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Alte Gebäude – damals und heute

1. Die Zeisehallen in Hamburg


Bis 1979 wurden hier Schiffsschrauben hergestellt, die wegen ihrer hohen Qualität weltweit
bekannt waren. Nach der Schließung der Firma Zeise standen die Hallen lange leer. Seit ihrer
Sanierung befinden sich in der ehemaligen Fabrik heute u.a. ein Film- und Medienzentrum,
Galerien und Büroräume.

2. Der Koloss von Rügen


Der Bau dieser gigantisch langen Ferienanlage wurde 1936 an der Ostsee begonnen. Der 2.
Weltkrieg stoppte den Bau, das halbfertige Gebäude diente dann zeitweise als Lazarett und
Kaserne. Derzeit kann man dort Ferien machen oder Museen besuchen.

3. Die Zeche Zollverein in Essen


Sie war das größte Steinkohlebergwerk der Welt und wurde auch „Eiffelturm des Ruhrgebiets“
genannt. Nach ihrer Stilllegung wurde die Zeche Zollverein ein Architektur- und Industriedenkmal
und gehört seit 2001 zum Welterbe der UNESCO, das jährlich viele Besucher anzieht.

4. Die Pfanni-Werke München


Hier arbeiteten einst mehr als 1.000 Mitarbeiter beim größten europäischen Spezialisten für
Kartoffelprodukte. Seit der Schließung gibt es auf diesem Gelände vielfältige Kunstprojekte und -
objekte. Zukünftig werden auch Wohnungen und Büros in den alten Gebäuden entstehen.

5. Die Suytermühle In Landsberg am Lech


Fast 400 Jahre wurde hier Getreide gemahlen. Die Wassermühle war bis in die 1950er-Jahre der
Arbeitsplatz und Wohnort für viele Müller-Generationen. Heute finden sich sechs unterschiedlich
große Wohnungen in der Mühle. Das alte Mühlrad wurde saniert und in den Umbau integriert.

6. Die Gasometer in Wien


Zur Zeit seiner Errichtung war es das größte Gaswerk Europas. Es versorgte die Stadt Wien mit
Gas: für die Beleuchtung, zum Heizen und Kochen. Seit Mitte der 1970er- Jahre werden die
Gasometer nicht mehr benötigt. Seit ihrer Umnutzung gibt es in den vier runden Gebäuden eine
„Stadt in der Stadt“ mit Wohnungen, Büros, Geschäften, einem Kino- und Konzertsaal, und
vielen Einrichtungen des öffentlichen Lebens.

Abreißen oder umnutzen?


Modernisierung statt Abriss
Warum es sinnvoll ist, alte, leerstehende Gebäude zu erhalten

Wird ein Gebäude gebaut, dann hat es einen Zweck zu erfüllen: als Wohnhaus, Industriebetrieb,
Schule oder Krankenhaus, um nur einige Beispiele zu nennen. Städte und Orte verändern sich

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im Laufe der Zeit und mit ihnen die Bedürfnisse der Menschen, die in ihnen leben. Dadurch
verlieren manche Gebäude ihre Bedeutung und stehen oftmals leer. 0

Die Internetplattform „Leerstandsmelder“ dokumentiert in ganz Deutschland Gebäude, die leer


