PDF of Jahrbuch Fur Geschichte Band 24 Full Chapter Ebook
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Jahrbuch für Geschichte Band 28
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J A H R B U C H FÜR GESCHICHTE
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
DER DDR
ZENTRALINSTITUT FÜR GESCHICHTE
Redaktionskollegium:
Horst Bartel, Rolf Badstübner, Lothar Berthold,
Ernst Engelberg, Heinz Heitzer, Fritz Klein,
Dieter Lange, Adolf Laube, Walter Nimtz,
Wolfgang Rüge, Heinrich Scheel,
Hans Schleier, Wolfgang Schröder
Redaktion:
Wolfgang Schröder (Verantwortlicher Redakteur),
Gunther Hildebrandt (Stellv.),
Jutta Grimann, Dietrich Eichholtz,
Gerhard Keiderling, Klaus Mammach,
Hans Schleier
ISSN 0448-1526
JAHRBUCH 2 4
FÜR GESCHICHTE
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN
1981
Redaktionsschluß: 15. April 1980
Die Werke Lenins werden nach der 40bändigen Ausgabe des Dietz Verlages,
1956-1965, zitiert.
Dieter Schulte
Seit dem Verlust der Kolonien arbeiten Apologeten des deutschen Kapitals be-
kanntlich am Versuch der Rechtfertigung und Verteidigung des von den imperia-
listischen Konkurrenten angegriffenen barbarischen Kolonialsystems. Zu einer
„klassischen" Verteidigungsvariante gehört die Hypothese, mit dem Amtsantritt
Dernburgs habe eine neue Periode der deutschen Kolonialherrschaft, die „wissen-
schaftliche" oder „rationelle Ära" begonnen, deren Kernstück eine gesetzlich
fixierte staatliche „Eingeborenenschutzpolitik" gewesen sei.
In der Kolonialgeschichtsschreibung der BRD ist nach Jahren der Zurückhaltung
eine steigende Aktivität spürbar. Für die von bestimmten Kreisen des Imperialis-
mus in der BRD betriebene Politik des Neokolonialismus gegenüber den jungen
afrikanischen und asiatischen Nationalstaaten gewinnen politisch-ideologische Fra-
gen zunehmend an Bedeutung. Dies wird deutlich durch eine Reihe von „sach-
lichen" Arbeiten vorwiegend jüngerer Autoren belegt.3 Einen nicht unbedeutenden
Platz in diesen Publikationen zur Geschichte der Herrschaft des deutschen Im-
perialismus in seinen Kolonien erhielt die „Ära Dernburg" zugesprochen, liegen
doch in der Kolonialadministration des Bankdirektors wichtige politisch-ideo-
logische Anknüpfungspunkte der heutigen „Partnerschaftsideologie", wie sie von
den Apologeten des Imperialismus gegenüber den jungen Nationalstaaten, übrigens
ganz im Sinne des von Willy Brandt geforderten „Ubergangs von der Entwick-
lungshilfe zur Entwicklungskooperation"4, strapaziert wird.5
a Zu unserem Zeitraum vgl. vor allem Schiefel, Werner, Bernhard Dernburg 1865—1937.
Kolonialpolitiker und Bankier im wilhelminischen Deutschland, Zürich/Freiburg i.
Br. 1974. Diese Studie, deren Herausgabe durch die Deutsche Bank gefördert wurde
und die Frau Fides Krause-Brewer, Enkelin Dernburgs und Wirtschaftsmoderatorin
im BRD-Fernsehen (ZDF), durch persönliches Material bereicherte, unternimmt den
krampfhaften Versuch, die deutsche Kolonialpolitik seit dem Jahre 1906 aufzuwerten
und den Amtsantritt Dernburgs zu einem „Wendepunkt" (S. 108) zu erheben.
4 Willy Brandt am 1.12.1977 im BRD-Fernsehen (ARD).
a Vgl. Preiser, Erich, Die Imperialismusdebatte, in: Wirtschaft, Geschichte und Wirt-
schaftsgeschichte, Stuttgart 1966, S. 355-370. Schiefel behauptet beispielsweise, daß
Dernburg nicht einen „ausbeuterischen Imperialismus" vertreten habe, sondern einen
„Wirtschaftsimperialismus, der die ökonomischen und menschlichen Interessen und
Ansprüche der Eingeborenen in gewissem Maße zu berücksichtigen suchte". Es sei
aber keinesfalls richtig, in ihm den Vorläufer einer „post-imperialistischen Entwick-
lungshilfe-Politik" zu sehen. Schiefel, S. 141.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 9
scheinungen — wenn nicht die wichtigste — in der Ökonomik des modernen Kapi-
talismus" ist. 6 Zwar war man nach wie vor nicht bereit, wesentliche Kapitalien in
ein „offensichtlich hoffnungsloses Unternehmen zu stecken" 7 , dazu waren die
Profitmöglichkeiten, gemessen an den Balkan- und Asiengeschäften, zu gering,
jedoch gedachte man, zumindest einen „Fuß in der Tür zu behalten", um jede Ent-
wicklung in den sogenannten Schutzgebieten von Anfang an zu kontrollieren.
Nach der Jahrhundertwende trat zugleich immer deutlicher ein latenter Wider-
spruch zwischen dem Drang des deutschen Monopolkapitals nach kolonialen Pro-
fiten und den Formen und Methoden der imperialistischen Herrschaft in den Ko-
lonien hervor. Dieser Widerspruch, eingebettet in die Auswirkungen der ersten
zyklischen Krise des Imperialismus von 1900 bis 1903, führte in den folgenden
Jahren zwangsläufig zu einer ernsten, sich ständig komplizierenden politisch-
strukturellen krisenhaften Situation in der deutschen Kolonialverwaltung. Ihrem
Inhalt und ihren Zügen nach war sie gekennzeichnet durch die wachsende Unzu-
friedenheit vor allem des Bankkapitals gegenüber der schleppenden und, wie man
meinte, ungenügenden „wirtschaftlichen Erschließung" der deutschen Kolonien.
Als besonders profithemmend erschien diesen Kreisen neben der allgemeinen
„Kolonialmüdigkeit" die „einseitige" Konzessionspolitik der Regierung zugunsten
des Handelskapitals und bürgerlicher Mittelschichten, als nicht mehr „zeitgemäß"
die brutale Politik der physischen Ausrottung und Vernichtung der Kolonial-
völker, die zum Versiegen der Hauptquelle künftiger Profite zu führen drohte. Nur
mühsam hatte der deutsche Imperialismus durch die blutige Niederschlagung der
großen Befreiungsbewegungen in Afrika seine kolonialen Herrschaftsgebiete be-
haupten und teilweise unterwerfen können. Ein Ausdruck der erbitterten In-
teressengegensätze war der rasche Wechsel der Kolonialdirektoren im Auswärtigen
Amt.
Die Kolonialreform hatte denn auch Wilhelm II. am 28. November 1905 in seiner
Thronrede zur Eröffnung des deutschen Reichstages im Weißen Saal des Berliner
Schlosses als eine der Aufgaben der neuen Sitzungsperiode bezeichnet, wobei er
durchblicken ließ, daß er dabei neben dem Bau neuer kolonialer Verkehrswege
vor allem an ein selbständiges Reichsamt mit einem Kolonialstaatssekretär an der
Spitze dachte. Bülow legte mit dem Etat f ü r 1906 als wesentlichen Teil der ge-
planten Neuordnung der Kolonialverwaltung in membris et in capite das Projekt
eines Reichskolonialamts vor. Trotz der Niederlage im Reichstag gewann sein Plan,
einen im kapitalistischen Geschäft erfahrenen und mit allen Wassern gewaschenen
Industrie- oder Bankmanager f ü r die Aufgabe zu gewinnen, die steckengebliebene
ü
Lenin, W. 1., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, in: Werke,
Bd. 22, S. 201 f.
' Nußbaum, Manfred, Vom „Kolonialenthusiasmus" zur Kolonialpolitik der Monopole,
Berlin 1962, S. 134. In der marxistisch-leninistischen Literatur weisen H. Stoecker,
H. Drechsler, A. Rüger, J. Ballhaus, H. Loth u. a. überzeugend nach, daß bestimmte
Kreise des Bankkapitals von Anfang an oder nach wenigen Jahren Träger der großen
Kolonialgesellschaften waren bzw. wurden; vgl. auch Drang nach Afrika. Die kolo-
niale Expansionspolitik und Herrschaft des deutschen Imperialismus in Afrika von
den Anfängen bis zum Ende des zweiten Weltkrieges, hrsg. v. Helmuth Stoecker,
Berlin 1977, vor allem zu unserem Abschnitt S. 162—165.
10 Dieter Schulte
" Dernburgs Rede vom 28.11.1906, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen
des Reichstages, 11. Leg.Per., 2. Sess., 1905/06, Bd. 5, S. 3960-3969. Später erklärte er
sehr deutlich: „Es ist deshalb ein Hauptsatz, daß eine Solidarität der weißen Gemein-
schaft der schwarzen gegenübergestellt werden muß ..." Dernburg, Bernhard, Von
beiden Ufern, Berlin (1916), S. 57.
yl
Parvua (d. i. Alexander Helphand), Die Kolonialpolitik und der Zusammenbruch,
Leipzig 1907, S. 60.
12 Dieter Schulte
1M
Ebenda, Auswärtiges Amt Nr. 15321, Bl. 20.
® Bericht v. 4. 5.1908, ebenda, Bl. 17-20.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 15
bewußte Rede Dernburgs auf dem am 22. J u n i 1908 zu Ehren des deutschen
Ministers von der Chamber of Commerce im Johannesburger „Carlton-Hotel" ver-
anstalteten Festessen, die den Geist einer stärkeren Zusammenarbeit des deutschen
und britischen Finanzkapitals beschwor, f a n d den demonstrativen Beifall der an-
wesenden diplomatischen Vertreter ebenso wie den der Repräsentanten der
Banken und Konzerne. 2 1 Noch deutlicher w a r b der Johannesburger „Star", der die
Notwendigkeit einer k ü n f t i g engeren deutsch-britischen Zusammenarbeit bei der
„wirtschaftlichen Erschließung" Afrikas u n d bei der Intensivierung des Kapital-
exports unterstrich. Mehr als jede andere Zentrale sei Johannesburg, das Zentrum
des Goldabbaus, den Plänen des deutschen Staatsmannes v e r b u n d e n : „If t h e
leaders of throught and the people of South Africa rise to emergency, we m a y
bef ore long find British and German marching . . . together side by side in brother-
hood and friendship . . ," 22
Gemessen an dem außerordentlich politisch-ökonomischen Gewicht der S ü d a f r i k a -
Recherchen fällt der abschließende Teil der Informationsreise durch Deutsch-
Südwestafrika sichtlich ab. Die Grundzüge der großkapitalistischen Kolonialpolitik
gerieten deutlich mit den vielfältigen Profitinteressen der heterogenen klein-
bürgerlich-agrarischen Mittelschichten in Konflikt. Auf der Basis seines generellen
Mißtrauens vermochte daher Bernhard Dernburg seine Skepsis u n d Ablehnung
gegenüber den Plänen der alldeutschen u n d kolonialchauvinistischen Siedlungs-
politiker vom Schlage eines Rohrbach, Samassa u n d Liebert k a u m zu verbergen.
