Influence behavior; IM=Inspirational Motivation; IS=Intellectual Stimulation, IC=
Individualized Consideration, AUS= Ausstrahlung, CR=Contingent Reward, MBA=Management by Exception active, MBP=
Management by Exception passive, LF=Laissez Faire

Für die jeweiligen Coachingteilnehmer resultieren folgende Ergebnisse (siehe Tabelle 4.5.14):
Bei Führungskraft 1 (Coachingteilnehmer B) sind die Ergebnisse für vier der fünf Ex-
perimentalvariablen erwartungskonform, nur das Veränderungsausmaß der Variable Manage-
ment by Exception active liegt nicht über den Veränderungswerten der Kontrollvariablen.
Bei Führungskraft 5 (Coachingteilnehmer E) liegen die absoluten Werte der direkten
Veränderungseinschätzung zur Experimentalvariable Contingent Reward nicht über den Werten
der Kontrollvariablen.
Bei Führungskraft 10 (Coachingteilnehmer F) ist nur das Ergebnis für die Experimen-
talvariable Ausstrahlung erwartungskonform, das Veränderungsausmaß der anderen beiden
Experimentalvariablen liegt nicht über dem der Kontrollvariablen.
Bei Führungskraft 13 (Coachingteilnehmer D) ist nur das Ergebnis für die Experimen-
talvariable Intellectual Stimulation erwartungskonform, das Veränderungsausmaß der Experi-
mentalvariablen Individualized Consideration liegt nicht über dem der Kontrollvariablen.
4 Ergebnisse 292

Bei Führungskraft 16 (Coachingteilnehmer E) entspricht nur das Ergebnis für die Experimen-
talvariable Inspirational Motivation den Erwartungen zum Ausmaß der Veränderung, allerdings
widerspricht die Änderungsrichtung der Erwartungen. Das Veränderungsausmaß der anderen
beiden Experimentalvariablen liegt nicht über dem der Kontrollvariablen.
Bei Führungskraft 17 (Coachingteilnehmer E) entsprechen die Ergebnisse für zwei der
drei Experimentalvariablen den Erwartungen, nur das Veränderungsausmaß der Variable Mana-
gement by Exception active liegt nicht über den Veränderungswerten der Kontrollvariablen.

4.5.3.2 Zusammenfassung
Auf der Basis der oben dargestellten Einzelfallergebnisse ergeben sich folgende Schlussfolge-
rungen: Die Ergebnisse weisen insgesamt darauf hin, dass in der direkten Veränderungsmes-
sung bei vier der sechs Führungspersonen keine differenziellen Veränderungen in der Ausprä-
gung der Führungsstile in Abhängigkeit von den Coachingzielen nachgewiesen werden können,
da die Veränderungen in den Experimentalvariablen die Veränderungen in den Kontroll-
variablen nicht ausreichend übertreffen. Nur bei den Führungskräften 1 und 17 lassen sich Zu-
sammenhänge zwischen den Veränderungen und den individuellen Coachingzielen aufzeigen.
Bei diesen beiden Führungspersonen resultieren jeweils für den größeren Teil der Experimen-
talvariablen Veränderungen, die über dem Ausmaß der Veränderungen in den Kontrollvariablen
liegen.
 Hypothese II/3 wird auf der Basis der Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung
für zwei der sechs Führungspersonen der Interventionsgruppe B beibehalten (FK 1 und
17), für die Führungspersonen 5, 10, 13 und 16 wird sie verworfen.
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 293

4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele

In Abschnitt 4.6 werden die Ergebnisse zu Fragestellung II/4 (siehe Kasten) dargestellt.
Fragestellung II/4: Subjektive Einschätzung der Zielerreichung
Wie bewerten die teilnehmenden Führungskräfte das Interventionsmodul Einzelcoaching hin-
sichtlich der Erreichung der individuellen Coachingziele sowie hinsichtlich der Entwicklung des
Führungsverhaltens insgesamt?

In den Abschnitten 4.6.1 bis 4.6.6 werden die einzelfallbezogenen Ergebnisse zum Ausmaß der
individuellen Zielerreichung in den sechs Coachingfällen berichtet. In Abschnitt 5.1.1.6 wird
die Fragestellung II/4 fallübergreifend beantwortet. Eine Interpretation der Ergebnisse zu Frage-
stellung II/4 in Hinblick auf die übergeordnete Forschungsfrage II erfolgt in Abschnitt 5.1.2.2.

In den Abschnitten 4.6.1 bis 4.6.6 wird jeweils zunächst ein Überblick über den
Coachingprozess gegeben und anschließend die Ergebnisse der Fortschrittsskalen zum Füh-
rungsverhalten und zum Ausmaß der Zielerreichung (siehe 3.4.3) zu den drei Messzeitpunkten
Beginn und Abschluss des Coachings (t1 und t2) sowie zum Follow-up-Termin (t3) dargestellt.
Abschließend werden jeweils die Kommentierungen des Coachingteilnehmers zur Zielerrei-
chung zusammengefasst. Damit wird in Abschnitt 4.6 auch auf die offene Frage nach individu-
ellen Anlässen für und Abläufen von Einzelcoachingprozessen im Rahmen der Förderung
transformationaler Führung eingegangen, die in Abschnitt 1.1 abgeleitet wurde.
Im Laufe der Einzelsitzungen hat sich bei einigen Coachingteilnehmern gezeigt, dass
Ziele neu geordnet werden oder sich deren Priorisierung verschiebt. Einige Ziele werden auch
von den Teilnehmern außerhalb des Coachingrahmens selbstständig bearbeitet. Dazu finden
sich entsprechende Hinweise bei der Beschreibung der Coachingprozesse.
Sofern es sich bei den jeweiligen Vorgehensweisen, die bei der Beschreibung der
Coachingprozesse aufgeführt werden, um bekannte Coachingmethoden handelt, wird jeweils
auf die entsprechende Literaturquelle verwiesen, in der der Methodenhintergrund nachgelesen
werden kann. Fehlt dieser Hinweis, dann handelt es sich um ein einzelfallspezifisches Vorge-
hen, zu dem keine allgemeinen Methodenbeschreibungen vorliegen, das aber durch die jeweili-
ge Kurzbeschreibung selbsterklärend sein sollte.
Um die Anonymität der einzigen weiblichen Coachingteilnehmerin zu wahren, wird bei
der Beschreibung der Coachings ausschließlich die männliche Form verwendet.
4 Ergebnisse 294

4.6.1 Coachingteilnehmer A (Führungskraft 17)

Nach einem Überblick über den Coachingprozess werden die Entwicklung der Zielerreichung
und die Ergebnisse der Fortschrittskala zum Führungsverhalten dargestellt. Abschließend wer-
den die Kommentierungen des Coachingteilnehmers zur Zielerreichung berichtet.

4.6.1.1 Überblick über den Coachingprozess


Tabelle 4.6.1 gibt einen Überblick über den Coachingprozess mit Teilnehmer A.

Tabelle 4.6.1: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer A


Ziel 1 Leistungsoptimierung aller Mitarbeiter

Zielerreichung durch: - Strukturelle Veränderungen in der Abteilung


- Einzelgespräche mit den Mitarbeitern zu deren Zielen führen
Methoden Rollenspiel mit Rollentausch zur Gesprächsführung - Sitzung 2
(vgl. Riedelbauch & Laux, 2011)
Coachinggespräch: Klärung von Zielsetzungen zu - Sitzung 4
strukturellen Veränderungen und Art und Weise
deren Vermittlung an die Mitarbeiter.
Zielerreichung Vor dem Coaching: 4,5 Nach dem Coaching: Zur Follow- up- Sit-
(in Punkten) (von 10 Punkten) 6,5 (von 10 Punkten) zung: 6,5 (von 10
Punkten)
Ziel 2 Selbstständiges Lösen von Problemen unter den Mitarbeitern

Zielerreichung durch: - Probleme direkt ansprechen, auf vereinbarte Regelungen hinweisen


- Eigene Erwartungen zum Umgang im Team mitteilen
Methoden Vorbereitung einer Teambesprechung mit dem Ziel, eigene Erwartungen zur
Zusammenarbeit zu kommunizieren. Der Teilnehmer arbeitet ansonsten be-
gleitend zum Coaching an der Umsetzung dieses Ziels. Fortschritte und wei-
tere Umsetzungsschritte werden im Coachinggespräch geklärt.
Zielerreichung Vor dem Coaching: 4 Nach dem Coaching:6 Zur Follow- up- Sit-
(in Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 6,8 (von 10
Punkten)
Ziel 3 Eigenes Befinden in der Führungsrolle verbessern

Zielerreichung durch: - Feedback beim eigenen Vorgesetzten einfordern; Lernen, „nein“ zu sagen
- Eigenen Perfektionismus hinterfragen und modifizieren
- Prioritäten setzen
- Eigene Ressourcen bewusst machen
- Entspannungspausen im Arbeitsalltag einplanen
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 295

Fortsetzung Tabelle 4.6.1: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer A


Ziel 3 Eigenes Befinden in der Führungsrolle verbessern

Methoden Kognitive Umstrukturierung (Identifizieren und - Sitzung 3, 4 und 5


Modifzieren dysfunktionaler automatischer Gedan-
ken und perfektionistischer Grundannahmen) (vgl.
Wilken, 2003)
Rollentausch zur Ressourcenaktivierung - Sitzung 3
(vgl. Riedelbauch & Laux, 2011)
Einführung eines Tagebuchs zu positiven Erlebnis- - Sitzung 4
sen im Arbeitsalltag (Was hat gut geklappt und wa-
rum? Was war der Beitrag des Teilnehmers dazu?)
Durchführung verschiedener Entspannungstechniken begleitend zu den
zur präventiven Stressbewältigung und Reduktion Sitzungen
der aktuellen Anspannung (vgl. Petermann & Vaitl,
2009)
Zielerreichung Vor dem Coaching: 5 Nach dem Coaching: 7 Zur Follow- up- Sit-
(in Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 8,0 (von 10
Punkten)
Einschätzung des Vor dem Coaching: 5 Nach dem Coaching: 7 Zur Follow- up- Sit-
Führungsverhaltens (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 7
insgesamt (von 10 Punkten)

4.6.1.2 Entwicklung der Zielerreichung


Abbildung 4.6.1 zeigt die Entwicklung der Erreichung der drei Coachingziele von Teilnehmer
A zu den drei Messzeitpunkten vor dem Coaching (t1), nach dem Coaching (t2) und zum Fol-
low-up-Termin (t3).
10
9
8
7
6
Ziel 1
5
Ziel 2
4
Ziel 3
3
2
1
0
t1 t2 t3

Abbildung 4.6.1: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer A

Ziel 1: Leistungsoptimierung bei allen Mitarbeitern


Die Ziele 1 und 2 haben sich im Laufe des Coachings immer stärker hin zum Thema Teament-
wicklung verschoben. Im Coaching wurden im Rollenspiel ressourcenorientierte Mitarbeiterge-
spräche geübt und die Wirkung des eigenen Gesprächsverhaltens im Rollentausch erkundet.
4 Ergebnisse 296

Darüber hinaus wurde eine Teambesprechung vorbereitet, in der der Coachingteilnehmer seine
Erwartungen zur zukünftigen Zusammenarbeit mitteilen und die Meinung der Mitarbeiter zur
bisherigen Aufgabenteilung und Arbeitsstrukturierung einholen wollte. Teilnehmer A gab zum
Abschluss des Coachings und zum Follow-up-Termin an, dass seine Mitarbeiter nun seine Er-
wartungen kennen würden und dass er diese „mit ins Boot genommen“ habe. Bis zum Follow-
up-Termin habe er versucht, strukturelle Veränderungen in der Arbeitsorganisation umzusetzen,
war aber bis zu diesem Zeitpunkt damit nicht so weit gekommen, wie er sich das vorgenommen
hatte. Daher schätzte er die Zielerreichung auf dem gleichen Stand wie zum Abschluss des Coa-
chings ein. Zur Sicherung der bisherigen Erfolge nahm sich Teilnehmer A in der Follow-up-
Sitzung vor, weiterhin mit den Instrumenten Mitarbeitergespräch und individuelle Zielvereinba-
rungen zu arbeiten.

Ziel 2: Selbstständige Problembewältigung unter den Mitarbeitern


Wie bereits erwähnt, näherten sich das erste und das zweite Ziel im Laufe des Coachings einan-
der an und verschoben sich zum Gesamtziel „Teamentwicklung“. Während der
Coachingsitzungen stand hauptsächlich das erste Ziel im Mittelpunkt, Ziel 2 bearbeitete der
Coachingteilnehmer begleitend zu den Sitzungen. So wurden im Coachinggespräch nur die je-
weiligen Fortschritte besprochen und weitere Umsetzungsschritte geplant. Teilnehmer A gab
zum Abschluss des Coachings und in der Follow-up-Sitzung an, dass die Stimmung im Team
besser geworden sei. Auch die Mitteilung seiner Erwartungen an das Team bezüglich der selbst-
ständigen und direkten Problembewältigung bei Konflikten (z.B. Gerüchte direkt thematisieren)
im Rahmen der bereits beschriebenen Teamsitzung sowie die strukturellen Veränderungen wür-
den dazu beitragen, dass sich der Zusammenhalt im Team verbessert habe und er weniger als
„Streitschlichter“ fungieren müsse.

Ziel 3: Eigenes Befinden in der Führungsrolle verbessern


Der Coachingteilnehmer berichtete sowohl in der Abschlussitzung als auch zum Follow-up-
Termin, dass er sich wesentlich zufriedener und besser als vor dem Coaching fühle. Seinen
Umgang mit den alltäglichen Belastungen habe er geändert, indem er gezielter Prioritäten setze.
Zudem habe er positive Denkansätze gefunden und mehr Aktivität entwickelt, auch in der Frei-
zeit. Die zu Beginn des Coachings vorhandenen Schlafstörungen und psychosomatischen Be-
schwerden hätten sich erheblich reduziert. Zur Sicherung des Erreichten wollte der Teilnehmer
weiterhin konsequent von seinem Vorgesetzten Feedback einfordern und versuchen, dessen oft
ungerechtfertigte Kritik nicht persönlich zu nehmen. Er gab an, dass er nun selbstbewusster
auftrete und insgesamt in seiner Führungsrolle zufriedener sei. Insgesamt betonte der Teilneh-
mer, dass er die Verbesserungen im eigenen Befinden als Grundlage zur Erfüllung der beiden
anderen Ziele ansah.

In allen drei Zielen ist ein deutlicher Anstieg des subjektiv eingeschätzten Ausmaßes der Zieler-
reichung zu beobachten.

4.6.1.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten


Tabelle 4.6.2 zeigt die Ergebnisse der Selbsteinschätzungen zur Fortschrittskala zum Führungs-
verhalten (siehe 3.4.3).
Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insgesamt auf einer Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein
aus Ihrer Sicht ideales Führungsverhalten steht und 0 für ein Führungsverhalten, mit dem Sie völlig
unzufrieden sind?
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 297

Tabelle 4.6.2: Ergebnisse der Fortschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer A


0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

t1 t2 / t3
Anmerkungen: t1 = zu Beginn des Coachings; t2 = am Ende des Coachings; t3= Follow-up-Termin

Es wird deutlich, dass Teilnehmer A nicht nur Fortschritte in Bezug auf seine spezifischen
Coachingziele sieht, sondern auch sein Führungsverhalten insgesamt sowohl am Ende des Coa-
chings als auch zum Follow-up-Termin positiver bewertete als vor dem Coaching. Dabei konnte
der Teilnehmer die erreichten Fortschritte bis zum Follow-up-Termin aus eigener Sicht halten.

4.6.1.4 Kommentierungen zur Zielerreichung


Teilnehmer A benannte in der Abschlusssitzung das dritte Ziel als sein Hauptanliegen und als
Grundlage zur Annäherung an die beiden anderen Coachingziele. Hier habe er auch die meisten
Fortschritte zu verzeichnen. So gab der Teilnehmer an, dass er insbesondere an der Strukturie-
rung der eigenen Arbeit, am persönlichen Umgang mit Arbeitsbelastungen und an der Aufga-
benplanung gearbeitet habe. Daher könne es sein, dass seine Mitarbeiter von den für ihn selbst
so zentralen Veränderungen nicht viel bemerkt haben. Für ihn, so berichtete Teilnehmer A wei-
ter, habe sich subjektiv viel verändert, auch wenn sich diese Veränderungen in den Ergebnissen
des zweiten Führungsfeedbacks noch nicht dementsprechend niederschlagen. Insgesamt habe
sich sein Gesamtbefinden stark verbessert, er können sich nun – im Gegensatz zum Zeitpunkt
vor dem Coaching – vorstellen, seine Führungsposition auch langfristig innezuhaben. Bezogen
auf das erste Ziel habe er seine Erwartungen an das Team kommuniziert und geplante Verände-
rungen in Teamsitzungen dargestellt. Auch bezüglich des zweiten Ziels fühle sich der Teilneh-
mer sicherer. Es falle ihm nun leichter, Probleme direkt anzusprechen, sich für Schwierigkeiten
unter den Mitarbeitern nicht verantwortlich zu fühlen und machen zu lassen sowie Konflikte
weniger persönlich zu nehmen.

4.6.2 Coachingteilnehmer B (Führungskraft 1)

Nach einem Überblick über den Coachingprozess werden die Entwicklung der Zielerreichung
und die Ergebnisse der Fortschrittskala zum Führungsverhalten dargestellt. Abschließend wer-
den die Kommentierungen des Coachingteilnehmers zur Zielerreichung berichtet.

4.6.2.1 Überblick über den Coachingprozess


Tabelle 4.6.3 gibt einen Überblick über den Coachingprozess mit Teilnehmer B.

Tabelle 4.6.3: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer B


Ziel 1 Eigenverantwortung und Effizienz der Mitarbeiter fördern

Zielerreichung durch: - Analyse des eigenen Gesprächsverhaltens


- Mehr Vertrauen gegenüber den Mitarbeitern haben und zeigen
- Expertenwissen der Mitarbeiter fordern und fördern/auf Mitarbeiter
eingehen
4 Ergebnisse 298

Fortsetzung Tabelle 4.6.3


Ziel 1 Eigenverantwortung und Effizienz der Mitarbeiter fördern

Methoden - Rollenspiel mit Videofeedback (vgl. Riedelbauch & - Sitzung 2


Laux, 2011) – Thema: Vorschläge der Mitarbeiter
erfragen und annehmen - Sitzung 3
- Coachinggespräch über Ressourcen der Mitarbeiter:
Welche Fähigkeiten und Eigenschaften zeichnen
die einzelnen Mitarbeiter aus?
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 3 Nach dem Coaching: 4 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 4,8 (von 10
Punkten)
Ziel 2 Klare Positionierung gegenüber anderen Führungskräften

Zielerreichung durch: - Eigene Vorstellungen zur Ausgestaltung der eigenen Position / Rolle klären
und den anderen Führungskräften darlegen
- Verantwortungsbereiche gemeinsam definieren
Methoden Arbeit mit dem Inneren Team (vgl. Riedelbauch & - Sitzung 5
Laux, 2011; Schulz von Thun, 2003) – Thema: Rol-
lenklärung
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 3 Nach dem Coaching: 6 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 8 (von 10
Punkten)
Ziel 3 Ausgeglichene Koordination von Spezialistentätigkeit und Führungsauf-
gaben
Zielerreichung durch: - Regelmäßige Besprechungstermine einführen
- Anregungen der Mitarbeiter thematisieren
- Gemeinsame Ziele besprechen
- Austausch mit Spezialisten zu bestimmten Themen
Methoden Rollenspiel mit Videofeedback (vgl. Riedelbauch & - Sitzung 4
Laux, 2011) – Thema: Zielklärung mit Mitarbeitern
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 3 Nach dem Coaching: Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) 4,5 (von 10 Punkten) zung: 2,8 (von 10
Punkten)
Einschätzung Füh- Vor dem Coaching: 5 Nach dem Coaching: 6 Zur Follow- up- Sit-
rungsverhalten (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 8 (von 10
Punkten)

4.6.2.2 Entwicklung der Zielerreichung


Abbildung 4.6.2 zeigt die Entwicklung der Erreichung der drei Coachingziele von Teilnehmer B
zu den drei Messzeitpunkten vor dem Coaching (t1), nach dem Coaching (t2) und zum Follow-
up-Termin (t3).
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 299

10
9
8
7
6
Ziel 1
5
Ziel 2
4
Ziel 3
3
2
1
0
t1 t2 t3

Abbildung 4.6.2: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer B

Ziel 1: Eigenverantwortung und Effizienz der Mitarbeiter fördern


In Ziel 1 zeigt sich ein leichter Antieg in der subjektiv eingeschätzten Zielerreichung vom ersten
Messzeitpunkt bis zum Follow-up-Termin. So sah sich der Teilnehmer B zum Follow-up-
Termin zwischen 4 und 5 auf der 10-stufigen Zielerreichungsskala. Die Kriterien, an denen der
Teilnehmer diesen Erfolg festmachte, waren v.a., dass er nun – im Vergleich zu vor dem Coa-
ching – sich in Gesprächen mehr zurücknehme, in den gemeinsamen Wochenplanungsgesprä-
chen mit den Mitarbeitern routinierter werde und die Art und Weise der Aufgabenerledigung
der Mitarbeiter weniger kontrolliere.

Ziel 2: Klare Positionierung, v.a. gegenüber anderen Führungskräften


Das Ausmaß er Zielerreichung steigt bei Ziel 2 über die drei Messzeitpunkte hinweg am stärk-
sten an. Zum Follow-up-Termin berichtete der Teilnehmer, dass es bei den anderen Führungs-
kräften nun „angekommen“ sei, dass er eine neue Funktion innehabe. Er habe seine Auffassun-
gen zur eigenen Position klären und kommunizieren können und es hätten Gespräche zur Fest-
legung von Verantwortungsbereichen stattgefunden. Zudem habe er mehr informellen Kontakt
zu den Mitarbeitern gesucht und ein vertrauensvolleres Verhältnis aufbauen können.

Ziel 3: Ausgeglichene Koordination von Spezialistentätigkeit und Führungsaufgaben


Das Ausmaß der Zielerreichung zu Ziel 3 liegt zum Zeitpunkt des Coachingabschlusses über
dem Ausgangsniveau, sinkt jedoch bis zum Follow-up-Termin unter das Ausgangsniveau zu-
rück. Zum Abschluss des Coachins gab Teilnehmer B an, dass seine Mitarbeiter nun wüssten,
wo ihre jeweiligen Arbeitsschwerpunkte liegen und er daher mehr in der Lage sei, zu delegieren
und Aufgaben zu verteilen. Außerdem hatte der Teilnehmer bis dahin regelmäßige Bespre-
chungstermine etablieren können, in denen gemeinsame Teamziele thematisiert und Anregun-
gen der Mitarbeiter als fester Tagesordnungspunkt besprochen wurden. Bis zum Follow-up-
Termin hatte sich die Arbeitsbelastung stark erhöht, weshalb Teilnehmer A den Eindruck hatte,
fast ausschließlich mit Spezialistentätigkeiten beschäftigt zu sein und sich kaum um Führungs-
aufgaben kümmern zu können. Daher sank die Einschätzung des Teilnehmers zum Ausmaß der
Zielerreichung unter den Ausgangswert zu Messzeitpunkt 1. Die eingeführten Besprechungs-
termine fänden nur noch unregelmäßig statt. Allerdings gab der Teilnehmer an, sich weiterhin
darum zu bemühen, Vorschläge und Anregungen der Mitarbeiter aufzunehmen.
4 Ergebnisse 300

4.6.2.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten


Tabelle 4.6.4 zeigt die Ergebnisse der Selbsteinschätzungen zur Fortschrittskala zum Führungs-
verhalten (siehe 3.4.3).
Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insgesamt auf einrr Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein
aus Ihrer Sicht ideales Führungsverhalten steht und 0 für ein Führungsverhalten, mit dem Sie völlig
unzufrieden sind?

Tabelle 4.6.4: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer B


0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

t1 t2 t3
Anmerkungen: t1 = zu Beginn des Coachings; t2 = am Ende des Coachings; t3= Follow-up-Termin

Es wird deutlich, dass Teilnehmer B sein Führungsverhalten insgesamt sowohl am Ende des
Coachings als auch zum Follow-up-Termin positiver bewertete als vor dem Coaching. Dabei
fand gerade vom Ende des Coachings bis zum Follow-up-Termin noch mal ein Sprung statt, d.h.
der Coachingteilnehmer bewertete sein Führungsverhalten insgesamt zum Follow-up-Termin
positiver als zum Abschluss des Coachings. Zieht man in Betracht, dass bei Coachingziel 3 eine
Abnahme der Zielerreichung bis zum Follow-up-Termin zu verzeichnen ist, so scheint der
Coachingteilnehmer die Qualität seines Führungsverhaltens insgesamt eher an Coachingziel 1
und 2 festzumachen oder weitere Kriterien heranzuziehen, die über die spezifischen
Coachingziele hinausgehen.

4.6.2.4 Kommentierungen zur Zielerreichung


Abbildung 4.6.2 zeigt, dass nicht in allen Coachingzielen durchwegs positive Entwicklungen zu
verzeichnen sind. Im Hinblick auf das dritte Ziel gab Teilnehmer B zum Follow-up-Termin an,
dass die Arbeitsbelastung dazu geführt hätte, dass er die geplanten individuellen Gespräche mit
den Mitarbeitern sowie die Besprechungstermine im Team stark zurückfahren musste. Daher
schätzte er hier das Ausmaß der Zielerreichung im Vergleich zum Ausgangswert und im Ver-
gleich zu dem Wert am Ende des Coachings schlechter ein.
Die deutlichsten Fortschritte hat Teilnehmer B nach eigener Einschätzung beim zweiten
Ziel erreicht. Hier fühlte er sich bis zum Follow-up-Termin als Ansprechpartner von den ande-
ren Führungskräften mehr akzeptiert, da er regelmäßig um Rat gefragt und bei entsprechenden
Themen einbezogen werde. Darüber hinaus habe er bis zum Follow-up-Termin häufiger infor-
melle Gespräche mit seinen Mitarbeitern geführt als vor dem Coaching.
Auch bezüglich des ersten Ziels ist eine positive Tendenz erkennbar. Einige Bereiche
habe der Teilnehmer bis zum Follow-up-Termin in die Eigenverantwortung der Mitarbeiter
legen können. Der Teilnehmer gab allerdings auch an, dass er aus Zeitgründen wieder verstärkt
dazu tendiere, den Mitarbeitern Vorgaben zur Art und Weise der Aufgabenbearbeitung zu ma-
chen. Er sah sich dabei selbst in einer „belehrenden Haltung“ seinen Mitarbeitern gegenüber,
die er versuchen wollte, abzulegen.
Insgesamt führte der Teilnehmer Schwierigkeiten bei der Zielerreichung auf die gestie-
gene Arbeitsbelastung zurück.
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 301

4.6.3 Coachingteilnehmer C (Führungskraft 16)

Nach einem Überblick über den Coachingprozess werden die Entwicklung der Zielerreichung
und die Ergebnisse der Fortschrittskala zum Führungsverhalten dargestellt. Abschließend wer-
den die Kommentierungen des Coachingteilnehmers zur Zielerreichung berichtet.

4.6.3.1 Überblick über den Coachingprozess


Tabelle 4.6.5 gibt einen Überblick über den Coachingprozess mit Teilnehmer C.

Tabelle 4.6.5: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer C


Ziel 1 Die Individualität der Mitarbeiter akzeptieren und berücksichtigen

Zielerreichung durch: - Mitarbeitergerechten Maßstab finden


- Mehr Gespräche mit den Mitarbeitern
- Mehr Offenheit für Mitarbeiter entwickeln
Methoden Rollenspiel mit Rollentausch (vgl. Riedelbauch & - Sitzung 3
Laux, 2011) – Thema: Mitarbeitern zuhören
Arbeit mit dem Inneren Team (vgl. Riedelbauch & - Sitzung 4
Laux, 2011; Schulz von Thun, 2003) – Thema: Eige-
nes Anspruchsniveau
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 4 Nach dem Coaching: 5 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 7 (von 10
Punkten)
Ziel 2 Verbesserung der Informationsweitergabe

Zielerreichung durch: - Der Teilnehmer bearbeitet dieses Ziel außerhalb des Coachings selbststän-
dig und reflektiert im Coaching nur über Fortschritte und weitere Schritte.
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 4 Nach dem Coaching: 7 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 9 (von 10
Punkten)
Ziel 3 Teambildung und positive Selbstdarstellung des Teams nach außen

Zielerreichung durch: - Erhöhung des „Wir“- Gefühls im Team


- Teamzusammenhalt erkennen und ausbauen
- Teamvision erarbeiten
Methoden Teamaufstellung: Visualisierung der Beziehungs- - Sitzung 2
strukturen im Team (vgl. König & Volmer, 2005;
Riedelbauch & Laux, 2011)
Arbeit mit dem „Johari- Fenster“ (siehe 1.4.2.2; vgl. - Sitzung 2
Riedelbauch & Laux, 2011) zur Selbstdarstellung des
Teams
Walt- Disney- Strategie (vgl. Klein, 2006) als Krea- - Sitzung 5
tivitätsmethode: Erabeiten einer Teamvision
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 5 Nach dem Coaching: 6 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 8 (von 10
Punkten)
Einschätzung Füh- Vor dem Coaching: 8 Nach dem Coaching: 8 Zur Follow-up-
rungsverhalten (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) Sitzung: 8 (von 10)
4 Ergebnisse 302

4.6.3.2 Entwicklung der Zielerreichung


Abbildung 4.6.3 zeigt die Entwicklung der Erreichung der drei Coachingziele von Teilnehmer C
zu den drei Messzeitpunkten vor dem Coaching (t1), nach dem Coaching (t2) und zum Follow-
up-Termin (t3).

10
9
8
7
6
Ziel 1
5
Ziel 2
4
Ziel 3
3
2
1
0
t1 t2 t3

Abbildung 4.6.3: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer C

Ziel 1: Die Individualität der Mitarbeiter anerkennen und akzeptieren


Bezüglich des Ausmaßes der Zielerreichung ist bei Ziel 1 vom ersten bis zum dritten Messzeit-
punkt eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Zum Abschluss des Coachings gab der Teil-
nehmer an, dass er mehr Mitarbeitergespräche geführt und in diesen Gesprächen nach den Zie-
len und Wünschen der Mitarbeiter gefragt sowie deren Einschätzungen zur persönlichen Ent-
wicklung thematisiert hatte. Was seine eigene Einstellung anbelangt, so habe er aber feststellen
müssen, dass die Akzeptanz der Individualität seiner Mitarbeiter nicht im zeitlichen Rahmen
eines Coachings dauerhaft zu verändern sei, sondern dass dies einen längerfristigen Prozess
darstelle. Es falle ihm weiterhin schwer zu akzeptieren, dass einige Mitarbeiter nicht das Lei-
stungsniveau bringen können oder wollen, welches er sich vorstellt. Bis zum Follow-up-Termin
sei dies das Hauptaugenmerk des Coachingteilnehmers gewesen. Er habe festellen können, dass
sich viele seiner Mitarbeiter ausgehend von deren jeweiligem Leistungsniveau steigern würden
und dass er daher individuelle Maßstäbe anlegen müsse. Aufgrund dieser Erkenntnis schätzte er
das Ausmaß der Zielerreichung zu t3 höher ein als beim Abschluss des Coachings.

Ziel 2: Informationsweitergabe verbessern


Das zweite Ziel bearbeitete der Teilnehmer selbstständig begleitend zum Coaching. Da die Er-
reichung dieses Ziels hauptsächlich erforderte, sich feste Termine zur Informationsweitergabe
einzuplanen sowie die Schreibtischablage entsprechend umzuorganisieren, konnten hier schnel-
le Fortschritte erzielt werden. Bis zum Follow-up-Termin hatte sich der erwünschte Umgang
mit eintreffenden Informationen automatisiert und der Coachingteilnehmer war mit dem Aus-
maß der Zielerreichung vollkommen zufrieden.
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 303

Ziel 3: Teambildung und Teammotivation


Bis zum Abschluss des Coachings hatte der Coachingteilnehmer C in Bezug auf Ziel 3 v.a.
Maßnahmen zur Förderung des Teamzusammenhalts (z.B gemeinsame Besichtigung von Kun-
denfirmen) geplant sowie die aktuelle unternehmensinterne Selbstdarstellung des Teams analy-
siert und Maßnahmen zur Verbesserung der Darstellung eingeleitet (z.B. Artikel über die Erfol-
ge der Abteilung im Intranet). Außerdem hatte er eine Teamsitzung abgehalten, in der gemein-
sam diskutiert wurde, wie eine potenzielle Fusionierung des Unternehmens abgewendet werden
könnte und was jeder Einzelne dagegen tun könnte. Bis zum Follow-up-Termin hatte der Teil-
nehmer die geplanten Maßnahmen umgesetzt und berichtete über einen besseren Teamzusam-
menhalt. Das Ausmaß der Zielerreichung stieg damit von Messzeitpunkt 1 bis zum Messzeit-
punkt 3 an.

In allen drei Zielen ist ein deutlicher Anstieg des subjektiv eingeschätzten Ausmaßes der Zieler-
reichung zu beobachten.

4.6.3.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten


Tabelle 4.6.6 zeigt die Ergebnisse der Selbsteinschätzungen zur Fortschrittskala zum Führungs-
verhalten (siehe 3.4.3).
Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insgesamt auf einer Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein
aus Ihrer Sicht ideales Führungsverhalten steht und 0 für ein Führungsverhalten, mit dem Sie völlig
unzufrieden sind?

Tabelle 4.6.6: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer C


0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

t1 t2
t3
Anmerkungen: t1 = zu Beginn des Coachings; t2 = am Ende des Coachings; t3= Follow-up-Termin

Teilnehmer B bewertete sein Führungsverhalten schon zu Beginn des Coachings sehr positiv.
Obwohl also in den spezifischen Coachingzielen große Veränderungen im subjektiv einge-
schätzten Ausmaß der Zielerreichung zu erkennen sind, berichtete der Coachingteilnehmer von
keinen Veränderungen in Bezug auf die Qualität seines Führungsverhaltens insgesamt. Es kann
interpretiert werden, dass der Coachingteilnehmer bereits vor dem Coaching insgesamt von
seiner Art und Weise der Ausgestaltung der Führungsrolle sehr überzeugt war und daher die
Arbeit an den Coachingthemen eher als „Kür“ denn als „Pflicht“ verstand, die sich daher auf die
Gesamtbewertung des eigenen Verhaltens wenig niederschlug.

4.6.3.4 Kommentierungen zur Zielerreichung


Zum Follow-up-Termin gab der Coachingteilnehmer an, dass Ziel 1 für ihn das zentrale Thema
darstellte, welches ihn auch in den Wochen und Monaten nach dem Coaching stark beschäftigt
habe. Ihm sei die Wichtigkeit, auf jeden Mitarbeiter einzeln einzugehen und dessen jeweilige
Bedürfnisse und Ziele zu berücksichtigen, sehr bewusst geworden. Jedoch falle es dem Teil-
nehmer nach wie vor schwer, der individuellen Weiterentwicklung der Mitarbeiter Zeit und
Raum zu geben. Ebenso arbeite er an seiner Kommunikation mit den Mitarbeitern in dem Sinne,
dass er sich intensiver frage, was er vermitteln wolle und wie es bei den Mitarbeitern ankomme.
Gleichzeitig berichtete der Teilnehmer über eine Einstellungsänderung seinen Mitarbeiter ge-
genüber. Er habe erkannt, dass er nicht seine Sicht der Dinge den Mitarbeitern auferlegen kön-
4 Ergebnisse 304

ne. Die nächsten Schritte, die sich der Teilnehmer vornahm, um Ziel 1 vollständig zu erreichen,
waren konkrete Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern. Er wollte zukünftig die Mitarbeiter an
diesen Zielen und nicht an seinen eigenen Leistungsvorstellungen messen. Weiterhin nahm er
sich vor, in Zukunft den Fokus auf situationsbezogene Kritik zu legen und so pauschale Urteile
gegenüber den Mitarbeitern zu reduzieren.
Das zweite Ziel, die Verbesserung der Informationsweitergabe, sah der
Coachingteilnehmer als erreicht an. Im Follow-up-Gespräch gab der Teilnehmer an, dass dieses
Thema nun in den Hintergrund rücken könne, da er die Prozesse der Weitergabe von Informati-
onen im Arbeitsalltag bereits erfolgreich umgesetzt und automatisiert habe.
Die aktive Selbstdarstellung des Teams nach außen hin habe sich sehr verbessert. Al-
lerdings bemerke der Teilnehmer, dass der Vergleich der Mitarbeiter untereinander aufgrund der
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugenommen habe. Er versuche, bewusst dagegen zu
steuern und die Relevanz jedes einzelnen Mitarbeiters zu betonen. Um die Teambildung auch
zukünftig weiter zu fördern, plante der Teilnehmer in der Vorweihnachtszeit mit allen Mitarbei-
tern ein gemeinsames Frühstück in der Firma.

4.6.4 Coachingteilnehmer D (Führungskraft 13)

Nach einem Überblick über den Coachingprozess werden die Entwicklung der Zielerreichung
und die Ergebnisse der Fortschrittskala zum Führungsverhalten dargestellt. Abschließend wer-
den die Kommentierungen des Coachingteilnehmers zur Zielerreichung berichtet.

4.6.4.1 Überblick über den Coachingprozess


Tabelle 4.6.7 gibt einen Überblick über den Coachingprozess mit Teilnehmer D.

Tabelle 4.6.7: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer D


Ziel 1 Verbesserter Umgang mit Konflikten

Zielerreichung durch: - Kritikgespräche führen


- Innere Aufregung bei solchen Gesprächen senken
- Persönliche Entwicklung: vom Problemlöser zum Moderator
Methoden Anwendung der Wunderfrage (vgl. DeShazer & - Sitzung 2
Dolan, 2008; Riedelbauch & Laux, 2011
Rollenspiel mit Videofeedback (vgl. Riedelbauch & - Sitzung 3
Laux, 2011) – Thema: Kritikgespräch
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: Nach dem Coaching: 6 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) nicht erfasst bis 7 (von 10 Punkten) zung: 7,9 (von 10
Punkten)
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 305

Fortsetzung Tabelle 4.6.7


Ziel 2 Eigenständigkeit der Mitarbeiter fördern und fordern

Zielerreichung durch: - Mitarbeitern Erfolgserlebnisse ermöglichen


- Individuelle Unterstützung anbieten
- Individuelle Fähigkeiten der Mitarbeiter erkennen und einbeziehen
Methoden Ressourcenanalyse der Mitarbeiter - Sitzung 1
Konkrete Ziele zur Förderung der Eigenständigkeit - Sitzung 4
der Mitarbeiter festlegen und Umsetzungsschritte
planen
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: nicht Nach dem Coaching: 7 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) erfasst (von 10 Punkten) zung: 8,8 (von 10
Punkten)
Einschätzung Füh- Vor dem Coaching: 5 Nach dem Coaching: 7 Zur Follow- up- Sit-
rungsverhalten (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 7 (von 10
Punkten)

4.6.4.2 Entwicklung der Zielerreichung


Abbildung 4.6.4 zeigt die Entwicklung der Erreichung der zwei Coachingziele von Teilnehmer
D zu den zwei Messzeitpunkten nach dem Coaching (t2) und zum Follow-up-Termin (t3). Zum
Messzeitpunkt 1 liegen bei Coachingtelnehmer C keine Daten zur Einschätzung der Zielerrei-
chung vor, weshalb nur das jeweilige subjektiv eingeschätzte Ausmaß der Zielerreichung zum
Abschluss des Coachings und die Zielerreichung zum Follow-up-Termin verglichen werden
können.
10
9
8
7
6
5 Ziel 1
4 Ziel 2
3
2
1
0
t2 t3

Abbildung 4.6.4: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer D

Ziel 1: Verbesserter Umgang mit Konflikten


Der Teilnehmer berichtete zum Abschluss des Coachings, dass er sich nun deutlich zufriedener
und sicherer im Umgang mit Konflikten und Kritikgesprächen fühle. Er plane nun für die Vor-
bereitung solcher Gespräche mehr Zeit ein, sodass er auf Einwände der Mitarbeiter vorbereitet
sei und selbst einen roten Faden im Gespräch beibehalten könne. Weiterhin überlege er bereits
im Vorfeld, welche Schwierigkeiten ihn im Laufe des Gesprächs erwarten könnten. Der Teil-
nehmer gab an, v.a. von den konkreten Übungsrollenspielen hinsichtlich seiner Aufgeregtheit in
4 Ergebnisse 306

solchen Gesprächen profitiert zu haben. Weiterhin habe er bis zum Abschluss des Coachings in
solchen Gesprächen verstärkt danach gefragt, welche Lösung des Problems der Mitarbeiter denn
vorschlage oder er habe bereits im Vorfeld solcher Gespräche darauf hingeweisen, dass er mit
dem/den entsprechenden Mitarbeiter(n) dessen/deren Lösungsvorschläge besprechen wolle. Bis
zum Follow-up-Termin konnte der Coachingteilnehmer laut eigener Angabe seine gewonnene
Sicherheit ausbauen, weshalb er hier einen weiteren Anstieg des Ausmaßes der Zielerreichung
angab.

Ziel 2: Förderung der Eigenständigkeit der Mitarbeiter


Der Coachingteilnehmer berichtete zum Abschluss des Coachings, dass er in den letzten Wo-
chen Aufgaben verstärkt delegiert habe. Zudem habe er darauf geachtet, in Gesprächen mit Mit-
arbeitern nicht nur nach Problemen sondern auch nach deren Erfolgserlebnissen zu fragen. Bis
zum Follow-up-Termin hatte sich laut Coachingteilnehmer die Arbeitsbelastung drastisch er-
höht. Dies habe eher dazu geführt, dass er Aufgaben wieder verstärkt selbst erledige, da dies oft
schneller gehe, als Mitarbeiter anzuleiten. Dennoch habe er sich darum bemüht, ausgewählte
Mitarbeiter in Aufgabenbereiche verstärkt einzubinden, die er bisher selbst erledigt habe und
einige neu zu definierende Arbeitsprozesse vollständig von bestimmten Mitarbeitern ausarbeiten
zu lassen.

4.6.4.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten


Tabelle 4.6.8 zeigt die Ergebnisse der Selbsteinschätzungen zur Fortschrittskala zum Führungs-
verhalten (siehe 3.4.3).
Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insgesamt auf einer Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein
aus Ihrer Sicht ideales Führungsverhalten steht und 0 für ein Führungsverhalten, mit dem Sie völlig
unzufrieden sind?

Tabelle 4.6.8: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer D


0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

t1 t2 t3
Anmerkungen: t1 = zu Beginn des Coachings; t2 = am Ende des Coachings; t3= Follow-up-Termin

Es wird deutlich, dass Teilnehmer D sein Führungsverhalten insgesamt sowohl am Ende des
Coachings als auch zum Follow-up-Termin positiver bewertete als vor dem Coaching. Dabei
konnte der Teilnehmer die erreichten Fortschritte bis zum Follow-up-Termin aus eigener Sicht
halten.

4.6.4.4 Kommentierungen zur Zielerreichung


In beiden Zielen sah der Teilnehmer eine positive Entwicklung. Bezüglich des ersten Ziels habe
er in den Coachingsitzungen alle notwendigen Werkzeuge der Gesprächsführung erhalten und
fühle sich gut gerüstet. In den Coachingsitzungen ging es hierbei insbesondere um die Vorberei-
tung von Zielerreichungs- und Konfliktgesprächen mit einzelnen Mitarbeitern. In diesem Zu-
sammenhang habe er reflektiert, welche Argumente und Einwände auf ihn zukommen können
und lege nun entsprechend mehr wert auf die Gesprächsvorbereitung. In Konfliktgesprächen mit
mehreren Mitarbeitern versuche er verstärkt, deren selbstständige Problemlösung anzuregen,
indem er Klärung und Lösungssuche nun eher moderiere, als dass er selbst Vorschläge zur
Problemlösung einbringe.
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 307

Auch hinsichtlich des zweiten Ziels zog der Teilnehmer eine positive Bilanz. Seine Mitarbeiter
seien bei der Aufgabenbearbeitung eigenständiger geworden und er selbst fühle sich dadurch
entlastet. Dennoch gab der Teilnehmer an, dass die Förderung der Eigenständigkeit ein langwie-
riger Prozess sei. Er sehe sich hier bei einigen Mitarbeitern „ein gutes Stück vorangekommen“,
was ihn ansporne, bereits erzielte Erfolge auf andere Mitarbeiter zu übertragen.

4.6.5 Coachingteilnehmer E (Führungskraft 5)

Nach einem Überblick über den Coachingprozess werden die Entwicklung der Zielerreichung
und die Ergebnisse der Fortschrittskala zum Führungsverhalten dargestellt. Abschließend wer-
den die Kommentierungen des Coachingteilnehmers zur Zielerreichung berichtet.

4.6.5.1 Überblick über den Coachingprozess


Tabelle 4.6.9 gibt einen Überblick über den Coachingprozess mit Teilnehmer E.

Tabelle 4.6.9: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer E


Ziel 1 Verstärkte Konsequenz und Transparenz gegenüber den Mitarbeitern

Zielerreichung durch: - Zeitnahe Rückmeldung geben: Lob und konstruktive Kritik


- Klarere Formulierung von Arbeitsaufträgen, Zielen, Erwartungen
- Umsetzung der Arbeitsaufträge konsequent unterstützten und nachfragen
Methoden Diagnostisches Rollenspiel und Übungsrollenspiel - Sitzung 3
(vgl. Riedelbauch & Laux, 2011) – Thema: Erwar-
tungen formulieren
Rollenspiel mit Videofeedback (vgl. Riedelbauch & - Sitzung 4
Laux, 2011) – Thema: Feedback geben
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 5 Nach dem Coaching: 7 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 7,5 (von 10
Punkten)
Ziel 2 Verbesserung der Zusammenarbeit mit anderen Führungskräften

Zielerreichung durch: - Gemeinschaftsgefühl stärken / Rechtfertigungsdruck reduzieren


- Besprechungsverlauf verändern
Methoden Teamaufstellung: Visualisierung der Beziehungs- - Sitzung 5
strukturen im Team (vgl. König & Volmer, 2005;
Riedelbauch & Laux, 2011)
Beobachtung des Teilnehmers in einer gemeinsamen - Sitzung 6
Sitzung mit anderen Führungskräften und anschlie-
ßendes Feedback zum Verhalten des Teilnehmers in
dieser Sitzung durch den Coach
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 6 Nach dem Coaching: 7 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 7,5 (von 10
Punkten)
Einschätzung Füh- Vor dem Coaching: 6 Nach dem Coaching: 7 Zur Follow- up- Sit-
rungsverhalten (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 7 (von 10
Punkten)
4 Ergebnisse 308

4.6.5.2 Entwicklung der Zielerreichung


Abbildung 4.6.5 zeigt die Entwicklung der Erreichung der zwei Coachingziele von Teilnehmer
E zu den drei Messzeitpunkten vor dem Coaching (t1), nach dem Coaching (t2) und zum Fol-
low-up-Termin (t3).

10
9
8
7
6
5 Ziel 1
4 Ziel 2
3
2
1
0
t1 t2 t3

Abbildung 4.6.5: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer E

Ziel 1: Verstärkte Konsequenz und Transparenz gegenüber den Mitarbeitern


Bereits zu Beginn des Coachings formulierte Coachingteilnehmer E das Ziel, dass er Arbeits-
aufträge und Erwartungen an die Mitarbeiter klarer formulieren wolle. Zum Abschluss des Coa-
chings gab der Teilnehmer an, dass er sich nun, wie in den Rollenspielen in den
Coachingsitzungen erarbeitet, in Gesprächen mit seinen Mitarbeitern Zeit dafür nehme, klar zu
formulieren, wie er sich bestimmte Arbeitsabläufe vorstelle. Darüber hinaus erfrage er Vorstel-
lungen des Mitarbeiters zur Aufgabenbearbeitung, um die beidseitigen Erwartungen abzuglei-
chen. Außerdem erkundige er sich regelmäßig nach dem Stand der Aufgabenbearbeitung und
frage nach möglichen Problemen. Zum Follow-up Termin gab der Teilnehmer an, dass er die
konsequente Unterstützung von Mitarbeitern bei der Aufgabenbearbeitung sowie die transparen-
te Kommunikation eigener Erwartungen im Mitarbeitergespräch seit Abschluss des Coachings
noch ausgebaut hatte. Der Teilnehmer nahm sich weiterhin vor, mehr Zeit für Führung und stra-
tegische Aufgaben in seinem Zeitplan zu berücksichtigen.

Ziel 2: Verbesserung der Zusammenarbeit mit anderen Führungskräften


Teilnehmer E nannte zu Beginn des Coachings den Wunsch, das Gemeinschaftsgefühl in der
Gruppe der Führungskräfte zu stärken. So wollte er dazu beitagen, dass Schwachstellen gegen-
seitig aufgezeigt werden können, ohne sich in eine Art „Rechtfertigungszwang“ begeben zu
müssen. Insgesamt sah der Teilnehmer zum Abschlusstermin auch bei diesem Ziel Fortschritte
in der Kommunikation zwischen den Führungspersonen. Sehr geholfen habe ihm hier die
Rückmeldung des Coaches zur Art und Weise der Kommunikation zwischen den Führungskräf-
ten in den Besprechungen und die gemeinsame Analyse, welche Einflussmöglichkeiten der
Coachingteilnehmer auf den Besprechungsverlauf nehmen kann.
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 309

Zum Follow-up-Termin gab der Teilnehmer an, dass er weiterhin persönliche Gespräche mit
anderen Führungskräften geführt hatte, um die von ihm geplanten Veränderungen anzusprechen
und Interesse dafür zu wecken, den Verlauf der Besprechungstermine gemeinsam zu verändern.
Als weitere hilfreiche Erkenntnis zum zweiten Ziel nahm der Teilnehmer Anregungen aus dem
Führungsfeedback mit: So wollte er die Vorbildfunktion des eigenen Verhaltens zukünftig mehr
beachten und angesprochene und angestoßene Veränderungen selbst vorleben.

4.6.5.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten


Tabelle 4.6.10 zeigt die Ergebnisse der Selbsteinschätzungen zur Fortschrittskala zum Füh-
rungsverhalten (siehe 3.4.3).
Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insgesamt auf einer Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein
aus Ihrer Sicht ideales Führungsverhalten steht und 0 für ein Führungsverhalten, mit dem Sie völlig
unzufrieden sind?

Tabelle 4.6.10: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer E


0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

t1 t2 t3
Anmerkungen: t1 = zu Beginn des Coachings; t2 = am Ende des Coachings; t3= Follow-up-Termin

Es wird deutlich, dass Teilnehmer E sein Führungsverhalten insgesamt sowohl am Ende des
Coachings als auch zum Follow-up-Termin etwas positiver bewertete als vor dem Coaching,
wobei bereits der Ausgangswert über dem Skalenmittel liegt. Dabei konnte der Teilnehmer die
erreichten Fortschritte bis zum Follow-up-Termin aus eigener Sicht halten.

4.6.5.4 Kommentierungen zur Zielerreichung


Bei beiden Zielen ist eine positive Entwicklung zu erkennen. Bezüglich des ersten Ziels gab des
Coachingteilnehmer in der Follow-up-Sitzung an, dass er – zusätzlich zu den bereits beschrie-
benen Veränderungen – ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin geführt habe. Diese habe offen die
Befürchtungen geäußert, dass die erwünschte Förderung der Eigenständigkeit von Mitarbeitern
nur ein Vorwand dafür sei, Verantwortung „abzuwälzen“ und Mitarbeitern noch mehr Arbeit
aufzubürden. Der Teilneher habe mit ihr im Gesprächsverlauf Erwartungen und Ängste klären
können. Er überlegte, ob er mit allen Mitarbeitern ein solches Gespräch führen solle.
Bezüglich des zweiten Coachingziels sah sich der Coachingtielnehmer in der Follow-
up-Sitzung auf dem richtigen Weg. Es sei ihm gelungen, sich in Besprechungen mit andern
Führungskräften mehr zurückzunehmen und weniger Vorgaben zu machen. So fühle er sich in
vielen Situationen mehr als Moderator denn als Entscheider, was die offene Kommunikation
zwischen den Beteiligten erleichtere. Gleichzeitig betonte er, dass diese Besprechungen stets
Gratwanderungen seien zwischen „selbst vorgeben“ und „Entscheidungen entstehen lassen“.
Der Teilnehmer betonte, dass die Annäherung an Ziel 2 ein längerfristiger Prozess sei, der noch
viel Arbeit bedürfe.

4.6.6 Coachingteilnehmer F (Führungskraft 10)

Nach einem Überblick über den Coachingprozess werden die Entwicklung der Zielerreichung
und die Ergebnisse der Fortschrittskala zum Führungsverhalten dargestellt. Abschließend wer-
den die Kommentierungen des Coachingteilnehmers zur Zielerreichung berichtet.
4 Ergebnisse 310

4.6.6.1 Überblick über den Coachingprozess


Tabelle 4.6.11 gibt einen Überblick über den Coachingprozess mit Teilnehmer F.

Tabelle 4.6.11: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer F


Ziel 1 Strukturierung und Neuorganisation des Aufgabenfeldes

Zielerreichung durch: - Aufgaben nach Priorität ordnen


- Zeitmanagement verbessern, um präsenter zu sein
Methoden Visualisierung der Aufgabenbereiche und -anteile - Sitzung 2

Priorisierung und Planung der Arbeitsorganisation - Sitzung 3

„Tetralemma“ (vgl. Schmidt-Tanger, M. & Stahl, T., - Sitzung 5


2007)
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 4 Nach dem Coaching: 6 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 8,5 (von 10
Punkten)
Ziel 2 Motivation der Mitarbeiter klären und fördern

Zielerreichung durch: Mitarbeitergespräche führen: Ziele erfragen und individuelle Entwicklungs-


möglichkeiten klären
Methoden Über Ressourcen und Bedürfnisse der Mitarbeiter - Sitzung 3
reflektieren und diese in einer Teamaufstellung mit
Gegenständen visualisieren (vgl. König & Volmer,
2005; Riedelbauch & Laux, 2011)
Rollenspiel mit Rollentausch (vgl. Riedelbauch & - Sitzung 4
Laux, 2001) und „Gegenwind“-Übung (vgl. Steinhü-
bel, 2005) – Thema: Motivationsklärung mit Mitar-
beitern und Ziele aushandeln
Zielerreichung (in Vor dem Coaching: 4 Nach dem Coaching: 5 Zur Follow- up- Sit-
Punkten) (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 7,0 (von 10
Punkten)
Einschätzung Füh- Vor dem Coaching: 5 Nach dem Coaching: 8 Zur Follow- up- Sit-
rungsverhalten (von 10 Punkten) (von 10 Punkten) zung: 9 (von 10
Punkten)

4.6.6.2 Entwicklung der Zielerreichung


Abbildung 4.6.6 zeigt die Entwicklung der Erreichung der zwei Coachingziele von Teilnehmer
E zu den drei Messzeitpunkten vor dem Coaching (t1), nach dem Coaching (t2) und zum Fol-
low-up-Termin (t3).
4.6 Subjektive Einschätzung der Erreichung der Coachingziele 311

10
9
8
7
6
5 Ziel 1
4 Ziel 2
3
2
1
0
t1 t2 t3

Abbildung 4.6.6: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer F

Ziel 1: Strukturierung und Neuorganisation des Aufgabenfeldes


Im Verlauf des Coachings wurde deutlich, dass die Grundlage für ein verbessertes Zeitmanage-
ment für Teilnehmer F darin bestand, seine Emotionen (Aufregung, Ärger, Angst), die ihn im
stressigen Arbeitsalltag beeinträchtigten, besser regulieren und sich damit mehr auf die jeweili-
ge Aufgabe konzentrieren zu können. Dafür war für den Teilnehmer besonders die strukturierte
Auseinandersetzung mit den Aufgabenbereichen, eine Ordnung der Aufgaben nach Prioritäten
und die Rückmeldung des Coaches wichtig, dass es Zeit brauche, sich in ein neues Aufgaben-
gebiet einzufinden und dass es keine Schwäche des Teilehmers sei, wenn er sich dafür auch Zeit
nehme. Insgesamt gab der Coachingteilnehmer zum Abschluss des Coachings an, dass er sich
nun ruhiger und sicherer fühle. Dem „Wirbelsturm im Kopf“ habe er mit einer systematischen
Planungsstrategie entgegenwirken können. In der Follow-up-Sitzung gab der Teilnehmer an,
dass er nun so weit sei, auch in größeren Zeitabständen zu planen, strategische Überlegungen
mit einzubauen und gedanklich nicht mehr nur im kurzfristigen Alltagsgeschäft festzuhängen.

Ziel 2: Motivation der Mitarbeiter klären und fördern


Beim zweiten Ziel zeigen sich ebenfalls positive Entwicklungen. Zum Abschlusstermin berich-
tete der Coachingteilnehmer, dass er erste individuelle Gespräche zu individuellen Zielen und
Entwicklungsmöglichkeiten mit seinen Mitarbeitern geführt habe. Außerdem sei er dabei, Fort-
bildungen für die Mitarbeiter zu arrangieren, um damit deren Weiterentwicklung zu unterstüt-
zen. In der Follow-up-Sitzung gab Teilnehmer F gab an, dass er mit allen Mitarbeitern Einzel-
gespräche geführt habe und einzelne Fortbildungsmaßnahmen angelaufen seien. Weiterhin
nahm er sich vor, zukünftig Erwartungen und Probleme direkt anzusprechen, an Stelle zu versu-
chen, aus den Andeutungen des Mitarbeiters im Gespräch „etwas herauszuhören“.

4.6.6.3 Fortschrittskala zum Führungsverhalten


Tabelle 4.6.12 zeigt die Ergebnisse der Selbsteinschätzungen zur Fortschrittskala zum Füh-
rungsverhalten (siehe 3.4.3).
Wie schätzen Sie heute Ihr Führungsverhalten insgesamt auf einer Skala von 0 bis 10 ein, wenn 10 für ein
aus Ihrer Sicht ideales Führungsverhalten steht und 0 für ein Führungsverhalten, mit dem Sie völlig
unzufrieden sind?
4 Ergebnisse 312

Tabelle 4.6.12: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer F


0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

t1 t2 t3
Anmerkungen: t1 = zu Beginn des Coachings; t2 = am Ende des Coachings; t3= Follow-up-Termin

Es wird deutlich, dass Teilnehmer F sein Führungsverhalten insgesamt sowohl am Ende des
Coachings als auch zum Follow-up-Termin sehr viel positiver bewertete als vor dem Coaching.
Dabei findet gerade vom Anfang bis zum Ende des Coachings ein „Sprung“ statt. Es kann inter-
pretiert werden, dass der Coachingteilnehmer während dieser Zeit deshalb einen so starken
Fortschritt erlebte, da in diesem Zeitraum intensive Veränderungen durch die Übernahme eines
neuen Aufgabengebietes stattfanden. Erfreulich ist, dass diese Veränderungen nicht zu einer
Überforderung führten, sondern die subjektiv empfundene Weiterentwicklung des Teilnehmers
zu beschleunigen schienen.

4.6.6.4 Kommentierungen zur Zielerreichung


Bei beiden Zielen zeigt sich eine positive Entwicklung. Das erste Ziel nahm im Coachingverlauf
eine besondere Stellung für den Teilnehmer ein, da er sich in kurzer Zeit in ein neues Aufga-
bengebiet einarbeiten musste und dies zu Beginn des Coachings als starken Druck empfand. In
der Abschlussitzung gab der Teilnehmer an, dass das Coaching dazu beigetragen habe, diesen
Druck etwas zu reduzieren und dafür das Interesse und den Spaß an der neuen Aufgabe zu we-
cken. Das zweite Ziel unterteilte der Teilnehmer einerseits in den Aspekt der Motivationsklä-
rung seiner Mitarbeiter und andererseits in das Herausfinden von Werkzeugen zur Motivation
der Mitarbeiter. Hinsichtlich des ersten Bereichs sah sich der Teilnehmer zum Abschluss des
Coachings noch nicht am Ziel angekommen, da er bis dahin nicht mit allen Mitarbeitern indivi-
duelle Gespräche geführt hatte. Bezüglich des zweiten Bereichs sah sich Teilnehmer F in der
Abschlusssitzung bereits gut gerüstet. Der Teilnehmer gab in der Follow-up-Sitzung an, dass er
auch zukünftig Zeit investieren wolle, sich über die Bedürfnisse und Ziele der Mitarbeiter Klar-
heit zu verschaffen, um sie so entsprechend fördern und fordern zu können.
4.7 Zufriedenheit, Gesamterfolg und Veränderungen 313

4.7 Subjektive Einschätzung von Zufriedenheit, Erfolg und Veränderungen

Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse aus dem halbstrukturierten Evaluationsinter-


view, das zum Abschluss des Coachings mit den Teilnehmern geführt wurde, fallübergreifend
dargestellt. Im Interview ging es um die Frage, wie die sechs Führungspersonen das Coaching
insgesamt hinsichtlich der erfragten subjektiven Kriterien beurteilten. Damit wird Fragestellung
II/5 (siehe Kasten) beantwortet.
Fragestellung II/5: Subjektive Einschätzung von Zufriedenheit, Gesamterfolg und Verän-
derungen
Wie zufrieden sind die teilnehmenden Führungskräfte mit dem Interventionsmodul Einzelcoa-
ching, wie schätzen Sie den Gesamterfolg des Coachings ein und welche Veränderungen berich-
ten Sie?

In Abschnitt 4.7.1 werden zunächst die Ergebnisse zur allgemeinen Einschätzung des Coa-
chings, insbesondere zur Zufriedenheit mit dem Coaching und zum subjektiv eingeschätzten
Erfolg dargestellt. Abschnitt 4.7.2 fasst die von den Coachingteilnehmern berichteten Verände-
rungen, die durch Coaching hervorgerufen wurden, zusammen. Das methodische Vorgehen bei
der Auswertung der Interviews kann in Abschnitt 3.5.6.2 nachvollzogen werden. Dort werden
auch die einzelnen Kategorien mit Ankerbeispielen aufgeführt.

4.7.1 Allgemeine Einschätzung, Zufriedenheit und Erfolg

Zunächst werden die Ergebnisse zur Zufriedenheit mit dem Coaching (siehe 4.7.1.1), anschlie-
ßen die Ergebnisse der Erfolgseinschätzung (siehe 4.7.1.2) berichtet. Abschnitt 4.7.1.3 geht auf
die Ergebnisse zur allgemeinen Einschätzung des Coachings ein.

4.7.1.1 Ergebnisse zur Zufriedenheit


Die relativen Häufigkeiten der Nennungen der jeweiligen Skalenwerte für die Zufriedenheit mit
dem Coaching sind in Abbildung 4.7.1 dargestellt. Alle Teinehmer gaben auf einer 10-stufigen
Skala (0 = überhaupt nicht zufrieden bis 10 = vollkommen zufrieden) Werte zwischen sieben
und zehn an. Mit jeweils zwei Nennungen wurden die Skalenwerte acht und neun am häufigsten
gewählt.

Zufriedenheit

33,33% 33,33%
35%
30%
25%
Prozent

20% 16,67% 16,67%


15%
10%
5%
0%
7 8 9 10
Skalenwert

Abbildung 4.7.1: Relative Häufigkeiten der genannten Skalenwerte zur Zufriedenheit mit dem Coaching
(Skala von 1 bis 10)
4 Ergebnisse 314

Auf die Nachfrage, was zur Zehn noch fehle, wurde von allen Teilnehmern angegeben, dass zur
vollkommenen Zufriedenheit ein längerer Zeitraum für das Coaching und weitere
Coachingsitzungen sowie mehr Zeit zur Beschäftigung mit den Coachinginhalten im Alltag
nötig gewesen wären.

4.7.1.2 Ergebnisse zum Erfolg des Coachings


Die angegebenen Skalenwerte für den subjektiv eingeschätzten Erfolg des Coachings (siehe
Abbildung 4.7.2) sind etwas niedriger als die für die Zufriedenheit. Sie fallen in den Bereich der
Skalenwerte sechs bis neun, wobei jeweils zwei Führungspersonen den niedrigsten Wert von
sechs, zwei Führungspersonen den höchsten Wert von neun angaben.
Erfolg

33,33% 33,33%
35%
30%
25%
Prozent

20% 16,67% 16,67%


15%
10%
5%
0%
6 7 8 9
Skalenwert

Abbildung 4.7.2: Relative Häufigkeiten der genannten Skalenwerte zum Erfolg des Coachings (Skala von
1 bis 10)

Als Grund dafür, dass der Erfolg nicht positiver bewertet wurde, gaben alle Coachingteilnehmer
– wie auch schon bei der Zufriedenheit – den Zeitaspekt an. So waren die Coachingteilnehmer
der Meinung, dass sie den Erfolg des Coachings erst nach einem längere Zeitraum nach Ab-
schluss des Coachings richtig einschätzen könnten, da sie sich aktuell in einem Veränderungs-
prozess befinden würden, der noch nicht abgeschlossen sei.

4.7.1.3 Ergebnisse zur allgemeinen Einschätzung des Coachings


Die Ergebnisse zur allgemeinen Einschätzung des Coachings werden in Abbildung 4.7.3 aufge-
führt. Dabei werden die einzelnen Kategorien mit den jeweiligen relativen Häufigkeiten der
zugeordneten Aussagen dargestellt. Eine Beschreibung der Kategorien erfolgt im Anschluss an
die Abbildung.
Wie in Abbildung 4.7.3 ersichtlich, lassen sich 69% der Aussagen (oberer Teil der Ab-
bildung) in Kategorien zu positiven Aspekten des Coachings einordnen. 31 % der Aussagen
beinhalten Verbesserungsvorschläge zum Coaching (unterer Teil der Abbildung).
4.7 Zufriedenheit, Gesamterfolg und Veränderungen 315

E-Ziele 14,58%
Ziele

Individuums-
E-Individuum 7,94%
orientierung
E-Prozess
Prozess 24,12%

Beziehung
E-Beziehung 5,16%

Allgemeiner
E-allgemein 10,55% Positive Einschätzungen
Erfolg

Sonstiges
E-Sonstiges 6,89%

Unterstützung
E-Erweiterung 5,16% Verbesserungsvorschläge

Zeit E-Zeit 25,60%

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%

Abbildung 4.7.3: Relative Häufigkeiten der Kategorien zur allgemeinen Einschätzung des Coachings

a) Positive Einschätzungen
Bei den positiven Einschätzungen sticht die Bewertung des Coachingprozesses mit 24,12% der
Kodierungen besonders hervor. Hierunter fallen Aussagen, die den Ablauf und die Struktur des
Coachings sowie Vorgehensweisen und Methoden positiv bewerten, z.B.:
Prozess: Ablauf und Struktur
[...] die Abfolge der Themen, die Struktur in den Sitzungen, die Länge der einzelnen
Coachingtermine, das war vollkommen in Ordnung (Teilnehmer C).
Prozess: Vorgehensweise und Methoden
Die, äh, Coachinggespräche, die wir hatten und das, was wir so gemacht haben, mit dem
Rollenspiel und mit dem Video, das war für mich sehr effizient [...] (Teilnehmer E).

Ein weiterer Schwerpunkt mit 14,58 % der Aussagen lag auf der positiven Bewertung des Coa-
chings aufgrund klarer Zielsetzungen und einer stringenten Verfolgung der Ziele. In diese Kate-
gorie fielen Aussagen, die die Zielklärung zu Beginn des Prozesses, die Überprüfung der Zieler-
reichung durch Skalenfragen und die konsequente Zielorientierung während des
Coachingprozesses positiv hervorheben, z.B.:
Dass es ein sehr, sehr großer Erfolg war. Also – hat eingeschlagen, weil wir Ziele ge-
steckt haben und dran geblieben sind. Das hat’s erreicht (Teilnehmer F).

In die Kategorie Individuumsorientierung fielen vier Kodierungen. In diesen Aussagen wurde


positiv hervorgehoben, dass das Vorgehen und die Inhalte des Coachings an den Bedürfnissen,
Themen und Zielen des jeweiligen Teilnehmers ausgerichtet war, z.B.:
Äh – zum einen des, des Zwanglose, dass es nicht in eine [...] gewisse Richtung schon
immer geht, dass man merkt, dass diese, dass schon gewisse Meilensteine vordefiniert
sind, also dass man wirklich gemeinsam miteinander bespricht oder herausfindet, was,
was für mich wichtig ist. Äh, des is, des is für mich wirklich ein Meilenstein (Teilnehmer
A).
4 Ergebnisse 316

Mit zwei bis drei Kodierungen wurden positive Aussagen zur Beziehung zwischen Coach und
Klient sowie sonstige positive Aussagen z.B. zu persönlichem Wohlbefinden im Vergleich zu
den anderen Themen nur selten genannt.
10,55% der Kodierungen bezogen sich auf Aussagen, die das Coaching allgemein als
erfolgreich bezeichnen oder hervorheben, dass der Teilnehmer es in gleicher Form wieder
durchlaufen würde.

b) Verbesserungsvorschläge
31% aller Kodierungen zur allgemeinen Einschätzung des Coachings umfassen Verbesserungs-
vorschläge. Diese beinhalten Aussagen dazu, was die Teilnehmer bei einem weiteren Coaching
gerne anders hätten, als es bei diesem Coaching gewesen ist.

Der Zeitaspekt nimmt dabei mit 25,60% der Kodierungen im Kategoriensystem zur allgemeinen
Einschätzung des Coachings einen sehr großen Stellenwert ein. Dazu zählen Aussagen, die den
Wunsch nach mehr Zeit für das Coaching enthalten, z.B.:
… ähm, nicht vollkommen zufrieden bin ich deshalb, weil’s einfach beendet ist und zu we-
nig Zeit war und ich mir im Moment einfach noch wünschen würde, es würde weiterge-
hen. Dann könnte man noch intensiver an den Dingen arbeiten (Teilnehmer B).
Ebenso zählen dazu solche Aussagen, die den Wunsch nach Coachingterminen außerhalb der
Arbeitszeit beinhalten.

Die restlichen 5,16 % der Aussagen zu Verbesserungsvorschlägen beziehen sich auf die stärkere
Unterstützung bei der Umsetzung der Ziele im Alltag durch den Coach und durch die eigene
Führungskraft, z.B.:
[...] Ein Coaching auch mal, wenn ich wirklich dann was tue, also nicht nur im Zweier-
gespräch, sondern wirklich mich dann mal, ja, im Doing im Alltag begleiten (Teilneh-
mer E).

4.7.1.4 Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich zur allgemeinen Einschätzung des Coachings durch die Teilnehmer
festhalten, dass alle mit dem Coaching zufrieden bis sehr zufrieden waren, besonders mit dem
Ablauf und den Methoden des Coachings. Sie bewerteten den Erfolg der Maßnahme als mittel-
hoch bis hoch. Für die Bewertung des Coachings als überaus erfolgreich mit dem Skalenwert
Zehn fehlte allen Teilnehmern v.a. Zeit, d.h. weitere Coachingtermine, die möglichst zu günsti-
geren Zeitpunkten stattfinden. Dies lässt sich als Empfehlung für weitere Coachings ableiten.

4.7.2 Veränderungen durch das Coaching

Im Folgenden werden die subjektiv erlebbaren Veränderungen durch das Coaching zusammen-
gefasst, die von den sechs Teilnehmern in den Interviews berichtet wurden. Auffällig ist, dass
ausschließlich über positiv bewertete Veränderungen berichtet wurde.
Einen Überblick über die Kategorien der genannten Veränderungen gibt Abbildung
4.7.4 mit den Angaben zu den jeweiligen relativen Häufigkeiten der zugeordneten Aussagen.
Eine Beschreibung der Kategorien erfolgt im Anschluss an die Abbildung.
4.7 Zufriedenheit, Gesamterfolg und Veränderungen 317

Selbsteinschätzung &
V-Selbsteinschätzung 19,53%
-bewertung
V-
Emotionen &
Emotionen&Einstellunge 21,14%
Einstellungen
n

Verhalten
V-Verhalten 52,78%

Sonstiges
V-Sonstiges 6,67%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

Abbildung 4.7.4: Relative Häufigkeiten der Aussagen in den Kategorien zu subjektiven Veränderungen

Im Folgenden werden die einzelnen Ergebnisse zu den vier Kategorien Verhalten (siehe
4.7.2.1), Emotionen und Einstellungen sowie Selbsteinschätzung -bewertung (siehe 4.7.2.2) und
sonstige Veränderungen (siehe 4.7.2.3) dargestellt. In Abschnitt 4.7.2.4 werden die Verände-
rungen zusammengefasst. Eine Beschreibung der Kategorien mit Ankerbeispielen findet sich im
Methodenteil in Abschnitt 3.5.6.3.

4.7.2.1 Veränderungen im Verhalten


Die meisten Kodierungen des Kategoriensystems Veränderungen fallen in die Kategorie Ver-
halten, insgesamt 16 Aussagen. Die Veränderungen im Verhalten lassen sich in drei Bereiche
aufteilen.
Der erste Bereich fasst Aussagen über die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der
Mitarbeiter durch das eigene Führungsverhalten zusammen, z.B.:
Äh, was ich mit Hilfe des Coachings, [...] des is also noch mal hier verstärkt eben mit den
Mitarbeitern dann noch mal Eigenverantwortung üben und durchsprechen. Wie sie also
Aufgaben selber bearbeiten und darüber mehr entscheiden (Teilnehmer B).
Der zweite Veränderungsbereich beinhaltet eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit Kolle-
gen, z.B.:
Ja, wir kommen jetzt mit den Kollegen besser miteinander aus, spielen uns immer besser
aufeinander ein. Ich halte mich eben auch mehr zurück (Teilnehmer E).
Der dritte Bereich bezieht sich auf Aussagen zu sichererem und gelassenerem Auftreten des
Coachingteilnehmers, z.B.:
Ähm, bin etwas gelassener und ruhiger geworden und kann [...] mit manchen Situationen
leichter umgehen. Ich glaube ich wirke eben dadurch auch selbstsicherer (Teilnehmer F).

Die Verteilung dieser drei Bereiche wird in Abbildung 4.7.5 deutlich.


4 Ergebnisse 318

Veränderungen im Verhalten

Eigenverantwortlichkeit
37,50%
der MA

Zusammenarbeit 37,50%

Eigenes Auftreten 25,00%

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40%

Abbildung 4.7.5: Relative Häufigkeiten der Aussagen innerhalb der Kategorie Veränderungen im Verhal-
ten

4.7.2.2 Veränderungen in den Emotionen, in Einstellungen und in der Selbsteinschätzung


Die Kategorie zu positiven Veränderungen im Bereich der Emotionen und Einstellungen um-
fasst z.B. mehr Freude an der Arbeit, eine positivere Einstellung gegenüber Mitarbeitern und
Kollegen, positive Selbstwirksamkeitserwartungen oder die Erweiterung der Sichtweisen des
Teilnehmers. Hierunter fallen 21,14% der Aussagen des Kategoriensystems zu Veränderungen.
Mit 19,53% aller Aussagen liegt die Kategorie Selbsteinschätzung knapp hinter der
Kategorie zu Emotionen und Einstellungen, wobei hier v.a. Verbesserungen durch das Be-
wusstwerden der eigenen Ressourcen mit Hilfe des Coachings erwähnt werden. Hier werden
also Auswirkungen des ressourcenorientierten Vorgehens im Coaching (vgl. z.B. Riedelbauch
& Laux, 2011) deutlich. Als Beispiele für Ressourcen, die den Teilnehmern durch das Coaching
bewusster geworden sind, werden Zielstrebigkeit und effizientes Vorgehen genannt.

