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O mistério da casa incendiada 1st

Edition Rafael Weschenfelder


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O mistério da casa incendiada 1st Edition Rafael


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Bewegung, die groß und würdig ist. Sie ist zweifellos erreicht, allein
nicht mit der sachlichen Würde etwa des romanischen Stiles,
sondern mit dem Pathos dekorativer Gesten.

Abb. 21. München. Theatiner-Hofkirche. Inneres.


Wie in der Gotik ist auch hier das Verhältnis zum Innenraum kein
tektonisches, ist nicht bedingt durch den Grundriß des Baues,
sondern durch den wirkungsvollen Eindruck. Auf die in ihren großen
Formen verhältnismäßig ruhige Front folgt ein Kirchenraum von
überraschender Größe des Raumgefühls und, bei aller Pracht, fast
klassischen Formen (Abb. 21). Die Großlinigkeit dieser korinthischen
Säulen, Gebälkfriese und kassettierten Bögen steht zu den kleinen
Teilungen derselben Formen in der deutschen Renaissance (Abb.
17) in völligem Gegensatz. Nichtsdestoweniger zeigt eine so häufige
Form wie die spindelförmig gedrehten Säulen am Altar wieder eine
innere Verwandtschaft mit der Gotik. In deren Spätstil wurden solche
geschraubten Säulen erwähnt, aber was dort ein Aufwirbeln
bedeutet, ist hier ein mühevolles Sichemporwinden gegen eine
drückende Last. Ebenso ist der gebrochene Giebel darüber zu
verstehen, der hier auch im Außenbau vorkommt und überhaupt
charakteristisch für den Stil ist. Zu ebenso großer Bewegung wie der
Einzelteil sammelt sich der ganze, festlich geschmückte Innenraum.
Auf antikisierender Bogenarchitektur ruhend, mit schweren
Tonnengewölben geschlossen, führt das Hauptschiff unter der
Kuppel weg bis zum Altarraum; das Sims vor allem, das die
Obermauer des Mittelschiffs von der Stützenreihe scheidet, ist hier
führende Linie. Die Absicht geht allerdings darauf, im Innen-, wie
schon im Außenbau, die Teile zu großen Wirkungen zu
verschmelzen, an Stelle ihrer tektonischen Scheidung den
Zusammenfluß zu geben. So verkröpfen sich die dekorativen Säulen
des Mittelschiffes im darübergelagerten Sims, um, als Gurtbögen
fortgesetzt, das Gewölbe in sich einzubeziehen. So wächst die
Kanzel als Form geradezu aus der Säule heraus, an der sie befestigt
ist, bildet auch der Altar nur einen Bestandteil des Altarraumes,
keinen selbständigen Organismus. Nicht nur, daß das Fenster in der
Kirchenmauer als leuchtendes Auge Gottes zu einem Glied des
Altars wird, ebenso werden seine gedrehten Säulen durch die Linien
der Gewölbe fortgesetzt. Auch der Beginn dieser Tendenz liegt in
Italien. Ihre Geburtsstätte ist vielleicht die Mediceerkapelle
Michelangelos, wo der Meister die Fensteranlage zusammen mit der
Grabanlage schuf, nicht nur mit der Absicht, die volle Beleuchtung
zu erzielen, sondern um bestimmte Ausdrucksakzente in die Figuren
zu legen, etwa durch die Beschattung von Giulianos nachdenklichem
Kopf. Allein wir sehen nun, daß solche Verschmelzung jeden Teil um
den klaren Ausdruck seiner Funktionen bringt und eine
charakteristische Eigenschaft untektonischer bewegungsuchender
Stile ist. In der späten Gotik fanden wir sie ebenso wie im Stil der
ausgehenden Antike. Während der romanische Altar eben nur ein
Tisch war, war beim spätgotischen der Aufsatz Hauptsache
geworden, der für das Auge seine feinen Spitzen mit den ruhelos
aufwärts strebenden Pfeilerlinien verflicht. Man wird nun auch den
Außenbau der Barockkirche und seinen Parallelismus zur gotischen
Fassade verstehen. Es handelt sich in beiden Fällen nicht nur um
eine Verknüpfung der horizontalen Geschosse, sondern zugleich
auch um eine weiche Auflösung nach oben, nach Analogie der eben
festgestellten Wirkung um eine Art Verschmelzung mit dem
Luftraum. Und es ist nur natürlich, wenn wir eine parallele
Erscheinung auch im Innenraum der Barockkirche finden. Hier ist die
Kuppel zugleich Zusammenfassung und Auflösung; nach ihr zu
öffnen sich Hauptschiff, Seitenschiffe und Altarraum in mächtigen
Bögen. Sie faßt den Raum in sich zusammen und läßt ihn mit ihrer
großen Zahl von Fenstern in den Luftraum verströmen. Sie
beherrscht den Raum, und es war daher keine Pietätlosigkeit,