Der Ex-Bankier war von den in seinen Augen maßlos übersteigerten Forderungen
der F a r m e r und Siedler — dazu zählte er vor allem ihre gegenüber den A f r i k a n e r n
verlangten Zwangs- u n d Kontrollmaßnahmen — deutlich verstimmt. Er, der noch
vor Antritt seiner Ostafrika-Reise 1907 gerade die europäischen Kolonialisten in
A f r i k a durch brillante Reden in Euphorie versetzt hatte, erwies sich nach dem
Abschluß seiner afrikanischen Recherchen als ein nüchterner monopolkapita-
listischer Buchhalter, der keineswegs die wichtigste P r o d u k t i v k r a f t in den Ko-
lonien f ü r die persönlichen Interessen einer Handvoll Europäer, die noch dazu eine
völlig untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung hatten, zu „vergeuden" gedachte.
Auch diese Erkenntnis h a t t e er in Südafrika, so in Rhodesien, deutlich bestätigt
gefunden.
Unter den strukturellen Maßnahmen des deutschen Imperialismus zur Reorgani-
sation seines kolonialen Unterdrückungsapparates in den J a h r e n 1906 bis 1910
bildete die Konstituierung des Reichskolonialamtes (R. K. A.) zweifellos den wich-
tigsten Einschnitt. Am 17. Mai 1907 wurde durch kaiserliche Verordnung die bisher
dem Auswärtigen Amt unterstellte Kolonialabteilung zu einem selbständigen
Reichsamt erhoben und Kolonialdirektor Dernburg zum ersten Staatssekretär
dieses Amtes ernannt. 2 3 Das imperialistische Deutschland demonstrierte n u n m e h r
offen auch durch die Rangerhöhung seiner Kolonialverwaltung den Gel-
21
Konsul Frank (Johannesburg) hob in seinem Bericht an Bülow vom 29. 6.1908 die
„positive Ausstrahlung" Dernburgs hervor, die als Versprechen auf „bessere Zeiten"
enthusiastisch gefeiert worden sei. Ebenda, RICA Nr. 1462, Bl. 77 f.
' a The Star, 23. 6.1908, ebenda Nr. 1461, Bl. 106.
33
Reichsgesetzblatt 1907, S. 2, 239.
16 Dieter Schulte
Vgl. die jährlichen Berichte des Reichsschatzamtes in ZStAP, Reichstag Nr. 1161.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 17
beispielsweise die Summe, die ä f onds perdu vor allem dem kolonialen Eisenbahn-
bau von 1908 bis 1910 zufloß, auf r u n d 780 Millionen Mark. 2 5
2 Jahrbuch 24
18 Dieter Schulte
21
Schulthess' Europäischer Geschichtskalender, Bd. 51 (1910), München 1911, S. 66.
a
Supf, Wilhelm, Das Ende deutscher Kolonialwirtschaft?, Berlin 1921, S. 12.
•*> ZStAP, RKA Nr. 8156, Bl. 13.
Nußbaums Angaben über die Erzeugung bestimmter kolonialer Rohstoffe und Pro-
dukte (z. B. Baumwolle 14 Prozent) gehen an der Realität vorbei. Vgl. Nussbaum, S. 156.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 19
D e r koloniale E i s e n b a h n b a u
M
ZStAP, RKA Nr. 6346, Bl. 117 f.
33
Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Leg.Per.,
2. Sess. 1905/06, Bd 5, S. 4002.
a
'* König, Berhard v., Koloniale Eisenbahnpolitik, in: Das neue Deutschland, Nr. 23,
8. 3.1913 (ZStAP, Nachlaß Koenig Nr. 117).
2»
20 Dieter Schulte
fung zu vollenden . . ,"35 Angesichts der relativ labilen politischen Situation in den
deutschen Kolonien bis 1910 war der militärische Aspekt im Eisenbahnbaupro-
gramm Dernburgs nicht zu übersehen.
Um den Boden vorzubereiten, legte Innenminister Graf v. Posadowsky am 9. April
1907 die von der Kolonialabteilung ausgearbeitete Denkschrift „Die Eisenbahnen
Afrikas, Grundlagen und Gesichtspunkte für eine koloniale Eisenbahnpolitik in
Afrika" dem neugewählten Reichstag vor. Die umfangreiche und demagogische
Propagandaschrift sollte nach Dernburgs eigenen Worten dem Zweck dienen,
„einer zielbewußten Verkehrspolitik in den deutschen Schutzgebieten Afrikas
Tatsachenmaterial und Gesichtspunkte zu liefern". 36 Nach den afrikanischen
„Ortsbesichtigungen" des Staatssekretärs waren seine Pläne über mögliche Ent-
wicklungslinien des kolonialen Eisenbahnbaus soweit gereift, daß er bereits fünf
Monate später ein bis dato an Zielstellung und Umfang noch nicht dagewesenes
Programm der Öffentlichkeit vorstellen konnte.
Am 13. März 1908 brachte Reichskanzler v. Bülow mit der Ergänzung zum Haus-
haltsetat f ü r die Kolonien 1908 ein Gesetzpaket ein, das die Kolonialbahn-Vorlagen
der Regierung umfaßte. 37 Sie forderte darin vom Reichstag die Bewilligung von
rund 175 Mill. Mark, die, verteilt auf sechs Jahre, f ü r den Bau von fünf Eisen-
bahnen in einer Länge von insgesamt 1450 Kilometern eingesetzt werden sollten.
Das Programm sah die vorrangige Förderung und den Ausbau der Zentralbahn-
trasse in D. O. A. sowie die Erschließung des innerafrikanischen Seengebietes und
damit den Anschluß an die Einzugsgebiete der britischen Ugandabahn vor. Das war
eine Forderung, die neben den von der Deutschen Bank angeführten, direkt am
Bahnbau interessierten Kreisen des deutschen Bank- und Industriekapitals vor
allem vom Handelskapital vertreten wurde, das nach der Öffnung der Konzessions-
gebiete des „Comité spécial du Katanga" im Kongo strebte.
Rathenaus Vorschläge, stärker als bisher den Staat zur Sicherung der Profite des
deutschen Monopolkapitals heranzuziehen, waren ohne Zweifel auch der theo-
retische Ansatzpunkt f ü r Dernburgs Politik der Verstaatlichung von privaten
Kolonialeisenbahnen. Als typische Methode zur Sicherung der Kapitalanlagen und
als Quelle zusätzlicher Profite der Banken forcierte Dernburg die Übernahme
privater Eisenbahnstrecken durch den Staat und deren Rückverpachtung an die
ehemaligen Besitzer. Den Kernpunkt der Vorlage von 1908 bildete daher der
fiskalische Erwerb der Aktien der „Ostafrikanischen Eisenbahngesellschaft". 38
Aber hier stieß Dernburg mit seinem Plan auf die skeptische Zurückhaltung
Sydows. Erst mit der Unterstützung der Reichskanzlei gelang es, das Reichsschatz-
amt „umzustimmen". Einen Tag vor der entscheidenden Abstimmung in der
Budgetkommission, am 1. April 1908, hatte der Staatssekretär des Reichskolonial-
amts noch in einem persönlichen Schreiben an Unterstaatssekretär v. Loebell die
3
-' Baltzer, Franz, Die Kolonialbahnen mit besonderer Berücksichtigung Afrikas, Berlin/
Leipzig 1916, S. 18 f.
^ ZStAP, Reichstag Nr. 1065, Bl. 2 (Vorwort, S. 3).
Ebenda, Nr. 1079, Bl. 2-11.
m
bie Gesellschaft (Grundkapital 21 Mill. Mark) war 1904 durch die maßgebliche Initia-
tive der Deutschen Bank gegründet worden.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 21
M
ZStAP, Reichskanzlei Nr. 919, Bl. 61 f.
w
Georg Ledebour am 5.5.1908 im Reichstag, in: Stenographische Berichte der Ver-
handlungen des Reichstages, 12. Leg.Per., 1. Sess. 1908, Bd. 232, S. 5126.
41
Ebenda, S. 5221.
ö
Rohrbach, Paul, 30 Jahre deutsche Kolonialpolitik mit weltpolitischen Vergleichen
und Ausblicken, Berlin (19222), S. 334.
43
Vertrag v. 23.11.1909/30. 3.1910, in: ZStAP, Reichskanzlei Nr. 927, Bl. 171-182.
Vl
Fürstenberg, Carl, Die Lebensgeschichte eines deutschen Bankiers, 1870—1914, Berlin
1931, S. 508.
22 Dieter Schulte
Ziele nicht immer ausgereicht habe.45 Dieser Fakt lenkte die Banken in der
Periode des Imperialismus immer stärker auf die eigenen, vor dem Zugriff aus-
ländischer Konkurrenten besser geschützten Gebiete. Auch die Wirtschaftskrise
1907-1909 hatte sich merklich auf dem Geld- und Kapitalmarkt ausgewirkt und
ein Emissionshaus wie die B. H. G. empfindlich getroffen. Der Hauschronist der
Bank, Lüke, wies auf die Geldverknappung und die 1908 voll einsetzende Rezes-
sion in der Industrie hin: „Die Berliner Handels-Gesellschaft mußte diese interne
Situation mit einer verstärkten Aktivität im Kolonialgeschäft kompensieren." 46
Carl Fürstenberg beurteilte die entstandene Situation so: „Da sich der deutsche
Expansionsdrang in Marokko nicht genügend betätigen konnte, hatte er sich mit
verstärkter Tatenlust dem bereits vorhandenen deutschen Kolonialbesitz zu-
gewandt. Von diesen Entwicklungen sollten meine Person, meine Bank und unter
anderem auch die uns nahestehende Lenz-Gruppe beeinflußt werden." 47 Das
Aktienkapital der B. H. G. wurde 1908 um 10 Mill. Mark auf 110 Mill. Mark ge-
steigert — eine Rekordhöhe in der Geschichte der Bank; die Dividenden kletterten
bis 1911 auf den offiziellen Vorkriegshöchststand.
Die dominierende Stellung der Berliner Handelsgesellschaft im kolonialen Eisen-
bahnbaugeschäft wird durch die Entwicklung des Lenz-Konzerns, einer von
Fürstenberg „ganz persönlich bearbeiteten Angelegenheit", deutlich.48 Vielfältig
verquickt mit anderen Konzernen wie den Firmen Borsig, Schwartzkopff, Oren-
stein, dem Knorr-Bremsenwerk und der Julius Pintsch-A. G. wurde er in der
„Ära Dernburg" zur größten deutschen kolonialen Eisenbahnbaugesellschaft.