4.7.2.3 Weitere positive Veränderungen


Vereinzelte Aussagen, die weder eindeutig dem Bereich Verhalten, Emotionen und Einstellun-
gen noch der Selbsteinschätzung zugeordnet werden können, werden in der Kategorie weitere
positive Veränderungen (Sonstiges) kodiert. Diese Kategorie umfasst 6,67 % der Kodierungen.
Darunter fällt z.B. die Aussage eines Teilnehmers, der durch das Coaching ein Gleichgewicht
zwischen Arbeit und Privatleben herstellen konnte:
…wie gesagt, ein Gleichgewicht zwischen Beruf und, und Alltag einfach mal herzustellen
und den Beruf nicht, nicht immer so in den, in den Mittelpunkt zu rücken, weil mir’s ein-
fach nicht gut tut (Teilnehmer A).

4.7.2.4 Zusammenfassung
Alle berichteten Veränderungen werden von den Coachingteilnehmern unmittelbar auf das Coa-
ching zurückgeführt. Die meisten der genannten Veränderungen treten im Bereich Verhalten
auf. Alle berichteten Veränderungen werden von den Coachingteilnehmern positiv bewertet.
4.8 Zusammenhang der Veränderung der Führungsstile mit dem Übereinstimmungsgrad 319

4.8 Zusammenhang des Ausmaßes der Veränderung der Führungsstile mit dem
Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen

In Abschnitt 4.8 werden die Ergebnisse zu Fragestellung III/1 (siehe Kasten) berichtet.
Fragestellung III/1: Zusammenhang des Ausmaßes der Veränderung der Führungsstile
mit dem Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen
Inwieweit hängt das Ausmaß der potenziellen Veränderungen in den Führungsstilen des Full
Range of Leadership (insbesondere den transformationalen Führungsstilen, der leistungsorien-
tierten Anerkennung und Laissez Faire) im Rahmen des Interventionsprogramms mit dem
Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes
dieser Führungsstile zusammen?

Zunächst werden die Ergebnisse der korrelativen Zusammenhänge zwischen Übereinstim-


mungsgrad und Veränderung in den Führungsstilen dargestellt (siehe 4.8.1). Anschließend wer-
den die 20 Führungskräfte vier Selbsteinschätzungstypen nach Yammarino und Atwater (1993;
siehe 1.4.3.2) zugeordnet und über mögliche Gruppenunterschiede bezüglich der Veränderung
in den Führungsstilen berichtet (siehe 4.8.2). In Abschnitt 5.1.1.8 wird Fragestellung III/1 zu-
sammenfassend beantwortet. Eine Interpretation der Ergebnisse in Hinblick auf die übergeord-
nete Forschungsfrage III erfolgt in Abschnitt 5.1.2.3.

4.8.1 Korrelative Zusammenhänge

Weder in den Selbst- noch den Fremdeinschätzungsdaten resultieren über die Variablen hinweg
systematische korrelative Zusammenhänge zwischen dem jeweiligen Übereinstimmungsgrad
und dem Ausmaß der Veränderung für die einzelnen Variablen (siehe Anhang 3.17 und 3.18).
Nur für die Variable Management by Exception active (MBA) korrelieren sowohl in den Selbst-
als auch in den Fremdeinschätzungsdaten das jeweilige Ausmaß der Veränderung von t1 zu t2
mit dem Übereinstimmunggrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 signifikant positiv
(r = .47). Je höher also die Übereinstimmung zwischen den beiden Beurteilerperspektiven in
dieser Variable ausfällt, desto stärker verändert sich gleichzeitig die Häufigkeit des Einsatzes
des Führungsstils aus Sicht der Mitarbeiter und aus Sicht der Führungskräfte selbst. In den
Fremdeinschätzungsdaten findet sich darüber hinaus ein signifikanter, positiver Zusammenhang
(r = .52) zwischen dem mittleren Übereinstimmungsgrad und dem durchschnittlichen Ausmaß
der Veränderung der transformationalen Führungsskalen. Je höher also die durchschnittliche
Übereinstimmung der sechs transformationalen Variablen zwischen den beiden
Beurteilerperspektiven ausfällt, desto stärker verändert sich gleichzeitig die durchschnittliche
Häufigkeit des Einsatzes der sechs transformationalen Führungsstile aus Sicht der Mitarbeiter.

4.8.2 Typen von Selbsteinschätzern

Ausgehend vom Modell zum Übereinstimmungsgrad nach Yammarino und Atwater (1993,
siehe 1.4.3.2) wurden die 20 Führungspersonen den vier Selbsteinschätzungstypen Überschät-
zer, Unterschätzer, In-Agreement/Good und In-Agreement/Poor zugeordnet. Anschließend
wurden die vier Gruppen von Selbsteinschätzern in Bezug auf Unterschiede in der durchschnitt-
lichen Veränderung der Führungsstile von t1 zu t2 untersucht.
4 Ergebnisse 320

4.8.2.1 Zuordnung der Führungskräfte zu den vier Selbsteinschätzungstypen


Das Vorgehen bei der Zuordnung der Führungskräfte zu den vier Selbsteinschätzungstypen
kann in Abschnitt 3.5.7.1 nachvollzogen werden. Acht der 20 Führungspersonen wiesen in allen
drei Variablen jeweils die gleiche Clusterzuordnung auf, elf der 20 Führungspersonen wiesen in
mindestens zwei der drei Variablen die gleiche Clusterzugehörigkeit auf. Eine Führungsperson
ließ sich nicht variablenübergreifend zuordnen, da sie in allen drei Variablen unterschiedlichen
Übereinstimmungsclustern zugeordnet werden konnte. Insgesamt ergibt sich damit für die va-
riablenübergreifende Zuordnung der Führungspersonen zu den vier Selbsteinschätzungsclustern
folgendes Bild (siehe Tabelle 4.8.1): Fünf Führungspersonen (FK 5, 10, 13, 14 und 18) werden
als Überschätzer klassifiziert, fünf Führungspersonen (FK 1, 9, 12, 17 und 19) werden dem
Cluster In-Agreement/Poor und sieben Führungspersonen (FK 2, 3, 6, 7, 15, 16 und 20) dem
Cluster In-Agreement/Good zugeordnet. Zwei Führungspersonen (FK 8 und 11) werden als
Unterschätzer eingeordnet.

Tabelle 4.8.1: Variablenspezifische (Transformationale Führung, Contingent Reward und Laissez Faire)
und variablenübergreifende Zuordnung der 20 Führungskräfte zu vier Übereinstimmungsclustern
(= Selbsteinschätzungstypen)
Übereinstimmungs- Variablenspezifische Zuordnung Variablenübergreifende
cluster TF CR LF Zuordnung
FK 1
FK 4 keine Zuordnung
FK 5 FK 5 FK 5 FK 5
FK 9
Überschätzer FK 10 FK 10 FK 10 FK 10
FK 13 FK 13 FK 13
FK 14 FK 14 FK 14
FK 15
FK 18 FK 18 FK 18 FK 18
FK 19
FK 1 FK 1 FK 1
FK 4 keine Zuordnung
FK 9 FK 9 FK 9
In-Agreement/Poor FK 12 FK 12 FK 12 FK 12
FK 17 FK 17 FK 17 FK 17
FK 19 FK 19 FK 19
FK 2 FK 2 FK 2 FK 2
FK 3 FK 3 FK 3
FK 4 keine Zuordnung
FK 6 FK 6 FK 6
FK 7 FK 7 FK 7 FK 7
In-Agreement/Good FK 8
FK 11
FK 13
FK 14
FK 15 FK 15 FK 15
FK 16 FK 16 FK 16 FK 16
FK 20 FK 20 FK 20
FK 3
FK 6
Unterschätzer FK 8 FK 8 FK 8
FK 11 FK 11 FK 11
FK 20
Anmerkung: TF = Transformationale Führung, CR = Contingent Reward, LF = Laissez Faire
Variablenspezifische Zuordnung = Zuordnung zu den vier Clustern aufgrund der Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschät-
zung zu t1 in der jeweiligen Variable.
Variablenübergreifende Zuordnung = Zuordnung zu den vier Clustern aufgrund der größten Übereinstimmung in der variablenspezi-
fischen Zuordnung.
4.8 Zusammenhang der Veränderung der Führungsstile mit dem Übereinstimmungsgrad 321

Der Eindruck, dass es sich bei den Führungspersonen in erster Linie um Überschätzer handelt –
der sich aus dem Vergleich der durchschnittlichen Selbst- und Fremdeinschätzungen in Ab-
schnitt 4.1.1 ergab – wird bei der differenzierten Betrachtung auf Einzelfallebene nicht bestätigt
(siehe Abbildung 4.8.1). Der größte Anteil der Führungspersonen ist in die Kategorie In-
Agreement/Good einzuordnen. In die Kategorie der Überschätzer fallen prozentual genauso
viele Führungspersonen wie in die Kategorie In-Agreement/Poor. Mit 11 % der Führungsperso-
nen sind in der Stichprobe Unterschätzer deutlich unterrepräsentiert.

Verteilung der FK auf die Selbsteinschätzungstypen

11%
26%
Überschätzer

In-Agreement/Poor

In-Agreement/Good

37% Unterschätzer

26%

Abbildung 4.8.1: Verteilung der Führungskräfte auf die vier Selbsteinschätzungstypen nach Yammarino
und Atwater (1993)

4.8.2.2 Deskriptive Daten


Abbildungen 4.8.2 bis 4.8.4 zeigen die Unterschiede zwischen den vier Selbsteinschätzungsty-
pen in den mittleren Absolutwerten der Prä-Post-Differenzen (Ausmaß der Veränderung zwi-
schen t1 und t2) für die transformationalen Führungsskalen (TF; siehe Abbildung 4.8.2),
Contingent Reward (CR; siehe Abbildung 4.8.3) und Laissez Faire (LF; siehe Abbildung 4.8.4).

Überschätzer

In-Agreement/Good
Prä-Post-Differenzwerte
Fremdeinschätzung TF

In-Agreement/Poor Prä-Post-Differenzwerte
Selbsteinschätzung TF

Unterschätzer

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5

Abbildung 4.8.2: Ausmaß der Veränderung (Absolutwerte der Prä-Post-Differenzen der mittleren Aus-
prägungen zu t1 und t2) der transformationalen Führungsstile (TF) in den vier Selbsteinschätzungs-
clustern
4 Ergebnisse 322

Diejenigen Führungspersonen, die sich in den transformationalen Führungsvariablen im Mittel


ähnlich hohe Werte gegeben haben wie die Mitarbeiter (In-Agreemen/Good), zeigen in der
Selbsteinschätzung die stärksten Veränderungen zwischen t1 und t2. Diejenigen Führungsper-
sonen, die sich im Verhältnis zu den Mitarbeitereinschätzungen zu t1 in der Ausprägung der
transformationalen Führungsvariablen überschätzt haben, zeigen in der Mitarbeitereinschätzung
die stärksten Veränderungen zwischen t1 und t2.

Überschätzer

In-Agreement/Good
Prä-Post-Differenzwerte
Fremdeinschätzung CR

In-Agreement/Poor Prä-Post-Differenzwerte
Selbsteinschätzung CR

Unterschätzer

0,0 0,2 0,4 0,6

Abbildung 4.8.3: Ausmaß der Veränderung (Absolutwerte der Prä-Post-Differenzen der mittleren Aus-
prägungen zu t1 und t2) von Contingent Reward (CR) in den vier Selbsteinschätzungsclustern

Diejenigen Führungspersonen, die sich in der Skala Contingent Reward im Vergleich zu den
Mitarbeitereinschätzungen zu t1 unterschätzt haben, weisen die stärksten Veränderungen in der
Selbsteinschätzung zwischen t1 und t2 auf. Auch die Führungspersonen, die sich im Mittel ähn-
lich hohe Werte gegeben haben wie die Mitarbeiter (In-Agreement/Good) zeigen in der Selbst-
einschätzung stärkere Veränderungen zwischen t1 und t2 als die Führungspersonen der Cluster
In Agreement Good und Überschätzer. Die absoluten Differenzen sind für die Fremdeinschät-
zungen für die vier Cluster sehr ähnlich.

Überschätzer

In-Agreement/Good
Prä-Post-Differenzwerte
Fremdeinschätzung LF

In-Agreement/Poor Prä-Post-Differenzwerte
Selbsteinschätzung LF

Unterschätzer

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

Abbildung 4.8.4: Ausmaß der Veränderung (Absolutwerte der Prä-Post-Differenzen der mittleren Aus-
prägungen zu t1 und t2) von Laissez Faire (LF) in den vier Selbsteinschätzungsclustern
4.8 Zusammenhang der Veränderung der Führungsstile mit dem Übereinstimmungsgrad 323

Auch in der Variablen Laissez Faire weisen die Unterschätzer die stärksten Veränderungen in
der Selbsteinschätzung zwischen t1 und t2 auf. Die absoluten Differenzen sind für die Fremd-
einschätzungen für die vier Cluster sehr ähnlich.

4.8.2.3 Überprüfung von Gruppenunterschieden


Die Überprüfung der Unterschiede zwischen den vier variablenübergreifenden Übereinstim-
mungsclustern hinsichtlich der absoluten Differenzen in den Selbst- und Fremdeinschätzungen
der Führungsstile zwischen t1 und t2 mittels einer einfaktoriellen multivariaten Varianzanalyse
ergab keine signifikanten Ergebnisse.
Auch die Überprüfung der jeweiligen Unterschiede zwischen den variablenspezifischen
Übereinstimmungsclustern hinsichtlich der absoluten Differenzen in den Selbst- und Fremdein-
schätzungen der transformationalen Führungsstile (indirekte Veränderungseinschätzung) und
der Skala Contingent Reward (indirekte und direkte Einschätzung) zwischen t1 und t2 mittels
einfaktorieller univariater Varianzanalysen ergab keine signifikanten Ergebnisse.
Nur zur Variable Laissez Faire resultierte bei der varianzanalytischen Überprüfung von
Unterschieden zwischen den vier variablenspezifischen Übereinstimmungsclustern ein signifi-
kanter Effekt für die Selbsteinschätzung (F (3,16) = 3.442; p = .04). Demnach unterscheiden
sich die vier Übereinstimmungscluster darin, in welchem Ausmaß sich die Selbsteinschätzungen
zur Ausprägung von Laissez Faire zwischen t1 und t2 verändern. In Abbildung 4.8.4 wird deut-
lich, dass die Unterschätzer die stärksten, die Überschätzer die schwächsten Veränderungen
zeigen.
4 Ergebnisse 324

4.9 Zusammenhang des Übereinstimmungsgrads mit den Selbstdarstellungs-


clustern

In Abschnitt 4.9 werden die Ergebnisse aus der empirischen Exploration zu Fragestellung III/2
(siehe Kasten) berichtet.
Fragestellung III/2: Zusammenhang des Übereinstimmungsgrades der Selbst-
und Fremdeinschätzungen mit den Selbstdarstellungsclustern
Inwieweit hängt der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur
Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full Range of Leadership (insbesondere den
transformationalen Führungsstilen, der leistungsorientierten Anerkennung und Laissez Faire)
mit der Zugehörigkeit zu den Selbstdarstellungsclustern aus der Fragestellung I/2 zusammen?

In Abschnitt 4.9.1 werden Unterschiede im Übereinstimmungsgrad zwischen den vier Selbst-


darstellungsclustern aus Fragestellung I/2 (siehe 4.2) dargestellt. Über die Ergebnisse aus der
varianzanalytischen Überprüfung der Gruppenunterschiede wird in Abschnitt 4.9.2 berichtet.
Abschnitt 4.9.3 fasst die Ergebnisse zusammen. In Abschnitt 5.1.1.9 werden die Ergebnisse
diskutiert und Fragestellung III/2 zusammenfassend beantwortet. Eine Interpretation der Ergeb-
nisse in Hinblick auf die übergeordnete Forschungsfrage III erfolgt in Abschnitt 5.1.2.3.

4.9.1 Deskriptive Daten

Abbildung 4.9.1 zeigt die Unterschiede zwischen den vier Selbstdarstellungsclustern im


Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen der drei Variablen
Transformationale Führung (TF), Contingent Reward (CR) und Laissez Faire (LF). Es wird
deutlich, dass die schwachen Selbstüberwacher in allen drei Variablen den niedrigsten Überein-
stimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen aufweisen. Überraschenderweise
zeigen sich bei den protektiven Selbstüberwachern in den Variablen Contingent Reward und
Laissez Faire die höchsten Übereinstimmungen zwischen den Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen. Hingegen resultiert für die transformationalen Skalen der höchste Übereinstimmungsgrad
zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen für die akquisitiven Selbstüberwacher.
Für eine erste Interpretation der Daten aus Abbildung 4.9.1 liegt es aufgrund der va-
riablenspezifischen Unterschiede im Übereinstimmungsgrad in den vier Selbstdarstellungs-
clustern nahe, dass die Vermittlung der jeweiligen Führungsstile unterschiedlicher Kompeten-
zen und Motive bedarf. So scheint die Darstellung des vermeidenden sowie des transaktionalen
Führungsstils eher protektiven Charakter aufzuweisen, die Darstellung der transformationalen
Stile eher akquisitive Selbstdarstellungskompetenzen zu erfordern. Das alleinige Motiv zur Per-
sönlichkeitsdarstellung, ohne dass eine ausgeprägte Selbstdarstellungskompetenz zur Vermitt-
lung der Selbstbilder vorliegt (= Cluster der schwachen Selbstüberwacher), scheint darin zu
resultieren, dass Selbst- und Fremdbilder auseinander driften. Eine Führungsperson mit dem
Merkmals-profil eines schwachen Selbstüberwachers scheint die führungsbezogenen Selbstbil-
der nicht so in Verhalten umsetzen zu können, dass ihre Wirkung auf die Mitarbeiter diesen
Selbstbildern entspricht.
4.9 Zusammenhang des Übereinstimmungsgrads mit Selbstdarstellungsclustern 325

,9000

,8000

,7000

,6000

,5000
Differenz Selbst / Fremd TF

,4000 Differenz Selbst / Fremd CR


Differenz Selbst / Fremd LF
,3000

,2000

,1000

,0000
schwache SÜ starke SÜ akquisitive SÜ protektive SÜ

Abbildung 4.9.1: Höhe der absoluten Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu in den
den Variablen Transformationale Führung (TF), Contingent Reward (CR) und Laissez Faire (LF) in den
vier Selbstdarstellungsclustern
Anmerkungen: Hohe Differenzen indizieren einen geringen Übereinstimmungsgrad, niedrige Differenzen indizieren einen hohen
Übereinstimmungsgrad. Schwache SÜ = schwache Selbstüberwacher (Cluster 1); starke SÜ = starke Selbstüberwacher (Cluster 2);
akquisitive SÜ = akquisitive Selbstüberwacher (Cluster 3); protektive SÜ = protektive Selbstüberwacher (Cluster 4)

4.9.2 Überprüfung von Gruppenunterschieden

Es resultiert ein signifikanter Effekt der Clusterzugehörigkeit auf den mittleren Überein-
stimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Ausprägung der
transformationalen Führungsstile zu t1 (siehe Tabelle 4.9.1).

Tabelle 4.9.1: Einfluss der Clusterzugehörigkeit auf den mittleren Übereinstimmungsgrad zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Ausprägung der Variablen TF, CR und LF (MANOVA)
Abhängige Variable df F Sig. Partielles Eta-Quadrat

Absolutwerte_Übereinstimmung
3,00 5,31 0,01 0,50
TF_t1
Absolutwerte_Übereinstimmung
3,00 0,34 0,80 0,06
CR_t1
Absolutwerte_Übereinstimmung
3,00 2,84 0,07 0,35
LF_t1
Anmerkungen: TF = Transformationale Führung, CR = Contingent Reward, LF = Laissez Faire; Absolutwerte Übereinstimmung =
Absolutwerte der Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung zu t1 zu den angegebenen Führungsstilen

In Abbildung 4.9.1 wird ersichtlich, dass der mittlere Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst-
und Fremdeinschätzungen zur Ausprägung der transformationalen Führungsstile für die
akquisitiven Selbstüberwacher am höchsten ist, gefolgt von den starken Selbstüberwachern und
den protektiven Selbstüberwachern.
4 Ergebnisse 326

Selbst- und Fremdeinschätzungen der schwachen Selbstüberwacher zur Ausprägung der


transformationalen Führungsstile stimmen im Mittel am wenigsten überein. Post-Hoc-Analysen
mit der Scheffé-Prozedur ergeben entsprechend signifikante Mittelwertsunterschiede zwischen
dem Cluster der schwachen Selbstüberwacher und den akquisitiven Selbstüberwachern.

Im nächsten Schritt wurden Effekte der Clusterzugehörigkeit auf folgende Maße varianzanaly-
tisch überprüft:
 Veränderung im mittleren Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen zur Ausprägung der transformationalen Führungsstile von t1 zu t2
 Mittlerer Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen über alle Füh-
rungsstile hinweg zu t1
 Mittlerer Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen über alle Füh-
rungsstile hinweg zu t2
 Veränderung im mittleren Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen von t1 zu t2 über alle Führungsstile hinweg

Es resultiert ein signifikanter Gruppeneffekt für den mittleren Übereinstimmungsgrad zwischen


Selbst- und Fremdeinschätzungen (abhängige Variable Nr. 2 der obigen Auflistung) über alle
Führungsstile hinweg zu t1 (siehe Tabelle 4.9.2). Post-Hoc-Analysen mit der Scheffé-Prozedur
ergeben signifikante Mittelwertsunterschiede im variablenübergreifenden Übereinstimmungs-
grad zwischen dem Cluster der schwachen Selbstüberwacher und den akquisitiven
Selbstüberwachern. Für die anderen Maße 1, 3 und 4 der obigen Auflistung resultieren keine
signifikanten Ergebnisse.

Tabelle 4.9.2: Einfluss der Clusterzugehörigkeit auf die abhängigen Variablen Veränderung im Überein-
stimmungsgrad und mittlerer Übereinstimmungsgrad zu t1 und t2 (MANOVA)
Abhängige Variable df F Sig. Partielles Eta-Quadrat
Absolutwert_Veränderung_
3 ,543 ,66 ,092
Übereinstimmung_TFa
Mittlerer Absolutwert Diffe-
3 4,85 ,01 ,476
renz_Selbst_Fremd_t1b
Mittlerer Absolutwert Diffe-
3 ,84 ,49 ,135
renz_Selbst_Fremd_t2c
Mittlerer Absolutwert Verän-
3 2,07 ,15 ,279
derung_Übereinstimmungd
Anmerkungen:
a: Mittlere Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 minus mittlere Absolutwerte der Diffe-
renzen zu t2 in den transformationalen Führungsstilen
b und c: Mittlere Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen der 20 Führungskräfte zu den zwei
Messzeitpunkten
d: Mittlere Absolutwerte der Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 minus mittlerer Absolutwert der Differen-
zen zu t2 über alle Führungsstile hinweg

4.9.3 Zusammenfassung

Es ist festzuhalten, dass sich zu t1 der mittlere Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen sowohl für die gemittelte Ausprägung der transformationalen Führungs-
stile als auch für die gemittelte Ausprägung aller Führungsstile des Full Range of Leadership
zwischen dem Cluster der schwachen Selbstüberwacher und dem Cluster der akquisitiven
Selbstdarsteller signifikant unterscheidet.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 327

5 Diskussion

In Kapitel 5 werden zunächst die Ergebnisse zu den neun Fragestellungen interpretiert und die
Fragestellungen jeweils zusammenfassend beantwortet (siehe 5.1.1). Auf der Basis der Integra-
tion der Einzelergebnisse der neun Fragestellungen erfolgt die Beantwortung der drei überge-
ordneten Forschungsfragen (siehe 5.1.2). In Abschnitt 5.2 wird das methodische Vorgehen in
der empirischen Untersuchung kritisch reflektiert. Abschnitt 5.3 widmet sich den Implikationen
für Theorie und Praxis, die sich aus den theoretischen und empirischen Teilen der Arbeit ablei-
ten lassen. Abschließend wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick auf mögliche weitere empiri-
sche Arbeiten und praktische Anwendungen gegeben (siehe 5.4).

Hinweise für den eiligen Leser:


In Abschnitt 5.1.1 werden die neun Fragestellungen jeweils am Ende der Unterabschnitte
5.1.1.1 bis 5.1.1.9 in einer Übersichtstabelle zusammenfassend beantwortet.

5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse und Beantwortung der For-
schungsfragen

In Abschnitt 5.1.1 werden zunächst die Ergebnisse zu den neun Fragestellungen interpretiert
und diskutiert und jeweils zusammenfassend beantwortet. Eine Integration der Ergebnisse und
die Beantwortung der drei übergeordneten Forschungsfragen erfolgt in Abschnitt 5.1.2.

5.1.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse zu den neun Fragestellungen

Die neun Fragestellungen I/1 bis III/2 werden im Folgenden in je einem eigenen Unterabschnitt
behandelt.

5.1.1.1 Fragestellung I/1


Fragestellung I/1:
Lassen sich systematische Zusammenhänge zwischen der jeweiligen Ausprägung der Führungs-
stile des Full Range of Leadership, der internen Erfolgskriterien von Führung und den jeweili-
gen Ausprägungen von Selbstdarstellungsstilen nachweisen? Wenn ja: Welche Zusammenhänge
bestehen und wie lassen sich diese interpretieren?

Fragestellung I/1 wird auf der Basis der in Abschnitt 4.1 dargestellten Einzelergebnisse folgen-
dermaßen beantwortet: Es lassen sich systematische Zusammenhänge zwischen der jeweiligen
Ausprägung der Führungsstile des Full Range of Leadership, der internen Erfolgskriterien von
Führung und den jeweiligen Ausprägungen von Selbstdarstellungsstilen nachweisen. Wie diese
Zusammenhänge im Einzelnen aussehen, wird im Folgenden zusammengefasst und interpretiert.

a) Ergebnisse der deskriptiven Statistik und der korrelativen Zusammenhänge


Aus der deskriptiven Statistik und den korrelativen Zusammenhänge lassen sich folgende zent-
rale Ergebnisse festhalten:
5 Diskussion 328

Ergebnisse aus den Skalen des MLQ


Die Mitarbeitereinschätzungen fallen in der Stichprobe im Vergleich zur Normstichprobe nach
Felfe (2006b; N = 3475) sehr positiv im Sinne der erwünschten Ausprägungen der Stile des Full
Range of Leadership aus (Mittelwerte der transformationalen Skalen und von Contingent
Reward liegen über dem Skalenmittel von 3; die Mittelwerte der Skalen Management by
Exception und Laissez Faire liegen unter dem Skalenmittel von 3). Demnach setzen die 20 Füh-
rungspersonen aus Sicht der Mitarbeiter die transformationalen Stile und den transaktionalen
Stil der leistungsorientierten Anerkennung (CR) im Durchschnitt häufiger ein als Management
by Exception active (MBA) und die passiven Führungsstile (MBP und LF). Auch die Einschät-
zungen zu den internen Erfolgskriterien von Führung fallen im Mittel sehr positiv aus. Der
höchste Mittelwert von 3.74 findet sich in der Skala der leistungsorientierten Anerkennung
(CR). Dieses Ergebnis passt dazu, dass in der Strategie des Unternehmens das Führen über
Zielvereinbarungen, das in vielen Aspekten der leistungsorientierten Anerkennung entspricht,
als eine zentrale Führungsleitlinie verankert ist. Zudem waren bis dato durchgeführte Führungs-
kräfteentwicklungsprogramme im kooperierenden Unternehmen auf die Förderung von Kompe-
tenzen zum Führen über Zielvereinbarung ausgerichtet gewesen.

Trotz der bereits sehr positiv ausfallenden Ergebnisse in der Mitarbeitereinschätzung überschät-
zen sich die Führungspersonen im Durchschnitt auf allen Skalen, d.h. die Mittelwerte der
Selbsteinschätzungen liegen jeweils in der im Sinne eines Idealprofils erwünschten Richtung
über oder unter den Mittelwerten der Mitarbeitereinschätzung. Dieses Ergebnis stimmt mit Er-
gebnissen aus anderen Untersuchungen zum Übereinstimmungsgrad überein: Führungspersonen
tendieren dazu, sich selbst zu überschätzen (vgl. Rathgeber, 2005; Velsor et al., 1991, zitiert
nach Hossiep et al., 2000). Dennoch erstaunt dieses Ergebnis angesichts der Tatsache, dass be-
reits die Mitarbeitereinschätzungen in der Stichprobe sehr positiv ausfallen. Die durchschnittli-
chen Selbstüberschätzungen können auf verschiedene Arten interpretiert werden:
(1) Führungspersonen antworten im multiperspektivischen Führungsfeedback sozial
erwünscht (vgl. impression management als Verfälschungstendenz im Fragebogen nach
Paulhus, 1984; siehe 1.4.3.1). Aus den Itemformulierungen zu den Skalen des MLQ kann her-
ausgelesen werden, welche Art von Führungsverhalten als effektiv oder positiv bewertet wird.
Entsprechend ist es möglich, dass die Führungspersonen ihr Führungsverhalten so bewerten,
wie sie einschätzen, dass es im Unternehmen erwünscht ist. Für diese Interpretation spricht das
Ergebnis der überdurchschnittlich hoch ausgeprägten Skala Contingent Reward, die den Füh-
rungsleitlinien des Unternehmens am deutlichsten entspricht. Gegen diese Interpretation ist
einzuwenden, dass die Führungspersonen im Vorfeld der ersten Datenerhebung darüber infor-
miert wurden, dass individuelle Ergebnisse ausschließlich an die Führungsperson selbst zurück-
gemeldet werden. Es würde also für die Führungspersonen keinen Sinn machen, sich sozial
erwünscht – im Sinne einer Ausrichtung der Selbstdarstellung im Fragebogen an äußeren Er-
wartungen – darzustellen.
(2) Führungspersonen beziehen sich in ihrer Selbsteinschätzung auf die Erwartungen
ihres inneren Publikums (siehe 1.2.4.1) und richten ihre Selbstdarstellung im Fragebogen an
internen Standards in Form idealer oder normativer Selbstbilder aus (vgl. self-deception als
Verfälschungstendenz im Fragebogen nach Paulhus, 1984; siehe 1.4.3.1). Indem die Führungs-
personen im Fragebogen aus dem Bedürfnis nach Selbstidealisierung (siehe 1.2.4.4) ein mög-
lichst ideales Führungsverhalten beschreiben, versuchen sie sich selbst davon zu überzeugen,
dass sie diesen Idealen entsprächen (= Selbstkonstruktion, siehe 1.2.4.4). Nach dieser Interpreta-
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 329

tion drücken die Fragebogenergebnisse aus der Selbstbeschreibung die Ziele und Ideale der
einzelnen Führungsperson aus. Entsprechend der Ergebnisse im MLQ bedeutet dies, dass bei
einer Vielzahl der Führungspersonen der Stichprobe transformationale Führungsprinzipien als
personalisierte Zielrepräsentationen im führungsbezogenen Selbstkonzept (siehe 1.2.2.1) veran-
kert sind.
(3) Führungspersonen antworten im Fragebogen im Sinne des individuumszentrierten
Motivs der Selbstkongruenz (siehe 1.2.4.4). Aus dem Bedürfnis nach Authentizität möchte sich
die Person in Übereinstimmung mit ihren realen Selbstbildern verhalten. Demnach würden die
positiven Selbsteinschätzungen im MLQ darauf beruhen, dass die Führungspersonen ihr Füh-
rungsverhalten sehr positiv wahrnehmen und bewerten und entsprechend über positive reale
Selbstbilder verfügen, die sie im Fragebogen zum Ausdruck bringen. Da auch die Mitarbeiter-
einschätzungen positiv ausfallen, ist es durchaus möglich, dass im Rahmen der Führungskraft-
Mitarbeiter-Interaktion Feedbackprozesse abgelaufen sind, die zu einer Festigung positiver
Selbstbilder beigetragen haben: Der jeweiligen Führungsperson wurden positive Fremdbilder
zum Führungsverhalten wiederholt zurückgemeldet, die wiederum von der Führungsperson in
ihr Selbstkonzept internalisiert wurden. Da Personen generell zu einer selbstwertdienlichen
Informationsverarbeitung neigen (siehe 1.2.4.4), kann die Rückmeldung positiver Fremdbilder
dazu führen, dass diese als „noch positivere“ Selbstbilder internalisiert werden.

Die Interkorrelationen der Skalen des MLQ entsprechen für beide Einschätzungsperspektiven
den Ergebnissen bei Felfe (2006b): Die transformationalen Skalen korrelieren hoch untereinan-
der und mit der Skala leistungsorientierte Anerkennung (CR) sowie negativ mit Laissez Faire.

Übertragbarkeit des Führungsmodells


Insgesamt zeigen die Ergebnisse zur Selbst- und Fremdeinschätzung im MLQ auf, dass das
transformationale Fühungsmodell auf die untere und mittlere Hierarchieebene einer Bank in
Deutschland übertragbar ist. Im Fazit der Darstellung der theoretischen und empirischen Grund-
lagen zur transformationalen Führung (siehe 1.1.8) war die offene Frage aufgeworfen worden,
ob ein derart idealistisches Führungsmodell wie die transformationale Führung auf der mittleren
und unteren Hierarchieebene tatsächlich umgesetzt wird. Bei Felfe (2006b) finden sich keine
differenzierten Angaben, auf welcher Hierarchiebene sich die Führungspersonen befanden, die
in der Stichprobe von insgesamt 3500 Mitarbeitern eingeschätzt wurden. Es wird aber aufge-
zeigt, dass 130 der 3500 Mitarbeitereinschätzungen im Bereich Dienstleitung/Banken und Ver-
sicherungen erhoben wurden. Im Vergleich zu den 3500 Mitarbeitereinschätzungen bei Felfe
(2006b) resultierten in den insgesamt 174 Mitarbeitereinschätzungen in der vorliegenden Stich-
probe höhere Durchschnittswerte sowohl für die transformationalen Führungsskalen als auch für
Contingent Reward (CR) und niedrigere Mittelwerte für die Skala Laissez Faire.
Transformationale Führungsprinzipien und CR werden demnach in der Stichprobe der 20 Füh-
rungspersonen überdurchschnittlich häufig eingesetzt und Laissez Faire Verhalten findet in un-
terdurchschnittlichem Ausmaß statt. Auf Basis der Gruppenmittelwerte lässt sich interpretieren,
dass das transformationale Führungsmodell nicht nur in Einzelaspekten auf die mittlere und
untere Hierarchieebene des kooperierenden Unternehmens übertragbar ist, sondern dass das
Führungsverhalten in der Stichprobe generell transformationalen Prinzipien folgt, die auf der
Basis einer leistungsorientierten Anerkennung von Mitarbeitern (CR) umgesetzt werden und
insgesamt zu einer hohen Ausprägung der Erfolgskriterien von Führung beitragen.
5 Diskussion 330

Ergebnisse aus den Selbstdarstellungsskalen


Die 20 Führungspersonen schätzen sich im Durchschnitt als akquisitive Selbstüberwacher ein
(Skalenmittelwert bei 2.76 auf einer Skala von 1 bis 4). Hingegen bewerten sie ihre protektiven
Tendenzen als gering ausgeprägt (Skalenmittel bei 1.64 auf einer Skala von 1 bis 4).
Die akquisitiven Tendenzen sind höher, die protektiven Tendenzen niedriger ausgeprägt
als in der studentischen Vergleichsstichprobe. Dieses Ergebnis entspricht den in Abschnitt
1.3.2.2 aufgezeigten empirischen Ergebnissen zum Zusammenhang zwischen Selbstdarstel-
lungsformen und Führung: So zeigen Palmer et al. (2001), dass Führungspersonen in Organisa-
tionen eine primär akquisitive Orientierung in ihrem Selbstdarstellungsverhalten aufweisen.
Gleichzeitig schreiben sich die Führungspersonen im Durchschnitt eine ausgeprägte
Tendenz zur Persönlichkeitsdarstellung zu; hier liegt der Skalenmittelwert bei 3.13 (Skala von 1
bis 4). Dieses Ergebnis kann folgendermaßen interpretiert werden: Die Führungspersonen der
Stichprobe können auf Basis der Ergebnisse der Selbst- und Fremdeinschätzungen im Durch-
schnitt als transformationale Führungspersonen gelten. In der Untersuchung nach Sosik et al.
(2002) wurde deutlich, dass eine hohe Selbstüberwachung negativ mit prosozialer Selbstdarstel-
lung assoziiert ist (siehe 1.3.2.2). Prosoziale Selbstdarstellung geht ihrerseits mit charismati-
scher Führung als Teilkomponente der transformationalen Führung einher. Hohe Selbstüberwa-
chung hängt wiederum negativ mit der Authentizitätsneigung (= Persönlichkeitsdarstellung)
einer Person zusammen. Im Umkehrschluss dieser Zusammenhänge kann interpretiert werden,
dass prosoziale Selbstdarstellung mit transformationaler Führung und mit hoher
Authentiztitätsneigung assoziiert ist (vgl. Gardner & Cleavenger, 1998; siehe 1.3.2.2). Da die
Führungspersonen der Stichprobe als transformational Führende gelten können, ist entsprechend
zu erwarten, dass sie auch hohe Tendenzen zur Persönlichkeitsdarstellung aufweisen. Dies ent-
spricht der These aus Abschnitt 1.2.7.3, dass glaubwürdiges und modellhaftes Verhalten und der
Ausdruck persönlicher Wertvorstellungen als Komponenten transformationale Führung mit der
Motivation zur authentischen Selbstdarstellung (= Persönlichkeitsdarstellung) einhergehen.
Die Führungspersonen geben sich mittlere Werte auf der Skala Mood Manipulation
(Skalenmittelwert von 2.39), die unter dem Mittelwert der studentischen Vergleichsstichprobe
liegen. Da für die studentische Vergleichsstichprobe ausgewählte Personen mit hoher Tendenz
zur dramatisierenden Kommunikation und Stimmungsbeeinflussung rekrutiert worden waren
(siehe 3.4.2.3), handelt es sich um eine selektive Stichprobe, bei der überdurchschnittliche Aus-
prägungen in der Mood Manipulation Scale zu erwarten sind. Dennoch wären auf Grund der
hohen Ausprägungen der transformationalen Führungsstile in der Stichprobe der 20 Führungs-
personen höhere Werte in der Tendenz zur Stimmungsbeeinflussung vorstellbar gewesen. So
wurde in Abschnitt 1.2.7.5 die These abgeleitet, dass transformationale Führungspersonen eine
Tendenz zur Stimmungsbeeinflussung aufweisen. Dabei waren insbesondere Zusammenhänge
zu den transformationalen Komponenten Idealized Influence, Inspirational Motivation und
Intellectual Stimulation erwartet worden. Zu den Skalen Inspirational Motivation und
Intellectual Stimulation ergab sich in den Ergebnissen wie erwartet auch eine signifikante Kor-
relation (s.u.). Der Zusammenhang zur Skala Idealized Influence behavior entspricht einem
moderaten Effekt.
Die Interkorrelationen zwischen den akquisitiven und protektiven Selbstüberwachungs-
skalen sind erwartungskonform (vgl. Laux & Renner, 2002): Die Skala und Subskalen
akquisitiver Selbstüberwachung korrelieren jeweils negativ mit der Skala und den Subskalen
protektiver Selbstüberwachung. Mood Manipulation hängt darüber hinaus negativ mit
protektiver Selbstüberwachung und positiv mit akquisitiver Selbstüberwachung, insbesondere
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 331

der Wahrnehmungssensibilität, zusammen. Persönlichkeitsdarstellung korreliert hoch negativ


mit protektiver Selbstüberwachung und positiv mit der Wahrnehmungskomponente der
akquisitiven Selbstüberwachung. Es besteht jedoch kein Zusammenhang zwischen der
akquisitiven Darstellungskomponente und Persönlichkeitsdarstellung.
Der positive Zusammenhang zwischen akquisitiver Selbstüberwachung und Authentizi-
tätsneigung (= Persönlichkeitsdarstellung) konnte bereits bei Laux und Renner (2002) aufge-
zeigt werden. Neu, aber nicht überraschend ist die Erkenntnis, dass die Tendenz zur Stim-
mungsbeeinflussung anderer Personen mit akquisitiver Selbstdarstellung einhergeht. Es kann
interpretiert werden, dass die Einflussnahme auf die Emotionen anderer zum einen voraussetzt,
deren Stimmung adäquat wahrnehmen zu können (Wahrnehmungskomponente der akquisitiven
Selbstüberwachung), zum anderen die Fähigkeit verlangt, sich in Abhängigkeit von sozialen
Hinweisreizen adäquat darstellen zu können (Handlungskomponente der akquisitiven Selbst-
überwachung). Die Tatsache, dass Persönlichkeitsdarstellung ausschließlich mit der Wahrneh-
mungskomponente akquisitiver Selbstüberwachung, aber nicht mit der Handlungskomponente
positiv korreliert ist, lässt sich folgendermaßen erklären: Die Items der Selbstdarstellungskom-
ponente sind eindeutig darauf bezogen, die eigene Darstellung auf soziale Hinweisreize abzu-
stimmen. Diese Motivation liegt beim Persönlichkeitsdarsteller aber nicht vor. Die Wahrneh-
mungskomponente bezieht sich ausschließlich auf die interpersonellen Wahrnehmungskompe-
tenz (siehe 1.2.4.2) und nicht, wie mit der Persönlichkeitsdarstellung eher einhergehen würde,
auf die intrapersonale Wahrnehmungskompetenz. Um aber Items der Persönlichkeitsdarstellung
wie „Ich stelle sicher, dass andere meine Gefühle verstehen“ (siehe Anhang 1.5) zustimmen zu
können, ist es notwendig, sich selbst entsprechende interpersonelle Wahrnehmungskompeten-
zen zuzuschreiben, um die Reaktionen der anderen Personen abschätzen zu können.

Ergebnisse zum Zusammenhang der Führungsstil- und Selbstdarstellungsskalen


Die Tendenz zur akquisitiven Selbstüberwachung geht mit einem häufigeren Einsatz
tranformationaler Führungsstile einher. Dieser Zusammenhang fällt in der Fremdeinschätzung
deutlicher aus als in der Selbsteinschäzung. Das gleiche Muster gilt für den Führungsstil der
leistungsorientierten Anerkennung. Der Zusammenhang legt die Interpretation nahe, dass die
publikumsadäquate Vermittlung (aktive Selbstdarstellung auf Basis einer adäquaten Wahrneh-
mung sozialer Signale) transformationaler Führungskomponenten eine zentrale Rolle dafür
spielt, dass der Führungsperson transformationale Verhaltensweisen und Wirkungen von ihren
Mitarbeitern zugeschrieben werden. Dieser Zusammenhang wird als spezifische Form habituel-
ler Selbstdarstellung, als transformationale Selbstinterpretation, aufgefasst. Aktive Führung
geht also auch mit einer aktiven Selbstdarstellung einher.
Die Tendenz zur protektiven Selbstüberwachung hängt hingegen negativ mit
transformationalen Verhaltensweisen zusammen. Dieser Zusammenhang fällt in der Selbstein-
schätzung deutlicher aus als in der Fremdeinschätzung. Das gleiche Muster gilt für den
Führugsstil der leistungsorientierten Anerkennung. Die Fremdeinschätzungen der passiven
Komponenten des Full Range of Leaderships (MBP und LF) sind darüber hinaus mit protektiver
Selbstüberwachung assoziiert. Auch die Selbsteinschätzung zu Laissez Faire hängt positiv mit
protektiver Selbstüberwachung zusammen. Es kann interpretiert werden, dass eine abwartende,
sozial angepasste Selbstdarstellung nicht dazu geeignet ist, aktive Führungsstile zum Ausdruck
zu bringen. Protektive Selbstüberwachung ist mit passiver Zurückhaltung und Anpassung in
sozialen Interaktionen gleichzusetzen, was den passiven Formen der Führung entspricht. Perso-
nen mit einer Tendenz zur protektiven Selbstüberwachung sind dazu motiviert, nicht unange-
nehm aufzufallen und soziale Missachtung zu vermeiden. Es kann interpretiert werden, dass
5 Diskussion 332

ihnen die entsprechende Selbstüberzeugung fehlt, eine Gruppe aktiv zu führen und dabei eigene
Meinungen, Vorstellungen und Werte zum Ausdruck zu bringen. Da der Zusammenhang zwi-
schen den Führungsstilen und der protektiven Selbstüberwachung in der Selbstbeschreibung
deutlicher ausfällt als in der Fremdbeschreibung, ist diese motivationale, selbstwertbezogene
Interpretation besonders plausibel.

Persönlichkeitsdarstellung und Mood Manipulation hängen positiv mit dem Einsatz


transformationaler Verhaltensweisen zusammen. Das gleiche gilt für den Führungsstil der leis-
tungsorientierten Anerkennung. Dies entspricht den Thesen zum Zusammenhang habitueller
Selbstdarstellungsformen und transformationaler Führung, die im Theorieteil in Abschnitt 1.2
abgeleitet wurden (zusammenfassend siehe 1.2.8). Der Zusammenhang zwischen Persönlich-
keitsdarstellung und transformationaler Führung wurde bereits oben diskutiert. Zum Zusam-
menhang zwischen Mood Manipulation und transformationaler Führung fällt auf, dass dieser in
beiden Einschätzungsperspektiven besonders deutlich zu den transformationalen Skalen
Inspirational Motivation (IM) und Intellectual Stimulation (IS) ausfällt. Diese spezifischen Zu-
sammenhänge lassen sich folgendermaßen interpretieren:
Es wird postuliert, dass der dramatische Kommunikationsstil, unter den sich Mood Ma-
nipulation subsumieren lässt, das Potenzial birgt, eine „neue Wirklichkeit“ für die Interaktions-
partner und mit den Interaktionspartnern zu konstruieren (vgl. Goffman, 1974). Der Mood Ma-
nipulator schürt die Begeisterungsfähigkeit für eine alternative Wirklichkeit: Er versteht es, bei
den Interaktionspartnern die Vorstellungskraft für die zu vermittelnde Vision anzuregen und
andere mit seiner Begeisterung anzustecken (siehe 1.2.7.5). Dies entspricht der
transformationalen Führungskomponente IM.
Um sich auf neue Perspektiven und Annahmen einzulassen (= transformationale Kom-
ponente IS), braucht es eine ausgeglichene Stimmungslage. So tendieren Personen unter Stress
dazu, auf automatisierte Denk- und Handlungsmuster zurückzugreifen (vgl. Kanfer et al., 2000).
Um hingegen neue Denk- und Handlungsmuster anzuwenden sowie kreativ und innovativ zu
sein, sollte Unsicherheit und damit verbundener Stress reduziert (vgl. Gebert, 2002) und eine
„progressive Arbeitszufriedenheit“ (Gebert, 2002; S. 120) bei den Geführten gefördert werden.
Mood Manipulation als gezielte Form, die Stimmung anderer zu beeinflussen, kann dazu ge-
nutzt werden, bei den Geführten positive Emotionen herzustellen und damit Kreativitätsblocka-
den entgegenzuwirken.

Die internen Erfolgskriterien von Führung hängen in beiden Einschätzungsperspektiven positiv


mit akquisitiver Selbstüberwachung und negativ mit protektiver Selbstüberwachung zusammen.
In Abschnitt 1.2.7.2 wurde akquisitive und protektive Selbstüberwachung mit dem Begriffspaar
„getting along“ und „getting ahead“ umschrieben. So hat eine Führungsperson, die einen
akquisitiven Selbstdarstellungsstil für sich übernimmt, große Chancen, bei relevanten Personen
des Arbeitsumfeldes einen guten Eindruck zu hinterlassen. Eine Führungsperson, die in erster
Linie die Tendenz zur protektiven Selbstüberwachung ausweist, wird hingegen mit einer gerin-
geren Wahrscheinlichkeit soziale Gewinne erzielen. So kann es passieren, dass das externe Pub-
likum, aber auch die Person selbst, die sozial angepasste Selbstdarstellung als Ausdruck der
tatsächlichen Fähigkeiten und Meinungen der Person auffassen und es zu Verlusten in der sozia-
len Anerkennung und in der Selbstachtung kommt. Zudem könnte die Führungsperson auf ihre
Mitarbeiter inkonsistent wirken und entsprechend als soziales Chamäleon, das keine eigene
Meinung hat, bewertet werden. Entsprechend niedrig ist langfristig der Führungserfolg, der mit
der protektiven Selbstdarstellungstendenz einhergeht.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 333

Veranschaulichung zentraler Zusammenhänge


Die aufgezeigten Zusammenhänge zeigen insgesamt das in Abbildung 5.1.1 veranschaulichte
Muster:
Selbstdarstellungs-
Führungsstile
stile

Transformationale
+ Akquisitive SÜ
Führung +
&
+ +
Contingent Reward Mood Manipulation
_ + Erfolgskriterien
+ Persönlichkeits-
_ darstellung
Transaktionale _ _
Führung:
Protektive SÜ
_
Management by
Exception active _ _
_ Akquisitive SÜ
_
Laissez Faire Akquisitive SÜ
Abbildung 5.1.1: Zusammenhänge zwischen Selbstdarstellung- und Führungsstilen
Anmerkungen: Negative Zusammenhänge zwischen Variablen sind durch Doppelpfeile und einem Minuszeichen gekennzeichnet,
positive Zusammenänge sind durch Verbindungslinien und Pluszeichen gekennzeichnet.

b) Ergebnisse der Faktorenanalysen

Exploratorische Faktorenanalyse zu den Führungsstilskalen des MLQ


Die zehn Führungsstilskalen des MLQ lassen sich zu zwei Faktoren zusammenfassen: Der erste
Faktor wird als transformationale, aktive Führung beschrieben. Die sechs transformationalen
Skalen und Contingent Reward laden positiv auf diesem Faktor, die Skala Management by
Exception passive und Laissez Faire negativ. Faktor 2 als Einzelrestfaktor enthält ausschließlich
die Skala Management by Exception active und wird als transaktionale, kontrollierende Füh-
rung bezeichnet. Bei der Überprüfung der Dimensionalität des MLQ Form 5xShort durch eine
exploratorische Faktorenanalyse resultierten bei Felfe (2006b) fünf Faktoren (siehe 1.1.4.2). Der
zweite dieser fünf Faktoren bündelt ausschließlich die Items der Skala Management by
Exception active. Die exploratorische Faktorenanalyse mit den Daten der 174 Mitarbeiterein-
schätzungen in der vorliegenden Stichprobe bestätigt also die Extraktion des Einzelrestfaktors
Management by Exception active. Allerdings konnten weder die transformationalen Skalen wie
bei Felfe (2006b) in zwei Subfaktoren untergliedert, noch die beiden passiven Führungsstile
Management by Exception passive und Laissez Faire als eigenständige Faktoren extrahiert wer-
den.
5 Diskussion 334

Exploratorische Faktorenanalyse zu den Selbstdarstellungsstilskalen


Die Selbstdarstellungsskalen bilden zwei Faktoren, die als protektive soziale Anpassung (positi-
ve Ladung der protektiven Skalen und negative Ladung von Persönlichkeitsdarstellung) und
akquisitive soziale Beeinflussung (hohe Ladung der akquisitiven Skalen und Mood Manipula-
tion) interpretiert werden. Laux und Renner (2002) zeigen hohe negative Partialkorrelationen
von Authentizität mit protektiver Selbstüberwachung auf. Der erste Faktor der protektiven so-
zialen Anpassung entspricht damit inhaltlich bisherigen Ergebnissen zum Zusammenhang
protektiver Selbstüberwachung und Authentizität: Je höher die Tendenz zur protektiven Selbst-
überwachung ist, desto geringer fällt die Authentizitätsneigung aus. Die Person bringt in ihrer
Selbstdarstellung weniger zentrale Selbstbilder zum Ausdruck, als dass sie sich an äußeren An-
forderungen orientiert. Dadurch zeigt die Person kein situationsübergreifendes konsistentes
Verhalten, sondern ändert dieses je nach Situationsanforderung (vgl. Laux & Renner, 2002).
Neu, aber nicht überraschend, ist die Erkenntnis, dass akquisitive Selbstüberwachung und Mood
Manipulation einen gemeinsamen Faktor bilden. Der Zusammenhang zwischen diesen beiden
Formen der Selbstdarstellung wurde bereits unter Punkt a) diskutiert.

Exploratorische Faktorenanalyse zu den Führungsstil- und Selbstdarstellungsstilskalen


Die transformationalen Führungsskalen einschließlich der leistungsorientierten Anerkennung
(CR) korrelieren hoch mit akquisitiver Selbstdarstellung (Wahrnehmungskompetenz und
Selbstdarstellungskompetenz) und bilden einen gemeinsamen Faktor, der als transformationale
Selbstinterpretation zusammengefasst wird. Auf diesem Faktor laden auch die passiven Füh-
rungsstile Laissez Faire (LF) und Management by Exception passive (MBP) negativ.
Die transaktionale Führungskomponente Management by Exception active (MBA) kor-
reliert positiv mit Persönlichkeitsdarstellung (PD) und negativ mit protektiver und akquisitiver
Selbstüberwachung (PRO und AK). Persönlichkeitsdarstellung hängt wiederum positiv mit
Mood Manipulation (MMS) zusammen. Die Variablen MBA, PD, MMS laden positiv und PRO
negativ auf einem gemeinsamen Faktor. Faktor 2 wird damit durch zwei entgegengesetzte For-
men der Kontrolle beschrieben: Durch eine authentische Selbstdarstellung, die durch wenig
soziale Kontrolle bei der Darstellung eigener Motive und Selbstbilder gekennzeichnet ist sowie
gleichzeitig durch die Tendenz, die Stimmung und das Verhalten anderer Personen zu kontrol-
lieren. Der Faktor wird damit als nonkonformistische Selbstdarstellung und kontrollierende
Einflussnahme zusammengefasst. Es lässt sich also interpretieren, dass die Überwachung und
die Kontrolle des eigenen Verhaltens in Abhängigkeit sozialer Signale eher negativ mit der
Überwachung und der Einflussnahme auf die Stimmung und das Verhalten anderer Personen
zusammenhängen. So scheint die Tendenz zur authentischen Selbstdarstellung gleichzeitig mit
der Motivation und der Kompetenz einherzugehen, die Stimmung anderer zu beeinflussen, in-
dem in sozialen Interaktionen Spannung aufgebaut wird. Dazu passt, dass die Stimmungsbeein-
flussung auch entsprechende Selbstdarstellung- und Wahrnehmungskompetenzen erfordert, wie
sie in der positiven Korrelation der Mood Manipulation Scale mit der akquisitiven Selbstüber-
wachung deutlich wird.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 335

c) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung I/1


Insgesamt können die im Theorieteil aufgestellten Thesen zum Zusammenhang habitueller
Selbstdarstellungsformen und transformationaler Führung (zusammenfassend siehe 1.2.8) auf
Basis der Ergebnisse der variablenzentrierten Untersuchung bestätigt werden:
 Transformationale Führungspersonen weisen eine Tendenz zur akquisitiven Selbstüber-
wachung auf, zeigen hingegen kaum protektive Tendenzen.
 Transformationale Führungspersonen zeigen eine Tendenz zur Persönlichkeitsdarstellung.
 Transformationale Führungspersonen weisen eine Tendenz zur Stimmungsbeeinflussung
auf.
Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass eine Ausgestaltung der Führungsrolle,
die sich an transformationalen Führungsprinzipien orientiert, als Selbstinterpretationsstil kon-
zeptualisiert werden kann (siehe 1.3.4), da transformationale Führung mit spezifischen Formen
habitueller Selbstdarstellung zusammenhängt. In Tabelle 5.1.1 wird die Fragestellung I/1 zu-
sammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.1: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung I/1


Fragestellung I/1: Lassen sich systematische Zusammenhänge zwischen der jeweiligen Ausprägung der
Führungsstile des Full Range of Leadership, der internen Erfolgskriterien von Führung und den jeweiligen
Ausprägungen von Selbstdarstellungsstilen nachweisen? Wenn ja: Welche Zusammenhänge bestehen und
wie lassen sich diese interpretieren?
Antwort: Ja, es lassen sich systematische Zusammenhänge nachweisen.
Zusammenhänge:
- Die transformationalen Führungsskalen einschließlich der leistungsorientierten Anerkennung (CR) korre-
lieren positiv mit akquisitiver Selbstdarstellung und bilden den gemeinsamen Faktor transformationale
Selbstinterpretation. Dieser Selbstinterpretationsstil hängt positiv mit den Erfolgskriterien von Führung
zusammen.
- Die transaktionale Führungskomponente Management by Exception Active (MBA) korreliert positiv mit
Persönlichkeitsdarstellung (PD) und negativ mit protektiver und akquisitiver Selbstüberwachung (PRO
und AK). Persönlichkeitsdarstellung hängt wiederum positiv mit Mood Manipulation (MMS) zusammen.
Die Variablen MBA, PD, MMS laden positiv und PRO lädt negativ auf einem gemeinsamen Faktor, der
als authentische, nonkonformistische Selbstdarstellung und kontrollierende Einflussnahme interpretiert
wird.
- Laissez Faire hängt in erster Linie negativ mit den transformationalen Führungsskalen und der
akquisitiven Selbstüberwachung zusammen. Die Erfolgskriterien von Führung korrelieren positiv mit
akquisitiver Selbstüberwachung, negativ mit der protektiven Selbstüberwachung.
5 Diskussion 336

5.1.1.2 Fragestellung I/2


Fragestellung I/2:
Lassen sich in der Stichprobe der Führungskräfte homogene Personengruppen mit typischen
Konfigurationen von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen identifizieren? Wenn ja: Welche
Merkmalsprofile bestehen und wie lassen sich die Cluster interpretieren?

a) Ergebnisse der Clusteranalyse


Fragestellung I/2 wird auf der Basis der in Abschnitt 4.2 dargestellten Ergebnisse der Cluster-
analyse folgendermaßen beantwortet: Es lassen sich in der Stichprobe der Führungskräfte vier
homogene Personengruppen mit typischen Konfigurationen von Selbstdarstellungs- und Füh-
rungsstilen identifizieren. Die identifizierten Selbstdarstellungssstilprofile lassen sehr große
Übereinstimmungen mit den vier Merkmalsprofilen in der Untersuchung von Laux & Renner
(2002) erkennen. So lassen sich die 20 Führungspersonen anhand ihrer Merkmalsprofile in die
vier Cluster schwache Selbstüberwacher, starke Selbstüberwacher, akquisitive Selbstüberwa-
cher und protektive Selbstüberwacher gruppieren. Diese Aufteilung entspricht der in Abschnitt
1.2.7.4 dargestellten Clusterlösung, nach der zwei Gruppen von Personen unterschieden werden
können: Solche Personen, die im Sinne der ursprünglichen Konzeption von Self-monitoring
nach Snyder (1987) als starke oder schwache Selbstüberwacher gekennzeichnet werden können
und Personen, für die die Unterscheidung einer akquisitiven und einer protektiven Komponente
der Selbstüberwachung zutreffender ist. Die 4-Clusterlösung zur Einteilung von Personen zu
Gruppen mit homogenen Merkmalsprofilen in der Ausprägung der Selbstüberwachung und
Authentizitätsneigung lässt sich also in der Stichprobe der Führungskräfte replizieren. Die mei-
sten Personen der Stichprobe (N = 8) lassen sich als schwache Selbstüberwacher einordnen, nur
zwei Personen werden als protektive Selbstüberwacher klassifiziert. Bei 40% der Personen der
Stichprobe liegt demnach eine ausgeprägte Authentizitätsneigung vor. Nimmt man das Cluster
der akquisitiven Selbstüberwacher (N =5) hinzu, die ebenfalls hohe Werte in der Skala zur Per-
sönlichkeitsdarstellung aufweisen, so resultiert für 65 % der Personen der Stichprobe die Ten-
denz, sich in Übereinstimmung mit zentralen Selbstbildern darzustellen. Angesicht der Tatsa-
che, dass die Führungspersonen der Stichprobe im Durchschnitt sehr positiv von ihren Mitarbei-
tern eingeschätzt werden lässt sich interpretieren, dass eine hohe Authentizitätsneigung der Füh-
rungsperson mit einer hohen Zufriedenheit mit der Führung durch die Mitarbeiter einhergeht.
Im Theorieteil wurde in Abschnitt 1.2 die These abgeleitet, dass transformationale Füh-
rungspersonen im 4-Cluster-Modell nach Laux und Renner (2002) als akquisitive Selbstüber-
wacher einzuordnen sind. In den Ergebnissen der personenzentrierten Untersuchung bestätigt
sich diese These: Die akquisitiven Selbstüberwacher weisen erwartungskonform die höchsten
Ausprägungen in der transformationalen Führung auf, die protektiven Selbstüberwacher die
niedrigsten Ausprägungen. Im Fazit zu Abschnitt 1.3 des Theorieteils (siehe 1.3.4) wurde die
offene Frage aufgeworfen, ob die Ausgestaltung der Führungsrolle, die sich an
transformationalen Führungsprinzipien orientiert, als Selbstinterpretationsstil konzeptualisiert
werden kann. Im vorherigen Abschnitt 5.1.1.1 wurde diese offene Frage vorläufig bejaht, da
aufgezeigt werden konnte, dass transformationale Führung mit spezifischen, aktiven Formen
habitueller Selbstdarstellung zusammenhängt. Die Ergebnisse aus der personenzentrierten Un-
tersuchung weisen nun darauf hin, dass Führungspersonen, die als akquisitive Selbstüberwacher
einzuordnen sind, im Durchschnitt häufiger transformationale Führungsverhaltensweisen zeigen
als Führungspersonen, die als schwache Selbstüberwacher klassifiziert werden. Aus diesem
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 337

Ergebnis kann die Hypothese generiert werden, dass für die Vermittlung transformationaler
Führungsprinzipien nicht das Motiv ausreicht, sich authentisch darstellen zu wollen, sondern
das entsprechende Wahrnehmungs- und Handlungskompetenzen hinzukommen müssen. Aller-
dings ist einschränkend festzuhalten, dass sich hauptsächlich die protektiven Selbstüberwacher
in der mittleren Ausprägung der transformationalen Führungsstile von den anderen drei Clustern
unterscheiden, die anderen drei Personengruppen hingegen sehr nahe beeinander liegen (siehe
Tabelle 4.2.2 in Abschnitt 4.2.2). Aus diesem eindeutigeren Ergebnis kann die Schlussfolgerung
gezogen werden, dass die Vermittlung transformationaler Führungsprinzipien entweder mit eine
hohen Authentizitätsneigung und/oder mit einer hohen Tendenz zur akquisitiven Selbstüber-
wachung einhergeht. Insgesamt weisen auch die Ergebnisse der personenzentrierten Untersu-
chung darauf hin, dass eine Ausgestaltung der Führungsrolle, die sich an transformationalen
Führungsprinzipien orientiert, als spezifischer transformationaler Selbstinterpretationsstil kon-
zeptualisiert werden kann. Dieser zeichnet sich durch die Vermittlung transformationaler Füh-
rungsprinzipien durch akquisitive und/oder authentische Formen der Selbstdarstellung aus.
Darüber hinaus zeigt sich bei den schwachen Selbstüberwachern eine etwas stärkere
Tendenz zur Mood Manipulation als bei den anderen Gruppen. Die protektiven Selbstüberwa-
cher weisen auch hier die niedrigsten Werte auf. Eine hohe Authentizitätsneigung scheint also,
wie bereits unter 5.1.1.1 diskutiert, mit einer höheren Tendenz zur Stimmungsbeeinflussung
einherzugehen. Um Einfluss auf die Gefühle anderer zu nehmen, indem z.B. „andere mit Be-
geisterung angesteckt“ werden oder „die Vorstellungskraft von anderen angeregt“ wird (siehe
Items zur Mood Manipulation Scale, Anhang 1.4), scheint es also notwendig zu sein, als „echte“
Person in Erscheinung zu treten. Aus diesem Ergebnis kann geschlussfolgert werden, dass
Mood Manipulation entweder mit einer hohen Authentizitätsneigung und/oder mit einer hohen
Tendenz zur akquisitiven Selbstüberwachung einhergeht
5 Diskussion 338

b) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung I/2


Die im Theorieteil aufgestellten Thesen zum Zusammenhang habitueller Selbstdarstellungsfor-
men und transformationaler Führung (zusammenfassend siehe 1.2.8) können auch auf Basis der
Ergebnisse der personenzentrierten Untersuchung bestätigt werden: Transformationale Füh-
rungspersonen sind im 4-Cluster-Modell nach Laux und Renner (2002) mit einer hohen Wahr-
scheinlichkeit als akquisitive Selbstüberwacher einzuordnen, da in diesem Cluster die höchste
Ausprägung transformationaler Führung besteht.

In Tabelle 5.1.2 wird die Fragestellung I/2 zusammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.2: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung I/2


Fragestellung I/2: Lassen sich in der Stichprobe der Führungskräfte homogene Personengruppen mit typi-
schen Konfigurationen von Selbstdarstellungs- und Führungsstilen identifizieren? Wenn ja: Welche Merk-
malsprofile bestehen und wie lassen sich die Cluster interpretieren?
Antwort: Ja, es lassen sich vier homogene Personengruppen mit typischen Konfigurationen von Selbstdar-
stellungs- und Führungsstilen identifizieren.

Merkmalsprofile und Interpretation:


- Merkmalsprofil 1: Im Vergleich zur Gesamtstichprobe zeichnet sich Merkmalsprofil 1 durch eine über-
durchschnittliche Ausprägung der Persönlichkeitsdarstellung, eine mittlere Ausprägung akquisitiver und
eine unterdurchschnittliche Ausprägung protektiver Selbstüberwachung aus. Personen dieses Clusters
werden als schwache Selbstüberwacher bezeichnet. Sie weisen im Vergleich zur Gesamtstichprobe eine
durchschnittliche Ausprägung transformationaler Führungsstile und eine überdurchschnittliche Tendenz
zur Mood Manipulation auf.
- Merkmalsprofil 2: Im Vergleich zur Gesamtstichprobe zeichnet sich Merkmalsprofil 2 durch eine über-
durchschnittliche Ausprägung protektiver und akquisitiver Selbstüberwachung sowie eine unterdurch-
schnittliche Ausprägung der Persönlichkeitsdarstellung aus. Personen dieses Clusters werden als starke
Selbstüberwacher bezeichnet. Sie weisen im Vergleich zur Gesamtstichprobe eine leicht überdurch-
schnittliche Ausprägung transformationaler Führungsstile und eine leicht unterdurchschnittliche Tendenz
zur Mood Manipulation auf.
- Merkmalsprofil 3: Im Vergleich zur Gesamtstichprobe zeichnet sich Merkmalsprofil 3 durch eine über-
durchschnittliche Ausprägung der Persönlichkeitsdarstellung, eine weit überdurchschnittliche Ausprä-
gung akquisitiver Selbstüberwachung und eine weit unterdurchschnittliche Ausprägung protektiver
Selbstüberwachung aus. Personen dieses Clusters werden als akquisitive Selbstüberwacher oder Persön-
lichkeitsdarsteller bezeichnet. Sie weisen im Vergleich zur Gesamtstichprobe die höchste Ausprägung
transformationaler Führungsstile und eine leicht unterdurchschnittliche Tendenz zur Mood Manipulation
auf.
- Merkmalsprofil 4: Im Vergleich zur Gesamtstichprobe zeichnet sich Merkmalsprofil 4 durch eine über-
durchschnittliche Ausprägung protektiver Selbstüberwachung, eine weit unterdurchschnittliche Ausprä-
gung der Persönlichkeitsdarstellung und eine weit unterdurchschnittliche Ausprägung akquisitiver
Selbstüberwachung aus. Personen dieses Clusters werden als protektive Selbstüberwacher bezeichnet.
Sie weisen im Vergleich zur Gesamtstichprobe die niedrigste Ausprägung transformationaler Führungs-
stile und die niedrigste Tendenz zur Mood Manipulation auf.

Insgesamt entsprechen die gruppenspezifischen Profile in der Ausprägung der Selbstdarstellungsstile der
4-Cluster-Lösung nach Laux und Renner (2002). Die vier Cluster können damit in der Stichprobe der Füh-
rungskräfte repliziert und systematische Zusammenhänge zur Ausprägung der transformationalen Füh-
rungsstile aufgezeigt werden.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 339

5.1.1.3 Fragestellung II/1


Fragestellung II/1: Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile
Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings
bei den teilnehmenden Führungskräften die Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full
Range of Leadership entsprechend der Zielsetzungen des Interventionsprogramms?

Haupthypothese II/1 (siehe Kasten) wurde zum einen durch einen Vergleich der Interventions-
gruppe mit der Gruppe C (Vergleichsgruppe ohne Intervention), zum anderen über die direkte
und indirekte Veränderungsmessung in den einzelnen Interventionsgruppen A und B überprüft.
Es werden zunächst die Ergebnisse aus dem Vergleich der gesamten Interventionsgruppe mit
Vergleichsgruppe C dargestellt und interpretiert (siehe Punkt a), bevor auf die Ergebnisse der
Hypothesenüberprüfung in den einzelnen Interventionsgruppen A und B eingegangen wird (sie-
he Punkt b). Darüber hinaus werden Wirksamkeitsunterschiede zwischen den Interventionsbe-
dingungen A und B diskutiert (siehe Punkt d), bevor Fragestellung II/1 zusammenfassend be-
antwortet wird (siehe Punkt d).

Haupthypothese II/1: Veränderungshypothese zur Häufigkeit des Einsatzes der Füh-


rungsstile
In der gesamten Interventionsgruppe sowie in den einzelnen Interventionsgruppen A
(Gruppenworskshops) und B (Gruppenworkshops und Einzelcoachings) nehmen aus Sicht der
Mitarbeiter der teilnehmenden Führungskräfte die Häufigkeit des Einsatzes der
transformationalen Führungsstile und des Stils der leistungsorientierten Anerkennung zu, die
Häufigkeit des Einsatzes des Laissez Faire-Stils nimmt ab.

a) Vergleich der Interventionsgruppe mit der Gruppe C

Gruppenunterschiede zu t1
Die Ergebnisse aus dem Vergleich der Interventionsgruppe mit der Gruppe C zu t1 lassen sich
folgendermaßen zusammenfassen:
 Die Selbsteinschätzungen zur Häufigkeit der Führungsstile bei den Führungspersonen der
Gruppe C unterscheiden sich zu t1 nicht in systematischer Form von den Selbsteinschätzun-
gen der Interventionsgruppe.
 Das Führungsverhalten der Führungspersonen der Gruppe C wird von den Mitarbeitern zu
t1 in einem Großteil der Variablen tendenziell positiver bewertet als das Führungsverhalten
der Personen der Interventionsgruppe. Die Gruppenunterschiede erreichen jedoch nicht das
Ausmaß statistischer Signifikanz.

Die Ergebnisse können folgendermaßen interpretiert werden:


Systematische Unterschiede in der Selbsteinschätzung zu t1 können als Erklärung für
Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung der abhängigen Variablen ausgeschlossen
werden.
Zum Zeitpunkt der selbst gewählten Zuordnung auf die Gruppen hatten die Führungs-
personen das Ergebnis der Fremdeinschätzung noch nicht rückgemeldet bekommen. Daher kön-
nen systematische Unterschiede in der Fremdeinschätzung zu t1 als Einflussfaktor auf die
Selbstselektion ausgeschlossen werden, müssen aber bei der Interpretation von Gruppenunter-
schieden in der Veränderung der Variablen berücksichtigt werden: Es ist zu interpretieren, dass
5 Diskussion 340

das hohe Ausgangsniveau der Ausprägung der transformationalen Führungsstile und des Stils
der leistungsorientierten Anerkennung in der Gesamtstichprobe dazu führen, dass Veränderun-
gen in die erwünschte Richtung generell schwierig nachzuweisen sind. Positive Veränderungen
im Führungsverhalten müssten sehr stark ausfallen, damit sie von den Mitarbeitern als Verände-
rung bewertet werden und sich entsprechend in den Fragebogenwerten niederschlagen. So erzie-
len die Führungspersonen bereits vor der Intervention im Mittel Häufigkeitsausprägungen der
transformationalen Führungsstile und von Contingent Reward zwischen „hin und wieder“ mit
der Tendenz zu „oft“ (Werte zwischen 3 und 4 auf einer fünfstufigen Skala). Um hier Verände-
rungen zu erzielen, müssten die jeweiligen Items von den Mitarbeitern durchschnittlich mit
„oft“ bis „regelmäßig / fast immer“ bewertet werden (Werte zwischen 4 und 5 auf einer fünfstu-
figen Skala). Dies würde bedeuten, dass das durchschnittliche Führungsverhalten der Führungs-
personen der Stichprobe einem Idealprofil im Sinne des Modells des Full Range of Leadership
entsprechen müsste. Da die Führungspersonen der Gruppe C zu t1 tendenziell noch positiver
von ihren Mitarbeitern bewertet wurden als Führungspersonen der Interventionsgruppe, sind in
Gruppe C Veränderungen entsprechend schwieriger zu erreichen als in der Interventionsgruppe.
Gruppenunterschiede in der Fremdeinschätzung zu t1 müssen also neben der Interventionswir-
kung als Alternativerklärung dafür herangezogen werden, dass die Veränderungen in Gruppe C
geringer ausfallen als in der Interventionsgruppe.

Indirekte Veränderungsmessung
Die in der Hypothese II/1 erwarteten Veränderungen lassen sich über die indirekte Verände-
rungsmessung in der Interventionsgruppe im Gegensatz zur Vergleichsgruppe C in einem Groß-
teil der Führungsstile auf deskriptiver Ebene nachweisen. Sie fallen aber insgesamt gering aus
und erreichen nur für eine transformationale Variable das Ausmaß statistischer Bedeutsamkeit.
Die Einzelergebnisse aus der indirekten Veränderungsmessung lassen sich folgendermaßen
zusammenfassen:
 Im deskriptiven Mittelwertsvergleich lassen sich die erwarteten Veränderungen in der Inter-
ventionsgruppe in sechs von neun Variablen nachweisen. In Gruppe C resultieren hingegen
in sechs von neun Variablen Veränderungen in den Mittelwerten der Führungsstile in der
gegenläufigen Richtung.
 In der Interventionsgruppe ist ein signifikanter Anstieg des Mittelwerts der Skala
Individualized Consideration zu verzeichnen, der das Ausmaß eines kleinen bis mittleren
Effekts erreicht. In der Gruppe C nehmen die Mittelwerte der Variablen Individualized
Consideration und Ausstrahlung hingegen in signifikantem Ausmaß ab.
 Die Veränderungseffekte unterscheiden sich insgesamt nicht signifikant zwischen der Inter-
ventionsgruppe und der Gruppe C.