sondern im Gegenteil die Absicht einer besonderen
Wirkungssteigerung, die der leuchtenden Kuppel Michelangelos ein
düsteres Langschiff vorlegte.
Die Kuppel der Barockkirche ist keine tektonische Verknotung der
Bauteile, wie die der romanischen Kirche (Bd. I, Abb. 41). Sie
schließt den Bau nicht als Architekturglied zusammen, sondern wirkt
durchaus malerisch und zwingt durch ihr Licht das Auge nach der
Stelle des intensivsten Ausströmens hin. Sie ist nicht so sehr Körper
wie Beleuchtungseffekt, ja neben der ruhigen Architektur der
romanischen Kuppel ist sie geradezu formlos. Nicht nur weil bei
dieser nur vier Fenster in den Ecken die Struktur betonen, während
hier acht Fenster das ganze Rund durchbrechen und in Schein und
Widerschein ihre Konturen und die Konturen der Kuppelteilungen
verwischen; auch der Dekor wirkt an dieser Zersetzung mit. Zwar
noch werden die Hauptlinien, die Begrenzungen der Kuppel und der
Zwickel, von denen sie getragen wird, festgehalten, allein überall
hinein setzt sich schon das lebhafteste Ornament, Ranken, die in
kompliziertesten Kurven bewegt sind, oder figürlicher Schmuck.
Gerade er gibt den Formen die Überleitung zur Nebenform, so, wenn
der Schlußstein der Bögen, in denen sich das Hauptschiff nach dem
Seitenschiff öffnet, und dem eigentlich ein ganz tektonisches Gefühl
zugrunde lag, in eine Ranke umgeformt wird, von der aus ein kleiner
Engel mit den Händen bis in die Obermauer hinübergreift, oder wenn
die Zwickel, auf denen die Kuppel ruht, diese wichtigen struktiven
Glieder, nicht nur mit reichverschlungenem Bandornament gefüllt,
sondern von ihm geradezu zerrissen und am Rand vollkommen
aufgelöst werden. Für diesen Aufputz fand man im Stuck den
schmiegsamen Stoff, der sich willig jeder Form fügte. Gerade dieses
Material hat ungeheure Verheerungen in den romanischen Kirchen
angerichtet, die man mit seiner Hilfe sehr leicht barock umdekorieren
konnte.
Die vollkommene Überwindung der Zweckbedingungen durch
technische Gewandtheit und die reichste Ausbildung der dekorativen
Formen macht also das Bauwerk frei für jede Art des künstlerischen
Ausdrucks. Die vollkommene Sprengung des früher durch seine
natürlichen Bedingungen begrenzten Raumes ist seine erste
Absicht, ihr Resultat an der Fassade die Auflösung der
Stockwerksbegrenzungen nach oben, im Innenbau die
Raumauflösung durch die Kuppel. Daß man andererseits danach
strebt, die Bauteile möglichst miteinander zu verknüpfen, ist nur
scheinbar ein Paradoxon. Vielmehr bedeutet beides eine Aufhebung
der funktionellen Differenzierungen zugunsten einer einheitlich
dekorativen Wirkung.
Damit aber hört die Kirche auf, allein ihrem Zwecke zu dienen,
und wird ein künstlerisch repräsentatives Monument. Der Architekt
selbst wird ein großer Hofherr mit vielen Titeln, den man sich von
weit her, in Deutschland meist aus Italien oder Frankreich kommen
läßt. Das Wort „Künstler“ bekommt damals schon jenen Sinn des
herrischen Gegensatzes zum Handwerk. Und die Zünfte führen oft
einen verzweifelten Kampf gegen Leute, die ihnen nicht angehören
und unmittelbar im Dienste der Fürsten an den einträglichsten
Stellen stehen. Wie die Kirche wird auch die Messe aus einem
Gottesdienst immer mehr zu einem ekstatischen Schauspiel. Ihr
Eindruck liegt nicht mehr in ihren klaren Worten, sondern in der
Musik, die ausdrucksvoller Träger ihrer Stimmung wird. Hier
bedeutet Bachs Hohe Messe in H-Moll den Höhepunkt. Man darf die
Rückkehr unserer Zeit zu Bach nicht als Rückkehr zum Primitiven
ansehen, wie das wohl geschehen ist. Er ist nicht primitiv. Die
mittelalterliche Messe mochte es sein, die ihre Musik aus dem
Rhythmus des gesprochenen Textes folgerte. Bach ist der echte
Barockmeister, wie Mozart in seinem gesteigerten Ausdruck der
echte Rokokomeister ist. Wie im Credo der H-Moll-Messe sich die
Oboe um die Solostimme legt, das hat seine frappantesten
Parallelen im Verhalten der Barockranke zu den gedrehten Säulen,
in deren tiefe Windungen sie sich einschmiegt. Mit der Messe wird
auch ihre Zelebration zum Schauspiel. Wie der Römer an die Stelle
der kunstreichen griechischen Arbeit das Prunken mit
