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2 Subjektive

Krankheitsannahmen
Psychologische Interventionen bei
körperlichen Erkrankungen
BA M20GP
Gesundheitspsychologische Interventionen SS2018
Prof. Dr. Frank Euteneuer
Di 13:30 – 16:45
Übersicht
 Lernziele
 Gesundheits- und Krankheitskonzepte
 Krankheitsbezogene Kognitionen
 Übung „Verhaltensmedizin Werkstatt“

 Common Sense-Selbstregulationsmodell
 Krankheitsverläufe vorhersagen
 Exemplarische Interventionen

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Übersicht
 Lernziele
 Gesundheits- und Krankheitskonzepte
 Krankheitsbezogene Kognitionen
 Übung „Verhaltensmedizin Werkstatt“

 Common Sense-Selbstregulationsmodell
 Krankheitsverläufe vorhersagen
 Exemplarische Interventionen

3
Lernziele
 Sie können psychologische Faktoren in der
Krankheitsverarbeitung benennen.
 Sie können erläutern, wie sich diese
Faktoren auf die Krankheitsverarbeitung
und den Verlauf auswirken.
 Sie können Interventionen zur Veränderung
subjektiver Krankheitsannahmen
beschreiben (exemplarisch)
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Übersicht
 Lernziele
 Gesundheits- und Krankheitskonzepte
 Krankheitsbezogene Kognitionen
 Übung „Verhaltensmedizin Werkstatt“

 Common Sense-Selbstregulationsmodell
 Krankheitsverläufe vorhersagen
 Exemplarische Interventionen

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Gesundheits- und Krankheitskonzepte

 Was heißt es gesund zu sein?


 ‘Gesundheit ist der Zustand des vollkommenden körperlichen,
geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von
Krankheit und Gebrechen’ (WHO, 1947)

 ‘Gesundheit ist ein positiver funktioneller Gesamtzustand im Sinne


eines dynamischen biopsychologischen Gleichgewichtszustandes,
der erhalten bzw. immer wieder hergestellt werden muss’ (WHO,
2003)

6
Gesundheits- und Krankheitskonzepte

 Was heißt es gesund zu sein?


 Negative Bedeutung: Abwesenheit von
Krankheit
 Positive Bedeutung: Energie haben, positive
Stimmung, gut Essen und Schlafen können
 Positive Bedeutung ist beim individuellen
Verständnis von Gesundheit häufiger im
Vordergrund (vgl. Lau, 1995)
7
Gesundheits- und Krankheitskonzepte
 Was bedeutet es krank zu sein?
(Studie mit jungen Erwachsenen)
 Sich nicht gut oder normal fühlen

 Symptome wahrnehmen

 Krankheiten haben

 Negativer Einfluss auf das Leben

 Abwesendheit von Gesundheit

(Lau, 1995)
8
Gliederung
 Gesundheits- und Krankheitskonzepte
 Krankheitsbezogene Kognitionen
 Selbstregulation
 Symptome wahrnehmen
 Coping
 Krankheitsverläufe vorhersagen
 Interventionen
9
Krankheitsbezogene Kognitionen
 ‘subjektives Verständnis von Patienten über ihre
Krankheit’ (Leventhal et al, 1980, 2007).

10
Verhaltensmedizin-Werkstatt
 Bilden Sie Gruppen von 4-5 Personen
 Lesen Sie die Fallbeispiele (Arbeitsblatt)

 Beantworten und diskutieren Sie in der


Kleingruppe folgende Fragen (30 Minuten):
1) Welche Annahmen könnten die
Personen aus den Fallbeispielen über
ihre Erkrankung haben? (Antworten auf
Karten festhalten, eine Annahme pro Karte)
2) Wie könnten diese Annahmen das
Verhalten der Personen beeinflussen?
11
Fallbeispiele
Beispiel 1: Herr Dannehl, 65 Jahre,
Diabetes mellitus

Beispiel 2: Frau Münch, 55 Jahre,


Koronare Herzkrankheit und bevorstehende
Bypass Operation

12
Verhaltensmedizin-Werkstatt
 Bilden Sie Gruppen von 4-5 Personen
 Lesen Sie die Fallbeispiele (Arbeitsblatt)

 Beantworten und diskutieren Sie in der


Kleingruppe folgende Fragen (30 Minuten):
1) Welche Annahmen könnten die
Personen aus den Fallbeispielen über
ihre Erkrankung haben? (Antworten auf
Karten festhalten, eine Annahme pro Karte)
2) Wie könnten diese Annahmen das
Verhalten der Personen beeinflussen?
13
Fallbeispiel 1
Beispiel 1: Herr Dannehl, 65 Jahre,
Diabetes mellitus Typ 2

Welche Annahmen könnte die Person über ihre


Erkrankung haben?