1901 hatte Fürstenberg als Finanzierungsgesellschaft für die Stettiner Hoch- und
Tiefbaufirma Lenz & Co die Aktiengesellschaft für Verkehrswesen gegründet, die
sämtliche Anteile von Lenz übernahm. Die von der Tochtergesellschaft 1904 ge-
schaffene D. K. E. B. B. G.49 engagierte sich schnell im kolonialen Geschäft. In zwei
der vier deutschen Afrikakolonien (Toga, Kamerun) besaß der Lenz-Konzern,
und damit auch die B. H. G., das Eisenbahnmonopol. In S. W. A. teilte man sich
mit der Firma Arthur Koppel das große Geschäft. Während Koppel den Bahnbau
bei Karibib durchführte, arbeitete Lenz im Süden der Kolonie. In D. O. A. baute
und pachtete der Konzern die Usambara-Bahn.
Die Dernburg-Eisenbahnbau-Programme von 1908 und 1910 legten die entschei-
v
' Böhme, Helmut, Prolegomena zu einer Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Deutsch-
lands i m 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 19682, S. 102; auch Fischer weist auf
die Kapitalknappheit in Deutschland nach 1905 hin und vermutet, die forcierte Expan-
sion des Kapitalexports hätte immer mehr die Finanzkraft der deutschen Kreditinsti-
tute überstiegen. Fischer, Fritz, Krieg der Illusionen, Düsseldorf 1969, S. 33 f.
46
Lüke, Rolf E., Die Berliner Handelsgesellschaft in einem Jahrhundert deutscher Wirt-
schaft. 1856-1956, Berlin 1956, S. 136; Gutsche merkt berechtigt die bisherige Unter-
schätzung des Krisenzyklus für die Politik und Ökonomie an. Gutsche, Willibald,
Probleme der Erforschung der Geschichte des deutschen Imperialismus 1898 bis 1917,
in: JfG, Bd. 15, 1977, S. 13.
Fürstenberg, S. 465.
4S
Ebenda, S. 307.
Den Vorstandsposten übernahm der Geheime Kommerzienrat Friedrich Lenz, den
des Vorsitzenden des Aufsichtsrates Carl Fürstenberg.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 23
denden Grundlagen des Eisenbahnnetzes in den deutschen Kolonien, das bis 1914
nur noch quantitativ erweitert wurde. Der Staatssekretär förderte den Mono-
polisierungsprozeß im kolonialen Eisenbahnbau in entscheidendem Maße. Nur
wenigen Firmen und den dahinter stehenden Bankkonsortien, vor allem der
B. H. G. und der Deutschen Bank, flössen die lukrativen Staatsaufträge zu. An
die „Stelle der Konkurrenz auf offenem Markt" trat die Ausnutzung der .Ver-
bindungen' zum Zweck eines profitablen Geschäfts.50 Folgt man Schätzungen
bürgerlicher Autoren, die das gesamte im Eisenbahnwesen der deutschen
Kolonien angelegte Kapital (ohne Hafenanlagen) auf über 430 Mill. Mark be-
ziffern, so gehen wir nicht fehl, wenn wir den Löwenanteil an diesem Kapital-
exportgeschäft der B. H. G.-Gruppe zuordnen.
Lautstark hatte Dernburg 1906 die Beseitigung der ärgsten Liefer- und Kon-
zessionsskandale angekündigt. Die bürgerliche Finanzpresse hatte das wohl-
wollend vermerkt. Noch 1930 lobte Lewinsohn, daß der „damalige Bankdirektor
Bernhard Dernburg — der erste Wirtschaftler in der wilhelminischen Bürokratie
— die ungünstigen Monopolverträge löste und eine Generalreinigung in den
Kolonien vornahm". 51 Uns interessiert hier weniger das Schicksal der Firmen
Tippeiskirch & Co. oder Dr. Kade's Oranien-Apotheke, Berlin, sondern vor allem
das Verhältnis des Kolonialamtes zu den „Großen", den Monopolgesellschaften.
Argwohn mußte eigentlich schon die vorsichtige Behandlung der Firma Woer-
mann bei der angekündigten Ablösung der Konzessionsverträge auslösen. Diese
führende Monopolgesellschaft im Afrika-Transportgeschäft hatte, durch die
heftige Reaktion der aufgescheuchten Öffentlichkeit gewarnt, bereits im Sep-
tember 1906 auf ein neues Ubereinkommen mit der Kolonialabteilung gedrängt;
Dernburg, durch die parlamentarische Opposition gegen den bestehenden Vertrag
mit dem Konzern von 1903 zur unbedingten Vorsicht gemahnt, hatte zunächst
jedoch abwartend reagiert. Nachdem schließlich Adolph Woermann im Dezember
1906 mit der Kolonialabteilung eine Vereinbarung über die Verlängerung des
Monopols bis zum März 1907 erreicht hatte, fusionierte die Woermann-Linie mit
der mächtigen Hapag. In dem bekannten Telegramm Generaldirektor Ballins an
Dernburg vom 27. März 1907 heißt es u.a.: „Eurer Exzellenz beehren wir uns
mitzuteilen, daß wir, von dem Wunsche geleitet, die von Ihnen so kraftvoll und
mit so glänzendem Erfolge eingeleitete Kolonialpolitik auch unsererseits, soweit
wir es vermögen, zu unterstützen, beschlossen haben, das Netz unserer Linien
auf Westafrika auszudehnen." 52
In Antwort darauf verband sich die konkurrierende „Hamburg-Bremer-Afrika-
Linie A. G." (Menzell & Co.) mit dem Norddeutschen Lloyd. Am 21. Juni 1907
teilte Generaldirektor Dr. Wiegand seinem Geschäftsfreund mit, Hamburg gebe
M
Ebenda, Nr. 1858, Bl. 40 f.
" Ebenda, Nr. 2459-2463.
M
Ebenda, Nr. 2459, Bl. 6 - 9 .
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 25
Sondheimer & Co. in Franfurt a.M. und der Firma Wm. Müller & Co., Rotterdam-
Bremen, ein Syndikat gebildet hatte, wurde die „Deutsche Südseephosphat A. G.,
Bremen" am 20. Mai 1908 mit einem Grundkapital von 4,5 Mill. Mark gegründet.
Der Nationalbank als Führerin des Konsortiums wurde durch Verfügung des
R. K. A. vom 2. Juli 1908 auf die Dauer von 35 Jahren das Monopol für die Auf-
suchung und den Abbau der Phosphatlager auf Angaur und Pililju zugesprochen
(1909 begann man mit dem Abbau und der Verschiffung).
Die Erteilung der Konzession zur Ausbeutung der wertvollen Rohstoffvor-
kommen demonstriert deutlich, daß die staatlichen Sperrverfügungen nur dazu
dienten, bestimmte Gebiete von lästigen kapitalistischen Konkurrenten frei zu
halten, um sie dann Dernburg nahestehenden und einflußreichen Banken und
Konzernen in die Hände zu spielen. In den Jahren bis 1910 wurde diese besondere
Methode der Sicherung der Interessen des Großkapitals durch Bernhard Dern-
burg perfekt demonstriert.
Es gibt in der wissenschaftlichen Literatur kaum widersprechende Darstellungen
über das Vorgehen Dernburgs in Sachen Landkonzessionen, wohl aber über seine
Motive und das Ausmaß des tatsächlich Erreichten. Im Mittelpunkt der Angriffe
der deutschen Öffentlichkeit standen seit 1905 die großen Konzessionsgesell-
schaften in Südwestafrika und Kamerun. Die Opposition von Repräsentanten
des Handelskapitals traf sich in diesem Punkt mit dem Protest der kleinbürger-
lichen Mittelschichten, der Alldeutschen und Agrarier sowie mit Teilen der
rheinisch-westfälischen Schwerindustrie, die, wie Ballhaus richtig einschätzt, die
Kolonien „einseitig von Spekulationsgesellschaften blockiert" sahen.56
Am 20. März 1906 hatte sich die „Kommission zur Prüfung der Südwest-
afrikanischen und Kameruner Gesellschaften" als erste parlamentarische Kom-
mission des Kaiserreiches konstituiert. Aber nur wenige Arbeitssitzungen fanden
statt; aus der angekündigten „Generaluntersuchung" wurde nichts. Lediglich fünf
Konzessionsgesellschaften wurden oberflächlich überprüft. Jäckel hebt hervor,
daß man bereits im Februar 1908 der Ansicht war, die Aufgabe der Kommission
sei gelöst, nachdem Dernburg mit einigen der wichtigsten Landgesellschaften Se-
paratverträge über die Abtretung von Land geschlossen habe. „Mit derselben
Sicherheit können wir aber im voraus sagen, daß die Gegner der Landgesell-
schaften nach einiger Zeit ihre Stimme wieder erheben werden, denn mit den
Dernburgschen Verträgen ist, mit Ausnahme der Hanseatischen Land-, Minen-
und Handelsgesellschaft, keine einzige aus der Gruppe der Landgesellschaften
verschwunden." 57
Aus dem Kommissions-Schlußbericht Erzbergers vom 13. Dezember 1909 wird die
ganze Verärgerung der Opposition über die Verhandlungstaktik Dernburgs deut-
lich.58 Gegen die heftigen Vorwürfe des Zentrumsführers verteidigte der Ko-
lonialstaatssekretär die Konzessionsgesellschaften: Sicher wäre nicht alles ge-
lungen, aber immerhin sei doch hier ein „sehr kaputter Stiefel geflickt worden".
^ Vgl. Ballhaus, Jolanda, Die Gesellschaft Nordwest-Kamerun, phil. Diss. Berlin 1966.
Jäckel, Herbert, Die Landgesellschaften in den deutschen Schutzgebieten, Jena 1909,
S. 5 f.
« ZStAP, RKA Nr. 1596, Bl. 58 (S. 81-91).
26 Dieter Schulte
Ohne Kapital könnten nun einmal die Kolonien nicht „aufgeschlossen" werden. 59
Der enttäuschte Matthias Erzberger griff wenige Monate später in einer in hoher
Auflage herausgebrachten „Kampfschrift" die „großkapitalistische Gesellschafts-
politik" Dernburgs an und beschuldigte ihn, die Reichstagskommission „vom
richtigen Wege" abgebracht und durch die hinter ihrem Rücken abgeschlossenen
Verträge regelrecht sabotiert zu haben. 60
Wie sind nun die taktische und strategische Grundkonzeption des R. K. A. in den
Verhandlungen mit den Konzessionsgesellschaften und das Resultat dieser Politik
näher zu kennzeichnen? Natürlich war der Kolonialchef von Anfang an ent-
schieden darauf bedacht, sich seine Bewegungs- und Ellenbogenfreiheit keines-
falls von einer parlamentarischen Kommission einengen zu lassen. Auf der an-
deren Seite erschien es dem erfahrenen Repräsentanten der „haute finance" auch
geraten, beabsichtigte eventuelle Veränderungen bzw. Neuformierungen der
Konzessionsgesellschaften mit den im Hintergrund agierenden Banken abzustim-
men. Diese taktische Linie wird deutlich in der bedeutsamen Aktennotiz Dern-
burgs vom 5. Juli 1907 zur Verfahrensweise in den geplanten Auseinander-
setzungen. 61 Dabei bevorzugte der ehemalige Bankier mit dem Großkapital eine
elastische und geschmeidige Verhandlungsmethode, die auch hier auf eine
stärkere Beteiligung der A. E. G./B. H. G.-Gruppe zielte. Dernburgs „Verein-
barungen" 6 2 halfen den großen Kolonialgesellschaften, sich von ohnehin wert-
losen und f ü r sie uninteressanten Gebieten mit Profit zu trennen. Die entschei-
denden Finanzgruppen verblieben unangetastet in ihren kolonialen Macht-
positionen.