Die Ergebnisse können folgendermaßen interpretiert werden:


Das Führungsverhalten der Personen der Gruppe C wird im Durchschnitt von den Mit-
arbeitern zu t2 weniger positiv bewertet als zu t1. In Abschnitt 3.1.2.4 wurde berichtet, dass
Führungspersonen der Gruppe C insbesondere zwei Gründe dafür angaben, sich gegen die Teil-
nahme an einer Intervention zu entscheiden: fehlende Zeit und die fehlende Bereitschaft, sich
auf eine Interventionsmaßnahme einzulassen, die von den Personen der oberen Führungsebene
zwar empfohlen, aber von diesen Führungspersonen selbst nicht genutzt wurde. Diese beiden
Aspekte können sich folgendermaßen auf einer Veschlechterung der Werte im MLQ von t1 zu
t2 auswirken. Führungspersonen der Gruppe C können auf Grund ihres überaus positiven
Durchschnittsprofils im MLQ als transformational Führende erachtet werden. Gleichzeitig wer-
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 341

den transformationale Führungsprinzipien von den eigenen Vorgesetzten nicht vorgelebt, wenn
diese den Führungskräften der mittleren und unteren Hierarchieebene zwar eine Weiterentwick-
lungsmaßnahme empfehlen, selbst aber weder am Führungsfeedback noch an den Inter-
ventionsmodulen teilnehmen. Dieses Verhalten der Führungspersonen der oberen Führungsebe-
ne widerspricht der transformationalen Komponente, Einfluss auf die Mitarbeiter durch Vor-
bildlichkeit und Glaubwürdigkeit auszuüben („Erstes I“). Die fehlende Vorbildfunktion der
eigenen Vorgesetzten und die gleichzeitige Empfehlung an die Führungspersonen der unteren
Ebene, an der Intervention teilzunehmen, kann bei den Führungspersonen der Gruppe C Reak-
tanz (Brehm, 1966) ausgelöst und deren Bereitschaft, sich für die eigene Weiterentwicklung zu
engagieren, gemindert haben. Darüber hinaus kann das Vorliegen anderer Verpflichtungen nicht
nur mit der Teilnahme an der Interventionsmaßnahme, sondern auch mit der für Führungsauf-
gaben zur Verfügung stehenden Zeit konkurrieren. Wird weniger Zeit in Führungsaufgaben
investiert, so wirkt sich dies entsprechend auf die Mitarbeitereinschätzungen des Führungsver-
haltens zu t2 aus. Führungspersonen der Gruppe C unterscheiden sich nach dieser Interpretation
von den Führungspersonen der Interventionsgruppe in zwei Aspekten: Ihnen steht weniger Zeit
für die Beschäftigung mit dem eigenen Führungsverhalten zur Verfügung beziehungsweise sind
sie weniger bereit dazu, Zeit dafür zu investieren und sie reagieren auf die Empfehlung der obe-
ren Führungsebene, an der Intervention teilzunehmen, reaktant. Diese spezifischen Merkmale
der Personen der Gruppe C müssen zusätzlich zur Nicht-Teilnahme am Interventionsprogram
als Alternativerklärungen dafür herangezogen werden, dass die Veränderungen in Gruppe C
gegenläufig zu den Veränderungen in der Interventionsgruppe ausfallen.
In der Interventionsgruppe ist im Gegensatz zur Gruppe C ein signifikanter Anstieg des
Mittelwerts der Skala Individualized Consideration (IC) zu verzeichnen, der das Ausmaß eines
kleinen bis mittleren Effekts erreicht. Im Interventionsprogramm wurde ein besonderes Augen-
merk auf die Förderung des transformationalen Führungsstils IC gelegt (siehe 3.3.1.1). Zu die-
sem Führungsstil wurde in zwei Impulsworkshops sowohl Wissen vermittelt, als auch konkrete
Übungen durchgeführt und kollegialer Austausch zur Umsetzung des Führungsstils im Arbeits-
alltag ermöglicht. Darüber hinaus wurden die Führungspersonen im Anschluss an jeden Work-
shop dazu angeleitet, sich für den Führungsalltag konkrete Ziele für die Umsetzung des Erlern-
ten im Führungsalltag zu setzen. Die Veränderungen im Führungsverhalten wurden nicht über
die Selbst- sondern über die Fremdeinschätzungen überprüft. Daher können die Ergebnisse so
interpretiert werden, dass bei den teilnehmenden Führungspersonen nicht nur Veränderungen
auf der Ebene des Lernens (Wissen über und Einstellungsveränderung zu Führung), sondern
darüber hinaus Veränderungen im beobachtbaren Verhalten stattgefunden haben (vgl.
Kirkpatrick, 1976; siehe 1.6.3.1). Diese beobachtbaren Veränderungen im Führungsstil
Individualized Consideration können auf Grund der inhaltlichen Konzeption der Gruppenwork-
shops durch die Wirkung des Interventionsprogramms plausibel interpretiert werden. Sie lassen
sich in der erwarteten Richtung nur in der Interventionsgruppe nachweisen. Alternativerklä-
rungen für die Veränderungen in der Variablen IC werden auf Grund der hohen Plausibilität der
Interventionswirkung ausgeschlossen.
In den Signifikanztests resultieren in der Interventionsgruppe kaum statistisch bedeut-
same Veränderungen zwischen t1 und t2 und zwischen den Gruppen keine statistisch bedeut-
samen Unterschiede im Ausmaß der Veränderungen. Dieses Ergebnis kann entweder über eine
unzureichende Wirksamkeit des Interventionsprogramms oder über die geringe Stichprobengrö-
ße erklärt werden. Für die zweite Erklärung spricht, dass die Stichprobengrößen in den einzel-
nen Gruppen sehr klein und damit die Power der statistischen Tests enorm gering ist (siehe auch
5.2.1.2). Gegen die zweite Erklärung spricht, dass auch die Effektstärken für abhängige Stich-
5 Diskussion 342

proben, die von der Stichprobengröße weitgehend unabhängig sind, in der Interventionsgruppe
sehr gering ausfallen und nur für die Variable Individualized Consideration eine bedeutsame
Größe erreichen. Auf Basis der Ergebnisse aus der indirekten Veränderungsmessung muss da-
her geschlussfolgert werden, dass das Interventionsprogramm zwar tendenzielle Veränderungen
in den Führungsstilen in der erwarteten Richtung bewirkt, die Wirksamkeit aber insgesamt als
unzureichend einzustufen ist. Nur für die Förderung des Führungsstils Individualized
Consideration kann die Wirksamkeit des Interventionsprogramms über die indirekte Verände-
rungsmessung nachgewiesen werden.

Direkte Veränderungsmessung
Die Einzelergebnisse aus der direkten Veränderungsmessung lassen sich folgendermaßen zu-
sammenfassen:
 Die erwarteten Veränderungen lassen sich in der deskriptiven Analyse der Werte aus der
direkten Veränderungsmessung in der Interventionsgruppe für sieben von acht Variablen
nachweisen. Die zu t2 erhobenen Veränderungswerte fallen in der Gruppe C durchwegs ge-
ringer aus und gehen nur für sechs der acht Variablen in die erwartete Richtung.
 Trotz der geringen Power des Signifikanztests resultieren beim varianzanalytischen Grup-
penvergleich der Veränderungswerte signifikante Gruppeneffekte: Diese widersprechen für
die Variable Inspirational Motivation den Erwartungen, da hier stärkere Veränderungen in
der erwünschten Richtung in Gruppe C als in der Interventionsgruppe resultieren. Aller-
dings fallen die mittleren Veränderungswerte hier minimal aus und können daher vernach-
lässigt werden. Für die beiden Variablen Individualized Consideration und Contingent
Reward sind hingegen erwartungskonforme Gruppenunterschiede zu Gunsten der Interven-
tionsgruppe zu verzeichnen. Die mittleren Veränderungswerte weisen auf positive Verände-
rungen hin, fallen allerdings auch hier eher gering aus.
 Für sechs der acht Führungsstile (außer IIa und IIb) resultieren mittlere bis große Effekte für
die Interventionsgruppe (d = .32 bis d = 1.31). Die größten Effektstärken ergeben sich in
den Variablen Intellectual Stimulation, Individualized Consideration und Laissez Faire. Die
mittlere Effektstärke für die sechs transformationalen Variablen liegt bei d = 0.54, die Ef-
fektstärken für leistungsorientierte Anerkennung und Laissez Faire liegen bei d = 0.57 be-
ziehungsweise d = 1.31.

Die Ergebnisse können folgendermaßen interpretiert werden:


Die direkte Veränderungsmessung ist anfälliger für sozial erwünschtes Antwortverhal-
ten als die indirekte Veränderungsmessung. So ist die erwünschte Richtung der Veränderung
auf Grund der Itemformulierungen im MLQ zu erkennen. Im Fragebogen können damit unmit-
telbar sozial erwünschte Bewertungen abgegeben werden, da die Werte für sich interpretiert und
nicht auf Vergleichswerte aus der ersten Erhebung bezogen werden. Die Überlegenheit der
Interventionsgruppe gegenüber der Vergleichsgruppe C kann also auch darauf zurückgeführt
werden, dass die Beurteiler wissen, dass ihre Führungsperson an einer Intervention teilgenom-
men hat und entsprechende positive Veränderungen angeben. Gegen diese Erklärung spricht,
dass das mittlere Ausmaß der Veränderungen auch in der Interventionsgruppe eher gering aus-
fällt. Wenn die Gruppenunterschiede auf sozial erwünschtes Antwortverhalten zurückgeführt
werden könnten, dann müsste das Ausmaß der Veränderungen sehr viel eindeutiger zu Gunsten
der Interventionsgruppe ausfallen. Gegen diese Erklärung spricht auch, dass insbesondere in den
beiden Variablen Individualized Consideration (IC) und Contingent Reward (CR) signifikante
Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung nachweisbar sind. Beide Variablen standen
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 343

im Interventionsprogramm im Fokus (siehe 3.3.1.1) der Bearbeitung. Die Mitarbeiter der Füh-
rungspersonen wurden jedoch erst nach Abschluss des zweiten Führungsfeedbacks über die
Inhalte der Gruppenworkhops informiert. Daher wussten sie nicht, dass insbesondere in den
beiden Variabeln IC und CR Veränderungen angestrebt wurden und entsprechend positive Ver-
änderungswerte erwünscht waren.
Die über die direkte Veränderungsmessung erzielten Effektstärken sind vergleichbar mit
den mittleren Effektstärken, die in der Metaanalyse von Arthur (2003) für Trainings im Allge-
meinen resultieren. Damit kann das Interventionsprogramm als durchschnittlich wirksam einge-
stuft werden. Allerdings liegen die Effektgrößen in der vorliegenden Untersuchung unter den
von Radstaak (2008) ermittelten Effektstärken für eine Kombination von Training und Coa-
ching zur Förderung transformationaler Führung (siehe 3.5.3.1 und 1.1.6.4). Lutz und Grawe
(2007) weisen allerdings darauf hin, dass der Vergleich zwischen zwei Gruppen in der Regel zu
konservativeren Schätzungen des Interventionseffekts führt, als der Vergleich von Prä-Post-
Maßen (siehe 1.6.4.5). Da in der Untersuchung von Radstaak Effektgrößen für den Vergleich
von Prä-Post-Maßen berichtet werden, ist daher zu erwarten, dass diese höher ausfallen als die
in der vorliegenden Untersuchung berichteten Effektstärken aus dem Mittelwertsvergleich der
Interventionsgruppe mit der Gruppe C. Die mittleren bis großen Effekte weisen insgesamt da-
rauf hin, dass die in der Interventionsgruppe angegebenen Veränderungen die Veränderungen in
der Gruppe C übertreffen.
Die größten Effektstärken ergeben sich in den Variablen Intellectual Stimulation,
Individualized Consideration und Laissez Faire. Lassen sich diese Effekte auf das Interventions-
programm zurückführen? Wie oben begründet, lässt sich der Effekt für die Variable
Individualized Consideration plausibel über die Wirkung des Interventionsprogramms erklären.
Auch der Effekt in der Variablen Intellectual Stimulation lässt sich als Interventionseffekt inter-
pretieren, da die Förderung der Eigenständigkeit von Mitarbeitern als übergeordnetes Ziel für
das Führungskräfteentwicklungsprogramm formuliert worden war (siehe 3.3.1.1) und in den
Workshops entsprechende Führungsprinzipien und Verhaltensweisen erarbeitet wurden. Darü-
ber hinaus nahm die Förderung der Eigenständigkeit von Mitarbeitern auch in drei der sechs
Einzelcoachings als individuelles Coachingziel einen zentralen Stellenwert ein (siehe 4.6). Es
kann daher angenommen werden, dass sich die Führungspersonen der Interventionsgruppe auf
Grund der Intervention zunehmen darum bemühten, eigenständiges Denken und Handeln bei
den Mitarbeitern zuzulassen und zu fördern. Für den Effekt in der Variablen Laissez Faire las-
sen sich hingegen neben der Interventionswirkung auch plausible Alternativerklärungen aufstel-
len: Da eine positive Veränderung im Laissez Faire Verhalten impliziert, dass eine Führungs-
person verstärkt aktive Formen der Führung einsetzt und Verhaltensweisen der Nicht-Führung
reduziert, kann jede Art von Beschäftigung mit dem Thema Führung relativ leicht zu diesem
Effekt führen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass hier ein programmgebundener Ef-
fekt mit einem unspezifischen, interventionsgebundenen Effekt konfundiert ist. Auch die Be-
reitschaft der Führungspersonen der Interventionsgruppe, sich mit ihrem Führungsverhalten
auseinander zu setzten und ihr Augenmerk auf das eigene Führungsverhalten zu lenken, kann zu
diesem Effekt führen. Insgesamt werden die Veränderungen in den Variablen Intellectual Sti-
mulation und Individualized Consideration werden auf das Interventionsprogramm zurückge-
führt. Die Veränderungen in der Variablen Laissez Faire könnten durch das Interventionspro-
gramm bedingt sein, es können aber auch andere plausible Erklärungen dafür angeführt werden.
5 Diskussion 344

Fazit
Es lässt sich festhalten, dass sich in der Interventionsgruppe insbesondere über die direkte Ver-
änderungsmessung Veränderungen in den Führungsstilen in der erwarteten Richtung nachwei-
sen lassen. Da diese Veränderungen in der Gruppe C im Vergleich geringer oder sogar gegen-
läufig ausfallen, die Führungspersonen aber nicht randomisiert auf die Gruppen zugeordnet
wurden, können die erwartungskonformen Veränderungen zwar auf die Zugehörigkeit zur
Interventionsgruppe, aber nicht ausschließlich auf das Interventionsprogramm zurückgeführt
werden. Auf Grund der Probleme, die sich auf Grund der geringen Stichprobengrößen bei der
indirekten Veränderungsmessung ergeben (geringe Power der Tests), kann davon ausgegangen
werden, dass tatsächliche Veränderungen in Signifikanztests eher übersehen werden. Daher
wird dem deskriptiven Gruppenvergleich, den Effektgrößen und der direkten Veränderungsmes-
sung größere Bedeutung beigemessen, als der Bewertung der Ergebnisse der indirekten Verän-
derungsmessung über statistische Tests. Auf Basis dieser Ergebnisse kann die Aussage getrof-
fen werden, dass sich in der gesamten Interventionsgruppe Veränderungen in der erwarteten
Richtung ergeben.
 Haupthypothese II/1 wird für die gesamte Interventionsgruppe beibehalten.
Auf Grund des quasi-experimentellen Forschungsdesigns ist es nicht möglich, die Unterschiede
zwischen der Interventionsgruppe und der Vergleichsgruppe C ausschließlich auf die Wirksam-
keit des Interventionsprogamms mit den Modulen Gruppenworkshops und Einzelcoachings
zurückzuführen. Daher wurden verschiedene Alternativerklärungen für die nachgewiesenen
Gruppenunterschiede herangezogen und auf ihre Plausibilität hin geprüft. Die Zugehörigkeit zur
Interventionsgruppe hängt mit erwartungskonformen Veränderungen in einem Großteil der
transformationalen Führungsstile und im Laissez Faire-Verhalten zusammen. Für die meisten
dieser Veränderungen können neben der Wirkung des Interventionsprogramms auch weitere
Erklärungen herangezogen werden.
 Die in Hypothese II/1 erwarteten Veränderungen treten in der Interventionsgruppe im
Gegensatz zur Vergleichsgruppe C auf. Die Veränderungen können auf die Zugehörig-
keit zur Interventionsgruppe, aber nicht auf die alleinige Wirkung des Interventionspro-
gramms zurückgeführt werden.
Für die Variable Individualized Consideration resultieren statistisch bedeutsame Veränderungen
über beide Wege der Veränderungsmessung. Für diese Veränderungen lassen sich darüber hin-
aus Alternativerklärungen auf Grund der hohen Plausibilität eines Interventionseffekts aus-
schließen. Auch die erwartungskonformen Veränderungen in der Variablen Contingent Reward
lassen sich sowohl varianzanalytisch auf die Gruppenzugehörigkeit zurückführen als auch plau-
sibel als Interventionseffekt interpretieren. Das Gleiche gilt für den Führungsstil Intellectual
Stimulation. Veränderungen in diesen drei Variablen werden als Interventionseffekt interpre-
tiert.
 Durch das Interventionsprogramm kann die Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile
Individualized Consideration (IC), Contingent Reward (CR) und Intellectual Stimu-
lation (IS) gefördert werden.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 345

b) Überprüfung der Veränderungshypothesen in den Interventionsgruppen A und B

Zusammenfassung der Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung


In Tabelle 5.1.3 werden die Einzelergebnisse der Überprüfung der operationalen Hypothesen
zur Veränderung in den Interventionsgruppen A und B zusammengefasst und auf dieser Grund-
lage Schlussfolgerungen zu den jeweilig übergeordneten Hypothesen II/1.1 und II/1.2 gezogen.
Tabelle 5.1.3: Überblick über die Ergebnisse zu den Veränderungshypothesen zu Fragestellung II/1
Hypothese Inhalt Ergebnis der Überprüfung/Schlussfolgerungen
Hypothese Gruppenebene: Die erwar- Die Hypothese wird eingeschränkt beibehalten: Erwartete
II/1.1 teten Veränderungen las- Veränderungen lassen sich über die direkte Veränderungs-
sen sich auf Gruppenebene messung in beiden Interventionsgruppen nachweisen, aller-
in den Interventionsgrup- dings fallen diese in Gruppe A sehr gering aus. In der indi-
pen A und B nachweisen. rekten Veränderungsmessung resultieren kleine bis mittlere
Effektstärken in wenigen Variablen.
Operationale Indirekte Veränderungs- Die Hypothese wird verworfen: Im deskriptiven
Hypothese messung: Es werden statis- Mittelwertsvergleich resultieren erwartungskonforme Ver-
II/1.1a tisch bedeutsame Verände- änderungen in sieben von neun Variablen in beiden Grup-
rungen in den Gruppenmit- pen. Allerdings erreichen die erwarteten Veränderungen nur
telwerten der abhängigen für einen kleinen Teil der Variablen das Ausmaß statisti-
Variablen erwartet. scher Bedeutsamkeit: In Gruppe A resultiert ein signifikan-
ter Veränderungseffekt nur für die Variable Individualized
Consideration (IC). In Gruppe B resultieren keine signifi-
kanten Veränderungen. Für beide Gruppen ergeben sich für
IC kleine bis mittlere Effektgrößen des Messzeitpunkts.
Darüber hinaus resultiert für Gruppe A ein kleiner Effekt
des Messzeitpunktes für Idealized Influence attributed, für
Gruppe B ein mittlerer Effekt für die Skala Ausstrahlung.
Operationale Direkte Veränderungsmes- Die Hypothese wird beibehalten: Erwartete Veränderungen
Hypothese sung: Es werden positive lassen sich über die direkte Veränderungsmessung in beiden
II/1.1b Werte für TF und CR, Interventionsgruppen nachweisen. Dabei liegt das Ausmaß
negative Werte für LF der Veränderung in Gruppe B über dem Ausmaß der Verän-
erwartet. derungen in Gruppe A. Insgesamt ist das Ausmaß der Ver-
änderungen jedoch in beiden Gruppen eher gering (Werte
von -.18 bis .22 auf einer Skala von -2 bis +2).
Hypothese Individuumsebene: Die Die Hypothese wird eingeschränkt beibehalten: Die Verän-
II/1.2 erwarteten Veränderungen derungen lassen sich über die direkte und/oder die indirekte
lassen sich auf Einzelfall- Veränderungsmessung bei der Hälfte der Führungspersonen
ebene nachweisen. der beiden Interventionsgruppen nachweisen.
Operationale Indirekte Veränderungs- Die Hypothese wird für drei (FK 1, 2, 10) der vierzehn
Hypothese messung: Im Einzelfall Führungspersonen beibehalten, für alle anderen Führungs-
II/1.2 a werden statistisch bedeut- personen verworfen.
same Veränderungen in
den abhängigen Variablen
erwartet.
Operationale Direkte Veränderungsmes- Die Hypothese wird für sechs (FK 1, 10, 13 17, 18, 19) der
Hypothese sung: Es werden im vierzehn Führungspersonen beibehalten, für alle anderen
II/1.2 b Einzefall positive Werte Führungspersonen verworfen.
für TF und CR, negative
Werte für LF erwartet.
Anmerkungen: TF = Transformationale Führung, LF = Laissez Faire, CR = Contingent Reward
5 Diskussion 346

Interpretation der Ergebnisse


Die Power der Signifikanztests sind insbesondere für die Interventionsgruppe B mit 6 Teilneh-
mern extrem gering. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem statistischen Mittelwertsvergleich signi-
fikante Ergebnisse zu erzielen, ist damit sehr niedrig. Allerdings fallen auch die Effektstärken
für abhängige Stichproben in beiden Interventionsgruppen eher gering aus. Nur für die Variable
Individualized Consideration resultiert in beiden Gruppen ein bedeutsamer Effekt, der in der
Gruppe A (d = .50) über dem Effekt in der Gruppe B (d = 0.30) liegt. Auch wenn in sieben von
neun Variablen Veränderungen in der erwarteten Richtung resultieren, muss Hypothese II/1.1a
auf Grund des geringen Ausmaßes dieser Veränderungen verworfen werden. Im Einzelfall re-
sultieren auch nur für drei der vierzehn Führungspersonen statistisch bedeutsame Verände-
rungseffekte in den Führungsstilen. Damit kann auch die Hypothese II/1.2a nur eingeschränkt
beibehalten werden. Auf der Basis der Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung muss
daher interpretiert werden, dass die beiden Interventionsbedingungen nur in wenigen Einzelfäl-
len wirksam zur Förderung der Führungsstile des Full Range of Leadership sind. Eine Ausnah-
me stellt die Variable Individualized Consideration dar, die in beiden Interventionsgruppen eine
positive Veränderung von t1 zu t2 aufweist. Die Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung
weisen einheitlich auf erwartungskonforme Veränderungen in den Führungsstilen hin, aller-
dings fällt auch hier das Ausmaß der Veränderungen eher gering aus.
Die Ergebnisse der indirekten Veränderungsmessung könnten von der Qualität der Mit-
arbeiterantworten in Bezug auf eine ausreichende Differenzierung zwischen den Fragebogen-
items abhängen. So könnte das Ausmaß, in dem eine Führungskraft von ihren Mitarbeitern als
sympathisch oder unsympathisch bewertet wird, einen Einfluss auf die allgemeine Wahrneh-
mung und Beurteilung des Führungsverhaltens durch die Mitarbeiter – sowohl vor als auch nach
der Intervention – haben. Nach dieser Interpretation würde im Führungsfeedback von den Mit-
arbeitern weniger das konkret beobachtete Führungsverhalten der einzuschätzenden Führungs-
kraft beschrieben, als vielmehr eine globale Bewertung der Führungsperson in positive oder
negative Richtung abgegeben. Vor diesem Hintergrund würden auch Veränderungen im Füh-
rungsverhalten zu keinen veränderten Einschätzungen im Fragebogen führen.
Insgesamt kann die geringe Intensität der Veränderung in den Führungsstilen folgen-
dermaßen interpretiert werden: Es ist möglich, dass das Interventionsprogramm im Sinne des
Modells nach Kirkpatrick (1976) zwar auf der Ebene des Lernens wirksam ist, dass das erwor-
bene Wissen sowie Einstellungsänderungen zum Thema Führung aber nur geringe Veränderun-
gen des Verhaltens nach sich ziehen, weil den Führungspersonen die Kompetenzen oder die
Motivation zur Umsetzung fehlen. So wurden zwar insbesondere im Einzelcoaching aber auch
in den Gruppenworkshops sowohl Fertigkeiten geübt als auch gezielt Instrumente zur Förderung
von Änderungsmotivation eingesetzt (z.B. Aktionsplan, Verwendung von Skalenfragen), aller-
dings waren beide Interventionsmodule zeitlich sehr begrenzt und konnten daher nur Impulse
zur Verhaltensänderung setzen. Für diese Interpretation spricht, dass die Coachingteilnehmer im
Evaluationsinterview nach Abschluss der Maßnahme angaben, dass sie sich mehr Zeit für das
Coaching gewünscht hätten (siehe 4.7). Die Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung führen ins-
gesamt zur folgenden Schlussfolgerung in Bezug auf die Haupthypothese II/1:
 Haupthypothese II/1 wird für die beiden Interventionsgruppen A und B auf der Basis
der direkten und indirekten Veränderungsmessung eingeschränkt beibehalten. So
stimmt zwar die Richtung der Veränderungen für einen Großteil der Variablen mit den
erwarteten Veränderungen überein, die Intensität der Veränderungen fällt jedoch eher
gering aus. Nur für die Variable Individualized Consideration kann die Hypothese für
beide Interventionsgruppen uneingeschränkt beibehalten werden.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 347

c) Ableitung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen


Die Ergebnisse aus dem Vergleich der Veränderungen in den Interventionsgruppen A und B
lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Gruppenanalysen
Auf der Basis der Daten aus der indirekten Veränderungmessung können keine Hypothesen
über Wirksamkeitsunterschiede zwischen den Interventionsbedingungen A und B generiert
werden. Auf der Basis der Daten aus der direkten Veränderungsmessung können keine variab-
lenübergreifenden Wirksamkeitsunterschiede festgestellt werden. Es lassen sich allerdings für
einzelne Variabeln bedeutsame Wirksamkeitsunterschiede feststellen, aus denen die Wirksam-
keitsunterschiedshypothese I abgeleitet wird.
 Wirksamkeitsunterschiedshypothese 1: Das Ausmaß der Veränderung in der Häufigkeit
des Einsatzes der Führungsstile leistungsorientierte Anerkennung (CR) und
Inspirational Motivation (IM) unterscheidet sich je nach Interventionsbedingung. Die
Wirksamkeit der Interventionsbedingung B (Gruppenworkshops plus Einzelcoachings)
zur Förderung dieser Führungsstile geht über die Wirksamkeit der Interventionsbedin-
gung A (Gruppenworkshops) hinaus.
Die beiden Interventionsgruppen A und B unterscheiden sich in der Ausprägung der abhängigen
Variablen zu t1: Führungskräfte der Interventionsgruppe B werden im Mittel von ihren Mitar-
beitern als weniger transformational, insbesondere als weniger charismatisch beschrieben als
Führungspersonen der Interventionsgruppe A. Dieser Gruppenunterschied muss bei der Ablei-
tung von Wirksamkeitsunterschieden berücksichtigt werden. So wäre es möglich, dass ein nicht
signifikanter Effekt zwischen den Gruppen A und B zu t1 durch die Intervention signifikant
wird. Wäre dies der Fall, dann müssten Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung nur
in Variablen zu beobachten sein, in deren Ausprägung sich die Gruppen schon zu t1 unterschie-
den. Wirksamkeitsunterschiede werden für die beiden Variablen CR und IM angenommen. Die
varianzanalytische Überprüfung brachte für diese beiden Variablen keine signifikanten Grup-
peneffekte zu t1. Beim deskriptiven Mittelwertsvergleich wird allerdings deutlich, dass die Per-
sonen der Gruppe A von ihren Mitarbeitern in beiden Variablen positiver eingeschätzt werden
als Personen der Gruppe B. Bereits unter Punkt a) wurde diskutiert, dass Veränderungen die
erwünschte Richtung umso schwieriger zu erzielen sind, je höher bereits der Ausgangswert ist.
Daher können die Unterschiede zwischen den Interventionsgruppen A und B auch auf das un-
terschiedliche Ausgangsniveau des Führungsverhaltens zurückgeführt werden. Um Aussagen
über tatsächliche Wirksamkeitsunterschiede der Interventionsbedingungen machen zu können,
müsste sich Wirksamkeitsunterschiedshypothese 1 in einem Forschungsdesing mit einer rando-
misierten Aufteilung der Teilehmer auf die Gruppen bewähren.

Einzelfallanalysen
In den Einzelfallanalysen wird deutlich, dass der relative Anteil der erfolgreichen Führungskräf-
te (Fälle, in denen Veränderungen in der erwarteten Richtung auftreten) in Gruppe B über dem
relativen Anteil erfolgreicher Fälle in Gruppe A liegt. Aus diesem Ergebnis lässt sich Wirksam-
keitsunterschiedshypothese 2 ableiten:
 Wirksamkeitsunterschiedshypothese 2: Führungskräfte, die zusätzlich zu den Gruppen-
workshops an Einzelcoachings teilnehmen, zeigen im Einzelfall mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit erwartete Veränderungen in den Führungsstilen des Full Range of
Leadership als Führungskräfte, die nur an den Gruppenworkshops teilnehmen.
5 Diskussion 348

Da sich die Führungspersonen selbst für die Teilnahme an der Intervention entschieden haben,
können die positiven Veränderungen nicht ausschließlich auf die Wirkung des Einzelcoachings
zurückgeführt werden, sondern es müssen darüber hinaus Unterschiede in individuellen Merk-
malen der Führungspersonen berücksichtigt werden. Wie in Abschnitt 3.1.2.4 aufgezeigt, könn-
ten Führungspersonen der Interventionsgruppe B sowohl eine höhere Änderungsmotivation als
auch eine höhere Tendenz zur Selbstreflexion aufweisen als Führungspersonen der anderen
beiden Gruppen. Beides wirkt sich wiederum positiv auf Verhaltensänderungen aus. Darüber
hinaus könnten positive Erfolgserwartungen an die Einzelcoachings bei den Führungspersonen
der Gruppe B dazu beitragen, dass Verhaltensänderungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit
ausprobiert und in den Führungsalltag übertragen werden. Wenn allerdings solche Merkmale
bei der Selbstzuordnung auf die Gruppen eine Rolle gespielt haben, dann scheinen sie auf be-
obachtbare Veränderungen weniger Einfluss zu nehmen, da sonst die Ergebnisse eindeutiger zu
Gunsten der Interventionsgruppe B hätten ausfallen müssen.

d) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/1


In Tabelle 5.1.4 wird die Fragestellung II/1 zusammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.4: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/1


Fragestellung II/1: Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzel-
coachings bei den teilnehmenden Führungskräften die Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full
Range of Leadership entsprechend der Zielsetzungen des Interventionsprogramms?
Antwort: Ja, im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworkshops und Einzelcoachings resultieren
Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full Range of Leadership entspre-
chend der Zielsetzungen des Interventionsprogramms. So nimmt die Häufigkeit des Einsatzes des Füh-
rungsstils Contingent Reward aus Sicht der Mitarbeiter bei den teilnehmenden Führungspersonen zu, die
Häufigkeit von Laissez Faire-Verhaltensweisen nimmt ab. Auch die Häufigkeit des Einsatzes eines Groß-
teils der transformationalen Variablen nimmt aus Sicht der Mitarbeiter tendenziell zu. Die Veränderungen
fallen allerdings insgesamt gering aus. Die deutlichsten Veränderungen ergeben sich für den Führungsstil
Individualized Consideration (IC). Veränderungen in den Führungsstilen Individualized Consideration (IC),
Intellectual Stimulation (IS) und Contingent Reward (RC) können auf die Wirkung des Interventionspro-
gramms zurückgeführt und andere Alternativerklärungen für die Veränderungen ausgeschlossen werden.
Alle anderen Veränderungen sind als Resultat des Zusammenspiels der Interventionsbedingung, der Aus-
prägung der Führungsstile zu t1 und spezifischer Merkmale der Gruppenmitglieder zu betrachten.

Generierung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen der Interventionsbedingungen A und B


- Die beiden Interventionsbedingungen A und B unterscheiden sich kaum in Bezug auf erwartete Verän-
derungen in den Führungsstilen.
- Nur für die Variablen Contingent Reward (CR) und Inspirational Motivation (IM) kann ein zusätzlicher
Effekt des Interventionsmoduls Einzelcoaching über die Gruppenworkshops hinaus aufgezeigt werden.
Diese Wirksamkeitsunterschiedshypothese müsste sich jedoch in einem Forschungsdesing mit randomi-
sierter Gruppenaufteilung bewähren, um die inkrementelle Wirksamkeit der Einzelcoachings nachwei-
sen zu können.
- Der relative Anteil derjenigen Führungspersonen, bei denen die erwarteten Veränderungen auftreten, ist
in Interventionsgruppe B höher als in Interventionsgruppe A. Daraus wird die Hypothese abgeleitet, dass
im Einzelfall mit einer höheren Wahrscheinlichkeit erwartete Veränderungen in den Führungsstilen des
Full Range of Leadership auftreten, wenn die Führungspersonen zusätzlich zu den Gruppenworkshops
an Einzelcoachings teilnehmen.
- Insgesamt gibt es schwache Hinweise auf eine inkrementelle Wirksamkeit der Einzelcoachings über die
Gruppenworkshops hinaus in Bezug auf die Erreichung der Zielsetzungen des Interventionsprogramms.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 349

5.1.1.4 Fragestellung II/2


Fragestellung II/2: Veränderungen im Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremd-
einschätzungen
Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings
der Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes
der Führungsstile des Full Range of Leadership?

In Abschnitt 1.4 des Theorieteils wurde die These abgeleitet, dass sich der Übereinstimmungs-
grad zwischen Selbst- und Fremeinschätzungen bei einer wiederholten Durchführung des Füh-
rungsfeedbacks zwischen dem ersten und zweiten Messzeitpunkt erhöht. Darüber hinaus wird
angenommen, dass durch das Interventionsprogramm eine Annäherung von Selbst- und Fremd-
einschätzungen begünstigt wird. Das Kriterium der Veränderungen im Übereinstimmungsgrad
soll eine Aussage darüber ermöglichen, inwieweit es der Führungsperson gelingt,
transformationale Führungsprinzipien entsprechend ihrer Selbstbilder zum Ausdruck zu bringen
(Prozess der Selbstdarstellung) beziehungsweise Rückmeldung der Interaktionspartner zu ihrer
Außenwirkung adäquat zu interpretieren (Prozess der Selbstbewertung).
Haupthypothese II/2 (siehe Kasten) wurde zum einen durch einen Vergleich der Inter-
ventionsgruppe mit der Gruppe C (Vergleichsgruppe ohne Intervention), zum anderen in den
einzelnen Interventionsgruppen A und B überprüft. Es werden zunächst die Ergebnisse aus dem
Vergleich der gesamten Interventionsgruppe mit Vergleichsgruppe C dargestellt und interpre-
tiert (siehe Punkt a), bevor auf die Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung in den einzelnen
Interventionsgruppen A und B eingegangen wird (siehe Punkt b). Darüber hinaus werden Wirk-
samkeitsunterschiede zwischen den Interventionsbedingungen A und B diskutiert (siehe Punkt
d), bevor Fragestellung II/2 zusammenfassend beantwortet wird (siehe Punkt d).

Haupthypothese II/2: Veränderungshypothese zum Übereinstimmungsgrad der Selbst-


und Fremdeinschätzungen
In der gesamten Interventionsgruppe sowie in den Interventionsgruppen A
(Gruppenworskshops) und B (Gruppenworkshops und Einzelcoachings) nimmt der Überein-
stimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der Füh-
rungsstile des Full Range of Leadership jeweils zu.

a) Vergleich der Interventionsgruppe mit der Gruppe C

Gruppenunterschiede in der Höhe der Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdeinschät-


zungen
In der Interventionsgruppe resultieren vor und nach der Intervention positive Selbst-Fremd-
Korrelationen der Führungsdimensionen, die nur in unbedeutender bis moderater Höhe zwi-
schen r = .05 bis r = .37 liegen. Diese eher niedrigen Korrelationen stimmen mit Zusammen-
hängen zwischen Selbst- und Mitarbeitereinschätzungen überein, die sich in anderen multiper-
spektivischen Führungsfeedbacks mit höherer Stichprobenzahl zeigen: So ergibt sich in der
Untersuchung von Rathgeber (2005) eine mittlere Selbst-Aufwärts-Korrelation in unbedeuten-
der Höhe von r = .06 (S. 291), die allerdings sowohl auf positiven als auch auf negativen Korre-
lationen in den einzelnen Führungsdimensionen beruht und daher nur eingeschränkt interpretiert
werden kann. Die höchsten Korrelationen zwischen Selbst- und Mitarbeitereinschätzungen lie-
gen bei Rathgeber allerdings auch nur bei r = .36. Darüber hinaus finden sich in der Inter-
5 Diskussion 350

ventionsgruppe zu t1 in zwei Variablen, zu t2 in drei Variablen nicht unbedeutende, negative


Selbst-Fremd-Korrelationen.
In Gruppe C resultieren fast durchgehend höhere Selbst-Fremd-Korrelationen als in der
Interventionsgruppe (Korrelationen bis maximal r = .84). Diese Korrelationen fallen höher aus
als Zusammenhänge zwischen Selbst- und Mitarbeitereinschätzungen, die sich in anderen mul-
tiperspektivischen Führungsfeedbacks mit höherer Stichprobenzahl zeigen (vgl. Rathgeber,
2005). Darüber hinaus liegen in der Gruppe C kaum negative Zusammenhänge vor. Über die
Variablen hinweg sind demnach die Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen sowohl zu t1 als auch zu t2 höher als in der Interventionsgruppe.
Die Gruppenunterschiede können folgendermaßen interpretiert werden: In Abschnitt
3.1.2.4 war die These aufgestellt worden, dass Personen, die sich für eine Teilnahme an den
Interventionsmodulen entschieden hatten, ein höheres Ausmaß an Selbstreflexion hinsichtlich
des eigenen Führungsverhaltens aufweisen als Führungspersonen, die sich gegen die Teilnahme
an einer Intervention entschieden. Nach Riedelbauch und Laux (2011) bezieht sich Selbstrefle-
xion auf Aspekte der Innensicht der Person (Reflexion des realen und idealen Selbstkonzepts),
auf Aspekte der Außensicht der Person (Verhalten und subjektive Deutung anderer Personen)
sowie auf das Zusammenspiel von Innen- und Außensicht, das innerhalb bestimmter Rahmen-
bedingungen durch die Selbstdarstellung der Person moderiert wird. Gegenstand der Selbst-
reflexion sind somit z. B. die realen und möglichen Selbstbilder, Motive und Kompetenzen, die
Außenwirkung der eigenen Person und die Mechanismen, die zu dieser Außenwirkung führen.
Nach dieser Auffassung kann das Ausmaß der Selbstreflexion durch den Übereinstimmungs-
grad zwischen Selbst- und Fremdbildern operationalisiert werden. Damit wird deutlich, dass die
in Abschnitt 3.1.2.4 aufgestellte These nicht zutrifft: Bei Führungspersonen der Gruppe C liegt
im Durchschnitt ein höherer Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen vor als bei den Führungspersonen der Interventionsgruppe. Es kann geschlussfolgert wer-
den, dass Führungspersonen der Gruppe C zu t1 im Durchschnitt ein höheres Ausmaß an Selbst-
reflexion in Bezug auf die persönliche Gestaltung ihrer Führungsrolle aufweisen als Führungs-
personen der Interventionsgruppe.
Betrachtet man die Korrelationen in den Variablen über beide Gruppen hinweg, so er-
geben sich die niedrigsten Übereinstimmungen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur
Variable Individualized Consideration (r= .02 bis .13). Die Führungspersonen beider Gruppen
überschätzen sich im Mittel auf dieser Variablen sowohl zu Messzeitpunkt 1 als auch zu Mess-
zeitpunkt 2. Dieses Ergebnis kann folgendermaßen interpretiert werden: Jeder einzelne Mitar-
beiter misst die Ausprägung dieses Führungsstils ausschließlich daran, wie sich die Führungs-
person ihm gegenüber verhält, wohingegen die Führungsperson die Ausprägung dieses Füh-
rungsstils an der Summe der jeweiligen Interaktionen über alle Mitarbeiter hinweg festmacht.
Damit ergibt sich ein jeweils unterschiedlicher Bezugsrahmen für die Bewertungen, der sich auf
die Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen auswirkt.

Veränderungen in der Höhe der Korrelationskoeffizienten


In der Interventionsgruppe lassen sich in drei der sechs transformationalen Variablen (IIb, IM
und IC) sowie in den Variablen Contingent Reward und Management by Exception active und
passive Veränderungen in der Höhe der Korrelationen in der erwarteten Richtung festhalten. Bei
sechs der zehn Führungsstile nimmt der Übereinstimmungsgrad demnach tendenziell zu.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 351

In Gruppe C lassen sich ebenfalls in drei der sechs transformationalen Variablen (IIa, IIb und
AUS) sowie in den Variablen Contingent Reward und Management by Exception active und
passive Veränderungen in der Höhe der Korrelationen in der erwarteten Richtung festhalten. Bei
sechs der zehn Führungsstile nimmt der Übereinstimmungsgrad also auch in dieser Gruppe ten-
denziell zu.
Die These aus Abschnitt 1.4, dass sich der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen bei einer wiederholten Durchführung des Führungsfeedbacks zwischen
dem ersten und zweiten Messzeitpunkt erhöht, kann auf Basis der korrelativen Ergebnisse dem-
nach tendenziell bestätigt werden. Es resultieren jedoch keine Unterschiede zwischen den bei-
den Gruppen, sodass die leichte Erhöhung des Übereinstimmungsgrades in sechs von zehn Va-
riablen nicht auf die Interventionsbedingung zurückgeführt werden kann, sonder eher mit der
wiederholten Durchführung des Führungsfeedbacks begründet werden muss. Anhand der Mit-
telwerte der Selbst- und Fremdeinschätzungen zu den Messzeitpunkten t1 und t2 in den Tabel-
len 4.3.1 und 4.3.2 (siehe 4.3.1.1) wird deutlich, dass die Erhöhung des Übereinstimmungsgra-
des in beiden Gruppen im Durchschnitt eher auf eine Abnahme der Selbsteinschätzungen als auf
eine Zunahme der Fremdeinschätzungen zurückzuführen ist. Es kann geschlussfolgert werden,
dass sich Führungspersonen nach der Intervention im Durchschnitt weniger überschätzen als vor
der Intervention. Dies stimmt mit den Ergebnissen der Untersuchug von Johnson und Ferstl
(1999) überein, nach denen sich Führungspersonen bei einer wiederholten Durchführung eines
Führungsfeedbacks in ihrer Selbsteinschätzung an die Fremdeinschätzung anpassen (siehe
1.4.3.3).

Veränderungen in den Niveauunterschieden


Für die Veränderungen im Übereinstimmungsgrad auf Basis der Niveauunterschiede zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 und zu t2 resultieren in der Interventionsgruppe nur für
die Hälfte der Variablen erwartungskonforme Differenzen, in der Gruppe C für vier der zehn
Variablen. Die Ergebnisse zu den Niveauunterschieden lassen demnach keine systematische
Richtung der Entwicklung des Übereinstimmungsgrades über die Variablen hinweg erkennen.
Darüber hinaus bestehen kaum Unterschiede zwischen der Interventionsgruppe und der Ver-
gleichsgruppe C.
Die Ergebnisse können folgendermaßen interpretiert werden: Es ist möglich, dass sich
in den jeweiligen Einzelfällen der Übereinstimmungsgrad in unterschiedlichem Ausmaß verän-
dert. Werden die individuellen Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen über die Einzelfälle hinweg gemittelt und diese Mittelwerte zwischen t1 und t2
verglichen, so resultiert entsprechend nur eine Aussagen über die durchschnittliche Verände-
rung im Übereinstimmungsgrad. Die durchschnittliche Veränderung ist als nicht erwartungs-
konform einzustufen, es kann aber sein, dass im Einzelfall eine Annäherung von Selbst- und
Fremdeinschätzungen stattfindet. Die Ergebnisse aus der Betrachtung auf Einzelfallebene wer-
den unter Punkt b zusammengefasst. Eine weitere Interpretation bezieht sich auf die Wirksam-
keit des Interventionsprogramms. Nachdem sich keine Unterschiede zwischen den beiden
Gruppen ausmachen lassen, muss davon ausgegangen werden, dass sich das Interventions-
programm hinsichtlich des Kriteriums der Erhöhung des Übereinstimmungsgrades als nicht
wirksam erweist. Weiterhin muss die These aus Abschnitt 1.4, dass sich der Übereinstim-
mungsgrad zwischen Selbst- und Fremeinschätzungen bei einer wiederholten Durchführung des
Führungsfeedbacks zwischen dem ersten und zweiten Messzeitpunkt erhöht, auf der Basis der
Ergebnisse aus den Niveauunterschieden eher verworfen werden.
5 Diskussion 352

Fazit
Der mittlere Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen (= mittlere
Absolutwerte der Differenzen beziehungsweise Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen) zur gezeigten Häufigkeit der Führungsstile des Full Range of Leadership nimmt
von Messzeitpunkt 1 zu Messzeitpunkt 2 nur bei der Hälfte der Variablen zu. Es besteht kaum
ein Unterschied zur Vergleichsgruppe C.
 Hypothese II/2 wird für die gesamte Interventionsgruppe auf der Basis des Vergleichs
mit Gruppe C verworfen.

b) Überprüfung der Veränderungshypothesen in den Interventionsgruppen A und B

Gruppenunterschiede in der Ausprägung der Korrelationen


Der mittlere Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen liegt vor der
Intervention bei acht der zehn Variablen, nach der Intervention bei neun von zehn Variablen für
die Gruppe B höher als in Gruppe A. Führungspersonen der Interventionsgruppe B stimmen
demnach sowohl vor als auch nach der Intervention in einem höheren Ausmaß mit der Ein-
schätzung durch ihre Mitarbeiter überein als Führungspersonen der Interventionsgruppe A.
Dieses Ergebnis kann folgendermaßen interpretiert werden: In Punkt a wurde aufge-
zeigt, dass über den Übereinstimmungsgrad das Ausmaß der führungsbezogenen Selbstreflexion
operationalisiert werden kann. Führungspersonen der Gruppe B weisen damit sowohl vor als
auch nach der Intervention ein höheres Ausmaß an Selbstreflexion auf als Führungspersonen
der Gruppe A.

Veränderungen in der Höhe der Korrelationskoeffizienten


Die Korrelationen nehmen in der Gruppe B bei der Hälfte der Variablen (IM, IC, CR, MBA und
MBP) in der erwarteten Richtung zu, in der Gruppe A nur bei drei der zehn Variablen (IC, CR
und MBP). Es lässt sich also eine leichte Überlegenheit der Interventionsbedingung B gegen-
über der Bedingung A in Bezug auf dieses Wirksamkeitskriterium vermuten. Allerdings muss
bei der Interpretation dieses Ergebnisses berücksichtigt werden, dass das durchschnittliche Aus-
gangsniveau der Übereinstimmungen zu t1 in Gruppe B über dem von Gruppe A liegt. Im Theo-
rieteil in Abschnitt 1.4.3.3 wurde aufgezeigt, dass realistische Selbsteinschätzer eher Hinweise
von anderen annehmen und eher bereit sind, ihr Verhalten entsprechend zu verändern. Es kann
also interpretiert werden, dass Führungspersonen der Gruppe B auf Grund ihrer Fähigkeit, ihr
Verhalten eher in Übereinstimmung mit den Mitarbeitern einzuschätzen, stärkere Verhaltensän-
derungen oder Veränderungen in den führungsbezogenen Selbstbildern zeigen als Führungsper-
sonen der Gruppe A. Wenn die Mitarbeiter diese Verhaltensänderungen wahrnehmen, verändert
sich auch deren Einschätzung der Führungsperson zu t2. Überschätzungen der Führungsperson
zu t1 werden dadurch relativiert. Wenn die Führungspersonen ihre Selbstbilder auf Grund der
Rückmeldung zu t1 verändern, gleichen sie sich in ihren Einschätzungen an die Mitarbeiterein-
schätzungen an. Auch dies führt zu einer Erhöhung des Übereinstimmungsgrades. Das tenden-
ziell höhere Ausmaß der Veränderungen im Übereinstimmungsgrad in Gruppe B als in Gruppe
A kann also sowohl durch die unterschiedlichen Interventionseffekte als auch durch das unter-
schiedliche Ausgangsniveau im Übereinstimmungsgrad erklärt werden.
In den anderen Variablen lassen sich in beiden Gruppen auch unerwartete Veränderun-
gen feststellen: So nehmen in Gruppe A in vier Variablen (IIa, IIb, IM und AUS) negative Kor-
relationen zu, in Gruppe B resultieren in zwei Variablen (IIa und IS) nach der Intervention im
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 353

Gegensatz zu vor der Intervention negative Korrelationen. Es lässt sich kein einheitliches Mu-
ster über diese Variablen hinweg erkennen, das darauf hinweisen würde, ob die Verminderung
im Übereinstimmungsgrad in erster Linie auf eine Veränderung der Selbst- oder Fremdeinschät-
zungen zurückzuführen ist.

Veränderungen in den Niveauunterschieden


Die erwarteten Veränderungen von t1 zu t2 in der Höhe der Differenzen zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen lassen sich in der Gruppe B für acht der elf Variablen nachweisen, in der
Gruppe A für drei der elf Variablen. Auch das Ausmaß der jeweiligen Veränderungen fällt für
Gruppe B höher aus als für Gruppe A. Es wird deutlich, dass in sechs der elf Variablen in der
Gruppe B auch höhere erwartungskonforme Veränderungen im Übereinstimmungsgrad resultie-
ren als in der Vergleichsgruppe C. Besonders hohe Veränderungen im Übereinstimmungsgrad
lassen sich dabei in den Variablen IIb, IC und MBP beobachten. Die Annäherung zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzung für die beiden Variablen IIb und IC findet beidseitig statt, d.h.
die Führungspersonen geben sich nach der Intervention niedrigere Werte und bekommen
gleichzeitig von ihren Mitarbeitern höhere Werte zugeschrieben als vor der Intervention. Dies
zeigt sich auch im Mittelwert aller transformationalen Skalen (TF), der in der Selbsteinschät-
zung in der Interventionsgruppe B von t1 zu t2 abnimmt, in der Fremdeinschätzung zunimmt
(siehe Tabelle 4.3.6, Abschn. 4.3.2.1). Somit beruht die erwartungskonforme Zunahme im
Übereinstimmungsgrad zwischen den gemittelten Selbst- und Fremdeinschätzungen zu den
Skalen transformationaler Führung in der Interventionsgruppe B auf einer erwünschten Zunah-
me transformationaler Verhaltensweisen aus Mitarbeitersicht bei gleichzeitiger Abnahme der
Überschätzung der Häufigkeit dieser Verhaltensweisen durch die Führungspersonen.

Einzelfallanalysen
Bei acht der vierzehn Führungspersonen (FK 1, 4, 5, 6, 10, 13, 17 und 19) resultieren durch-
schnittliche Veränderungen im Übereinstimmungsgrad über die Variablen hinweg in der erwar-
teten Richtung. Das Ausmaß der Veränderung fällt bei den Führungspersonen 1 und 10 am
höchsten aus. Bei sieben dieser acht Führungspersonen resultieren bei mindestens sechs der elf
Variablen erwartungskonforme Veränderungen im Übereinstimmungsgrad (FK 1, 4, 5, 6, 10, 13
und 19).

Fazit
In Tabelle 5.1.5 werden die Einzelergebnisse der Überprüfung der Hypothesen II/2.1 und II/2.2
zur Veränderung des Übereinstimmungsgrades in den Interventionsgruppen A und B zusam-
mengefasst und auf dieser Grundlage Schlussfolgerungen zur übergeordneten Hypothese II/2
gezogen.
5 Diskussion 354

Tabelle 5.1.5: Überblick über die Ergebnisse zu den Veränderungshypothesen zu Fragestellung II/2
Hypothese Inhalt Ergebnis der Überprüfung/Schlussfolgerungen
Hypothese Gruppenebene: Der mitt- Hypothese II/2.1 wird für die Interventionsgruppe B beibe-
II/2.1 lere Übereinstimmungs- halten, für die Interventionsgruppe A verworfen.
grad nimmt in beiden Der mittlere Übereinstimmungsgrad nimmt in der Inter-
Interventionsgruppen von ventionsgruppe B in einem Großteil der Führungsstile zu.
t1 zu t2 zu. Die erwartungskonforme Veränderung im Überein-
stimmungsgrad zeigt sich insbesondere in einer Verringe-
rung der Niveauunterschiede zwischen Selbst- und Fremd-
einschätzungen. In der Gruppe A resultieren nur bei drei der
zehn Führungsstile erwartungskonforme Veränderungen im
Übereinstimmungsgrad.
Hypothese Einzelfallebene: Der indi- Hypothese II/2.2 wird für sieben der vierzehn Führungsper-
II/2.2 viduelle Übereinstim- sonen der Interventionsgruppen A und B beibehalten (FK 1,
mungsgrad nimmt im 4, 5, 6, 10, 13 und 19), für alle anderen Führungspersonen
Einzelfall von t1 zu t2 zu. verworfen.
Vier der sieben Führungspersonen stammen aus der Inter-
ventionsgruppe B.
 Haupthypothese II/2 wird für die Interventionsgruppe B beibehalten, für die Interventi-
onsgruppe A verworfen.

c) Ableitung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen


Die Ergebnisse aus dem Vergleich der Veränderungen in den Interventionsgruppen A und B
lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Gruppenanalysen
In der Gruppe B ergeben sich sowohl in den Korrelationen als auch in den Niveauunterschieden
in mehr Variablen erwartungskonforme Veränderungen im Übereinstimmungsgrad als in Grup-
pe A. So legen es die Ergebnisse aus der Überprüfung der Niveauunterschiede eindeutig nahe,
einen Wirksamkeitsunterschied der beiden Interventionsbedingungen in Hinblick auf das Krite-
rium der Erhöhung des Übereinstimmungsgrads anzunehmen. Die Ergebnisse aus der Überprü-
fung der Veränderungen in den Korrelationen sprechen ebenfalls tendenziell für einen Wirk-
samkeitsunterschied. Hier resultiert für Gruppe A über die Variablen hinweg eher eine Abnah-
me des durchschnittlichen Übereinstimmungsgrades zwischen Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen, in Gruppe B eher eine Zunahme des durchschnittlichen Übereinstimmungsgrades. Nimmt
man die Ergebnisse zusammen, so resultieren für einen Großteil der Variablen Unterschiede in
der Veränderung des Übereinstimmungsgrades zwischen Interventionsgruppe A und B.
Aus diesen Ergebnissen lässt sich die folgende Wirksamkeitsunterschiedshypothese ableiten:
 Wirksamkeitsunterschiedshypothese 3: Das Ausmaß der Veränderung des Über-
einstimmungsgrads zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Ein-
satzes der Führungsstile des Full Range of Leadership unterscheidet sich je nach Inter-
ventionsbedingung. Die Wirksamkeit der Interventionsbedingung B geht über die Wirk-
samkeit der Interventionsbedingung A hinaus.

Einzelfallanalysen
Die Unterhypothese II/2.2 wird für sieben der 14 Führungspersonen bestätigt. Die eindeutigsten
Veränderungen zeigen sich bei den Führungspersonen 1 und 10, die beide die Interventionsbe-
dingung B durchlaufen haben. Insgesamt stammen vier der sieben Führungspersonen (FK 1, 5,
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 355

10 und 13) aus der Interventionsgruppe B, drei der sieben Führungspersonen (FK 4, 6 und 19)
aus der Interventionsgruppe A. Aus diesen Ergebnissen wird Wirksamkeitsunterschiedshypo-
these 4 abgeleitet.
 Wirksamkeitsunterschiedshypothese 4: Führungskräfte, die zusätzlich zu den Gruppen-
workshops an Einzelcoachings teilnehmen, zeigen im Einzelfall mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit eine Zunahme des Übereinstimmungsgrads der Selbst- und Fremd-
einschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der Führungssstile als Führungspersonen,
die nur an den Gruppenworkshops teilnehmen.
Aus den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung lassen sich die aufgeführten Hypothesen 3
und 4 zwar ableiten, allerdings lassen sich zur Erklärung der Unterschiede in der Veränderung
des Übereinstimmungsgrades auch andere Erklärungen als die Interventionswirkung des Einzel-
coachings heranziehen:
So wurde bereits aufgezeigt, dass auch das jeweilige Ausgangsniveau im Übereinstim-
mungsgrad zu t1 Einfluss auf die Veränderungen im Übereinstimmungsgrad zwischen t1 und t2
nehmen kann. Wenn diese Erklärung zuträfe, dann müsste bei den beiden Führungspersonen 1
und 10 zu t1 ein besonders hoher Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschät-
zungen vorliegen. Dies ist nicht der Fall. Die mittlere Differenz zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen liegt bei den 14 Führungspersonen zu t1 bei 0.59. Beide Führungspersonen liegen
mit Differenzen von 0.81 und 0.76 über diesem Mittelwert.
Zu t2 resultiert ebenfalls eine mittlere Differenz zwischen Selbst- und Fremdeinschät-
zungen der 14 Führungspersonen von 0.59. Beide Führungspersonen liegen mit Differenzwerten
von 0.51 und 0.40 zu t2 unter dem Mittelwert. Es kann also geschlussfolgert werden dass sich
die Führungspersonen 1 und 10 von einem unterdurchschnittlich ausgeprägten Übereinstim-
mungsgrad zu t1 hin zu einem überdurchschnittlich hohen Übereinstimmungsgrad zu t2 entwi-
ckeln. Betrachtet man die anderen erfolgreichen Einzelfälle, so wird deutlich, dass kein Muster
in Bezug auf eine einheitliche Ausprägung des Übereinstimmungsgrads zu t1 zu erkennen ist.
Erwartete Veränderungen im Übereinstimmungsgrad können demnach nicht mit der Ausprä-
gung des Übereinstimmungsgrads zu t1 erklärt werden.
Neben der Interventionswirkung der Einzelcoachings müssen auch zur Erklärung der
Ergebnisse zum Übereinstimmungsgrad individuelle Merkmale der Führungspersonen berück-
sichtigt werden. Es wurde aufgezeigt, dass Führungspersonen der Gruppe B im Durchschnitt ein
höheres Ausmaß an führungsbezogener Selbstreflexion aufweisen und damit eine Annäherung
von Selbst- und Fremdbildern entweder über eine Verhaltensänderung oder über die Anpassung
der führungsbezogenen Selbstbilder an die Außensicht begünstigt wird. Zudem wurde in Ab-
schnitt 3.1.2.4 das Ausmaß der Änderungsmotivation als potenzielle Einflussvariable auf die
Selbstselektion der Führungspersonen auf die Interventionsbedingungen diskutiert.
Insgesamt muss also festgehalten werden, dass die vorliegenden Ergebnisse zwar auf
eine inkrementelle Wirksamkeit der Interventionsbedingung B gegenüber der Interventionsbe-
dingung A hinweisen, dass sich die Wirksamkeitsunterschiedshypothesen 3 und 4 aber in einem
Versuchsdesign mit randomisierter Zuteilung der Führungskräfte auf die Gruppen überprüft
werden müsssten, um eindeutige Aussagen treffen zu können.
5 Diskussion 356

d) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/2


In Tabelle 5.1.6 wird die Fragestellung II/2 zusammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.6: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/2


Fragestellung II/2: Verändert sich im Rahmen der Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzel-
coachings der Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes
der Führungsstile des Full Range of Leadership?
Antwort: Die Frage muss sowohl verneint als auch bejaht werden. Betrachtet man die gesamte Interven-
tionsgruppe, so verändert sich der Übereinstimmungsgrad nicht. Betrachtet man hingegen die beiden
Interventiongsgruppen A und B getrennt voneinander, so wird deutlich, dass sich in der Interventions-
gruppe B der Übereinstimmungsgrad erwartungsgemäß erhöht. In der Interventiongsgruppe A resultieren
keine Veränderungen im Übereinstimmungsgrad. Die Frage kann entsprechend folgendermaßen beant-
wortet werden: Werden beide Interventionsmodule Gruppenworskshops und Einzelcoachings durchlau-
fen, so erhöht sich der Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des
Einsatzes der Führungsstile des Full Range of Leadership. Bei einer ausschließlichen Teilnahme an den
Gruppenworkshops lassen sich keine Veränderungen im Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremd-
einschätzungen beobachten.

Wirksamkeit des gesamten Interventionsprogramms und der Interventionsbedingungen A und B:


- In der gesamten Interventionsgruppe lassen sich keine Veränderungen im Übereinstimmungsgrad zwi-
schen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full Range
of Leadership nachweisen. Zum einen resultieren kaum Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von
t1 zu t2, zum anderen bestehen keine Unterschiede in der Veränderung des Übereinstimmungsgrades
zwischen der Interventionsgruppe und der Gruppe C.
- Teilt man allerdings die gesamte Interventionsgruppe in die beiden Interventionsgruppen A und B und
betrachtet deren Ergebnisse zur Veränderung im Übereinstimmungsgrad getrennt voneinander, so wird
deutlich, dass die Interventionsbedingung B der Interventionsbedingung A überlegen ist. Die erwarte-
ten Veränderungen im Übereinstimmungsgrad lassen sich in Interventionsgruppe B nachweisen und
übertreffen auch die Veränderungen in der Vergleichsgruppe C. Es wird damit deutlich, dass die nicht
nachzuweisenden Unterschiede zwischen Interventionsgruppe C und der gesamten Interventionsgruppe
auf die Interventionsgruppe A zurückzuführen sind. Die erwartungskonforme Zunahme im Überein-
stimmungsgrad in Interventionsgruppe B beruht auf einer erwünschten Zunahme der transformatio-
nalen Verhaltensweisen aus Mitarbeitersicht bei gleichzeitiger Abnahme der Überschätzung der Häu-
figkeit dieser Verhaltensweisen durch die Führungsperson. Interventionsbedingung B ist damit wirk-
sam hinsichtlich einer Annäherung der Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit der
transformationalen Führungsstile des Full Range of Leadership.
Generierung von Wirksamkeitsunterschiedshypothesen der Interventionsbedingungen A und B
Es werden folgende Hypothesen zu Wirksamkeitsunterschieden aus den Ergebnissen abgeleitet:
- Das Ausmaß der Veränderung des Übereinstimmungsgrads zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen
zur Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full Range of Leadership unterscheidet sich je nach
Interventionsbedingung. Die Wirksamkeit der Interventionsbedingung B geht über die Wirksamkeit der
Interventionsbedingung A hinaus.
- Führungskräfte, die zusätzlich zu den Gruppenworkshops an Einzelcoachings teilnehmen, zeigen im
Einzelfall mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Zunahme des Übereinstimmungsgrads der Selbst-
und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes der Führungssstile als Führungspersonen, die
nur an den Gruppenworkshops teilnehmen.
- Insgesamt gibt es Hinweise auf eine inkrementelle Wirksamkeit der Einzelcoachings über die Grup-
penworkshops hinaus in Bezug auf die Erhöhung des Übereinstimmungsgrades zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 357

5.1.1.5 Fragestellung II/3


Fragestellung II/3: Zusammenhang der Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes
der Führungsstile mit den individuellen Coachingzielen
Lassen sich bei den Coachingteilnehmern Unterschiede im Ausmaß der Veränderung der ver-
schiedenen Führungsstile des Full Range of Leadership in Abhängigkeit der individuellen
Coachingziele nachweisen?

Zur Überprüfung der Hypothese II/3 (siehe Kasten) wurden im Einzelfall nach dem Design der
internalen Referenzstrategie erwartete Veränderungen in den Führungsstilen aus den individuel-
len Coachingzielen abgeleitet und individuelle Experimental- und Kontrollvariablen definiert.
Die jeweils beobachtbaren Veränderungen in den Experimental- und Kontrollvariablen wurden
den erwarteten Veränderungen gegenübergestellt (siehe Abschnitt 4.5).

Hypothese II/3: Abhängigkeit der Veränderungen in den Führungsstilen von den indivi-
duellen Coachingzielen
Das jeweilige Ausmaß der durch das Interventionsmodul Einzelcoaching bedingten individuel-
len Veränderung in den einzelnen Führungsstilen des Full Range of Leadership unterscheidet
sich in Abhängigkeit von den spezifischen Coachingzielen: Das Ausmaß der Veränderungen
fällt im Einzelfall in denjenigen Führungsstilen des Full Range of Leaderhip, die in den indivi-
duellen Coachingzielen angesprochenen werden, höher aus, als in denjenigen Führungsstilen
des Full Range of Leadership, die nicht in den Coachingzielen angesprochen werden.

Darüber hinaus ermöglicht die Beschreibung der Anliegen und Ziele der Coachingklienten in
Abschnitt 4.5, einer weiteren offenen Frage des Theorieteils nachzugehen (siehe 1.1.8 und 1.7):
Welche Anlässe und Ziele stehen in einem Einzelcoaching zur Förderung transformationaler
Führung im Fokus und inwieweit sind die individuellen Coachingthemen mit dem
transformationalen Führungsmodell in Einklang zu bringen?
Im Folgenden werden zunächst die zentralen Erkenntnisse zu dieser offenen Frage dar-
gestellt und diskutiert (siehe Punkt a), bevor die Ergebnisse der einzelfallspezifischen
Hypothesenüberprüfung interpretiert werden (siehe Punkt b). Unter Punkt c wird die Fragestel-
lung II/3 zusammenfassend beantwortet.

a) Coachinganliegen und Zusammenhang individueller Themen mit dem


transformationalen Führungsmodell
Die jeweiligen Coachingziele wurden sowohl aus dem individuellen Führungsstilprofil des
MLQ als auch aus den spezifischen Anliegen und Erwartungen der Coachingteilnehmer an das
Coaching abgeleitet. Diese Anliegen standen in unterschiedlichem Ausmaß in direktem Zu-
sammenhang mit den jeweiligen Ergebnissen des Führungsfeedbacks. Tabelle 5.1.7 gibt einen
Überblick über die individuellen Anliegen, die abgeleiteten Coachingziele und die Zuordnung
dieser Ziele zu den Führungsstilen des Full Range of Leadership. Im Anschluss an die Tabelle
wird der Zusammenhang der Ziele mit dem transformationalen Führungsmodell diskutiert.
5 Diskussion 358

Tabelle 5.1.7: Coachinganlässe, Ziele und Anliegen der sechs Coachingteilnehmer und Zuordnung zum
Full Range of Leadership
TN/ Anlass für die Ziel- Coachingziel und konkrete Anliegen: Wobei Zuordnung
FK formulierung möchte der Klient Unterstützung haben? zum Full Range
of Leadership
Einzelne MA werden Ziel: Leistungsoptimierung aller MA Individual
übermäßig stark Anliegen: Consideration ↑
beansprucht - Arbeitsbelastung gleichmäßig verteilen
- Persönliche Ziele aller MA erfragen und deren
Weiterentwicklung darauf abstimmen
Im Team findet viel Ziel: Eigene Erwartungen kommunizieren und Idealized
indirekte Probleme direkt ansprechen und auf Regelungen Influence
Kommunikation statt hinweisen behavior↑
(Gespräche über Dritte, Anliegen:
TN A / FK 17

Austausch von - Eigene Erwartungen zur Zusammenarbeit für Management by


Gerüchten) sich klären und den MA mitteilen Exception
- Auftretende Probleme selbst direkt ansprechen, active↑
keine Gespräche über Dritte
Der Teilnehmer fühlt Ziel: Eigenes Befinden in der Führungsrolle ver- Ausstrahlung↑
sich ausgebrannt bessern und Selbstbewusstsein steigern
Anliegen:
- Veränderung des Umgangs mit dem eigenen
Vorgesetzten
- Hinterfragen eigener perfektionistischer Ein-
stellungen; Prioritäten setzen
- Eigene Stärken sehen können
Ergebnisse des Füh- Ziel: Eigenverantwortlichkeit und Effizienz der Inspirational
rungsfeedbacks MA fördern Motivation↑
(offene Fragen) Anliegen: Management by
- Mehr Vertrauen in die MA haben und zeigen Exception
- MA weniger kontrollieren active↓
- Expertenwissen der MA nutzen / auf MA Individualized
eingehen Consideration↑
TN B / FK 1

Übernahme eines neu- Ziel: Klare Positionierung gegenüber anderen FK Ausstrahlung↑


en Aufgabengebietes: Anliegen:
Die Position/ Rolle des - Selbstbewussteres Auftreten in der Rolle Idealized
Teilnehmers im Unter- - Vertrauen der Mitarbeiter gewinnen Influence
nehmen ist noch unklar attributed↑
Der Teilnehmer ver- Ziel: Ausgewogene Koordination von Inspirational
bringt viel Zeit mit Spezialistentätigkeit und Führungsaufgaben Motivation↑
Spezialistentätigkeit Anliegen:
- Gemeinsame Ziele mit MA und KO bespre-
chen
- Anregungen der MA aufgreifen
Ergebnisse des Füh- Ziel: Individualität der MA akzeptieren und Individualized
rungsfeedbacks berücksichtigen Consideration↑
(Führungsstilprofil und Anliegen:
offene Fragen) - Besser zuhören / individuelle Bedürfnisse
erkennen und berücksichtigen
- Individuellen Leistungsmaßstab identifizieren
TN C / FK 16

Ergebnisse des Füh- Ziel: Informationen gegelmäßig weitergeben keine


rungsfeedbacks Anliegen: Kontrolle der Zielerreichung im
(offene Fragen) Coaching
Team besteht aus „Ein- Ziel: Teambildung und positive Selbstdarstellung Idealized
zelkämpfern“ des Teams nach außen Influence
Anliegen: behavior↑
- Stellenwert des Teams im Unternehmen auf-
zeigen Inspirational
- Selbstwert des Teams /“Wir-Gefühl“ stärken Motivation↑
- Teamvision erarbeiten
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 359

Fortsetzung Tabelle 5.1.7:


TN/ Anlass für die Coachingziel und konkrete Anliegen: Wobei Zuordnung zum
FK Zielformulierung möchte der Klient Unterstützung? Full Range of
Leadership
Teilnehmer Ziel: Verbesserter Umgang mit Konfliktsituationen Intellectual
verbringt viel Zeit Anliegen: Stimulation↑
mit Konflikt- und - Eigenes Gesprächsverhalten in Konflikt-
Kritikgesprächen situationen und -gesprächen analysieren und
TN D / FK 13

optimieren
- MA zur selbständigen Problemlösung anregen
Ergebnisse des Ziel: Förderung der Eigenständigkeit der MA Individualized
Führungsfeedbacks Anliegen: Consideration↑
(Führungsstilprofil - Erfolgserlebnisse ermöglichen
und offene Fragen) - Individuelle Unterstützung und Berücksichti-
gung der jeweiligen Fähigkeiten
Ergebnisse des Ziel: Konsequentes und transparentes Contingent
Führungsfeedbacks Führungsverhalten zeigen Reward↑
(Führungsstilprofil) Anliegen:
TN E / FK 5

- Eigene Erwartungen klarer formulieren


- Umsetzung von Arbeitsaufträgen unterstützen
- Rückmeldung geben
Wenig konstruktive Ziel: Verbesserung der Zusammenarbeit mit ande- keine
Besprechungen mit ren FK
den Kollegen
Ziel: Strukturierung und Neuorganisation des Ausstrahlung ↑
neuen Aufgabenfeldes
Anliegen: Idealized
Übernahme einer - Prioritäten setzen, Zeitmanagement verbessern Influence
neuen Führungspo- - Ruhe und Gelassenheit anstreben / Präsenter sein attributed↑
TN F / FK 10

sition und wirken


Ziel: Klärung und Förderung der Arbeitsmotivation Individualized
Ergebnisse des der Mitarbeiter Consideration ↑
Führungsfeedbacks Anliegen:
(offene Fragen) - Einzelgespräche mit Mitarbeitern zu deren
Zielen führen
- Individuelle Entwicklungsmöglichkeiten für MA
klären
Anmerkungen: FK = Führungskraft / Führungskräfte; TN = Teilnehmer; MA = Mitarbeiter; KO = Kollegen
↑ = Das Coachingziel entpricht einer Zunahme des Führungsstils
↓ = Das Coachingziel entpricht einer Abnahme des Führungsstils

Die Einzelcoachings waren im Auftaktworkshop (siehe 3.3.2.2) in den inhaltlichen Gesamtrah-


men des Führungskräfteentwicklungsprogramms eingeordnet worden. Das unternehmensspezi-
fisch angepasste Modell des Full Range of Leadership („Führungsbaum“, siehe 3.3.1.1) wurde
allen Führungspersonen vor der Durchführung des Führungsfeedbacks und der Interventions-
module als Leitfaden für das Gesamtprogramm vorgestellt. Zusätzlich war die Präsentation der
individuellen Ergebnisse im Rückmeldegespräch zum Führungsfeedback nach dem Modell des
Führungsbaums aufbereitet worden, so dass die Führungspersonen ihr individuelles Profil dem
Full Range of Leadership zuordnen konnten. Es ist also davon auszugehen, dass die Führungs-
personen zu Beginn der eigentlichen Coachingsitzungen „geprimt“ waren, den Führungsstilen
des Full Range of Leadership und damit zusammenhängenden eigenen Führungsthemen beson-
dere Beachtung zu schenken.
Dennoch wird deutlich, dass die Coachinganliegen der Coachingteilnehmer hauptsäch-
lich aus spezifischen Anlässen resultierten, die sich aus dem jeweiligen Führungsalltag herleite-
ten und nicht unmittelbar auf die Führungsstile des MLQ bezogen waren (siehe Tabelle 5.1.7):
5 Diskussion 360

So wurden nur drei der 15 individuellen Coachingziele von den Teilnehmern unmittelbar aus
dem Führungsstilprofil des MLQ abgeleitet. Vier weitere Ziele ergaben sich aus der Rückmel-
dung der Ergebnisse der offenen Fragen im Führungsfeedback. Die verbleibenden acht
Coachingziele resultierten aus Anliegen der Coachingteilnehmer, die relativ unabhängig von
den Ergebnissen des Führungsfeedbacks waren. So orientierten sich die Teilnehmer in der Ziel-
formulierung eher daran, welche Schwierigkeiten sie jeweils aktuell beschäftigten oder welches
Bedürfnis sie hatten, sich in spezifischen Führungsbereichen weiterzuentwickeln.
Die Führungspersonen hatten sich bereits vor der Durchführung des Führungsfeedbacks
für die Teilnahme am Coaching entschieden. Die Ergebnisse zu den sehr individuellen Anliegen
und Zielen der Teilnehmer lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Entscheidung für die Teil-
nahme an einem Coaching davon abhing, ob die Teilnehmer bereits vor der Durchführung des
Führungsfeedbacks Anlässe oder Anliegen zur Bearbeitung im Coaching hatten. Es wird wei-
terhin deutlich, dass sich die individuellen Anliegen zwar weitgehend den Führungsstilen des
Full Range of Leadership zuordnen lassen, in den jeweiligen Anliegen aber meistens nur ein
Teilaspekt des jeweiligen Führungsstils angesprochen wird. Eine eindeutige Zuordnung der
Ziele zu den Führungsstilen des MLQ ergibt sich ausschließlich in denjenigen Coachingzielen,
die unmittelbar aus dem Führungsstilprofil abgeleitet wurden.

Die Ergebnisse lassen folgende Schlussfolgerungen zu:


 Die jeweiligen Themen und Anliegen in der Stichprobe leiten sich weitgehend aus spezifi-
schen Anlässen der Teilnehmer her, die in deren jeweiligem Arbeitskontext verankert sind.
Die Ergebnisse des Führungsstilprofils im MLQ aus dem Führungsfeedback spielen für die
Festlegung von Coachingzielen bei den teilnehmenden Führungspersonen eine untergeord-
nete Rolle.
 Das Modell des Full Range of Leadership lässt sich dennoch mit individuellen Führungs-
themen in Einklang bringen. So lassen sich die individuellen Coachingziele weitgehend den
Führungsstilen des Full Range of Leadership zuordnen. Dabei steht jeweils die Förderung
einzelner transformationaler Führungsstile im Vordergrund. Insbesondere die Prinzipien des
Führungsstils Individualized Consideration lassen sich in einer Vielzahl der Coachingziele
wiederfinden (in fünf der 15 Coachingzielen bei fünf der sechs Teilnehmer).

b) Hypothesenüberprüfung im Einzelfall
Die Hypothese II/3 wurde anhand des Vergleichs der Veränderungen in den individuellen Kon-
troll- und Experimentalvariablen auf Einzelfallebene überprüft. Die Veränderungen wurden
sowohl indirekt als auch direkt erhoben. Zunächst werden die Ergebnisse der indirekten Verän-
derungsmessung, anschließend die Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung zusammen-
gefasst und auf Basis der Ergebnisse ein Fazit zur Hypothese II/3 gezogen. Anschließend erfolgt
eine Interpretation der Ergebnisse in Hinblick auf die Unterscheidung der erfolgreichen von den
nicht erfolgreichen Einzelfällen.