Wie könnten diese Annahmen das Verhalten


beeinflussen?

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Fallbeispiel 2

Beispiel 2: Frau Münch, 55 Jahre,


Koronare Herzkrankheit und bevorstehende
Bypass Operation

Welche Annahmen könnte die Person über ihre


Erkrankung haben?

Wie könnten diese Annahmen das Verhalten


beeinflussen?

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Krankheitsbezogene Kognitionen
 ‘subjektives Verständnis von Patienten über ihre
Krankheit’ (Leventhal et al, 1980, 2007).
 Identifikation: Was ist es?
 Wahrgenommene Ursache: Was hat es
verursacht?
 Zeitliche Perspektive: Wie lange wird es dauern?
 Konsequenzen: Wie wird es mein Leben
beeinflussen?
 Heilbarkeit und Kontrollierbarkeit: Kann es
behandelt werden?
16
Kognitionen erfassen
Beispiele für Fragebögen
 Illness perception questionnaire (IPQ)

Weinman et al. 1996; IPQ-R: Moss-Morris et al.


2002; deutsche Version IPQ-R: Gaab et al.
2004)
 Brief illness perception questionnaire (Brief IPQ)

(B-IPQ: Broadbent et al. 2006)


 Beliefs about Medicines Questionnaire (BMQ)

(Horne et al. 1999)

17
Kognitionen erfassen
Beispiele für Fragebögen
 Illness perception questionnaire (IPQ)

Weinman et al. 1996; IPQ-R: Moss-Morris et al.


2002; deutsche Version IPQ-R: Gaab et al.
2004)
 Brief illness perception questionnaire (Brief IPQ)
IPQ-R
− 64 Items auf 8 Skalen
(B-IPQ: Broadbent
− Bearbeitungszeit: 10 Minutenet al. 2006)
− Automatisierte Auswertung mit SPSS-Syntax möglich
 Beliefs about Medicines Questionnaire (BMQ)
− Gute interne Konsistenz, Retestreliabilität größer als .5 (nach drei
(Horne
Wochen et sechs
und nach al. 1999)
Monaten); gute diskriminante und konvergente
Validität.

18
Dimensionen des IPQ-R
 Erlebte und verursachte Identität („Ich habe dieses Symptom im Verlauf
meiner Krankheit erlebt.“)
 Verursachte Identität („Dieses Symptom wird durch meine Krankheit
verursacht.“)
 Zeitverlauf („Meine Krankheit wird nur kurze Zeit dauern.“)
 Konsequenzen („Meine Krankheit hat große Auswirkungen auf mein Leben.“),
 Persönliche Kontrolle („Der Verlauf meiner Krankheit ist von mir abhängig.“)
 Behandlungskontrolle („Meine Behandlung wird meine Krankheit wirksam
heilen.“)
 Kohärenz („Ich verstehe meine Krankheit nicht.“)
 Zyklisches Auftreten („Die Symptome meiner Krankheit verändern sich von Tag
zu Tag stark.“)
 Emotionale Repräsentation („Meine Krankheit macht mich wütend.“)
 Ursachen der Erkrankung (z. B. „Stress und Sorgen“ oder
„Umweltverschmutzung“).

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Dimensionen des IPQ-R
 Erlebte Identität („Ich habe dieses Symptom im Verlauf meiner Krankheit
erlebt.“)
 Verursachte Identität („Dieses Symptom wird durch meine Krankheit
verursacht.“)
 Zeitverlauf („Meine Krankheit wird nur kurze Zeit dauern.“)
 Konsequenzen („Meine Krankheit hat große Auswirkungen auf mein Leben.“),
 Persönliche Kontrolle („Der Verlauf meiner Krankheit ist von mir abhängig.“)
 Behandlungskontrolle („Meine Behandlung wird meine Krankheit wirksam
heilen.“)
 Kohärenz („Ich verstehe meine Krankheit nicht.“)
 Zyklisches Auftreten („Die Symptome meiner Krankheit verändern sich von Tag
zu Tag stark.“)
 Emotionale Repräsentation („Meine Krankheit macht mich wütend.“)
 Ursachen der Erkrankung (z. B. „Stress und Sorgen“ oder
„Umweltverschmutzung“).