stehen. Ihr zufolge soll es allein in Berlin über 1.200 leerstehende Gebäude geben. Viele dieser
Gebäude befinden sich an attraktiven Stellen mitten im Stadtgebiet, also genau dort, wo
Wohnungen dringend benötigt werden. c
Stadtentwickler tendieren dazu, diese sogenannten „Leerstände“ abzureißen und stattdessen
Neues zu bauen. e Dabei gibt es eine viel bessere Alternative: die „Umnutzung“. Von einer
Umnutzung spricht man, wenn ältere Gebäude nicht nur modernisiert werden, sondern auch
anders genutzt werden als vorher. Sie bekommen also einen neuen Verwendungszweck. So
kann aus einer alten Tankstelle eine Galerie, aus einem Krankenhaus eine Stadtbibliothek oder
aus einer Kaserne ein Studentenwohnheim werden. a Die meisten Umnutzungen in Städten
dienen aber der Schaffung von Wohnungen.
Lange ging man davon aus, dass Neubauten ökologischer seien als modernisierte Altbauten,
weil moderne Gebäude durch effiziente Bauweisen weniger Energie brauchen als alte. Dabei
wurden aber mehrere Aspekte nicht berücksichtigt, unter anderem, wie viel Ressourcen und
Energie es kostet, Bauteile für neue Häuser herzustellen. g Laut einer Studie benötigt die
Modernisierung von Altbauten viel weniger Energie als der Bau von neuen Gebäuden. Das gilt
sogar, wenn es sich um neue Passiv-Häuser handelt, also Gebäude, die keine Heizung
benötigen und dennoch warm sind.
Modernisierte Altbauten haben somit einen kleineren „ökologischen Fußabdruck“ als Neubauten.
Der ökologische Fußabdruck gibt an, wieviel Ressourcen und Energie verbraucht werden. Je
kleiner er ist, desto besser für die Umwelt! Hinzu kommt noch die Kostenersparnis. Ein altes
Gebäude umzunutzen ist günstiger als ein neues zu bauen. Am teuersten ist der Bau eines
Passiv-Hauses. b
Nicht vergessen darf man, dass alte Gebäude auch immer eine Geschichte haben. h Durch
Umnutzungen wird der historische Charakter einer Stadt aufrechterhalten. Dies zeigt sich nicht
selten an wunderschönen architektonischen Details an und in einem umgenutzten Gebäude.

a Auch Bürogebäude oder Bahnhöfe lassen sich auf völlig neue Weise nutzen.

b Es ist also sowohl nachhaltiger als auch günstiger, Gebäude neu zu nutzen statt neu zu bauen.

c Denn Wohnraum ist, wie in fast allen deutschen Großstädten, sehr knapp.

d Aber nur Gebäude, die jünger als 50 Jahre sind, eignen sich für eine Modernisierung.

e Dafür gibt es oft staatliche Subventionen (Geld vom Staat).

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f Reduzieren lassen sich die Kosten jedoch, indem Baustoffe aus der Umgebung genutzt
werden.

g Insbesondere die Produktion von Außenwänden neuer Gebäude ist sehr aufwendig und
verbraucht viel Energie.

h Diese sollte für die nächsten Generationen bewahrt werden.

Umnutzen ist sinnvoll


Nach einer Umnutzung ändert sich der Zweck eines Gebäudes.
Es könnten noch viel mehr leerstehende Gebäude in den Städten umgenutzt werden.
Viele Stadtentwickler wollen alte, ungenutzte Gebäude lieber abreißen, statt umzunutzen.
Dabei ist die Energiebilanz eines modernisierten Altbaus viel besser als die eines Neubaus.
Neubauten werden durch staatliche Subventionen erheblich gefördert.
Durch Umnutzung wird der historische Charakter einer Stadt aufrechterhalten.
Möchte man den ökologischen Fußabdruck möglichst klein halten, sollte man sich für eine
Umnutzung statt eines Neubaus entscheiden.
Wie aus historischen Industrie- und Arbeitsstätten neuer Wohnraum
entsteht
In unserer Reihe „Umgenutzt statt ungenutzt“ stellen wir heute wieder zwei spannende Objekte
vor. Gemeinsam haben sie dies: Beide dienten – wenn auch auf ganz unterschiedliche Art und
Weise – der Versorgung der Bevölkerung, sie liegen sehr zentral und sie standen lange leer,
bevor sie modernisiert und zu attraktivem Wohnraum umgebaut wurden. Darüber hinaus können
die Beispiele für umgenutzte Gebäude, die wir heute vorstellen, kaum unterschiedlicher sein:

Die Gasometer in Wien

1899 wurden die vier runden Türme als größtes Gaswerk Europas in Betrieb genommen. In
ihnen wurde Gas gespeichert, das die Stadt Wien mehr als sieben Jahrzehnte mit Energie
versorgte. Als es modernere, und vor allem ökologischere Möglichkeiten der Energieversorgung
gab, wurde das Gaswerk stillgelegt und die Türme standen viele Jahre lang leer. Um das Jahr
2000 begannen die Umbauarbeiten, die fast 13 Jahre lang dauerten. Alle vier Gasometer haben
ihre historische Außenfassade aus Ziegelsteinen und das charakteristische Dach behalten, von
innen sind sie jedoch von einem großen Architekten-Team völlig unterschiedlich gestaltet
worden.