Indirekte Veränderungsmessung
Es ergeben sich für drei der sechs Führungspersonen erwartungskonforme Unterschiede in den
Veränderungen der individuellen Ausprägung der Führungsstile von t1 zu t2 in Abhängigkeit
von den einzelfallbezogenen Coachingzielen: Das Ausmaß der Veränderungseffekte ist bei den
Führungspersonen 1, 10 und 17 in den Führungsstilen, die in den Coachingzielen angesprochen
werden (Experimentalvariablen) höher, als in den Führungsstilen, die nicht in den
Coachingzielen angesprochen werden (Kontrollvariablen).
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 361

 Hypothese II/3 wird auf der Basis der Ergebnisse der indirekten Veränderungsmessung
für drei der sechs Führungspersonen der Interventionsgruppe B beibehalten (FK 1, 10
und 17), für die Führungspersonen 5, 13 und 16 verworfen.

Direkte Veränderungsmessung
Die Einzelfallergebnisse weisen insgesamt darauf hin, dass in der direkten Veränderungsmes-
sung bei vier der sechs Führungspersonen keine differenziellen Veränderungen in der Ausprä-
gung der Führungsstile in Abhängigkeit von den Coachingzielen nachgewiesen werden können,
da die Veränderungen in den Experimentalvariablen die Veränderungen in den Kontrollvariab-
len nicht ausreichend übertreffen. Nur bei den Führungskräften 1 und 17 lassen sich Zu-
sammenhänge zwischen den Veränderungen und den individuellen Coachingzielen aufzeigen.
Bei diesen beiden Führungspersonen resultieren jeweils für den größeren Teil der Experimen-
talvariablen Veränderungen, die über dem Ausmaß der Veränderungen in den Kontrollvariablen
liegen.
 Hypothese II/3 wird auf der Basis der Ergebnisse der direkten Veränderungsmessung
für zwei der sechs Führungspersonen der Interventionsgruppe B beibehalten (FK 1 und
17), für die Führungspersonen 5, 10, 13 und 16 wird sie verworfen.

Fazit
Hypothese II/3 kann für die Führungspersonen 1 und 17 über beide Wege der Veränderungs-
messung bestätigt werden, für die Führungsperson 10 nur über die indirekte Veränderungsmes-
sung. In den Ergebnissen der direkten Veränderungsmessung der Führungskraft 10 wird jedoch
deutlich, dass diese durchschnittlich das höchste Ausmaß an Veränderungen über alle Variablen
hinweg zeigt. So ergeben sich für alle in den Zielen des Interventionsprogramms angesproche-
nen Variablen erwartungskonforme Veränderungen. Der höchste Veränderungswert resultiert in
der Variablen Ausstrahlung, die in Coachingziel 1 der Führungskraft angesprochen wurde.
Auch wenn die Hypothese II/3 für Führungskraft 10 nicht bestätigt werden kann, so zeigen sich
dennoch eindeutige Hinweise auf eine generelle sowie tendenzielle Hinweise auf eine zielspezi-
fische Wirksamkeit der Intervention.
 Hypothese II/3 wird für drei der sechs Führungspersonen der Interventionsgruppe B
beibehalten (FK 1, 10 und 17), für die Führungspersonen 5, 13 und 16 wird sie verwor-
fen.

Interpretation
Wie unter Punkt a aufgezeigt, wurden die Coachingziele nicht ausschließlich aus dem Füh-
rungsstilprofil im MLQ abgeleitet. Daher lassen sich bei einigen Coachingzielen eindeutigere
Zuordnungen zu den Führungsstilen des Full Range of Leadership vornehmen, andere
Coachingziele lassen sich nur indirekt auf einen bestimmten Führungsstil beziehen. Es ist nicht
auszuschließen, dass sich uneindeutigere Zuordnungen von Zielen zu Führungsstilvariablen auf
die Eignung dieser Variablen als Experimentalvariable zur Überprüfung der Hypothese II/3
auswirken. Bei den Führungspersonen 1, 10 und 17 lassen sich erwartungskonforme Unter-
schiede im Ausmaß der Veränderung der Kontroll- und Experimentalvariablen nachweisen.
Keines der Coachingziele dieser drei Führungspersonen wurde unmittelbar aus dem MLQ-
Profil, sondern aus spezifischen Anlässen abgeleitet, die im individuellen Führungskontext ver-
ankert waren. Es kann also nicht auf die inhaltliche Nähe der Experimentalvariablen zum
Coachingziel zurückgeführt werden, dass sich für diese drei Personen die Hypothese bestätigt
und für die anderen Führungspersonen nicht.
5 Diskussion 362

Eine andere Erklärung dafür, dass die Hypothese II/3 für drei Personen eindeutig bestätigt wer-
den kann, für die anderen drei Personen nicht, könnte im individuellen Grad der Zielerreichung
liegen. Betrachtet man jedoch die Ergebnisse aus Abschnitt 4.6 so wird deutlich, dass sich die
Führungspersonen 1, 10 und 17 nicht systematisch im Ausmaß der Zielerreichung oder im
Ausmaß des Fortschritts im Führungsverhalten von den Führungspersonen 5, 13 und 16 unter-
scheiden.
Weiterhin wurde überprüft, ob die drei Führungspersonen 1, 10 und 17 Gemeinsamkei-
ten in der Zuordnung zu den vier Selbstdarstellungsclustern oder zu den vier Typen von
Selbsteinschätzern aufweisen und sich darin von den anderen drei Coachingteilnehmern 5, 13
und 16 unterscheiden. Dies ist für die Zuordnung zu den vier Typen von Selbsteinschätzern nicht
der Fall: Führungsperson 10 ist genauso wie die Führungspersonen 5 und 13 dem Cluster der
Überschätzer zuzuordnen, die Führungspersonen 1 und 17 dem Cluster In-Agreement Poor und
Führungsperson 15 dem Cluster In-Agreement Good (siehe 4.8). Es liegt also kein eindeutiges
Muster in der Zuordnung der Führungspersonen vor. In Bezug auf die Zuordnung zu den Selbst-
darstellungclustern ergibt sich ein ähnliches Ergebnis: Die Führungspersonen 1 und 10 sind
dem Cluster der schwachen Selbstüberwacher zuzuordnen, wie auch Führungsperson 13. Die
Führungspersonen 17 und 5 gehören zur Gruppe der starken Selbstüberwacher. Führungsperson
16 lässt sich den akquisitiven Selbstüberwachern zuordnen. Auch hier resultiert kein einheitli-
ches Muster, das die Aufteilung in eine Gruppe von erfolgreichen Führungspersonen und eine
Gruppe von nicht erfolgreichen Führungspersonen im Sinne der Hypothese II/3 erklären könnte.
Auffällig ist allerdings, dass bereits die Hypothesen II/1 und II/2 jeweils für einzelne
Führungspersonen bestätigt werden konnten, unter denen immer die Führungspersonen 1 und 10
zu finden waren. Hypothese II/1 wurde für die Führungspersonen 1 und 10 sowohl über die
direkte als auch die indirekte Veränderungsmessung bestätigt, für die Führungspersonen 13 und
17 über die direkte Veränderungsmessung. Für die Führungspersonen 5 und 16 wurde sie ver-
worfen. Hypothese II/2 wurde für die Coachingteilnehmer 1, 5, 10 und 13 bestätigt, für die an-
deren beiden Coachingteilnehmer verworfen. Die Führungspersonen 1 und 10 zeigen also so-
wohl erwartungskonforme Veränderungen in den Führungsstilen des Full Range of Leadership
entsprechend der Zielsetzungen des Interventionsprogramms als auch eine erwartungskonforme
Erhöhung im Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen von t1 zu t2.
Darüber hinaus unterscheidet sich das Ausmaß der Veränderungen bei diesen beiden Führungs-
personen in Abhängigkeit der Coachingziele. Insgesamt können die Führungskräfte 1 und 10
als die erfolgreichsten Einzelfälle im Sinne der betrachteten Wirksamkeitskriterien gelten. Es
stellt sich also die Frage, ob es gemeinsame Merkmale dieser beiden Führungspersonen gibt, in
denen sie sich von den anderen Führungspersonen unterscheiden. Vergleicht man die individu-
ellen Mittelwerte der beiden Führungspersonen in den Führungsstilen zu t1 mit dem Mittelwert
der Interventionsgruppe, so wird deutlich, dass Führungsperson 10 bereits zu t1 überdurch-
schnittlich positiv von ihren Mitarbeitern eingeschätzt wird. Führungsperson 1 liegt hingegen zu
t1 im oder unter dem Durchschnitt. Die individuelle Ausprägung der Führungsstile zu t1 kann
also als gemeinsame Erklärung für den Erfolg dieser beiden Führungspersonen ausgeschlossen
werden. Zu t2 zeigt sich ein ähnliches Bild. Auch hier wird Führungsperson 10 im Vergleich
zum Mittelwert der Interventionsstichprobe überdurchschnittlich positiv eingeschätzt, Füh-
rungsperson 1 liegt weiterhin in den meisten Variablen im oder unter dem Durchschnitt. Eine
Gemeinsamkeit der beiden Führungspersonen, die auch deren Erfolg in den erwartungskonfor-
men Veränderungen in den Selbst- und Fremdeinschätzungen der Führungsstile von t1 zu t2
erklären kann, besteht in der Übernahme einer neuen Position beziehungsweise eines neuen
Aufgabenfeldes im Unternehmen: Führungsperson 10 war kurz vor der Durchführung des ersten
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 363

Führungsfeedbacks in eine höhere Führungsebene aufgestiegen. Da sie bereits vorher einen


Großteil derjenigen Mitarbeiter geführt hatte, die ihr auch in der neuen Position unterstellt wa-
ren, konnte die Führungsperson von den Mitarbeitern zuverlässig eingeschätzt und Prä- und
Postdaten im Führungsfeedback erhoben werden. Führungsperson 1 hatte ca. vier Monate vor
dem Führungsfeedback eine neu geschaffene Position im Unternehmen eingenommen. Beide
Führungspersonen durchliefen demnach die Interventionsmaßnahme während einer Phase, in
der sie ihre Rolle und Position neu definieren mussten. Es kann also interpretiert werden, dass
der Prozess der gemeinsamen Aushandlung einer Führungsidentität in der Interaktion mit den
Mitarbeitern (siehe 1.2 und 1.3) erst begonnen hatte und noch keine stabile Führungsidentität
etabliert worden war. Führungsbezogene Selbst- und Fremdbilder waren daher noch leichter
änderbar und das Selbstdarstellungsverhalten flexibler, da sich noch keine habituellen Interak-
tionsmuster eingeschliffen hatten. Dementsprechend konnte mit den Interventionsmodulen auf
verschiedene Aspekte der Komponenten und Prozesse der Selbstinterpretation leichter Einfluss
genommen werden, als in den anderen Fällen. Es kann jedoch auch argumentiert werden, dass
es sich bei diesen beiden Führungspersonen ausschließlich um positive Reifungseffekte handelt,
die auf Grund der zunehmenden Vertrautheit mit der neuen Position eingetreten sind und auch
ohne Intervention resultiert hätten. Da sich aber bei beiden Führungspersonen die Führungsstile
in unterschiedlichem Ausmaß in Abhängigkeit von den individuellen Coachingziele verändern,
können solche Störvariablen ausgeschlossen und die Erfolge auf die Interventionsmaßnahme
zurückgeführt werden. Damit kann geschlussfolgert werden, dass in der vorliegenden Stichpro-
be die gesamte Interventionsmaßnahme und insbesondere das Einzelcoaching zur Förderung
transformationaler Führung v.a. dann wirksam sind, wenn diese vor oder während der Über-
nahme einer neuen Führungsposition eingesetzt werden.
Insgesamt lassen sich also keine eindeutigen Erklärungen dafür finden, warum bei der
einen Hälfte der Coachingteilnehmer zielabhängige Unterschiede im Ausmaß der Veränderun-
gen der Führungsstile nachzuweisen sind und bei der anderen Hälfte nicht. Es kann aber plausi-
bel interpretiert werden, warum zwei der 14 Führungspersonen der Interventionsgruppe in Be-
zug auf die drei Wirksamkeitskriterien Veränderung in den Führungsstilen in Übereinstimmung
mit den Programmzielen, Erhöhung des Übereinstimmungsgrades und coachingzielabhängige
Veränderung in den Führungsstilen erfolgreich sind.

c) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/3


In Tabelle 5.1.8 wird die Fragestellung II/3 zusammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.8: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/3


Fragestellung II/3: Lassen sich bei den Coachingteilnehmern Unterschiede im Ausmaß der Veränderung
der verschiedenen Führungsstile des Full Range of Leadership in Abhängigkeit der individuellen
Coachingziele nachweisen?
Antwort:
Ja, es lassen sich bei der Hälfte der Coachingteilnehmer zielabhängige Veränderungen in den Führungssti-
len nachweisen. Bei den Führunskräften 1, 10 und 17 können die erwartungskonformen Veränderungen in
einzelnen Führungsstilen unmittelbar auf die Wirkung der Einzelcoachings zurückgeführt werden, da
Störvariablen durch das Design der internalen Referenzstrategie ausgeschlossen werden.
Bei den anderen drei Coachingteilnehmern (5, 13 und 16) muss geschlussfolgert werden, dass die Einzel-
coachings keine zielspezifische Wirksamkeit in Bezug auf die Förderung ausgewählter Führungsstile
aufweisen.
5 Diskussion 364

5.1.1.6 Fragestellung II/4


Fragestellung II/4: Subjektive Einschätzung der Zielerreichung
Wie bewerten die teilnehmenden Führungskräfte das Interventionsmodul Einzelcoaching hin-
sichtlich der Erreichung der individuellen Coachingziele sowie hinsichtlich der Entwicklung des
Führungsverhaltens insgesamt?

In Abschnitt 4.6 wurden die individuellen Coachingprozesse mit den sechs Coaching-
teilnehmern beschrieben und das Ausmaß der jeweiligen Zielerreichung dargestellt und kom-
mentiert. Damit konnte der offenen Frage nach dem Ablauf von Einzelcoachingprozessen im
Rahmen der Förderung transformationaler Führung aus Abschnitt 1.1 des Theorieteils nachge-
gangen werden. Im Folgenden wird die Erreichung der individuellen Coachingziele (siehe
Punkt a) sowie die Entwicklung des Führungsverhaltens insgesamt (siehe Punkt b) fallüber-
greifend interpretiert. In Punkt c erfolgt eine zusammenfassende Beantwortung der Frage-
stellung II/4.

a) Zielerreichung

Zusammenfassung der Ergebnisse


Jeder der sechs Coachingteilnehmer – mit einer Ausnahme zu Ziel 3 bei Teilnehmer B – kann in
allen Coachingzielen Verbesserungen von Messzeitpunkt 1 bis zur Follow-up-Sitzung (t3) ver-
zeichnen. Sowohl die Skalenwerte aus der Abschlusssitzung des Coachings (t2), als auch die
Skalenwerte aus der Follow-up-Sitzung sind, bis auf die angegebene Ausnahme, jeweils höher
als die Ausgangswerte zu Beginn des Coachingprozesses. Der Grad der Zielerreichung unter-
scheidet sich von Teilnehmer zu Teilnehmer. Auf der 10er Skala bewegen sich die subjektiven
Veränderungen im Ausmaß der Zielerreichung von t1 bis t3 zwischen einer Verschlechterung
von 0.2 Punkten und einer maximalen Verbesserung von 5.0 Punkten. Tabelle 5.1.9 gibt einen
Überblick über die jeweilige Entwicklung der Zielerreichung vom Zeitpunkt des
Coachingbeginns bis zur Follow-up-Sitzung. Angegeben werden die Differenzwerte zwischen
der Messung nach Abschluss des Coachings und vor Beginn des Coachings (Werte zu t2 minus
t1) sowie die Differenzwerte zwischen dem Follow-up-Termin und der Messung vor Beginn der
Coachings (Werte zu t3 minus t1). Für Teilnehmer D liegen keine Skalenwerte zu t1 vor, daher
werden die Differenzen der Werte zu t3 und t2 angegeben.

Tabelle 5.1.9: Überblick über das Ausmaß der Zielerreichung der sechs Coachingteilnehmer
Einschätzung zur Zielerreichung auf einer 10-stufigen Skala
Teilnehmer A B C D E F
Diff. Ziel 1/ t3 –t1 +2.0 +1.8 +3.0 Diff. t3-t2 +2.5 +4.5

Diff. Ziel 1/ t2 –t1 +2.0 +1.0 +1.0 +1.4 +2.0 +2.0

Diff. Ziel 2/ t3 –t1 +2.8 +5.0 +5.0 Diff. t3-t2 +1.5 +3.0

Diff. Ziel 2/ t2 –t1 +2.0 +3.0 +3.0 +1.8 +1.0 +1.0

Diff. Ziel 3/ t3 –t1 +3.0 –0.2 +3.0


Diff.Ziel 4/ t2 –t1 +2.0 +1.5 +1.0
Anmerkung: Einschätzung der Zielerreichung auf einer Skala von 1 bis 10. Es werden Differenzwerte (= Diff.) angegeben. Positive
Differenzwerte implizieren eine Zunahme der Zielerreichung.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 365

Interpretation
Bei allen Coachingteilnehmern ist eine positive Entwicklung der Zielerreichung von t1 bis t3 zu
beobachten. Einschränkend muss allerdings festgehalten werden, dass keiner der
Coachingteilnehmer angibt, eines seiner individuellen Ziele vollkommen erreicht zu haben. So
liegt der höchste angegebene Skalenwert bei 9 auf einer 10stufigen-Skala. Dieses Ergebnis kann
folgendermaßen interpretiert werden:
Gerade bei Skalenfragen muss das Physikalismus-Subjektivimus-Dilemma der Verände-
rungsmessung (siehe 1.6.4.4) im Sinne der subjektiven Bedeutsamkeit der Skalenabstufungen
bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden. Skalenfragen eignen sich aus-
schließlich dafür, die subjektive Richtung und das subjektive Ausmaß von Veränderungen zu
erfassen. Die Skalenabstufungen können über mehrere Teilnehmer hinweg nicht unmittelbar
verglichen werden, da sie von den Teilnehmern jeweils unterschiedlich bewertet werden. Es ist
also wichtig, die jeweiligen Kommentierungen zur Zielerreichung bei der Interpretation der
Skalenwerte zu berücksichtigen. Alle Teilnehmer definierten den Skalenwert von 10 als visio-
nären Zustand, der zwar anzustreben, aber eigentlich nicht erreichbar sei. Deutlich wird dies
z.B. bei Teilnehmer C, der bei seinem zweiten Coachingziel kommentierte, dass er dieses voll-
kommen erreicht und das erwünschte Verhalten bereits automatisiert habe. Dennoch gab er auf
der Zielerreichungsskala einen Wert von 9 und keinen Wert von 10 an. Es muss auch berück-
sichtigt werden, dass im Unternehmen das Führen über Zielvereinbarungen eine große Rolle
spielt. So waren es die Führungspersonen gewohnt, an der Erreichung von Leistungszielen ge-
messen zu werden und auch ihre eigenen Mitarbeiter danach zu bewerten. Leistungsziele im
Bankgewerbe lassen sich jedoch oft eindeutiger operationalisieren (z.B. vereinbarte Verkaufs-
zahlen werden erreicht, nicht erreicht oder übertroffen) als Coachingziele zum Führungsverhal-
ten. So fiel es den Coachingteilnehmern zu Beginn des Coachingprozesses schwer, eigenes
Verhalten, Befinden und persönliche Einstellungen so zu operationalisieren, dass sie auf einer
Skala abbildbar wurden. Durch den kontinuierlichen, prozessbegleitenden Einsatz der Skalen
lernten die Teilnehmer jedoch im Laufe der Coachingprozesse, die Skala dafür zu nutzen, eige-
ne Fortschritte zu reflektieren und weitere Umsetzungsschritte zu planen. Dabei können bereits
kleinere Abstufungen auf der Skala subjektiv bedeutsame Unterschiede im Führungsalltag aus-
drücken. Deutlich wird dies z.B. bei Coachingteilnehmer A. Dessen drittes Ziel bestand darin,
das eigene Befinden in der Führungsrolle zu verbessern. Er schätzte den Stand der Zielerrei-
chung zu Beginn des Coachings bei 5, nach dem Coaching bei 7 und zum Follow-up-Termin bei
8 ein. Insgesamt handelt es sich auf der Skala also um einen Anstieg von „nur“ 3 Punkten. Die
subjektiv erlebten Veränderungen waren für den Teilnehmer jedoch hoch bedeutsam: Er gab
zum Follow-up-Termin an, sich wesentlich zufriedener und sicherer in seiner Führungsrolle zu
fühlen. Psychosomatische Beschwerden hatten deutlich abgenommen und der Teilnehmer sah
sich in der Lage, in seiner Führungsrolle selbstbewusst aufzutreten. Vor dem Coaching hatte er
mit dem Gedanken gespielt, in eine Position mit weniger Verantwortung zu wechseln. Nach
dem Coaching gab er an, dass er sich vorstellen könne, seine Führungsrolle auch langfristig
auszufüllen.
Darüber hinaus spielt der Zeitrahmen, der den Teilnehmern für die Bearbeitung ihrer
Ziele zur Verfügung stand, eine Rolle. In den Ergebnissen der Output-Interviews (siehe 4.7)
wird ersichtlich, dass sich alle Teilnehmer einen längeren Zeitraum für die Coachings ge-
wünscht hätten. In den Kommentierungen zur Zielerreichung wird ebenfalls deutlich, dass alle
Teilnehmer die Annäherung an ihre Ziele als einen Prozess begriffen, der zum Zeitpunkt des
Follow-up-Termins noch nicht abgeschlossen war. Es fällt auf, dass bei elf von dreizehn
5 Diskussion 366

Coachingzielen (ausgenommen Teilnehmer D, von dem die Daten des ersten Messzeitpunktes
fehlen) nach dem Abschluss des Coachings bis zum Follow-up-Termin eine weitere positive
Entwicklung in der Zielerreichung zu verzeichnen ist. Daraus kann geschlossen werden, dass es
sich bei der positiven Zielentwicklung während des Coachings nicht nur um kurzfristige Erfolge
handelt, sondern dass die Teilnehmer nach Abschluss der Coachings weitere Umsetzungs-
schritte initiierten und ihre Ziele weiterverfolgten. Der Transfer der Coachinginhalte auf den
Führungsalltag kann damit als erfolgreich eingestuft werden. Nach dieser Interpretation wird
durch das Coaching ein Impuls gegeben, Ziele zu definieren und in einen Prozess der Annähe-
rung an diese Ziele einzusteigen. Die Ziele waren alle so definiert worden, dass es sich um lang-
fristige Entwicklungsziele handelte, die eher als anzustrebende Vision erachtet werden können,
als als kurz- oder mittelfristige Zwischenziele.
Insgesamt können die Ergebnisse zur Zielerreichung positiv bewertet werden: Hinsicht-
lich der subjektiv wahrgenommenen Fortschritte bei der Erreichung der individuellen
Coachingziele werden die Einzelcoachings fallübergreifend als wirksam beurteilt.

b) Fortschritte in der Entwicklung des Führungsverhaltens insgesamt

Zusammenfassung der Ergebnisse


Neben dem Grad der Zielerreichung wurde auch die subjektive Einschätzung zum Führungsver-
halten insgesamt erfasst. Dabei wurden die Teilnehmer gebeten, auf einer 10-stufigen Skala den
jeweils aktuellen Stand ihres Führungsverhaltens anzugeben. Die beiden Pole der Skala wurden
als Führungsverhalten, mit dem die Teilnehmer vollkommen unzufrieden sind (Skalenwert von
0) beziehungsweise als ideales Führungsverhalten (Skalenwert von 10) beschrieben. Bei der
Einschätzung der subjektiven Fortschritte im Führungsverhalten können fünf von sechs
Coachingteilnehmer eine positive Entwicklung verzeichnen. Es fällt auf, dass sich bei
Coachingteilnehmer C keine Veränderungen im Verlauf des Coachings ergeben, allerdings be-
wegt sich Teilnehmer C von Anfang an auf einem sehr hohen Niveau. Auf der beschriebenen
10er Skala vergibt Teilnehmer C zu allen drei Messzeitpunkten einen Skalenwert von 8.
Tabelle 5.1.10 zeigt die Entwicklung der Bewertungen des Führungsverhaltens auf der
Fortschrittskala vom Zeitpunkt des Coachingbeginns bis zur Follow-up-Sitzung. Angegeben
werden die Differenzwerte zwischen der Messung nach Abschluss des Coachings und vor Be-
ginn des Coachings (Werte zu t2 minus Werte zu t1) sowie die Differenzwerte zwischen dem
Follow-up-Termin und der Messung vor Beginn der Coachings (Werte zu t3 minus Werte zu
t1).

Tabelle 5.1.10: Überblick über die Entwicklung der sechs Coachingteilnehmer auf der Fortschrittskala
zum Führungsverhalten
Einschätzung zum Führungsverhalten insgesamt auf einer 10-stufigen Skala
Teilnehmer A B C D E F
Differenz t3 –t1 +2 +3 0 +2 +1 +4
Differenz t2 –t1 +2 +1 0 +2 +1 +3
Anmerkung: Einschätzung des Führungsverhaltens auf einer Skala von 1 bis 10. Es werden Differenzwerte (= Diff.) angegeben.
Positive Differenzwerte implizieren einen Fortschritt im Führungsverhalten.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 367

Interpretation
Bei fünf von sechs Coachingteilnehmern ist eine positive Entwicklung auf der Fortschrittskala
zum Führungsverhalten zu beobachten. Wie schon bei der Zielerreichungsskala, gibt auch bei
der Fortschrittskala keiner der Coachingteilnehmer den Maximalwert von 10 an. Dies ist aller-
dings nicht verwunderlich, da der Maximalpol als ideales Führungsverhalten definiert wurde.
Auffällig ist, dass vier der sechs Coachingteilnehmer ihr Führungsverhalten vor Beginn des
Coachings bei einem Skalenwert von 5 einstuften, die anderen beiden Teilnehmer sich Werte
von 6 und 8 gaben. Insgesamt kann also interpretiert werden, dass die Teilnehmer bereits zu
Beginn des Coachings relativ zufrieden mit ihrem Führungsverhalten waren. Diese Einschät-
zung entspricht den Mittelwerten der Selbsteinschätzungen im MLQ, die insgesamt darauf hin-
weisen, dass die Führungspersonen der Stichprobe ihr Führungsverhalten bereits vor dem Inter-
ventionsprogramm sehr positiv bewerteten (siehe 5.1.1.1).
Auffällig sind die Entwicklungen auf der Fortschrittskala bei Teilnehmer C und bei
Teilnehmer F. Unter Punkt a wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Abstufungen und das
Ausmaß der angegebenen Veränderungen zwischen den Teilnehmern auf Grund der subjektiven
Bewertungen der Skalenwerte und –abstufungen nicht unmittelbar verglichen werden können.
Dennoch fällt auf, dass Teilnehmer C als einziger keinerlei Fortschritt in seinem Führungsver-
halten angab. Teilnehmer C bewertete allerdings schon zu Beginn des Coachings sein Füh-
rungsverhalten sehr positiv (Wert von 8 auf der 10er Skala). In seinen Coachingzielen sind hin-
gegen positive Entwicklungen zu beobachten. Es kann interpretiert werden, dass der
Coachingteilnehmer bereits vor dem Coaching von seinem Führungsverhalten überzeugt war
und die Arbeit an seinen Coachingzielen eher als „Kür“ denn als „Pflicht“ der eigenen Weiter-
entwicklung verstand. Veränderungen in den Zielen hängen daher in seiner Wahrnehmung nicht
mit der Qualität seines Führungsverhaltens insgesamt zusammen. Obwohl sich der
Coachingteilnehmer v.a. im Rahmen seines ersten Ziels „Individualität der Mitarbeiter akzeptie-
ren und berücksichtigen“ intensiv mit eigenen Einstellungen und Überzeugungen auseinander
setzte, veränderte sich sein Bewertungsmaßstab zur Einschätzung des eigenen Führungsverhal-
tens nicht. Dies ist daran zu erkennen, dass er trotz der selbstkritischen Auseinandersetzung mit
seinem Verhalten und seinen Einstellungen während des Coachings den hohen Wert von 8 auf
der Fortschrittskala auch nach Abschluss des Coachings beibehielt.
Bei Teilnehmer F ist eine Entwicklung des Führungsverhaltens von einem Skalenwert
von 5 vor dem Coaching hin zu einem Skalenwert von 9 zum Follow-up-Termin zu beobachten.
Damit bewertet Teilnehmer F das eigene Führungsverhalten zum Follow-up-Termin nahezu als
ideales Führungsverhalten. In Abschnitt 5.1.1.5 wurde diskutiert, welche Gründe dazu beitragen
könnten, dass Coachingteilnehmer F (Führungskraft 10) und Coachingteilnehmer B (Führungs-
kraft 1) als erfolgreichste Einzelfälle im Sinne der Hypothesen II/1 bis II/3 bewertet werden
können. In den Ergebnissen zur Fortschrittskala wird deutlich, dass diese beiden Führungsper-
sonen auch selbst ausgeprägte Fortschritte in ihrem Führungsverhalten wahrnehmen. Beide
Führungspersonen können sowohl während des Coachings als auch nach Abschluss des Coa-
chings bis zum Follow-up-Termin subjektive Fortschritte in ihrem Führungsverhalten erzielen.
Alle anderen Führungsperesonen geben an, ihren Stand auf der Fortschrittskala bis zum Follow-
up-Termin halten zu können. Auf der Basis dieser subjektiven Einschätzungen kann geschluss-
folgert werden, dass bei den Führungspersonen 1 und 10 der Transfer der Coachinginhalte auf
den Führungsalltag besser gelungen ist als bei den anderen Coachingteilnehmern, da diese bei-
den Führungspersonen auch in den Monaten nach Abschluss des Coachings weitere Fortschritte
zu verzeichnen haben.
5 Diskussion 368

Insgesamt können die Einzelcoachings hinsichtlich der subjektiv wahrgenommenen Fortschritte


im Führungsverhalten fallübergreifend als wirksam beurteilt werden.

c) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/4


In Tabelle 5.1.11 wird die Fragestellung II/4 zusammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.11: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/4


Fragestellung II/4: Wie bewerten die teilnehmenden Führungskräfte das Interventionsmodul Einzelcoa-
ching hinsichtlich der Erreichung der individuellen Coachingziele sowie hinsichtlich der Entwicklung des
Führungsverhaltens insgesamt?
Antwort:
- Die teilnehmenden Führungskräfte bewerten die Einzelcoachings hinsichtlich der Erreichung der indi-
viduellen Coachingziele und des Fortschritts im Führungsverhalten durchwegs positiv. Bei allen Teil-
nehmern sind positive Entwicklungen auf den Zielerreichungsskalen bis zum Abschluss des Coachings
und bis zum Follow-up-Termin zu verzeichnen. Es werden nicht nur kurzfristige Veränderungen er-
zielt, sondern auch mittelfristige Veränderungen initiiert. Der Transfer der Coachinginhalte auf den
Führungsalltag kann als erfolgreich eingestuft werden. Alle Teilnehmer stufen ihr Führungsverhalten
insgesamt bereits vor dem Coaching auf einer 10stufigen Skala bei dem Wert von 5 oder höher ein.
Fünf von sechs Teilnehmern geben an, bis zum Ende des Coachings Fortschritte in ihrem Führungs-
verhalten erzielt zu haben. Zwei dieser fünf Coachingteilnehmer nehmen auch bis zum Follow-up-
Termin weitere Fortschritte in ihrem Führungsverhalten wahr.
- Hinsichtlich des Kriteriums der subjektiven Einschätzung zur Erreichung individueller Coachingziele
und der Entwicklung des Führungsverhaltens insgesamt können die Einzelcoachings fallübergreifend
als wirksam beurteilt werden.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 369

5.1.1.7 Fragestellung II/5


Fragestellung II/5: Subjektive Einschätzung von Zufriedenheit, Gesamterfolg und Verän-
derungen
Wie zufrieden sind die teilnehmenden Führungskräfte mit dem Interventionsmodul Einzelcoa-
ching, wie schätzen Sie den Gesamterfolg des Coachings ein und welche Veränderungen berich-
ten Sie?

In Abschnitt 4.7 wurden die Ergebnisse aus den halbstrukturierten Evaluationsinterviews, die
mit den sechs Coachingteilnehmern zum Abschluss der Coachingprozesse geführt wurden, fall-
übergreifend dargestellt. In den Interviews wurde nach der Zufriedenheit mit dem Coaching,
nach dem Ausmaß des subjektiv eingeschätzten Erfolgs, nach einer allgemeinen Bewertung des
Coachings und nach beobachtbaren Veränderungen durch das Coaching gefragt. Im Interview
werden damit die verschiedenen Evaluationsebenen nach Kirkpatrick (1976) berücksichtigt
(siehe 1.6.3.1): So bezieht sich die Interviewfrage nach der Zufriedenheit mit dem Coaching auf
die erste Evaluationebene, auf die unmittelbare Reaktion der Teilnehmer. Die Frage nach dem
Erfolg der Maßnahme wurde von den Coachingteilnehmern auf die vierte Ebene der Evaluation,
auf die Ergebnisse bezogen, indem sie insbesondere langfristige Veränderungen durch das Coa-
ching in ihrer Bewertung in den Fokus rückten. Die erfragten Veränderungen durch das Coa-
ching berücksichtigen die zwei Evaluationsebenen des Lernens und des Verhaltens, wobei die
Teilnehmer hauptsächlich über Veränderungen auf der Ebene des Verhaltens berichteten.
Im Folgenden werden zunächst die Interviewergebnisse interpretiert und anschließend
die Fragestellung II/5 zusammenfassend beantwortet.

a) Interpretation der Ergebnisse

Zufriedenheit, Erfolg und allgemeine Einschätzung des Coachings


Die Coachingteilnehmer sind mit den Einzelcoachings zufrieden bis sehr zufrieden (Mittelwert
von 8.5 auf einer 10-stufigen Skala) und sie bewerten den Erfolg der Coachings als hoch (Mit-
telwert von 7.5 auf einer 10-stufigen Skala). Wie auch bei der Interpretation der Ergebnisse der
Zielerreichungsskalen, müssen die Ergebnisse der Skalenwerte zu Zufriedenheit und Einschät-
zung des Coachingerfolges anhand der Kommentierungen der Teilnehmer interpretiert werden,
um die subjektive Bewertung der Skalenwerte berücksichtigen zu können. Auf die Nachfrage,
was zur 10 noch fehle, führten alle Teilnehmer sowohl bei der Zufriedenheits- als auch bei der
Erfolgsskala den Zeitaspekt an. So gaben die Teilnehmer an, dass sie sich einen längeren Zeit-
raum für das Coaching, weitere Coachingsitzungen und mehr Zeit zur Beschäftigung mit den
Coachinginhalten im Alltag gewünscht hätten. Darüber hinaus betonten die Teilnehmer, dass
durch das Coaching ein Veränderungsprozess angestoßen wurde, dessen Erfolg erst nach einem
längeren Zeitraum nach Abschluss des Coachings abgeschätzt werden könnte. Es wird also
deutlich, dass die Teilnehmer den Erfolg des Coachings nicht an kurzfristig gewonnenen Er-
kenntnissen oder aktuellen Veränderungen, sondern an langfristigen Auswirkungen fest ma-
chen. Es kann geschlussfolgert werden, dass sechs Coachingsitzungen in zwölf Wochen einen
zu kurzen Zeitraum darstellen, um die individuellen Ziele zur vollkommenen Zufriedenheit der
Teilnehmer zu bearbeiten und um nachhaltige Veränderungen im Arbeitsalltag umzusetzen. Auf
der anderen Seite deutet die Entwicklung der Zielerreichung der Teilnehmer (siehe 5.1.1.6)
darauf hin, dass die im Coaching angestoßenen Veränderungsprozesse ausreichen, um weitere
Fortschritte bis zum Follow-up-Termin erzielen zu können. Daher kann der Wunsch der Teil-
5 Diskussion 370

nehmer nach einer Verlängerung des Coachingprozesses als Bedürfnis nach weiterer Unterstüt-
zung interpretiert werden; gleichzeitig scheint die Verlängerung jedoch nicht unbedingt not-
wendig zu sein, um erwünschte Veränderungen im Arbeitsalltag zu etablieren. Positiv hervor-
zuheben ist, dass alle Teilnehmer Veränderung als Prozess begreifen, der nicht mit dem Coa-
ching abgeschlossen ist, sondern der aktiv auftrechterhalten und im Alltag umgesetzt werden
muss. Aus den Anmerkungen der Teilnehmer wird die Empfehlung abgeleitet, die
Coachingsitzungen auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, indem zwischen den Sitzungen
größere Zeitabstände gewählt werden und ggf. in Abhängigkeit der individuellen Zielerreichung
die Anzahl der Sitzungen zu erhöhen. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob die Sitzungen eher
außerhalb der Arbeitszeit und außerhalb des Unternehmens stattfinden sollten. So wurde in den
Aussagen zu Verbesserungsmöglichkeiten deutlich, dass es einigen Teilnehmern schwer fiel,
sich während der Arbeitszeit auf einen Coachingtermin und die damit verbundenen Inhalte ein-
zulassen. Bei der Planung des Führungskräfteentwicklungsprogramms wurde es als
Entgegekommen an die Führungskräfte erachtet, die Coachingtermine während der Arbeitszeit
und in den Räumen des Unternehmens stattfinden zu lassen, um den zusätzlichen Zeitaufwand
für die Teilnehmer zu minimieren. Während der Durchführung der Sitzungen und in den Rück-
meldungen der Teilnehmer wurde hingegen deutlich, dass dies dazu führte, dass die Teilnehmer
bei der Bearbeitung der Themen zu wenig Abstand zum Arbeitsalltag hatten und das Coaching
den Stellenwert eines Arbeitstermins erhielt. Darüber hinaus brachte die räumliche Nähe zum
Arbeitsplatz der Klienten das Problem mit sich, dass die Klienten bis direkt vor dem Termin
und unmittelbar im Anschluss an den Termin ihre reguläre Arbeitstätigkeit verrichteten und
damit kaum Gelegenheit hatten, die Inhalte der Sitzung zu reflektieren oder vor- und nachzube-
reiten.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass sowohl der Ablauf als auch die inhaltliche
Strukturierung der Sitzungen sowie eingesetzte Methoden von den Teilnehmern positiv bewer-
tet werden. Darüber hinaus werden insbesondere die konsequente Ausrichtung der
Coachingarbeit an individuellen Zielsetzungen und die individuelle Ausgestaltung der
Coachingprozesse in Abhängigkeit von den Bedürfnissen und Themen des Klienten positiv
hervorgehoben. Damit lässt sich zusammenfassend die Schlussfolgerungen ziehen, dass die Art
und Weise der Coachingarbeit für die Teilnehmer positiv konnotiert war, hingegen die Rah-
menbedingungen für das Coaching verändert werden sollten.

Veränderungen durch das Coaching


In den Interviews wurde nach konkreten Beispielen für Veränderungen in der Selbsteinschät-
zung, in den Emotionen und Einstellungen sowie im Verhalten gefragt, die die Teilnehmer an
sich beobachten können. Die Coachingteilnehmer berichteten insbesondere von Verhaltensände-
rungen, die durch das Coaching hervorgerufen wurden. Aussagen zu Veränderungen in der
Selbsteinschätzung und in den Emotionen und Einstellungen standen erst an zweiter und dritter
Stelle.
Dieses Ergebnis kann folgendermaßen interpretiert werden: Veränderungen im Verhal-
ten können geplant, geübt und im Alltag unmittelbar erprobt werden. Veränderungen in den
Einstellungen und Emotionen sowie in der Selbsteinschätzung können hingegen als Folgen der
Verhaltensänderung interpretiert werden: So können die Wahrnehmung des eigenen geänderten
Verhaltens sowie soziale Rückmeldungen zu Verhaltensänderungen über Prozesse der persona-
len und sozialen Internalisierung (siehe 1.2.5.2) zu Veränderungen im Selbstkonzept und damit
zu Veränderungen in der Selbsteinschätzung und in selbstbezogenen Emotionen führen. Um
dieser Interpretation nachzugehen, hätte zum Follow-up-Termin erneut gezielt nach diesen drei
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 371

Kategorien von Veränderungen gefragt werden müssen. Insgesamt ist es positiv zu werten, dass
das Coaching insbesondere zu subjektiv erlebbaren Verhaltensänderungen beitragen konnte, da
diese von den Personen des Arbeitsumfeldes unmittelbar beobachtet werden können. Nur so ist
es möglich, Veränderungen in der Interaktion mit relevanten Personen des Arbeitsumfeldes
anzustoßen und Führung als Interaktionsphänomen zielgerichtet zu optimieren.

Fazit
In Bezug auf die in Abschnitt 1.6.4.2 dargestellten Qualitätskriterien von Coaching nach Heß
und Roth (2001) können die Ergebnisse folgendermaßen zusammengefasst werden: Die Pro-
zess- und Ergebnisqualität des Coachings kann als sehr zufriedenstellend bewertet werden, die
Strukturqualität der Coachings enthält jedoch Verbesserungsaspekte. Strukturqualität wird als
Voraussetzung für Prozess- und Ergebnisqualität erachtet. Es kann also davon ausgegangen
werden, dass sich Veränderungen in der Strukturqualität wie die Optimierung der Sitzungsan-
zahl, der Sitzungstermine, des Orts für die Sitzungen und die Prozessdauer positiv auf die Pro-
zess- und Ergebnisqualität auswirken. Damit kann die Veränderung der Rahmenbedingungen
ggf. noch zu einer Verbesserung der Erreichung individueller und programmübergreifender
Zielsetzungen beitragen.

b) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/5


In Tabelle 5.1.12 wird die Fragestellung II/5 zusammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.12: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/5


Fragestellung II/5: Wie zufrieden sind die teilnehmenden Führungskräfte mit dem Interventionsmodul
Coaching, wie schätzen Sie den Gesamterfolg des Coachings ein und welche Veränderungen berichten
Sie?
Einschätzung von Zufriedenheit und Gesamterfolg
- Die Coachingteilnehmer sind mit den Einzelcoachings zufrieden bis sehr zufrieden (Mittelwert von 8.5
auf einer 10-stufigen Skala).
- Den Erfolg der Coachings bewerten sie Teilnehmer als relativ hoch (Mittelwert von 7.5 auf einer 10-
stufigen Skala). Allerdings wird betont, dass der Erfolg aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Ver-
änderungsprozesses zum Zeitpunkt der Interviews noch nicht vollkommen absehbar sei.
- Bei der allgemeinen Einschätzung der Einzelcoachings werden in erster Linie positive Aussagen, v.a.
zur Sitzungsstruktur, zum Ablauf und zu den eingesetzten Methoden sowie zur konsequenten Arbeit an
konkreten Zielen und zur Individuumsorientierung gemacht. Als Verbesserungsvorschläge werden in
erster Linie der Wunsch nach mehr Zeit für die Coachingarbeit sowie eine verstärkte Unterstützung des
Alltagstransfers hervorgehoben.

Veränderungen
- Es werden vor allem Verhaltensänderungen genannt: Diese beinhalten eine verbesserte Zusammenarbeit
mit Kollegen, Anregung und Zulassen von mehr Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter und ein siche-
reres und gelasseneres Auftreten der Führungskraft.
- Aussagen zu Veränderungen der Emotionen und Einstellungen stehen an zweiter Stelle: Die Führungs-
kräfte empfinden mehr Freude bei der Arbeit, was mit der verbesserten Zusammenarbeit mit Kollegen
sowie mit den Veränderungen im Auftreten erklärt werden kann. Auch berichten die Coaching-
teilnehmer von einer Erweiterung der eigenen Sichtweise, die es vereinfache, Reaktionen des Arbeits-
umfelds einzuordnen.
- Seltener genannt werden Veränderungen in der Selbsteinschätzung und –bewertung, worunter z.B. Aus-
sagen zur verbesserten Wahrnehmung der eigenen Ressourcen fallen.

Fazit
Hinsichtlich der Kriterien Zufriedenheit, subjektive Einschätzung des Erfolgs und Gesamtbewertung der
Maßnahme durch die Teilnehmer, können die Einzelcoachings als wirksam beurteilt werden. Die Wirk-
samkeit bezieht sich insbesondere auf subjektiv erlebbare Verhaltensänderungen der Teilnehmer.
5 Diskussion 372

5.1.1.8 Fragestellung III/1


Fragestellung III/1: Zusammenhang des Ausmaßes der Veränderung der Führungsstile
mit dem Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen
Inwieweit hängt das Ausmaß der potenziellen Veränderungen in den Führungsstilen des Full
Range of Leadership (insbesondere in den transformationalen Führungsstilen, der leistungsori-
entierten Anerkennung und Laissez Faire) im Rahmen des Interventionsprogramms mit dem
Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Häufigkeit des Einsatzes
dieser Führungsstile zusammen?

In Abschnitt 1.4.5 des Theorieteils wurde die These abgeleitet, dass sich das Ausmaß der Ver-
änderungen in den Führungsstilen, das sich im Anschluss an ein Führungsfeedback aus Sicht
der Mitarbeiter ergibt, in Abhängigkeit vom Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen zur Ausprägung dieser Führungsstile unterscheidet. Im Folgenden wird
aufgezeigt, inwieweit diese These auf Basis der Ergebnisse der empirischen Untersuchung be-
stätigt werden kann. In Abschnitt 4.8 wurden die Ergebnisse korrelativer Zusammenhänge so-
wie Ergebnisse zu Unterschieden im Ausmaß der Veränderung zwischen vier Gruppen von
Selbsteinschätzern dargestellt. Im Folgenden werden diese Ergebnisse zusammengefasst und in
Bezug auf die oben genannte These interpretiert (siehe Punkt a). Unter Punkt b wird Fragestel-
lung III/1 zusammenfassend beantwortet.

a) Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse

Korrelative Zusammenhänge
Es bestehen keine systematischen korrelativen Zusammenhänge zwischen den Differenzwerten
der Selbst- und Fremdeinschätzungen und den Differenzwerten der Einschätzungen zu t1 und t2
über die zehn Führungsstile des MLQ hinweg. Es zeigt sich aber, dass der Übereinstimmungs-
grad in der Variablen Management by Exception active (MBA) zu t1 mit dem Ausmaß der Ver-
änderung in dieser Variablen sowohl aus Mitarbeitersicht als auch aus Sicht der Führungs-
personen selbst zusammenhängt. Darüber hinaus ergibt sich ein positiver Zusammenhang zwi-
schen dem Übereinstimmungsgrad und dem Ausmaß der Veränderung in der Gesamtvariablen
zur transformationalen Führung (TF): Je höher die durchschnittliche Übereinstimmung der
sechs transformationalen Variablen zwischen den Beurteilerperspektiven zu t1 ausfällt, desto
stärker verändet sich die durchschnittliche Häufigkeit des Einsatzes der sechs
transformationalen Führungsstile aus Sicht der Mitarbeiter.
Diese Ergebnisse können folgendermaßen interpretiert werden: Die Zusammenhänge
zwischen Übereinstimmungsgrad und Ausmaß der Veränderung in den Variablen TF und MBA
bestätigen die These, die in Abschnitt 1.4.5 abgeleitet wurde (s.o.). TF und MBA können im
MLQ in der vorliegenden Stichprobe als voneinander unabhängige Faktoren aufgefasst werden
(siehe 5.1.1.1). Das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen den beiden Beurteilerperspektiven
zur Ausprägung dieser beiden Faktoren korreliert signifikant positiv mit der durchschnittlichen
Veränderung in diesen Faktoren aus Sicht der Mitarbeiter. Dabei verteilen sich die Führungs-
personen der Gruppen A, B und C gleichmäßig auf die vier Kategorien der Selbsteinschätzer.
Die Zusammenhänge zwischen Übereinstimmungsgrad und Ausmaß der Veränderung werden
also nicht durch die Zugehörigkeit zu einer der Interventionsbedingungen beeinflusst. Es kann
daher geschlussfolgert werden, dass die 20 Führungsperson der Stichprobe mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit Veränderungen im mittleren Ausmaß der transformationalen Führungsstile
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 373

und im Stil MBA zeigen, wenn sie vor der Intervention ihr Führungsverhalten in Übereinstim-
mung mit den Mitarbeitern einschätzen.

Thesen und Ergebnisse zu Unterschieden zwischen den vier Selbsteinschätzungstypen im


Ausmaß der Veränderung der Führungsstile
Ein Großteil der Führungspersonen der Stichprobe ist entgegen der Annahme aus Abschnitt
5.1.1.1 nicht als Überschätzer einzuordnen, sondern stimmt in einer positiven Selbstein-
schätzung mit den Mitarbeitern überein. Dies ist ein erfreuliches Ergebnis im Sinne der er-
wünschten Konsequenzen, die für das Individuum und das Unternehmen aus einer überein-
stimmend positiven Einschätzung des Führungsverhaltens resultieren können (siehe 1.4.3.3):
Atwater und Yammarino (1992) zeigen auf, dass der Zusammenhang zwischen Führungsverhal-
ten und -erfolg für diejenigen Führungspersonen am höchsten ausfällt, die der Kategorie In-
Agreement/Good zuzuordnen sind. Allerdings werden auch jeweils fünf Personen der Stich-
probe den Kategorien Überschätzer und In-Agreement/Poor zugeordnet. Yammarino und
Atwater (1993) zeigen auf, dass die Zugehörigkeit zu diesen beiden Kategorien mit negativen
Konsequenzen für das Individuum und die Organisation verbunden sein kann. Auf der anderen
Seite resultiert in der Untersuchung von Johnson und Ferstl (1999) das Ergebnis, dass Füh-
rungspersonen, die sich selbst überschätzen, ihre Leistung bei einem zweimalig durchgeführten
Führungsfeedback von t1 zu t2 verbessern. So können mit der Selbstüberschätzung zwar negati-
ve Konsequenzen verbunden sein, gleichzeitig trägt die Rückmeldung solcher Ergebnisse auch
dazu bei, dass Führungspersonen ihre Leistung verbessern. In Abschnitt 5.1.1.4 wurde dar-
gestellt, dass das Ausmaß der führungsbezogenen Selbstreflexion der Führungspersonen durch
den Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdein-schätzungen operationalisiert wer-
den kann. Darüber hinaus wurde im Theorieteil in Abschnitt 1.4.3.3 aufgezeigt, das Führungs-
personen, die sich selbst realistisch einschätzen und ein höheres Ausmaß an Selbstreflexion und
-erkenntnis aufweisen, eher dazu in der Lage sind, ihre Leistungen zu verbessern. Führungs-
personen, die den Kategorien In-Agreement/Good oder Poor zuzuordnen sind, müssten dem-
nach in einem höheren Ausmaß über sich selbst als Führungskraft reflektieren und ausgepräg-
tere Veränderungen im Führungsverhalten in der erwünschten Richtung aufweisen, als Füh-
rungspersonen der anderen beiden Kategorien.
Die These, die in Abschnitt 1.4.5 des Theorieteils abgeleitet wurde, lässt sich demnach
folgendermaßen spezifizieren: Das Ausmaß der Veränderungen in den Führungsstilen, das sich
im Anschluss an ein Führungsfeedback aus Sicht der Mitarbeiter ergibt, unterscheidet sich in
Abhängigkeit vom Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Aus-
prägung dieser Führungsstile: Führungspersonen der Kategorien In-Agreement/Good und Poor
zeigen ein höheres Ausmaß an Veränderung als Führungspersonen der anderen beiden Grup-
pen. Überschätzer werden zu t2 von ihren Mitarbeitern positiver beurteilt als zu t1, Unterschät-
zer werden zu t1 von ihren Mitarbeitern negativer beurteilt als zu t1.
Die Einzelaspekte dieser These lassen sich auf Basis der Ergebnisse aus der Unter-
suchung von Unterschieden zwischen den vier Gruppen von Selbsteinschätzern in Bezug auf
das Ausmaß der Veränderung nicht bestätigen: Die in Abschnitt 4.8.2.2 dargestellten Ergebnisse
zeigen auf, dass keine systematischen Zusammenhänge zwischen Übereinstimmungsgrad und
Grad der Veränderung über die drei Variablen Transformationale Führung (TF), Contingent
Reward (CR) und Laissez Faire (LF) hinweg vorliegen. So lässt sich kein variablenüber-
greifendes Muster im Ausmaß der Veränderungen aus Mitarbeitersicht oder aus Sicht der Füh-
rungskräfte selbst in Abhängigkeit der Clusterzugehörigkeit erkennen: Aus Mitarbeitersicht
werden in der Variablen TF die höchsten Veränderungen für die Überschätzer berichtet, in der
5 Diskussion 374

Variablen CR unterscheiden sich die vier Cluster kaum, in der Variablen LF resultieren für die
Unterschätzer die höchsten Veränderungen. Aus Sicht der Führungspersonen werden in der
Variablen TF die höchsten Veränderungen für das Cluster In-Agreement/Good berichtet. Die
einzige auffällige Gemeinsamkeit zeigt sich in den Selbst- und Fremdeinschätzungen von Ver-
änderungen in den Variablen CR und LF: In beiden Variablen resultieren für die Unterschätzer
aus Mitarbeitersicht eindeutig die höchsten Veränderungen, aus Sicht der Führungskräfte selbst
tendenziell die höchsten Veränderungen. Dieser Gruppeneffekt lässt sich in der Variablen LF
für die Selbsteinschätzung auch in der varianzanalytischen Überprüfung als signifikanter Unter-
schied nachweisen. Schaut man sich die Mittelwerte zu t1 und t2 der beiden Führungspersonen
8 und 11 des Clusters der Unterschätzer an (siehe Anhang 3.20), so fällt folgendes Ergebnis auf:
Die beiden Führungspersonen verbessern sich aus Sicht der Mitarbeiter in den Variablen CR
und LF (Zunahme der Ausprägung bei CR, Abnahme der Ausprägung bei LF). In der Selbstein-
schätzung ist die Richtung der Veränderung hingegen uneinheitlich: Die Führungskräfte verbes-
sern sich jeweils in der einen Variable in ihrer Selbsteinschätzng, in der anderen Variable ver-
schlechtern sie sich. Es kann also ausschließlich die Schlussfolgerung gezogen werden, dass
sich bei den beiden Unterschätzern der Stichprobe aus Sicht der Mitarbeiter in den Führungssti-
len CR und LF Veränderungen in der jeweils erwünschten Richtung ergeben, die im Durchnitt
leicht über dem Ausmaß der Veränderungen in den anderen Clustern liegen. Dieses Ergebnis
widerspricht der These, dass Unterschätzer zu t2 von ihren Mitarbeitern negativer beurteilt wer-
den als zu t1. Führungspersonen, die in der Stichprobe als Überschätzer klassifiziert werden,
zeigen in der Fremdeinschätzung kein einheitliches Muster der Verbesserung oder Verschlech-
terung in den einzelnen Führungsstilen oder über die Führungsstile hinweg. Aus diesem Ergeb-
nis kann keine eindeutige Schlussfolgerung zur These gezogen werden, dass Überschätzer zu t2
von ihren Mitarbeitern positiver beurteilt werden als zu t1. Darüber hinaus zeigen Führungsper-
sonen der Kategorien In-Agreement/Good und Poor kein höheres Ausmaß an Veränderung als
Führungspersonen der anderen beiden Gruppen.
 Insgesamt kann aus den Ergebnissen die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sich
die vier Selbstdarstellungscluster nicht systemtisch im Ausmaß der Veränderungen in
den Führungsstilen zwischen t1 und t2 unterscheiden.

Fazit
Die These aus Abschnitt 1.4.5 des Theorieteils, dass sich das Ausmaß der Veränderungen der
Führungsstile zwischen t1 und t2 in Abhängigkeit vom Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst-
und Fremdeinschätzungen zur Ausprägung dieser Führungsstile zu t1 unterscheidet, lässt sich
nur auf Basis der variablenzentrierten Untersuchung bestätigten. So ergeben sich aus den korre-
lativen Ergebnissen Hinweise darauf, dass ein Zusammenhang zwischen Übereinstimmungsgrad
und Ausmaß der Veränderung besteht. Die Ergebnisse aus der personenzentrierten Untersu-
chung bestätigen die These jedoch nicht. Die vier Gruppen von Selbsteinschätzern unterschei-
den sich nicht systematisch im Ausmaß der Veränderungen zwischen t1 und t2. Es kann inter-
pretiert werden, dass die Varianz innerhalb der vier Cluster zu hoch ist, um von tatsächlich ho-
mogenen Personengruppen mit ähnlichen Profilen im Übereinstimmungsgrad über die Füh-
rungsstile hinweg auszugehen. So hat sich die Schwierigkeit ergeben, dass nicht alle Führungs-
kräfte auf der Basis der drei Variablen, die zur Klassifikation herangezogen wurden, eindeutig
einer der Selbsteinschätzungsgruppen zugeordnet werden konnten. So ergaben sich nur für acht
der 20 Führungspersonen über alle drei Variablen hinweg einheitliche Zuordnungen zu einem
der vier Cluster (siehe Tabelle 4.8.1). Die Ergebnisse aus dem Gruppenvergleich werden daher
in ihrer Aussagekraft den korrelativen Ergebnissen untergeordnet.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 375

Bei der zusammenfassenden Beantwortung der Frage werden ausschließlich die Ergebnisse der
korrelativen Untersuchung berücksichtigt.

b) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung III/1


In Tabelle 5.1.13 wird die Fragestellung III/1 zusammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.13: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung III/1


Fragestellung III/1: Inwieweit hängt das Ausmaß der durch das Interventionsprogramm bedingten Verän-
derung der Führungsstile mit dem Übereinstimmungsgrad von Selbst- und Fremdeinschätzungen zusam-
men?
Variablenübergreifende Zusammenhänge
Weder in den Selbst- noch den Fremdeinschätzungsdaten zum Ausmaß der Veränderung resultieren über
die Variablen hinweg systematische Zusammenhänge zum Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen.
Variablenspezifische Zusammenhänge
Systematische Zusammenhänge zwischen dem Übereinstimmungsgrad und dem Ausmaß der Veränderung
lassen sich aber für die zwei übergeordneten Faktoren des MLQ feststellen:
- Management by Exception active (MBA): Je höher die Übereinstimmung zwischen den beiden
Beurteilerperspektiven in dieser Variablen zu t1 ausfällt, desto stärker fallen die Veränderungen in der
Häufigkeit des Einsatzes des Führungsstils aus Sicht der Mitarbeiter und aus Sicht der Führungskräfte
aus.
- Transformationale Führung (TF): Je höher die durchschnittliche Übereinstimmung der sechs
transformationalen Variablen zwischen den beiden Beurteilerperspektiven ausfällt, desto ausgeprägter
sind die von den Mitarbeitern berichteten Veränderungen in der durchschnittlichen Häufigkeit des Ein-
satzes der sechs transformationalen Führungsstile.
5 Diskussion 376

5.1.1.9 Fragestellung III/2


Fragestellung III/2: Zusammenhang des Übereinstimmungsgrades der Selbst- und
Fremdeinschätzungen mit den Selbstdarstellungsclustern
Inwieweit hängt der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur
Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full Range of Leadership (insbesondere den
transformationalen Führungsstilen, der leistungsorientierten Anerkennung und Laissez Faire)
mit der Zugehörigkeit zu den Selbstdarstellungsclustern aus der Fragestellung I/2 zusammen?

In Abschnitt 1.4.5 des Theorieteils wurden folgende Thesen aufgestellt:


 Bei Führungspersonen, die dem Cluster der akquisitiven Selbstüberwacher zuzuordnen sind,
liegen Selbst- und Fremdeinschätzungen des Führungsverhaltens nahe beeinander. Diese
Führungspersonen weisen eine Tendenz zur Persönlichkeitsdarstellung auf und verfügen
über hohe Selbstdarstellungskompetenzen.
 Bei Führungspersonen, die dem Cluster der protektiven Selbstüberwacher zuzuordnen sind,
unterscheiden sich Selbst- und Fremdeinschätzungen des Führungsverhaltens. Diese Füh-
rungspersonen weisen eine niedrige Authentizitätsneigung und insbesondere eine hohe
protektive Variabilität auf.
Im Folgenden wird aufgezeigt, inwieweit diese Thesen auf Basis der Ergebnisse der em-
pirischen Untersuchung bestätigt werden können. In Abschnitt 4.9 wurden die Ergebnisse der
deskriptiven Datenanalyse und der Überprüfung von Gruppenunterschieden zum Zusammen-
hang zwischen dem Übereinstimmungsgrad und den Selbstdarstellungsclustern dargestellt. Im
Folgenden werden diese Ergebnisse zusammengefasst und in Bezug auf die oben genannten
Thesen interpretiert (siehe Punkt a). Unter Punkt b wird Fragestellung III/2 zusammenfassend
beantwortet.

a) Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse

Unterschiede im Übereinstimmungsgrad zwischen akquisitiven und schwachen


Selbstüberwachern
Schwache Selbstüberwacher weisen in den drei Variablen Transformationale Führung (TF),
Contingent Reward (CR) sowie Laissez Faire (LF) den niedrigsten Übereinstimmungsgrad zwi-
schen Selbst- und Fremdeinschätzungen auf. Darüber hinaus resultieren signifikante
Mittelwertsunterschiede zwischen den schwachen Selbstüberwachern und den akquisitiven
Selbstüberwachern: Diese unterscheiden sich im Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen in Bezug auf die durchschnittliche Ausprägung der transformationalen
Führungsstile sowie in Bezug auf die durchschnittliche Ausprägung aller Führungsstile des Full
Range of Leadership. Akquisitive Selbstüberwacher weisen in diesen Variablen jeweils den
höchsten Übereinstimmungsgrad, schwache Selbstüberwacher den niedrigsten Überein-
stimmungsgrad auf.
Dieses Ergebnis kann folgendermaßen interpretiert werden: Erstens kann These 1 (s.o.)
für den Übereinstimmungsgrad zur Einschätzung der transformationalen Führungsstile bestätigt
werden. Bei Führungspersonen, die dem Cluster der akquisitiven Selbstüberwacher zuzuordnen
sind, liegen Selbst- und Fremdeinschätzungen der durchschnittlichen Ausprägung der
transformationalen Führungsstile nahe beieinander.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 377

Zweitens kann geschlussfolgert werden, dass der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen zum Ausmaß transformationalen Führungsverhaltens nicht nur vom Au-
thentizitätsbedürfnis der Führungsperson, sondern auch von deren spezifischen Selbst-
darstellungskompetenzen abhängt. Die Führungsperson muss also nicht nur dazu motiviert,
sondern auch dazu fähig sein, zentrale Selbstbilder in entsprechendes Selbstdarstellungs-
verhalten umzusetzen und damit Wirkungen bei den Mitarbeitern zu erzielen, die den eigenen
Selbstbildern entsprechen. Laux und Renner (2002) bezeichnen Personen, bei denen sowohl
eine hohes Authentizitätsbedürfnis als auch hohe Wahrnehmungs- und Selbstdarstellungs-
kompetenzen vorliegen als Persönlichkeitsdarsteller (siehe 1.2.7.3). In der vorliegenden Stich-
probe entspricht ein solches Merkmalsprofil der Gruppe der akquisitiven Selbstüberwacher. In
Abschnitt 5.1.2 wurde aufgezeigt, dass akquisitive Selbstüberwacher die höchste Ausprägung
transformationaler Führung aus Sicht der Mitarbeiter aufweisen. Darüber hinaus wird nun deut-
lich, dass bei den akquisitiven Selbstüberwachern auch der höchste Übereinstimmungsgrad
zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur transformationalen Führung vorliegt. Wird die
Innen- und Außensicht einer Führungsperson durch ähnliche Selbst- und Fremdbilder beschrie-
ben, so kann dies auf die Prozesse der Selbstinterpretation zurückgeführt werden (siehe 1.2.5):
Der Person gelingt es sowohl, zentrale Selbstbilder so zu vermitteln, dass die Außenwirkung
den Selbstbildern entspricht, als auch die Rückmeldung zentraler Fremdbilder adäquat zu inter-
pretieren und diese in ihr Selbstkonzept zu integrieren. Über die zwei Prozesse der Selbstinter-
pretation wird mit den Interaktionspartnern eine gemeinsame Auffassung davon konstruiert,
welche Merkmale die Person in ihrer Führungsrolle auszeichnen – also über welche Führungs-
identität die Person verfügt. Es kann geschlussfolgert werden, dass Persönlichkeitsdarsteller am
wahrscheinlichsten dazu in der Lage sind, gemeinsam mit ihren Mitarbeitern eine
transformationale Führungsidentität zu etablieren.

Höchster Übereinstimmungsgrad in den Variablen Contingent Reward (CR) und Laissez


Faire bei den protektiven Selbstüberwachern
Überraschenderweise zeigen sich bei den protektiven Selbstüberwachern in den Variablen
Contingent Reward (CR) und Laissez Faire (LF) die höchsten Übereinstimmungen zwischen
den Selbst- und Fremdeinschätzungen im Vergleich zu den anderen drei Selbstdarstellungsclu-
stern. Dieses Ergebnis widerspricht der These 2 (s.o.), nach der bei den protektiven Selbst-
überwachern Selbst- und Fremdeinschätzungen des Führungsverhaltens voneinander abwei-
chen. Diese These kann zwar für die transformationalen Führungsstile tendenziell bestätigt wer-
den, trifft aber für CR und LF nicht zu. Es bestehen also variablenspezifische Unterschiede im
Übereinstimmungsgrad zwischen den vier Selbstdarstellungsclustern. Die Ergebnisse aus Ab-
schnitt 4.9 zeigen auf, dass protektive Selbstüberwacher den höchsten Übereinstimmungsgrad in
der Variablen CR aufweisen. Dies kann sowohl bedeuten, dass Führungspersonen mit ihren
Mitarbeitern in einer hohen Ausprägung oder aber auch in einer niedrigen Ausprägung dieses
Führungsstils übereinstimmen. Sieht man sich die Mittelwerte der Selbst- und Fremdbeschrei-
bungen zu t1 der beiden protektiven Selbstüberwacher an (siehe Anhang 21), so wird deutlich,
dass diese eine unterdurchschnittliche Ausprägung von CR und TF und eine überdurchschnittli-
che Ausprägung von LF sowohl in der Selbst- als auch in der Fremdbeschreibung aufweisen.
Protektive Selbstüberwacher können also dem Selbsteinschätzungscluster In-Agreement/Poor
zugeordnet werden (siehe auch Tabelle 4.8.1).
Dieses Ergebnis kann folgendermaßen interpretiert werden: Die Vermittlung der aktiven
und transformationalen Führungsstile und des passiven Führungsstils Laissez Faire scheint je-
weils auf unterschiedlichen Selbstdarstellungskompetenzen und -motiven zu beruhen.
5 Diskussion 378

Um transformationale Führungsprinzipien und Prinzipien der leistungsorientierten Anerkennung


zum Ausdruck zu bringen, muss sowohl die Motivation vorliegen, sich authentisch darstellen zu
wollen, als auch die Kompetenz vorhanden sein, zentrale Selbstbilder nach außen zu vermitteln.
Hingegen geht der Laissez Faire-Stil mit der protektiven Ausrichtung des Selbstdarstellungs-
verhaltens an sozialen Hinweisreizen einher. Bei Führungspersonen mit einer hohen Aus-
prägung des Laissez Faire-Stils aus Selbst- und Fremdsicht liegt demnach die Motivation vor,
soziale Missbilligung vermeiden und sich in Übereinstimmung mit den Erwartungen anderer
verhalten zu wollen. Zudem ist die Kompetenz vorhanden, sich im Verhalten an unterschied-
liche Situationen anzupassen. Gleichzeitig wird deutlich, dass ein hohes Bedürfnis nach Authen-
tizität mit einer geringen Übereinstimmung der Selbst- und Fremdwahrnehmung zum Ausmaß
passiver Führung (LF) zusammenhängt. Es kann interpretiert werden, dass Selbst- und Fremd-
einschätzungen zur Ausprägung eines passiven Führungsstil dann am ehesten übereinstimmen,
wenn die Führungsperson dazu motiviert ist, sich wenig authentisch, dafür aber höchst ange-
passt an äußere Erwartungen darzustellen. CR wird hingegen durch transparente und eindeutig
interpretierbare Verhaltensweisen der Führungsperson beschrieben, die einer protektiven An-
passung an äußere Erwartungen eher widersprechen: Die Führungsperson macht deutlich, wer
für bestimmte Leistungen verantwortlich ist und spricht klar aus, was erwartet werden kann,
wenn die gesteckten Ziele erreicht worden sind (siehe Anahng 1.1). Eine Führungsperson, die
CR in ausgeprägter Form einsetzt, kommuniziert also eigene Erwartungen, gibt Feedback und
handelt mit den Mitarbeitern individuelle Ziele aus. Protektiven Selbstüberwachern gelingt es
nicht, solche Prinzipien aktiver Führung zu vermitteln, was sie selbst in Übereinstimmung mit
den Mitarbeitern auch so wahrnehmen.

b) Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung III/2


Zu den Thesen aus Abschnitt 1.4.5 des Theorieteils können auf Basis der empirischen Ergebnis-
se folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:
1. These 1 kann weitgehend bestätigt werden: Bei Führungspersonen, die dem Cluster der
akquisitiven Selbstüberwacher zuzuordnen sind, liegen Selbst- und Fremdeinschätzungen
des transformationalen Führungsverhaltens nahe beeinander. Zudem weisen sie über alle
Führungsstile hinweg eine höhere Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdeinschät-
zungen auf als Personen, die als schwache Selbstüberwacher klassifiziert werden.
2. These 2 kann in dieser Form nicht bestätigt werden: Führungspersonen, die in der Stichpro-
be dem Cluster der protektiven Selbstüberwacher zuzuordnen sind, gehören gleichzeitig
dem Selbsteinschätzungscluster In-Agreement/Poor an. Selbst- und Fremdeinschätzungen
des Führungsverhaltens liegen entgegen der zweiten These nahe beeinander, allerdings auf
einem niedrigen Niveau. Protektiven Selbstüberwachern gelingt es nicht, aktive Führungs-
prinzipien durch ihr Verhalten zu vermitteln, hingegen schreiben sie sich in Überein-
stimmung mit den Mitarbeitern eine hohe Ausprägung passiver Verhaltensweisen im Füh-
rungskontext zu.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 379

In Tabelle 5.1.14 wird Fragestellung III/2 zusammenfassend beantwortet.

Tabelle 5.1.14: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung III/2


Fragestellung III/2: Inwieweit hängt der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzun-
gen mit der Zugehörigkeit zu den Selbstdarstellungsclustern aus der Fragestellung I/2 zusammen?
Insgesamt: Es lassen sich sowohl variablenübergreifend als auch variablenspezifische Unterschiede im
Übereinstimmungsgrad der Selbst- und Fremdeinschätzungen zwischen den vier Selbstdarstellungsclustern
aufzeigen.
Einzelergebnisse
- Die schwachen Selbstüberwacher weisen in den drei Variablen Transformationale Führung, Contingent
Reward und Laissez Faire den niedrigsten Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschät-
zungen zu t1 auf.
- Bei den protektiven Selbstüberwachern resultieren in den Variablen Contingent Reward (CR) und
Laissez Faire (LF) die höchsten Übereinstimmungen zwischen den Selbst- und Fremdeinschätzungen zu
t1. Die protektiven Selbstüberwacher sind darüber hinaus in das Selbsteinschätzungscluster In-
Agreement/Poor einzuordnen, d.h. CR ist im Vergleich zur Gesamtstichprobe gering, LF hoch ausge-
prägt.
- Die akquisitiven Selbstüberwacher weisen in den transformationalen Skalen sowohl den höchsten Mit-
telwert als auch den höchsten Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen auf.
- Für die transformationalen Führungsstile und über alle Führungsstile hinweg resultieren zwischen den
schwachen Selbstüberwachern und den akquisitiven Selbstüberwachern signifikante Mittelwertsunter-
schiede im Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1.
Interpretation
- Die Vermittlung aktiver und passiver Führungsstile beruht auf unterschiedlichen Selbstdarstellungs-
kompetenzen und -motiven: Der Laissez Faire-Stil geht mit dem Bedürfnis nach und der Kompetenz zu
sozial angepasstem Verhalten einher. Die transformationalen Führungsstile und Contingent Reward
hängen mit einer akquisitiven Selbstdarstellungskompetenzen und einem hohen Authentizitätsbedürfnis
zusammen.
- Akquisitive Selbstüberwacher beziehungsweise Persönlichkeitsdarsteller sind am wahrscheinlichsten
dazu in der Lage, gemeinsam mit ihren Mitarbeitern eine transformationale Führungsidentität zu etablie-
ren.
- Eine hohe Authentiztitätsneigung ohne entsprechende Selbstdarstellungskompetenzen zur Vermittlung
zentraler Selbstbilder resultiert darin, dass Innen- und Außensicht voneinander abweichen.
5 Diskussion 380

5.1.2 Beantwortung der drei Forschungsfragen

In Abschnitt 1.7 wurden die Ergebnisse und offenen Fragen des Theorieteils zusammengefasst
und Konsequenzen für die empirischen Zielsetzungen der Arbeit abgeleitet. Es kristallisierten
sich drei zentrale Forschungsfragen für die empirische Untersuchung heraus. Die drei For-
schungsfragen wurden in insgesamt neun Fragestellungen untergliedert. Die Einzelergebnisse
zu den neun Fragestellungen wurden in Kapitel 4 in je einem eigenen Abschnitt dargestellt. In
Abschnitt 5.1.1 wurden die Einzelergebnisse interpretiert und diskutiert und die neun Fragestel-
lungen jeweils zusammenfassend beantwortet. In den folgenden Abschnitten 5.1.2.1 bis 5.1.2.3
werden die Ergebnisse der neun Fragestellungen aufeinander bezogen und die übergeordneten
Forschungsfragen beantwortet.