Die D i a m a n t e n - M o n o p o l v e r t r ä g e
Ebenda, S. 108-110.
WJ
Erzberger, Matthias, Millionengeschenke, Berlin 1910, S. 29 f.
B1
ZStAP, RKA Nr. 1594, Bl. 94-97.
,sä
Vgl. Deutsches Kolonialblatt, 1907, S. 999; 1909, S. 362-364, 883 £.; 1910, S. 78.
ZStAP, RKA Nr. 1279, Bl. 46.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 27
Vgl. die Artikelfolge von Dr. Regentanz in der „Kolonialen Rundschau" 1910
(S. 223-238, 297-316).
^ Vor allem die Faszikel Nr. 1321—1327 des RKA sind von Wichtigkeit für die Erschlie-
ßung der Beziehungen Dernburgs zur Gesellschaft.
06
ZStAP. RKA Nr. 1323, Bl. 98-102.
Deutsches Kolonialblatt, 1909, S. 569-571.
Vgl. ZStAP, RKA Nr. 1323, Bl. 196. Tatsächlich zahlte die Deutsche Kolonialgesell-
schaft für Südwestafrika keinen roten Heller. Dafür standen ihr im fünfköpfigen Auf-
sichtsrat drei Plätze zu.
28 Dieter Schulte
ärgerte, warnte in einem Erlaß vom 27. November 1909 vor einer Stimmungs-
mache gegen das Großkapital. Er verteidigte noch einmal in der großangelegten
75seitigen „Diamanten-Denkschrift" des Reichskolonialamtes vom 6. Januar
191069 energisch die Prinzipien seiner Diamantenpolitik. Für die Denkschrift
zeichnete auf ausdrücklichen Wunsch des Reichskanzlers Dernburg selbst ver-
antwortlich, ein etwas ungewöhnlicher Umstand, der nur durch die allmähliche
Distanzierung Bethmann Hollwegs von der Politik seines Staatssekretärs erklär-
bar erscheint.
Dernburgs Vorstellungen gingen ursprünglich dahin, die noch abzuschließenden
Monopolverträge mit den beiden Gesellschaften ohne viel öffentliches Aufsehen
unter Dach und Fach zu bringen. Ihm war nunmehr von vornherein klar, daß
seine Politik auf eine breite Front von Gegnern auch im bürgerlichen Lager
treffen mußte. Doch schon der am 26. Januar 1910 vorgelegte erste Vertrags-
entwurf mit der D. K. G. f ü r S. W. A. und der Deutschen Diamantengesellschaft
sollte auf die entschiedene Ablehnung der Mehrzahl der Mitglieder der Budget-
kommission und des Reichstages stoßen. Der Protest der sozialdemokratischen
Fraktion, des Zentrums und anderer bürgerlicher Parteien, der von Dernburg
nur ungenügend pariert werden konnte, belastete die offizielle Kolonialpolitik in
den Augen der Konservativen schwer. Dies wurde mit ausschlaggebend f ü r die
Schwächung der parlamentarischen Position der Regierung. Als der Staats-
sekretär sich schließlich bereit erklärte, die Entwürfe zurückzuziehen und mit der
D. K. G. in neue Verhandlungen einzutreten, um „günstigere Zugeständnisse" zu
erlangen, erbat der irritierte Reichskanzler am 29. Januar vom Reichskolonialamt
eine „kurze Sachdarstellung" über die Geheimverhandlungen. 70
Politisch geschwächt durch den schwindenden Kredit bei Bethmann Hollweg und
das zunehmende Mißtrauen der bürgerlichen oppositionellen Parteien drängte
Bernhard Dernburg in einem Rennen gegen die Zeit auf die größtmögliche Be-
schleunigung der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und verschmähte auch
nicht die Zuhilfenahme der ihm nahestehenden Presse. So jammerte der „Berliner
Lokal-Anzeiger" über eine angeblich eingetretene Verstimmung der Börse und
den Rückgang der Kolonialwerte. Dazu habe in erster Linie die „hyperextreme
feindselige Stellungnahme" gewisser Parteien gegenüber der D. K. G. f ü r S. W. A.
beigetragen. 71 Nach dem Passieren der Vorlagen in der Budgetkommission prä-
sentierte Staatssekretär Dernburg kaltschnäuzig der Öffentlichkeit am 7. Mai 1910
die neuen Monopolverträge des Reichskolonialamtes mit der D. K. G. f ü r S. W. A.
und der Deutschen Diamantengesellschaft. 72 Mit den „Mai-Verträgen", die er-
gänzt wurden durch die Reichskanzler-Verordnung über den Bergbau in S. W. A.
vom 12. Mai 1910, war das Monopol der Banken im Diamantenbergbau ge-
sichert.
Deutlich reagierte die Börse, wo der Abschluß der „Mai-Verträge" die Werte der
Ba
Ebenda, Nr. 6550, Bl. 222-259.
"> Ebenda, Nr. 1324, Bl. 124.
71
Berliner Lokal-Anzeiger, Nr. 118, 6. 3.1910 (ebenda, Nr. 1393, Bl. 76).
Deutsches Kolonialblatt, 1910, S. 410-414.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 29
va
Koloniale Rundschau, 1910, S. 389 f.
74
ZtSAP, RKA Nr. 6550, Bl. 237.
Das aufschlußreiche Dokument befindet sich ebenda, Nr. 1358, Bl. 27 ff. Von Bedeutung
: auf die Entschlußfindung des Staatssekretärs war zweifellos auch die „programma-
tische Aufstellung" W. Rathenaus, die dieser am 9.12.1908 seinem „lieben Freund"
Dernburg übersandt hatte (ebenda, Bl. 25 f.) und die leider in den Akten fehlt.
30 Dieter Schulte
70
Ebenda, Nr. 1341, Bl. 64 f. Gerlach und Zutrauen fertigten nach Besichtigung von
Hanau, Amsterdam, Antwerpen und London eine Expertise über die Situation des
Diamantenhandels und der Schleifereien, die Antwerpen für die Regie als günstigste
Variante erschienen ließ (ebenda, Bl. 67—73).
" Reichsgesetzblatt, 1909, S. 270 f.
'» ZStAP, RKA Nr. 1354, Bl. 93.
Unter der Schlagzeile „Du hast ja Diamanten" griff „Graf's Finanzchronik" (Nr. 50,
14.12.1908) die „alten" Beziehungen des ehemaligen Direktors der Darmstädter Bank
und der in „Verlegenheitsfällen" aushelfenden B. H. G. scharf an und fragte schließ-
lich gereizt, wo denn die übrigen Banken und sonstigen Interessenten bleiben würden
und wie weit eigentlich schon die „Vorhand" Fürstenbergs reiche! Dazu Randnotiz
Dernburgs: „Das wird man ja sehen". Ebenda, Nr. 1341, Bl. 128.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 31
Ebenda, Bl. 88-112, 119, 122, 126. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates wurde Fürsten-
berg gewählt. Im 18köpfigen Aufsichtsrat waren u. a. weiter vertreten: Dr. Mosler
(B. H. G.); K. Helferich, v. d. Heydt, S. Alfred v. Oppenheim, P. v. Schwabach und
M. M. Warburg. Nach dem Protokoll der ersten Aufsichtsratssitzung v. 10. 2. 1909
(ebenda, Nr. 1360, Bl. 110 ff.) übernahmen die Stammanteile des Grundkapitals:
B. H. G. 240 000 Mark
Bank für Handel und Industrie 120 000 Mark
Berg- u. Metallbank AG 120 000 Mark
Bankhaus S. Bleichröder 120 000 Mark
Bankhaus Delbrück Leo & Co. 120 000 Mark
Deutsche Bank 120 000 Mark
D. K. G. für S. W. A. 120 000 Mark
Disconto-Gesellschaft 120 000 Mark
Dresdner Bank 120 000 Mark
Gibeon Schürf- u. Handelsgesellschaft 120 000 Mark
Bankhaus Mendelsolin & Co. 120 000 Mark
Nationalbank f. Deutschland 120 000 Mark
A. Schaaffhausenscher Bankverein 120 000 Mark
Bankhaus M. M. Warburg u. Co. 120 000 Mark
Bankhaus v. d. Heydt u. Co. 60 000 Mark
Bankhaus Sal. Oppenheim jr. & Co. 60 000 Mark
Bankhaus Jacob S. H. Stern 60 000 Mark
Bankhaus Lazard in Speyer-Elissen 20 000 Mark.
81
Deutsches Kolonialblatt, 1910, S. 162 f.
« Vgl. vor allem ZStAP, RKA Nr. 1341,1354-1362.
w
Ebenda, B. H. G.-Archiv, Nr. 577. Die Anteile übernahmen die Aktiengesellschaft für
Verkehrswesen (31 %), Stauch, Nissen und Weidtmann (60 %), Lenz sowie sein
Schwiegersohn Baurat Reh (9 %). Geschäftsführer war zunächst der Geschäftsinhaber
der B. H. G., Dr. Mosler. Die Gesellschaft zahlte von allen Diamanten-Gesellschaften
die höchsten Dividenden.
32 Dieter Schulte
bergs wurde am 12. Mai 1909 in den Räumen der B. H. G. in der Berliner Behren-
straße mit „mäßiger Kapitalaufwendung" die „Diamanten-Pacht-Gesellschaft"
(D. P. G.) mit Sitz in Berlin errichtet, deren sämtliche Aktien (Grundkapital
2 Mill. Mark) die Regie erwarb. 84 Durch einen Pachtvertrag mit dem Gouverne-
ment erhielt die D. P. G. das ausschließliche Recht zur Ausbeutung der fiska-
lischen Bergbaufelder, was der Regie nach dem Statut nicht möglich gewesen
wäre. Der Betriebsvertrag vom 29. Juli 1909 zwischen der Pacht-Gesellschaft und
der Kolonialen Bergbau-Gesellschaft übertrug diese Pachtrechte und die Be-
triebsführung def Fürstenberg-Schöpfung auf die nur wenige Monate ältere
Schwestergesellschaft bis zum Jahre 1919.