Für fast 1.600 Menschen entstand in den Gasometern Wohnraum. Viele der Wohnungen haben
besondere Grundrisse: Dank der Form der Türme gibt es Zimmer mit runden Wänden. Aber nicht
nur die Grundrisse der Wohnungen sind ungewöhnlich. In den ehemaligen Gasometern, die
durch überdachte Brücken miteinander verbunden sind, entstand auch eine vollständige
Infrastruktur mit Geschäften, Kindergarten, Büros etc., die alles bietet, was man im täglichen

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Leben so braucht, einschließlich 600 Arbeitsplätzen. Theoretisch muss man die Gasometer nur
noch verlassen, wenn es einen in die Natur zieht.

Die Suytermühle in Landsberg am Lech

Die Suytermühle in Landsberg war über 400 Jahre lang eine der beiden städtischen Mühlen, die
die Versorgung der Stadt mit Mehl sicherstellte. Ab 1745 war sie im Besitz der Familie Suyter. In
den beiden oberen Stockwerke wohnte der Müller mit seiner Familie, während die unteren
Räume als Speicher für das Getreide und als Stall für die Tiere genutzt wurden. 1950 wurde die
Mühle stillgelegt und verfiel. Wegen ihrer Lage am Rande einer historischen Innenstadt und der
langen Geschichte der Mühle beschloss man, sie zu sanieren und neuen Wohnraum zu
schaffen. Dabei sollten historische Details des Gebäudes so gut wie möglich erhalten bleiben.

Es entstanden dort sechs barrierefreie Wohneinheiten unterschiedlicher Größe, die wegen der
offenen Gestaltung sehr flexibel genutzt werden können.

Dass die Architekten einen begehrten Preis für ihre Arbeit erhielten, liegt nicht nur daran, dass
sie geschmackvoll modernisierte, bezahlbare Wohnungen gebaut haben, die einen niedrigen
Energiebedarf haben. Sie haben für das alte Mühlrad auch eine neue Aufgabe gefunden: Heute
mahlt sie kein Getreide mehr, sondern produziert Strom.

Die Voraussetzung für eine Modernisierung und Umnutzung eines Gebäudes ist sein jahrelanger
Leerstand.
Die Gasometer wurden stillgelegt, weil die Energieversorgung der Stadt technisch veraltet war.
Viele Räume in den Gasometern haben ungewöhnliche Formen.
Die Kinder des Müllers wohnten zusammen mit den Tieren im unteren Stockwerk der Mühle.
Sowohl die Gasometer in Wien als auch die Suytermühle in Landsberg tragen heute noch zur
Energieversorgung der Städte bei.
Heute ist die Suytermühle zum Wohnen auch für Menschen geeignet, die auf einen Rollstuhl
angewiesen sind.
Die Architekten bekamen für die gelungene Umnutzung der Mühle und des Mühlrades eine wichtige
Auszeichnung.
Am 2. Mai 1936 wurde im Auftrag Adolf Hitlers der Grundstein für ein monumentales Bauwerk
gelegt: eine Ferienanlage in Prora auf der Insel Rügen. Es sollten 10.000 Zimmer mit Meerblick
entstehen.
Urlaub hatte während der Zeit des Nationalsozialismus noch eine andere Bedeutung als heute.
Die frische Luft an der Ostsee sollte die Gesundheit der deutschen Bevölkerung fördern.
Vor der Fertigstellung der riesigen Anlage brach der 2. Weltkrieg aus. Gleich zu Beginn des
Krieges wurden die Bauarbeiten gestoppt.
Von 1943 an wurden Bau-Abschnitte provisorisch fertiggestellt, weil man dringend Platz
brauchte für die Menschen aus den Städten, die ihre Wohnungen verloren hatten. Ab 1944
wurde dort außerdem ein Lazarett für Soldaten untergebracht und gegen Ende des Krieges
kamen viele Flüchtlinge aus den Ostgebieten, um dort vorübergehend zu wohnen.