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Beispielitems IPQ-R

21
Dimensionen des IPQ-R
 Erlebte Identität („Ich habe dieses Symptom im Verlauf meiner Krankheit
erlebt.“)
 Verursachte Identität („Dieses Symptom wird durch meine Krankheit
verursacht.“)
 Zeitverlauf („Meine Krankheit wird nur kurze Zeit dauern.“)
 Konsequenzen („Meine Krankheit hat große Auswirkungen auf mein Leben.“),
 Persönliche Kontrolle („Der Verlauf meiner Krankheit ist von mir abhängig.“)
 Behandlungskontrolle („Meine Behandlung wird meine Krankheit wirksam
heilen.“)
 Kohärenz („Ich verstehe meine Krankheit nicht.“)
 Zyklisches Auftreten („Die Symptome meiner Krankheit verändern sich von Tag
zu Tag stark.“)
 Emotionale Repräsentation („Meine Krankheit macht mich wütend.“)
 Ursachen der Erkrankung (z. B. „Stress und Sorgen“ oder
„Umweltverschmutzung“).

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Dimensionen des IPQ-R
 Erlebte Identität („Ich habe dieses Symptom im Verlauf meiner Krankheit
erlebt.“)
 Verursachte Identität („Dieses Symptom wird durch meine Krankheit
verursacht.“)
 Zeitverlauf („Meine Krankheit wird nur kurze Zeit dauern.“)
 Konsequenzen („Meine Krankheit hat große Auswirkungen auf mein Leben.“),
 Persönliche Kontrolle („Der Verlauf meiner Krankheit ist von mir abhängig.“)
 Behandlungskontrolle („Meine Behandlung wird meine Krankheit wirksam
heilen.“)
 Kohärenz („Ich verstehe meine Krankheit nicht.“)
 Zyklisches Auftreten („Die Symptome meiner Krankheit verändern sich von Tag
zu Tag stark.“)
 Emotionale Repräsentation („Meine Krankheit macht mich wütend.“)
 Ursachen der Erkrankung (z. B. „Stress und Sorgen“ oder
„Umweltverschmutzung“).

23
Beispielitems IPQ-R

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Dimensionen des IPQ-R
 Erlebte Identität („Ich habe dieses Symptom im Verlauf meiner Krankheit
erlebt.“)
 Verursachte Identität („Dieses Symptom wird durch meine Krankheit
verursacht.“)
 Zeitverlauf („Meine Krankheit wird nur kurze Zeit dauern.“)
 Konsequenzen („Meine Krankheit hat große Auswirkungen auf mein Leben.“),
 Persönliche Kontrolle („Der Verlauf meiner Krankheit ist von mir abhängig.“)
 Behandlungskontrolle („Meine Behandlung wird meine Krankheit wirksam
heilen.“)
 Kohärenz („Ich verstehe meine Krankheit nicht.“)
 Zyklisches Auftreten („Die Symptome meiner Krankheit verändern sich von Tag
zu Tag stark.“)
 Emotionale Repräsentation („Meine Krankheit macht mich wütend.“)
 Ursachen der Erkrankung (z. B. „Stress und Sorgen“ oder
„Umweltverschmutzung“).

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Dimensionen des IPQ-R
 Erlebte Identität („Ich habe dieses Symptom im Verlauf meiner Krankheit
erlebt.“)
 Verursachte Identität („Dieses Symptom wird durch meine Krankheit
verursacht.“)
 Zeitverlauf („Meine Krankheit wird nur kurze Zeit dauern.“)
 Konsequenzen („Meine Krankheit hat große Auswirkungen auf mein Leben.“),
 Persönliche Kontrolle („Der Verlauf meiner Krankheit ist von mir abhängig.“)
 Behandlungskontrolle („Meine Behandlung wird meine Krankheit wirksam
heilen.“)
 Kohärenz („Ich verstehe meine Krankheit nicht.“)
 Zyklisches Auftreten („Die Symptome meiner Krankheit verändern sich von Tag
zu Tag stark.“)
 Emotionale Repräsentation („Meine Krankheit macht mich wütend.“)
 Ursachen der Erkrankung (z. B. „Stress und Sorgen“ oder
„Umweltverschmutzung“).