Das Londoner Diamantensyndikat war alles andere als entzückt über die süd-
westafrikanischen Kontingente, die drohten, das eingespielte internationale Preis-
gefüge empfindlich zu stören. Dernburg, der über vielfältige Kontakte zum Lon-
doner Markt verfügte und ständig, wenn auch mit geringem Erfolg, bemüht war,
die anrüchige Dumping-Verkaufspolitik der Regie gegen die britischen Vorwürfe
in Schutz zu nehmen, baute mit Fürstenberg über ein Antwerpener Syndikat
unter der Führung von Generalkonsul L. Coetermans-Henrich, J. M. Walk und
Jac. Kryn eine eigene Absatzorganisation f ü r Rohdiamanten auf, der rund
17 weitere Edelsteinhändler angehörten. 85 Mit den deutschen Diamanten, in
heftigem Konkurrenzkampf mit dem Londoner Diamantensyndikat auf den inter-
nationalen Markt gebracht, machten die achtzehn von der Berliner Handels-
gesellschaft geführten deutschen Banken ein Millionengeschäft. Neben der Haus-
bank der A. E. G., die sich, wie schon im kolonialen Eisenbahnbau, auch hier den
Löwenanteil durch ihre einmalige Stellung gegenüber dem R. K. A. und ihre ge-
schickten finanziellen Manipulierungen sicherte 86 , waren weitere Nutznießer die
in der „Metallgesellschaft", F r a n k f u r t a. M., und im „Südwestafrikanischen
Minensyndikat" vereinigten Finanzgruppen und Konzerne.
Der stellvertretende Direktor der Dresdner Bank, Dr. Hjalmar Schacht, tat auf
dem Berliner Kolonialkongreß am 8. Oktober 1910 die bisherigen privatkapita-
listischen Investitionen in den deutschen Kolonien als gering ab. Auch der frei-
konservativ-agrarische Publizist v. Dalwigk zu Lichtenfels fragte in seiner zeit-
84
Ebenda, Nr. 1360, Bl. 95—98. Zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates wurde Mosler ge-
wählt. Im Aufsichtsrat waren vertreten Fürstenberg, Zutrauen und Lenz. Vom Grund-
kapital übernahmen fiktiv 1 Mill. Mark die B. H. G. und je 500 000 Mark die Kolo-
niale Bergbaugesellschaft und Lenz & Co.
» Ebenda, Nr. 1352, Bl. 166 ff. 1910/11 wurden von der Regie von rund 799 000 Karat in
Antwerpen 96,79 %, in Hanau 3,08 % und in Amsterdam 0,13 % abgesetzt (ebenda,
Nr. 1389, Bl. 127 f.).
<"> Fürstenberg bezeichnete in seinen Memoiren die „Bewirtschaftung" der Diamanten-
felder als das wichtigste seiner kolonialen Engagements (Fürstenberg, S. 525). Die
finanzielle Diamantenausbeute der Jahre 1908 bis 1914 kann vorsichtig nach Auswer-
tung der Quellen auf rund 155 Mill. Mark angesetzt werden.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 33
genössischen polemischen Schrift: Wer ist auf Anregung von Dernburg in die
Kolonien gegangen und welches Kapital ist zu welchem Zweck in die Kolonien
geflossen? und beantwortete seine skeptische Frage mit dem vielsagenden Ver-
weis auf das Ansteigen des Börsenhandels mit Kolonialpapieren und die Grün-
dung von sogenannten Kolonialkontoren. 87 Gemessen an der Rolle und Be-
deutung der Überseebanken erscheint die Funktion der Kolonialbanken zweifel-
los gering. 88 Das „kleine Kolonialgeschäft" 89 wurde durch Tochtergesellschaften
der großen deutschen Banken, vor allem der Dresdner Bank, betrieben, die be-
reits vor Dernburgs Amtsantritt begründet worden waren („Deutsch-West-
afrikanische Bank", „Deutsch-Ostafrikanische Bank" und „Deutsche Afrika-
Bank"). Die meisten kleineren kolonialen Unternehmer gelangten durch das
raffinierte System der Bankkredite und Vorschüsse sehr schnell in eine absolute
Abhängigkeit vom Bankkapital, das damit faktisch die gesamten wirtschaftlichen
Bewegungen in den deutschen Kolonien kontrollierte.
War Staatssekretär Dernburg wenig erfolgreich bei dem Versuch der direkten
Etablierung von weiteren Kolonialbanken, so bildete die allgemeine Einführung
der Aktien der großen Kolonialgesellschaften an der Börse ein wesentliches
Novum gegenüber der Politik seiner Amtsvorgänger. Gerade hier ist ein Charak-
teristikum der Dernburgschen Kolonialpolitik überhaupt zu sehen, eine funda-
mentale Seite, die in der wissenschaftlichen Literatur in ihrer komplexen Be-
deutung bisher nicht ausreichend erfaßt wird.
Während der Amtszeit des ehemaligen Bankdirektors wurde der Handel mit
Kolonialwerten, dem bisher ein offizieller Platz an den deutschen Börsen ver-
wehrt gewesen war, fest etabliert. Dernburgs Bemühungen um die Schaffung
eines regulären Marktes f ü r Kolonialwerte seit dem Jahre 1906 belebten nicht
unerheblich die Bildung eines dauernden Stammes spekulativer Interessenten
und stimulierten die Börsengeschäfte seiner „aktiven Kollegen". Jöhlinger ver-
wies auf diese bemerkenswerte Neuorientierung des Kapitals: „Die Ursache, daß
sich die Börsenkreise jetzt mehr f ü r unsere Schutzgebiete interessieren . . . ist in
erster Linie darin zu suchen, daß ein ,Mann vom Bau' an der Spitze der Kolonial-
verwaltung steht, ein Finanzmann, dessen Fähigkeiten die Berliner Börse zur
Genüge kennt." 90 Die Auswirkungen der nordamerikanischen Finanzkrise trafen
1907 den europäischen Kapitalmarkt, um ein Jahr später die industrielle Kon-
junktur empfindlich zu dämpfen und die Depression einzuleiten. Erst mit dem
Herbst 1909 sollten Industrie und Handel eine „langsame, mäßige Besserung" 91
»' Dalwigk zu Lichtenfels, Egon Frhr. v., Dernburgs amtliche Tätigkeit im allgemeinen
und seine Eingeborenenpolitik in Deutsch-Ostafrika im besondern, Berlin 1911, S. 8 ff.
0,5
Vgl. Radandt, Hans, Zur Geschichte der kolonialen Bestrebungen deutscher Finanz-
gruppen gegenüber den Ländern Afrikas, in: JbfW, 1962, T. IV, S. 79-85; Nehls, Katja,
Zur Bewegung des deutschen Kapitalexports des deutschen Imperialismus, ebenda,
1963, T. IV, S. 57-91.
^ Müller, F. F., Deutschland — Zanzibar — Ostafrika. Geschichte einer deutschen Kolo-
nialeroberung 1884, Berlin 1959, S. 57.
'M Koloniale Rundschau, 1910, S. 80-87.
al
Feiler, Arthur, Die Konjunktur-Periode 1907-1913 in Deutschland, Berlin 1914, S. 62.
S Jahrbuch 24
34 Dieter Schulte
verzeichnen. War also zu Beginn des Jahres 1908 noch eine gewisse Liquidität an
der Börse zu verspüren, so sank diese ständig. Stimulierend und belebend wirkten
in dieser Situation vor allem die plötzlichen Diamantenfunde in S. W. A., die
damit im Zusammenhang stehende Hausse in kolonialer Bodenspekulation u n d
die Eisenbahnbaupolitik des R. K. A. Aus diesem Blickwinkel gesehen, gewinnt
die von der bürgerlichen Historiographie viel gerühmte Aktivität Dernburgs ein
bezeichnendes und vielschichtiges Bild.
Zwar konnte m a n schon 1906/07 tendenziell von einem gewachsenen Interesse an
Kolonialwerten sprechen. Dazu hatten unverkennbar die Wahlreden des Ko-
lonialdirektors beigetragen, die den spekulativen Trend besonders in den Mittel-
schichten spürbar verstärkten. Von welcher außerordentlichen Bedeutung die
koloniale Demagogie und Propaganda des Exbankiers aber f ü r die Kolonial-
börse war, dies w u r d e n u n m e h r besonders deutlich durch die wilde Hausse in
Kolonialpapieren nach Dernburgs Zahlenspielereien im Reichstag am 21. J a n u a r
1909, die zu hektischen Kurssteigerungen der südwestafrikanischen Papiere
führte. 9 2
Die Reaktionen des deutschen Monopolkapitals auf Dernburgs euphorische L u f t -
schlösser w a r nicht ungeteilt. So w a r n t e die „ F r a n k f u r t e r Zeitung", daß „im Be-
reiche wirtschaftspolitischer Abwägungen Nüchternheit und Überlegsame Vor-
sicht am Platze" seien. „Deshalb w a r e n denn auch alte Kolonialpolitiker von dem
Dernburgschen Vortrage in der Deutschen Kolonialgesellschaft stark ent-
täuscht." 9 3 Z e n t r u m s f ü h r e r Erzberger kritisierte vor dem Plenum des Reichstages
die Propagandarede des „Antreibers" und klagte: „Es hat sich an der Börse auf
G r u n d dieser Rede eine Spekulation geltend gemacht, welche die weitesten
Volkskreise ergriffen hat, ja, auch schon den Mittelstand u m f a ß t — eine geradezu
wahnsinnige Spekulation!" 9 4
Typisch f ü r die Dernburgsche Börsenpolitik sind neben der Förderung und
Etablierung der Aktien der großen Kolonialgesellschaften an der Börse vor allem
dessen ständige Bemühungen zur Verbreiterung der Spekulationsmöglichkeiten,
so u. a. durch die Schaffung kolonialer „Kleinaktien" nach britischem Muster, u m
auch kapitalkräftige bürgerliche Mittelschichten als potentielle Interessenten von
Kolonialpapieren stärker als bisher in die Börsenpolitik des Großkapitals mit ein-
beziehen zu können. Durch die 1909 erfolgte Zulassung von Wertpapieren der
deutschen Kolonialgesellschaften zum Börsenterminhandel w u r d e dieser Trend
entscheidend verstärkt. Es ist fast unnötig festzustellen, daß neben dem „offiziel-
len" Markt, der bis 1910 eine relativ begrenzte Anzahl von Shares „amtlich" zu-
gelassener Gesellschaften umfaßte, der von Dernburg besonders lebhaft ge-
förderte „freie" Markt in südwestafrikanischen Diamantenpapieren zu einem
ausgedehnten und unkontrollierten Börsenfieber beitrug. Von welcher Bedeutung
die Politik des ehemaligen Bankdirektors f ü r die Börse war, zeigte sich neben
50
„Ein wahrer Kolonialtaumel ergriff die Börse und das Publikum, jeder wollte an
dem Millionensegen beteiligt sein ..." Ebenda, S. 57.