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Nach der Kapitulation Deutschlands versuchte die Sowjetarmee den nördlichen Teil des
Gebäudes zu sprengen, was aber nicht gelang. Von1948 bis 1953 nutzte die Sowjetarmee die
Gebäude.
Während der DDR-Zeit verwendete die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR die Anlage, um
dort Soldaten zu stationieren und auszubilden.
Nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung Deutschlands wurde das gigantische Gebäude
1994 unter Denkmalschutz gestellt.
Einige Jahre später, am 4. Juli 2011, wurde am Nordende der Anlage eine Jugendherberge
eröffnet.
In den darauffolgenden Jahren wurden immer mehr Gebäudeteile verkauft und saniert.

Früher sah sie anders aus.


Herr Resch, wir haben demnächst ein Treffen mit der Bank. Könnten Sie bitte bald die Bilanzen f
ür das letzte Jahr zusammenstellen?
Ja natürlich, ich brauche aber zuerst die Abrechnungen aus der Buchhaltung.
Ich habe mehrmals mit den Architekten telefoniert. Leider können sie mit der Sanierung des alten
Bahnhofs frühestens im September beginnen.
Was? Das gibt‘s doch nicht. Zuerst hieß es Februar, danach Mai, und nun wird es September?
Für die Umnutzung der letzten leerstehenden Blöcke in Prora hat es bisher keine Pläne gegeben
, oder?
Doch, Vorschläge hat es zwischendurch genug gegeben, die Projekte scheiterten aber meistens
an der Finanzierung.
Frau Ritter, haben Sie die Baupläne gestern eingescannt?
Nein, ich bin gerade mit dem anderen Projekt fertig geworden. Ich mache es nach der Mittagspa
use.

Sybille und Jan waren mit ihren Kindern unter den ersten Gästen in der neu eröffneten
Jugendherberge an der Ostsee. Dabei war Sybille anfangs von der Idee ihres Mannes,
Urlaub in einer Jugendherberge zu machen, nicht begeistert. Anders als er hatte
Sybille bisher keine Erfahrungen mit Jugendherbergen gemacht. Schließlich konnte Jan
seine Frau aber doch überreden. „Zum Glück“, sagt Sybille rückblickend. „Als wir ankamen,
roch es noch überall nach frischer Farbe, die Handwerker waren gerade erst
fertiggeworden“, erinnert sie sich. Sie bekamen ein Familienzimmer mit Meerblick, der Weg
zum Strand war nicht weit und für ihre Kinder gab es immer jemanden zum Spielen „Ich
war sofort begeistert“, meint Sybille. Seitdem ist kein Jahr vergangen, in dem die Familie
nicht wenigstens eine Woche an der Ostsee verbracht hat. Mittlerweile kennt Sybille auch
viele andere Jugendherbergen. Sie schätzt die unkomplizierte Atmosphäre und genießt es,
viele neue Leute kennenzulernen. Demnächst fahren sie nach Bayrischzell-Sudelfeld, einer
Jugendherberge in den Bergen.

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Die Zeisehallen in Hamburg

Der Gebäudekomplex “Zeisehallen” in Hamburg Ottensen ist eine


ehemalige Schiffsschraubenfabrik, der heute als Event- und Kulturzentrum dient.

1868 gründete Theodor Zeise die Firma, die sein Sohn Alfred Zeise später übernahm. Der
ausgebildete Ingenieur Alfred Zeise erfand 1886 die legendäre Zeise-Schraube, die in der
Schifffahrt neue Standards setzte. Unter seiner Führung entwickelte die Firma sich zu einem
weltweit anerkannten Spezialisten für Schiffsschrauben. In Folge einer schweren wirtschaftlichen
Krise im Schiffbau musste die Firma Insolvenz anmelden und die Produktion der
Schiffsschrauben wurde 1979 eingestellt. Viele Jahre standen die Hallen leer, bis sie ab 1985
aufwendig saniert und umgebaut wurden. Das Ziel war es, einen Ort für vielfältige
Kulturangebote zu schaffen. Auch Büros wurden integriert, sodass heute in den Zeisehallen auch
wieder gearbeitet wird. Die Umnutzung ist ein gutes Beispiel für die positive Entwicklung eines
Stadtteils, in dem die Geschichte erhalten bleibt und mit den Bedürfnissen der heutigen Zeit
kombiniert wird.

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