pfundschweren Goldarmbändern setzte, so tritt nun an die Stelle der
fein geformten Geräte die Pracht reicher Gewänder, mit Edelsteinen
übersäter Mitren und Bischofsstäbe. Es macht einen seltsamen
Eindruck von kultivierter Barbarei, im Domschatz zu Limburg a. L.
neben den edlen mittelalterlichen Emailreliquiaren Ornatstücke des
Barock zu finden, die in der Form ohne jede Feinheit sind, bei denen
aber die Fülle der Perlen und glitzernden Edelsteine kein Fleckchen
des Grundes freiläßt.
Diese Absicht, Repräsentation und Prunk geradezu zum Zweck
des Lebens zu machen, ist der Grund dafür, daß sich diese Kultur in
den öffentlichen Bauten ihren wichtigsten Ausdruck geschaffen hat.
Die bürgerliche Baukunst tritt hinter ihnen zurück, sucht jedoch
ebenso das Pathos wuchtiger Formen, wie der Danziger Innenraum
(Abb. 19) zeigte. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts aber ist die
Stilbewegung in eine neue Phase getreten. Was Italien bisher für
das kirchliche Barock ist, wird Frankreich jetzt für das profane
Barock, und sein Einfluß auf die gesamte europäische Kunst ist nicht
geringer dank der Hilfsquellen, die dem Absolutismus Ludwigs XIV.
zu Gebote standen, und der Rolle, die er im politischen Leben
Europas spielte. Es ist ungemein interessant, hier die Pfade zu
verfolgen, die Politik und Kultur verbinden. Sicher in der Absicht,
Frankreichs Kunstindustrie zu heben, verpflanzt der tüchtige
Finanzminister Colbert fremde Techniken nach Frankreich und
gründet hier jene königliche Manufaktur, die unter der künstlerischen
Leitung des Malers Lebrun eine Zentrale des Barockgeschmacks in
Frankreich wird. Zusammen mit den charakteristischen Werken des
Königs, seinen Schloßbauten, wie Versailles, deren bedeutende
Meister Hardouin Mansard und Robert de Cotte sind, wird sie der
eigentliche Träger des Zeitgeschmackes. Aber es ist gar keine
Frage, daß diese offizielle Kunst den letzten Rest der Volkskunst
überwinden mußte, weil sie an Geldmitteln und Nachfrage
konkurrenzlos war, und daß sie in Frankreich wie den übrigen
Ländern Europas alle bodenständige Kunst vollkommen nivellieren
mußte. Europa war damals selbst in eminent nationalen Fragen sehr
wenig national gesinnt; in dem zerrissenen Deutschland herrschten
französisches Geld und französische Kultur unumschränkt. So kann
sich im 17. und 18. Jahrhundert von Frankreich aus eine einheitliche
Lebenskultur verbreiten, wie sie in der Gotik von demselben Lande
ausgegangen ist. Auch die deutschen Architekten der Barockzeit,
wie Schlüter (1664–1714) und Neumann (1687–1753), haben in
ihren Schlössern jeden Festungscharakter aufgegeben; sie sind
nichts weiter als Prunkbauten, die nur noch durch die Rücksicht auf
den möglichst wirkungsvollen Eindruck bestimmt sind.
In imposanter Breite lagert sich Balthasar Neumanns Würzburger
Schloßfront, mit den vorgestreckten Flügeln weit nach den Seiten
ausgreifend (Abb. 22). So sehr wird der Ton auf diese repräsentative
Aufrollung der Fassade gelegt, daß das Gebäude unverhältnismäßig
niedrig ist und nur sehr geringe Tiefe hat. Wie beim Kirchenbau
werden auch hier die seitlichen Bauendigungen als Ablauf der
Fassadenbewegung und der Mittelteil als ihr Sammelpunkt durch
eigene Frontbildung, sog. Risalite, betont. In zwei Geschosse
geordnet, von denen das untere gewöhnlich als Sockel gedacht und
in Rustika ausgeführt ist, während das obere schlankere oft noch ein
Halbgeschoß (Mezzanin) einschließt, werden sie durch
übereinandergestellte Säulen oder Pilaster einem Giebelfeld
zugeführt, das das Risalit zusammenfaßt. Zwischen diesen
Fixpunkten wird die Wand entwickelt, in gleicher Dekoration, deren
Säulen die wagerechte Bewegung schrittweise begleiten. Aber wie
hier alle Formen reduziert, flächenhaft sind, ist es auch der obere
Abschluß. Seine Führung bleibt wagerecht, eine Attika meist, die
den Bau längs der ganzen Dachlinie auflöst, wie der durchbrochene
Kamm das Reliquiar im Übergangsstil des 13. Jahrhunderts, und
diese Auflösung wird noch weicher durch die Vasen oder Skulpturen,
die auf der Brüstung verteilt stehen. Hinter ihr schließt das breit
gelagerte Mansardendach (so genannt nach seinem Schöpfer, dem
Architekten Mansard) den Bau ab.