5.1.2.1 Beantwortung Forschungsfrage I


Forschungsfrage I:
Wie hängen die Führungsstile des Full Range of Leadership mit habituellen Formen der Selbst-
darstellung (Selbstdarstellungsstilen) von Führungskräften zusammen?

a) Zusammenhänge aus primär variablenzentrierter Perspektive


Abbildung 5.1.2 fasst die zentralen Zusammenhänge zwischen den Führungsstilen des Full
Range of Leadership und habituellen Selbstdarstellungsformen der Führungspersonen zusam-
men:
Im linken Drittel der Abbildung ist die Faktorenstruktur des MLQ aufgezeigt, wie sie in
der Stichprobe auf Basis der 178 Mitarbeitereinschätzungen zu 20 Führungspersonen ermittelt
wurde. Pluszeichen kennzeichnen eine positive Ladung des jeweiligen Führungsstils, Minus-
zeichen kennzeichnen eine negative Ladung der Variablen auf dem Faktor. Die Führungsstile
des Full Range of Leadership lassen sich zu zwei Faktoren zusammenfassen: Faktor 1 um-
schreibt die transformationale, aktive Führung, Faktor 2 die transaktionale, kontrollierende
Führung.
Im mittleren Drittel der Abbildung ist die Faktorenstruktur der Selbstdarstellungsstile
abgebildet, wie sie in der Stichprobe auf Basis der Selbsteinschätzungen der 20 Führungs-
personen ermittelt wurde. Faktor 1 umschreibt die akquisitive soziale Beeinflussung, Faktor 2
die protektive soziale Anpassung. Darüber hinaus wird aufgezeigt, dass der zweite Führungsstil-
faktor mit einer hohen Ausprägung der Persönlichkeitsdarstellung und einer niedrigen Ausprä-
gung protektiver Selbstüberwachung einhergeht.
Im rechten Drittel der Abbildung wird visualisiert, zu welchen gemeinsamen Faktoren
oder Merkmalsprofilen habitueller Rollenausgestaltung sich die Führungs- und Selbstdar-
stellungsstile bündeln lassen. Faktoren in diesem Drittel werden als habituelle Formen der Rol-
lenausgestaltung oder habitueller Ausdruck von Führungsstilen aufgefasst. In Abschnitt 1.3.4
wurde die individuelle Rollenausgestaltung als spezifische Selbstinterpretation einer Führungs-
person in der Rolle als Führungskraft beschrieben. Das „Wie“ dieser Rollenausgestaltung kann
– wie auch der Einsatz bestimmter Selbstdarstellungs- und Führungsverhaltensweisen – habitu-
ell erfolgen. Solche habituellen Formen der Rollenausgestaltung werden durch die beiden Fak-
toren transformationale Selbstinterpretation und nonkonformistische Selbstdarstellung und
kontrollierende Einflussnahme beschrieben, auf denen jeweils sowohl spezifische Selbstdarstel-
lungs- als auch Führungsstile laden.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 381

Im unteren Drittel der Abbildung findet sich auf der linken Seite die Merkmalskonfiguration der
Führungsstile, die mit dem zweiten Selbstdarstellungsstilfaktor in der Mitte einhergeht und die
gemeinsam das Profil der protektiven Selbstüberwacher beschreiben. Insgesamt zeichnet sich
das Cluster der protektiven Selbstüberwacher durch eine hohe Ausprägung des zweiten Selbst-
darstellungsstilfaktors gemeinsam mit einer hohen Ausprägung von Laissez Faire und einer
niedrigen Ausprägung transformationaler Führungsstile aus. Das untere Drittel der Abbildung
wird damit nicht durch einen gemeinsamen Faktor habitueller Rollenausgestaltung zusammen-
gefasst, sondern beschreibt eine Merkmalskonfiguration habitueller Rollenausgestaltung, die die
Personengruppe der protektiven Selbstüberwacher auszeichnet.

Führungsstile des Selbstdarstellungs- Ausdruck von Führungs-


Full Range of Leadership stile stilen: Formen habitueller
Rollenausgestaltung
Faktor 1: Faktor 1:
Transformationale, Akquisitive soziale
aktive Führung Beeinflussung
Transformationale Akquisitive
Führungsstile (+): Selbstüberwachung (+): Faktor 1:
IIa / IIb, IM, IS, IC, AUS Selbstdarstellungs- Transformationale
kompetenz & Selbstinterpretation
Contingent Reward (+) Wahrnehmungssensibilität

Laissez Faire (-)


Management by Exception Mood Manipulation (+) Faktor 2:
passive (-)
Nonkonformistische
Selbstdarstellung und
Faktor 2: kontrollierende
Transaktionale, Persönlichkeits- Einflussnahme
kontrollierende Führung darstellung (+)

Management by Exception
Protektive
active (+)
Selbstüberwachung (-)

Faktor 2: Protektive
soziale Anpassung
Protektive
Transformationale Cluster 4:
Selbstüberwachung (+):
Führung (-) Merkmalsprofil der
Protektive Variabilität
und protektiven
sozialer Vergleich Selbstüberwacher
Laissez Faire (+)
Persönlichkeits-
Darstellung (-)

Abbildung 5.1.2: Überblick über Faktoren und Zusammenhänge der Führungsstile des Full Range of
Leadership und habitueller Selbstdarstellungsformen sowie Faktoren und Merkmalskonfigurationen habi-
tueller Rollenausgestaltung
Anmerkungen:
(–) = niedrige Ausprägung des jeweiligen Stils beziehungsweise negative Ladung auf dem jeweiligen Faktor;
(+) = hohe Ausprägung des jeweiligen Stils beziehungsweise positive Ladung auf dem jeweiligen Faktor
5 Diskussion 382

b) Zusammenhänge aus personenzentrierter Perspektive


Abbildung 5.1.3 visualisiert die Merkmalskonfigurationen von vier Personenclustern, die durch
eine jeweils spezifische Form der Rollenausgestaltung gekennzeichnet sind.
Die vier Merkmalsprofile können als Typen der Rollenausgestaltung aufgefasst werden:
Sie basieren auf den vier Clustern von Selbstüberwachern nach Laux und Renner (2002), die
sich durch eine jeweils charakteristische Kombination der Merkmale Persönlichkeitsdarstellung
(= Authentizitätsbedürfnis) sowie akquisitive und protektive Selbstüberwachung auszeichnen
(siehe Abbildung 5.1.3; Variablen sind in den dunkelgrauen Kästen veranschaulicht). Für diese
Merkmalskombinationen werden in der Fußzeile der Abbildung 5.1.3 die Typenbezeichnungen
nach Laux und Renner aufgeführt. Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist erstens, dass
diese vier Cluster auch in der Stichprobe der Führungskräfte repliziert werden können. Zweitens
wird deutlich, dass die vier Typen von Selbstüberwachern in unterschiedlichem Ausmaß eine
Tendenz zur Mood Manipulation aufweisen. Drittens sind sie durch jeweils charakteristische
Ausprägungen der zwei in der Stichprobe ermittelten Faktoren des Full Range of Leadership
Tranformationale Führung (TF) und Management by Exception active (MBA) gekennzeichnet
(siehe Abbildung 5.1.3; Variablen sind in den weißen Kästen veranschaulicht).
Damit werden die vier Typen der Selbstüberwachung (Fußzeile der Abbildung 5.1.3)
nach Laux und Renner (2002) erweitert zu vier Typen der Rollenausgestaltung (Kopfzeile der
Abbildung 5.1.3). Letztere sind durch ein jeweiliges charakteristisches Profil von Selbstdarstel-
lungs- und Führungsstilen gekennzeichnet.

Cluster Cluster 1: Cluster 2: Cluster 3: Cluster 4:


habitueller Schwache Starke Selbst- Transforma-
Rollen- Selbst- und und schwache tionale Passiv-
ausgestal- starke Fremd- Fremd- Selbst- protektiv
tung überwacher überwacher interpreten Führende

Überdurch-
PD ↑ MMS ↑ PRO ↑ AK ↑ TF ↑ PRO ↑
schnittliche
Ausprägung
MBA ↑ AK PD
der Variablen

Durch-
schnittliche
AK TF MMS TF MMS MBA MBA
Ausprägung
der Variablen

Unterdurch-
PRO PD MMS ↓ TF ↓
schnittliche
Ausprägung
MBA ↓ PRO ↓ AK ↓ PD ↓
der Variablen

Selbstüber- Cluster 1: Cluster 2: Cluster 3: Cluster 4:


wachungs- Schwache SÜ Starke SÜ Akquisitive SÜ Protektive SÜ
cluster (N = 8) (N = 5) (N = 5) (N = 2)

Abbildung 5.1.3: Merkmalskonfigurationen in vier Clustern habitueller Rollenausgestaltung


Anmerkungen:
↑ = höchste Ausprägung der Variablen in der Stichprobe; ↓ = niedrigste Ausprägung der Variablen in der Stichprobe;
AK = Akquisitive Selbstüberwachung, PRO = Protektive Selbstüberwachung, PD = Persönlichkeitsdarstellung, MMS = Mood
Manipulator Scale; PD = Persönlichkeitsdarstellung; TF = Transformationale Führung; MBA = Management by Exception active
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 383

Vier Cluster habitueller Rollenausgestaltung


Die vier Typen der Rollenausgestaltung können folgendermaßen charakterisiert werden:
Cluster 1: Personen des ersten Clusters zeichnen sich durch eine schwache Selbstüberwachung
aus. Gleichzeitig weisen sie im Vergleich zur Gesamtstichprobe die höchsten Ausprägungen in
den Variablen Mood Manipulation und Management by Exception active auf. Beide Variablen
beschreiben Formen aktiver sozialer Beeinflussung beziehungsweise die Tendenz, das Verhal-
ten und die Stimmung anderer Personen zu beeinflussen. Damit zeigen Personen dieses Clusters
eine besonders hohe Ausprägung im Faktor nonkonformistische Selbstdarstellung und kontrol-
lierende Einflussnahme (siehe Punkt a). Personen dieses Clusters werden als schwache Selbst-
und starke Fremdüberwacher charakterisiert. Es kann spekuliert werden, dass diese Personen in
sozialen Situationen danach streben, Einfluss auf andere zu nehmen, indem sie ihre Gefühle und
Selbstbilder möglichst authentisch zu vermitteln versuchen.
Cluster 2: Personen des zweiten Clusters zeichnen sich durch eine starke Selbstüberwachung
aus. Gleichzeitig weisen sie im Vergleich zur Gesamtstichprobe die niedrigste Ausprägung in
der Variablen Management by Exception active auf. Die Tendenz zur Mood Manipulation und
transformationale Führung sind durchschnittlich ausgeprägt. Auch wenn diese Personen im
durchschnittlichen Ausmaß Einfluss auf die Stimmung anderer nehmen, so ist die Ausprägung
der kontrollierenden Führung (MBA) gegenläufig zu Cluster 1. Personen des zweiten Clusters
werden als starke Selbst- und schwache Fremdüberwacher bezeichnet. Es kann interpretiert
werden, dass diese Personen in sozialen Interaktionen weniger den Fokus darauf legen, Einfluss
auf andere zu nehmen, als vielmehr danach streben, einen möglichst guten Eindruck zu erzielen,
der den Erwartungen anderer und dem situationalen Kontext entspricht.
Cluster 3: Personen des dritten Clusters zeichnen sich durch eine akquisitive Selbstüberwa-
chung aus. Darüber hinaus weisen sie im Vergleich zur Gesamtstichprobe die höchste Ausprä-
gung transformationaler Führung auf. Die Tendenz zur Mood Manipulation und die kontrollie-
rende Führung (MBA) sind durchschnittlich ausgeprägt. Bei Personen dieses Clusters steht da-
mit der Faktor transformationale Selbstinterpretation (siehe Punkt a) im Vordergrund. Personen
des dritten Clusters werden als transformationale Selbstinterpreten charakterisiert.
Cluster 4: Personen des vierten Clusters zeichnen sich durch eine protektive Selbstüberwachung
aus. Darüber hinaus sind die Tendenz zur Stimmungsbeeinflussung sowie transformationale
Führung im Vergleich zur Gesamtstichprobe am niedrigsten ausgeprägt. Auch die kontrollie-
rende Führung wird nur in durchschnittlichem Ausmaß gezeigt. Personen dieses Clusters sind
damit durch eine eher passiv-zurückhaltende Führung, insbesondere durch eine hohe Ausprä-
gung von Laissez Faire-Verhalten (siehe 5.1.1.9) gekennzeichnet. Insgesamt werden Personen
des vierten Clusters als passiv-protektiv Führende beschrieben.

Auf Basis der korrelativen Ergebnisse zwischen Führungs- und Selbstdarstellungsstilen und
internen Erfolgskriterien von Führung (siehe 4.1.1 und 5.1.1) kann davon ausgegangen werden,
dass die vier Cluster hinsichtlich der drei Erfolgskriterien von Führung „Zufriedenheit der Mit-
arbeiter“, „Effektivität der Führung“ und „zusätzliche Anstrengungsbereitschaft der Mitarbei-
ter“ in folgende Reihenfolge gebracht werden können: Personen des Clusters 3 können im
Durchschnitt als die erfolgreichsten Führungspersonen eingeschätzt werden. Führungspersonen
des Clusters 2 sind im Durchschnitt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erfolgreicher als Füh-
rungspersonen des Clusters 1. Personen des vierten Clusters weisen im Durchschnitt ein unter-
durchschnittliches Ausmaß an Führungserfolg auf.
5 Diskussion 384

5.1.2.2 Beantwortung Forschungsfrage II


Forschungsfrage II:
Wie wirksam sind Gruppenworkshops und Einzelcoachings zur Förderung transformationaler
Führung bei Führungspersonen der mittleren und unteren Hierarchiebene?

Die Wirksamkeit der Gruppenworkshops und Einzelcoachings wurde anhand verschiedener


Wirksamkeitskriterien untersucht. Zur Bewertung der Wirksamkeit beider Interventionsmodule
wurden Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes der Führungsstile des Full Range of
Leadership sowie Veränderungen im Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen exploriert und überprüft. Zur Bewertung der Wirksamkeit der Einzelcoachings
wurden darüber hinaus folgende Kriterien herangezogen: das Ausmaß der individuellen Zieler-
reichung sowie allgemeine Fortschritte im Führungsverhalten, das Ausmaß der Veränderung
einzelner Führungsstile in Abhängigkeit der jeweiligen Coachingziele sowie die subjektive Be-
wertung der Maßnahme durch die Coachingteilnehmer hinsichtlich Zufriedenheit, Gesamterfolg
und subjektiv erlebbaren Veränderungen.
Die übergeordnete Zielsetzung des Interventionsprogramms bestand darin,
transformationale Führungsstile und den Stil der leistungsorientierten Anerkennung (= Con-
tingent Reward) zu erhöhen und Laissez-Faire Verhaltensweisen zu reduzieren. Im Fokus des
Programms standen die Führungsstile Individualized Consideration, Contingent Reward und
Intellectual Stimulation (siehe 3.3.1.1). Im Fokus der Einzelcoachings standen die jeweiligen
individuellen Coachingziele.
Die Tabellen 5.1.15 und 5.1.6 (siehe Punkt a und b) stellen die Ergebnisse zur Wirk-
samkeit der Interventionsmodule anhand aller untersuchten Kriterien dar. Im Anschluss an die
jeweilige Tabelle wird diskutiert, wie die Kriterien zueinander in Beziehung gesetzt und welche
Schlussfolgerungen daraus zur Gesamtbewertung der Wirksamkeit der Interventionsmodule
gezogen werden können. Unter Punkt c wird ein Fazit zur Forschungsfrage II gezogen.

a) Wirksamkeit des Interventionsprogramms und Wirksamkeitsunterschiede zwischen


Gruppenworkshops und Gruppenworkhops plus Einzelcoachings
In Tabelle 5.1.15 sind die Ergebnisse zu den beiden Wirksamkeitskriterien zur Bewertung der
Wirksamkeit des gesamten Interventionsprogramms und zur Ableitung von Wirksamkeitsunter-
schiedshypothesen zusammengefasst.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 385

Tabelle 5.1.15: Ergebnisse zur Wirksamkeit des gesamten Interventionsprogramms


Ergebnis für die Einzelfall- Wirksamkeits- Bewertung
Kriterium
Interventionsgruppe ergebnisse unterschiede
insgesamt zwischen Gruppe A
und Gruppe B
Veränderungen, die Die Führungsstile Insgesamt: Die Verände- Das Ausmaß der Ver-
auf die Zugehörigkeit verändern sich bei rungen in den beiden änderungen fällt insge-
zur Interventions- sieben der vier- Gruppen unterscheiden samt zwar eher gering
gruppe zurückgeführt zehn Führungs- sich kaum. aus, ist aber in der
Veränderung in den Führungsstilen

werden können: kräfte der Inter- Interventionsgruppe


- TF ↑ ventionsgruppe Für zwei Führungsstile höher als in der Ver-
- CR ↑ (FK 1, 2, 10, 13, geht die Wirksamkeit der gleichsgruppe C.
- LF ↓
17, 18, 19) erwar- Gruppe B über die Wirk- In der Variablen IC
tungskonform: samkeit der Gruppe A zeigt sich die größte
Veränderungen, die
- TF ↑ hinaus: Veränderung.
auf die Wirkung des - CR ↑ - CR ↑: B > A Die größten Unter-
Interventions- - LF ↓ - IM ↑: B > A schiede zwischen
programms zurückge-
Interventions- und
führt werden können: Der relative Anteil der Vergleichsgruppe im
- IC ↑ erfolgreichen Führungs- Ausmaß der Verände-
- CR ↑
personen ist in Gruppe B rung resultieren in den
- IS ↑
höher als in Gruppe A. Variablen IS und IC.
In der gesamten Der Überein- Das Ausmaß der Verän- Die Veränderungen im
Interventionsgruppe stimmungsgrad derung des Überein- Übereinstimmungsgrad
lassen sich kaum verändert sich bei stimmungsgrades fällt in in Gruppe B sind da-
Veränderung im Übereinstimmungsgrad

erwartete Verände- sieben der vier- Gruppe B eindeutig rauf zurückzuführen,


rungen im Überein- zehn Führungs- höher aus als in Gruppe dass sich die Mitar-
stimmungsgrad personen (FK 1, A. beitereinschätzungen
nachweisen. 4, 5, 6, 10, 13 und Erwartungskonforme verbessern und die
19) erwartungs- Veränderungen im Selbstüberschätzungen
Es bestehen keine konform. Übereinstimmungsgrad abnehmen.
Unterschiede zur in Gruppe B übertreffen
Vergleichsgruppe C. auch die Veränderungen Der Übereinstim-
in der Vergleichsgruppe mungsgrad in Gruppe
C. B nimmt insbesondere
Der relative Anteil der in den beiden Variab-
erfolgreichen Führungs- len IIb und IC zu.
personen ist in Gruppe B
höher als in Gruppe A.
Anmerkungen: FK = Führungskraft/Führungskräfte; Gruppe A = FK, die an den Gruppenworkshops teilgenommen haben;
Gruppe B = FK, die an den Gruppenworkshops und Einzelcoachings teilgenommen haben;
Interventionsgruppe insgesamt = FK, die entweder der Gruppe A oder der Gruppe B angehören; Gruppe C = Vergleichsgruppe;
TF = Transformationale Führung; CR = Contingent Reward; LF = Laissez Faire; IC = Individualized Consideration;
IS = Intellectual Stimulation; IIb = Idealized Influence behavior; ↑ = Zunahme des Führungsstils; ↓ = Abnahme des Führungsstils

Die Ergebnisse zur Wirksamkeitsuntersuchung des gesamten Interventionsprogramms beste-


hend aus Gruppenworkshops und Einzelcoachings können in Bezug auf die Forschungfrage II
folgendermaßen zusammengefasst werden:
5 Diskussion 386

Veränderungen in den Führungsstilen


Die Zugehörigkeit zur Interventionsgruppe hängt mit einer erwartungskonformen Veränderung
der Führungsstile im Sinne der Zielsetzungen des Interventionsprogramms (siehe 3.3.1.1) zu-
sammen. Allerdings fällt das Ausmaß der Veränderungen insgesamt eher gering aus. Auf Grund
der Selbstselektion der Führungspersonen bei der Aufteilung auf die Gruppen können die erwar-
tungskonformen Veränderungen im durchschnittlichen Ausmaß des Einsatzes
transformationaler Führungsverhaltensweisen und Laissez-Faire-Verhaltensweisen nicht aus-
schließlich auf die Interventionswirkung zurückgeführt werden. Sie sind hingegen als Resultat
des Zusammenspiels zwischen der Interventionswirkung, der Ausprägungen der Führungsstile
zu t1 und der spezifischen Merkmale der Mitglieder der Interventionsgruppe zu begreifen.
 Schlussfolgerung 1: Die selbst gewählte Teilnahme an Gruppenworkhops oder Grup-
penworkshops und Einzelcoachings ist in der Stichprobe wirksam, um den Einsatz
transformationaler Führungsstile und des Stils Contingent Reward leicht zu erhöhen
und den Einsatz von Laissez-Faire Verhaltensweisen leicht zu reduzieren.

In den Variablen Individualized Consideration (IC), Contingent Reward (CR) und Intellectual
Stimulation (IS) zeigen sich die eindeutigsten Veränderungseffekte. Für IC und CR lassen sich
varianzanalytisch Gruppenunterschiede im Ausmaß der Veränderung zwischen der Inter-
ventionsgruppe und der Gruppe C nachweisen. Die Veränderung in der Variablen IC zwischen
t1 und t2 erreicht darüber hinaus trotz der geringen Power des Tests das Ausmaß statistischer
Signifikanz. Die Effektstärken des Gruppenvergleichs auf Basis der direkten Veränderungs-
messung liegen für die Variable IC bei d = 1.09, für die Variable IS bei d = 1.00 und für CR bei
0.57. Für die Effekte in den drei Variablen wurden Alternativerklärungen ausgeschlossen und
die Veränderungen auf die Interventionswirkung zurückgeführt (siehe 5.1.1.3). In Abschnitt
1.1.4.1 wurde aufgezeigt, dass die Führungsstile des MLQ zu drei übergeordneten Faktoren
zusammengefasst werden können: Auf dem zweiten Faktor, der als entwicklungsunterstützende
Führung bezeichnet wird, laden die Skalen Individualized Consideration und Contingent
Reward. Das unternehmensspezifische Führungskräfteentwicklungsprogramm ist demnach ins-
besondere wirksam, um in der Stichprobe die Häufigkeit des Einsatzes entwicklungsunterstüt-
zender Führungsverhaltensweisen zu erhöhen.
 Schlussfolgerung 2: In der Stichprobe sind Gruppenworkshops oder eine Kombination
aus Gruppenworkshops und Einzelcoachings wirksam, um den Einsatz der
transformationalen Führungsstile Individualized Consideration und Intellectual Stimula-
tion sowie des Führungsstils Contingent Reward in bedeutsamem Ausmaß zu fördern.
Die Wirksamkeit der Intervention erreicht das Ausmaß mittlerer bis großer Effekte.

Das Ausmaß der Veränderungen in den Führungsstilen unterscheidet sich in den beiden Grup-
pen A und B kaum. Nur in den Variablen Contingent Reward und Inspirational Motivation lässt
sich eine leichte Überlegenheit der Interventionsbedingung B erkennen. Darüber hinaus zeigt
sich auf Einzelfallebene, dass der relative Anteil der erfolgreichen Führungspersonen in Gruppe
B höher ist als in Gruppe A. Der Gruppenvergleich dient der Exploration von Wirksamkeitsun-
terschieden. Es werden Hypothesen zur inkrementellen Wirksamkeit der Einzelcoachings zu-
sätzlich zu Gruppenworkshops abgeleitet, nicht überprüft.
 Schlussfolgerung 3: Einzelcoachings weisen tendenziell eine inkrementelle Wirksam-
keit über die Gruppenworkhops hinaus auf. Diese bezieht sich auf die Förderung der
Führungsstile Contingent Reward und Inspirational Motivation. Insgesamt fallen die
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 387

zusätzlichen Effekte jedoch eher gering aus. Auf Einzelfallebene zeigen Führungsper-
sonen, die zusätzlich zu Gruppenworkshops auch an Einzelcoachings teilnehmen, mit
einer höheren Wahrscheinlichkeit erwartungskonforme Veränderungen im Einsatz der
Führungsstile im Sinne der Zielsetzungen des Interventionsprogramms.

Veränderungen im Übereinstimmungsgrad
Die gleichzeitige Teilnahme an Gruppenworkshps und Einzelcoachings ist wirksam hinsichtlich
der Erhöhung des Übereinstimmungsgrades zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen. In der
Vergleichsgruppe C zeigen sich keine Veränderungen im Übereinstimmungsgrad. Die alleinige
Teilnahme an den Gruppenworkshops zeigt ebenfalls keine Auswirkungen auf den Überein-
stimmungsgrad.
 Schlussfolgerung 4: In der Stichprobe ist die selbst gewählte Teilnahme an Gruppen-
workshops und Einzelcoachings wirksam, um eine Erhöhung im Übereinstimmungs-
grad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu erreichen. Diese Wirkung resultiert
nur dann, wenn die Führungskräfte zusätzlich zu Gruppenworkshops auch an Einzel-
coachings teilnehmen. Die Zunahme im Übereinstimmungsgrad beruht auf einer durch-
schnittlichen Verbesserung der Mitarbeitereinschätzungen und einer durchschnittlichen
Abnahme der Selbstüberschätzungen.

b) Wirksamkeit des Interventionsmoduls Einzelcoaching


In Tabelle 5.1.16 sind die Ergebnisse zu den drei Kriterien zur Bewertung der Wirksamkeit des
Interventionsmoduls Einzelcoaching zusammengefasst.

Tabelle 5.1.16: Ergebnisse zur Wirksamkeit des Interventionsmoduls Einzelcoaching


Kriterium Ergebnisse
Veränderung in den Bei drei der sechs Coachingteilnehmer (FK 1, 10 und 17) ergeben sich stär-
Führungsstilen in kere Veränderungen in denjenigen Führungsstilen, die in den
Abhängigkeit der Coachingzielen angesprochen wurden (Experimentalvariablen) als in den
Coachingziele anderen Führungsstilen (Kontrollvariablen). Die Veränderungen in den
Experimentalvariablen können auf die Wirkung des Einzelcoachings zu-
rückgeführt werden.
Bei den FK 5, 13 und 16 weisen die Einzelcoachings keine zielspezifische
Wirksamkeit in Bezug auf die Förderung ausgewählter Führungsstile auf.
Subjektive Einschät- Die sechs Coachingfälle können hinsichtlich des subjektiv eingeschätzen
zung der Zielerrei- Ausmaßes der Zielerreichung und der Entwicklung des Führungsverhaltens
chung und der allge- fallübergreifend als wirksam beurteilt werden.
meinen Entwicklung Es kann aufgezeigt werden, dass nicht nur kurzfristige Veränderungen,
des Führungs- sondern auch mittelfristige Veränderungen erreicht werden und der Transfer
verhaltens der Coachinginhalte auf den Arbeitsalltag bei allen Coachingteilnehmern
gelingt.
Subjektive Einschät- Die Einzelcoachings können hinsichtlich der Zufriedenheit der Teilnehmer
zung von Zufrieden- mit der Maßnahme als wirksam beurteilt werden. Der Erfolg der Einzelcoa-
heit, Gesamterfolg chings wird von allen Teilnehmern hoch bewertet, obgleich diese angeben,
und Veränderungen dass die Einschätzung dieses Kriteriums erst zu einem späteren Zeitpunkt
möglich sei.
Die Teilnehmer nennen insbesondere Verhaltensänderungen, die durch das
Coaching bewirkt wurden.
Anmerkungen: FK = Führungskraft / Führungskräfte
5 Diskussion 388

Bewertung der Wirksamkeit des Interventionsmoduls Einzelcoaching


Nur bei der Hälfte der Coachingteilnehmer können Veränderungen in den Führungsstilen in
Abhängigkeit der Coachingziele nachgewiesen werden. Hingegen berichten alle Coaching-
teilnehmer über eine positive Entwicklung der Zielerreichung sowie über eine positive Entwick-
lung des Führungsverhaltens insgesamt. Hinsichtlich dieser beiden Kriterien können die Einzel-
coachings als wirksam bewertet werden. Auch die subjektiven Einschätzungen der Teilnehmer
der Zufriedenheit, des Erfolgs und der Veränderungen legen eindeutig die Schlussfolgerung
nahe, die Einzelcoachings als wirksam zu bewerten.
Bei drei Führungspersonen lässt sich also eine gewisse Diskrepanz zwischen subjekti-
ven Wirksamkeitskriterien und intersubjektiv eingeschätzten Veränderungen in den Führungs-
stilen im Führungsfeedback feststellen. Diese kann durch die Unterscheidung verschiedener
Evaluationsebenen nach Kirkpatrick (1976) interpretiert werden: Subjektive Einschätzungen der
Coachingteilnehmer können sowohl die Ebene der Reaktion, als auch die Ebenen des Lernens
und des Verhaltens umfassen. Die intersubjektive Erfassung von Veränderungen aus Sicht der
Mitarbeiter im Führungsfeedback kann sich hingegen nur auf die Ebene des Verhaltens bezie-
hen. Auch wenn die Führungspersonen hauptsächlich von Veränderungen im Verhalten auf
Grund der Einzelcoachings berichten, so muss das nicht heißen, dass solche subjektiv erlebba-
ren Veränderungen auch von den Mitarbeitern beobachtet werden können: So ist es nicht ausge-
schlossen, dass sich die von den Teilnehmern subjektiv erlebten Verhaltensänderungen primär
auf eine veränderte Bewertung des eigenen Verhaltens oder auf Absichten zur Verhaltensände-
rung oder auf minimale Verhaltensänderungen beziehen, die zwar für die Teilnehmer selbst,
aber nicht für Außenstehende unmittelbar bemerkbar sind.
 Schlussfolgerung 5: In der Stichprobe ist die selbst gewählte Teilnahme an Einzelcoa-
chings wirksam in Hinblick auf subjektiv eingeschätzte Kriterien: Die Teilnehmer sind
zufrieden mit der Coachingmaßnahme, bewerten sie als erfolgreich, berichten über posi-
tive Entwicklungen in der Erreichung spezifischer Coachingziele und in ihrem Füh-
rungsverhalten insgesamt. Die Einzelcoachings sind hingegen nur bei der Hälfte der
Führungspersonen wirksam, um von den Mitarbeitern beobachtbare Verhaltensände-
rungen zu erreichen.

Interpretation erfolgreicher Einzelfälle


Die Führungspersonen 1 und 10 können als die erfolgreichsten Einzelfälle in Bezug auf alle
Wirksamkeitskriterien bewertet werden: Bei diesen beiden Führungspersonen sind sowohl Ver-
änderungen in den Führungsstilen in Übereinstimmung mit den Programmzielen als auch eine
Erhöhung des Übereinstimmungsgrads beobachtbar. Beide Führungspersonen berichten über
eine positive Entwicklung in Hinblick auf die Annäherung an die Coachingziele und über eine
positive Entwicklung im Führungsverhalten, die sich bis zum Follow-up-Termin erhöht. Beide
Führungspersonen sind mit dem Coching sehr zufrieden und stufen es als sehr erfolgreich ein.
Darüber hinaus werden von den Mitarbeitern dieser Führungspersonen insbesondere Verände-
rungen in denjenigen Führungsstilen berichtet, die in den Coachingzielen angesprochen wurden.
In Abschnitt 5.1.1.5 wurden verschiedene Erklärungen für den Erfolg dieser Führungspersonen
diskutiert. Der Erfolg kann relativ eindeutig darauf zurückgeführt werden, dass beide Führungs-
personen kurz vor der Intervention in eine neue Führungsposition gekommen sind. Reifungsef-
fekte und andere Alternativerkärungen konnten ausgeschlossen werden.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 389

 Schlussfolgerung 5: In der Stichprobe ist die selbst gewählte Teilnahme an Gruppen-


workshops und Einzelcoachings in Hinblick auf verschiedene Wirksamkeitskriterien
hoch wirksam, wenn die Interventionen kurz nach der Übernahme einer neuen Füh-
rungsposition eingesetzt werden.

c) Fazit
Wie wirksam sind Gruppenworkshops und Einzelcoachings zur Förderung transformationaler
Führung bei Führungspersonen der mittleren und unteren Hierarchiebene?

Zusammenfassende Beantwortung der Forschungsfrage


Forschungsfrage II kann bezogen auf die Stichprobe der 20 Führungskräfte, die von 174 Mitar-
beitern eingeschätzt wurden, zusammenfassend folgendermaßen beantwortet werden:
 Die Zugehörigkeit zur Interventionsgruppe führt dazu, den Einsatz transformationaler Füh-
rungsstile und des Stils Contingent Reward zu erhöhen und den Einsatz von Laissez-Faire-
Verhaltensweisen zu reduzieren.
 Die Intensität der Veränderung in den Führungsstilen hängt von der Methode der Verände-
rungsmessung ab: Über die indirekte Veränderungmessung lässt sich nur eine geringe In-
tensität der Veränderungen feststellen. Beim Vergleich der Ergebnisse der direkten Verän-
derungsmessung der Interventions- und der Vergleichsgruppe lassen sich hingegen mittlere
bis starke Effekte feststellen: Für die transformationalen Variablen resultiert eine Effekt-
stärke von d = 0.54. Für die drei Variablen, die im Interventionsprogramm im Fokus stehen
(CR, IC, IS), resultieren Effektstärken zwischen 0.57 (CR) und 1.09 (IC).
 Für drei Führungsstile können Alternativerklärungen zur Interventionswirkung für die Ver-
änderungen ausgeschlossen werden. Damit kann folgende Aussage getroffen werden: Grup-
penworkshops oder eine Kombination aus Gruppenworkhops und Einzelcoachings sind
wirksam, um den Einsatz der transformationalen Führungsstile Individualized
Consideration und Intellectual Stimulation sowie des Führungsstils Contingent Reward in
bedeutsamem Ausmaß zu fördern.
 Die zusätzliche Teilnahme an Einzelcoachings zusätzlich zu Gruppenworkshops bewirkt
eine Zunahme im Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen: Mit-
arbeitereinschätzungen verbessern sich, die Selbstüberschätzungen nehmen ab. Einzelcoa-
chings weisen in Bezug auf dieses Wirksamkeitskriterium eine inkrementelle Wirksamkeit
gegenüber Gruppenworkshops auf.
 Die selbst gewählte Teilnahme an Einzelcoachings ist wirksam in Hinblick auf subjektiv
eingeschätzte Kriterien: Die Teilnehmer sind zufrieden mit der Coachingmaßnahme, bewer-
ten sie als erfolgreich, berichten über positive Entwicklungen in der Erreichung spezifischer
Coachingziele und in ihrem Führungsverhalten insgesamt. Die Einzelcoachings sind hinge-
gen nur bei der Hälfte der Führungspersonen wirksam, um von den Mitarbeitern beobacht-
bare Verhaltensänderungen in den Führungsstilen des MLQ zu erreichen.
 Die Teilnahme an Gruppenworkshops und Einzelcoachings ist dann hoch wirksam, wenn
die Interventionen kurz nach der Übernahme einer neuen Führungsposition eingesetzt wer-
den.
5 Diskussion 390

Interne und externe Validität der Aussagen


Bei der Evaluationsstudie handelt es sich um eine naturalistische Studie ohne randomisierte
Zuteilung der Führungskräfte auf die Bedingungen. Alternativerklärungen zur Interventionswir-
kung wurden diskutiert und entweder in die Interpretation der Daten einbezogen oder als Alter-
nativhypothesen zurückgewiesen. Damit wurden verschiedene Verletzungsmöglichkeiten der
internen Validität bei der Interpretation der Daten berücksichtigt (siehe 1.6.5.2). Die oben ste-
henden Aussagen können daher als valide Aussagen für die vorliegende Stichprobe erachtet
werden. In der Studie wurde untersucht, inwieweit die spezifische Intervention unter Praxisbe-
dingungen wirksam ist. Dazu gehört, dass die Führungspersonen selbst ihre Interventionsbedin-
gungen aussuchen und dass die Intervention an die unternehmensspezifischen Belange ange-
passt wird. Dazu gehört auch, bei der Festlegung spezifischer Zielsetzungen in einem
individuumsorientierten Einzelcoaching die individuellen Anliegen des Klienten in den Vorder-
grund zu stellen und normative Vorgaben des Führungsmodells nur als Orientierungsrahmen
heranzuziehen, der Coach und Klient als gemeinsame Leitlinie für ein geteiltes Verständnis
„guter Führung“ dient. Vor diesem Hintergrund kann die externe Validität der Evaluationsstudie
als hoch erachtet und damit die Ergebnisse auf ähnliche Praxisbedingungen und Stichproben
generalisiert werden. Damit können folgende Aussagen getroffen werden:
Ein Interventionsprogramm mit den drei Modulen multiperspektivisches Führungsfeed-
back, Gruppenworkshops und Einzelcoachings ist bei Führungskräften der mittleren und unte-
ren Hierarchieebene im Bankgewerbe, die sich freiwillig für eine Teilnahme an den Interven-
tionsmodulen entscheiden, in Bezug auf folgende Kriterien wirksam:
 Der durchschnittliche Einsatz transformationaler Führungsstile kann aus Sicht der Mitarbei-
ter der Führungspersonen leicht gesteigert. Die Wirksamkeit ist diesbezüglich als eher ge-
ring einzustufen. Der Einsatz von Laissez-Faire-Verhaltensweisen kann reduziert werden.
Die Wirksamkeit ist diesbezüglich als moderat einzustufen.
 Der Einsatz der Führungsstile Individualized Consideration und des transaktionalen Stils
Contingent Reward kann aus Sicht der Mitarbeiter der Führungspersonen in bedeutsamem
Ausmaß gesteigert. Die Wirksamkeit ist diesbezüglich als moderat bis hoch in Abhängigkeit
der Methode der Veränderungsmessung einzustufen.
 Durch den zusätzlichen Einsatz von Einzelcoachings über Gruppenworkshops hinaus kann
der Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen in bedeutsamem
Ausmaß erhöht werden. Die Wirksamkeit der Kombination der Interventionsmodule ist
diesbezüglich als moderat bis hoch einzustufen.
 Einzelcoachings sind in Bezug auf allgemeine Wirksamkeitskriterien wie individuelle Ziel-
erreichung oder subjektiver Erfolg der Maßnahme hoch wirksam, sind aber zur Förderung
transformationaler Führungsprinzipien im Sinne deren Operationalisierung im MLQ nur
eingeschränkt wirksam.
 Einzelcoachings weisen nur in Hinblick auf eine Erhöhung des Übereinstimmungsgrades
eine eindeutige inkrementelle Wirksamkeit über Gruppenworkshops hinaus auf.
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 391

5.1.2.3 Beantwortung Forschungsfrage III


Forschungsfrage III:
Welche Zusammenhänge bestehen zwischen möglichen Veränderungen in den Führungsstilen,
dem Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen und der Zugehörigkeit
zu einem Selbstdarstellungstypus?

Die Ergebnisse aus den Fragestellungen III/1 und III/2 lassen sich folgendermaßen zusammen-
fassen (siehe Abbildung 5.1.4):
 Aus personenzentrierter Perspektive lassen sich keine systematischen Zusammenhänge
zwischen Übereinstimmungsgrad und Veränderung in den Führungsstilen beobachten: Per-
sonen der vier Selbsteinschätzungscluster unterscheiden sich nicht systematisch im Ausmaß
der Veränderung in den Führungsstilen von t1 zu t2.
 Aus variablenzentrierter Perspektive lassen sich systematische Zusammenhänge zwischen
dem Übereinstimmungsgrad und dem Ausmaß der Veränderung in den Führungsstilen be-
obachten: Je höher die Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen in den
beiden übergeordneten Faktoren des MLQ (TF und MBA) ausfällt, desto stärker fallen die
Veränderungen in der Häufigkeit des Einsatzes dieser Führungsstile aus. Dies gilt für den
Faktor Management by Exception active (MBA) sowohl aus Sicht der Mitarbeiter als auch
aus Sicht der Führungspersonen. Für den Faktor Transformationale Führung (TF) beruht
dieses Ergebnis auf den Mitarbeitereinschätzungen.
 Die schwachen Selbstüberwacher weisen in den drei Variablen Transformationale Führung,
Contingent Reward und Laissez Faire den niedrigsten Übereinstimmungsgrad zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 auf.
 Bei den protektiven Selbstüberwachern resultieren in den Variablen Contingent Reward
(CR) und Laissez Faire (LF) die höchsten Übereinstimmungen zwischen den Selbst- und
Fremdeinschätzungen zu t1. Die protektiven Selbstüberwacher sind darüber hinaus in das
Selbsteinschätzungscluster In-Agreement/Poor einzuordnen, d.h. CR ist im Vergleich zur
Gesamtstichprobe gering, LF hoch ausgeprägt.
 Die akquisitiven Selbstüberwacher weisen in den transformationalen Skalen sowohl den
höchsten Mittelwert als auch den höchsten Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und
Fremdeinschätzungen auf.
 Für die transformationalen Führungsstile und über alle Führungsstile hinweg resultieren
zwischen den schwachen Selbstüberwachern und den akquisitiven Selbstüberwachern signi-
fikante Mittelwertsunterschiede im Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen zu t1.
5 Diskussion 392

Die zentralen Zusammenhänge werden in Abbildung 5.1.4 veranschaulicht

niedrig Ausmaß der Veränderung in den Führungsstilen hoch

MBA MBA

TF TF

niedrig Übereinstimmungsgrad zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen hoch

CR

LF TF CR
TF LF
unterscheiden sich signifikant im
Übereinstimmungsgrad zu:
Cluster: Cluster:
Schwache SÜ TF MLQ Akquisitive SÜ

Cluster:
Protektive SÜ
Abbildung 5.1.4: Zusammenhänge zwischen Übereinstimmungsgrad, Veränderung in den Führungsstilen
und Selbstdarstellungsclustern
Anmerkungen: schwarze Pfeile = Gegensätze; weiße Pfeile = Zusammenhänge; TF = Transformationale Führung; CR = Contingent
Reward; LF = Laissez Faire; MBA = Management by Exception active; MLQ = Alle Führungsstile des MLQ; SÜ = Selbstüberwa-
cher

Insgesamt lassen sich die Ergebnisse folgendermaßen interpretieren:


Protektive Selbstüberwacher sind dem Cluster In-Agreement/Poor zuzuordnen (siehe
5.1.1.9). So liegt bei ihnen zwar ein hoher Übereinstimmungsgrad in den beiden Variablen
Contingent Reward und Laissez Faire vor, allerdings auf einem niedrigen Niveau. Protektive
Selbstüberwacher zeigen im Vergleich zur Gesamtstichprobe eine hohe Ausprägung passiver
Führungsverhaltensweisen und gleichzeitig eine schwache Ausprägung aktiver Führungsstile.
Zusammenhänge zwischen dem Übereinstimmungsgrad und dem Ausmaß der Veränderung in
den Führungsstilen konnten nur für die beiden Variablen Transformationale Führung (TF) und
Management by Exception Active (MBA) nachgewiesen werden. Es kann daher keine Aussage
darüber getroffen werden, ob auch eine hohe Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen zum Ausmaß von Laissez Faire-Verhaltensweisen damit zusammenhängt, dass in
dieser Variablen positive Veränderungen resultieren.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Vermittlung aktiver und passiver Führungs-
stile auf unterschiedlichen Selbstdarstellungskompetenzen und -motiven beruht: Der Laissez
Faire-Stil geht mit dem Bedürfnis nach und der Kompetenz zu sozial angepasstem Verhalten
einher. Die transformationalen Führungsstile und Contingent Reward hängen mit einer
akquisitiven Selbstdarstellungskompetenz und einem hohen Authentizitätsbedürfnis zusammen.
Eine solche Merkmalskonfiguration liegt bei den transformationalen Selbstinterpreten (siehe
5.1.2.2) vor. Bei ihnen stimmen Selbst- und Fremdeinschätzungen zur transformationalen Füh-
rung weitgehend überein. Da ein hoher Übereinstimmungsgrad in der Variablen
Transformationale Führung zu t1 mit einem hohen Ausmaß an Veränderungen in diesen Füh-
5.1 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse 393

rungsstilen von t1 zu t2 einhergeht, kann interpretiert werden, dass akquisitive Selbstüberwa-


cher auch als erfolgreiche Führungskräfte im Sinne des ersten Wirksamkeitskriterium „Ausmaß
der Veränderung in den Führungsstilen“ gelten können. Diese Hypothese lässt sich auf Einzel-
fallebene der fünf Führungspersonen des Clusters akquisitive Selbstüberwacher allerdings nicht
bestätigen. Insgesamt kann aber geschlussfolgert werden, dass akquisitive Selbstüberwacher
beziehungsweise Persönlichkeitsdarsteller am wahrscheinlichsten dazu in der Lage sind, ge-
meinsam mit ihren Mitarbeitern eine transformationale Führungsidentität zu etablieren.
Eine hohe Authentiztitätsneigung ohne entsprechende Selbstdarstellungskompetenzen
zur Vermittlung zentraler Selbstbilder resultiert hingegen darin, dass Innen- und Außensicht
voneinander abweichen: Dies ist beim Cluster der schwachen Selbstüberwacher der Fall. Liegt
aber ein geringer Übereinstimmungsgrad vor, so sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, Verände-
rungen im Führungsverhalten zwischen t1 und t2 zu erzielen. Es könnte also geschlussfolgert
werden, dass schwache Selbstüberwacher, bei denen ein geringer Übereinstimmungsgrad zu t1
vorliegt, im Durchschnitt in Hinblick auf die Veränderung von Führungsstilen weniger vom
Interventionsprogramm profitieren als Personen der anderen drei Cluster. Diese Hypothese lässt
sich auf Einzelfallebene nicht bestätigen: Die beiden erfolgreichsten Einzelfälle der Stichprobe,
die Führungkräfte 1 und 10, sind als schwache Selbstüberwacher zu klassifizieren. Es zeigt sich
also, dass die aufgezeigten Zusammenhänge im Einzelfall nicht zutreffen müssen, sondern dass
es sich um Tendenzen handelt, die auf Gruppenmittelwerten beruhen.
5 Diskussion 394

5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens

In Abschnitt 5.2.1 werden Grenzen der empirischen Untersuchung aufgezeigt und Empfehlun-
gen für die weitere Forschung abgeleitet. In Abschnitt 5.2.2 wird die eigene Evaluationsuntersu-
chung mit anderen Evaluationsstudien zu Gruppen- und Einzelinterventionen zur Förderung
transformationaler Führung verglichen. Abschnitt 5.2.3 geht auf einige Besonderheiten der For-
schung in der betrieblichen Praxis ein.

5.2.1 Grenzen der Untersuchung und Empfehlungen für die weitere Forschung

Grenzen der empirischen Untersuchung liegen insbesondere in Einschränkungen der internen


und externen Validität, die sich durch das Forschungsdesign ergeben. Mögliche Einschränkun-
gen werden kritisch beleuchtet und Empfehlungen für die weitere Forschung abgeleitet (siehe
5.2.1.1). Darüber hinaus werden die ausgewählten Wirksamkeitskriterien und Erhebungsinstru-
mente (siehe 5.2.1.2) sowie die praktische Umsetzung der Untersuchung im Unternehmen (sie-
he 5.2.1.3) diskutiert und alternative Möglichkeiten zum Vorgehen in zukünftigen Studien auf-
zeigt. In Abschnitt 5.2.1.4 werden die eingesetzten Strategien der Veränderungsmessung hin-
sichtlich ihrer Aussagekraft und Praktikabilität verglichen und Schlussfolgerungen für zukünfti-
ge Evaluationsstudien abgeleitet.

5.2.1.1 Aspekte der internen und externen Validität der Evaluationsuntersuchung

a) Interne Validität
Einschränkungen in der internen Validität ergeben sich in der vorliegenden Untersuchung in
erster Linie aus der fehlenden Zufallszuweisung der Führungskräfte auf die Interventionsgrup-
pen und die Vergleichsgruppe. Aus dem Vergleich der Ergebnisse der Interventionsgruppe mit
den Ergebnissen aus der Vergleichsgruppe C sowie aus dem Vergleich der Ergebnisse der bei-
den Interventionsgruppen A und B, können daher keine eindeutigen Schlussfolgerungen zur
Wirksamkeit der Interventionen gezogen werden. So ist es auf Grund der Selbstselektion der
Führungskräfte nicht auszuschließen, dass neben der Wirkung der jeweiligen Interventionsbe-
dingung auch andere Faktoren Einfluss auf die Ergebnisse nehmen. Mit dieser Einschränkung
wurde in der vorliegenden Untersuchung folgendermaßen umgegangen: Im Anschluss an die
Zusammenstellung der drei Gruppen (Interventionsgruppen A und B sowie Vergleichsgruppe
C) wurden a priori potenzielle Alternativerklärungen zur Interventionswirkung für Gruppenun-
terschiede in den abhängigen Variablen formuliert (siehe 3.1.2.4). Diese Alternativerklärungen
wurden bei der Datenanalyse und -interpretation berücksichtigt und auf ihre Plausibilität hin
geprüft. Einige der Ergebnisse wurden daher nicht ausschließlich auf die Intervention sondern
auch auf spezifische Merkmale der Gruppenmitglieder und auf die Ausprägung der abhängigen
Variablen zum ersten Messzeitpunkt zurückgeführt. Andere Ergebnisse konnten hingegen auf
Grund der Plausibilität der Interventionswirkung und der Widerlegung von Alternativhypothe-
sen auf die Intervention zurückgeführt werden (zusammenfassend siehe 5.1.2.2). Brandstädter
(1990, zitiert nach Hager, 2000a) weist darauf hin, dass die interne Validität oder
Interpretierbarkeit der Befunde weniger von der Randomisierung als vielmehr von den zur Er-
klärung herangezogenen Hypothesen im Vergleich zur konkurrierenden Hypothesen abhängt.
Können Beobachtungsbefunde nur auf eine Weise plausibel interpretiert werden, so sind natura-
listische Studien nach Brandstädter durchaus intern valide (siehe 1.6.5.3). In der vorliegenden
Untersuchung wurde die interne Validität im Sinne von Brandstädter durch eine differenzierte
5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens 395

Analyse und Interpretation der Daten in Bezug auf konkurrierende Erklärungen gewährleistet.
Darüber hinaus gelten die Einschränkungen der internen Validität durch das Untersuchungsde-
sign nur für die Vergleiche der verschiedenen Bedingungen auf Gruppen- und Einzelfallebene
(Forschungsfragen II/1 und II/2), nicht für die Überprüfung individueller Wirksamkeitshypothe-
sen auf Einzelfallebene im Rahmen der internalen Referenzstrategie (Forschungsfrage II/3).

b) Externe Validität
Der Vorteil des naturalistischen Studiendesigns liegt in der externen beziehungsweise ökologi-
schen Validität. Die Studie wurde unter Bedingungen der Alltagspraxis durchgeführt, so dass
ein Rückschluss auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Belange der Alltagssituation
möglich ist (vgl. Lutz & Grawe, 2007). Die Gesamtstichprobe kann als repräsentativ für Füh-
rungspersonen der mittleren und unteren Hierarchieebene einer Bank in Deutschland gelten, da
alle Führungspersonen des kooperierenden Unternehmens an der Untersuchung teilnahmen und
keine Vorauswahl stattfand. Die Stichprobe lag demnach in ihrer natürlichen Zusammensetzung
vor. Darüber hinaus spiegelt die freiwillige Teilnahme von Führungskräften an Interventionsan-
geboten, insbesondere an Einzelcoachings, die gängige Praxis. Die Freiwilligkeit ist in der De-
finition von Einzelcoachings (siehe 1.5.1.1) enthalten. Um die Wirksamkeit dieser Inter-
ventionsmaßnahme zu überprüfen, ist es daher notwendig, die Führungskräfte selbst über die
Teilnahme entscheiden zu lassen und sie nicht per Zufall zu einer Gruppen- oder Einzelinter-
vention zuzuteilen. Um dennoch eine Evaluationsstudie auf der Basis der Randomisierung
durchzuführen, wäre der Einsatz von Wartekontrollgruppen wünschenswert. Dies war in der
vorliegenden Untersuchung auf Grund organisationaler Rahmenbedingungen nicht möglich, da
für alle Führungspersonen die Teilnahme an einem Führungskräfteentwicklungsprogramm zum
gleichen Zeitpunkt vorgesehen war. Insgesamt können im vorliegenden Design Veränderungen
in den abhängigen Variablen dann auf die jeweilige Interventionsbedingung zurückgeführt wer-
den, wenn andere Alternativerklärungen ausgeschlossen wurden. Die ermittelten Effekte drü-
cken diejenige Wirksamkeit der Intervention aus, die dann resultiert, wenn eine optimale Pas-
sung von Intervention und Personmerkmalen vorliegt. Diese Passung wird dadurch erreicht,
dass die Führungskräfte auf Basis ihrer individuellen Merkmale die für sie zum aktuellen Zeit-
punkt richtig erscheinende Interventionsbedingung auswählen.

c) Vergleichsgruppe
In Abschnitt 3.1.2.4 wurden bereits die Besonderheiten des Forschungsdesigns beschrieben. Es
wurde insbesondere die Eignung der Gruppe C als Vergleichs- oder Kontrollgruppe kritisch
diskutiert. Mit der Einweisung in einen Leitfaden zur Reflexion der Ergebnisse des Führungs-
feedbacks (siehe Anhang 2.7) erhielt die Gruppe C eine minimale Placebo-Intervention, mit der
die Konfundierung von interventions- und programmgebundenen Wirkungen reduziert werden
sollte. Kritisch anzumerken ist, dass nicht kontrolliert wurde, ob Führungspersonen der Gruppe
C den Leitfaden wirklich nutzten und somit in ähnlichem Ausmaß über ihr aktuelles und zu-
künftiges Führungsverhalten reflektierten wie Führungspersonen der Interventionsgruppen.
Prinzipiell eignet sich der Einsatz eines solchen Leitfadens sehr gut, um die Selbstreflexion und
die Formulierung konkreter Ziele anzuregen. Es wird aber empfohlen, in zukünftigen Studien
mit den Führungspersonen der Vergleichsgruppe einen zweiten Gesprächstermin zu vereinba-
ren, zu dem sie über die Ergebnisse aus der Beschäftigung mit dem Leitfaden berichten können.
Damit ist zum einen eine Kontrolle möglich, ob die Führungspersonen den Leitfaden bearbeitet
haben, zum anderen wird das unterschiedliche Ausmaß der Zuwendung, die Führungspersonen
5 Diskussion 396

der Interventions- und der Vergleichsgruppe erhalten, reduziert. Programmunspezifische Wir-


kungen, die auf das Ausmaß der Zuwendung zurückgeführt werden können, die die Teilnehmer
einer Studie erfahren (vgl. Hawthorne-Effekt), sollen dadurch in der Vergleichsgruppe an die
Interventionsgruppe angeglichen werden.

d) Stichprobenumfang
Der Stichprobenumfang von 20 Führungspersonen, die von 178 Mitarbeitern eingeschätzt wur-
den, ist vergleichbar mit Stichprobengrößen in ähnlichen Untersuchungen (vgl. z.B. Barling et
al., 1996; Peus, 2005). Die maximal zu erreichende Stichprobengröße im kooperierenden Un-
ternehmen lag bei der Gesamtzahl der Führungspersonen der mittleren und unteren Hierarchie-
ebene von N = 24 Führungspersonen. Der Drop-Out von nur vier Führungspersonen in einem
Zeitraum der Untersuchung von acht Monaten ist als positiv zu werten. Dennoch bringt der
geringe Umfang der Stichprobengrößen in den einzelnen Gruppen von N = 6 Personen in der
Vergleichsgruppe C und der Interventionsgruppe B bis N = 14 Personen in der gesamten Inter-
ventionsgruppe einige Probleme mit sich:
Die Power von Signifikanztest wird durch die Stichprobengröße moderiert. Die Effekte
müssten demnach sehr groß sein, damit statistisch signifikante Ergebnisse resultieren. Dies soll
an folgendem Beispiel illustriert werden: Die Korrelationen zwischen den Prä- und Postwerten
liegen für alle abhängigen Variablen zwischen r = 0.85 (Variable Ausstrahlung) und r = 0.96
(Variable Transformationale Führung) (siehe Anhang 3.19). Ausgehend von einer mittleren
Korrelation der Prä- und Postwerte von r = 0.8 wäre demnach in der Untersuchung ein optima-
ler Stichprobenumfang von 11 Personen pro Gruppe notwendig, um einen mittleren Effekt für
die Veränderungen in den Führungsstilvariabeln auf dem 5%igen Signifikanzniveau zwischen
der Prä-und Postmessung nachweisen zu können (vgl. Bortz & Döring, 2006, S. 629). Damit
wird deutlich, dass kleine Effekte in der vorliegenden Stichprobe über Signifikanztests nicht
nachweisbar sind. Implikationen der geringen Stichprobengröße wurden bereits in Abschnitt
3.5.3.1 aufgezeigt. Mit den Einschränkungen wurde folgendermaßen umgegangen: Erstens wur-
de im Ergebnisteil zu allen eingesetzten Signifikanztests die jeweilige Power angegeben, um
Ergebnisse entsprechend interpretieren zu können. Zweitens wurden Effektstärken für abhängi-
ge und unabhängige Stichproben (siehe 3.5.3.1 und 1.6.4.5) berechnet, die weitgehend unab-
hängig vom Stichprobenumfang sind. Drittens wurde bei der Analyse und Interpretation der
Daten ein großer Wert auf deskriptive Mittelwertsunterschiede gelegt. Viertens wurden die
Gruppenanalysen durch Einzelfallanalysen ergänzt, die Aussagen über intraindividuelle Unter-
schiede auf Basis kritischer Differenzen (siehe 3.5.4.1) ermöglichten.
Dennoch wäre ein größerer Stichprobenumfang in zukünftigen Evaluationsstudien wün-
schenswert. Um aber die Zielgruppe von Führungspersonen der unteren und mittleren
Hierarchiebene in mittelgroßen Unternehmen beibehalten zu können, müssten mehrere Unter-
nehmen in eine Studie einbezogen werden. Für die Durchführung der eigenen Evaluationsstudie
hat es sich als schwierig herausgestellt, ein Unternehmen zu finden, das für eine Studienteil-
nahme bereit war (siehe 5.2.3). Um also die Stichprobengröße zu erhöhen, müssen entweder
bereits Kontakte zu Unternehmen vorliegen, die prinzipiell zur Kooperation bereit sind oder bei
der Vorbereitung einer Studie müsste ein zentrales Augenmerk auf die Akquise von mehreren
Kooperationspartnern gelenkt werden.
5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens 397

e) Vorschlag für ein optimales Forschungsdesign


Das optimale Forschungsdesign zur Gewährleistung der internen und externen Validität für
zukünftige Evaluationsstudien mit ähnlichen Fragestellungen könnte folgendermaßen aussehen:
Alle Führungspersonen einer Hierarchiebene eines Unternehmens nehmen an der Studie teil.
Die Führungspersonen erhalten die Möglichkeit, sich selbst eine Interventionsbedingung auszu-
suchen. Diejenigen Führungspersonen, die sich einer gemeinsamen Interventionsbedingung
zugeordnet haben, werden anschließend randomisiert auf zwei Gruppen aufgeteilt: Die erste
Gruppe durchläuft die Intervention sofort, die zweite Gruppe dient als Wartekontrollgruppe.
Personen dieser beiden Gruppen ähneln sich hinsichtlich persönlicher Merkmale, die dazu bei-
tragen, sich für die jeweilige Intervention zu entscheiden. Beide Gruppen werden sowohl mitei-
nander als auch mit den Gruppen der anderen Interventionsbedingung und mit einer Kontroll-
gruppe verglichen. Die Kontrollgruppe erhält eine Placebointervention nach dem beschriebenen
Vorgehen (s.o.). Um zu gewährleisten, dass in den einzelnen Gruppen der Stichprobenumfang
ausreichend groß ist, um auch kleine Effekte nachweisen zu können, wird das Vorgehen in meh-
reren Unternehmen gleichzeitig umgesetzt und die Daten aus den Gruppen mit jeweils gleichen
Bedingungen zusammengefasst. Damit steigt auch die Repräsentativität der Ergebnisse für ver-
schiedene Unternehmenskontexte.

5.2.1.2 Wirksamkeitskriterien und Erhebungsinstrumente

a) Multiple Kriteriumsmaße
Um die Wirksamkeit der Interventionen auf verschiedenen Ebenen beurteilen zu können, wur-
den multiple Kriteriumsmaße mit verschiedenen messmethodischen Ansätzen erfasst und be-
wertet. Multiple Kriteriumsmaße bieten den Vorteil, die Wirksamkeit differenziert zu betrachten
und neben der Erreichung übergeordneter Programmziele auch weitere gruppen- und einzelfall-
spezifische Wirkungen berücksichtigen zu können. So wurden in der Untersuchung die Einzel-
coachings nicht nur anhand der übergeordneten Zielsetzungen des Interventionsprogramms
(siehe 3.3.1.1), sondern auch anhand subjektiver und einzelfallspezifischer Kriterien bewertet.
Eine Auffälligkeit die sich hier ergibt, bezieht sich auf die unterschiedliche Intensität der Wirk-
samkeit in Abhängigkeit davon, ob es sich um subjektive Einschätzungen der
Coachingteilnehmer zu den Wirksamkeitskriterien oder um intersubjektive Einschätzungen von
Veränderungen durch die Mitarbeiter im Führungsfeedback handelt (siehe 5.1.2.2). So fällt das
Ausmaß der subjektiv eingeschätzten Zielerreichung im Coaching durch die Teilnehmer fall-
übergreifend hoch aus, das Ausmaß der Veränderungen in den Führungsstilen im MLQ ist hin-
gegen eher gering. Hierbei könnte es sich um eine Variante des Physikalismus-Sujektivismus-
Dilemmas handeln (siehe 1.6.4.4): Zum einen haben Veränderungen für jeden Mitarbeiter sowie
für die Führungsperson selbst unterschiedliche subjektive Bedeutungen, weshalb das einge-
schätzte Ausmaß der Veränderung in der direkten Veränderungsmessung jeweils unterschied-
lich zu bewerten ist. Zum anderen hat das Ausmaß der Erreichung individueller Ziele für den
Coachingteilnehmer gegebenenfalls eine höhere Bedeutung, als Veränderungen in den Ein-
schätzungen zu den standardisierten Items des MLQ.

b) Inhaltliche Nähe von MLQ-Items und Interventionsinhalten


Hier schließt sich ein genereller Diskussionspunkt zum Einsatz des MLQ als Erhebungsinstru-
ment an: Es kann durchaus kritisch betrachtet werden, den MLQ in der vorliegenden Untersu-
chung als Instrument der Veränderungsmessung einzusetzen. So war das Interventionspro-
5 Diskussion 398

gramm zwar am Führungsmodell des Full Range of Leadership, das dem MLQ zu Grunde liegt,
ausgerichtet, bezog sich aber auf Grund der unternehmensspezifischen Anpassung der Inhalte
des Führungsmodells inhaltlich nicht unmittelbar auf die Operationalisierung der einzelnen Füh-
rungsstile im MLQ. Das Kriteriumsmaß der Veränderung in den Führungsstilen, die durch die
Items im MLQ abgebildet werden, liegt demnach weiter von den unmittelbaren Interventionsin-
halten entfernt (erhöhter Anforderungstransfer), als bei einem Interventionsprogramm, das un-
mittelbar auf die Operationalisierung der Führungsstile im MLQ ausgerichtet ist (z.B. Full Ran-
ge of Leadership Training nach Bass & Avolio, 1999). Es ist daher zu überlegen, ob in zukünf-
tigen ähnlichen Evaluationsstudien die Formulierungen der Items des MLQ an die jeweiligen
unternehmensspezifischen Merkmale angepasst und somit enger auf die Inhalte der Intervention
abgestimmt werden können. Es ist natürlich prinzipiell auch möglich, andersherum vorzugehen
und die Intervention stärker an die Operationalisierungen der Führungsstile im MLQ anzupas-
sen. In der vorliegenden Untersuchung war aber gerade die Anpassung des Führungsmodells
des Full Range of Leadership im Allgemeinen und der transformationalen Führung im Besonde-
ren an spezifische Unternehmenskontexte und die Abstimmung auf individuelle Anliegen von
Interesse (siehe 1.1.8).

c) Einsatz von Skalenfragen


Bei der Erfassung der Zielerreichung, ebenso wie bei der Frage nach der Entwicklung des Füh-
rungsverhaltens, wurden den Teilnehmern zu drei verschiedenen Messzeitpunkten 10-stufige
Skalen vorgelegt. Die Abstufungen der Skala sowie die Bedeutung der einzelnen Skalenwerte
werden von den Klienten subjektiv bewertet und somit von jedem Coachingteilnehmer unter-
schiedlich interpretiert. Damit wird die fallübergreifende Vergleichbarkeit des Ausmaßes der
Zielerreichung erschwert. Wie schon bei der Ergebnisinterpretation in Abschnitt 5.1.1.6 hervor-
gehoben, müssen die individuellen Bedeutungen der Skalenwerte und -abstufungen erfasst und
bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann sich auch im
Laufe des Coachingprozesses die Bewertung der Skalenabstufungen durch den Coaching-
teilnehmer verändern. So kann es sein, dass der Teilnehmer erkennt, dass konsequente kleine
Schritte Fortschritt bringen, sodass geringere Abstufungen auf der Skala an Bedeutung gewin-
nen. Identische Skalenwerte oder identische Differenzwerte verschiedener Teilnehmer sowie
Differenzwerte zwischen drei verschiedenen Messzeitpunkten bei einem Teilnehmer, haben
somit jeweils unterschiedlichen Bedeutungsgehalt. Skalenfragen sind damit in idealer Form
dazu geeignet, individuelle Entwicklungen und Bewertungen zu erfassen. Sie können aber nicht
als einziges Instrument dazu eingesetzt werden, die Intensität der Wirksamkeit einer Interventi-
on zu bestimmen oder die Intenstität der Wirksamkeit verschiedene Interventionen zu verglei-
chen.
Skalenfragen sind prinzipiell dazu geeignet, den Grad der Zielerreichung zu bestimmen,
wenn vorher der angestrebte Zielzustand möglichst präzise operationalisiert wird beziehungs-
weise verschiedene Abstufungen auf der Skala konkretisiert werden, um diese nach der Inter-
vention mit Merkmalen des aktuellen Zustands abzugleichen (siehe 1.6.4.3). Sie können aber
auch dazu eingesetzt werden, den Grad der Veränderung in den individuellen Zielen zu be-
schreiben, wenn der Ausgangspunkt auf der Zielerreichungsskale mit dem Endpunkt auf der
Skala nach Abschluss der Intervention verglichen wird. Die Interpretation der Skalenfragen in
der Evaluationsuntersuchung berücksichtigte beide Perspektiven. Zum einen wurde anhand der
Kommentierungen der Teilnehmer zu den Skalenwerten und -differenzen die subjektive Bedeu-
tung des Grads der Veränderung erfasst, indem ein Vergleich des Zustands zum Follow-up-
Termin mit dem Ausgangszustand vorgenommen wurde. Zum anderen wurde erfragt, welchen
5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens 399

Skalenwert die Teilnehmer anstreben und was diesen von der aktuellen Situation unterscheidet.
Damit wurde ein Vergleich mit dem Zielzustand vorgenommen und das subjektive Ausmaß der
Zielerreichung beschrieben. Es ist möglich, individuelle Zielerreichungsgrade zu aggregieren
und als Indikatoren für den Gesamtnutzen einer Maßnahme heranzuziehen (siehe 1.6.4.3). Dies
wurde in der Stichprobe der Coachingteilnehmer nicht gemacht, da die Coachingziele und damit
auch die Operationalisierungen verschiedener Zielerreichungs- beziehungsweise Veränderungs-
grade kaum vergleichbar waren. Stattdessen wurden ausschließlich die Interpretationen über die
individuellen Verläufe zusammengefasst und daraus die Aussage abgeleitet, dass alle Teilneh-
mer eine positive Entwicklung im Ausmaß der Zielerreichung von jeweils hoher subjektiver
Bedeutsamkeit verzeichnen konnten.

d) Selbsteinschätzung in den Selbstdarstellungsskalen


Alle untersuchten Selbstdarstellungsstile wurden ausschließlich in der Selbsteinschätzung er-
fasst. Da sich aber konkretes Selbstdarstellungsverhalten meist auch über die Wirkung auf ein
externes Publikum definiert, scheint es darüber hinaus sinnvoll, Selbstdarstellungsstile auch in
der Fremdeinschätzung zu erheben. Dies wurde aus folgenden Gründen nicht gemacht:
Erstens richten sich viele Items der verwendeten Selbstdarstellungsskalen nicht auf die
Kompetenzen oder das Verhalten einer Person, sondern auf deren Motivation, die der jeweiligen
Art und Weise der Eindruckslenkung zu Grunde liegt (z.B. „Um Missbilligung zu vermeiden,
stelle ich gegenüber verschiedenen Leuten ganz unterschiedliche Aspekte meiner Persönlichkeit
dar“; siehe Anhang 1.3). Dies wird insbesondere bei der Skala zur Persönlichkeitsdarstellung
deutlich, deren Items in zwei motivational zu interpretierende Faktoren untergliedert sind: das
Authentizitäts- und das Mitteilungsbedürfnis einer Person (siehe 3.4.2.1). Mitarbeiter können
jedoch erstens über die Motivation der Führungsperson nur spekulieren und keine validen Ein-
schätzungen abgeben und zweitens ist es im Unternehmenkontext schwierig zu rechtfertigen,
Führungspersonen von Mitarbeitern auf motivbezogenen Dimensionen einschätzen zu lassen.
Für die Fremdbeschreibung müssten daher die kompetenzbezogenen Items von den moti-
vationsbezogenen Items getrennt und nur erstere den Mitarbeitern vorgelegt werden, was für
einige der Skalen inhaltlich nicht möglich und sinnvoll wäre.
Daran schließt sich der zweite Grund an, aus dem die Selbstdarstellungsstile nur in der
Selbstbeschreibung erfasst wurden. Die Erhebungen aus der Führungsbefragung mussten einen
unmittelbaren Nutzen für die Führungspersonen aufweisen, um im Unternehmen, insbesondere
vor dem Personalrat, gerechtfertigt werden zu können. Da die Selbstdarstellungsitems keinen
augenscheinlichen Bezug zum Führungskontext aufweisen, war es schwierig, zunächst den Per-
sonalrat und dann auch die einzelnen Führungspersonen vom Nutzen dieser Items zu überzeu-
gen. Es wurde daher bei der Konzeption des Führungsfeedbacks die Idee verworfen, die Items
aus den Selbstdarstellungsskalen für eine Fremdbeschreibungsversion umzuformulieren und im
Fremdbeschreibungsfragebogen mit zu erfassen.
Insgesamt konnten trotz der anfänglichen Vorbehalte von allen teilnehmenden Füh-
rungskräften nahezu vollständige Daten zu den Selbstdarstellungsitems erhoben werden. Die
Ergebnisse der Selbstdarstellungsskalen wurden in den Feedbackgesprächen zu den Ergebnissen
des Führungsfeedbacks an die jeweiligen Führungspersonen zurückgemeldet und deren Bedeu-
tungsgehalt im Zusammenhang mit den Ergebnissen aus dem MLQ und den offenen Fragen mit
jeder einzelnen Führungsperson gemeinsam interpretiert. Somit konnten sowohl die erforderli-
chen Daten zur Beantwortung der Fragestellungen I/1 und I/2 im Rahmen des
Führungsgfeedbacks erhoben, als auch ein zusätzlicher Nutzen und Erkenntnisgewinn für die
einzelnen Führungspersonen erreicht werden.
5 Diskussion 400

5.2.1.3 Praktische Umsetzung der Untersuchung im Unternehmen


Insgesamt ist die praktische Umsetzung der Untersuchung im Unternehmen mit vielfältigen
Herausforderungen verbunden gewesen (siehe 5.2.3), kann aber auf Grund der sehr guten Zu-
sammenarbeit mit der Personalabteilung des Unternehmens dennoch als äußerst zufriedenstel-
lend bewertet werden. Folgende Aspekte sind aus den Erfahrungen mit der praktischen Umset-
zung als Empfehlungen für zukünftige Evaluationsstudien in ähnlichen Unternehmenkontexten
abzuleiten:

a) Vorbildwirkung der Führungspersonen höherer Hierarchiebenen nutzen


Auch wenn primär die Daten der Führungspersonen der mittleren und unteren Hierarchiebene
von Interesse sind, so wäre es dennoch wünschenswert, dass auch die Führungspersonen der
oberen Hierarchiebene einzelne Module des Führungskräfteentwicklungsprogramms durchlau-
fen. So spielte es für die Führungspersonen der Gruppe C bei der Entscheidung gegen die Teil-
nahme an einer Intervention durchaus eine Rolle, dass ihre Vorgesetzten weder am Führungs-
feedback noch an einer Interventionsmaßnahme teilnahmen (siehe 3.1.2.4). Gerade wenn es
darum geht, die Umsetzung transformationaler Führungsprinzipien wie Vorbildwirkung, mo-
dellhaftes Verhalten oder Glaubwürdigkeit zu fördern, ist es von großem Vorteil, wenn diese
Prinzipien schon bei der Umsetzung des Interventionsprogramms von der oberen Hierarchie-
ebene vorgelebt werden. Dabei wäre es sicherlich schwierig gewesen, in einem gemeinsamen
Workshop mit Personen aller Hierarchieebenen des Unternehmens einen offenen und ehrlichen
Austausch zu ermöglichen. Hingegen wäre es aber problemlos umsetzbar, dass sich auch die
Führungspersonen der oberen Ebene durch eine Teilnahme am Führungsfeedback Rückmeldung
von ihren direkt unterstellten Mitarbeitern einholen. Außerdem wäre auch die Teilnahme an
einem Einzelcoaching für diese Führungspersonen unproblematisch, da ihre Themen in diesem
Rahmen mit der notwendigen Diskretion behandelt werden könnten. Insgesamt werden folgende
Bedingungen als unbedingt notwendig erachtet, um einen möglichst hohen Erfolg eines Füh-
rungskräfteentwicklungsprogramms in einem mittleren Unternehmen zu gewährleisten: Alle
Führungspersonen sollten sich am Führungsfeedback beteiligen, insbesondere Führungsperso-
nen der oberen Hierarchiebene, um ein positives Vorbild abzugeben. Darüber hinaus sollten
Personen der oberen Führungsebene ebenfalls durch die Teilnahme an einer führungsbezogenen
Intervention ihre Bereitschaft demonstrieren, das eigene Führungsverhalten kritisch reflektieren
und optimieren zu wollen.

b) Längeren Zeitraum bis zur Follow-up-Untersuchung einplanen


Eine mögliche Erklärung für die relativ geringe Intensität von Veränderungen in den Führungs-
stilen liegt in der eher kurzen Zeitspanne bis zum Follow-up-Termin. In den drei Monaten gab
es ggf. zu wenige Gelegenheiten, um verändertes Verhalten zu zeigen und mit den Mitarbeitern
neue Interaktionsmuster zu etablieren. Verändertes Führungsverhalten konnte somit von den
Mitarbeitern nicht ausreichend beobachtet werden. Es ist ebenfalls möglich, dass zwar neues
Verhalten gezeigt wurde, dieses aber auf Grund des kurzen Zeitraums von den Mitarbeitern
nicht als konsistente Verhaltensänderung, sondern nur als vorübergehendes Phänomen wahrge-
nommen und bewertet wurde. Zudem fiel die erste Zeit nach Abschluss der Interventionsmaß-
nahme in einen Zeitraum, in dem viele Führungskräfte und Mitarbeiter Urlaub hatten (August
und September). Damit wurden die normalen Arbeitsabläufe unterbrochen und die Gelegenhei-
ten, zu denen neues Führungsverhalten gezeigt werden konnte, reduziert. Auf der anderen Seite
erscheint ein zu langer Zeitraum bis zum Follow-up-Termin auch nicht geeignet, da potenzielle
5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens 401

Veränderungen dann nur noch eingeschränkt auf die Intervention und zunehmend auch auf
zwischenzeitliches Geschehen, Reifungseffekte und personelle Veränderungen im jeweiligen
Team oder der jeweiligen Abteilung zurückgeführt werden müssen. Für die Evaluationsuntersu-
chung wird im Nachhinein ein Follow-up-Zeitraum von ca. vier bis fünf Monaten als ideal er-
achtet. Die Durchführung des zweiten Führungsfeedbacks hätte somit Anfang Dezember statt-
finden können. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Arbeitsbelastung des Jahresabschlusses noch
nicht mit der Teilnahme am Führungsfeedback konkurriert, gleichzeitig hätten die beteiligten
Führungspersonen mehr Zeit gehabt, Veränderungen im Arbeitsalltag umzusetzen.