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Beispielitems IPQ-R

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28
Kognitionen erfassen
Beispiele für Fragebögen
 Illness perception questionnaire (IPQ)

Weinman et al. 1996; IPQ-R: Moss-Morris et al.


2002; deutsche Version IPQ-R: Gaab et al.
2004)
 Brief illness perception questionnaire (Brief IPQ)

(B-IPQ: Broadbent et al. 2006)


 Beliefs about Medicines Questionnaire (BMQ)

(Horne et al. 1999)

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Kognitionen erfassen
Beispiele für Fragebögen
 Illness perception questionnaire (IPQ)

Weinman et al. 1996; IPQ-R: Moss-Morris et al.


2002; deutsche Version IPQ-R: Gaab et al.
2004)
 Brief illness perception questionnaire (Brief IPQ)

(B-IPQ: Broadbent et al. 2006)


 Beliefs about Medicines Questionnaire (BMQ)

(Horne et al. 1999)


30
BMQ Subskalen
 Notwendigkeit:
„Hält der Patient die Medikation für notwendig“

 Befürchtugen:
„Wie stark sind die Befürchtungen, die der Patient mit
seiner Medikation assoziiert“

31
Übersicht
 Lernziele
 Gesundheits- und Krankheitskonzepte
 Krankheitsbezogene Kognitionen
 Übung „Verhaltensmedizin Werkstatt“

 Common Sense-Selbstregulationsmodell
 Krankheitsverläufe vorhersagen
 Exemplarische Interventionen

32
Common Sense-Selbstregulationsmodell (CSM)
(Leventhal, Leventhal & Cameron, 2001)

! Einflussreichste Modell für die Forschung zu


Quelle: Ogden, Open University
subjektiven Krankheitsannahmen und damit Press, 2012
33
zusammenhängenden Interventionsstrategien
Warum ist das Modell
selbstregulierend?
 Erkrankung stört Gesundheitszustand
 Individuum strebt nach “Normalität”
 Interpretationen, Copingstrategien und
Bewertungen interagieren in diesem Prozess
miteinander
 Ziel ist die (Wieder)herstellung einer “Normalität”

34
Common Sense-Selbstregulationsmodell (CSM)
(Leventhal, Leventhal & Cameron, 2001)

Quelle: Ogden, Open University


Press, 2012
35
Common Sense-Selbstregulationsmodell (CSM)
(Leventhal, Leventhal & Cameron, 2001)

Quelle: Ogden, Open University


Press, 2012
36
Phase 1: Interpretation

 Soziale Information
 Information über Krankheit von anderen Personen
 Formale Diagnose vom Behandler
 Diagnose nach Routineuntersuchung
 Informationen aus “Laiennetzwerken”
 Laienratschläge oder Diagnosen

37
Phase 1: Interpretation
 Symptome wahrnehmen:
Repräsentation körperlicher Signale als Reaktion auf
ein gesundheitliches Problem
 Wahrnehmung der Symptome hängt
ab von:
 Stimmung (z.B. Ängstlichkeit, Depressivität)
 Kognitive Faktoren (z.B. Fokussierung, Ablenkung)
 Kontakt zu anderen Personen (z.B. Freunde, Ärzte)
38
Wahrnehmung von Symptomen:
Einflussfaktoren

Ogden, Open University Press,


2012
39
Common Sense-Selbstregulations-modell (CSM)
(Leventhal, Leventhal & Cameron, 2001)

Quelle: Ogden, Open University


Press, 2012
40
Phase 2: Coping
 Erkrankung als Krise
 Annäherung (“approach coping”),

Konfrontation mit Belastungsfaktor:


z.B. Sorgen mit Freunden teilen, Medikamente
regelmäßig einnehmen, Arztbesuche einhalten, Pausen
machen, Ernährung anpassen
 Vermeidung (“avoidance copimg”),

Passivität:
Erkrankung verleugnen, Arztbesuche und
Informationen vermeiden, “Wunschdenken”
41
Common Sense-Selbstregulations-modell (CSM)
(Leventhal, Leventhal & Cameron, 2001)