Frankfurter Zeitung, Nr. 47, 27.1.1909, in: PARL, Nr. 175 F, Bd. 1, Bl. 172.
Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 12. Leg.Per.,
1. Sess. 1909, Bd. 234, S. 6648.
Mohopolpolitik des Reichskolonialamts 35
der Auswirkung der „Mai-Verträge" dann auch durch die fast schlagartige Er-
starrung des florierenden Marktes in Kolonialwerten nach der Demission Dern-
burgs im J u n i 1910. Noch sechs Monate später konstatierte Jöhlinger: „Auf
keinem Gebiet der Berliner Börse ist der Gegensatz zwischen dem vorigen J a h r
und jetzt so scharf wie auf dem Markt der Kolonialwerte . . . Es scheint, als ob
seit dem Rücktritt des Staatssekretärs Dernburg das Interesse der Börse u n d
weitester Kapitalkreise f ü r Kolonialunternehmen stark eingeschränkt worden
ist . . . " 9 5
3*
36 Dieter Schulte
ac
ZStAP, Reichstag Nr. 1142, Bl. 65-73.
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 37
man aus dieser Fragestellung die Ergebnisse des antikolonialen Kampfes der
Völker Afrikas und Asiens 97 . Mit der Niederschlagung des großen Aufstandes in
Deutsch-Ostafrika 1905, der Vernichtungspolitik gegenüber den Hereros und
Nama in Südwestafrika von 1904 bis 1906, der verstärkten „Befriedung" der
Völker und Stämme im Innern Kameruns, Togos, Neuguineas und auf Samoa
hatte das deutsche Monopolkapital seine politische Macht etabliert. Nach der
Periode der Militärherrschaft traten nunmehr flexiblere politisch-ideologische,
ökonomische und juristische Unterwerfungsmethoden in den Vordergrund, ob-
wohl der Einsatz des Militärs stets das letzte Mittel blieb.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß die in der „Ära Dernburg" erlassenen Maß-
nahmen zur gesetzlichen Regelung der Arbeitskräftefrage zu einer neuen Stufe
verstärkter physischer Ausplünderung des „wertvollsten Aktivums" führten.
Mehr als fragwürdig erscheint daher die k r a m p f h a f t e Behauptung bürgerlicher
Historiker, daß das Kernstück der „neuen Ära" der deutschen Kolonialpolitik
eine staatliche „Eingeborenenschutzpolitik" gewesen sei. Wir meinen, daß die
elastischere Methode der kapitalistischen Ausbeutung, die Bernhard Dernburg in
den Jahren 1906 bis 1910 mit allerdings geringem Erfolg zu inaugurieren ver-
suchte, in ihrem Wesen alles andere als human war. Zwar wollte sich der Staats-
sekretär von den Pflanzern und Siedlern, den Alldeutschen und den Agrariern
nicht die „Peitsche in die Hand drücken lassen", aber die koloniale Praxis belegt
mit einer Vielzahl von Einzelbeispielen, daß nach wie vor die Riesengewinne der
kolonialen Unternehmen (vor allem im Eisenbahnbau) mit der Gesundheit und
dem Leben der kolonialen Arbeitskräfte realisiert wurden.
Wir haben andererseits bereits oben festgestellt, daß Dernburg die Lösung der
sogenannten Arbeitskräftefrage nie unter eingeengten und ausschließlich ökono-
mischen Aspekten, sondern stets als einen wichtigen politischen Komplex inner-
halb seines kolonialen Gesamtprogramms sah. Es ging dem Kolonialstaats-
sekretär mithin darum, durch die Vollendung des gesetzgeberischen Rahmens der
Lebens- und Arbeitsverhältnisse der entrechteten Kolönialvölker eine mögliche
Störung der politischen und ökonomischen Verhältnisse weitgehend auszuschal-
ten. Obwohl das Programm in wesentlichen Teilfragen die Zielsetzung nicht er-
reichte, ist es unzweifelhaft, daß das Dernburg-System zu einer weiteren Stabili-
sierung der politischen Verhältnisse in den deutschen Kolonien führte. Die Jahre
1906 bis 1910 bedeuten damit eine politische Zäsur in der Entwicklung der
Kolonialpolitik, die ihre deutlichen Spuren bis zum Ende der deutschen Kolonial-
herrschaft hinterlassen sollte.
D e r n b u r g s R ü c k t r i t t 1910
Ausgehend von der staatsmonopolistischen Kolonialpolitik des R. K. A. im In-
teresse des von Dernburg geförderten Flügels des deutschen Bankkapitals er-
wuchs ein deutlicher Gegensatz zu anderen Gruppen des Großkapitals, auch kol-
"It was the Africas initiative to which the Dernburg reforms were the European
response." Iliffe, John, Tanganyka under German Rule 1905—1912, Cambridge 1969,
S. 7.
38 Dieter Schulte
,J
» ZStAM, Rep. 89 H Deutsches Reich Bd. 6, Bl. 143.
Der B. D. I. versicherte Dernburg in einer Adresse v. 11. 6.1910, die deutsche Industrie
werde ihm „für alle Zeit" dankbar sein. PARL, Nr. 175 F, Bd. 2, Bl. 78. Auch Strese-
mann gab dieser Stimmung beredt Ausdruck. Stresemann, Gustav, „Das Ende der
Ära Dernburg", in: Braunschweigische Landes-Zeitung, Nr. 267, 11.6.1910 (ebenda,
Bl. 81 f.).
lm
Vorwärts, Nr. 130, 7. 6.1910 (ebenda, Bl. 47 f.).
Monopolpolitik des Reichskolonialamts 39
Von den 90er J a h r e n des 19. Jh. bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges f a n d e n
die mit der Erdölversorgung Deutschlands zusammenhängenden Fragen wieder-
holt in der Öffentlichkeit eine breite Resonanz. Die in ihren Methoden w a h r h a f t
nicht wählerische Politik der Standard Oil Company erweckte in weiten Kreisen,
übrigens nicht n u r in Deutschland, heftigen Widerspruch. Der amerikanische
Trust w a r entschlossen, sich den deutschen Markt gänzlich zu u n t e r w e r f e n und
die seinen Monopolisierungsbestrebungen sich widersetzenden Gesellschaften im
erbitterten Konkurrenzkampf niederzuringen. Im Vordergrund der öffentlichen
Diskussion stand dabei noch immer das Leuchtöl, obwohl andere Petroleumpro-
dukte im Laufe der J a h r e zunehmend an Bedeutung gewannen. Mit der be-
absichtigten E i n f ü h r u n g des Leuchtölmonopols durch die Reichsleitung im J a h r e
1912 erlebte die Kontroverse u m die Erdölversorgung kurz vor dem Weltkrieg
einen neuen Höhepunkt. 1
F ü r den Verlauf dieser Auseinandersetzungen u n d die dabei zutage getretene
Frontbildung war wesentlich, daß vor dem ersten Weltkrieg in Deutschland, wenn
wir von der Standard Oil Company und den von ihr kontrollierten Gesellschaften
absehen, weit stärker als in anderen Ländern der Handel mit Erdölprodukten
und die Erdölgewinnung eine Domäne der Großbanken waren. Ähnlich verhielt
es sich mit den vom deutschen Kapital kontrollierten Erdölbetrieben im Ausland.
Eine Ausnahme bildeten n u r die deutschen Kapitalinvestitionen in der galizischen
Erdölindustrie, an denen vorwiegend mittlere und kleinere Gesellschaften be-
teiligt waren. 2 Die beträchtlichen Investitionen der Deutschen Bank im letzten
J a h r vor dem Kriege verschoben aber auch in Galizien die Relation zugunsten
der Großbanken.
Studien, die den überragenden Einfluß der großen Banken auf die vom deutschen
Kapital beherrschten Unternehmen der Erdölindustrie untersuchen, können w e r t -
volle Aufschlüsse vermitteln; w e r f e n doch Untersuchungen über die fast durch-
' Brack, Ulrich, Deutsche Erdölpolitik vor 1914, phil. Diss. Hamburg 1977, S. 297 ff.
- Die von Schwarz, Paul, Die Beteiligung deutschen Kapitals an der galizischen Erdöl-
industrie, Berlin 1907, mitgeteilten Tatsachen werden durch die Berichte der deut-
schen Konsuln aus Lemberg über die Erölproduktion aus den Jahren 1907-1914 weit-
gehend bestätigt; vgl. ZStAP, Auswärtiges Amt (im folg.: AA) 3075-3081.
42 Heinz Lemke
J
Vgl. den Briefwechsel Kokovcov — Bethmann Hollweg und die einschlägigen Schrei-
ben und Berichte von Kiderlen-Waechter, Pourtales und Lucius aus dem Herbst 1912,
ebenda, 3552, 3553; die Briefe Kokovcovs und Bethmann Hollwegs sind in russi-
scher Übersetzung veröffentlicht in: Monopolisticeskij kapital v neftjanoj promyslen-
nosti Rossi 1887-1914, Moskau/Leningrad 1961, Nr. 246, 255.
4
Aufschlüsse darüber vermitteln Günther, Renate, Die Voraussetzung und der Beginn
der Kapitaloffensive deutscher Bankmonopole in der rumänischen Erdölindustrie
(1900 bis 1905) in: JbfW, 1972, IV, S. 122 ff.; Brack, S. 176 ff., 236 ff.
Erdölinteressen der Deutschen Bank 43
ö
Seidenzahl, Fritz, 100 Jahre Deutsche Bank. 1870-1970, Frankfurt a. M. 1970.
ü
Das Abkommen über die Turkish Petroleum Company. Die Deutsche Bank und die
britisch-deutsche Verständigung vom 19.3.1914, in: Deutsche Bank. Beiträge zu Wirt-
schafte- und Währungsfragen und zur Bankgeschichte, Nr. 5, 1967, S. 16 ff.
44 Heinz Lemke
Wicklung bis Ende 1912 in diesem Beitrag kaum behandelt. Die Einbeziehung
dieses ersten Jahrzehnts der Bemühungen der Deutschen Bank um die Erdöl-
konzession im Zweistromland erscheint um so angebrachter, als in manchen
neueren Arbeiten falsche Angaben anzutreffen sind. 7
Die Deutsche Bank begann 1903 ihre Aufmerksamkeit den damals zwar festgestell-
ten, aber noch nicht näher untersuchten Petroleumvorkommen in Mesopotamien
zuzuwenden. Der Sprecher ihres Vorstandes, Artur v. Gwinner, dessen Ober-
leitung die Erdölgeschäfte der Bank unterstanden, wies im Oktober 1904 in einer
Eingabe an das Auswärtige Amt darauf hin, daß 1903 von der Deutschen Bank
in einer Reihe von Ländern beträchtliche Kapitalien in das Erdölgeschäft in-
vestiert worden waren. 8 So betrachtet, stellt sich ihr Interesse f ü r die Ölvor-
kommen in der asiatischen Türkei als Teil eines größeren Vorhabens dar: der sich
auf breiter Front vollziehenden Zuwendung einer Großbank zum Erdölgeschäft
unter Ausschöpfung aller ihr zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten.