Abb. 22. Würzburg, Schloß. Gesamtansicht.


Abb. 23. Würzburg, Schloß. Kaisersaal.
Es ist beim Palast dieselbe Absicht wirksam wie beim
Kirchenbau, wenn hinter dieser verhältnismäßig ruhigen Fassade
sich Räume voll unerhörten Prunkes öffnen. Vor den
Repräsentationszimmern des Schlosses, die das Gebäude mit ihrer
prunkvollen Eleganz beherrschen, treten alle Privatgemächer
zurück. Ein großes Stiegenhaus öffnet sich im Mittelbau unmittelbar
hinter dem Hauptportal. Zwei breite Treppen steigen in ihm durch die
Stockwerke empor, von elegant geformten Geländern begrenzt, in
weichen Kurven sich begegnend, geschaffen zur prunkvollen
Entfaltung festlicher Züge, dabei von größter Weiträumigkeit, wie die
Prunksäle, die sich von ihnen aus öffnen. Der Hauptsaal desselben
Schlosses gibt ein gutes Bild von der Art, wie hier allmählich von der
Absicht möglichst wirkungsvoller Raumgestaltung alle
Zweckgliederungen verdrängt werden (Abb. 23). Im viereckigen
Zimmergrundriß, der den Raum zwischen vier Wände und vier
Ecken gespannt hätte, hat man die Ecken abgeschrägt, und so eine
polygonale, weichere Form gewonnen. Und wenn auch jeder
Wandteil durch dekorative Säulen nach den Seiten, durch das auf
ihnen ruhende Gebälk nach oben abgegrenzt scheint, so wird er
doch durch die Füllung zerfasert. War schon die Täfelung der
deutschen Renaissance bloße Wanddekoration, so folgte sie doch in
den Hauptlinien der äußeren Begrenzung; hier aber arbeitet sie der
Wandbegrenzung an ihren empfindlichsten Stellen geradezu
entgegen. Die Gliederung der Palastfassade lehrte, daß dieser
symmetrisch empfindenden Zeit die seitlichen Begrenzungen und
der Mittelteil als die gliedernden Punkte, als die empfindlichsten
Stellen des Gefüges gelten. Gerade an diesen Stellen setzt im
Wandgetäfel das leichte Gerank an, zerfasert die rechteckige Tafel
oben und unten und reißt sie in der Mitte auseinander. Die
Begrenzungen zwischen den einzelnen Wandfeldern werden ebenso
unwirksam gemacht. Bei näherer Überlegung erweist es sich, daß
eben das Sims, das jeden Teil nach oben abzuschließen scheint,
zugleich die einzelnen Felder, über die Säulen hinweggleitend,
miteinander verbindet. So beginnt die Wand in fließender Rundung
das Zimmer zu umkreisen, und diese Bewegung wird dadurch
gesteigert, daß jeweils nach einer horizontal geführten Simspartie
ein Aufsteigen über einer Fenster- oder Türnische einsetzt. Mit ihm
ist gleichzeitig jene Aufwärtsbewegung eingeleitet, die dem Plafond
ebenso den Wert als Abschluß raubt. Sie beginnt vom Fußboden an.
Denn die Säulen sind keineswegs Träger, sondern elegant
aufsteigende Dekorationsmotive, und Beweis dafür ist das
untektonische Gefühl im Kapitell. Gerade diesem entscheidenden
Gebälkträger ist jede tragende Kraft geraubt; durch Ranken wird er
aus dem Schaft emporgeleitet, mit weichen Kurven in das verkröpfte
Gesims hinaufgeführt. Von ihm aus streben Zwickel aufwärts, von
einem schon dem Rokoko sich nähernden plastischen
Rankenornament immer bunter, immer reicher bewegt, bis
schließlich reich geformtes, wirr verschlungenes Gerank die
Zimmerwände in bunte Fetzen zerreißt. Dadurch wird jeder festen
Abgrenzung des Plafonds gegen die Zimmerwand so
entgegengearbeitet, wie durch den polygonalen Grundriß der festen
Abgrenzung der Wandteile gegeneinander, und ebenso wie die
Struktur der Zimmerwand selbst durch die Ranken des Ornamentes
zerstört wird, zerstört eine illusionistische Dekoration auch den
Plafond. Er wird über unserm Haupt geöffnet wie ein Himmel, in den
man hineinschaut, in dessen Wolken Götter auf Wagen fahren,
Genien sich emporschwingen. Hier ist die Stelle, wo die
antikisierende Allegorie eine Stätte zu jeder noch so plumpen
Huldigung an den Herrn des Hauses findet.
Schon Michelangelos sixtinische Decke zeigt die
Empfindungslosigkeit der Zeit für die Funktion eines Plafonds (Abb.
8). Er malte die Bilder ebenso an die Decke, wie er sie auf die Tafel
gemalt hätte. So führen bei ihm Gemälde und Saaldecke
nebeneinander jedes sein eigenes Leben. Dem Barock aber geht
der Zweckwert des Plafonds vollkommen verloren. Es nützt ihn zu
einer Illusion aus, die ihn zerstört. Es kann vorkommen, daß dieser
als geöffneter Himmel gemalte Plafond in Kirchen geradezu an die
Stelle der Kuppel tritt. Die kühnste Fortsetzung der Wandarchitektur
nach oben wird durch die Malerei vorgetäuscht und mit Gestalten
bevölkert. Engel schweben aus ihm empor, und strahlend scheint
über unsern Häuptern der Heilige selbst gen Himmel zu fahren. Das
ist ein neuer Beweis dafür, daß man ein Recht hat, der Kuppel in der
Barockkirche, ebenso wie der Wandgestaltung, wesentlich
raumsprengende, raumerweiternde Wirkung zuzusprechen.
Von hier aus läßt sich die Stilentwicklung und die Stiltendenz der
Barock-Architektur vollkommen übersehen. Von der strengen
Frührenaissance geht der Weg zur Hochrenaissance, in der die
Dekoration mit großen Linien die Wand bewegt, zum italienischen
Frühbarock, in dem das reichere Ornament diese Gliederungen
zerfetzt und den Raum sprengt, schließlich zum französischen
Hochbarock, wo Wand und Raum völlig gelöst erscheinen.
Abb. 24. Schrank des Barock.