Quelle: Ogden, Open University


Press, 2012
42
Exkurs: Theorie der kognitiven
Adaptation (Taylor, 1983)
 Suche nach Bedeutung/Sinnhaftigkeit
 Warum ist das passiert? (Begründung)
 Welche Auswirkungen wird es haben? (Konsequenzen)
 Zurückgewinnung der Kontrolle
 Wie kann ich verhindern, dass es wieder passiert?
 Wie kann ich jetzt damit fertig werden?
 Selbstachtung steigern
 Ich habe Glück gehabt... (Abwärtsvergleiche)
 Illusionen
 Ich kann die Ursache und Konsequenzen meiner
Krankheit verstehen und ich kann sie kontrollieren
43
Exkurs: Theorie der kognitiven
Adaptation (Taylor, 1983)

Illusionen
 Bedeutung, Kontrolle, Selbstwertverstärkung
schaffen Illusionen
 Illusionen sind Interpretationen, die nicht
unbedingt falsch sein müssen
 Illusionen helfen bei kognitiver Adaption

 Implikation für Behandler: Illusionen akzeptieren,


auch wenn sie aktuellen medizinischen
Überzeugungen widersprechen
44
Übersicht
 Lernziele
 Gesundheits- und Krankheitskonzepte
 Krankheitsbezogene Kognitionen
 Übung „Verhaltensmedizin Werkstatt“

 Common Sense-Selbstregulationsmodell
 Krankheitsverläufe vorhersagen
 Exemplarische Interventionen

45
Coping

 Hohe Identifizierung mit Erkrankung ist mit


Vermeidung assoziiert
 Hohe wahrgenommene Kontrolle ist mit
kognitiver Umbewertung und problemzentrierten
Coping assoziiert
(Hagger & Orbell, 2003; French et al. 2006)

46
Beispiel: Coping und
Krankheitsverlauf

47
HIV/AIDS
Adverse psychosocial factors predict poorer
prognosis in HIV disease: A meta-analytic
review of prospective investigations
Chida & Vedhara, 2009
 35 prospektive Studien

 robuste längsschnittliche Zusammenhänge zwischen

psychosozialen Risikofaktoren und der Progression


von HIV/AIDS
 Dysfunktionales Coping ist mit stärkerer

Reduktion der CD4+Zellen, erhöhtem Auftreten


AIDS-definierender Erkrankungen und erhöhter
Mortalität assoziiert
48
HIV/AIDS
Do positive psychosocial factors predict disease
progression in HIV-1? A review of the evidence.
Ironson & Hayward, 2008
 Optimismus, positive Affektivität, funktionale

Copingstrategien und Sinnfindung wirken sich


günstig auf den Krankheitsverlauf aus

49
Fallbeispiel 1
Beispiel 1: Herr Dannehl, 65 Jahre,
Diabetes mellitus Typ 2

Welche Annahmen könnte die Person über ihre


Erkrankung haben?

Wie könnten diese Annahmen das Verhalten


beeinflussen?

50
Fallbeispiel 2

Beispiel 2: Frau Münch, 55 Jahre,


Koronare Herzkrankheit und bevorstehende
Bypass Operation

Welche Annahmen könnte die Person über ihre


Erkrankung haben?

Wie könnten diese Annahmen das Verhalten


beeinflussen?

51
Adhärenz (Beispiele)

 Diabetes mellitus: Kontrollüberzeugungen haben moderaten


prädiktiven Wert für Gesundheitsverhalten (Ernährung,
Bewegung, Blutzuckerkontrolle, Insulinapplikation) (Hagger &
Orbell, 2010; French et al. 2013)
 Hypercholesterinämie: die Überzeugung, dass die Erkrankung
ersthafte gesundheitliche Konsequenzen hat ist mit besserer
medikamentöser Adhärenz assoziiert (Brewer et al. 2002)
 Asthma: Personen, die Asthma als chronischen Prozess
wahrnehmen (vs. keine Symptome = kein Asthma) zeigen
bessere medikamentöse Adhärenz (Halm et al. 2006)