Sichtbaren Ausdruck fanden diese Bestrebungen in der im Januar 1904 erfolgten
Gründung der Deutschen Petroleum AG, von deren 20 000 Aktien die Deutsche
Bank 11100 übernahm. 9
Daß Gwinners Angaben über den zeitlichen Beginn des Interesses der Deutschen
Bank an den Erdölvorkommen in der Türkei zutreffen, ergibt sich auch aus dem
Schriftverkehr mit der von ihr kontrollierten Anatolischen Eisenbahn-Gesell-
schaft. Deren Generaldirektor, Dr. Kurt Zander, hatte der Ausbeutung türkischer
Erdölvorkommen bereits einige Jahre früher seine Aufmerksamkeit zugewandt. 10
Seine Anregungen, sich auf diesem Gebiet zu betätigen, fanden jedoch damals
bei der Deutschen Bank keinen Widerhall. 11
Für deren 1903 einsetzendes Bestreben, die gewünschte Konzession von der
türkischen Regierung zu erlangen, lassen sich aber auch noch andere Motive an-
führen. Der Abschluß der Bagdadbahnkonvention im März 1903 steigerte ihr
bereits erhebliches Interesse am Nahen Osten beträchtlich und weitete es auf den
Mittleren Osten aus. Die Bahn wurde das Hauptvorhaben der Bank und der in
Berlin herrschenden Kreise in jener Region, wobei sich alle anderen Unter-
nehmen der Deutschen Bank in der Türkei um dieses Zentralprojekt gruppierten.
Der Erschließung größerer Ölvorkommen in Mesopotamien wäre f ü r die Ent-
' So läßt Born, Karl Erich, Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1977,
S. 280 f., die Anatolische Eisenbahn-Gesellschaft die Konzession für die Ölvorkommen
in Mesopotamien nicht 1904, sondern bereits 1901 erwerben.
8
Gwinner an AA, 13.10.1904: „Nachdem die Deutsche Bank im vorigen Jahr ein er-
hebliches Interesse an den Petroleumgeschäften in Rumänien, in Galizien, in Baku,
im Kaukasus, sowie in dem Transport- und Verkaufsgeschäft von Erdölprodukten
auf den europäischen Märkten erworben hat, hielt ich es für nützlich, die mir von
Seiner Majestät dem Sultan in früheren Jahren nahegelegte Untersuchung des Erdöl-
vorkommens in Mesopotamien in die Hand zu nehmen." ZStAP, AA 13 310.
a
Seidenzahl, F., 100 Jahre Deutsche Bank, S. 206.
10
Vgl. den zwischen Zander und Tom G. Corpi am 21. 4.1900 geschlossenen Vorvertrag,
der sich auf etwaige Ölvorkommen im Wilajet Adrianopel in der Nähe von Gallipoli
bezog. (ZStAP, Deutsche Bank 10 155.)
" Zander an Gwinner, 29.11.1904, ebenda.
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their former associates raised against them, the hapless brothers
were taken as prisoners, on the serious charge of incendiarism.
“That’s good for twenty years apiece,” said ’Squire Hardy, rubbing his
hands in a pleased manner. “We’re picking them off, one by one, and
now the deacon has got shut off, the work will be easier.”
CHAPTER XXVII.
“IT NEVER RAINS BUT IT POURS.”
Mrs. Bayne was wild with grief, as she saw Rob taken away in this
heartless way.
“This is the worst blow yet,” she moaned. “Oh, why have they taken
my boy—our support?”
“And my poor Mary,” cried Mrs. Little.
“And my boys, Tom and Jerry,” added Aunt Vinnie.
It was a hopeless group, and Joe, the only one among them who
could look bravely up, had all she could do to try and console them.
“Let us hope for the best,” she said. “They cannot harm Rob. He has
surely done no wrong.”
“But we are so helpless,” said Mr. Little. “That infernal——”
“Hush! Hush!” spoke up Joe. “You must be careful how you speak.
We can only hope and wait.”
“Oh, that Gideon should come home at this time and under such
conditions as these!” moaned the distracted wife.
“Don’t condemn him,” said Joe, courageously. “We know all the
others are innocent, and we will think he is until we know differently.”
“He says he is not guilty of this terrible thing. But what will become of
us? We are so helpless!”
“We must not give up,” said Joe. “I wonder what they will do with
Rob? I’ve a mind to go to the village.”
“Go, Joe. We can take care of ourselves.”
“I think you had better,” assented Mr. Little. “How I wish that I was
well again. It is so hard to suffer and do nothing when one is so
needed.”
“But you are so much better than in the city,” said Mrs. Little. “It is
that alone which keeps me from wishing that I was back to the city
once more.”
Having decided to go to Basinburg, Joe lost no more time in making
such preparations as she could for the visit, having really no idea of
what good it could do. She hoped to find out what would be done
with Rob, and that was incentive enough.
She was ready to start in less than five minutes. She had very little
change to make in her apparel, for the reason that, despite the
desires of Rob, she had not allowed much to be bought for her. She
did have a new print dress, a pair of shoes, and a straw hat. These
she put on in place of her everyday clothes, and bidding the others
be of good cheer until she returned, she started on a run toward the
village.
So rapidly did she go that inside of half an hour she came in sight of
the village.
The crowd about the store was larger than when Rob had been
there, and the excitement was running higher than even. She
learned that Rob had been put under close surveillance, and that the
sheriff and his posse were searching for Gideon Bayne.
At first nobody seemed to notice her, and then she began to attract
attention, when sneering remarks were made, and she heard several
suggest that it would be the proper thing to arrest her as one of a
gang of outlaws and public enemies.
She did not mind this as much as she would have done under
ordinary circumstances. In her anxiety to learn what she could of
Rob, she dared much, ay, jeopardized her own safety.
She had become confident that no harm would be done him until
another day, when he would be given a justice trial before being
taken to jail.
Determined to be present, she started homeward, happily
unconscious that it had already been decided to arrest her, though
she was not followed to her home.
Incidentally she had learned that Deacon Cornhill had been
demanded to meet his liabilities, and that he was about to sign over
all his property to satisfy his creditors.
These things were among those she told to her anxious friends at
home, whom she found anxiously awaiting her coming.
No new development had taken place since her departure, except
that two or three men had been seen hovering about the house, who
it was thought were spies who had been left by Sheriff Stanyan.
So the occupants of the old red house saw the shades of night fall
with dire misgivings.
To make their situation more gloomy, threatenings of a storm
appeared, and the wind moaned through the trees overhanging the
back side of the building.
“I shall go crazy,” declared Aunt Vinnie.
At that moment Chick and Ruddy, their faces white with terror, burst
into the room, exclaiming:
“We have heard it ag’in! There are ghosts, and they are crying and
moaning, ‘Murder! Murder!’”
This announcement, given at this time, sent a thrill of horror through
the frames of the little group, the most of whom shivered and
remained silent.
“Nonsense, Chick,” said Joe. “You are frightened and imagined you
heard such sounds.”
“Come up into the back chamber if you think we lie, Joe. I——”
A peal of thunder caused the frightened Chick to stop in the midst of
his speech, while he crept nearer the others.
The first alarm of the rising storm was quickly followed by another
flash of lightning, and a second peal of thunder louder and nearer
than the first.
Soon after the rain began to fall, while the lightning and the thunder
gradually passed over, but not until it seemed as if the old house
would be destroyed.
When the fury of the storm was beginning to wane, the little party of
frightened people slowly gained courage.
“It must be leaking into the chambers,” said Joe. “I will get one or two
of those old buckets in the cellar and put them under the worst
places.”
“Oh, don’t dare to move,” admonished Aunt Vinnie. “This is awful.”
Not to be deterred from her purpose, Joe lit the stump of a candle,
and carefully descended the old stairs leading to the damp, musty
cellar. But she had not gone far before she was startled to find a light
already in the dismal place.
At first she thought the house must be on fire, but a second look
showed her that the glare came from a lantern, and in a moment she
was alert for what might be discovered.
Concealing her own light behind her, instead of crying out or beating
a hasty retreat, she descended the stairs more stealthily than before
until she could command a full view of the cellar.
What she now saw was a sight calculated to have sent a thrill of
terror to the heart of a less brave girl.
Three men were near the farthest corner, one of them holding the
lantern, while another was digging hurriedly into the earth, the third
seeming to have no other occupation than to watch the work of his
laboring companion.
“Hark!” he exclaimed, suddenly. “I thought I heard some one move.”
“Bosh!” said the one with the lantern. “I never see you so nervous,
Jed, as you are to-night. It was only one of the trees scraping against
the roof of the old house.”
“I guess you’d be nervous if you were in my place. A man’s mind
plays the devil with him sometimes. I ain’t forgot——”
“So does his tongue,” interrupted the other. “The—ha! you have
reached it, Bill!”
Joe could hear the spade strike something which gave back a
hollow, metallic sound that sent a shiver through her body, but she
bravely stood her ground.
The man with the spade resumed his work, throwing up the earth
faster than before, until suddenly he stopped. He peered closer into
the pit he had dug.
“Hold the lantern lower, Bill.”
The other quickly obeyed, when the one who had made the request
gave expression to a low cry of dismay.
The one holding the light now looked sharper down into the ground,
when he exclaimed:
“Great heavens! it is a human skeleton! What does this mean, Jed?”
Then the trembling man called by this name glanced downward, to
start back with a wild cry of fear.
“I made a mistake, boys. I—I——”
He started to flee without finishing his sentence.
CHAPTER XXIX.
“I AM GIDEON BAYNE.”
Before Joe could realize just what was taking place, and the terrified
man had not taken his second step, a section of the big chimney
which had been built from the bottom of the cellar was torn down,
and from out of the midst of flying brick and débris stood the figure of
a man.
Seen by the dim lantern light he appeared like a giant in stature,
while in either hand he held a cocked revolver, one weapon leveled
at the fleeing miscreant, while the other was pointed toward his
confederates, and his stentorian voice, sounding uncommonly loud
and clear in that underground room, commanded:
“Hold! Another step and I will measure the earth with your foul body!”
“I’m lost!” cried the frightened fugitive, falling upon his knees. “It’s the
ghost of Tim Bayne!”
It was little wonder if the man’s companions stood trembling with
fear, and that Joe Willet, brave girl that she was, nearly fainted.
Slowly advancing from the cloud of dust and dirt which had
enveloped his form, the man with the deadly weapons continued:
“I have caught you in your own trap. The man who lifts a finger dies
like a dog. It would be a blessing to man if I should send these
bullets through your worthless bodies.”
“Oh, spare me! Spare me!” begged the wretch upon his knees. “I did
not want to come here, but they made me. It was the buried treasure
that did it. We were going away as soon as we got that.”