5.2.1.4 Vergleich der Strategien der Veränderungsmessung


In der Evaluationsuntersuchung wurden potenzielle Veränderungen in den Führungsstilen so-
wohl indirekt über einen Prä-Post-Vergleich der Ausprägung der Führungsstile als auch direkt
über eine unmittelbare Einschätzung zu Richtung und Ausmaß von Veränderungen in den Füh-
rungsstilen erhoben (siehe 1.6.4.4 und 3.4.1). Es wird deutlich, dass sich die Ergebnisse aus der
direkten und der indirekten Veränderungsmessung hinsichtlich der Bewertung der Intensität von
Veränderungen unterscheiden. So können über die direkte Veränderungsmessung erwartete
Veränderungen leichter nachgewiesen werden als mit der „strengeren“ Variante der indirekten
Veränderungsmessung. Darüber hinaus gaben die meisten Führungspersonen im Rückmeldege-
spräch an, dass die Ergebnisse aus der direkten Veränderungsmessung eine höhere Plausibilität
für sie aufwiesen, da sie diese Einschätzungen ihrer Mitarbeiter als unmittelbare Reaktionen auf
erlebte Veränderungen interpretierten. Außerdem hat die direkte Veränderungsmessung den
Vorteil, dass sie weniger abhängig von den Ausgangswerten der Führungspersonen in den Füh-
rungsstilen des MLQ ist: Auch wenn bereits vor der Intervention ein nahezu ideales Führungs-
profil im Sinne der erwünschten Ausprägung der Führungsstile des Full Range of Leadership
vorliegt, so ist es dennoch möglich, dass Mitarbeiter und Führungspersonen nach der Interventi-
on angeben, dass das entsprechende Führungsverhalten zum zweiten Messzeitpunkt „etwas
mehr“ oder sogar „viel mehr“ als zum ersten Messzeitpunkt gezeigt wird. Hingegen ist es sehr
viel unwahrscheinlicher, dass sich die Bewertung, dass ein Verhalten „oft“ gezeigt wird, zu der
Bewertung verschiebt, dass das Verhalten „regelmäßig“ gezeigt wird. Im zweiten Fall müsste
eine Führungsperson mit hohen Ausgangswerten zum Messzeitpunkt 1 zum zweiten Messzeit-
punkt ein ideales Führungsverhalten in nahezu allen Führungssituationen zeigen, um von ihren
Mitarbeitern entsprechende Veränderungen bescheinigt zu bekommen.
Ein weiterer Vorteil der direkten Veränderungsmessung liegt darin, dass prinzipiell eine
einmalige Erhebung ausreichend wäre, um eine Interventionsmaßnahme zu evaluieren. Sollte
also in einem Unternehmen oder auch vom Evaluator der Aufwand eines zweimaligen Füh-
rungsfeedbacks gescheut werden, so bietet die direkte Veränderungsmessung die Möglichkeit,
eine Interventionsmaßnahme auf der Basis einer rein retrospektiven Einschätzung zu evaluieren.
Es muss allerdings einschränkend festgehalten werden, dass die direkte Veränderungsmessung
mit allen Nachteilen retrospektiver Datenerhebungen verbunden ist. So kann es z.B. sein, dass
Verhaltensweisen, die mehrere Monate zurückliegen, sowohl von den Führungspersonen selbst
als auch von den Mitarbeitern nicht mehr adäquat beurteilt werden können. Außerdem bietet die
zweimalige Erfassung des Führungsverhaltens den Vorteil, dass die Aufmerksamkeit der Betei-
ligten auf die im Fragebogen geschilderten Verhaltensausschnitte gelenkt wird und sich damit
die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass diese Verhaltensweisen anschließend auch genauer beo-
bachtet und daher valider beurteilt werden. Wird hingegen nur im Anschluss an eine Interventi-
on nach den Veränderungen in bestimmten Verhaltensbereichen gefragt, so kann es sein, dass es
den Mitarbeitern nicht möglich ist, die aktuelle Ausprägung dieser Verhaltensbereiche mit der
5 Diskussion 402

Ausprägung zu früheren Zeitpunkten zu vergleichen, da diese nicht bewusst wahrgenommen


wurden und daher auch nicht erinnert werden können.
Insgesamt fallen bei der einmaligen Erhebung im Rahmen der direkten Veränderungs-
messung alle Vorteile weg, die die Durchführung des Führungsfeedbacks vor der Maßnahme für
die Intervention bietet (siehe 1.4.4.2 und 1.5.2). So können z.B. weder individuelle Zielsetzun-
gen aus den Ergebnissen abgeleitet, noch blinde Flecken bei der Bearbeitung von Entwick-
lungszielen berücksichtigt werden. Außerdem fällt die Reflexion über das eigene Führungsver-
halten weg, die durch die Bearbeitung des Fragebogens und durch die Rückmeldung der Ergeb-
nisse angestoßen wird. Insgesamt haben sich die zweifache Durchführung des Führungsfeed-
backs und die doppelte Form der Veränderungsmessung sowohl hinsichtlich der Aussagekraft
der Ergebnisse für die einzelnen Führungspersonen als auch hinsichtlich der Interpretation der
Ergebnisse für die Evaluationsuntersuchung bewährt. Es wird daher empfohlen, das Führungs-
feedback auch in zukünftigen Evaluationsstudien zu verschiedenen Messzeitpunkten durchzu-
führen und zusätzlich im Anschluss an eine Intervention potenzielle Veränderungen direkt zu
erfragen.

5.2.2 Vergleich zu anderen Evaluationsstudien

In Abschnitt 1.1.6.4 wurden acht empirische Studien zur Wirksamkeit von Training und Coa-
ching transformationaler Führung dargestellt. Die Stichprobengrößen dieser Studien lagen zwi-
schen fünf und 43 Personen pro Gruppe. Sechs der acht Studien basieren auf einem experimen-
tellen Design mit einer randomisierten Zuteilung der Personen auf Experimental- und Kontroll-
gruppe, die anderen beiden Studien folgen einem quasi-experimentellen Versuchsdesign. Sechs
der Studien beziehen sich auf den Unternehmens- beziehungsweise Organisationskontext, die
anderen beiden Studien auf Führungskräfte in der Armee und auf Studierende. Vier der Studien
können auf Grund der untersuchten Fragestellung und auf Grund des methodischen Vorgehens
mit der Evaluationsstudie der vorliegenden Arbeit verglichen werden.

a) Evaluationsstudie von Barling et al. (1996)


Barling et al. (1996) konnten aufzeigen, dass bei 20 Führungspersonen einer kanadischen Bank
eine Kombination aus Workshops und Einzelcoachings eine Verbesserung transformationalen
Führungsverhaltens bewirkt. Diese Studie ist sowohl bezüglich der Stichprobengröße als auch
der Branche und der Art der Intervention unmittelbar mit der eigenen Evaluationsuntersuchung
vergleichbar. Der eindeutige Vorteil des methodischen Designs von Barling et al. gegenüber
dem Versuchsdesing der eigenen Studie liegt in der randomisierten Zuteilung der Führungskräf-
te zur Experimental- und Kontrollgruppe. Allerdings erhielten Führungspersonen der Kontroll-
gruppe bei Barling et al. keinerlei Intervention. Im Fokus stand bei Barling et al. die Förderung
der transformationalen Komponente Inspirational Motivation. In der eigenen Untersuchung lag
das Augenmerk insbesondere auf den Komponenten Individualized Consideration und
Contingent Reward sowie auf der Komponente Intellectual Stimulation. Bei Barling et al. konn-
ten fünf Monate nach Trainingsende signifikante Effekte auf das Ausmaß transformationaler
Führung ermittelt werden. Mitarbeiter der Führungskräfte der Experimentalgruppe nahmen ins-
besondere ein erhöhtes Ausmaß der Komponente Inspirational Motivation wahr. Ein ähnliches
Ergebnis resultiert in der eigenen Evaluationsstudie: So lassen sich zwar keine variablenüber-
greifenden signifikanten Effekte des Interventionsprogramms nachweisen, aber die Verände-
rungen in den Variablen Individualized Consideration, Intellectual Stimulation und Contigent
Reward erreichen das Ausmaß statistischer Bedeutsamkeit beziehungsweise bedeutsamer Effek-
5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens 403

te. Ähnlich wie in der Untersuchung nach Barling et al. kann also insbesondere eine bedeutsame
Veränderung in denjenigen Komponenten nachgewiesen werden, die in der Intervention im
Fokus stehen. Obwohl in beiden Studien kleine Stichprobengrößen vorliegen, konnten Barling
et al. variablenübergreifend signifikante Effekte nachweisen. Es ist möglich, dass der längere
Zeitraum nach Abschluss der Intervention bis zur Postmessung der Veränderungen in den Füh-
rungsstilen bei Barling et al. gegenüber der eigenen Studie einen positiven Einfluss auf das
Ausmaß der Veränderungen hatte. Die Führungspersonen hatten in der Studie von Barling et al.
zwei Monate länger Zeit, neues Führungsverhalten auszuprobieren und im Alltag zu etablieren.
Damit war es auch für die Mitarbeiter möglich, potenzielle Verhaltensänderungen über einen
längeren Zeitraum zu beobachten. Entsprechend kann interpretiert werden, dass die Mitarbeiter
in der Studie nach Barling et al. in der Postmessung über stärkere Veränderungen im Führungs-
verhalten berichteten als die Mitarbeiter in der eigenen Studie. Der Vorteil der eigenen Evalua-
tionsstudie liegt in der Placebointervention, die die Vergleichsgruppe C erhielt. Damit konnte
die Störvariable des erhöhten Ausmaßes an führungsbezogener Selbstreflexion in der Interven-
tionsgruppe zumindest ansatzweise kontrolliert werden. Zudem ist in der Studie nach Barling et
al. keine Aussage über den relativen Beitrag der beiden Interventionsmodule zur Wirksamkeit
des Gesamtprogramms möglich. In der eigenen Evaluationsstudie konnten hingegen aus dem
Vergleich der Veränderungen in den Interverventionsgruppen A und B Hypothesen zur inkre-
mentellen Wirksamkeit der Einzelcoachings abgeleitet werden.

b) Evaluationsstudie von Kelloway et al. (2000)


Kelloway et al. (2000) richteten in einer Studie mit 40 Führungskräften im Gesundheitswesen
ihr Augenmerk auf den Vergleich der Wirksamkeit von Workshops und individuellen Bera-
tungsgesprächen. Auch wenn die Anzahl der Führungspersonen doppelt so hoch wie in der ei-
genen Evaluationsstudie ist, so entspricht die Anzahl der Mitabeitereinschätzungen von 180 in
der Studie nach Kelloway der Größe der Mitarbeiterstichprobe von 174 in der eigenen Untersu-
chung. Die 40 Führungspersonen wurden randomisiert auf drei Interventionsgruppen und eine
Kontrollgruppe aufgeteilt. Daher konnten potenzielle Gruppenunterschiede bei Kelloway et al.
unmittelbar auf die jeweilige Interventionsbedingung zurückgeführt werden. In der eigenen
Studie können die Unterschiede zwischen den Interventionsgruppen A und B auf Grund der
Selbstselektion der Führungspersonen nur als Hinweise auf Wirksamkeitsunterschiede interpre-
tiert und entsprechende Hypothesen abgeleitet werden. Allerding resultierten in der Studie von
Kelloway et al. keine Unterschiede in den Effekten von Einzelberatung, Workshops oder eine
Kombination aus beiden. In allen drei Interventionsgruppen wurden fünf Monate nach Ab-
schluss der Intervention Verbesserungen in einem globalen Maß transformationalen Führungs-
verhalten gegenüber der Kontrollgruppe festgestellt. Auch hier wurde ein längerer Zeitraum bis
zur Postmessung gewählt als in der eigenen Evaluationsstudie. In dieser ergaben sich Hinweise
auf eine unterschiedliche Wirksamkeit der Interventionsbedingungen Gruppenworkshops und
Gruppenworkshops plus Einzelcoachings: Einzelcoachings scheinen eine inkrementelle Wirk-
samkeit in Bezug auf die Erhöhung der Führungsstile Contingent Reward (CR) und
Inspirational Motivation (IM) sowie in Bezug auf die Erhöhung des Übereinstimmungsgrades
zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen aufzuweisen. Allerdings müssten sich die abgeleite-
ten Wirksamkeitsunterschiedshypothesen in einem experimentellen Untersuchungsdesign be-
währen, um eindeutige Aussagen treffen zu können.
5 Diskussion 404

c) Evaluationsstudie von Peus (2005)


Peus (2005) verglich die Veränderungen in den Führungsstilen des MLQ von neun Führungs-
kräften, die an Gruppenworkshops und Individualcoachings teilnahmen, mit den Veränderungen
in den Führungsstilen von fünf Führungskräften einer Kontrollgruppe. Die Anzahl der Füh-
rungspersonen in den einzelnen Gruppen ist bei Peus unmittelbar vergleichbar mit der Anzahl
der Führungspersonen in den Gruppen der eigenen Evaluationsstudie. Entsprechend berichtet
auch Peus über deskriptive Mittelwertsunterschiede in den Mitarbeitereinschätzungen zur Aus-
prägung der transformationalern Führungsstile nach Abschluss der Intervention, die allerdings
nicht das Ausmaß statistischer Signifikanz erreichen. Peus führt dieses Ergebnis auf die geringe
Stichprobengröße zurück, berechnet aber keine Effektstärken. In der eigenen Evaluationsstudie
zeigten sich ebenfalls Mittelwertsunterschiede in der gesamten Interventionsgruppe in der er-
warteten Richtung, die aber nur für die Variablen Individualized Consideration und Contingent
Reward das Ausmaß statistischer Signifikanz erreichten. Auf Grund der geringen
Stichrprobengröße und der damit verbundenen geringen Power der Signifikanztests wurden in
der eigenen Studie darüber hinaus Effektstärken berechnet, die für die Daten aus der direkten
Veränderungsmessung auf mittlere bis große Effekte der Zugehörigkeit zur Interventionsgruppe
hinweisen. Das Interventionsprogramm erstreckte sich in der Studie von Peus über einen Zeit-
raum von zehn Monaten. Aus den Ergebnissen der eigenen Untersuchung zur Zielerreichung
und zu Veränderungen durch das Coaching (siehe 5.1.1.6 und 5.1.1.7) wurde die Empfehlung
abgeleitet, die Interventionsmaßnahme auf einen längeren Zeitraum auszudehnen. So könnte es
sinnvoll sein, die zeitliche Verteilung der Interventionsmodule dem Vorgehen bei Peus anzu-
passen, bei der sich drei Gruppenworkshops und vier Einzelcoachings über einen Zeitraum von
zehn Monaten erstreckten.

d) Evaluationsstudie von Radstaak (2008)


Radstaak (2008) evaluierte an zwei Stichproben (N = 19 und N = 59) in einem quasi-
experimentellen Design die Wirksamkeit eines Interventionsprogramms mit den Modulen Trai-
ning und Team-Coaching. Darüber hinaus untersuchte er an einer Stichprobe von sieben Füh-
rungskräften den Effekt eines ausschließlichen Team-Coachings zur Förderung
transformationaler Führung. Es konnte ein kleiner Effekt für die Coachingmaßnahme (d = .33)
und überdurchschnittliche Effekte für die Kombination aus Training und Team-Coaching
(d = .72 bis .92) in den Interventionsgruppen auf ein Globalmaß transformationaler Führung
nachgewiesen werden. In der eigenen Evaluationsstudie resultieren in den Ergebnissen aus der
indirekten Veränderungsmessung vernachlässigbare Effektstärken für die gesamte Interventi-
onsgruppe und auch nur mittlere Effekte des Messzeitpunktes für die jeweiligen Interventions-
gruppen A und B für einzelne Führungsstile. Hingegen resultieren aus der direkten Verände-
rungsmessung für die gesamte Interventionsgruppe mittlere bis große Effekstärken. Die mittlere
Effektstärke für die transformationalen Variablen liegt in der eigenen Evaluaitonsstudie bei
d = 0.54. Damit übertreffen die Effektstärken für die kombinierte Interventionsmaßnahme bei
Radstaak die Effekte des gesamten Interventionsprogramms in der eigenen Evaluationsstudie.
Der direkte Vergleich von Effektgrößen mehrerer Studien ist allerdings nur eingeschränkt mög-
lich. Hager (2000b) lehnt den Vergleich von Werten von Effektgrößen prinzipiell ab, da sowohl
Aspekte des Anforderung- als auch der Situationstransfers in unterschiedlichen Untersuchungen
eine grundlegende Rolle dafür spielen, wie hoch die Effektstärken ausfallen (siehe 1.6.4.5). So
wendete Radstaak eine deutsche Adaptation des Full Range of Leadership Training nach Bass
5.2 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens 405

und Avolio (1999) an. Damit war das Training unmittelbar auf die Führungsstile des Full Range
of Leadership im Sinne des MLQ ausgerichtet. Trainingsinhalte und Erfassungsmethode lagen
damit sehr viel enger beieinander als in der eigenen Evaluationsstudie, in der die Vermittlung
der Führungsstile des Full Range of Leadership sehr stark an die Belange des Unternehmens
angepasst wurde und sich somit von den Items zur Erfassung der Stile im MLQ weiter entfern-
ten. Bei Radstaak wurde sowohl das Training als auch das Coaching jeweils an einem ganzen
Tag durchgeführt und die Posterhebung erfolgte drei Monate nach der Intervention. Die Unter-
schiede in der Wirksamkeit können demnach nicht auf den längeren Zeitraum bis zur Posterhe-
bung zurückgeführt werden. Es kann aber interpretiert werden, dass die intensive Beschäftigung
mit den Inhalten der Intervention über jeweils einen ganzen Tag hinweg positive Effekte mit
sich bringt. Die Führungspersonen wurden in der Studie von Radstaak nicht randomisiert auf
die Gruppen zugeteilt, sondern es erfolgte – wie auch in der eigenen Evaluationsstudie – eine
Selbstselektion der Führungspersonen. Diejenigen Führungskräfte, die zwar am 360°-Feedback,
aber nicht an der Intervention teilnehmen konnten oder wollten, wurden der Kontrollgruppe
zugewiesen. Dennoch interpretiert Radstaak die Unterschiede in den Effektgrößen für abhängi-
ge Stichproben zwischen den Gruppen als Interventionseffekt. Störvariablen, wie Unterschiede
zwischen den Gruppen in der Änderungsmotivaton, im Ausmaß der Selbstreflexion oder in der
Selbsteinschätzung des Führungsverhaltens werden als Einflussfaktoren auf die unterschiedli-
chen Effektstärken nicht diskutiert.

5.2.3 Besonderheiten der Forschung in der betrieblichen Praxis

Abschließend muss angemerkt werden, dass die Durchführung wissenschaftlicher Studien in der
betrieblichen Praxis besondere Herausforderungen birgt, wie auch Ellam-Dyson und Palmer
(2008) in ihrem Erfahrungsbericht über eine Coachingevaluation „in freier Wildbahn“ ein-
drucksvoll beschreiben (siehe 1.6.6.1).
Zunächst erwies es sich als langwieriges Unterfangen, ein Unternehmen für das For-
schungsvorhaben zu gewinnen. So sahen einige angesprochene Unternehmen keinen Bedarf im
Bereich Führungskräfteentwicklung. Andere arbeiteten bereits mit festen Trainern und Coaches
zusammen, die ihre eigenen Konzepte verfolgten und denen schwerlich empfohlen hätte werden
können, ihre etablierten Vorgehensweisen für das Forschungvorhaben auf die Vermittlung des
transformationalen Führungsmodells auszurichten. Da gerade der Vergleich gruppenbezogener
und individuumsorientierter Interventionsmaßnahmen zur Förderung transformationaler Füh-
rung und die Anpassung des Führungskonzeptes an unternehmensspezifische Belange von Inte-
resse waren, reichte es nicht aus, einzelne Führungspersonen als Coachingteilnehmer zu gewin-
nen. Schließlich war es dem Interesse und der Offenheit des Vertreters der Personalabteilung
sowie dem Bedarf des kooperierenden Unternehmens an einer Führungskräfteentwicklungsmaß-
nahme zu verdanken, dass die Projektidee mit den Anliegen des Unternehmens in Einklang ge-
bracht und das Konzept den Entscheidungsträgern im Unternehmen präsentiert werden konnte.
Eine zweite Herausforderung bestand darin, die zeitliche Planung des Interventionspro-
gramms und der Führungsbefragungen auf die Belange des Unternehmens abzustimmen. So gab
es bestimmte Zeiten, die im Unternehmen als arbeitsreiche Hochphasen galten, während derer
möglichst keine Zusatzbelastungen für die Mitarbeiter stattfinden sollten. Darüber hinaus muss-
te das Interesse der Führungspersonen geweckt und das Commitment der Mitarbeiter zur Betei-
ligung am Führungsfeedback gewonnen werden. Dafür waren gewisse Vorarbeiten nötig: Der
Personalrat musste über das Projekt informiert und dessen Zustimmung eingeholt werden. Ein-
zelne Schlüsselpersonen wurden darüber hinaus im Vorfeld angesprochen und deren Ideen,
5 Diskussion 406

Vorbehalte und aufgezeigte Bedarfe bei der Planung des Führungskräfteentwicklungspro-


gramms berücksichtigt. Mit der Unternehmensleitung mussten die strategischen Aspekte etab-
lierter und erwünschter Führungsleitlinien abgeklärt und die übergeordneten Zielsetzungen des
Programms abgestimmt werden.
Die Durchführung der Führungsfeedbacks barg die Herausforderung, dass viele Mitar-
beiter auf unterschiedliche Geschäftstellen verteilt und somit die Ausgabe der Fragebogen gut
koordiniert werden musste. Sofern dies möglich war, wurden die Bögen von der Führungsper-
son selbst an die Mitarbeiter verteilt. Die Führungspersonen erhielten die Bögen von der Ver-
fasserin oder vom Vertreter der Personalabteilung (siehe 3.4). Dieses Vorgehen hatte den Vor-
teil, dass Fragen unmittelbar geklärt und Vorbehalte zur Durchführung des Führungsfeedbacks
geklärt werden konnten. So waren zwar alle Führungspersonen im Auftaktworkshop über das
Vorgehen aufgeklärt worden, aber dennoch ergaben sich Fragen oder Bedenken, die einfacher in
einem persönlichen Gespräch geklärt und ausgeräumt werden konnten.
Die Quote der Mitarbeiter, von denen zu beiden Messzeitpunkten die Fragebogen aus-
gefüllt wurden und deren Bögen gematcht werden konnten, lag mit 70.45 % erfreulich hoch.
Um diese Rücklaufquote zu erreichen, waren mehrfache Erinnerungsmails während des Bear-
beitungszeitraums geschrieben und das Intranet des Unternehmens für aktuelle Informationen
über das Führungsfeedback und für einen „Countdown“ bis zur Abgabe der Fragebogen genutzt
worden.
Um Aussagen über die Wirksamkeit der Intervention treffen zu können, war eine re-
gelmäßige Teilnahme der Führungspersonen an den Workshops notwendig. Da die Workshops
jeweils direkt im Anschluss an die reguläre Arbeitzeit in der Hauptfiliale des Unternehmens
stattfanden, war es für die meisten Führungskräfte möglich, die Termine regelmäßig wahrzu-
nehmen. Die Termine für die Einzelcoachings konnten individuell vereinbart werden und fan-
den daher für alle sechs Coachingteilnehmer regelmäßig statt.
Ellam-Dyson und Palmer (2008) beschrieben darüber hinaus, dass es Probleme mit der
Repräsentativität der Interventionsmaßnahme gab, da die Coaches unterschiedlich arbeiteten
und in unterschiedlichem Ausmaß ihre Vorgehensweisen dokumentierten. Die Repräsen-
tativitität der beiden Interventionsmodule in der eigenen Evaluationsuntersuchung konnte da-
durch gewährleistet werden, dass die Gruppenworkshops von der Verfasserin und dem Vertreter
der Personalabteilung gemeinsam geleitet und die Einzelcoachings zwischen diesen beiden Per-
sonen aufgeteilt wurden: Drei der Einzelcoachings wurden vom Unternehmensvertreter, drei
Einzelcoachings von der Verfasserin durchgeführt. Im Vorfeld des Projekts hatte ein gemein-
sames Einzelcoaching als instrumentelle Vorstudie stattgefunden, um sowohl die im Prozess
einzusetzenden Dokumentationsbogen (siehe 3.3.3.3) zu erproben als auch eine Abstimmung
der Prozessgestaltung zwischen den beiden Coaches zu gewährleisten.
Insgesamt war die Durchführung der wissenschaftlichen Untersuchung in der betriebli-
chen Praxis also mit besonderen Herausforderungen verbunden, die für die Interpretation der
Daten sowohl Vor- als auch Nachteile bieten. So war es zwar auf der einen Seite nicht möglich,
einen aus forschungsmethodischer Sicht möglichst hohen Grad an Standardisierung und expe-
rimenteller Kontrolle zu gewährleisten. Auf der anderen Seite sind die Daten unmittelbar reprä-
sentativ für die betriebliche Praxis und konnten von der Verfasserin als Prozessbeteiligte in
ihrem Gesamtkontext interpretiert werden.
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 407

5.3 Implikationen für Theorie und Praxis

Über die drei zentralen Forschungsfragen hinaus wurden im Theorieteil der Arbeit weitere offe-
ne Fragen aufgeworfen, die sowohl das Verständnis transformationaler Führung aus selbstdar-
stellungstheoretischer Perspektive als auch die praktische Umsetzung von Interven-
tionsansätzen zur Förderung transformationalen Führungsverhaltens betreffen. Aus den Ergeb-
nissen der Arbeit lassen sich einige Schlussfolgerungen zu diesen offenen Fragen ziehen: In
Abschnitt 5.3.1 werden Grundzüge eines theoretischen Modells transformationaler Selbstinter-
pretation skizziert. Abschnitt 5.3.2 zeigt Grundzüge für ein Coachingkonzept zur individuellen
Förderung transformationaler Selbstinterpretation auf.

5.3.1 Grundzüge eines theoretischen Modells transformationaler Selbstinterpretation

Im Fazit zu Abschnitt 1.2 wurde die Frage abgeleitet, wie die theoretisch-konzeptuellen Über-
schneidungen zwischen transformationaler Führung und Selbstdarstellung aussehen. Dieser
Frage wurde in Abschnitt 1.3 mit der Darstellung und Interpretation theoretischer Modelle und
empirischer Ergebnisse zu Führung und Selbstdarstellung nachgegangen. Es wurden Zusam-
menhänge zwischen der charismatischen Führung im Besonderen und Führung im Allgemeinen
mit Prozessen der Selbstinterpretation und Formen der Selbstdarstellung deutlich. Besonders
das Rollenkonzept von Führung bietet einen geeigneten Rahmen, um Selbstinterpretation als
psychologisches Phänomen und die Gestaltung der Führungsrolle als soziologisches Phänomen
aufeinander zu beziehen. Einige der offenen Fragen aus den Abschnitten 1.1 bis 1.4 wurden
dem empirischen Teil der Arbeit als Fragestellungen zu Grunde gelegt und in Abschnitt 5.1
zusammenfassend beantwortet. Folgende offene Fragen sind darüber hinaus von Interesse:
(1) Welche theoretischen Zusammenhänge bestehen zwischen Selbstdarstellungs- und Füh-
rungsstilen?
(2) Welcher Stellenwert kommt transformationalen Führungsprinzipien bei der individuel-
len Selbstinterpretation in der Rolle der Führungskraft zu?
(3) Kann die Ausgestaltung der Führungsrolle, die sich an transformationalen Führungs-
prinzipien orientiert, als Selbstinterpretationsstil konzeptualisiert werden?
Im folgenden Abschnitt werden diese offenen Fragen beantwortet, indem Grundzüge eines theo-
retischen Modells transformationaler Selbstinterpretation dargestellt werden, die sich aus den
theoretischen und empirischen Erkenntnissen der Arbeit ableiten lassen. Mit dem Konstrukt der
transformationalen Selbstinterpretation wird eine explizite Verknüpfung der transformationalen
und charismatischen Führungstheorien mit Theorien zur Selbstdarstellung geleistet (siehe Ab-
bildung 5.3.1). Zentral für die selbstdarstellungstheoretische Interpretation der transfor-
mationalen und charismatischen Führung ist, dass eine aktive und authentische Selbstdarstel-
lung als Kernkompetenz transformationaler Führung verstanden wird und die Prozesse der
Selbstinterpretation als grundlegend für die Etablierung einer transformationalen Führungsiden-
tität angesehen werden.
5 Diskussion 408

Hintergrund: Führungstheorien Hintergrund: Selbstdarstellungs-


und -forschung theorien und -forschung

Transformationale und
Selbstinterpretation als
charismatische
Führungskraft
Führungsansätze

Transformationale
Selbstinterpretation

Abbildung 5.3.1: Transformationale Selbstinterpretation als Bindeglied zwischen Führungs- und Selbst-
darstellungstheorien

In Abschnitt 5.3.1.1 erfolgt eine Begriffsklärung zur transformationalen Selbstinterpretation.


Die Komponenten transformationaler Selbstinterpretation werden in Abschnitt 5.3.1.2 darge-
stellt. Abschnitt 5.3.1.3 fasst die Prozesse transformationaler Selbstinterpretation zusammen,
bevor in Abschnitt 5.3.1.4 auf Ergebnisse transformationaler Selbstinterpretation eingegangen
wird.

5.3.1.1 Begriffsklärung
Unter Punkt a werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Führungs- und Selbstdarstel-
lungsstilen skizziert. Unter Punkt b wird eine Begriffsklärung zum Konstrukt transformationale
Selbstinterpretation vorgenommen.

a) Führungs- und Selbstdarstellungsstile: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Auffassungen von Führungsstilen


Die klassische Auffassung von Führungsstilen leitet sich aus der experimentellen Führungsstil-
forschung her. Ausgangspunkt dieser Forschung waren politisch motivierte Experimente (vgl.
Lewin, Lippitt & White, 1939), in denen durch experimentelle Bedingungsvariation die drei
Führungsstile autoritär, demokratisch und laissez faire hergestellt und deren Auswirkungen auf
die Geführten untersucht wurden. Die experimentelle Führungsstilforschung geht von den glei-
chen Grundannahmen wie die Eigenschaftstheorie von Führung aus: Der Führungsstil wird als
Persönlichkeitskonstante verstanden, der ohne Rücksicht auf die Situation stets in derselben Art
und Weise eingesetzt wird (vgl. Rosenstiel, 2003). Steiger (2008b) beschreibt hingegen vor dem
Hintergrund einer systemischen, rollentheoretischen Betrachtung von Führung (siehe 1.3.3)
einen Führungsstil als Ergebnis (Outcome) des spezifischen Führungsrollensystems.
Der beobachtete Führungsstil ist demnach Bedingung und Ergebnis des „systemdynamischen
Dreiklangs“ (Steiger, 2008b, S. 55) von Aufgabe, Struktur und Kultur und wird nicht – wie in
der klassischen Auffassung der Führungsstile – als ein Rezept verstanden, um Führungserfolg
zu erzeugen. In einem Prozess der Selbstorganisation entwickelt das rollentragende System, also
die Führungsperson, eine Identität, die in spezifischen Führungsverhaltensweisen und Füh-
rungsstilen resultiert.
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 409

Führungsstil und Führungsverhalten


Wie lassen sich Führungsverhalten und Führungsstile voneinander abgrenzen? Führungsverhal-
ten bezieht sich nach Weinert (2004) auf die Aktivitäten einer Führungsperson, die in hohem
Maße von der Situation abhängig sind. Der Führungsstil beruht hingegen auf den Bedürfnissen,
die dem Verhalten zu Grunde liegen und die über verschiedene Situationen hinweg relativ stabil
bleiben. Wie bereits in der Einführung zum Thema Führung in Abschnitt 1.1.1 verdeutlicht
wurde, wird Führung im Rahmen dieser Arbeit als Interaktionsphänomen aufgefasst. Entspre-
chend wird der jeweilige Führungsstil als habitueller Einsatz bestimmter Führungsverhaltens-
weisen begriffen, der sich im Rahmen der Interaktionsprozesse zwischen Führungsperson und
Geführten manifestiert.

Führungs- und Selbstdarstellungsstile


Selbstdarstellungsstile wurden in Abschnitt 1.2.5.3 nach Renner (2002) als typische Konfigura-
tion von Selbstbildern, Motiven und Kompetenzen sowie damit einhergehenden Verhaltensmu-
stern eingeführt. Führungsstile werden als typische Konfiguration von habituellen und aktuellen
Merkmalen der Führungsperson, der Reaktion der Geführten und wiederkehrender Situations-
merkmale verstanden. Führungsstilen liegen – wie bei Weinert (2004) hervorgehoben – be-
stimmte Muster der Auswahl von Verhaltensweisen zu Grunde, die auch durch die Bedürfnisse
der Führungsperson beeinflusst werden. Um aber transformationale Führungsstile zu etablieren
reicht es nicht, das Bedürfnis zu haben, Personen zu inspirieren, für ein übergeordnetes Ziel zu
begeistern oder sich vorbildhaft und moralisch integer zu verhalten. Damit das entsprechende
Verhalten gezeigt werden kann, müssen darüber hinaus situationale Rahmenbedingungen vor-
liegen oder geschaffen werden, die diese Verhaltensweisen ermöglichen. Außerdem bedarf es
des Einsatzes spezifischer Selbstdarstellungsstile, um eine entsprechende Wirkung auf die Ge-
führten zu erzielen.
Führungsverhalten ist Verhalten innerhalb der Führungsrolle und beschreibt damit, was
die Führungsperson in ihrer Position tut, um auf die Geführten Einfluss zu nehmen. Führungs-
stile beschreiben, welche Verhaltensweisen die Führungsperson in der Interaktion mit den Ge-
führten innerhalb spezifischer Rahmenbedingungen wiederholt einsetzt.
Selbstdarstellungsverhalten ist Verhalten, das der Definition des Selbst dient. Selbst-
darstellungsverhalten beschreibt, wie die Führungsperson etwas tut, d.h. welche Selbst- oder
Rollenbilder sie durch ihr Führungsverhalten zum Ausdruck bringt. Selbstdarstellungsstile be-
schreiben habituelle Muster bei der Auswahl, Wiedergabe und der Auslegung von Selbst- und
Rollenbildern, die sich in der Interaktion mit den Geführten manifestieren. Um einen bestimm-
ten Führungsstil zu etablieren, müssen Führungsverhaltensweisen durch den Einsatz passender
Formen der Selbstdarstellung begleitet werden. Idealized Influence wird beispielsweise im
MLQ durch Führungsverhaltensweisen wie „Die Führungskraft spricht mit anderen über ihre
wichtigsten Überzeugungen und Werte“ oder „Die Führungskraft betont die Wichtigkeit von
Teamgeist und einem gemeinsamen Aufgabenverständnis“ beschrieben (siehe Anhang 1.1).
Selbstdarstellungsverhalten bezieht sich darauf, wie die Führungsperson diese Verhaltensweisen
umsetzt, also wie sie beispielsweise über ihre Werte spricht. Wenn die Führungsperson bei der
Formulierung eigener Überzeugungen an die Wertvorstellungen und Bedürfnisse der Mitarbei-
ter anknüpft und das Ausmaß des Ausdrucks von Begeisterung für diese Überzeugungen je nach
Reaktion der Mitarbeiter anpasst, unterstützt die Führungsperson den Ausdruck dieser Verhal-
tensweisen durch eine akquisitive Form der Selbstdarstellung.
5 Diskussion 410

b) Konzeptualisierung transformationaler Rollenausgestaltung als Selbstinter-


pretationsstil
Im Folgenden werden eigene Überlegungen zur Konzeptualisierung transformationaler Selbstin-
terpretation auf der Basis der theoretischen und empirischen Erkenntnisse der Arbeit dargestellt:

Zusammenfassung der Erkenntnisse der theoretischen Exploration


Wie in Abschnitt 1.2 hergeleitet, vertritt die Autorin folgende Auffassungen zum Konzept
Selbstinterpretation: Ein Selbstinterpretationsstil wird als habituelle, situationsübergreifende
Form der Interaktion von Innen- und Außensicht einer Person aufgefasst: Selbstinterpretations-
stile umfassen sowohl spezifische Selbstdarstellungsmuster (= Selbstdarstellungsstile) als auch
Muster in der Selbstwahrnehmung und -bewertung beziehungsweise der Interpretation sozialer
Rückmeldung. Selbstinterpretationsstile bilden die Grundlage für die Etablierung kontextbezo-
gener Teilidentitäten. Diese werden als soziale Konstruktion aufgefasst, die im Austausch zwi-
schen den Interaktionsbeteiligten entstehen. Da Prozesse der Selbstinterpretation in Einzelkom-
ponenten zerlegt und diese zum Gegenstand der Klärung und Modifikation gemacht werden
können, ist eine gezielte Konstruktion individueller Identitäten in bestimmten Kontexten (z.B.
Führungsidentität als berufliche Identität) möglich. Selbstinterpretation in der Führungsrolle
wird von der Autorin als individuelle Rollenausgestaltung konzeptualisiert. Die Rollenausge-
staltung umfasst den produktiven Gestaltungsvorgang bei der Auswahl, der Wiedergabe und der
Auslegung von Selbst- und Rollenbildern sowie Prozesse der sozialen und personalen Internali-
sierung innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen. Durch die spezifische Selbstinterpretation
in der Führungsrolle vermittelt die Führungsperson sich und anderen, wie sie als einzigartige
Persönlichkeit die Führungsrolle individualisiert.

Zusammenfassung der Erkenntnisse aus der empirischen Untersuchung


Es lässt sich ein gemeinsamer Faktor spezifischer Selbstdarstellungs- und Führungsstile be-
schreiben, der als transformationale Selbstinterpretation charakterisiert werden kann: Der Ein-
satz transformationaler Führungsstile geht mit der Tendenz zur akquisitiven Selbstüberwachung
einher. Darüber hinaus zeigt die personenzentrierte Untersuchung des Zusammenhangs von
Selbstdarstellungs- und Führungsstilen auf, dass es Führungskräfte gibt, die als
transformationale Selbstinterpreten charakterisiert werden können. Solche Führungspersonen
sind durch eine habituelle Rollenausgestaltung gekennzeichnet, die sich durch den häufigen
Einsatz transfomationaler Führungsstile sowie eine augeprägte Tendenz zur akquisitiven Selbst-
überwachung und zur Persönlichkeitsdarstellung auszeichnet. Hingegen zeigen solche Füh-
rungspersonen kaum die Tendenz zur protektiven Selbstüberwachung.

Begriffsklärung transformationale Selbstinterpretation


Prinzipien transformationaler Führung können nach Auffassung der Autorin im Kontext der
individuellen Rollenausgestaltung entweder unter normativer oder deskriptiver Perspektive be-
trachtet werden. Unter der normativen Perspektive werden transformationale Führungsprinzi-
pien als Rollenskript aufgefasst, das der Führungsperson als Orientierungsmaßstab für die indi-
viduelle Selbstinterpretation in der Führungsrolle dient. Unter der deskriptiven Perspektive be-
schreiben transformationale Führungsprinzipien eine Form habitueller Rollenausgestaltung, die
sich durch den Einsatz spezifischer Führungsverhaltensweisen und Formen der Selbstdarstel-
lung auszeichnet. Eine Unterscheidung der beiden Perspektiven ist sinnvoll, da bei der gezielten
Förderung transformationaler Selbstinterpretation inbesondere die normative Perspektive eine
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 411

zentrale Rolle spielt: Der Führungskraft werden transformationale Prinzipien als Entwicklungs-
ziele vorgegeben.
Insgesamt beschreibt die transformationale Selbstinterpretation eine spezifische Form der Aus-
gestaltung der Führungsrolle durch eine Führungspersönlichkeit, die sich auf den Einsatz der
Komponenten transformationaler Selbstinterpretation konzentriert. Die jeweils individuelle
Konstellation dieser Komponenten ermöglicht ein Führungsverhalten, das transformationale
Effekte bei den Geführten hervorruft. Welches sind aber nun die Komponenten
transformationaler Selbstinterpretation?

5.3.1.2 Komponenten transformationaler Selbstinterpretation: Inhalt und Darstellung


Es wird folgende Definition der Komponenten transformationaler Führung vorgeschlagen:
Komponenten transformationaler Selbstinterpretation umfassen
 trainierbare Kompetenzen und Ressourcen einer Führungskraft
 die Motivation zur akquisitiven, modellhaften, glaubwürdigen und authentischen Selbstdar-
stellung
 reale, normative und ideale Selbstbilder, die auf transformationale Führungsprinzipien aus-
gerichtet sind.
Zudem werden diese drei Bestimmungsstücke der Komponenten transformationaler Selbstinter-
pretation nach einem Inhalts- und einem Darstellungsaspekt unterschieden. Diese Unterschei-
dung wird aus der Konzeption von Leistungs- und Ausdrucksverhalten nach Allport (1970)
abgeleitet (siehe Punkt a) und unter Punkt b spezifiziert.

a) Leistungs- und Ausdrucksverhalten nach Allport (1970)


Um Persönlichkeit zu verstehen, müssen nach Allport (1970) sowohl der Leistungs- als auch der
Ausdrucksaspekt einer Handlung berücksichtigt werden:
Wir können mit Recht behaupten, daß [sic] jeder Akt, den eine Person vollzieht, unverän-
derlich zwei Aspekte hat: Leistung und Ausdruck. Beide sind von vitaler Bedeutung für ein
Verstehen der Persönlichkeit. Was eine Person zu tun versucht, ist sehr aufschlußreich
[sic], aber ebenso ist es die Art und Weise, wie wie es tut (S. 486).
Die Leistung begreift Allport (1970) als das „Prädikat des Handelns (was wir tun), den Aus-
druck als das Adverb des Handelns (wie wir es tun)“ (S. 455, Kursivdruck i.O.). Damit bezieht
sich der Ausdruck auf „[…] die Art und Weise oder den Stil des Verhaltens“ (Allport, 1970, S.
454). Jeder einzelne Akt des Leistungsverhaltens wird durch einen bestimmten Stil, durch eine
bestimmte Art und Weise des Ausdrucksverhaltens charakterisiert: „Für den Psychologen be-
deutet der Terminus [Stil] die komplexe und vollständige Gestalt des Ausdrucks-Verhaltens.
Stil umfaßt [sic] das Ganze der Aktivität, nicht nur spezielle Fertigkeiten oder einzelne Regio-
nen […]“ (Allport, 1970, S. 483).

b) Inhalts- und Darstellungsaspekt der Komponenten transformationaler Selbstinter-


pretation
Ähnlich wie Allport (1970) Handlungen in Leistungs- und Ausdrucksverhalten aufteilt, unter-
scheiden Avolio und Bass (1988) bei der visionären Komponente der transformationalen Füh-
rung einen Inhalts- von einem Darstellungsaspekt. So nennen sie zwei verschiedene Möglich-
keiten, wie eine Vision die Aufmerksamkeit der Geführten erreichen kann: „A novel message
[…] can grab the attention of the follower because of its content or the leader‟s skill in
presenting the argument“ (p. 40). Für die erfolgreiche Vermittlung bedarf es demzufolge nicht
5 Diskussion 412

ausschließlich einer inhaltlich adäquaten, attraktiven und konkreten Vision. Ein Führender kann
das Interesse der Geführten ebenso durch eine besonders gelungene Darstellung der Vision we-
cken.
Wird transformationale Führung als eine spezifische Form der Selbstinterpretation in
der Führungsrolle aufgefasst, so ist es nach Auffassung der Autorin sinnvoll, auch bei den ande-
ren Komponenten transformationaler Führung einen Inhaltsaspekt (was wird den Geführten
vermittelt) von einem Darstellungsaspekt (wie wird den Geführten der Inhalt vermittelt) zu un-
terscheiden (siehe Abbildung 5.3.2).

Darstellung
Inhalt
Ausdruck:
Was wird Wie wird
vermittelt?
vermittelt?

Abbildung 5.3.2: Zwei Perspektiven transformationaler Führungskomponenten – Inhalt und Darstellung

Im Sinne der obigen Definition der Komponenten transformationaler Selbstinterpretation wer-


den transformationale Effekte demnach bei den Geführten sowohl durch das hervorgerufen, was
die Führungskraft kann und tut, als auch dadurch, wie sie es tut. Die Unterscheidung von Inhalt
und Darstellung der Komponenten transformationaler Selbstinterpretation wird folgendermaßen
spezifiziert:
 Der Inhaltsaspekt der Komponenten transformationaler Selbstinterpretation bezieht sich auf
den Gegenstand, der dem Verhalten der Führungskraft zu Grunde liegt. Es geht um die Fra-
ge, was im spezifischen Verhalten zum Ausdruck gebracht wird. Dies können Selbstbilder,
für die Person charakteristische Kompetenzen und Motive sowie Einstellungen und Vorstel-
lungen der Führungsperson sein.
 Der Darstellungsaspekt der Komponenten transformationaler Selbstinterpretation bezieht
sich auf die Art und Weise des Verhaltens der Führungskraft und umfasst spezifische Kom-
petenzen, Motive und Stile der Darstellung einer Sache oder des Selbst. Es geht um die Fra-
ge, wie eine spezifische Wirkung auf andere erzielt wird. Der Darstellungsaspekt beinhaltet
damit das Selbstdarstellungsverhalten und Selbstdarstellungsstile einer Person.

Die Zusammenstellung von Komponenten transformationaler Selbstinterpretation erfolgt nach


der Unterscheidung des Inhalts- und Darstellungsaspekts. Dabei werden die „vier Is“ nach Bass
(1985) als grundlegende Einteilung transformationaler Führungsprinzipien herangezogen
(= Bereiche transformationaler Selbstinterpretation; siehe Abbildung 5.3.3) und durch weitere
Aspekte visionärer und charismatischer Führung ergänzt, wie sie z.B. in den Modellen nach
House (1977), House & Shamir (1993), Gardner & Avolio (1998) und Conger und Kanungo
(1987, 1988) vorgestellt wurden.
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 413

Inhalt Darstellung
Bereiche
transformationaler
Selbstinterpretation

Einfluss durch
Vorbildlichkeit und Komponente 1 Komponente 2
Glaubwürdigkeit

Motivation durch
Komponente 3 Komponente 4
begeisternde Visionen

Anregung von
Eigenverantwortung und Komponente 5 Komponente 6
unabhängigem Denken
Individuelle
Berücksichtigung und Komponente 7 Komponente 8
Förderung von Mitarbeitern
Abbildung 5.3.3: Acht Komponenten transformationaler Selbstinterpretation

In Tabelle 5.3.1 sind die zugehörigen Konstrukte zu den acht Komponenten transformationaler
Selbstinterpretation aufgelistet. Die Zusammenfassung der Komponenten transformationaler
Selbstinterpretation beinhaltet keine neuen Aspekte, sondern systematisiert gängige Konzepte
aus der Literatur danach, ob sie eher dem Inhalt oder der Darstellung transformationaler Prinzi-
pien zuzuordnen sind. Sofern bei einzelnen Konzepten in der Tabelle 5.3.1 keine Literaturhin-
weise angegeben sind, handelt es sich um eigene Ergänzungen.
5 Diskussion 414

Tabelle 5.3.1: Komponenten transformationaler Selbstinterpretation – Inhalt und Darstellung


Inhalt: Was wird im Verhalten zum Darstellung der Inhalte: Wie wird die Wirkung
Ausdruck gebracht? auf andere erzielt?
Bereiche

Selbstbilder, Grundlegende Kompeten- Selbstdarstellungskompetenzen, Takti-


zen und Motive, Einstellungen und Vor- ken/Strategien/Stile und Motive der Selbstdarstel-
stellungen der Führungsperson lung
Komponente 1 Komponente 2
- Auf das Wohl der Gemeinschaft aus- - Modellhaftes Verhalten, Role modeling, Excem-
Einfluss durch Vorbildlichkeit und Galubwürdigkeit

gerichtete Werte und Überzeugungen plification (vgl. Conger & Kanungo, 1988; Gard-
(vgl. Bass & Steidlmeier, 1999) ner & Avolio, 1998; House, 1977; House &
- Positives Selbstwertgefühl (vgl. Gard- Shamir, 1993; Jones & Pittman, 1982)
ner & Avolio, 1998) - Einsatz von Symbolen (Gardner & Avolio, 1998)
Idealized Influence („Erstes I“):

- Starkes Machtmotiv (vgl. Gardner & - Darstellung von Glaubwürdigkeit (vgl. Laux &
Avolio, 1998) Schütz, 1996): Konsistenz des Verhaltens über
- Erwünschte, ideale und normative die Zeit; Kongruenz zwischen dem, was die Füh-
Selbst- beziehungsweise Identitätsbil- rungskraft tut und sagt; Kongruenz zwischen
der: vertrauens- und glaubwürdig; mo- dem, was die Führungskraft tut und was sie von
ralisch und vorbildlich; angesehen und den Geführten fordert
einflussreich; kompetent (vgl. Gardner - Self-monitoring als Einflussvariable auf den
& Avolio, 1998) Prozess der „leader identification“ (vgl. Gardner
- Bereitschaft, persönliches Risiko & Avolio, 1998)
einzugehen (vgl. Conger & Kanungo, - Akquisitive Selbstüberwachung und Persönlich-
1987, 1994) keitsdarstellung; Darstellung von Authentizität
(vgl. Laux & Renner, 2002)
- Stimmige Führung und Selbstinterpretation (vgl.
Riedelbauch & Laux, 2011)
- Risk taking und self-sacrificial behavior (vgl.
House & Shamir, 1993; Sashkin, 1988)
Komponente 3 Komponente 4
Attraktive Vision entwerfen: Attraktive Vision kommunzieren:
- Ideologisches Ziel mit moralischen - Einsatz von „vision-promotion“ als assertive
Bezügen (vgl. Bass & Steidlmeier, Selbstdarstellungsform (vgl. Gardner & Avolio,
1999; Kanungo, 2001) 1998)
An attraktive Vision glauben: - Verbale und rhetorische Fähigkeiten (z.B. sym-
- Optimismus und Zuversicht der Füh- bolisieren, Metaphern bilden) und unterstützende
Motivation durch begeisternde Visionen
Inspirational Motivation („Zweites I“):

rungsperson (Bass, 1985, 1990) Körpersprache (vgl. Conger & Kanungo, 1988,
- Hohes Selbstwirksamkeitserleben der 1994; Gardner & Avolio, 1998; House, 1977,
Führungsperson (vgl. Bandura, 1977, House & Shamir, 1993)
1997)
Attraktive Vision verfolgen:
- Strategische Zielorientierung und
visionäre Kompetenzen (Conger &
Kanungo, 1988, 1994)

Emotionale Intelligenz: eigene Emotio- Eigene positive Emotionen darstellen und positive
nen und Emotionen anderer erkennen, sie Emotionen bei anderen wecken:
nutzen und regulieren können (vgl. - Tendenz zur Mood Manipulation (vgl. Norton,
Salovey & Mayer, 1990) 1983): Positive Stimmung im Team aufbauen
und aufrecherhalten
- Emotionsdarstellung/Emotionsausdruck (vgl.
Laux & Weber, 1993)
- Histrionische Selbstdarstellung beziehungsweise
Einsatz von Als-ob-Verhalten zum Spannungs-
aufbau (vgl. Renner, 2006)
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 415

Fortsetzung Tabelle 5.3.1


Inhalt: Was wird im Verhalten zum Aus- Darstellung der Inhalte: Wie wird die
Bereiche druck gebracht? Wirkung auf andere erzielt?
Selbstbilder, grundlegende Kompetenzen und (Selbst-)Darstellungskompetenzen, Takti-
Motive, Einstellungen und Vorstellungen der ken/Strategien/Stile und Motive der
Führungsperson (Selbst-)Darstellung
Komponente 5 Komponente 6
Intellectual Stimulation („Drittes I“):
Anregung von Eigenverantwortung

- Fähigkeit zum Perspektivenwechsel und - Meinung und Feedback der Mitarbeiter


mentale Flexibilität (vgl. Bass & Avolio, aktiv einholen
und unabhängigem Denken

1994) - Eigene Wahrnehmungen, Interpretatio-


- Problemsensitivität sowie Beobachtung von nen und Sichtweisen zum Ausdruck
und Gespür für Umweltbedingungen bringen und hinterfragen (lassen)
(vgl. Conger & Kanungo, 1988, 1998; - Entscheidungsfindung moderieren
Sashkin, 1988) - Unkonventionelles Verhalten zur Zieler-
- Zusammenbringen von Sachverhalten als reichung zeigen (vgl. Conger &
kreativer Transformationsprozess Kanungo, 1988, 1994)
(vgl. Renner, 2006)
- Selbstbild der Führungskraft als Feedback-
nehmer: Offenheit für die Meinung anderer

Komponente 7 Komponente 8
- Empathie als Aspekt der interpersonellen, - Akzeptanz, Respekt und Vertrauen
Individualized Consideration („Viertes I“):

emotionalen Intelligenz (vgl. Conger & gegenüber Mitarbeitern ausdrücken (vgl.


Individuelle Berücksichtigung und

Kanungo, 1988; Salovey & Mayer, 1990) House, 1977; Sashkin, 1988)
Förderung von Mitarbeitern

- Fähigkeit zum aktiven Zuhören - Zeit in die individuelle Entwicklung der


- Interesse an den einzelnen Geführten und Mitarbeiter investieren (vgl. Bass, 1985)
Vertrauen in deren Entwicklungsfähigkei- - Eigenverantwortung an die Mitarbeiter
ten (vgl. Bass, 1985; Sashkin, 1988) übertragen: Empowering (vgl. Conger &
- Diagnostische Fähigkeiten: Ressourcen, Kanungo, 1988; House & Shamir, 1993)
Bedürfnisse, Werte und Potenziale von - Hohe Erwartungen formulieren (vgl.
Mitarbeitern erkennen (vgl. Conger & House, 1977) beziehungsweise produk-
Kanungo, 1988, 1994) tive self-fulfilling prophecies gezielt
- Wahrnehmungssensibilität als Teilaspekt nutzen (Pygmalion Leadership style;
der akquisitiven Selbstüberwachung vgl. Eden, 1991)
(vgl. Laux & Renner, 2002)
- Selbstbild der Führungskraft als Coach und
Feedbackgeber

5.3.1.3 Prozesse transformationaler Selbstinterpretation


In Abschnitt 1.2.5 wurden die Prozesse der Selbstinterpretation dargestellt: Die Selbstdarstel-
lung als Weg von innen nach außen beschreibt die Auswahl, Gestaltung und Wiedergabe der
Selbstbilder einer Führungsperson. Die Selbstbewertung als Weg von außen nach innen umfasst
die Selbstwahrnehmung und -bewertung sowie die Wahrnehmung und Bewertung sozialer
Rückmeldung. Die Art und Weise, wie diese beiden Prozesse in wiederholten Interaktionen mit
bestimmten Personengruppen stattfinden, beschreibt den Selbstinterpretationsstil einer Person.
Die Prozesse transformationaler Selbstinterpretation basieren auf den acht aufgezeigten
Komponenten. Die Inhalte der vier transformationalen Prinzipien (Komponenten 1, 3, 5 und 7)
sind den aktuellen und habituellen Personmerkmalen der Führungsperson zuzuordnen. Der Dar-
stellungsaspekt (Komponenten 2, 4, 6 und 8) beschreibt die Art und Weise des Prozesses 1 der
transformationalen Selbstinterpretation, den Weg von innen nach außen. Die Art und Weise,
wie die Führungsperson soziale Rückmeldung interpretiert und diese in ihr Selbstkonzept inte-
griert, hängt wiederum von den Inhalten der transformationalen Selbstinterpretation ab (siehe
Abbildung 5.3.4).
5 Diskussion 416

Prozess 2:
Inhaltsaspekt Weg von außen nach innen
transformationaler Fremdbilder
Selbstinterpretation
(Komponenten Darstellungsaspekt
1, 3, 5 und 7) Fremdbilder
transformationaler
Selbstinterpretation
Führungsperson (Komponenten Fremdbilder
mit 2, 4, 6 und 8)
habituellen und
aktuellen Interaktionspartner /
Prozess 1:
Personmerkmalen Außensicht
Weg von innen nach außen

Abbildung 5.3.4: Zuordnung der acht Komponenten zu den Prozessen transformationaler Selbstinterpreta-
tion

5.3.1.4 Ergebnisse transformationaler Selbstinterpretation

a) Transformationale Führungsidentität auf Individuumsebene


Wie in Abschnitt 1.2.5.3 dargestellt, stellt der Selbstinterpretationsstil einen zentralen Einfluss-
faktor auf die Etablierung individueller, sozial konstruierter Identitäten dar. Nach dieser Identi-
tätsauffassung wird berufliche Identität, z.B. Führungsidentität, immer im Austausch mit ande-
ren konstruiert. Ohne Interaktionspartner als Adressaten der Selbstdarstellung und als Sender
sozialer Rückmeldung könnte eine Person keine Teilidentität als Führungskraft entwickeln. Die
Selbstinterpretation fungiert dabei als zentraler Vermittler zwischen Selbst- und Fremdbildern
und ist gleichzeitig abhängige und unabhängige Variable im Veränderungs- und Anpassungs-
prozess des Selbstkonzeptes und der Fremdbilder.
In der dynamischen Interaktion zwischen der Führungsperson und ihren beruflichen
Interaktionspartnern kann die Führungsperson eine spezifische Teilidentität als transfor-
mationale Führungspersönlichkeit entwickeln. Dieser Prozess wird bei Gardner und Avolio
(1998) als leader identification bezeichnet. Die Führungsperson hat die Möglichkeit, diesen
Prozess durch den gezielten Einsatz von Selbstdarstellungsverhalten zu beeinflussen und auf die
Etablierung einer erwünschten Führungsidentität hin auszurichten. Dafür ist es notwendig, dass
die Führungsperson eine möglichst konkrete Vorstellung ihrer erwünschten sozialen Identität
hat (vgl. Bozeman & Kacmar, 1997). Ist dies der Fall, so kann sie ihre Wahrnehmung ihrer ak-
tuellen Identität mit der angestrebten Identität abgleichen. Die jeweilige aktuell konstruierte
soziale Identität kann z.B. im Rahmen eines Führungsfeedbacks transparent gemacht werden, so
dass die Führungsperson nicht nur auf ihre subjektive Wahrnehmung angewiesen ist. Je nach
Art und Ausmaß der Diskrepanz zwischen Ist- und Soll-Zustand der Führungsidentität kann die
Führungsperson ihre Selbstdarstellung modifizieren. Bozeman und Kacmar (1997) unterschei-
den diesbezüglich vier verschiedene Funktionen von Selbstdarstellung zur aktiven Identitätsre-
gulation, die sie als Identity Enhancement, Identity Protection, Identity Adjustment und Identity
Maintenance bezeichnen (siehe 1.3.2.1).
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 417

Gerade der Darstellungsaspekt der Komponenten transformationaler Selbstinterpretation spielt


also eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, eine transformationale Führungsidentität anzu-
streben, zu etablieren, wiederherzustellen oder aufrechtzuerhalten. Auf der anderen Seite basiert
die jeweils individuelle Konstellation der Darstellungskomponenten beim Prozess von innen
nach außen auf den jeweiligen Inhalten transformationaler Führungskomponenten. So wird eine
Führungsperson beispielsweise nur solche Selbst- und Rollenbilder vermitteln können, über die
sie als konkrete personalisierte Zielrepräsentationen (siehe 1.3.3.1) auch verfügt. Die Komplexi-
tät des Selbstkonzepts spielt daher für den Einsatz der Darstellungskomponenten eine entschei-
dende Rolle (vgl. Sosik et al., 2002): Je differenzierter die angestrebten Selbst- und Rollenbilder
sind, desto genauer kann die Darstellung auf eine erwünschte Identität hin ausgerichtet werden
(siehe 1.3.2.2).

Insgesamt resultiert auf Individuumsebene


 aus der individuellen Konstellation der Komponenten transformationaler Selbstinterpre-
tation
 in wiederkehrenden Prozessen der Selbstinterpretation
 eine einzigartige transformationale Führungsidentität
 als gemeinsame Konstruktion der Führungspersönlichkeit und ihrer Interaktionspartner
 in einem spezifischen organisationalen Kontext.

b) Ergebnisse transformationaler Selbstinterpretation auf Unternehmensebene


Betrachtet man die Komponenten und Prozesse transformationaler Selbstinterpretation nicht nur
auf der Ebene der einzelnen Führungsperson und deren Interaktionspartnern, sondern auf der
Ebene des Gesamtunternehmens, so werden zwei Aspekte deutlich: Erstens konstruiert auch das
Gesamtsystem Unternehmen durch seine spezifische Form der Außendarstellung eine Unter-
nehmensidentität. Zweitens wirkt sich ein transformationaler Selbstinterpretationsstil einer Füh-
rungsperson der höheren Hierarchiebene auf die Art und Weise der Selbstinterpretation der Füh-
rungspersonen untergeordneter Hierarchieebenen aus.

Transformationale Unternehmensidentität
Ähnlich wie das Individuum im sozialen Kontext dazu gezwungen ist, Bilder der eigenen Per-
son auszuwählen und nach außen zu vermitteln, so muss auch ein Unternehmen seine Auffas-
sungen über die eigenen Merkmale nach außen tragen. Mit dem Begriff der Unternehmensiden-
tität oder Corporate Identity werden diese Selbstdarstellungsaspekte auf Unternehmensebene
angesprochen. Nach Birkigt und Stadler (2000) wird Unternehmensidentität definiert als
die strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise ei-
nes Unternehmens nach innen und außen auf Basis einer festgelegten Unternehmensphilo-
sophie, einer langfristigen Unternehmenszielsetzung und eines definierten (Soll-)Images –
mit dem Willen, alle Handlungsinstrumente des Unternehmens in einheitlichem Rahmen
nach innen und außen zur Darstellung zu bringen (S. 18).
Diese Definition von Unternehmensidentität betont den Prozess der Identitätskonstruktion auf
organisationaler Ebene. Andere Definitionen beziehen sich eher auf das Ergebnis der Identitäts-
konstruktion, in dem sie die Corporate Identity eines Unternehmens beschreiben als die „Sum-
me seiner Eigenschaften […], die seine Unternehmenspersönlichkeit ausmacht und die es von
anderen Unternehmen derselben Branche differenziert“ (Schweiger & Schrattenecker, 2005, S.
5 Diskussion 418

106). Nach dieser Definition findet die Corporate Identity auf Unternehmensebene ihre Entspre-
chung in einer kohärenten Führungsidentität auf der Ebene des Individuums.
Unternehmenskultur, -philosophie und -identität als Phänomene des Gesamtsystems
bilden den Rahmen für die Identitätskonstruktion auf Individuumsebene. Individuelle Vorstel-
lungen und soziale Aushandlungen mit den Interaktionspartnern darüber, wer man ist, sein soll-
te, möchte und könnte und welche Wege zum angestrebten Ziel führen, finden auf der Ebene
der einzelnen (Führungs-) Person genauso statt wie auf der Ebene des Gesamtsystems. Reale,
normative und mögliche Selbst- und Rollenbilder müssen von der Führungsperson also stets im
organisationalen Gesamtkontext interpretiert und ausgedrückt werden.
Ein Unternehmen, das transformationale Führungsbausteine in seine Führungsphiloso-
phie auf allen Ebenen integriert, vermittelt Mitarbeitern, Kunden und der Gesellschaft ein ein-
heitliches Bild: Das Bild eines Unternehmens, das zuversichtlich in die Zukunft schaut, in dem
das Personal gemeinschaftlich für ein gemeinsames Ziel arbeitet und welches den unterneh-
mensinternen intellektuellen Ressourcen, der Flexibilität und der Entwicklung des Personals
Priorität einräumt (vgl. Bass, 1990). Insgesamt birgt der Aufbau einer transformationalen Un-
ternehmensidentität das Potenzial, positive Ergebnisse für das Unternhemen auf verschiedenen
Ebenen mit sich zu bringen:
The new model of transformational leadership presents opportunities for enhancing a cor-
poration‟s image and for improving its success in recruitment, selection, and promotion.
This model also has implications for the organization‟s training and development activities
and for the design of its jobs and organizational structure (Bass, 1990, p. 25).

Ausbreitung transformationaler Führung


„Leadership makes its presence felt throughout the organization and its activities“ (Bass, 1990,
p. 25). Nicht nur die unmittelbar Geführten profitieren nach dieser Auffassung von Bass von der
transformationalen Führung ihres Vorgesetzten. Werden transformationale Führungsprinzipien
im Unternehmen von einer einflussreichen Person vorgelebt, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch,
das sie von anderen Personen übernommen werden und sich damit im Unternehmen „ausbrei-
ten“. So tendieren Führungspersonen dazu, ihren eigenen Führungsstil an dem ihres direkten
Vorgesetzten auszurichten (vgl. Bass, 1990). Somit werden Führungskräfte auf einer unteren
Führungsebene eher transformational führen, wenn dies auch die Führungskräfte auf den höhe-
ren Führungsebenen tun. Die Relevanz des Modellcharakters transformationaler Selbstinterpre-
tation wurde bereits in Abschnitt 5.2.1.3 angesprochen: Soll der Einsatz der Komponenten
transformationaler Selbstinterpretation in einem Unternehmen gefördert werden, so ist es wich-
tig, Personen aller Hierarchiebenen mit einzubeziehen. So wurde die Schlussfolgerung gezogen,
dass insbesondere in mittleren Unternehmen die Unternehmensführung transformationale Füh-
rungsprinzipien vorleben und die Bereitschaft zeigen sollte, das eigene Führungsverhalten kri-
tisch hinterfragen zu lassen und weiterzuentwickeln.
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 419

5.3.2 Grundzüge eines Coachingkonzepts zur individuellen Förderung


transformationaler Selbstinterpretation

Im Theorieteil wurden in Abschnitt 1.1 Ansätze zur Förderung transformationalen Führungs-


verhaltens beschrieben, in Abschnitt 1.5 wurden die Grundlagen von Führungskräftecoaching
im Allgemeinen sowie von Persönlichkeitscoaching im Speziellen skizziert. Daraus wurden
jeweils grundlegende Annahmen und offene Fragen zur Förderung transformationaler Führung
abgeleitet. Die offenen Fragen zur generellen Wirksamkeit von Interventionsmaßnahmen und
zur spezifischen Wirksamkeit von Einzelcoachings zur Förderung transformationaler Führung
auf mittlerer und unterer Hierarchieebene wurden dem empirischen Teil der Arbeit als Frage-
stellung zu Grunde gelegt und in Abschnitt 5.1 zusammenfassend beantwortet. Auf der Basis
der empirischen Erkenntnisse der Arbeit kann interpretiert werden, dass die durchgeführten
Einzelcoachings in der Evaluationsstudie in ihrer Grundkonzeption weniger auf die spezifische
Förderung transformationaler Führungskompetenzen, sondern eher auf die individuellen Ziele
der Coachingteilnehmer ausgerichtet waren. Bei der Darstellung des Persönlichkeitscoachings
in Abschnitt 1.5.3 wurde deutlich, dass das Ziel des Coachingansatzes darin besteht, Führungs-
personen bei der Klärung und Modifikation ihrer individuellen Selbstinterpretation in der Füh-
rungsrolle zu unterstützen, um die Etablierung einer stimmigen Führungsidentität zu ermögli-
chen. Im Folgenden wird daher ein Vorschlag ausgearbeitet, wie die individuelle Selbstinterpre-
tation mit Hilfe des Persönlichkeitscoachings auf transformationale Führungsprinzipien hin
ausgerichtet und damit die Entwicklung einer transformationalen Führungsidentität gefördert
werden kann. Die beschriebenen Merkmale des Coachingkonzepts und entsprechende Hand-
lungsanweisungen auf verschiedenen Ebenen (Rahmenmerkmale, Prozessgestaltung, Prozessab-
lauf, Coachingmethoden) können als technologische Hypothesen (vgl. Bortz & Döring, 2006)
aufgefasst werden, die in nachfolgenden Untersuchungen überprüft werden könnten.
In Abschnitt 5.3.2.1 werden zentrale Merkmale des Coachingskonzepts aufgezeigt, das
als Persönlichkeitscoaching zur Förderung transformationaler Selbstinterpretation (PC-T) be-
zeichnet wird. Abschnitt 5.3.2.2 widmet sich den Zielsetzungen, der Zielgruppe und den poten-
ziellen Coachinganlässen. In Abschnitt 5.3.2.3 werden Prinzipien der Prozessgestaltung be-
schrieben, die aufzeigen, wie im Coaching vorgegangen werden kann. Der mögliche Ablauf des
PC-T wird in Abschnitt 5.3.2.4 dargestellt und damit auf die Frage eingegangen, was im PC-T
wann gemacht werden könnte. In Abschnitt 5.3.2.5 werden Module zu den vier Bereichen
transformationaler Selbstinterpretation vorgeschlagen, bevor in Abschnitt 5.3.2.6 Empfehlungen
zum Einsatz von Coachingmethoden gegeben werden.

5.3.2.1 Persönlichkeitscoaching zur Förderung transformationaler Selbstinterpretation


(PC-T)
Persönlichkeitscoaching (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011) zielt darauf ab, dem Coaching-
teilnehmer durch eine systematische Klärung und Modifikation der Komponenten und Prozesse
der Selbstinterpretation zur Etablierung einer stimmigen Führungsidentität zu verhelfen. Das
praktische Vorgehen im Persönlichkeitscoaching leitet sich aus dem dynamischen Interaktions-
modell der Selbstinterpretation ab, das in Abschnitt 1.2.6 zusammenfassend dargestellt wurde.
Dem Coachingansatz liegt die Annahme zu Grunde, dass die Etablierung einer Führungsidenti-
tät, die als soziale Konstruktion der Interaktionspartner aufgefasst wird, gezielt beeinflusst wer-
den kann. In einem Acht-Schritte-Modell werden die Einzelkomponenten und Prozesse der
Selbstinterpretation sukzessive zum Gegenstand der Coachingarbeit gemacht und der
5 Diskussion 420

Coachingteilnehmer wird dazu angeleitet, einen persönlichen Identitätsentwurf zu formulieren


und anzustreben (siehe 1.5.3).
Damit eignet sich die Coachingkonzeption in besonderem Maße, für die Förderung der
spezifischen Komponenten transformationaler Selbstinterpretation adaptiert und zur gezielten
Etablierung einer transformationalen Führungsidentität genutzt zu werden. Im Folgenden soll
daher geklärt werden, wie eine Führungsperson im Persönlichkeitscoaching bei der
transformationalen Ausgestaltung der Führungsrolle unterstützt werden kann. Da Coaching im
Allgemeinen an den Belangen, Ressourcen und Zielen des jeweiligen Individuums orientiert ist,
ist die Ausrichtung der Coachingarbeit an einem vorgegebenen Führungsmodell durchaus kri-
tisch zu sehen. In Abschnitt 5.1.1.5 wurde daher zunächst der Frage nachgegangen, inwieweit
individuelle Coachinganliegen und -themen mit dem transformationalen Führungsmodell zu-
sammenhängen. Es wurde deutlich, dass die Themen und Anliegen der Führungskräfte der
Stichprobe hauptsächlich aus spezifischen Anlässen resultierten, die im Arbeitskontext der Teil-
nehmer verankert waren und weniger aus dem Führungsstilprofil im MLQ abgeleitet wurden.
Dennoch ließen sich die individuellen Coachingziele weitgehend einzelnen transformationalen
Führungsstilen zuordnen, die für die jeweiligen Coachingteilnehmer im Coaching im Vorder-
grund standen. Die Ausrichtung der Coachingarbeit am transformationalen Führungsmodell
bietet damit die Möglichkeit, individuelle Zielsetzungen der Coachingteilnehmer mit Erkennt-
nissen der empirischen Führungsforschung abzugleichen. Der gemeinsamen Coachingarbeit
wird damit explizit ein Rahmenmodell „guter“ Führung zu Grunde gelegt. Damit ist nicht fest-
gelegt, inwieweit der Coachingteilnehmer einzelne transformationale Führungsprinzipien in sein
Führungsrepertoire übernehmen kann und möchte und wie er die einzelnen Komponenten aus-
gestaltet. Ausgangspunkt für die Coachingarbeit bleiben immer die individuellen Themen und
Anliegen des jeweiligen Coachingteilnehmers. Transformationale Führungsprinzipien werden
zusätzlich eingeführt, um neue Wege zur Bewältigung von Krisen oder Orientierungspunkte
beim Streben nach Verbesserungen zu identifizieren.

5.3.2.2 Zielsetzungen, Zielgruppe und Coachinganlässe

a) Zielsetzungen
Im PC-T wird eine bedarfsgerechte Erweiterung der individuellen Kompetenzen in den vier
Bereichen transformationaler Führung angestrebt. Der Bedarf ergibt sich aus dem individuellen
Profil in den „vier Is“ transformationaler Führung, das mit dem MLQ erfasst werden kann sowie
aus den persönlichen Anliegen, die die Führungskraft mit ins Coaching bringt. Es geht darum,
die Handlungsalternativen des Klienten auszubauen und damit die Wahlmöglichkeiten zu erwei-
tern, nicht darum, bisheriges Führungsverhalten „umzukrempeln“: Verfügt die Führungkraft
über ein größeres Führungs- und Selbstdarstellungsrepertoire, so kann sie sich in verschiedenen
Führungsituationen jeweils für das Verhalten entscheiden, das den Situationsanforderungen und
der eigenen Persönlichkeit am Ehesten entspricht. Die zentralen Ziele von Coaching lassen sich
nach Schreyögg (2003) und Rauen (2008) folgendermaßen zusammenfassen und auf den Ansatz
des PC-T übertragen:
 Förderung beruflicher Selbstgestaltungspotenziale und Erhöhung der Effizienz: Die Füh-
rungsperson wird unterstützt, alle ihre Aufgaben möglichst zielgerecht und mit möglichst
sparsamem Ressourcenaufwand wahrzunehmen. Durch die Erweiterung des Führungs-
spektrums kann die Führungsperson die Führungsrolle flexibel – passend zu Merkmalen der
eigenen Persönlichkeit und passend zu Anforderungen des jeweiligen situativen Kontextes –
gestalten.
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 421

 Humanisierung: Coaching soll eine menschengerechte Gestaltung der Arbeit in der Organi-
sation unterstützen. Dies entspricht den empirisch nachgewiesenen Effekten
transformationaler Führung, wie z.B. eine erhöhte Arbeitszufriedenheit.
 Wahlmöglichkeiten vergrößern: Generell soll Coaching zu einer Vergrößerung der Wahl-
möglichkeiten des Klienten auf den Ebenen des Denkens, der Wahrnehmung und des Han-
delns beitragen. PC-T setzt sowohl an den Inhalts- als auch an den Darstellungskomponen-
ten der vier Bereiche transformationaler Führung an. Damit bezieht es sich sowohl auf die
Ebene des innerspsychischen Geschehens als auch auf interpersonelle Kompetenzen und
wahrnehmbares Verhalten.
Übergeordnete Zielsetzung des PC-T ist die Erweiterung des Führungsrepertoires, indem indi-
viduelle Kompetenzen, Selbstbilder und Motive auf der Darstellungs- und Inhaltsebene der
Komponenten transformationaler Selbstinterpretation gefördert und aktiviert werden.

b) Zielgruppe
Die Teilnahme am PC-T eignet sich prinzipiell für Führungspersonen unterschiedlicher Organi-
sationen, unabhängig von der Hierarchieebene, der Führungsspanne und der Führungserfahrung.
Da aber die Erfahrungen, aus denen das Coachingkonzept hergeleitet wird, hauptsächlich aus
der Arbeit mit Führungspersonen der unteren und mittleren Führungsebene in mittleren Unter-
nehmen stammen, ist diese Zielgruppe sicherlich zunächst in den Fokus des PC-T zu stellen.
Darüber hinaus wurde im empirischen Teil der Arbeit deutlich, dass Einzelcoachings zur Förde-
rung transformationaler Führung insgesondere dann hoch wirksam sind, wenn sie begleitend zur
Übernahme einer neuen Führungsposition eingesetzt werden.
Insgesamt eignet sich das PC-T für Führungspersonen, die
 bereit sind, ihr bisheriges Führungsverhalten kritisch zu hinterfragen, ihre eigenen Stärken
systematisch zu nutzen und identifizierte Entwicklungsbereiche aktiv anzugehen,
 eine Weiterentwicklung mit ihren Mitarbeitern hin zu gemeinsamen Zielen anstreben,
 ihr Führungsrepertoire erweitern wollen, um die Führungsrolle flexibel, persönlichkeits-
und situationsgemäß ausgestalten zu können,
 bereit sind, ein besonderes Augenmerk auf ihre Art und Weise der Selbstdarstellung in der
Führungsrolle zu richten,
 bereit dazu sind, mit ihren individuellen Möglichkeiten zur Umsetzung transformationaler
Führungsprinzipien zu experimentieren.

c) Coachinganlässe
Legt man die Einteilung von Coachinganlässen von Schreyögg (2003) zu Grunde, so steht im
PC-T eher die Suche nach Verbesserungen als die Bewältigung von Krisen im Vordergrund.
Das Coachingkonzept versteht sich damit eher als ein prospektiver Ansatz der Führungskräfte-
entwicklung, der die Führungsperson dazu befähigen soll, mit zukünftigen Herausforderungen
in der Führungsrolle besser umgehen zu können. Allerdings wird in Abschnitt 5.3.2.3 auch auf-
gezeigt, dass transformationale Selbstinterpretation als spezifische Form der Bewältigung beruf-
licher Stressoren aufgefasst und damit als Strategie zur Bewältigung von Krisen gefördert wer-
den kann. Als idealtypische Anlässe kommen für eine Bearbeitung im PC-T jedoch eher ent-
wicklungsbezogene Themen in Frage, wie z.B.:
 Identifizierung von Stärken und Entwicklungsbereichen im individuellen Führungsprofil.
5 Diskussion 422

 Erweiterung von Kompetenzbereichen wie z.B. Förderung von sozialen Wahrnehmungs-


kompetenzen, Kompetenzen einer glaubwürdigen Selbstdarstellung, Kompetenzen zur
Kommunikation von Visionen.
 Individuelle Potenziale und Führungsressourcen erkennen, zur Gestaltung der Führungsrolle
nutzen und ausbauen.
 Soziale Zusammenhänge bei der Entwicklung beruflicher Identität erkennen und gezielt
beeinflussen.
 Rollen- und Selbstkonzeptklärung als Führungsperson.
 Analyse und gezielte Modifikation von Selbstdarstellungsmustern.
Im PC-T geht es nicht explizit um die Vorbereitung von Entscheidungen, wie z.B. berufliche
Neuorientierung oder Karriereplanung. Es steht auch nicht die Reflexion privater Lebensberei-
che des Klienten im Vordergrund. Themen, die außerhalb der beruflichen Position des
Coachingteilnehmers liegen, werden nur im Zusammenhang mit Fragestellungen zur Führungs-
rolle aufgegriffen. Inhaltlich geht es damit um Führungsthemen und Fragen rund um die Rolle
als Führungskraft. Das persönliche Anliegen, das die Führungsperson mit ins Coaching bringt,
ist zusammen mit einer Analyse des aktuellen Führungsverhaltens Ausgangspunkt der gemein-
samen Arbeit.