52
Subjektive Krankheitsannahmen
bei kardiovaskulären Erkrankungen

 Positivere Annahmen bezüglich Identität,


Behandlungskontrolle, Konsequenzen und Kohärenz sind mit
verstärkter Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen assoziiert
(Metaanalyse, French et al. 2006)
 Erwartungen (Behandlungskontrolle) hängen positiv mit
Ernährungsverhalten und körperlicher Aktivität zusammen
(Lau-Walker, 2006)
 Ungünstige Erwartungen hinsichtlich der Konsequenzen sind
Prädiktor für schlechtere Lebensqualität (Aalto et al. 2006)

53
Zwischenfazit
 Menschen haben Annahmen über Krankheiten
(krankheitsbezogene Kognitionen, subjektive
Krankheitsmodelle)
 Diese können durch das Common Sense-
Selbstregulationsmodell verstanden werden
 Krankheitsbezogene Kognititionen, emotionale
Reaktionen und Coping-Strategien können den
Verlauf von Erkrankungen vorhersagen

54
Übersicht
 Lernziele
 Gesundheits- und Krankheitskonzepte
 Krankheitsbezogene Kognitionen
 Übung „Verhaltensmedizin Werkstatt“

 Common Sense-Selbstregulationsmodell
 Krankheitsverläufe vorhersagen
 Exemplarische Interventionen

55
Fallbeispiel 2

Beispiel 2: Frau Münch, 55 Jahre,


Koronare Herzkrankheit und bevorstehende
Bypass Operation

56
Brainstorming in der
Kleingruppe (2-3 Personen,
10 Minuten)
Wie könnte es Ihnen in einem Gespräche
gelingen, ungünstige Krankheitsannahmen zu
verändern?

57
Fallbeispiel 2

Beispiel 2: Frau Münch, 55 Jahre,


Koronare Herzkrankheit
- Nach Herzinfarkt
- Bei bevorstehender Bypass Operation

58
Brainstorming in der
Kleingruppe (2-3 Personen,
10 Minuten)
Wie könnte es Ihnen in einem Gespräche
gelingen, ungünstige Krankheitsannahmen zu
verändern?

59
Further development of an illness perception intervention for
Myocardial infarction patients: A randomized controlled trial
Broatbent et al. 2009

4 x 30 min. intervention with health psychologist vs. TAU


Session 1:
Engagement and an explanation of the intervention, an explanation of MI and associated
symptoms, exploration of the patient's own ideas about the causes of their MI, and widening
of their perceptions to consider other causal factors.
Session 2:
Making a worksheet for a personal action recovery plan: looking at how the patient's causal
factors were associated with health behaviors and debunking myths about the causes of MI
and recovery, discussing the benefits and problems of changing behavior and discussing
methods of change, and agreeing on goals for the recovery plan. Discussing the role of the
spouse in rehabilitation.

60
Further development of an illness perception intervention for
Myocardial infarction patients: A randomized controlled trial
Broatbent et al. 2009

4 x 30 min. intervention with health psychologist vs. TAU


Session 3:
Patients and spouse: explanation of MI and associated symptoms, exploration of the spouse's causal
perceptions, discussion of the link between causes and the recovery plan developed with the
patient, appropriate timelines to normal functioning, discussion of the spouse's role, as well as
exploration and normalization of concerns about going home.
Session 4:
Discussion of going home: patient concerns about medications, benefits of medications, importance
of pacing activity, structured action plan, concerns about leaving the hospital such as worry about a
further MI, importance of visiting the general practitioner, normal symptoms of recovery

61
Further development of an illness perception intervention for
Myocardial infarction patients: A randomized controlled trial
Broatbent et al. 2009

Intervention bewirkte:
 schnelleren und vollständigeren
beruflichen Wiedereinstieg
 Besseres Krankheitswissen
 Höhere Veränderungsbereitschaft
 Weniger Angst bei beruflichen
Wiedereinstieg

62
Die Beeinflussung subjektiver
Krankheitsannahmen am Beispiel
der Psy-Heart Studie
Rief et al. 2017
 Präoperative Optimierung von Erwartungen bei
Bypass PatientInnen
 2 Sitzungen mit PsychologIn
 2 Telefongespräche
 1 Boostersitzung
 Audioaufzeichnug der Sitzungen
 Brief an sich selbst