A commotion which had been suddenly started overhead at that
moment arrested the attention of the others. Besides loud voices,
could be heard the tramp of many feet, so that it seemed as if a large
party had forced an entrance into the house.
Joe had heard this sudden outbreak above, and it had suddenly
occurred to her that the sheriff and his posse had returned.
But the peril, as great as it was, seemed to arouse her to swift
action. Though the man who was holding the desperadoes at bay
was unknown to her, he was proving himself an enemy to the night
marauders, and this fact told her that she could look to him for
friendship.
In this dilemma she boldly addressed him. He showed no surprise at
her words.
“I need your assistance,” he said. “Get me some strong cord or rope,
so I may secure my birds. After that we will look further.
“I will get you the rope in a minute,” replied Joe, starting up the
stairs.
It was prudent that she should move cautiously, expecting, as she
did, that she was to find enemies in the house. But she had barely
reached the top of the stairs before the well-known voice of Little
Hickory came to her ears, sending a thrill of joy to her heart.
“Where is Joe?” he asked.
“Here!” she replied, bursting into the room; and regardless of the
others present, she threw herself into his arms, sobbing:
“I am so glad you have come, Rob.”
“I hope nothing more has happened here to harm you, Joe. Dr.
Menter got home this evening, and upon hearing of my predicament
he would not rest until he had seen me. Then he called ’Squire
Hardy out of his bed, and demanded my release in such terms that I
was given up. But he has come with us. Thank him, Joe, for what we
owe to him.”
Joe now saw that the genial doctor was present, and he stepped
forward to grasp her hand. She also saw Larry, who was clasped in
his mother’s arms. Besides these twain there were others present,
whom she did not recognize in her joy, while she murmured her
thanks to Dr. Menter for the kind assistance he had given Rob.
“I am his debtor still,” replied the physician. “I am glad I got home as
I did. I wish I had been here before, for I might have saved you much
suffering.”
Then Joe acted very queerly, as it seemed to the others, for she
suddenly sprang back, exclaiming:
“Oh, the man in the cellar. I forgot him. You must go to his help, Rob,
with a rope.”
In a few hurried words she explained the startling tableau being
enacted below them, when Rob and the men with him started to see
what could be done, while the women stood all together in a group,
half in tears and half in fright over the strange situation.
No change had taken place in the cellar, for the unknown man held
his victims so at bay not one dared to move. The lantern had
dropped from the hand of the man called Bill, but it had not been
extinguished.
“They are a string of precious scamps on whose heads there is a
good price set. Tie them fast and firm.”
Willing hands did this, and though the baffled outlaws raved and
cursed, begged and implored, they were soon prisoners.
“We came in the nick of time,” said Dr. Menter, “and though I do not
fully understand what this move means, I feel certain it is going to
work in your favor, Robert. Ha! what means this skeleton here in the
ground? I believe we are about to get at the mystery of the old red
house.”
“You are,” said the stranger, who had put aside his revolvers, and
having brushed the dirt from his clothes, appeared before the rest a
fine specimen of manhood. “I think I can give you the key. But let us
go above, as I have matters of closer interest to me that I want to
speak of first.
“Rob, though you have grown so I should not have recognized you if
your name had not been spoken, I am Gideon Bayne, your father!”
CHAPTER XXX.
THE TRIUMPH OF RIGHT.
It was not until he had been folded in the arms of his new-found
father that Little Hickory could realize the truth of what had been
spoken.
They had reached the floor now, and his mother stood close beside
them, while the others stood apart, silent but appreciative spectators.
“I am so glad,” murmured Mrs. Bayne. “Your father did come
yesterday, though I had not the opportunity to tell you. It seems
strange but natural that he should have come here. Then the officers
came, and knowing he was again a hunted man, he concealed
himself in the opening made in the old chimney for that very purpose
by his eccentric uncle, Timothy Bayne.”
“What your mother says is true, my son,” said the father. “At last I am
free from the law, and no longer a fugitive. I sought for you and your
mother in the big city till I was forced to give up. Then I came here
simply because Uncle Tim lived here when I was a boy, and I was
naturally attracted hither. I reached the village in the night to see
these miscreants here just as they left the store on their depredation.
It proved that I was wretched, and, instead of hunting for the real
culprits, I was again made a fugitive. But I did not know this until I
had reached here.
“You may judge of my surprise and pleasure at finding your mother
here.”
The others were deeply moved by the simple story of a man who
had been more wronged than guilty. He was a man still in the prime
of life, with a stalwart form and clear, fearless manner.
“Now that I have found you,” he resumed, “I mean to stay by you,
unless you drive me away, or the law does. At any rate, I shall
consider myself a fugitive no longer.”
“Neither are you,” spoke up Dr. Menter. “If I mistake not, these men
in captivity here have a story to tell which will lift much of the cloud
that hangs over you. At any rate, I am not going to let Rob remain
any longer the victim of a man who has persecuted him out of a
matter of a little spite against another.”
“You are very kind,” replied Rob.
“Not half as kind, nor one-hundredth part as brave as you were when
you staked your life to save my dear boy and girl.”
“This is a happy moment,” said Aunt Vinnie, “and if my boys were
only here I could enjoy it with the rest of you.”
“And my Mary,” said Mrs. Little.
“Mary will be with us again before another night,” spoke up Larry.
“Only this evening I learned of a strange thing, and I was coming to
tell you of it. Lucy Howlitt was up to Deacon Cornhill’s this afternoon,
and Mrs. Cornhill told how Mary, as she thought, had been taking
things, and it wasn’t half an hour after that before Lucy caught a
tame crow belonging there carrying off a silver spoon in its bill. She
called Mrs. Cornhill, and they watched the crow go straight to a place
where he had hidden all the things that had been lost. Then Mrs.
Cornhill knew that the crow, and not Mary, had stolen what she had
missed, and she cried, she felt so bad over it.”
“That will set Mary free, and Mrs. Cornhill is willing to do anything
she can to be forgiven.”
“I am so glad,” murmured the mother. “I knew my daughter could not
be guilty of such a thing as stealing.”
“It looks as if we were coming out all right,” said Rob.
“So you are, my boy,” said the doctor. “Right always triumphs in the
end. I had rather be in your place than ’Squire Hardy’s, by a big
difference. Now listen, Aunt Vinnie, for I have a bit of news that will
give you joy as well as the others.
“The boy who was out on a night’s lark with Phil Hardy has
confessed that he and Phil were at the sawmill the night it burned,
and that young Hardy set it on fire. Of course Phil denies it, but it is a
crushing blow for the Hardys, and it will save your boy from jail.”
“Hurrah!” cried Aunt Vinnie, shaking her apron in the air. “This is the
happiest moment in my life, or will be when I clasp my boys once
more in my arms. I did not never see anything like this,” getting her
language somewhat twisted, but her heart was all right, and the
others felt as joyous as she did.
Leaving the inmates of the old red house to enjoy their new peace of
mind, and to anticipate the happiness of the coming day, Dr. Menter
looked to the safety of their prisoners.
When he had seen that they were still secure, he called Rob to one
side, saying:
“While our friends here stand guard over the captives, how would it
do for you and I to do a little investigating on our own hook?”
Little Hickory and his father willingly assented, when the three
returned to the cellar.
“I thought it might be as well to keep our business to ourselves in
part,” said the doctor, as soon as they were alone. “I have reason to
think that we are about to make important discoveries.
“I do not think it good policy to say so now to every one, but I am
ready to say to you that one of these precious fellows upstairs is the
murderer of Timothy Bayne. They have said enough to let us know
that they were here after a buried treasure. Do you know anything
about this, Mr. Bayne?”
“Only that uncle was supposed to be very wealthy, but eccentric. He
was killed for his money, as it was supposed, by a man who had
been working for him. I am sure the ruffian upstairs is the man.
Whether he got uncle’s money is more than I know. They were
seeking for something of the kind here to-night.”
“Well, we will do a little digging ourselves.”
Mr. Bayne then took the shovel, and in a few minutes a skeleton of a
man was divulged to their sight. Nothing more.
“It is probably that of Mr. Bayne,” said the doctor. “I do not believe we
had better dig any more, and we will leave the bones just as we
found them.”
“I thought the shovel struck something that was not a rock. Let me
take it,” said Little Hickory.
Beginning to dig a little to one side of the exposed skeleton, he soon
unearthed an iron box of considerable size, and which proved to be
of great weight.
With what feelings the three raised the buried box may be imagined.
“Hold, my son!” said his father. “This treasure, if it shall prove such,
has been found on the property of another man. It is not ours.”
“By as good a right, and better, than any one else’s,” said Dr. Menter.
“This property is now in the hands of Deacon Cornhill, who came into
possession by a collector’s deed, it being sold for taxes some
eighteen or nineteen years ago. A deed of this kind is open to
contest for twenty years. So as the heir to Timothy Bayne, it looks to
me as if you could hold the treasure. But here we are arguing over
what may be a valueless thing. Then, too, the deacon is an honest
man, and will not try to hold what does not belong to him.”
It was decided not to open the box until another day, and further
investigation had been made, so the three returned to those who
were anxiously awaiting in the room above.
It was not told to the outsiders of the discovery that had been made,
but the inmates of the house listened to the description of the find
with unbounded interest.
Never was day waited for more eagerly than by the party here, and
as its first rosy light appeared, the harbinger of a fair and a happy
day, Dr. Menter started for the village, taking one of the men with
him. In a few hours Sheriff Stanyan came, but he brought no terror to
the members of Ragged Rob’s young republic.
He spoke graciously to them, and complimented Rob on his good
fortune.
“The ’squire is pretty badly cut up over Phil, and well he should be,
for he is a bad boy. It will take a good slice of the old man’s property
to settle this matter, but I do not think Phil will have to go to jail.”
With these words the sheriff took away the sullen prisoners from the
red house, leaving the others in easier spirits.
Half an hour later Dr. Menter returned accompanied by Deacon
Cornhill, who greeted his colonists with great affection.
“The light is breaking,” he said, gladly, “and you are coming out all
right, thanks to Rob, here.”
“Not more to me than to our friends,” said Little Hickory.
The deacon had aged in appearance more than ten years since the
others had last seen him, and the hearts of all went out to the kind-
hearted man, who had done so much for them, and had himself
suffered so much.
But the moment of darkness was already fleeting, and a new light
was coming into their lives.
The iron-bound box was soon broken into, and the overjoyed
spectators beheld a sight which made them fairly wild with strange
visions of joy and of mystery.
It was a treasure box indeed.
Made up of bank notes, government bonds, gold and silver, it held
the equivalent of over fifty thousand dollars.
Is it a wonder there were dancing and wild exclamations?
The more sober of the party could not realize it as true, while the
others did not try to realize anything but their joy.
At last, when something like rational feelings again held sway, Rob
suggested that it belonged to Deacon Cornhill, but he would not
admit it. But there was a happy compromise.
Little Hickory proposed that a portion go to him, and this, under
consideration of his difficulties, he accepted with tears in his eyes,
and blessings upon his lips.