5.3.2.3 Prinzipien der Prozessgestaltung


In Abschnitt 1.5.3.4 wurden die zentralen Prinzipien der Prozessgestaltung im Persönlichkeits-
coaching (PC) zusammengefasst. Im Folgenden werden einige dieser Prinzipien für das PC-T
spezifiziert beziehungsweise weitere Prinzipien aufgezeigt, die für das PC-T als grundlegend
angenommen werden.

a) Entwicklung eines persönlichkeitsgemäßen Führungsrepertoires: Individuums-


orientierung
Die Betonung im PC-T liegt auf der individuellen Einzigartigkeit des jeweiligen
Coachingteilnehmers und auf der Bedeutung seiner individuellen Ressourcen. Beim Ausbau des
Führungsrepertoires steht somit nicht die Anpassung des Führungsverhaltens an die Situation,
sondern die Orientierung an der eigenen Persönlichkeit im Mittelpunkt. Es wird von der Not-
wendigkeit eines funktionalen Zusammenspiels von Einzelkomponenten der Persönlichkeit
ausgegangen: Ziel der Coachingmaßnahme ist es deshalb, nicht nur Kompetenzen für eine
transformationale Selbstinterpretation zu entwickeln, sondern eine Integration mit relevanten
Motiven, Selbstbildern und Einstellungen der Person zu erreichen. Im Sinne der Wortbedeutun-
gen von persona werden im Persönlichkeitscoaching sowohl die
 stategische Selbstdarstellung als auch die
 Rolle und Rollenausgestaltung der Führungskraft und die
 Authentizität der Führungsperson als Mensch mit besonderen persönlichen Qualitäten
berücksichtigt (vgl. Laux, 2008).
So steht am Beginn des Coachingprozesses die Erstellung eines individuellen Führungsprofils.
Dabei sollten nicht einzelne Variablen der vier Bereiche transformationaler Rollenausgestaltung
interpretiert, sondern die ermittelten Stärken und Schwächen, Selbstbilder, zu Grunde liegende
Motive und Coachinganliegen in einer Art individueller Mini-Theorie über die aktuelle und
zukünftige Rollenausgestaltung miteinander verknüpft werden. Damit kann im Sinne von
Conger & Kanungo (1988) eine Integration der Komponenten transformationaler Führung er-
folgen, die erst in ihrer individuellen Konstellation eine transformationale Wirkung hervorrufen.
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 423

b) Berücksichtigung individueller Anliegen und Orientierung an persönlichen Zielen


Der Vorteil des PC-T gegenüber etablierten individuellen Beratungs- und Feedbackgesprächen
zur Förderung transformationaler Führung (siehe 1.1.6) liegt darin, dass persönliche Anliegen
der Führungskraft, die über die Themen transformationaler Führung hinausgehen, mitberück-
sichtigt werden können. Im PC-T kann die Führungskraft unterstützt werden, Ziele zu entwi-
ckeln und eigene Lösungen für berufliche Probleme und Anliegen zu finden. Transformationale
Komponenten können dabei entweder als Ansatzpunkte der Problemlösung und der Erreichung
individueller Ziele eine zentrale Rolle spielen. Oder sie werden bedarfsgerecht zusätzlich zu den
individuellen Coachingzielen thematisiert, um eine Ausweitung des Handlungsspektrums und
einen Ausbau des Führungsrepertoires unter innovations- und entwicklungsförderlichem Aspekt
zu unterstützen.

c) Ökonomisches Vorgehen
Der vermutete Vorteil des PC-T gegenüber Gruppen-Workshops zur Förderung
transformationaler Führung liegt darin, dass zum einen ökonomischer, zum anderen spezifischer
auf den individuellen Förderbedarf eingegangen werden kann. So sind die einzelnen Bausteine
auf die individuellen Erfordernisse des Teilnehmers abgestimmt: Es werden nach dem Prinzip
der minimalen Intervention (vgl. Kanfer et al. 2000) nur Interventionen zu denjenigen Kompo-
nenten transformationaler Selbstinterpretation eingesetzt, die für den Teilnehmer mit seinem
spezifischen Anliegen besondere Bedeutung haben.

d) Berücksichtigung von Außen- und Innensicht


Ein zentraler Bestandteil des PC-T ist der Vergleich von Selbst- und Fremdbildern mit Hilfe des
multiperspektivischen Führungsfeedbacks. Zur Erfassung transformationaler Führungskompo-
nenten ist der Einbezug der Außensicht unerlässlich, da sich diese – insbesondere die charisma-
tische Komponente – auch über die Wirkung der Führungsperson auf die Mitarbeiter definieren.
Ausgehend von der systematischen Einteilung des Zusammenhangs von Außen- und Innen-
Sicht im Johari-Fenster (siehe 1.4.2.2), ergeben sich folgende Zielsetzungen:
(1) Vergrößerung des Bereichs der öffentlichen Person: Für eine effektive Zusammenarbeit
muss es einen großen Bereich geben, der den Interaktionspartenr gemeinsam zugänglich ist
(vgl. Luft, 1984). Wenn der Bereich der öffentlichen Person vergrößert wird, sind mehr Res-
sourcen zugänglich und können damit auf die Aufgabe angewandt werden.
(2) Verkleinerung des blinden Flecks: Der Person werden im Coaching Aspekte des eigenen
Verhaltens und der Wirkung auf andere transparent gemacht, die ihr selbst bisher nicht bewusst
waren, die aber das Bild, das andere von ihr haben, erheblich beeinflussen.
(3) Reflexion des Bereichs der Privatperson als Ausgangspunkt strategischer Selbstdarstellung.

e) Handlungsorientierung und Transfersicherung


PC-T versteht sich als berufsbegleitendes Coaching mit dem Augenmerk, die gewonnenen Er-
kenntnisse unverzüglich in der Führungspraxis umzusetzen und Verhaltensänderungen im Füh-
rungsalltag auszuprobieren. Aktuelle Geschehnisse des Führungsalltags werden in das Coaching
einbezogen und für die Erreichung der Entwicklungsziele nutzbar gemacht. Die Verzahnung
von Gespräch und Handlung durch elebnisaktivierende und übende Methoden (siehe 5.3.2.6)
während der Coachingsitzungen soll darüber hinaus Verhaltensänderungen und den Transfer der
Coachinginhalte in den Führungsalltag begünstigen.
5 Diskussion 424

f) Übereinstimmung von Vorgehen und Inhalt im Coaching


Es lassen sich Parallelen zwischen den grundlegenden Prinzipien der Prozessgestaltung des PC
(siehe 1.5.3.4) und den Komponenten transformationaler Selbstinterpretation aufzeigen. Bezie-
hungsgestaltung und Arbeitsweise im Coaching können dem Coachingteilnehmer damit als
Modell für die Umsetzung transformationaler Prinzipien im Führungsalltag dienen, z.B.:
 Die gleichberechtigte Beziehung zwischen Coach und Führungskraft im Coaching dient als
Modell für die Beziehungsgestaltung zu den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter sollen, wie auch
die Führungskraft im Coaching, dazu angehalten werden, kreative Lösungen selbst zu erar-
beiten. Die Führungskraft als Coach zeigt dabei Vertrauen in die Kompetenzen und das
Bemühen der Mitarbeiter.
 Die Individuums- und Ressourcenorientierung im Coaching entsprechen der gewünschten
Haltung der Führungskraft gegenüber ihren Mitarbeitern: Mitarbeiter sollen als Individuen
mit spezifischen Ressourcen und Bedürfnissen verstanden werden. Die Einzigartigkeit eines
jeden Mitarbeiters bedingt, dass jeder Mitarbeiter individuell gefördert werden muss.
 Die Mitarbeiter können bereits im multiperspektivischen Führungsfeedback mittels eigener
Anregungen Verbesserungen initiieren. Dies ist ein erster Schritt zur Förderung der Selbst-
ständigkeit und Partizipation und damit des Empowerment (vgl. Conger & Kanungo, 1988)
der Mitarbeiter.
 Die systematische Nutzung von Feedback aus verschiedenen Perspektiven im Coaching
zeigt dem Coachingteilnehmer auf, welche Vorteile der konstruktive Umgang mit Perspek-
tivenvielfalt für die Zielerreichung bietet.

g) Stressbewältigung (Coping) und transformationale Selbstinterpretation


Effektive Führung lässt sich nur dann realisieren, wenn es der Führungskraft gelingt, erfolgreich
mit unvermeidlichen beruflichen Stress-Situationen umzugehen. In diesem Zusammenhang
stellt sich die Frage, inwieweit die Bewältigung beruflicher Stressoren als Voraussetzung für die
Förderung transformationaler Selbstinterpretation gegeben sein muss oder inwieweit die Förde-
rung transformationaler Selbstinterpretation als spezifische Form des Copings verstanden wer-
den kann. Diese Unterscheidung entspricht den in der Coachingliteratur unterschiedenen Funk-
tionen und Anlässen des Coachings (vgl. Schreyögg, 2003):
 Bewältigung von Krisen: Primäre Funktion von Coaching ist in diesem Kontext die Bewäl-
tigung von individuellen oder kollektiven Problemzuständen. Gemäß dieser Funktion von
Coaching müsste die Führungsperson zunächst unterstützt werden, aktuelle berufliche
Stressoren zu bewältigen, um sich erst in einem nächsten Schritt dem Ausbau eines
transformationalen Selbstinterpretationsstils zuwenden zu können.
 Suche nach Verbesserungen: Coaching dient in diesem Kontext der persönlichen Fortent-
wicklung der Führungskraft. Als mögliche Inhalte von Verbesserungen führt Schreyögg
(2003) z.B. die Flexibilisierung des Coping oder die Implementierung neuer Führungskon-
zepte an. Gemäß dieser Funktion von Coaching kann der Ausbau eines transformationalen
Selbstinterpretationsstils als eine Form der Bewältigung zukünftiger beruflicher Stressoren
verstanden werden.
Coping nimmt also in den Coachingkonzeptionen einen breiten Raum ein, sowohl in Hinsicht
auf die Bewältigung aktueller Problemzustände also auch in Bezug auf einen flexibleren Um-
gang mit zukünftigen Herausforderungen. Im PC-T können demnach zwei Zugänge der Ver-
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 425

knüpfung transformationaler Selbstinterpretation mit der Bewältigung beruflicher Stressoren


unterschieden werden, die im Folgenden skizziert werden:

Gegenwartsbewältigung vor Zukunftsgestaltung


Unter diesem Motto wird die Bewältigung aktueller beruflicher Stressoren als Voraussetzung
dafür angesehen, transformationale Selbstinterpretation im Coaching zu fördern. Ist der
Coachingteilnehmer auf Grund aktueller Stressoren nicht in der Lage, sich auf neue Führungs-
konzepte und Verhaltensweisen einzulassen, so wird im Coaching der Ausbau individueller
Strategien zur Stressbewältigung und zur systematischen Problemlösung vorangestellt. Die Ba-
sis für die gezielte Förderung transformationaler Selbstinterpretation bildet also die Erweiterung
des Spektrums an Bewältigungsstrategien zum Umgang mit aktuellen Problembereichen. Dafür
können z.B. Bausteine aus Programmen zur Stressbewältigung im beruflichen Kontext (z.B.
Barthold & Schütz, 2010, Kaluza, 2004) beziehungsweise systematische Strategien zur Prob-
lemlösung oder Interventionen der lösungsorientierten Kurzzeittherapie herangezogen werden.

Zukunftsgestaltung als Gegenwartsbewältigung


Unter diesem Motto wird die Förderung von Komponenten transformationaler Selbstinterpreta-
tion im Coaching nicht nur als Zusatzbereich aufgefasst, dem sich dann zugewandt wird, wenn
alles andere sowieso läuft. Hingegen wird die transformationale Selbstinterpretation als Form
der Bewältigung beruflichen Stressoren begriffen. In Bezug auf diese Sichtweise des Zusam-
menhangs von Coping und transformationaler Rollenausgestaltung spielen folgende Konzepte
eine Rolle:
 Transformationales Coping beschreibt den Versuch, eine stressreiche Situation in eine Ge-
legenheit und Chance für persönliches Wachstum und zu Gunsten des sozialen Umfeldes
umzuwandeln, also zu transformieren (vgl. Gentry und Kobasa, 1984). Die Idee besteht da-
rin, im Coaching Bewältigungskompetenzen zu entwickelt, die auf eine aktive Gestaltung
der Zukunft ausgerichtet sind. Da transformationale Führung eine gegenseitige Weiterent-
wicklung von Führungskraft und Mitarbeitern anstrebt, schafft sie Voraussetzungen dafür,
anstehende Anforderungen als gemeinsame Herausforderung zu begreifen und das Gestal-
tungspotenzial aller für eine effektive Bewältigung dieser Herausforderungen zu nutzen. Im
Mittelpunkt steht die Überzeugung, dass Veränderung und nicht Stabilität den Normalfall
im Leben darstellt. Gemäß dieser Überzeugung werden Veränderungen als Herausforderung
und als Chance zur Weiterentwicklung interpretiert. Diese Haltung findet sich in den
transformationalen Führungskomponenten wieder.
 Transformationale Rollenausgestaltung wird aus der Perspektive der positiven Psychologie
(vgl. Seligman & Csikszentmihalyi, 2000) und der Salutogenese (vgl. Antonovsky, 1997)
als präventive Form der Bewältigung zukünftiger Stressoren verstanden, die positive Ge-
genakzente zu beruflichen Belastungen setzt. Es geht um den Aus- und Aufbau positiver
Schutzfaktoren und von Ressourcen zum Umgang mit Stressoren. Durch die Konzentration
auf eine positive Zukunft, die als erreichbar konzipiert wird, werden kognitive und verhal-
tensmäßige Ressourcen freigesetzt. Diese tragen dazu bei, mit Herausforderungen im Rah-
men der Flexibilisierung und des schnellen Wandels in der Arbeitswelt umzugehen. Die
saluto-genetische Sichtweise legt nahe, dass eine Schwerpunktsetzung auf Ausgleichsfakto-
ren psychischen Stressempfindens wie Begeisterung, Motivation, Sinnfindung, Selbstwirk-
samkeit und Commitment eine Reduktion psychischer Fehlbelastung bei Führungkraft und
Mitarbeitern bewirken kann.
5 Diskussion 426

 Dyadisches Coping (vgl. Bodenmann & Perrez, 1991; Bodenmann, 1995): Bodenmann
(1995) baut auf der Stresstheorie von Lazarus (1995) auf, entwickelt diese für dyadisches
Coping in Partnerschaften weiter und stellt eine Theorie zur interpersonellen Belastungsbe-
wältigung auf. Dabei versteht Bodenmann (1995) unter dyadischem Coping
Bemühungen eines oder beider Partner, bei individuellen Belastungen des einen Partners
(indirekt dyadischer Stress für den anderen) bzw. bei direkt dyadischem Stress bei der
Stressbewältigung mitzuwirken und durch gezielte Bewältigungshandlungen eine neue
Homöostase des vom Stress primär Betroffenen, des Gesamtsystems bzw. der Beziehung
zwischen dem Paar und seiner Außenwelt herbeizuführen (S. 63).
Die primären und sekundären Einschätzungsprozesse, die Lazarus (1995) für Individuen
annimmt, ergänzt Bodenmann durch gemeinsame Einschätzungsprozesse in der Dyade. Auf
diese Einschätzungsprozesse kann über die Komponenten transformationaler Führung z.B.
durch den Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartungen, Hoffnung auf das Erreichen einer
attraktiven Vision sowie Förderung von Selbstverantwortung Einfluss genommen werden.
In diesem Sinne wird die Interaktion zwischen Führungskraft und Mitarbeitern, die auf den
Komponenten transformationaler Führung beruht, als dyadisches Coping von Führungskraft
und Mitarbeitern verstanden.
 Führungsperson als Bewältigungshelfer. Die zunehmende Komplexität und der schnelle
Wandel in der Arbeitswelt können Mitarbeiter verunsichern. Ein transformational führender
Vorgesetzter vermittelt Orientierung durch die Kommunikation von Visionen, stärkt das
Selbstvertrauen durch individuelle Zuwendung und Förderung, fördert Problemlösekompe-
tenzen durch die intellektuelle Stimulation und fungiert als Orientierungsmodell durch die
charismatische Wirkung.

5.3.2.4 Ablauf des PC-T


Um das PC-T in einem Unternehmen zu implementieren, werden einige vorausgehende Schritte
vorgeschlagen (siehe Punkt a). Der eigentliche Ablauf des PC-T orientiert sich am
achtschrittigen Prozessmodell des Persönlichkeitscoachings (siehe Punkt b).

a) Vorausgehende Schritte zur Implementierung des PC-T im Unternehmen


In Abschnitt 3.3.1 wurde aufgezeigt, wie das transformationale Führungsmodell an unterneh-
mensspezifische Anliegen angepasst werden kann. Soll in einem Unternehmen das PC-T einge-
setzt werden, so sollte vorher geklärt werden, welcher Stellenwert transformationalen Füh-
rungsprinzipien bisher im Unternehmen zukommt und in welchem Zusammenhang
transformationale Führungsprinzipien mit den Führungsleitlinien des Unternehmens stehen.
Darüber hinaus muss die Durchführung multiperspektivischer Führungsfeedbacks im Rahmen
von Einzelcoachings geklärt und die Unterstützung der betroffenen Personen sichergestellt wer-
den. Um die vorausgehenden Schritte zur Implementierung des PC-T in einem Unternehmen
möglichst effizient und systematisch zu vollziehen, werden folgende vorbereitende Arbeiten
vorgeschlagen:
 Entwicklung eines Interviewleitfadens und eines Kurzfragebogens zu folgenden Themen:
explizite Führungsleitlinien; implizite Prototypen von Führung; Rahmenbedingungen für
Führung im Unternehmen: etablierte Führungsinstrumente und festgelegte
Führungsaufgaben; strategische Ausrichtung des Unternehmens in Bezug auf Führung;
bisherige Konzepte der Führungskräfteentwicklung; direktes Erfragen der Relevanz und
Konkretisierung transformationaler Führungskonzepte im Unternehmen.
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 427

 Der Kurzfragebogen könnte im Vorfeld eines ersten Gesprächs an die Unternehmens-


führung und/oder Vertreter der Personalabteilung beziehungsweise an andere
Entscheidungsträger im Unternehmen ausgehändigt werden. Entsprechend der Ergebnisse
des Kurzfragebogens können dann in einem Sondierungsgespräch mit den genannten
Personen die relevanten Teile des Interviewleitfadens durchgeführt und die Inhalte vertieft
werden. Damit wird gewährleistet, das zentrale Aspekte, die für die Implementierung des
PC-T im Unternehmen eine Rolle spielen, systematisch erfragt werden, ohne den
betreffenden Personen einen zu hohen Aufwand zuzumuten.
 Entwicklung eines Interviewleitfadens für potenzielle Coachingteilnehmer: Überprüfung
der teilnehmerspezifischen Relevanz der Komponenten transformationaler Selbstinterpreta-
tion für die individuellen Anliegen und Führungsthemen.
Wurden die grundlegenden Bedingungen im Unternehmen geklärt, so kann mit dem/den betref-
fenden Coachinginteressenten in den Coachingprozess eingestiegen werden.

b) Ablaufmodell des PC-T


In Tabelle 5.3.2 wird ein Ablaufmodell vorgeschlagen, das die acht Schritte des PC mit den vier
Bereichen transformationaler Selbstinterpretation verbindet. Erst nach einem Vorgespräch mit
dem potenziellen Coachingteilnehmer, in dem Informationen ausgetauscht und Rahmenbedin-
gungen geklärt werden, wird über die Zusammenarbeit im Coaching entschieden und eine
schriftliche Coachingvereinbarung zu formalen Aspekten des Coachingprozesses abgeschlos-
sen.
In den eigentlichen Coachingprozess wird mit Schritt 1 des PC eingestiegen: Die Klä-
rung und Festlegung von Coachingthemen erfolgt im PC-T allerdings von voneherein unter
Einbezug des multiperspektivischen Führungsfeedbacks, in dessen Rahmen ein individuelles
Führungsstilprofil erhoben und ausgewertet wird. Auf der Basis der Ergebnisse des MLQ und
offener Fragen im Führungsfeedback sowie auf der Basis einer Problem- und Ressourcenanaly-
se (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011), wird gemeinsam mit dem Coachingteilnehmer eine indivi-
duelle Mini-Theorie zur bisherigen und zukünftigen Rollenaugestaltung erstellt: Es werden Zu-
sammenhänge zwischen der individuellen Ausprägung in den Bereichen transformationaler
Führung und der Ausgangssituation, den Selbstbildern, Ressourcen und den Anliegen der Füh-
rungskraft herausgearbeitet. Auf dieser Basis sollen zum Ende der zweiten Sitzung in einem
schriftlichen Aktionsplan Coachingthemen festgelegt, erste Ziele formuliert und über einzuset-
zende Coachingmodule entschieden werden.
In den Sitzungen 3 bis 10 werden die Schritte 2 bis 8 des Persönlichkeitscoachings
durchlaufen (siehe 1.5.3.3). Die inhaltliche Ausrichtung der Bearbeitung der Leitfragen wird
davon abhängig gemacht, welche Komponenten transformationaler Selbstinterpretation für die
Bearbeitung im Coaching ausgewählt wurden. Für die Bearbeitung der Komponenten aus den
vier Bereichen transformationaler Selbstinterpretation werden vier Coaching-module vorge-
schlagen (siehe 5.3.2.5). Je nach Coachinganlass kann darüber hinaus ein Basismodul zur
Stressbewältigung und Ressourcenaktivierung vorangeschaltet werden.
In der elften Sitzung wird das Coaching abgeschlossen. Veränderungen in Bezug auf die
Coachingziele werden reflektiert und weitere Schritte für die Umsetzung der Coachinginhalte
im Berufsalltag festgehalten. Nach ca. drei bis sechs Monaten wird ein zweites multiperspekti-
visches Führungsfeedback durchgeführt, um für die Personen des Arbeitsumfeldes beobachtbare
Veränderungen im Führungsverhalten zu erfassen. In einer Follow-up-Sitzung werden die Er-
gebnisse zurückgemeldet und mit den individuellen Coachingzielen abgeglichen.
5 Diskussion 428

Tabelle 5.3.2: Ablaufmodell des PC-T


Phasen/ Sitzungen/ Inhalte
Schritte Themen
Kontaktaufnahme & - Gegenseitiges Kennenlernen; Rollenklärung
Information über Coachingkonzept und -ablauf
Orientierungs-

Vorgespräch: Infor- -

mation und Kennen- - Klärung von Rahmenbedingungen


phase

- Erste Klärung von Anlässen, Anliegen, Erwartungen und


lernen Zielen
Entscheidung über die Zusammenarbeit im Coaching; Vertragsschluss zu formalen
Aspekten des Coachingprozesses: Coachingvereinbarung
Sitzung 1: - Klärung der Ausgangssituation/Problem- und Ressourcen-
Bestimmung des Ist- analyse
- Vorbereitung des multiperspektivischen Führungsfeed-
Zustands
backs I
Zwischen den Sit- - Ggf. Termin zur Information der Mitarbeiter über das mul-
zungen: tiperspektivische Führungsfeedback und Ausgabe der Fra-
Schritt 1: Festlegung von Coachingthemen,

Multiperspektivi- gebogen
- Bearbeitung des Fragebogens (Items des MLQ und offene
Potenzialanalyse und Zielklärung

sches Führungs- Fragen zu den vier Bereichen transformationaler Führung)


feedback I - Weiterleitung des Fragebogens an den Coach/Auswertung
des Führungsfeedbacks
- Integration der Ergebnisse und Erstellen eines individuel-
len Führungsprofils
Sitzung 2: - Differenzierte Rückmeldung der Ergebnisse aus dem mul-
Führungsanalyse tiperspektivischen Führungsfeedback I
- Analyse von Ressourcen und von Entwicklungsbereichen
und Aktionsplan
- Abgleich von Selbst- und Fremdeinschätzung
- Erstellen einer individuellen Mini-Theorie zur aktuellen
und zukünftigen Rollenausgestaltung: Zusammenhang
zwischen der individuellen Ausprägung in den Bereichen
transformationaler Führung, den Selbstbildern, der Aus-
gangssituation, den Ressourcen und den Anliegen der Füh-
rungskraft.
- Aktionsplan: Festlegung von Coachingthemen; Festle-
gung zu fördernder Komponenten transformationaler Füh-
rung; Zielklärung und Zielformulierung; Entscheidung
über einzusetzende Coachingmodule
Sitzung 3 bis Konzentration auf ausgewählte Coachingmodule in den
Modifikation der Komponen-
Schritte 2 bis 8: Klärung &

Sitzung 10 Schritten 2 bis 8


ten transformationaler
Selbstinterpretation

Bearbeitung der - Basismodul: Stressbewältigung und Ressourcenaktivierung


Leitfragen der acht - Modul 1: Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwür-

Schritte des PC in digkeit


- Modul 2: Motivation durch begeisternde Visionen
Bezug auf ausge- - Modul 3: Anregung von Eigenverantwortung und unab-
wählte Komponen- hängigem Denken
ten transfor- - Modul 4: Individuelle Berücksichtigung und Förderung
mationaler Selbstin- von Mitarbeitern
terpretation Erarbeitung von Umsetzungsschritten im Berufsalltag
Sitzung 11: - Reflexion der Veränderungen in Bezug auf die
Abschluss des Coa- Coachingziele
- Transfersicherung: Festhalten der nächsten Schritte für die
chings
Umsetzung der Coachinginhalte im Berufsalltag
Abschluss und
Evaluation

Transferphase Umsetzung der Coachinginhalte im Berufsalltag


Follow-up-Termin - Multiperspektivisches Führungsfeedback II: Rückmeldung
(nach ca. drei bis der Ergebnisse unter besonderer Berücksichtigung von
sechs Monaten) Veränderungen
- Reflexion der Ergebnisse und Veränderungen in Bezug auf
die persönlichen Ziele (Wo stehe ich jetzt, wo will ich
noch hin?)
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 429

5.3.2.5 Vorschlag von Coachingmodulen zu den vier Bereichen transformationaler Selbst-


interpretation

a) Überblick über die Coachingmodule


Um die acht Komponenten transformationaler Selbstinterpretation (siehe 5.3.1.2) zu bearbeiten,
werden vier Coachingmodule vorgeschlagen. Die vier Module beziehen sich auf die vier Berei-
che transformationaler Selbstinterpretation und umfassen damit jeweils die Inhalts- und Darstel-
lungskomponente:
 Modul 1: Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit
 Modul 2: Motivation durch begeisternde Visionen
 Modul 3: Anregung von Eigenverantwortung und unabhängigem Denken
 Modul 4: Individuelle Berücksichtigung und Förderung von Mitarbeitern
Zu jedem Modul werden die Leitfragen der Schritte 2 bis 8 des PC bearbeitet (siehe 1.5.3.3).
Damit werden sowohl Selbstbilder als auch Motive, Einstellungen, Vorstellungen, Kompeten-
zen und Verhaltensweisen der Führungsperson zum Gegenstand der Klärung und Veränderung
gemacht. Die Module geben die inhaltliche Ausrichtung der zu bearbeitenden Themen vor. Die
Schritte des PC zeigen auf, welche Einzelaspekte der transformationalen Selbstinterpretation in
welcher Reihenfolge thematisiert werden können. Stehen beim Coachingteilnehmer aktuelle
Probleme und Stressbelastungen im Vordergrund, so kann darüber hinaus zunächst ein Basis-
modul zur Stressbewältigung und Ressourcenaktivierung angeboten werden.
In Abschnitt 5.3.2.6 werden Empfehlungen zum Einsatz von Coachingmethoden in den
fünf Modulen gegeben. Basis für alle Coachingbausteine ist ein edukativer Teil zur Informati-
onsvermittlung über transformationale Führung und das Konzept des Full Range of Leadership.

b) Indikationsstellung: Ablaufschema zur Auswahl von Coachingmodulen


Basis für die Auswahl von Coachingmodulen sind die gemeinsam formulierten Coaching- und
Entwicklungsziele des Klienten. Diese ergeben sich aus
 dem Führungsprofil, das aus dem multiperspektivischen Führungsfeedback abgeleitet wird
und
 den individuellen Anliegen und Zielen des Klienten, die er mit ins Coaching bringt.

Abbildung 5.3.5 stellt ein Ablaufschema zur Auswahl von Coachingmodulen im PC-T dar. Die
Kriterien zur Auswahl der vier Hauptmodule werden unter Punkt c erläutert.
5 Diskussion 430

Anliegen & Ziele des Klienten Individuelles Profil


transformationaler Führungsstile

Erstellen einer individuellen Theorie zur Rollenausgestaltung: Zusammenhang zwischen


den vier Bereichen transformationaler Führung, den Selbstbildern, Zielen, der
Ausgangssituation und den Ressourcen der Führungskraft

Ableitung von Entwicklungs- und Coachingzielen

Festlegen eines Aktionsplans zur Bearbeitung von Entwicklungs- und Coachingzielen


Stehen aktuelle Belastungen im Vordergrund? Auswahl des Basismoduls:
Stressbewältigung &
nein ja Ressourcenaktivierung

Auswahlkriterien für die vier Hauptmodule:


• Individuelles Profil auf den erfassten Skalen im multiperspektivischen Führungsfeedback
• Welches Coachingziel steht im Vordergrund wegen Dringlichkeit/wegen möglicher
Auswirkung auf andere Coachingziele/wegen möglicher Auswirkung auf das System?
• Bei welchen Entwicklungszielen braucht die Führungskraft Unterstützung?

Bearbeitung ausgewählter Coachingmodule zu den Bereichen transformationaler


Selbstinterpretation nach den Leitfragen des Persönlichkeitscoachings

Abbildung 5.3.5: Ablaufschema für die Auswahl von Coachingmodulen im PC-T

c) Auswahl von Modulen anhand des individuellen Profils im multiperspektivischen


Führungsfeedback
Das Profil der Führungskraft im multiperspektivischen Führungsfeedback ist Grundlage für die
Auswahl von Coachingmodulen zur Bearbeitung der festgelegten Coachingziele. Die Ausprä-
gung auf den erfassten Skalen und das Verhältnis von Selbst- und Fremdbild geben Hinweise
auf zu optimierende Bereiche transformationaler Rollenausgestaltung. Bei der Analyse des indi-
viduellen Profils sind folgende Auffälligkeiten zu beachten:
 Muster in der Fremdeinschätzung: Spannweiten beziehungsweise Übereinstimmungsgrad
der Fremdeinschätzer; Untergruppen in der Fremdeinschätzung
 Verhältnis von Selbst- und Fremdeinschätzung: Zuordnung zu den vier Typen von
Selbsteinschätzern (vgl. Yammarino & Atwater, 1993)
Generell gilt zu differenzieren, ob sich die genannten Auffälligkeiten auf bestimmten Skalen
oder Items zeigen oder ob sie für das gesamte Profil der Führungskraft über alle Bereiche
transformationaler Führung hinweg kennzeichnend sind. Zur Interpretation der Skalen und
Items können die Ergebnisse aus den offenen Fragen des multiperspektivischen Führungsfeed-
backs hilfreich sein. Die Auswahl der Module richtet sich danach, auf welchen Skalen oder
Items die genannten Aufälligkeiten im Profil zu finden sind. Im Folgenden werden diejenigen
Skalen und Items aufgeführt, die den jeweiligen Modulen zugeordnet werden können. Zu den
Modulen 1 und 4 werden zusätzlich einzelne Items und Skalen aufgeführt, die Hinweise auf
thematische Schwerpunkte innerhalb eines Moduls geben.
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 431

Auswahl von Modul 1


Modul 1 ist auszuwählen, wenn oben genannte Auffälligkeiten vorhanden sind bei folgenden
Skalen und Items:
 MLQ: Skala Idealized Influence attributed
 MLQ: Skala Idealized Influence behaviour
 MLQ: Skala Ausstrahlung
 Beide Unterskalen der protektiven Selbstüberwachung: protektive Variabilität und
protektiver sozialer Vergleich
 Unterskala Selbstdarstellungskompetenz zur akquisitiven Selbstüberwachung
 Skala Persönlichkeitsdarstellung
In Tabelle 5.3.3 werden Hinweise auf zu setzende thematische Schwerpunkte innerhalb des
erstens Moduls gegeben.

Tabelle 5.3.3: Thematische Schwerpunkte in Modul 1 in Abhängigkeit auffälliger Skalen und Items
Auffälligkeiten in den Items/der Skala Thematischer Schwerpunkt
Folgende Items der Skala Idealized Influence attributed: Die Reflexion und Konkretisierung
Führungskraft... eigener Werte und Grundüberzeu-
- „handelt in einer Weise, die bei mir Respekt erzeugt“
gungen
- „stellt die eigenen Interessen zurück, wenn es um das Wohl
der Gruppe geht“ Ausdruck von Werten und Vorbild-
- „macht mich stolz drauf, mit ihr zu tun zu haben“ funktion
Skala Idealized Influence behavior
- Beide Unterksalen der protektiven Selbstüberwachung Stärkung des Selbstvertrauens der
- Item „Die Führugnskraft strahlt Stärke und Vertrauen aus“ aus Führungsperson
der Skala Idealized Influence attributed Authentische und glaubwürdige
- Insgesamt beim Vergleich von Selbst- und Fremdbild: Unter-
schätzer Selbstdarstellung
- Unterskala Selbstdarstellungskompetenz der akquisitiven Rollen- und Aufgabenklärung
Selbstüberwachung Klärung und Reflexion der eigenen
- Skala Ausstrahlung
Selbstdarstellungsmuster und des
- Skala Persönlichkeitsdarstellung
- Insgesamt hohe Spannweiten in der Fremdeinschätzung
erzielten Fremdbilds
- Insgesamt große Unterschiede zwischen Selbst- und Fremd- Authentische und situationsadäqua-
bild te Selbstdarstellung

Auswahl von Modul 2


Modul 2 ist auszuwählen, wenn oben genannte Auffälligkeiten vorhanden sind bei folgenden
Skalen und Items:
 MLQ: Skala Inspirational Motivation
 Folgende Items der Mood Manipulator Scale: „Ich weiß, wie ich die Vorstellungskraft von
anderen anregen kann“; „Wenn mich etwas begeistert, dann weiß ich, wie ich auch andere
mit meiner Begeisterung anstecken kann“

Auswahl von Modul 3


Modul 3 ist auszuwählen, wenn oben genannte Auffälligkeiten vorhanden sind bei der MLQ-
Skala Intellectual Stimulation.
5 Diskussion 432

Auswahl von Modul 4


Modul 4 ist auszuwählen, wenn oben genannte Auffälligkeiten vorhanden sind bei folgenden
Skalen:
 MLQ: Skala Individualized Consideration
 Unterskala Wahrnehmungssensibilität zur akquisitiven Selbstüberwachung
In Tabelle 5.3.4 werden Hinweise auf zu setzende thematische Schwerpunkte innerhalb des
Moduls gegeben.

Tabelle 5.3.4: Thematische Schwerpunkte in Modul 4 in Abhängigkeit auffälliger Skalen und Items
Auffälligkeiten in den Items/der Skala Thematischer Schwerpunkt
- Item „Die Führungskraft erkennt meine individuellen Bedürf- Ausbau von Empathiefähigkeit,
nisse, Fähigkeiten und Ziele“ der Skala Individualized Fähigkeit zur Perspektivenüber-
Consideration nahmen
- Unterskala Wahrnehmungssensibilität zur akquisitiven Selbst-
überwachung Ausbau von diagnostischen Kompe-
tenzen, um Ressourcen der Mitar-
beiter zu erkennen
Folgende Items der Skala Individualized Consideration: Die Reflexion der eigenen Kommunika-
Führungskraft… tions- und Beziehungsmuster /
- „berücksichtigt meine Individualität und behandelt mich nicht
Kommunikationsanalyse
nur als irgendeinen Mitarbeiter unter vielen“
- „hilft mir, meine Stärken auszubauen”
Mitarbeiter als Individuen behan-
- „verbringt Zeit mit Führung und damit, den Mitarbeitern etwas deln und fördern
beizubringen“

5.3.2.6 Empfehlungen zum Einsatz von Coachingmethoden im PC-T


Das Konzept des PC-T ist auf keine Methoden festgelegt. Es können solche Techniken und
Vorgehensweisen integriert werden, die den zu Grunde liegenden Prinzipien der Prozessgestal-
tung entsprechen und geeignet sind, zur Klärung und Modifikation der Komponenten
transformationaler Selbstinterpretation beizutragen. Es wird davon ausgegangen, dass v.a. der
Einsatz erlebnisaktivierender Methoden zur Klärung des eigenen Erlebens und Verhaltens sowie
der Einsatz von übenden Verfahren zum Auf- und Ausbau neuen Führungsverhaltens und zum
Ausbau von Coping-Strategien positive Effekte mit sich bringen.

a) Systematisierung der Coachingmethoden


Die Coachingmethoden werden systematisiert nach den vier Bereichen transformationaler
Selbstinterpretation und nach vier unterschiedlichen Wirkprinzipien beziehungsweise Vorge-
hensweisen:
 Methoden zur Informationsvermittlung/kognitiv-analysierende Methoden: Aufklärung über
das Führungsmodell des Full Range of Leadership; Informationen zu empirischen Ergebnis-
sen; Informationen zu psychologischen Grundlagen von Führung und Kommunikation; Re-
flexion über und Analyse von Problemkonstellationen, Zielen und Umsetzungssschritten;
systematisches Problemlösen
 Klärungsorientierte und erlebnisaktivierende Methoden: Prinzip des Feedbacks und der
vertieften Selbstreflexion; einsichtsfördernde Methoden
 Verhaltensmodifizierende/übende Methoden: Prinzip der realen Erfahrung, Handlungsorien-
tierung
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 433

Coachingmethoden, die den ersten beiden Vorgehensweisen entsprechen, sind eher auf die Klä-
rung des jeweiligen Bereichs oder der jeweiligen Komponente transformationaler Selbstinter-
pretation ausgerichtet. Mit den Coachingmethoden nach der dritten Vorgehenweise soll eine
Verhaltensänderung bezüglich bestimmter Aspekte transformationaler Selbstinterpretation er-
reicht werden. Generell gilt bei der Auswahl der Coachingmethoden, dass stets die klärungs-
orientierten Methoden den Methoden zur Verhaltensänderung vorgeschaltet sein sollten. Dies
bedeutet, dass die Führungskraft im Coaching unterstützt werden sollte, ihre individuellen Res-
sourcen, Probleme und Entwicklungsrichtungen im jeweiligen Bereich zu reflektieren, bevor sie
Verhaltensänderungen in ihrer Art der Ausgestaltung der Führungsrolle anstrebt. Im ersten
Schritt geht es also um die Klärung, was die Führungskraft darstellen und wie sie ihre Rolle
ausgestalten möchte, im zweiten Schritt geht es um den Ausbau der dafür erforderlichen Kom-
petenzen und im dritten Schritt um Verhaltensänderung im Führungsalltag. Die Art und Weise
der Umsetzung der Methoden in den verschiedenen Schritten sollte dem Prinzip der Ressour-
cenaktivierung und -erweiterung (vgl. Riedelbauch & Laux, 2011) folgen (siehe 1.5.3.4).

b) Kriterien zur Auswahl einzelner Coachingmethoden


Folgende Kriterien werden für die Auswahl geeigneter Coachingmethoden im Rahmen der ein-
zelnen Module des PC-T als relevant und nützlich erachtet:

Übergeordnete Auswahlkriterien
 Übereinstimmung der Methode mit den zu Grunde liegenden Merkmalen der Prozessgestal-
tung.
 Eigene Expertenschaft und Erfahrungen mit bestimmten Coachingmethoden.
 Kosten-Nutzen-Analyse: Benötigte Zeit und benötigtes Material in Relation zu erwartetem
Nutzen.
 Übereinstimmung der erwarteten Effekte der Methoden mit den Zielen des Coachings:
Durch die Coachingmethoden soll eine Klärung und/oder Modifikation der Komponenten
transformationaler Selbstinterpretation ermöglicht werden.

Auswahl der Methoden nach Merkmalen des Klienten und der Arbeitsbeziehung
Huber (2005) beschreibt, dass ein Coachingtool zu dem jeweiligen Klienten und zu der Bezie-
hung zwischen Coach und Klient passen muss. Ein Klient darf durch den Einsatz einer
Coachingmethode weder über- noch unterfordert werden. In Anlehnung an den von Huber vor-
geschlagenen „inneren Probelauf“ ist es sinnvoll, sich vor dem Einsatz der Coachingmethode
folgende Punkte zu überlegen:
 An welche Erfahrungen des Klienten knüpft die Methode an?
 Welche Vorbehalte des Klienten könnten einem wirkungsvollen Einsatz der Methode im
Wege stehen?
 In welchem Zusammenhang steht die Methode mit den zu Beginn des Coachingprozesses
formulierten Erwartungen oder Befürchtungen des Klienten?
 An welche Ressourcen des Klienten knüpft die Methode an?
Sollte der Coach im Verlauf der Anwendung merken, dass die Methode nicht zum Klienten oder
zu der Situation passt, dann sollte er die Bereitschaft und die Flexibilität haben, die Methode
zurückzunehmen. Weiterhin sollten die eingesetzten Methoden zur Arbeitsbeziehung zwischen
Coach und Klient passen. So muss die jeweilige Methode den Vereinbarungen des
Coachingvertrags und den Merkmalen der aktuellen Beziehung zwischen Coach und Klient
5 Diskussion 434

entsprechen. In der Arbeitsbeziehung spielen v.a. das Ausmaß an Vertrauen und Offenheit die
tragende Rolle. Sollte aus bestimmten Gründen die Arbeitsbeziehung gestört sein oder sich noch
im Aufbau befinden, so sind erlebnisaktivierende oder handlungsorientierte/übende Methoden
weniger geeignet als kognitive oder edukative Methoden, da erstere eine tiefere emotionale
Involviertheit des Klienten mit sich bringen können.

Auswahl der Methoden nach den erwarteten Effekten und deren Übereinstimmung mit den
Zielen des Klienten
Jeder ausgewählten Methode sollten positive Effektive in Bezug auf die Komponenten
transformationaler Selbstinterpretation zugeschrieben werden können. Die erwarteten Effekte
ergeben sich aus den in der Literatur beschriebenen Effekten des Methodeneinsatzes und aus
den theoretischen Überlegungen zu den Komponenten transformationaler Selbstinterpretation.
Die Auswahl von Coachingmethoden innerhalb eines Coachingmoduls sollte in Abstimmung
mit den Coachingzielen des Klienten erfolgen: Jede Coachingmethode kann dabei Veränderun-
gen nicht nur im Zielbereich sondern auch in unspezifischen Aspekten, wie z.B. der Selbstrefle-
xion des Klienten bewirken. Dabei ist es wichtig, diejenige Methode auszuwählen, die in ihren
erwarteten Effekten den jeweiligen Coachingzielen des Klienten am besten entspricht und
gleichzeitig in ihrer unspezifischen Wirkung anderen Coachingzielen nicht entgegensteht.

c) Empfehlungen für Coachingmethoden in den vier Modulen des PC-T


Im Folgenden werden potenziell einsetzbare Methoden innerhalb der vier Module in der Über-
sicht mit den entsprechenden Literaturverweisen aufgeführt. Es handelt sich um eine Auswahl
von Methoden und Vorgehensweisen, die entweder aus der Coachingliteratur übernommen oder
aus der eigenen praktischen Arbeit abgeleitet wurden.

Ausgewählte Methoden zum Basismodul Stressbewältigung und Ressourcenaktivierung


Tabelle 5.3.5: Ausgewählte Coachingmethoden zum Basismodul
Anregungen für Inhalte/Methoden Hintergrundinformation/ausgewählte Literatur
- Informationsvermittlung: Was ist Stress? Wel- - Bartholdt, L. & Schütz, A. (2010). Stress im Ar-
che Auswirkungen hat Stress? beitskontext. Ursachen, Bewältigung und Präven-
- Stressanalyse für konkrete berufliche tion.
Situationen: zentrale Stressoren, eigene Bewer- - Kaluza, G. (2005). Stressbewältigung. Trai-
tungen, Stressreaktionen ningsmanual zur psychologischen Gesundheits-
- Kognitive Umstrukturierung/Einüben stressre- förderung.
duzierender Selbstinstruktionen - Wilken, B. (2003). Methoden der kognitiven
- Eigene Erfolge würdigen Umstrukturierung. Ein Leitfaden für die psycho-
- Planung und Umsetzung von Schritten zur therapeutische Praxis.
Stressbewältigung
- Einüben von Entspannungsverfahren
- Schritte der systematischen Problemlösung
Ressourcenanalyse/Ressourcen erkunden und - Rauen, C. (2005). Die fünf Säulen. In C. Rauen
aktivieren, z.B.: (Hrsg.), Coaching-Tools.  S. 99–102.
- Fünf Säulen - Vogelauer, W. (2001). Methoden-ABC im Coa-
- Stabile Zonen/Quellen innerer Kraft ching. S. 123–124.
- Exploration eigener Stärken, z.B. Visualisie- - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlich-
rung von Meilensteinen und hilfreiche Res- keitscoaching.  Abschnitt 6.2.1
sourcen auf dem bisherigen Berufsweg
Klärung und Veränderung der Work-Life- - Hildenbrand, C.-D. (2005). Holistic-(Re) Balan-
Balance, z.B.: cing. In C. Rauen (Hrsg.), Coaching-Tools.
- Holistic-(Re)Balancing  S. 132–137.
- Imagination hypothetischer Zukunftskonstruk- - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlich-
tionen keitscoaching.  Abschnitt 7.2.1
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 435

Ausgewählte Methoden zu Modul 1: Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit


Tabelle 5.3.6: Ausgewählte Coachingmethoden zu Modul 1
Ein- Methode Hintergrundinformation/ausgewählte Literatur
ordnung
Wertereflexion und - Freiin von Elverfeldt, F. (2005). Selbststeuerung über Werte. In
-klärung und Erstellen C. Rauen (Hrsg.), Coaching-Tools.  S. 292–295
einer Wertehierarchie - Glatz, I. (2005). Das persönliche Wertesystem als Bild. In Ch.
Informationsvermittlung und kognitiv-analysierende Methoden

Rauen (Hrsg.), Coaching-Tools (2. Aufl.).  S. 287–291


- Middendorf, J. (2005). Wertehierarchie. In C. Rauen (Hrsg.),
Coaching-Tools.  S. 173–178
- Migge, B. (2005). Handbuch Coaching und Beratung.
 S. 150–155
- Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoaching.
 Abschnitt 7.2.3
- Rückle, H. & Mutafoff, A. (2005). Werte-Ziele-Zielgruppen-
Analyse. In C. Rauen (Hrsg.), Coaching-Tools.  S. 179-187
Rollenklärung/ - Fischer-Epe (2002). Coaching: Miteinander Ziele erreichen.
-analyse: Klärung von  S. 84–92
(Teil-) Rollen, Aufga- - Filbert, W. (2005). Die PRO-aktive Rollenanalyse. In C. Rauen
ben und Erwartungen (Hrsg.), Coaching-Tools.  S. 156-162
- Lippmann, E. (2009). Coaching. Angewandte Psychologie für
die Beratungspraxis.  S. 345
- Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoaching.
 Abschnitt 10.2.3
- Rückle, H. & Mutafoff, A. (2005). Werte-Ziele-Zielgruppen-
Analyse. In C. Rauen (Hrsg.), Coaching-Tools.  S. 179–187
- Von Rosenstiel, L. (2006). Führung. In: H. Schuler (Hrsg.),
Lehrbuch der Personalpsychologie.  S. 353–384
Input zur Bedeutung - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoaching.
von Selbstdarstellung  Kapitel 9
im Führungskontext
Klärung von Erwar- - AmelnVon, F., Gerstmann, R & Kramer, J. (2004). Psychodra-
tungen des Arbeitsum- ma. S. 91–95
feldes im Mono-Drama
Erlebnisaktivierende Methoden

Arbeit mit dem Inneren - Lippmann, E. (2009). Coaching. Angewandte Psychologie für
Team die Beratungspraxis.  S. 336
- Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoaching.
 Abschnitt 6.2.2 und 7.2.4
- Schulz von Thun, F. (2003). Miteinander Reden. Das innere
Team und situationsgerechte Kommunikation.
- Schulz von Thun, F. & Stegemann, W. (Hrsg.) (2007). Das inne-
re Team in Aktion. Praktische Arbeit mit dem Modell.
Rollenwechsel/Arbeit - Hansmann, T. (2005). Auf mehreren Stühlen. In C. Rauen
mit mehreren Stühlen (Hrsg.), Coaching-Tools.  S. 227–231
- Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoaching.
 Abschnitt 11.2.4
Experimentieren mit - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoaching.
dem Inneren Team im  Abschnitt 11.3
übende Methoden
Verhaltensmodi-

Rollenspiel
fizierende /

Senden glaubwürdiger - Funcke, A. (2006). Vorstellbar. Methoden von Schauspielern


Botschaften und Regisseuren für den ganz normalen Trainer.  S. 193–196
Self-modeling und - Renner, K.-H. (2002). Selbstinterpretation und Self-Modeling
Video-Feedback bei Redeängstlichkeit.
- Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoaching.
 Abschnitt 11.2.6 und 9.2.2
5 Diskussion 436

Methoden zu Modul 2: Motivation durch begeisternde Visionen


Tabelle 5.3.7: Ausgewählte Coachingmethoden zu Modul 2
Ein-ordnung Methode Hintergrundinformation/ausgewählte Literatur
Erarbeiten von persönlichen - Bamberger, G. G. (2010). Lösungsorientierte Beratung.
Visionen/Zielen: Wunder- - Fischer-Epe, M. (2002). Coaching: Miteinander Ziele
frage und andere hypotheti- erreichen.  S. 161–167
Erlebnisaktivierende Methoden

sche Zukunftskonstruktionen - Kaimer, P. (1999). Lösungsfokussierte Therapie. Psy-


chotherapie Forum, 7, 8-20.
- Radatz, S. (2006). Beratung ohne Ratschlag.
 Kapitel 4
- Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeits-
coaching.  Abschnitt 7.2.1
- Schreyögg, A. (2003). Coaching. Eine Einführung für
Praxis und Ausbildung.  S. 277–279
- Vogelauer, W. (2001). Methoden- ABC im Coaching.
 S. 136–138
Ausarbeitung und Symboli- - Minor, M. (2005). Metaphorik. In C. Rauen (Hrsg.),
sierung einer persönlich- Coaching-Tools.  S. 103–107
stimmigen Vision
Übungsrollenspiele (mit - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeits-
Regieanweisungen und coaching.  Abschnitt 11.2.2 und 9.2.2
übende Methoden
modifizierende/

Videofeedback) mit Fokus


Verhaltens-

auf Präsentation von Visio-


nen
Übungen zum nonverbalen - Funcke, A. (2006). Vorstellbar. Methoden von Schau-
und sprachlichen Ausdruck, spielern und Regisseuren für den ganz normalen Trai-
z.B. „Dirigieren“, „Auftritts- ner.  S. 89, 105–107, 125–126.
varianten“, „Stolz auf“

Methoden zu Modul 3: Anregung von Eigenverantwortung und unabhängigem Denken


Tabelle 5.3.8: Ausgewählte Coachingmethoden zu Modul 3
Ein-ordnung Methode Hintergrundinformation / ausgewählte Literatur
Reflexion von Grundüber- - Fromm, M. (2005). Der kleine Zirkus-Elefant. In C.
zeugungen und Persönlich- Rauen (Hrsg.), Coaching-Tools.  S. 242–246
Kognitiv-analysierende

keitsmustern
Techniken zur Wahrneh- - Higgins; J. M. & Wiese, G. G. (1996). Innovationsma-
Methoden

mung und Identifizierung nagement. Kreativitätstechniken für den unternehmeri-


von Problemen: „Camelot“, schen Erfolg.  S. 45, 47, 61.
„Beschwerden/Stolpersteine
sammeln im Brainstorming“,
„Fischgrätendiagramme/
Warum-Warum-Diagramm“
Methoden zur Überwindung - Funcke, A. (2006). Vorstellbar. Methoden von Schau-
von Rollenkonserven und spielern und Regisseuren für den ganz normalen Trai-
Erlebnisaktivierende

zur Entwicklung verschiede- ner.  S. 239–240


Methoden

ner Lösungsperspektiven, - Lippmann, E. (2009). Coaching. Angewandte Psycho-


z.B. logie für die Beratungspraxis.  S. 344
- „Fokussierendes - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoa-
Reflecting“ ching.  Abschnitt 11.2.1
- „Sechs-Hüte-Methode“
- „Walt-Disney-Technik“
Übungsrollenspiele (mit Re- - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeits-
modifizieren-
de Methoden

gieanweisungen und Video- coaching.  Abschnitt 11.2.2 und 9.2.2


Verhaltens-

feedback) mit Fokus auf:


Überzeugendes Einholen
und Ausdruck von Akzep-
tanz der Meinung anderer

Methoden zu Modul 4: Individuelle Berücksichtigung und Förderung von Mitarbeitern


Tabelle 5.3.9: Ausgewählte Coachingmethoden zu Modul 4
5.3 Implikationen für Theorie und Praxis 437

Ein- Methode Hintergrundinformation / ausgewählte Literatur


ordnung

Informationsvermittlung und kognitiv- Analyse des eigenen Kom- - Fischer-Epe, M. (2002). Coaching: Miteinander Ziele
munikationsverhaltens mit erreichen.  S. 93–113
analysierende Methoden Hilfe kommunikationspsy- - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoa-
chologischer Modelle ching.  Abschnitt 9.2.4
- Schulz v. Thun, F., Ruppel, J. & Stratmann, R. (2006).
Miteinander reden: Kommunikationspsychologie für Füh-
rungskräfte.
Input zu Techniken der Ge- - Schulz v. Thun, F., Ruppel, J. & Stratmann, R. (2006).
sprächsführung Miteinander reden: Kommunikationspsychologie für Füh-
rungskräfte.
Einführung des “Pygmalion - Eden, D. (1991). Applying Impression Management to
Leadership Style” und dies- Create Productive Self-Fulfilling-Prophecy at Work. In R.
bezügliche Analyse des eige- A. Giacalone & P. Rosenfeld (Hrsg.), Applied Impression
nen Führungsverhaltens Management.  pp. 13–40
Visualisierung der Bezie- - Geißler, H. (2005). Sozialstruktur. In C. Rauen (Hrsg.),
hungsstrukturen im sozialen Coaching-Tools.  S. 194–199
System König, E. & Volmer, G. (2005). Visualisierung sozialer
Erlebnisaktivierende Methoden

-
Systeme. In C. Rauen (Hrsg.), Coaching-Tools.
 S. 190–193
- Lippmann, E. (2009). Coaching. Angewandte Psycholo-
gie für die Beratungspraxis.  S. 346
- Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoa-
ching.  Abschnitt 10.2.2
- Rohm, A. (2005). Das Beziehungsbrett – Konflikte aktiv
in die Hand nehmen. In C. Rauen (Hrsg.), Coaching-
Tools.  S. 208–212
- Vogelauer, W. (2001). Methoden- ABC im Coaching.
Praktisches Handwerkszeug für den erfolgreichen Coach.
 S. 65–67
Übungsrollenspiele (mit Re- - Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoa-
gieanweisungen und Video- ching.  Abschnitt 11.2.2 und 9.2.2
feedback) mit Fokus auf:
Kommunizieren hoher Erwar-
tungen und Rückmeldung von
Erfolgen
Übungen zum Perspektiven- - Ameln, F. von, Gerstmann, R & Kramer, J. (2004). Psy-
Verhaltensmodifizierende/

wechsel: Doppeln und Rol- chodrama.


lentausch als Methoden des - Benien, K. (2005). Beratung in Aktion. Erlebnisaktivie-
übende Methoden

Psychodramas rende Methoden im Kommunikationstraining (2. Aufl.).


- Lippmann, E. (2009). Coaching. Angewandte Psycholo-
gie für die Beratungspraxis.  S. 345–346
- Riedelbauch, K. & Laux, L. (2011). Persönlichkeitscoa-
ching.  Abschnitt 9.2.3
- Schreyögg, A. (2005). Imaginativer Rollentausch. In C.
Rauen (Hrsg.), Coaching-Tools.  S. 205–207
Übungen zum Perspektiven- - Funcke, A. (2006). Vorstellbar. Methoden von Schauspie-
wechsel: 5-Stühle-Rotation, lern und Regisseuren für den ganz normalen Trainer.
Die andere Version  S. 249–250, S. 185–186
Methoden zur Schärfung der - Funcke, A. (2006). Vorstellbar. Methoden von Schauspie-
Wahrnehmung des Gegen- lern und Regisseuren für den ganz normalen Trainer.
übers: Partner-Inspektion,  S. 259–260, S. 265.
Haltungsecho
5 Diskussion 438

5.4 Fazit und Ausblick

Die transformationale Führung stellt seit den 1980er Jahren eines der populärsten Führungskon-
zepte dar. Insbesondere die Effekte transformationaler Führung für die Geführten, die Füh-
rungsperson selbst und die Gesamtorganisation wurden vielfach empirisch untersucht. Darüber
hinaus haben sich einzelne Forscher mit dem Zusammenhang zwischen transformationaler und
charismatischer Führung einerseits und Konzepten des Impression Managements andererseits
auseinandergesetzt. Hier stehen insbesondere dynamische Interaktionsmodelle zwischen Füh-
rendem und Geführten im Mittelpunkt oder es werden Zusammenhänge zwischen
transformationaler Führung und spezifischen Impression Management Strategien untersucht. In
diesen Forschungszweig ist der erste Teil der theoretischen und empirischen Untersuchung der
Arbeit einzuordnen: Modelle transformationaler Führung und Prozesse und Komponenten der
Selbstinterpretation wurden systematisch aufeinander bezogen und der empirische Zusammen-
hang transformationaler Führungsstile und ausgewählter Selbstdarstellungsstile wurde über-
prüft. Es wird deutlich, dass eine akquisitive und authentische Selbstdarstellung als eine Kern-
kompetenz transformationaler Führung aufzufassen ist. Auf Grund der ermittelten theoretischen
und empirischen Zusammenhänge kann die Gestaltung der Führungsrolle, die sich an
transformationalen Führungsprinzipien orientiert und gleichzeitig durch akquisitive und authen-
tische Formen der Selbstdarstellung gekennzeichnet ist, als transformationale Selbstinterpreta-
tion konzeptualisiert werden. Führungspersönlichkeiten, die sich durch eine hohe Ausprägung
transformationaler Führungsstile sowie akquisitiver Selbstdarstellung und Persönlichkeitsdar-
stellung auszeichnen, werden als transformationale Selbstinterpreten charakterisiert. Sie können
von drei weiteren Clustern der Rollenausgestaltung mit jeweils typischen Selbstdarstellungs-
und Führungsstilprofilen abgegrenzt werden. Aus den Ergebnissen werden Grundzüge eines
Modells transformationaler Selbstinterpretation abgeleitet: Es werden acht Komponenten
transformationaler Selbstinterpretation angenommen, die sich aus den vier Bereichen
transformationaler Führung nach Bass (1985) ableiten und sich innerhalb dieser Bereiche je-
weils in eine Inhalts- und eine Darstellungskomponente aufteilen lassen. Die Prozesse der
transformationalen Selbstinterpretation basieren auf diesen Komponenten und können sowohl in
der Etablierung einer transformationalen Führungsidentität auf Individuumsebene als auch in
einer transformationalen Unternehmensidentität auf Ebene des Gesamtsystems resultieren.
Auf Grund der hohen empirischen Evidenz für die positiven Effekte transformationaler
Führung, die aus der Vielzahl der empirischen Untersuchungen resultiert, stellt sich darüber
hinaus die Frage ob und wie transformationale Führung gefördert werden kann. Es liegen bis-
her insbesondere Trainingsansätze und weniger coachingbasierte Interventionen zur Förderung
transformationaler Führung vor. In den letzten zehn Jahren gab es auch im deutschsprachigen
Raum vereinzelte Evaluationsstudien zur Förderung transformationaler Führung, um die Wirk-
samkeit von gruppen- und individuumsorientierten Interventionsmaßnahmen zu überpüfen. In
diesen Forschungszweig ist der zweite Teil der empirischen Untersuchung der Arbeit einzuord-
nen: Es wurde anhand verschiedener Kriterien untersucht, wie wirksam Einzelcoachings und
Gruppenworkhops zur Förderung transformationaler Führung bei Führungspersonen der mittle-
ren und unteren Hierachieebene sind. Dabei war neben der generellen Wirksamkeit eines kom-
binierten Interventionsprogramms mit den Modulen Gruppenworkshops und Einzelcoachings
insbesondere die inkrementelle Wirksamkeit von Einzelcoachings über Gruppenworkhops hi-
naus von Interesse. Die Evaluationsstudie wurde unter den Bedingungen der betrieblichen Pra-
xis umgesetzt und erfolgte im Rahmen eines quasi-experimentellen Forschungsdesigns. Damit
5.4 Fazit und Ausblick 439

konnte eine hohe externe Validität der Ergebnisse gewährleistet werden. Die interne Validität
wurde sichergestellt, indem Alternativerklärungen bei der Interpretation der Daten systematisch
berücksichtigt und auf ihre Plausibilität hin geprüft wurden. Insbesondere der Einsatz der Füh-
rungsstile Individualized Consideration und des transaktionalen Führungsstils Contingent
Reward kann aus Sicht der Mitarbeiter der teilnehmenden Führungspersonen in bedeutsamem
Ausmaß gesteigert werden. Der Einsatz von Einzelcoachings über Gruppenworkshops hinaus
bedingt im Gegensatz zum alleinigen Einsatz von Gruppenworkshops eine Erhöhung des
Übereinstimmungsgrades zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen. Insgesamt sind die
durchgeführten Einzelcoachings in Bezug auf allgemeine Wirksamkeitskriterien wie z.B. indi-
viduelle Zielerreichung hoch wirksam, sind aber zur Förderung der transformationalen Füh-
rungsstile im Sinne deren Operationalisierung im MLQ nur eingeschränkt wirksam. Zur diffe-
rentiellen Indikation wird deutlich, dass die Teilnahme an Gruppenworkshops und Einzelcoa-
chings insbesondere dann zu erwünschten Effekten führt, wenn die Interventionen kurz nach der
Übernahme einer neuen Führungsposition eingesetzt werden. Es kann interpretiert werden, dass
die durchgeführten Einzelcoachings in der Evaluationsstudie in ihrer Grundkonzeption zu wenig
auf die Förderung transformationaler Führung ausgerichtet waren. Mit dem Persönlichkeitscoa-
ching zur Förderung transformationaler Selbstinterpretation (PC-T) wird ein Konzept vorge-
schlagen, mit dem die individuellen Anliegen der Coachingklienten mit transformationalen
Prinzipien kombiniert und transformationale Selbstinterpretation auf individueller Ebene geför-
dert werden kann.

Weitere Untersuchungen könnten sich sowohl mit der theoretischen Einordnung


transformationaler Führung als Selbstinterpretationsstil als auch mit der Konzeption und Eva-
luation spezifischer Coachingansätze zur Förderung transformationaler Führung beschäftigen.
So wäre es von Interesse, ob sich die in der Stichprobe vorgefundenen vier Cluster der
Rollenausgestaltung auch bei Führungspersonen anderer Hierarchiebenen nachweisen lassen.
Zudem könnten für das jeweilige Cluster „typische“ Einzelfälle intensiv untersucht und deren
Selbstdarstellungs- und Interaktionsverhalten nicht nur in der Selbstbeschreibung sondern auch
über Fremdbeobachtung erfasst werden. Damit könnten spezifische Verhaltensweisen zur Ver-
mittlung transformationaler Führungsprinzipien beschrieben und die Darstellungskomponenten
transformationaler Selbstinterpretation spezifiziert werden. Darüber hinaus könnten die Prozes-
se der Selbstinterpretation, die zur Etablierung einer transformationalen Führungsidentität füh-
ren, untersucht werden: Dafür müsste die Interaktion zwischen einer Führungsperson und ihren
Mitarbeitern über einen längeren Zeitraum intensiv beschrieben und Veränderungen in den
Selbst- und Fremdbildern in regelmäßigen Abständen erfasst werden. Es wäre z.B. möglich, das
Verhalten der Führungsperson wiederholt in Teamsitzungen oder in Gesprächen mit einzelnen
Mitarbeitern zu registrieren und im Anschluss nach der Selbst- und Fremdbewertung dieser
Verhaltensweisen zu fragen.
Weiterhin wäre es von Interesse, sich noch intensiver mit der Wirksamkeit und mit
Wirkfaktoren von Einzelcoachings zur Förderung transformationaler Selbstinterpretation ausei-
nander zu setzen. Ein erster Schritt bestünde darin, ein spezifisches Coachingkonzept zu ent-
wickeln, das den Fokus auf die Förderung transformationaler Führungsprinzipien und unterstüt-
zender Formen der Selbstdarstellung legt. Mit dem PC-T wurden Grundzüge eines solchen
Coachingkonzepts vorgeschlagen, das weiter ausgearbeitet und praktisch erprobt werden könn-
te. Anschließend wäre es wünschenswert, eine solche Coachingkonzeption gruppenbasierten
Ansätzen zur Förderung transformationaler Führung in einem experimentellen Design gegen-
überzustellen, um Aussagen über Wirksamkeitsunterschiede machen zu können. In der vorlie-
5 Diskussion 440

genden Untersuchung resultieren nur Hinweise auf eine leichte inkrementelle Wirksamkeit von
Einzelcoachings gegenüber Gruppenworkshops in Bezug auf die Förderung transformationaler
Führungsstile. Dennoch wird davon ausgegangen, dass spezifische individuumsorientierte
Interventionsansätze für die jeweilige Führungsperson dann gewinnbringender sind als standar-
disierte Gruppeninterventionen, wenn es darum geht, die individuelle transformationale Ausge-
staltung der Führungsrolle zum Gegenstand der Klärung und Modifikation zu machen. Kann die
Wirksamkeit von Einzelcoachings zur Förderung transformationaler Selbstinterpretation nach-
gewiesen werden, so bestünde der nächste Schritt darin, besonders wirksame Module und Ele-
mente als Wirkfaktoren zu identifizieren und diese in der Coachingkonzeption auszubauen. Mit
einem solchen Forschungsprogramm könnten die von Felfe (2006a) aufgeworfenen Fragen be-
antwortet werden, welche Methoden in welchen Settings zur effizienten Vermittlung
transformationaler Führung geeignet sind.