63
Die Beeinflussung subjektiver
Krankheitsannahmen am Beispiel
der Psy-Heart Studie
Rief et al. 2017
Sitzung 1 (7-10 Tage vor OP)
 Information, dass die Einstellungen und Erwartungen eines Patienten für die
Genesung eine wichtige Rolle spielen
 Ausgehend von subjektiven Krankheits-/Behandlungsannahmen wird grundlegendes
Verständnis für Erkrankung, Symptome und medizinischen Eingriffs erarbeitet
 Positive behandlungsbezogene Ergebniserwartung aufzubauen
 Eingriff bedeutet eine Heilung der gegenwärtig belastenden und einschränkenden
Umstände der Herzerkrankung
 Anstehende Operation behebt die Unterversorgung des Herzens mit Sauerstoff,
damit sich Symptome reduzieren und Leistungsfähigkeit ansteigt
 Besprechung des Ablaufs der Operation und der Zeit danach
 Betonung der Kompetenz der ChirurgIn und des Personals

64
PSY-HEART:
Planung postoperativer
Aktivitäten

Holz
Beet machen
Unkraut umgraben
jäten Senioren-
Pflanzen Joggen Fußball
eintopfen mit Hund
Gassi
Die Beeinflussung subjektiver
Krankheitsannahmen am Beispiel
der Psy-Heart Studie
Rief et al. 2017
Sitzung 2
 Wiederholung
 Stabilisierung
 Besprechung und Entkatastrophisierung von unangenehmen und
bedrohlichen Empfindungen
 Z.B. Aufwachen auf Intensivstation, Umgebung
(Schläuche, Geräusche, etc.)
 Erarbeitung von Copingstrategien

66
Intervention – EMI: Optimizing expectation about ..
..side effects and coping control

67
Expectation and Conditioning as Basic Processes of the Placebo and Nocebo Response
From Neurobiology to Clinical Applications

Acquisition of patients
Assessed for eligibility

Enrolment & Baseline assessment

Random allocation

Supportive Therapy Expectation manipulation intervention Standard medical


(SUPPORT) (EXPECT) information

Pre-surgery assessment

CABG surgery

Post surgery assessment

6 months follow up

68
PSY-HEART Study:
Krankheitsbedingte Beeinträchtigung
(Rief et al., BMC Medicine, 2017)
30

25

20
Patients' disability (sum score

SMC
PDI)

15
SUPPORT
EXPECT

10

0
Baseline 6 months after surgery

69
Specific Advantages
for EXPECT
Working ability SF-12 Mental
(hours/week) 58
30 56
25 54
20 52
15 50
SMC
10 48
SUPPORT
5 46
EXPECT
44
0
42
Baseline 6 mts later
SMC SUPPORT EXPECT

70
Die Beeinflussung subjektiver
Krankheitsannahmen am Beispiel
der Psy-Heart Studie
Rief et al. 2017
 Patientenerwartungen können vor einer
Herzoperation optimiert werden und die
Genesung positiv beeinflussen
 Bereits sehr kurze Interventionen zeigen Effekte

71
Förderung der Krankheitsverarbeitung,
Entwicklung eines adäquaten Krankheitsmodells
Veränderung subjektiver Krankheitsmodelle
Goulding et al. 2010
 Systematischer Review von 13 RCTs: Veränderung von
subjektiven Krankheitsmodellen bei KHK
 Die Effekte waren bei kognitiv-behavioralen
Interventionen am konsistentesten
 Veränderung individueller Überzeugungen effektiver
als reine Informationsvermittlung:
z.B. Patient weiß, dass Bewegungsmangel und
Rauchen das Risiko für Herzerkrankungen
erhöhen, glaubt aber nicht, dass er persönlich
erkrankt

72
Übung
 Sie benötigen einen Zettel und einen Stift
 Wenn ich gleich LOS sage, überlegen Sie sich 3
Fragen zu der heutigen Thematik (3 Minuten)
 Wenn ich STOP sage, bilden Sie mit Ihrer/Ihrem
Sitznachbar*In eine Zweiergruppe
 Stellen Sie sich abwechselnd Ihre Fragen fragen
und versuchen Sie die jeweilige Frage Ihrer
Nachbari*In zu beantworten (5 Minuten)

73
Lernziele
 Sie können psychologische Faktoren in der
Krankheitsverarbeitung benennen.
 Sie können erläutern, wie sich diese
Faktoren auf die Krankheitsverarbeitung
und den Verlauf auswirken.
 Sie können Interventionen zur Veränderung
subjektiver Krankheitsannahmen
beschreiben (exemplarisch)
74

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