Das persönliche Fazit besteht in der Erkenntnis, dass sich transformationale Prinzipien auch im
Entstehungsprozess einer Dissertation wiederfinden lassen: So ist es von der Konzeption einer
Fragestellung bis zur Fertigstellung der Arbeit notwendig, eine Vision vor Augen zu haben, die
zwar nicht in allen Phasen stets begeistern kann, zumindest aber immer wieder als erreichbar
konzipiert wird. Das Prinzip der intellektuellen Stimulierung kann als grundlegend angesehen
werden: Zahlreiche theoretische Ansätze müssen gesichtet, empirische Ergebnisse interpretiert
und teils heterogene Informationen aufeinander bezogen werden. Dabei zeigt sich sowohl in den
theoretischen Konzepten zum Forschungsgegenstand als auch in den empirischen Daten eine
große Perspektivenvielfalt. Das Prinzip der individuellen Berücksichtigung und Förderung der
Bedürfnisse und Potenziale des Einzelnen findet sich darin wieder, eigene Ressourcen bei der
Erstellung der Dissertation zu nutzen oder diese mit Hilfe anderer auszubauen. Darüber hinaus
ist es wichtig, die eigene Forschungsarbeit nicht als eine Dissertation unter vielen, sondern als
relevanten Beitrag zur Forschung zu erachten. Sehr hilfreich ist es, sich an Personen zu orientie-
ren, die glaubwürdig ihre eigenen Forschungsthemen vertreten, sich für diese begeistern können
und sowohl in Hinblick auf eine fundierte aber auch pragmatische Forschungshaltung als Vor-
bild dienen können.
Literaturverzeichnis 441

Literaturverzeichnis

Allport, G. W. (1970). Gestalt und Wachstum in der Persönlichkeit. Meisenheim am Glan:


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Ameln, F. von, Gerstmann, R & Kramer, J. (2004). Psychodrama. Berlin: Springer.
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Abbildungsverzeichnis 457

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1.1: Augmentationshypothese (Abbildung modifiziert nach Bass & Avolio, 1997) ............. 16
Abbildung 1.1.2: Full Range of Leadership (Abbildung modifiziert nach Bass & Avolio, 1994) ............ 17
Abbildung 1.1.3: Modell charismatischer/transformationaler Führung (Abbildung modifiziert nach
Weinert, 2004)............................................................................................................................. 29
Abbildung 1.1.4: Funktionen transformationaler Führungsprinzipien („4 Is“) als Antwort auf
ökonomische und gesellschaftliche Prozesse (Abbildung modifiziert nach Gebert, 2002) ......... 33
Abbildung 1.2.1: Zwei Prozesse der Selbstinterpretation – Selbstdarstellung (Prozess von „innen“ nach
„außen“) und Selbstbewertung (Prozess von „außen“ nach „innen“) (Abbildung nach
Riedelbauch & Laux, 2011) ........................................................................................................ 66
Abbildung 1.2.2: Selbstdarstellungsmuster – Prozesse der Selbstinterpretation – Selbstinterpretationsstil –
Bildung von Teilidentitäten (Abbildung nach Riedelbauch & Laux, 2011) ................................ 69
Abbildung 1.2.3: Dynamisches Interaktionsmodell – Komponenten und Prozesse der Selbstinterpretation
(Abbildung modifiziert nach Riedelbauch & Laux, 2011) .......................................................... 70
Abbildung 1.2.4: Vier Selbstdarstellungscluster nach Laux und Renner (2002) ....................................... 77
Abbildung 1.3.1: Das dramaturgische Modell charismatischer Beziehungen (Abbildung modifiziert nach
Gardner & Avolio, 1998) ............................................................................................................ 87
Abbildung 1.3.2.: Identitäsdiskrepanzen und damit zusammenhängende Funktionen von Selbstdarstellung
(Abbildung nach Bozeman & Kacmar, 1997) ............................................................................. 95
Abbildung 1.4.1: Das Johari-Fenster (Abbildung modifiziert nach Hossiep & Paschen, 2003c) ............ 115
Abbildung 1.4.2: Vier Kategorien der Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung
(Abbildung nach Riedelbauch & Laux, 2011) .......................................................................... 119
Abbildung 1.6.1: Überblick über die zentralen Ziele, Zwecke oder Funktionen der Evaluation nach Bortz
und Döring (2006) ..................................................................................................................... 140
Abbildung 1.6.2: Zentrale Fragestellungen der Evaluationsforschung .................................................... 141
Abbildung 1.6.3: Summative und formative Evaluation.......................................................................... 142
Abbildung 1.6.4: Prozessschritte der Evaluation von Coachingprozessen (Abbildung modifiziert nach
König & Volmer, 2003) ............................................................................................................ 149
Abbildung 3.1.1 Überblick über die Abfolge der Projektmodule ............................................................ 184
Abbildung 3.2.1: Veranschaulichung des Full Range of Leadership als Führungsbaum......................... 201
Abbildung 4.2.1: Standardisierte Werte (Z-Werte) für die Variablen akquisitive Selbstüberwachung (AK),
protektive Selbstüberwachung (PRO) und Persönlichkeitsdarstellung (PD) in den vier Clustern
................................................................................................................................................... 247
Abbildung 4.2.2: Mittlere Ausprägung zu den Passivvariablen Mood Manipulation (MMS;
Selbsteinschätzungen) und Transformationale Führung (TF; Fremdeinschätzungen) in den vier
Clustern ..................................................................................................................................... 249
Abbildung 4.6.1: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer A ..................................................... 295
Abbildung 4.6.2: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer B ...................................................... 299
Abbildung 4.6.3: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer C ...................................................... 302
Abbildung 4.6.4: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer D ..................................................... 305
Abbildung 4.6.5: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer E ...................................................... 308
Abbildung 4.6.6: Entwicklung der Zielerreichung bei Teilnehmer F ...................................................... 311
Abbildung 4.7.1: Relative Häufigkeiten der genannten Skalenwerte zur Zufriedenheit mit dem Coaching
(Skala von 1 bis 10)................................................................................................................... 313
Abbildung 4.7.2: Relative Häufigkeiten der genannten Skalenwerte zum Erfolg des Coachings (Skala von
1 bis 10)..................................................................................................................................... 314
Abbildung 4.7.3: Relative Häufigkeiten der Kategorien zur allgemeinen Einschätzung des Coachings . 315
Abbildung 4.7.4: Relative Häufigkeiten der Aussagen in den Kategorien zu subjektiven Veränderungen
................................................................................................................................................... 317
Abbildung 4.7.5: Relative Häufigkeiten der Aussagen innerhalb der Kategorie Veränderungen im
Verhalten ................................................................................................................................... 318
Abbildung 4.8.1: Verteilung der Führungskräfte auf die vier Selbsteinschätzungstypen nach Yammarino
und Atwater (1993) ................................................................................................................... 321
Abbildung 4.8.2: Ausmaß der Veränderung (Absolutwerte der Prä-Post-Differenzen der mittleren
Ausprägungen zu t1 und t2) der transformationalen Führungsstile (TF) in den vier
Selbsteinschätzungsclustern ...................................................................................................... 321
Abbildungsverzeichnis 458

Abbildung 4.8.3: Ausmaß der Veränderung (Absolutwerte der Prä-Post-Differenzen der mittleren
Ausprägungen zu t1 und t2) von Contingent Reward (CR) in den vier
Selbsteinschätzungsclustern ...................................................................................................... 322
Abbildung 4.8.4: Ausmaß der Veränderung (Absolutwerte der Prä-Post-Differenzen der mittleren
Ausprägungen zu t1 und t2) von Laissez Faire (LF) in den vier Selbsteinschätzungsclustern .. 322
Abbildung 4.9.1: Höhe der absoluten Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu in den
den Variablen Transformationale Führung (TF), Contingent Reward (CR) und Laissez Faire
(LF) in den vier Selbstdarstellungsclustern ............................................................................... 325
Abbildung 5.1.1: Zusammenhänge zwischen Selbstdarstellung- und Führungsstilen ............................. 333
Abbildung 5.1.2: Überblick über Faktoren und Zusammenhänge der Führungsstile des Full Range of
Leadership und habitueller Selbstdarstellungsformen sowie Faktoren und
Merkmalskonfigurationen habitueller Rollenausgestaltung ...................................................... 381
Abbildung 5.1.3: Merkmalskonfigurationen in vier Clustern habitueller Rollenausgestaltung ............... 382
Abbildung 5.1.4: Zusammenhänge zwischen Übereinstimmungsgrad, Veränderung in den Führungsstilen
und Selbstdarstellungsclustern .................................................................................................. 392
Abbildung 5.3.1: Transformationale Selbstinterpretation als Bindeglied zwischen Führungs- und
Selbstdarstellungstheorien ......................................................................................................... 408
Abbildung 5.3.2: Zwei Perspektiven transformationaler Führungskomponenten – Inhalt und Darstellung
................................................................................................................................................... 412
Abbildung 5.3.3: Acht Komponenten transformationaler Selbstinterpretation ........................................ 413
Abbildung 5.3.4: Zuordnung der acht Komponenten zu den Prozessen transformationaler
Selbstinterpretation .................................................................................................................... 416
Abbildung 5.3.5: Ablaufschema für die Auswahl von Coachingmodulen im PC-T ................................ 430
Tabellenverzeichnis 459

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1.1.1: Vier Komponenten transformationaler Führung (die „vier Is“) (nach Bass, 1985, 1990;
deutsche Übersetzung nach Felfe, 2006b) ................................................................................... 20
Tabelle 1.1.2: Bereiche trainierbarer Schlüsselfertigkeiten charismatischer Führung nach Conger &
Kanungo (1988) .......................................................................................................................... 22
Tabelle 1.1.3: Auswahl empirischer Studien zum Zusammenhang transformationaler Führung mit
verschiedenen Erfolgskriterien .................................................................................................... 31
Tabelle 1.1.4: Überblick über Evaluationsstudien zum Training und Coaching transformationaler Führung
..................................................................................................................................................... 39
Tabelle 3.1.1 Überblick über das methodische Vorgehen bei der Wirksamkeitsuntersuchung ............... 195
Tabelle 3.2.1: Überblick – Verteilung der Führungspersonen der Interventionsstichprobe auf die Module
................................................................................................................................................... 197
Tabelle 3.2.2: Überblick über die Verteilung der Anzahl der Führungskräfte der Evaluationsstichprobe
auf die drei Gruppen .................................................................................................................. 198
Tabelle 3.2.3: Überblick über die Zuordnung der einzelnen Führungskräfte der Evaluationsstichprobe auf
die drei Gruppen ........................................................................................................................ 198
Tabelle 3.2.4: Verteilung der Merkmale Geschlecht, Alter und Führungsspanne in den drei Gruppen der
Evaluationsstichprobe ............................................................................................................... 199
Tabelle 3.3.1: Überblick zum Ablauf der Einzelcoachings ..................................................................... 206
Tabelle 3.4.1: Übersicht über Zuordnung, Bezeichnungen und Itemanzahl der MLQ-Skalen (vgl. Bass &
Avolio, 1995; Felfe; 2006b) ...................................................................................................... 210
Tabelle 3.4.2: Überblick über die englischen und deutschen Skalenbezeichnungen zur akquisitiven und
protektiven Selbstüberwachung ................................................................................................ 213
Tabelle 3.4.3: Formulierung und Funktion der Fortschrittskala zum Führungsverhalten ........................ 214
Tabelle 3.4.4: Formulierung und Funktion der Skalenfragen zur Zielerreichung zu drei Messzeitpunkten
................................................................................................................................................... 215
Tabelle 3.4.5: Interviewfragen zur Datenerhebung für Fragestellung II/5 ............................................... 216
Tabelle 3.5.1: Überblick über das Kategoriensystem Allgemeine Einschätzung des Coachings............. 229
Tabelle 3.5.2: Überblick über das Kategoriensystem Veränderungen durch das Coaching .................... 232
Tabelle 4.1.1: Skalenkennwerte und Interkorrelationen (Pearson) der MLQ-Skalen (Daten aus der
Mitarbeitereinschätzung zu t1; N = 174) ................................................................................... 236
Tabelle 4.1.2: Skalenkennwerte und Interkorrelationen (Pearson) der MLQ-Skalen (Daten aus der
Selbsteinschätzung zu t1; N = 20) ............................................................................................. 237
Tabelle 4.1.3: Skalenkennwerte und Interkorrelationen (Pearson) der Selbstdarstellungsskalen
(Selbsteinschätzung zu t1; N = 20) ........................................................................................... 238
Tabelle 4.1.4: Korrelationen (Pearson) zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den
Fremdeinschätzungen zu den Führungsstilskalen des MLQ (N = 20/174) ............................... 240
Tabelle 4.1.5: Korrelationen (Pearson) zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den
Selbsteinschätzungen zu den Führungsstilskalen des MLQ (N = 20) ....................................... 241
Tabelle 4.1.6: Korrelationen (Pearson) zwischen den Selbstdarstellungsskalen und den Selbst- und
Fremdeinschätzungen zu den internen Erfolgskriterien von Führung (MLQ) (N = 20/174) ..... 241
Tabelle 4.1.7: Hauptkomponentenanalyse der MLQ-Skalen: promax-rotierte 2-Faktorenlösung ........... 242
Tabelle 4.1.8: Hauptkomponentenanalyse der Selbstdarstellungsskalen: promax-rotierte 2-Faktorenlösung
................................................................................................................................................... 243
Tabelle 4.1.9: Hauptkomponentenanalyse der Führungsstilsskalen des MLQ und der
Selbstdarstellungsskalen: promax-rotierte 2-Faktorenlösung.................................................... 245
Tabelle 4.2.1: Anzahl der Personen, Zuordnung der Führungspersonen und Mittelwerte und
Standardabweichungen der Variablen in der 4-Clusterlösung .................................................. 246
Tabelle 4.2.2: Anzahl der Personen, Mittelwerte und Standardabweichungen der Passivvariablen
(Selbsteinschätzungen zu Mood Manipulation (MMS) und Fremdeinschätzungen zur
transformationalen Führung (TF)) in der 4-Clusterlösung ........................................................ 248
Tabelle 4.2.3: Mittelwerte der Variablen Management by Exception active (MBA) in der 4-Clusterlösung
................................................................................................................................................... 249
Tabelle 4.3.1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Selbsteinschätzungen der Führungsstile vor
(t1) und nach (t2) der Intervention für die Interventionsgruppe und Gruppe C ........................ 251
Tabelle 4.3.2: Mittelwerte und Standardabweichungen der Fremdeinschätzungen der Führungsstile vor
(t1) und nach (t2) der Intervention für die Interventionsgruppe und Gruppe C ........................ 252
Tabellenverzeichnis 460

Tabelle 4.3.3: Effektstärken für abhängige Stichproben für die Veränderungen in den
Fremdeinschätzungen von t1 zu t2 in der Interventionsgruppe ................................................. 254
Tabelle 4.3.4: Mittelwerte und Standardabweichungen der direkten Einschätzung der Richtung und des
Ausmaß der Veränderungen in der Ausprägung der Führungsstile (Fremdeinschätzung) nach der
Intervention für die Interventionsgruppe und Gruppe C ........................................................... 255
Tabelle 4.3.5: Effektstärken für unabhängige Stichproben (Interventionsgruppe und Gruppe C) für die
direkten Veränderungseinschätzungen (Fremdeinschätzungen) zu t2 ....................................... 256
Tabelle 4.3.6: Mittelwerte und Standardabweichungen der Fremdeinschätzungen der Führungsstile vor
und nach der Intervention für Interventionsgruppe A und B ..................................................... 258
Tabelle 4.3.7: Einfluss der Gruppenzugehörigkeit (Interventionsgruppe A oder B) auf die Ausprägung der
Fremdeinschätzung der Führungsstile zu t2 unter statistischer Kontrolle der Ausprägungen der
Führungsstile zu t1 (Kovarianzanalyse) .................................................................................... 260
Tabelle 4.3.8: Effektstärken für abhängige Stichproben für die Veränderungen in den
Fremdeinschätzungen von t1 zu t2 in den Interventionsgruppen A und B ................................ 261
Tabelle 4.3.9: Mittelwerte und Standardabweichungen der direkten Einschätzung von Veränderungen in
der Ausprägung der Führungsstile (Fremdeinschätzung) nach der Intervention für
Interventiongruppen A und B .................................................................................................... 262
Tabelle 4.3.10: Effektstärken für unabhängige Stichproben (Interventionsgruppen A und B) für die
direkten Veränderungseinschätzungen (Fremdeinschätzungen) zu t2 ....................................... 263
Tabelle 4.3.11: Kritische Differenzen für die zehn Führungsstilskalen des MLQ (Fremdeinschätzung) 265
Tabelle 4.3.12: Mittelwerte der Führungsstile zu t1 und t2 der Führungskräfte der Interventionsgruppen A
und B (Fremdeinschätzung) ...................................................................................................... 266
Tabelle 4.3.13: Mittelwerte der direkten Einschätzung der Richtung und des Ausmaß der Veränderungen
in der Ausprägung der Führungsstile nach der Intervention für die Führungskräfte der
Interventionsgruppen A und B (Fremdeinschätzung) ................................................................ 267
Tabelle 4.4.1: Korrelationen (Pearson) zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen (aggregierte
Mitarbeitereinschätzungen) zu t1 und t2 für die zehn Führungsstile des MLQ in der
Interventionsgruppe und der Gruppe C ..................................................................................... 270
Tabelle 4.4.2: Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 und t2 und
Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2 in der Interventionsgruppe und der
Gruppe C ................................................................................................................................... 272
Tabelle 4.4.3: Korrelationen (Pearson) zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen (aggregierte
Mitarbeitereinschätzungen) zu t1 und t2 für die zehn Führungsstile des MLQ für die Gruppen A
und B ......................................................................................................................................... 274
Tabelle 4.4.4: Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 und t2
sowie Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2 in den Interventionsgruppen A
und B ......................................................................................................................................... 276
Tabelle 4.4.5: Absolutwerte der Differenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen zu t1 und t2
sowie Veränderungen im Übereinstimmungsgrad von t1 zu t2 bei den einzelnen Führungskräften
der Interventionsgruppen A und B ............................................................................................ 279
Tabelle 4.5.1: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer A ...... 282
Tabelle 4.5.2: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer A...................................................... 282
Tabelle 4.5.3: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer B ...... 283
Tabelle 4.5.4: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer B ...................................................... 284
Tabelle 4.5.5: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer C ...... 284
Tabelle 4.5.6: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer C ...................................................... 285
Tabelle 4.5.7: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer D ...... 285
Tabelle 4.5.8: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer D...................................................... 286
Tabelle 4.5.9: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer E....... 286
Tabelle 4.5.10: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer E .................................................... 286
Tabelle 4.5.11: Coachingziele und erwartete Veränderungen in den Führungsstilen – Teilnehmer F ..... 287
Tabelle 4.5.12: Kontroll- und Experimentalvariablen – Teilnehmer F .................................................... 287
Tabelle 4.5.13: Individuelle Mittelwerte und Differenzen der Ausprägung der Führungsstile zu den zwei
Messzeitpunkten für die Coachingteilnehmer (Interventionsgruppe B) (Fremdeinschätzung) . 289
Tabelle 4.5.14: Mittelwerte der direkten Einschätzung der Veränderungen in der Ausprägung der
Führungsstile nach der Intervention für die Coachingteilnehmer (Fremdeinschätzung) ........... 291
Tabelle 4.6.1: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer A ......................................................... 294
Tabelle 4.6.2: Ergebnisse der Fortschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer A ........................... 297
Tabelle 4.6.3: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer B ......................................................... 297
Tabelle 4.6.4: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer B ......................... 300
Tabelle 4.6.5: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer C ......................................................... 301
Tabelle 4.6.6: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer C ......................... 303
Tabellenverzeichnis 461

Tabelle 4.6.7: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer D ........................................................ 304


Tabelle 4.6.8: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer D ......................... 306
Tabelle 4.6.9: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer E ......................................................... 307
Tabelle 4.6.10: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer E ....................... 309
Tabelle 4.6.11: Überblick über den Coachingprozess Teilnehmer F ....................................................... 310
Tabelle 4.6.12: Ergebnisse der Fortsschrittskala zum Führungsverhalten, Teilnehmer F ....................... 312
Tabelle 4.8.1: Variablenspezifische (Transformationale Führung, Contingent Reward und Laissez Faire)
und variablenübergreifende Zuordnung der 20 Führungskräfte zu vier Übereinstimmungs-
clustern (= Selbsteinschätzungstypen) ...................................................................................... 320
Tabelle 4.9.1: Einfluss der Clusterzugehörigkeit auf den mittleren Übereinstimmungsgrad zwischen
Selbst- und Fremdeinschätzungen zur Ausprägung der Variablen TF, CR und LF (MANOVA)
................................................................................................................................................... 325
Tabelle 4.9.2: Einfluss der Clusterzugehörigkeit auf die abhängigen Variablen Veränderung im
Übereinstimmungsgrad und mittlerer Übereinstimmungsgrad zu t1 und t2 (MANOVA) ........ 326
Tabelle 5.1.1: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung I/1 ................................................. 335
Tabelle 5.1.2: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung I/2 ................................................. 338
Tabelle 5.1.3: Überblick über die Ergebnisse zu den Veränderungshypothesen zu Fragestellung II/1 ... 345
Tabelle 5.1.4: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/1 ................................................ 348
Tabelle 5.1.5: Überblick über die Ergebnisse zu den Veränderungshypothesen zu Fragestellung II/2 ... 354
Tabelle 5.1.6: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/2 ................................................ 356
Tabelle 5.1.7: Coachinganlässe, Ziele und Anliegen der sechs Coachingteilnehmer und Zuordnung zum
Full Range of Leadership .......................................................................................................... 358
Tabelle 5.1.8: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/3 ................................................ 363
Tabelle 5.1.9: Überblick über das Ausmaß der Zielerreichung der sechs Coachingteilnehmer............... 364
Tabelle 5.1.10: Überblick über die Entwicklung der sechs Coachingteilnehmer auf der Fortschrittskala
zum Führungsverhalten ............................................................................................................. 366
Tabelle 5.1.11: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/4 .............................................. 368
Tabelle 5.1.12: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung II/5 .............................................. 371
Tabelle 5.1.13: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung III/1 ............................................. 375
Tabelle 5.1.14: Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellung III/2 ............................................. 379
Tabelle 5.1.15: Ergebnisse zur Wirksamkeit des gesamten Interventionsprogramms ............................. 385
Tabelle 5.1.16: Ergebnisse zur Wirksamkeit des Interventionsmoduls Einzelcoaching .......................... 387
Tabelle 5.3.1: Komponenten transformationaler Selbstinterpretation – Inhalt und Darstellung .............. 414
Tabelle 5.3.2: Ablaufmodell des PC-T .................................................................................................... 428
Tabelle 5.3.3: Thematische Schwerpunkte in Modul 1 in Abhängigkeit auffälliger Skalen und Items ... 431
Tabelle 5.3.4: Thematische Schwerpunkte in Modul 4 in Abhängigkeit auffälliger Skalen und Items ... 432
Tabelle 5.3.5: Ausgewählte Coachingmethoden zum Basismodul .......................................................... 434
Tabelle 5.3.6: Ausgewählte Coachingmethoden zu Modul 1 .................................................................. 435
Tabelle 5.3.7: Ausgewählte Coachingmethoden zu Modul 2 .................................................................. 436
Tabelle 5.3.8: Ausgewählte Coachingmethoden zu Modul 3 .................................................................. 436
Tabelle 5.3.9: Ausgewählte Coachingmethoden zu Modul 4 .................................................................. 436
Anhang 462

Anhang

Anhang 1: Erhebungsinstrumente
Anhang 2: Materialien zum Führungsfeedback
Anhang 3: Tabellen zu Ergebnissen der statistischen Auswertung der Daten
Anhang 463

Anhang 1: Erhebungsinstrumente

Anhang 1.1 MLQ


Anhang 1.2 Skalen zur akquisitiven Selbstüberwachung
Anhang 1.3 Skalen zur protektiven Selbstüberwachung
Anhang 1.4 Mood Manipulator Scale
Anhang 1.5 Skala zur Persönlichkeitsdarstellung
Anhang 1.6 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 1
Anhang 1.7 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 2
Anhang 1.8 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 3
Anhang 1.9 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 4
Anhang 1.10 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 5
Anhang 1.11 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 6
Anhang 1.12 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 7
Anhang 1.13 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 8
Anhang 1.14 Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 9
Anhang 464

Anhang 1.1: Skalen und Items der deutschen Übersetzung (Felfe, 2006b; Felfe & Goihl,
2003) des MLQ Form5xShort (Bass & Avolio, 1995) (Tabelle 1.1)

Tabelle 1.1: Skalen und Items der deutschen Übersetzung (Felfe, 2006b; Felfe & Goihl, 2003) des MLQ
Form5xShort (Bass & Avolio, 1995)

Skala mit deut- Items in der Selbsteinschätzung Items in der Fremdeinschätzung Kennwerte für die
scher Bezeich- Fremdeinschätzung
nung und Ab- (aus Felfe, 2006b;
kürzung N = 3475 Mitarbei-
ter-Einschätzungen)
Transformationa Ich... Die Führungskraft, die ich M SD α
le Führung einschätze...

Einfluss durch
Vorbildlichkeit
und Glaubwür-
digkeit (Idealized
Influence)

Attributed (IIa) 1. mache meine Mitarbeiter 1. macht mich stolz darauf, mit ihr 3.11 1.07 .88
stolz darauf mit mir zu tun zu zu tun zu haben.
haben.
2. stelle meine eigenen Interes- 2. stellt die eigenen Interessen zu-
sen zurück, wenn es um das rück, wenn es um das Wohl der
Wohl der Gruppe geht. Gruppe geht.
3. handle in einer Weise, die bei 3. handelt in einer Weise, die bei
anderen Respekt erzeugt. mir Respekt erzeugt.
4. strahle Stärke und Vertrauen 4. strahlt Stärke und Vertrauen aus.
aus.

Behavior (IIb) 1. spreche mit anderen über 1. spricht mit anderen über ihre 3.29 1.00 .73
meine wichtigsten Überzeu- wichtigsten Überzeugungen und
gungen und Werte. Werte
2. mache klar, wie wichtig es ist 2. macht klar, wie wichtig es ist,
, sich 100prozentig für eine sich 100prozentig für eine Sache
Sache einzusetzen. einzusetzen.
3. berücksichtige die morali- 3. berücksichtigt die moralischen
schen und ethischen Konse- und ethischen Konsequenzen von
quenzen von Entscheidungen. Entscheidungen.
4. betone die Wichtigkeit von 4. betont die Wichtigkeit von Team-
Teamgeist und einem ge- geist und einem gemeinsamen
meinsamen Aufgabenver- Aufgabenverständnis.
ständnis.

Motivation durch 1. äußere mich optimistisch über 1. äußert sich optimistisch über die 3.29 .96 .84
begeisternde die Zukunft. Zukunft.
Visionen 2. spreche mit Begeisterung 2. spricht mit Begeisterung über das,
(Inspirational über das, was erreicht werden was erreicht werden soll.
motivation) soll.
(IM) 3. formuliere eine überzeugende 3. formuliert eine überzeugende
Zukunftsvision. Zukunftsvision.
4. habe großes Vertrauen, dass 4. hat großes Vertrauen, dass die
die gesteckten Ziele erreicht gesteckten Ziele erreicht werden.
werden.
Anhang 465

Fortsetzung Tabelle 1.1

Skala mit deut- Items in der Selbsteinschätzung Items in der Fremdeinschätzung Kennwerte für die
scher Bezeich- Fremdeinschätzung
nung und Ab- (aus Felfe, 2006b;
kürzung N = 3475 Mitarbeiter-
Einschätzungen)
Transformationa Ich... Die Führungskraft, die ich ein- M SD α
le Führung schätze...

Anregung und 1. suche bei der Lösung von 1. sucht bei der Lösung von Prob- 3.12 1.00 .81
Förderung von Problemen nach unterschied- lemen nach unterschiedlichen
kreativem und lichen Perspektiven. Perspektiven.
unabhängigem 2. schlage neue Wege vor, wie 2. schlägt neue Wege vor, wie
Denken Aufgaben / Aufträge bearbei- Aufgaben / Aufträge bearbeitet
(Intellectual sti- tet werden können. werden können.
mulation) 3. bringe andere dazu, Probleme 3. bringt mich dazu, Probleme aus
(IS) aus verschiedenen Blickwin- verschiedenen Blickwinkeln zu
keln zu betrachten. betrachten.
4. überprüfe stets aufs neue, ob 4. Überprüft stets aufs neue, ob
zentrale / wichtige Annahmen zentrale /wichtige Annahmen
noch angemessen sind. noch angemessen sind.

Individuelle Un- 1. erkenne die individuellen 1. erkennt meine individuellen 3.24 .97 .83
terstützung und Bedürfnisse, Fähigkeiten und Bedürfnisse, Fähigkeiten und
Förderung Ziele meiner Mitarbeiter. Ziele.
(Individualized 2. helfe meinen Mitarbeitern, 2. hilft mir, meine Stärken auszu-
consideration) ihre Stärken auszubauen. bauen.
(IC) 3. verbringe Zeit mit Führung 3. verbringt Zeit mit Führung und
und damit, den Mitarbeitern damit, den Mitarbeitern etwas
etwas beizubringen. beizubringen.
4. berücksichtige die Individua- 4. berücksichtigt meine Individua-
lität meiner Mitarbeiter und lität und behandelt mich nicht
behandle sie nicht nur als ir- nur als irgendeinen Mitarbeiter
gendeinen Mitarbeiter unter unter vielen.
vielen.

Ausstrahlung 1. bin für meine Mitarbeiter so 1. ist für mich so wichtig, dass ich 2.81 1.10 .92
(AUS) wichtig, dass sie den Kontakt den Kontakt zu ihr suche / pfle-
zu mir suchen / pflegen. ge.
2. vermag andere durch meine 2. vermag mich durch ihre Persön-
Persönlichkeit zu beeindru- lichkeit zu beeindrucken und zu
cken und zu faszinieren. faszinieren.
3. verstehe es, meine Mitarbeiter 3. versteht es, mich immer wieder
immer wieder zu begeistern. zu begeistern.
4. verfüge über Fähigkeiten und 4. verfügt über Fähigkeiten und
Eigenschaften, die andere Eigenschaften, die ich bewun-
bewundern. dere.
Anhang 466

Fortsetzung Tabelle 1.1

Skala mit deut- Items in der Selbsteinschät- Items in der Fremdeinschätzung Kennwerte für die
scher Bezeich- zung Fremdeinschätzung (aus
nung und Ab- Felfe, 2006b;
kürzung N = 3475 Mitarbeiter-
Einschätzungen)
Transaktionale Ich... Die Führungskraft, die ich ein- M SD α
Führung und schätze...
Vermeidung von
Führung
Contingent 1. biete im Gegenzug für die 1. bietet im Gegenzug für meine 3.32 .95 .70
Reward (CR) Anstrengung meiner Mitar- Anstrengung ihre Hilfe an.
Leistungsorien- beiter meine Hilfe an.
2. mache deutlich, wer für 2. macht deutlich, wer für be-
tierte Belohnung bestimmte Leistungen ver- stimmte Leistungen verant-
antwortlich ist. wortlich ist.
3. spreche klar aus, was man 3. spricht klar aus, was man
erwarten kann, wenn die erwarten kann, wenn die ge-
gesteckten Ziele erreicht steckten Ziele erreicht worden
worden sind. sind.
4. zeige Zufriedenheit, wenn 4. zeigt Zufriedenheit, wenn
andere die Erwartungen er- andere die Erwartungen erfül-
füllen. len.

Management by 1. konzentriere mich überwie- 1. konzentriert sich überwiegend 3.14 .77 .63
Exception active gend auf Unregelmäßigkei- auf Unregelmäßigkeiten, Feh-
ten, Fehler, Ausnahmen und ler, Ausnahmen und Abwei-
(MBA) Abweichungen von Vor- chungen von Vorschriften.
Führung durch schriften.
aktive Kontrolle 2. kümmere mich in erster 2. kümmert sich in erster Linie
Linie um Fehler und Be- um Fehler und Beschwerden.
schwerden.
3. verfolge alle Fehler konse- 3. verfolgt alle Fehler konse-
quent. quent.
4. mache meine Mitarbeiter 4. macht mich auf Fehler auf-
auf Fehler aufmerksam, merksam, damit die Anforde-
damit die Anforderungen rungen erfüllt werden.
erfüllt werden.

Management by 1. versäume es, mich um die 1. versäumt es, sich um die 2.54 .97 .81
Exception passive Probleme zu kümmern, bis Probleme zu kümmern, bis sie
sie wirklich ernst geworden wirklich ernst geworden sind.
(MBP) sind.
Führen durch 2. warte bis etwas schief 2. wartet bis etwas schief ge-
Eingreifen im gegangen ist, bevor ich et- gangen ist, bevor sie etwas
Ausnahmefall was unternehme. unternimmt.
3. bin fest davon überzeugt, 3. ist fest davon überzeugt, dass
dass man ohne Not nichts man ohne Not nichts ändern
ändern sollte. sollte.
4. vertrete die Ansicht, dass 4. vertritt die Ansicht, dass
Probleme erst wiederholt Probleme erst wiederholt auf-
auftreten müssen, bevor treten müssen, bevor man
man handeln sollte. handeln sollte.

Laissez-faire 1. versuche, mich nicht her- 1. versucht, sich nicht herauszu- 2.55 1.02 .81
(LF) auszuhalten, wenn wichtige halten, wenn wichtige Fragen
Fragen anstehen. anstehen. (-)
Vermeidung / 2. bin immer für die Mitarbei- 2. ist immer da, wenn sie ge-
Verweigerung von ter da, wenn ich gebraucht braucht wird. (-)
Führung werde.
3. treffe schnell und ohne 3. trifft schnell und ohne Zögern
Zögern meine Entscheidun- ihre Entscheidungen. (-)
gen.
4. kläre wichtige Fragen so- 4. klärt wichtige Fragen sofort.
fort. (-)
Anhang 467

Fortsetzung Tabelle 1.1

Skala mit deut- Items in der Selbsteinschätzung Items in der Fremdeinschätzung Kennwerte für die
scher Bezeich- Fremdeinschätzung
nung und Ab- (aus Felfe, 2006b;
kürzung N = 3475 Mitarbeiter-
Einschätzungen)
Transaktionale Ich... Die Führungskraft, die ich ein- M SD α
Führung und schätze...
Vermeidung von
Führung

Extra Effort 1. sporne meine Mitarbeiter an, 1. spornt mich an, erfolgreich zu 2.88 1.15 .92
(EEF) erfolgreich zu sein. sein.
2. erhöhe die Bereitschaft meiner 2. erhöht meine Bereitschaft,
Zusätzliche An- Mitarbeiter, sich stärker anzu- mich stärker anzustrengen.
strengungsbereitsc strengen.
haft 3. bringe meine Mitarbeiter dazu, 3. bringt mich dazu, mehr zu
mehr zu schaffen als sie ur- schaffen als ich ursprünglich
sprünglich erwartet haben. erwartet habe.

1. kann die Interessen meiner 1. kann meine Interessen gut bei 3.03 1.09 .89
Leader Mitarbeiter gut bei höheren höheren Vorgesetzten vertre-
effectiveness Vorgesetzten vertreten. ten.
2. setze mich effektiv für die 2. setzt sich effektiv für meine
(EFF) (beruflichen) Bedürfnisse und (beruflichen) Bedürfnisse und
Effektivität der Interessen meiner Mitarbeiter Interessen ein.
Führung ein.
3. kann eine Gruppe effektiv 3. kann eine Gruppe effektiv
führen. führen.
4. setze mich effektiv für die 4. setzt sich effektiv für die
Belange der Organisation ein. Belange der Organisation ein.

Satisfaction with 1. gestalte die Zusammenarbeit so, 1. gestaltet die Zusammenarbeit 3.07 1.19 .90
leadership (SAT) dass meine Mitarbeiter wirklich so, dass ich wirklich zufrie-
Zufriedenheit der zufrieden sind. den bin.
2. sorge durch mein Führungsver- 2. sorgt durch ihr Führungsver-
Mitarbeiter halten für Zufriedenheit. halten für Zufriedenheit.
Anhang 468

Anhang 1.2: Akquisitive Selbstüberwachung (AK)(Revised Self-monitoring-scale) (Laux &


Renner, 2002) (Tabelle 1.2)

Tabelle 1.2: Subskalen und Items der akquisitiven Selbstüberwachung


(Laux & Renner, 2002; N =329;  = 0.80)
Item-Nr. Subskala/ Item M SD r mit Sub- /
Gesamtskala
Selbstdarstellungskompetenz (= .81)
AkSd1 1. Wenn ich das Gefühl habe, dass das Bild meiner 2.08 .76 .56/.43
Persönlichkeit, welches ich in sozialen Situationen
vermitteln will, nicht ankommt, dann kann ich es je-
derzeit in ein angemesseneres umwandeln.

AkSd2 2. Wenn ich in sozialen Situationen den Eindruck habe, 2.43 .79 .64/.49
dass eine andere Verhaltensweise angebracht ist, dann
kann ich mein Verhalten problemlos umstellen.

AkSd3 3. Wenn ich einen ganz bestimmten Eindruck von mir 2.53 .77 .56/.48
vermitteln will, dann kann ich das auch entsprechend
steuern.

AkSd4 4. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich mein Ver- 2.45 .76 .62/.52
halten so steuern kann, dass ich den Anforderungen
jeder Situation gerecht werden kann.

AkSd5 5. Es fällt mir schwer mein Verhalten unterschiedli- 3.23 .71 .44/.42
chen Leuten und Situationen anzupassen.

AkSd6 6. Sobald ich weiß, welches Verhalten eine bestimmte 2.49 .72 .62/.52
Situation erfordert, dann kann ich mich problemlos
darauf einstellen.

Gesamt AkSd 2.54


Wahrnehmungssensibilität (=.77)
AkWa1 1. Normalerweise merke ich den Leuten an, dass sie 2.87 .69 .36/.31
einen Witz geschmacklos finden, selbst wenn sie
darüber lachen.

AkWa2 2. Ich kann normalerweise an den Augen meines 2.85 .72 .55/.48
Gesprächspartners ablese, ob ich etwas Unange-
messenes gesagt habe.

AkWa3 3. Wenn mir jemand eine Lüge erzählt, dann merke 2.40 .67 .43/.31
ich das sofort an seiner/ ihrer Ausdrucksweise.

AkWa4 4. Ich kann mich ziemlich gut auf meine Intuition 2.85 .72 .50/.45
verlassen, wenn es darum geht, die Gefühle und
Motive anderer zu verstehen.

AkWa5 5. In Unterhaltungen registriere ich bereits die 2.49 .76 .60/.42


kleinste Veränderung im Gesichtsausdruck meines
Gesprächspartners.

AkWa6 6. Ich kann oft die wahren Gefühle einer Person an 2.44 .71 .65/.50
ihren Augen ablesen.
Gesamt AkWa 2.24
Gesamtskala 2.39
Anhang 469

Anhang 1.3: Protektive Selbstüberwachung (PRO) (Concern for Appropriateness Scale)


(Laux & Renner, 2002) (Tabelle 1.3)

Tabelle 1.3: Subskalen und Items der akquisitiven Selbstüberwachung


(Laux & Renner, 2002; N =329;  = 0.85)
Item-Nr. Subskala/Item M SD r mit Sub-/
Gesamt-
skala
Protektive Variabilität (=.82)
Prova 1 1. Um Missbilligung zu vermeiden, stelle ich gegenüber 1.94 .85 .57/.58
verschiedenen Leuten ganz unterschiedliche Aspekte meiner
Persönlichkeit dar.

Prova 2 2. Um nicht aufzufallen, verhalte ich mich in verschiedenen 1.74 .69 .70/.68
Situationen und mit verschiedenen Leuten oft wie ganz
unterschiedliche Personen.

Prova 3 3. Verschiedene Situationen bringen mich dazu, mich wie 1.86 .77 .65/.60
sehr unterschiedliche Personen zu verhalten.

Prova 4 4. Oftmals wage ich es nicht, mich gegenüber anderen Per- 1.85 .74 .50/.56
sonen so zu verhalten, wie ich wirklich bin.

Prova 5 5. Ich bin nicht immer die Person, die ich vorgebe zu sein. 1.91 .84 .68/.61

Prova 6 6. Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Leute nicht wis- 2.23 .86 .44/.37
sen, wer ich wirklich bin.

Gesamt Prova 1.92


Protektiver sozialer Vergleich (=.74)
Prover1 1. Wenn sich alle Personen in einer Gruppe auf eine be- 1.66 .75 .42/.38
stimmte Art und Weise verhalten, dann habe ich das Gefühl,
dass das die richtige Art, sich zu verhalten, sein muss.

Prover2 2. Wenn ich nicht weiß, wie ich mich in einer bestimmten 2.46 .73 .50/.46
Situation verhalten soll, orientiere ich mich am Verhalten
anderer.

Prover3 3. Ich versuche die Reaktionen anderer auf mein Verhalten 2.48 .79 .46/.43
zu registrieren, damit ich mich nicht selbst ins Abseits stelle.

Prover4 4. Der geringste Hinweis von Missbilligung in den Augen 1.62 .67 .51/.54
einer anderen Person genügt, damit ich mein verhalten ände-
re.

Prover5 5. Es ist wichtig für mich, mich in die Gruppe, in der ich 2.34 .74 .48/.47
mich gerade aufhalte, einzupassen.

Prover6 6. Mein Verhalten ist oft so, wie andere es sich wünschen. 1.94 .73 .52/.55
Gesamt Prover 2.08
Gesamtskala 2.00
Anhang 470

Anhang 1.4: Deutschsprachige Fassung der Mood Manipulator Scale zur multiperspektivi-
schen Erfassung des Motivs nach Spannungsaufbau (Norton, 1983) (Tabelle 1.4)

Tabelle 1.4: Items der Mood Manipulator Scale


(Norton, 1093; Kennwerte für die Selbsteinschätzung nach Renner, 2006)
Item-Nr. Items für die Selbsteinschätzung Kennwerte für die Selbst-
einschätzung: α = .83; n= 100
M SD α

MMS 1 Ich weiß, wie ich die Vorstellungskraft von anderen 2.76 .67 .63
anregen kann.

MMS 2 Wenn ich mit Menschen spreche, weiß ich wie ich 2.88 .57 .71
ihre Aufmerksamkeit gewinnen kann.

MMS 3 Ich kann eine Person mit meinen Geschichten fes- 2.69 .73 .69
seln.

MMS 4 Durch die Art, wie ich etwas sage, kann ich sehr gut 2.55 .86
die Stimmung von anderen manipulieren.

MMS 5 Wenn mich etwas begeistert, dann weiß ich, wie ich 2.93 .64 .62
auch andere mit meiner Begeisterung anstecken
kann.

MMS 6 Ich weiß, wie ich Menschen dazu bringen kann, mit 2.49 .76 .58
anderen mitzufühlen.

MMS 7 In Unterhaltungen versuche ich oft absichtlich, be- 2.44 .86 .62
stimmte Gefühle bei anderen zu erzeugen.

MMS 8 Um eine dramatische Wirkung zu erzeugen, gebe 2.71 .84 .67


ich dem, was ich sage, eine emotionale Färbung.

MMS 9 Ich weiß, wie ich Spannung aufbauen kann, wenn 2.87 .76 .66
ich eine Geschichte erzähle.

Mittelwert für die Gesamtskala 2.70 .49


Anhang 471

Anhang 1.5: Skala zur Persönlichkeitsdarstellung (Tabelle 1.5)

Tabelle 1.5: Items der Skala zur Persönlichkeitsdarstellung


(Laux, Renner, Spielhagen & Merzbacher, 2003; α = .76; N = 329)

Item-Nr. Item M SD

pd1 Ich versuche meist, mich so zu verhalten, wie ich wirklich bin. 3.27 .70

pd2 Es gibt viele Situationen, in denen es wichtiger ist, seine Ge- 2.95 .83
fühle einfach auszudrücken, anstatt sie zu unterdrücken.

pd3 Ich stelle sicher, dass andere meine Gefühle verstehen. 2.42 .77

pd4 Ich möchte meine wahre Persönlichkeit zeigen. 2.97 .67

pd5 Es ist mir wichtig, dass andere wissen, wie ich mich fühle. 2.37 .82

pd6 Ich möchte vermitteln, wer ich wirklich bin. 2.89 .71

pd7 Ich möchte mitteilen, was mich wirklich bewegt. 2.85 .75
Gesamtskala 2.82
Anhang 472

Anhang 1.6: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 1


Anhang 473

Anhang 1.7: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 2


Anhang 474

Anhang 1.8: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 3


Anhang 475

Anhang 1.9: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 4


Anhang 476

Anhang 1.10: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 5


Anhang 477

Anhang 1.11: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 6


Anhang 478

Anhang 1.12: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 7


Anhang 479

Anhang 1.13: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 8


Anhang 480

Anhang 1.14: Dokumentationsbogen zum Coachingprozess – Bogen 9


Anhang 481

Anhang 2: Materialien zum Führungsfeedback

Anhang 2.1 Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback I – Selbsteinschätzung


Anhang 2.2 Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback I – Fremdeinschätzung
Anhang 2.3 Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback II – Selbsteinschätzung
Anhang 2.4 Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback II – Fremdeinschätzung
Anhang 2.5 Informationsblatt zum Führungsfeedback I
Anhang 2.6 Informationsblatt zum Führungsfeedback II
Anhang 2.7 Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks
Anhang 482

Anhang 2.1: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback I – Selbsteinschätzung


Anhang 483

Fortsetzung Anhang 2.1: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback I –


Selbsteinschätzung
Anhang 484

Anhang 2.2: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback I – Fremdeinschätzung


Anhang 485

Fortsetzung Anhang 2.2: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback I –


Fremdeinschätzung
Anhang 486

Anhang 2.3: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback II – Selbsteinschätzung


Anhang 487

Fortsetzung Anhang 2.3: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback II –


Selbsteinschätzung
Anhang 488

Fortsetzung Anhang 2.3: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback II –


Selbsteinschätzung
Anhang 489

Anhang 2.4: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback II – Fremdeinschätzung


Anhang 490

Fortsetzung Anhang 2.4: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback II –


Fremdeinschätzung
Anhang 491

Fortsetzung Anhang 2.4: Instruktionen zum Fragebogen Führungsfeedback II –


Fremdeinschätzung
Anhang 492

Anhang 2.5: Informationsblatt zum Führungsfeedback I


Anhang 493

Forsetzung Anhang 2.5: Informationsblatt zum Führungsfeedback I


Anhang 494

Anhang 2.6: Informationsblatt zum Führungsfeedback II


Anhang 495

Fortsetzung Anhang 2.6: Informationsblatt zum Führungsfeedback II


Anhang 496

Anhang 2.7: Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks


Anhang 497

Fortsetzung Anhang 2.7: Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks


Anhang 498

Fortsetzung Anhang 2.7: Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks


Anhang 499

Fortsetzung Anhang 2.7: Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks


Anhang 500

Fortsetzung Anhang 2.7: Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks


Anhang 501

Fortsetzung Anhang 2.7: Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks


Anhang 502

Fortsetzung Anhang 2.7: Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks


Anhang 503

Fortsetzung Anhang 2.7: Reflexionsleitfaden zu den Ergebnissen des Führungsfeedbacks


Anhang 504

Anhang 3: Tabellen zu Ergebnissen der statistischen Auswertung der Daten

Anhang 3.1 Tests auf Normalverteilung der abhängigen Variablen in der Stichprobe
Anhang 3.2 Überprüfung der Varianzhomogenität der Interventiongruppe und der
Gruppe C
Anhang 3.3 Überprüfung der Varianzhomogenität in den Interventionsgruppen A und B
Anhang 3.4 Ergebnisse der Varianzanalyse zu Gruppenunterschieden (Unterschiede
zwischen Interventionsgruppen A und B) zu t1
Anhang 3.5 Ergebnisse des T-Tests zur Überprüfung der Mittelwertsunterschiede für die
Skalen des MLQ zwischen t1 und t2: Interventionsgruppe gesamt
(Fremdeinschätzung)
Anhang 3.6 Ergebnisse des T-Tests zur Überprüfung der Mittelwertsunterschiede für die
Skalen des MLQ zwischen t1 und t2: Gruppe C (Fremdeinschätzung)
Anhang 3.7 Ergebnisse des T-Tests zur Überprüfung der Mittelwertsunterschiede für die
Skalen des MLQ zwischen t1 und t2: Interventionsgruppe A
(Fremdeinschätzung)
Anhang 3.8: Ergebnisse des T-Tests zur Überprüfung der Mittelwertsunterschiede für die
Skalen des MLQ zwischen t1 und t2: Interventionsgruppe B
(Fremdeinschätzung)
Anhang 3.9: Wilcoxon-Test zum Mittelwertsvergleich Prä-Post der Interventionsgruppe gesamt
(Fremdeinschätzung)
Anhang 3.10: Wilcoxon-Test zum Mittelwertsvergleich Prä-Post der Gruppe C
(Fremdeinschätzung)
Anhang 3.11: Wilcoxon-Test zum Mittelwertsvergleich Prä-Post der Gruppe A
(Fremdeinschätzung)
Anhang 3.12: Wilcoxon-Test zum Mittelwertsvergleich Prä-Post der Gruppe B
(Fremdeinschätzung)
Anhang 3.13: MANOVA zu Gruppenunterschieden (Interventionsgruppe gesamt und Gruppe C) in
den Absolutwerten der direkten Veränderungseinschätzung der MLQ-Skalen
(Fremdeinschätzung) zu t2
Anhang 3.14: Vergleich kritischer und empirischer Differenzen der Ausprägung der zehn
Führungsstilskalen des MLQ und der Gesamtvariablen Transformationalen
Führung (TF) zu t1 und t2 für die 20 Führungskräfte
Anhang 3.15: MANOVA zu Gruppenunterschieden (Interventionsgruppen A und B) in den
Absolutwerten der Differenzen der MLQ-Skalen (Fremdeinschätzung) zu t1 und t2
Anhang 3.16: MANOVA zu Gruppenunterschieden (Interventionsgruppen A und B) in den
Absolutwerten der direkten Veränderungseinschätzung der MLQ-Skalen (Fremdein-
schätzung) zu t2
Anhang 3.17: Pearson-Korrelationen des Übereinstimmungsgrads zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen und den Differenzwerten zwischen t1 und t2 (Selbsteinschätzungen)
Anhang 3.18: Pearson-Korrelationen des Übereinstimmungsgrads zwischen Selbst- und Fremdein-
schätzungen und den Differenzwerten zwischen t1 und t2 (Fremdeinschätzungen)
Anhang 3.19: Korrelationen der Messwerte zu t1 und t2 (Fremdeinschätzungen der Führungsstile)
Anhang 3.20: Mittelwerte der Führungskräfte des Clusters Unterschätzer in den Variablen TF, CR
und LF zu t1 und t2 (Selbst- und Fremdeinschätzung)
Anhang 3.21: Mittelwerte der Führungskräfte des Clusters Protektive Selbstüberwacher in den
Variablen TF, CR und LF zu t1 und t2 (Fremd- und Selbsteinschätzung)
Anhang 505

Anhang 3.1: Tests auf Normalverteilung der abhängigen Variablen in der Stichprobe
Kolmogorov-Smirnova
Statistik df Signifikanz
s2_1_SelbstIIa .160 20 .196
s3_1_SelbstIIb .150 20 .200*
s4_1_SelbstIM .182 20 .080
s5_1_SelbstIS .181 20 .086
s6_1_SelbstIC .131 20 .200*
s7_1_SelbstAUS .112 20 .200*
s8_1_SelbstCR .197 20 .041
s9_1_SelbstMBA .117 20 .200*
s10_1_SelbstMBP .220 20 .012
s11_1_SelbstLF .159 20 .199
s12_1_SelbstEEF .110 20 .200*
s13_1_SelbstEFF .194 20 .047
s14_1_SelbstSAT .208 20 .024
s15_SelbstAK .252 20 .002
s15_1_SelbstAkSd .255 20 .001
s15_2_SelbstAkWa .286 20 .000
s16_SelbstPRO .167 20 .148
s16_1_SelbstProva .188 20 .062
s16_2_SelbstProver .222 20 .011
s17_1_Selbstpd .185 20 .071
s18_1_Selbstao .244 20 .003
s19_1_SelbstMMS .085 20 .200*
v2_1_IIa .146 20 .200*
v3_1_IIb .119 20 .200*
v4_1_IM .211 20 .020
v5_1_IS .121 20 .200*
v6_1_IC .114 20 .200*
v7_1_AUS .175 20 .110
v8_1_CR .161 20 .188
v9_1_MBA .094 20 .200*
v10_1_MBP .138 20 .200*
v11_1_LF .175 20 .111
v12_1_EEF .157 20 .200*
v13_1_EFF .129 20 .200*
v14_1_SAT .121 20 .200*
Anhang 506

Anhang 3.2: Überprüfung der Varianzhomogenität der Interventiongruppe und der Gruppe
C

Levene-Test auf Gleichheit der Fehlervarianzen


F df1 df2 Sig.
s1_1_SelbstTF 1.154 2 17 .339
s2_1_SelbstIIa 1.243 2 17 .313
s3_1_SelbstIIb .523 2 17 .602
s4_1_SelbstIM .639 2 17 .540
s5_1_SelbstIS .324 2 17 .728
s6_1_SelbstIC .453 2 17 .643
s7_1_SelbstAUS .268 2 17 .768
s8_1_SelbstCR 1.009 2 17 .386
s9_1_SelbstMBA 2.101 2 17 .153
s10_1_SelbstMBP .280 2 17 .759
s11_1_SelbstLF .207 2 17 .815
s15_SelbstAK .160 2 17 .854
s15_1_SelbstAkSd .012 2 17 .988
s15_2_SelbstAkWa .384 2 17 .687
s16_SelbstPRO 1.027 2 17 .379
s16_1_SelbstProva .878 2 17 .434
s16_2_SelbstProver 1.934 2 17 .175
s19_1_SelbstMMS .066 2 17 .937
v1_1_TF .619 2 17 .550
v2_1_IIa 1.352 2 17 .285
v3_1_IIb .393 2 17 .681
v4_1_IM .767 2 17 .480
v5_1_IS .803 2 17 .464
v6_1_IC .394 2 17 .681
v7_1_AUS .862 2 17 .440
v8_1_CR .738 2 17 .493
v9_1_MBA .503 2 17 .614
v10_1_MBP .599 2 17 .561
v11_1_LF .771 2 17 .478
Prüft die Nullhypothese. dass die Fehlervarianz der abhängigen Variablen über Gruppen hinweg gleich
ist.
Anhang 507

Anhang 3.3: Überprüfung der Varianzhomogenität in den Interventionsgruppen A und B

Levene-Test auf Gleichheit der Fehlervarianzen


F df1 df2 Sig.
s1_1_SelbstTF .382 1 12 .548
s2_1_SelbstIIa .402 1 12 .538
s3_1_SelbstIIb .095 1 12 .763
s4_1_SelbstIM .517 1 12 .486
s5_1_SelbstIS .780 1 12 .395
s6_1_SelbstIC .519 1 12 .485
s7_1_SelbstAUS .000 1 12 .996
s8_1_SelbstCR .677 1 12 .427
s9_1_SelbstMBA 3.461 1 12 .088
s10_1_SelbstMBP .267 1 12 .615
s11_1_SelbstLF .012 1 12 .915
s15_SelbstAK .076 1 12 .788
s15_1_SelbstAkSd .000 1 12 .983
s15_2_SelbstAkWa .203 1 12 .661
s16_SelbstPRO 1.626 1 12 .226
s16_1_SelbstProva .075 1 12 .788
s16_2_SelbstProver 2.727 1 12 .125
s19_1_SelbstMMS .043 1 12 .838
v1_1_TF .051 1 12 .825
v2_1_IIa .376 1 12 .551
v3_1_IIb .372 1 12 .553
v4_1_IM .471 1 12 .505
v5_1_IS 1.333 1 12 .271
v6_1_IC .117 1 12 .738
v7_1_AUS .547 1 12 .474
v8_1_CR 1.326 1 12 .272
v9_1_MBA .587 1 12 .458
v10_1_MBP 1.174 1 12 .300
v11_1_LF .908 1 12 .360
Prüft die Nullhypothese. dass die Fehlervarianz der abhängigen Variablen über Gruppen hinweg gleich
ist.
Anhang 508

Anhang 3.4: Ergebnisse der Varianzanalyse zu Gruppenunterschieden


(Unterschiede zwischen Interventionsgruppen A und B) zu t1
Mittel der
Quadratsumme df Quadrate F Signifikanz
v1_1_TF Zwischen den Gruppen .617 1 .617 5.267 .041
Innerhalb der Gruppen 1.406 12 .117
v2_1_IIa Zwischen den Gruppen .782 1 .782 5.802 .033
Innerhalb der Gruppen 1.617 12 .135
v3_1_IIb Zwischen den Gruppen 1.203 1 1.203 12.915 .004
Innerhalb der Gruppen 1.117 12 .093
v4_1_IM Zwischen den Gruppen .134 1 .134 .563 .467
Innerhalb der Gruppen 2.854 12 .238
v5_1_IS Zwischen den Gruppen .050 1 .050 .367 .556
Innerhalb der Gruppen 1.627 12 .136
v6_1_IC Zwischen den Gruppen .668 1 .668 4.239 .062
Innerhalb der Gruppen 1.891 12 .158
v7_1_AUS Zwischen den Gruppen 1.753 1 1.753 9.557 .009
Innerhalb der Gruppen 2.202 12 .183
v8_1_CR Zwischen den Gruppen .518 1 .518 2.587 .134
Innerhalb der Gruppen 2.401 12 .200
v11_1_LF Zwischen den Gruppen .166 1 .166 .658 .433
Innerhalb der Gruppen 3.022 12 .252

Anhang 3.5: Ergebnisse des T-Tests zur Überprüfung der Mittelwertsunterschiede für die
Skalen des MLQ zwischen t1 und t2: Interventionsgruppe gesamt (Fremdeinschätzung)
Gepaarte Differenzen
95%

Standardfehler Konfidenzintervall der

des Differenz Sig.


M SD Mittelwertes Untere Obere T df (2-seitig)
TF - TFt2 -,02862 ,15705 ,04197 -,11930 ,06205 -,682 13 ,507
IIa - IIat2 -,081134 ,312214 ,083443 -,261402 ,099133 -,972 13 ,349
IIb - IIbt2 ,062395 ,230333 ,061559 -,070595 ,195385 1,014 13 ,329
IM - IMt2 ,146904 ,328822 ,087881 -,042952 ,336760 1,672 13 ,118
IS - ISt2 ,004782 ,204257 ,054590 -,113153 ,122716 ,088 13 ,932
IC - ICt2 -,185009 ,207356 ,055418 -,304733 -,065285 -3,338 13 ,005
AUS - AUSt2 -,141141 ,328275 ,087735 -,330681 ,048399 -1,609 13 ,132
CR - CRt2 -,048716 ,225971 ,060393 -,179188 ,081756 -,807 13 ,434
MBA - MBAt2 -,002653 ,330741 ,088394 -,193617 ,188311 -,030 13 ,977
MBP - MBPt2 -,054832 ,202209 ,054043 -,171584 ,061920 -1,015 13 ,329
LF - LFt2 ,076954 ,191806 ,051262 -,033792 ,187700 1,501 13 ,157
Anhang 509

Anhang 3.6: Ergebnisse des T-Tests zur Überprüfung der Mittelwertsunterschiede für die
Skalen des MLQ zwischen t1 und t2: Gruppe C (Fremdeinschätzung)
Gepaarte Differenzen

Standardfehler 95% Konfidenzintervall der

des Mittelwer- Differenz Sig.


M SD tes Untere Obere T df (2-seitig)
TF - TFt2 ,04902 ,06318 ,02579 -,01728 ,11532 1,901 5 ,116
IIa - IIat2 ,050568 ,214183 ,087440 -,174203 ,275340 ,578 5 ,588
IIb - IIbt2 -,016193 ,186968 ,076329 -,212404 ,180018 -,212 5 ,840
IM - IMt2 ,058838 ,174669 ,071308 -,124465 ,242142 ,825 5 ,447
IS - ISt2 -,120202 ,178396 ,072830 -,307417 ,067013 -1,650 5 ,160
IC - ICt2 ,161285 ,112485 ,045922 ,043239 ,279331 3,512 5 ,017
AUS - AUSt2 ,159848 ,129114 ,052710 ,024352 ,295345 3,033 5 ,029
CR - CRt2 ,035164 ,163183 ,066619 -,136086 ,206414 ,528 5 ,620
MBA - MBAt2 -,099716 ,315502 ,128803 -,430815 ,231383 -,774 5 ,474
MBP - MBPt2 ,023737 ,244654 ,099880 -,233011 ,280486 ,238 5 ,822
LF - LFt2 ,228283 ,359340 ,146700 -,148821 ,605387 1,556 5 ,180

Anhang 3.7: Ergebnisse des T-Tests zur Überprüfung der Mittelwertsunterschiede für die
Skalen des MLQ zwischen t1 und t2: Interventionsgruppe A (Fremdeinschätzung)
Gepaarte Differenzen

Standardfehler 95% Konfidenzintervall der

des Differenz Sig.


M SD Mittelwertes Untere Obere T df (2-seitig)
TF - TFt2 -,01439 ,08388 ,02966 -,08451 ,05573 -,485 7 ,642
IIa - IIat2 -,101042 ,303303 ,107234 -,354609 ,152526 -,942 7 ,377
IIb - IIbt2 ,129735 ,219021 ,077436 -,053371 ,312841 1,675 7 ,138
IM - IMt2 ,238589 ,323781 ,114474 -,032099 ,509277 2,084 7 ,076
IS - ISt2 -,045928 ,244239 ,086352 -,250117 ,158261 -,532 7 ,611
IC - ICt2 -,225095 ,194653 ,068820 -,387828 -,062361 -3,271 7 ,014
AUS - AUSt2 -,101887 ,350865 ,124049 -,395217 ,191443 -,821 7 ,439
CR - CRt2 -,058523 ,268849 ,095052 -,283286 ,166241 -,616 7 ,558
MBA - MBAt2 ,004072 ,292162 ,103295 -,240181 ,248325 ,039 7 ,970
MBP - MBPt2 -,020436 ,211562 ,074799 -,197306 ,156435 -,273 7 ,793
LF - LFt2 ,071591 ,223134 ,078890 -,114953 ,258135 ,907 7 ,394
Anhang 510

Anhang 3.8: Ergebnisse des T-Tests zur Überprüfung der Mittelwertsunterschiede für die
Skalen des MLQ zwischen t1 und t2: Interventionsgruppe B (Fremdeinschätzung)
Gepaarte Differenzen

Standardfehler 95% Konfidenzintervall

des Mittelwer- der Differenz Sig. (2-


M SD tes Untere Obere T df seitig)
TF - TFt2 -,04760 ,23135 ,09445 -,29039 ,19518 -,504 5 ,636
IIa - IIat2 -,054591 ,350960 ,143279 -,422901 ,313719 -,381 5 ,719
IIb - IIbt2 -,027392 ,232057 ,094737 -,270921 ,216137 -,289 5 ,784
IM - IMt2 ,024657 ,320892 ,131003 -,312098 ,361412 ,188 5 ,858
IS - ISt2 ,072395 ,123938 ,050597 -,057670 ,202460 1,431 5 ,212
IC - ICt2 -,131562 ,229667 ,093761 -,372582 ,109459 -1,403 5 ,220
AUS - AUSt2 -,193480 ,319509 ,130439 -,528784 ,141824 -1,483 5 ,198
CR - CRt2 -,035640 ,176670 ,072125 -,221044 ,149763 -,494 5 ,642
MBA - MBAt2 -,011619 ,405885 ,165702 -,437569 ,414330 -,070 5 ,947
MBP - MBPt2 -,100694 ,198069 ,080861 -,308555 ,107166 -1,245 5 ,268
LF - LFt2 ,084105 ,160753 ,065627 -,084595 ,252805 1,282 5 ,256

Anhang 3.9: Wilcoxon-Test zum Mittelwertsvergleich Prä-Post der Interventionsgruppe ge-


samt (Fremdeinschätzung)
TFt2 - IIat2 - IIbt2 - IMt2 - ISt2 - ICt2 - AUSt2 CRt2 - MBAt2 MBPt2 LFt2 -
TF IIa IIb IM IS IC - AUS CR - MBA - MBP LF

Z -,734a -,283a -1,014b -1,503b -,078b -2,590a -1,350a -1,005a -,314a -,816a -1,412b
Asymptotische
Signifikanz (2- ,463 ,777 ,311 ,133 ,937 ,010 ,177 ,315 ,753 ,414 ,158
seitig)

Anhang 3.10: Wilcoxon-Test zum Mittelwertsvergleich Prä-Post der Gruppe C (Fremdein-


schätzung)
MBAt
TFt2 - IIat2 - IIbt2 - IMt2 - ISt2 - ICt2 - AUSt2 CRt2 - MBPt2 LFt2 -
2-
TF IIa IIb IM IS IC - AUS CR - MBP LF
MBA
a a b a b a a a b a a
Z -1,572 -,105 -,210 -,841 -1,214 -2,201 -2,207 -,734 -,734 -,314 -1,572
Asymptotische
Signifikanz (2- ,116 ,917 ,833 ,400 ,225 ,028 ,027 ,463 ,463 ,753 ,116
seitig)

Anhang 3.11: Wilcoxon-Test zum Mittelwertsvergleich Prä-Post der Gruppe A (Fremdein-


schätzung)
MBAt
TFt2 - IIat2 - IIbt2 - IMt2 - ISt2 - ICt2 - AUSt2 CRt2 - MBPt2 LFt2 -
2-
TF IIa IIb IM IS IC - AUS CR - MBP LF
MBA
Z -,700a -,281a -1,355b -1,690b -,524a -2,201a -,771a -1,051a -,070b ,000c -,943b
Asymptotische
Signifikanz (2- ,484 ,779 ,176 ,091 ,600 ,028 ,441 ,293 ,944 1,000 ,345
seitig)
Anhang 511

Anhang 3.12: Wilcoxon-Test zum Mittelwertsvergleich Prä-Post der Gruppe B (Fremdein-


schätzung)
MBAt
TFt2 - IIat2 - IIbt2 - IMt2 - ISt2 - ICt2 - AUSt2 CRt2 - MBPt2 LFt2 -
2-
TF IIa IIb IM IS IC - AUS CR - MBP LF
MBA
Z -,674a -,105a -,105b -,314b -1,153b -1,363a -1,153a -,105a -,524a -1,153a -1,363b
Asymptotische
Signifikanz (2- ,500 ,917 ,917 ,753 ,249 ,173 ,249 ,916 ,600 ,249 ,173
seitig)

Anhang 3.13: MANOVA zu Gruppenunterschieden (Interventionsgruppe gesamt und Gruppe


C) in den Absolutwerten der direkten Veränderungseinschätzung der MLQ-Skalen
(Fremdeinschätzung) zu t2
Quadratsumme Mittel der
Quelle Abhängige Variable df F Sig.
vom Typ III Quadrate
v2_4_IIa_absolute Veränderung ,062 1 ,062 3,520 ,077
Interventionsgruppe oder Gruppe C

v3_4_IIb_absolute Veränderung ,003 1 ,003 ,242 ,629

v4_4_IM_absolute Veränderung ,084 1 ,084 4,797 ,042

v5_4_IS_absolute Veränderung ,054 1 ,054 4,054 ,059

v6_4_IC_absolute Veränderung ,156 1 ,156 6,732 ,018

v7_4_AUS_absolute Veränderung ,049 1 ,049 2,135 ,161

v8_4_CR_absolute Veränderung ,059 1 ,059 5,253 ,034

v11_4_LF_absolute Veränderung ,039 1 ,039 4,090 ,058


Anhang 512

Anhang 3.14: Vergleich kritischer und empirischer Differenzen der Ausprägung der zehn
Führungsstilskalen des MLQ und der Gesamtvariablen Transformationalen Führung (TF)
zu t1 und t2 für die 20 Führungskräfte

Tab 3.14.1: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 1 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .35 > .27
IIa .56 < .66
IIb .08 < .52
IM .47 < .55
IS .08 < .47
IC .50 > .44
AUS .58 > .41
CR .14 < .67
MBA .75 > .73
MBP .19 < .61
LF .25 < .78

Tab 3.14.2: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 2 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .10 < .27
IIa .13 < .66
IIb .00 < .52
IM .71 > .55
IS .42 < .47
IC .38 < .44
AUS .63 > .41
CR .13 < .67
MBA .25 < .73
MBP .17 < .61
LF .13 < .78
Anhang 513

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.3: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 3 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .04 < .27
IIa .63 < .66
IIb .38 < .52
IM .63 > .55
IS .38 < .47
IC .13 < .44
AUS .38 < .41
CR .50 < .67
MBA .25 < .73
MBP .13 < .61
LF .38 < .78

Tab 3.14.4: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 4 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .12 < .27
IIa .15 < .66
IIb .10 < .52
IM .35 < .55
IS .05 < .47
IC .00 < .44
AUS .25 < .41
CR .02 < .67
MBA .15 < .73
MBP .10 < .61
LF .30 < .78
Anhang 514

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.5: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 5 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .21 < .27
IIa .12 < .66
IIb .27 < .52
IM .45 < .55
IS .06 < .47
IC .16 < .44
AUS .13 < .41
CR .05 < .67
MBA .02 < .73
MBP .25 < .61
LF .06 < .78

Tab 3.14.6: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 6 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .04 < .27
IIa .04 < .66
IIb .06 < .52
IM .38 < .55
IS .00 < .47
IC .50 > .44
AUS .38 < .41
CR .19 < .67
MBA .33 < .73
MBP .44 < .61
LF .31 < .78
Anhang 515

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.7: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 7 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .09 < .27
IIa .08 < .66
IIb .09 < .52
IM .14 < .55
IS .05 < .47
IC .13 < .44
AUS .41 = .41
CR .14 < .67
MBA .30 < .73
MBP .24 < .61
LF .39 < .78

Tab 3.14.8: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 8 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .08 < .27
IIa .50 < .66
IIb .13 < .52
IM .00 < .55
IS .00 < .47
IC .00 < .44
AUS .13 < .41
CR .13 < .67
MBA .19 < .73
MBP .06 < .61
LF .19 < .78
Anhang 516

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.9: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 9 (Fremdein-
schätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .13 < .27
IIa .44 < .66
IIb .07 < .52
IM .25 < .55
IS .04 < .47
IC .15 < .44
AUS .04 < .41
CR .23 < .67
MBA .47 < .73
MBP .33 < .61
LF .13 < .78

Tab 3.14.10: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 10 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .27 = .27
IIa .42 < .66
IIb .14 < .52
IM .17 < .55
IS .17 < .47
IC .20 < .44
AUS .56 > .41
CR .26 < .67
MBA .33 < .73
MBP .00 < .61
LF .05 < .78
Anhang 517

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.11: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 11 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .06 < .27
IIa .05 < .66
IIb .25 < .52
IM .15 < .55
IS .32 < .47
IC .05 < .44
AUS .15 < .41
CR .05 < .67
MBA .43 < .73
MBP .05 < .61
LF .13 < .78

Tab 3.14.12: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 12 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .07 < .27
IIa .08 < .66
IIb .17 < .52
IM .08 < .55
IS .00 < .47
IC .17 < .44
AUS .08 < .41
CR .17 < .67
MBA .08 < .73
MBP .17 < .61
LF .00 < .78
Anhang 518

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.13: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 13 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .18 < .27
IIa .33 < .66
IIb .25 < .52
IM .00 < .55
IS .18 < .47
IC .06 < .44
AUS .14 < .41
CR .04 < .67
MBA .03 < .73
MBP .03 < .61
LF .15 < .78

Tab 3.14.14: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 14 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .04 < .27
IIa .13 < .66
IIb .25 < .52
IM .25 < .55
IS .38 < .47
IC .38 < .44
AUS .13 < .41
CR .13 < .67
MBA .13 < .73
MBP .25 < .61
LF .88 > .78
Anhang 519

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.15: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 15 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .12 < .27
IIa .13 < .66
IIb .06 < .52
IM .06 < .55
IS .25 < .47
IC .42 < .44
AUS .06 < .41
CR .31 < .67
MBA .31 < .73
MBP .25 < .61
LF .00 < .78

Tab 3.14.16: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 16 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .00 < .27
IIa .06 < .66
IIb .23 < .52
IM .25 < .55
IS .14 < .47
IC .11 < .44
AUS .11 < .41
CR .26 < .67
MBA .12 < .73
MBP .36 < .61
LF .01 < .78
Anhang 520

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.17: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 17 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .06 < .27
IIa .07 < .66
IIb .24 < .52
IM .06 < .55
IS .15 < .47
IC .19 < .44
AUS .19 < .41
CR .08 < .67
MBA .37 < .73
MBP .16 < .61
LF .28 < .78

Tab 3.14.18: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 18 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .04 < .27
IIa .17 < .66
IIb .43 < .52
IM .17 < .55
IS .22 < .47
IC .10 < .44
AUS .35 < .41
CR .13 < .67
MBA .30 < .73
MBP .02 < .61
LF .00 < .78
Anhang 521

Fortsetzung Anhang 3.14

Tab 3.14.19: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 19 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .03 < .27
IIa .04 < .66
IIb .33 < .52
IM .05 < .55
IS .09 < .47
IC .28 < .44
AUS .12 < .41
CR .32 < .67
MBA .34 < .73
MBP .07 < .61
LF .10 < .78

Tab 3.14.20: Vergleich kritischer Differenzen und empirischer Differenzen für Führungskraft 20 (Fremd-
einschätzung)
Variable
Empirische Differenz Verhältnis Kritische Differenz
Fremd
TF .01 < .27
IIa .15 < .66
IIb .10 < .52
IM .02 < .55
IS .03 < .47
IC .10 < .44
AUS .15 < .41
CR .15 < .67
MBA .20 < .73
MBP .20 < .61
LF .10 < .78
Anhang 522

Anhang 3.15: MANOVA zu Gruppenunterschieden (Interventionsgruppen A und B) in den


Absolutwerten der Differenzen der MLQ-Skalen (Fremdeinschätzung) zu t1 und t2
Partielles
Quadratsumme Mittel der Eta-
Quelle Abhängige Variable vom Typ III df Quadrate F Sig. Quadrat
v1_3_TF_absoluteDiff ,039 1 ,039 4,968 ,046 ,293
v2_3_IIa_absoluteDiff ,005 1 ,005 ,098 ,759 ,008
v3_3_IIb_absoluteDiff ,001 1 ,001 ,044 ,838 ,004
Gruppenumerisch.
Gruppe A oder B

v4_3_IM_absoluteDiff ,013 1 ,013 ,213 ,653 ,017


v5_3_IS_absoluteDiff ,007 1 ,007 ,428 ,525 ,034
v6_3_IC_absoluteDiff ,002 1 ,002 ,056 ,817 ,005
v7_3_AUS_absoluteDiff ,000 1 ,000 ,001 ,982 ,000
v8_3_CR_absoluteDiff ,021 1 ,021 1,178 ,299 ,089
v11_3_LF_absoluteDiff ,006 1 ,006 ,364 ,557 ,029

Anhang 3.16: MANOVA zu Gruppenunterschieden (Interventionsgruppen A und B) in


den Absolutwerten der direkten Veränderungseinschätzung der MLQ-Skalen (Fremdein-
schätzung) zu t2
Partielles
Quadratsumme Mittel der Eta-
Quelle Abhängige Variable vom Typ III df Quadrate F Sig. Quadrat
v2_4_IIa_absoluteVeränderung ,028 1 ,028 1,193 ,296 ,090

v3_4_IIb_absoluteVeränderung ,000 1 ,000 ,001 ,977 ,000

v4_4_IM_absoluteVeränderung ,005 1 ,005 ,200 ,663 ,016

v5_4_IS_absoluteVeränderung ,001 1 ,001 ,040 ,845 ,003


Gruppenumerisch.
Gruppe A oder B

v6_4_IC_absoluteVeränderung ,002 1 ,002 ,068 ,799 ,006

v7_4_AUS_absoluteVeränderung ,060 1 ,060 2,809 ,120 ,190

v8_4_CR_absoluteVeränderung ,000 1 ,000 ,001 ,976 ,000

v9_4_MBA_absoluteVeränderung ,006 1 ,006 1,252 ,285 ,095

v10_4_MBP_absoluteVeränderung ,002 1 ,002 ,257 ,622 ,021

v11_4_LF_absoluteVeränderung ,011 1 ,011 ,843 ,377 ,066


Anhang 523

Anhang 3.17: Pearson-Korrelationen des Übereinstimmungsgrads zwischen Selbst- und


Fremdeinschätzungen und den Differenzwerten zwischen t1 und t2 (Selbsteinschätzungen)

MBA_Diff_abs

MBP_Diff_abs
AUS_Diff_abs

CR_Diff_abs
IM_Diff_abs
TF_Diff_abs

IIb_Diff_abs

LF_Diff_abs
IIa_Diff_abs

IC_Diff_abs
IS_Diff_abs
Selbsteinschätzung

Absolute_Übereinstimmung_TF_t1 -,30
Absolute_Übereinstimmung_IIa_t1 ,16
Absolute_Übereinstimmung_IIb_t1 ,23
Absolute_Übereinstimmung_IM_t1 -,04
Absolute_Übereinstimmung_IS_t1 -,12
Absolute_Übereinstimmung_IC_t1 ,26
Absolu- -,26
te_Übereinstimmung_AUS_t1
Absolute_Übereinstimmung_CR_t1 ,07
Absolu- ,47*
te_Übereinstimmung_MBA_t1
Absolu- ,05
te_Übereinstimmung_MBP_t1
Absolute_Übereinstimmung_LF_t1 -,27

Anhang 3.18: Pearson-Korrelationen des Übereinstimmungsgrads zwischen Selbst- und


Fremdeinschätzungen und den Differenzwerten zwischen t1 und t2 (Fremdeinschätzungen)

MBA_Diff_abs

MBP_Diff_abs
AUS_Diff_abs

CR_Diff_abs
IM_Diff_abs

LF_Diff_abs
TF_Diff_abs

IIb_Diff_abs
IIa_Diff_abs

IC_Diff_abs
IS_Diff_abs

Fremdeinschätzung

Absolute_Übereinstimmung_TF_t1 ,52*
Absolute_Übereinstimmung_IIa_t1 ,16
Absolute_Übereinstimmung_IIb_t1 ,02
Absolute_Übereinstimmung_IM_t1 -,11
Absolute_Übereinstimmung_IS_t1 ,04
Absolute_Übereinstimmung_IC_t1 -,20
Absolute_Übereinstimmung_AUS_t1 ,22
Absolute_Übereinstimmung_CR_t1 -,26
Absolute_Übereinstimmung_MBA_t1 ,47*
Absolute_Übereinstimmung_MBP_t1 ,43
Absolute_Übereinstimmung_LF_t1 ,03

Anhang 3.19: Korrelationen der Messwerte zu t1 und t2 (Fremdeinschätzungen der Füh-


rungsstile)
TFt2 IIat2 IIbt2 IMt2 ISt2 ICt2 AUSt2 CRt2 MBAt2 MBPt2 LFt2
TF ,957** ,903** ,920** ,661** ,915** ,828** ,870** ,865** ,036 -,774** -,748**
IIa ,863** ,879** ,833** ,468* ,837** ,740** ,836** ,770** -,001 -,755** -,766**
IIb ,922** ,872** ,899** ,577** ,829** ,851** ,878** ,803** -,055 -,725** -,684**
IM ,740** ,601** ,686** ,862** ,718** ,537* ,546* ,601** -,133 -,623** -,444
** ** ** ** ** ** ** ** **
IS ,886 ,811 ,845 ,684 ,903 ,716 ,768 ,793 ,075 -,797 -,772**
IC ,912** ,832** ,893** ,543* ,883** ,879** ,839** ,888** ,183 -,670** -,702**
AUS ,850** ,889** ,829** ,407 ,779** ,763** ,847** ,811** ,138 -,616** -,695**
CR ,934** ,885** ,872** ,594** ,892** ,866** ,867** ,923** ,063 -,753** -,780**
MBA ,065 -,012 -,002 ,177 ,092 ,072 ,023 ,069 ,609** ,052 ,027
** ** ** * ** * ** ** **
MBP -,679 -,679 -,575 -,520 -,652 -,505 -,666 -,586 ,382 ,930 ,816**
LF -,711** -,792** -,563** -,320 -,640** -,660** -,777** -,716** ,203 ,807** ,915**
Anhang 524

Anhang 3.20: Mittelwerte der Führungskräfte des Clusters Unterschätzer in den Variablen
TF, CR und LF zu t1 und t2 (Fremd- und Selbsteinschätzung)
Variable FK 8 FK 11
Fremd_TF_t1 4.13 3.96
Fremd_TF_t2 4.21 3.91
Fremd_CR_t1 4.13 4.20
Fremd_CR_t2 4.31 4.25
Fremd_LF_t1 1.56 1.48
Fremd_LF_t2 1.38 1.35
Selbst_TF_t1 3.46 3.24
Selbst_TF_t2 3.29 3.00
Selbst_CR_t1 3.25 2.75
Selbst_CR_t2 3.00 3.50
Selbst_LF_t1 2.00 1.25
Selbst_LF_t2 1.75 2.25

Anhang 3.21: Mittelwerte der Führungskräfte des Clusters Protektive Selbstüberwacher in


den Variablen TF, CR und LF zu t1 und t2 (Fremd- und Selbsteinschätzung)
Variable FK 12 FK 19
Selbst_TF_t1 3,21 3,67
Selbst_TF_t2 3,00 3,58
Selbst_CR_t1 3,00 3,50
Selbst_CR_t2 2,75 3,75
Selbst_LF_t1 3,00 2,50
Selbst_LF_t2 3,25 2,50
Fremd_TF_t1 2,75 3,08
Fremd_TF_t2 2,68 3,05
Fremd_CR_t1 2,75 3,24
Fremd_CR_t2 2,58 3,56
Fremd_LF_t1 2,92 2,66
Fremd_LF_t2 2,92 2,76

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