Abb. 25. Sessel aus dem kgl. Schloß zu


Berlin.
Für die Formen, die dieser Kampf der Schmuckformen gegen die
Struktur im K u n s t g e w e r b e schafft, mag ein Schrank aus der Mitte
des 17. Jahrhunderts (Abb. 24) und ein Sessel Beleg sein, wie Abb.
25, der, etwa um 1700 entstanden, dem Stil des Andreas Schlüter,
des Erbauers des Berliner Schlosses, angehört. Der Schrank
entspricht genau dem Stil des hohen Barock, wie ihn die römischen
Kirchen und der Danziger Saal (Abb. 19) zeigen. Alles an ihm ist
massig und schwer. Drei große Halbsäulenformen geben der Front
ihre Wucht, auf Kugelfüßen stehend und ein weit vorragendes
schwer profiliertes Horizontalsims auf schweren Rankenkapitellen
tragend. Schwer, nach der Mitte zu sich verdichtend, sind auch die
Türfüllungen, und die neue Technik der Furnitur, des Aufleimens
edler Hölzer, dient zur Farbenbetonung dieser Schwere. Wo die
Renaissancefüllung (Abb. 17) gelockert und geteilt war, faßt dieser
Schrank zusammen; die spätgotische Bewegung ist endgültig zur
Ruhe gekommen. Den Stilformen nach etwas früher als das
Würzburger Schloß, ist der Berliner Sessel (Abb. 25) für die
Entstehung der späteren Barockformen, besonders für das
ornamentale Detail ein gutes Beispiel. Das Motiv ist aus der denkbar
struktivsten Form gewonnen. An den vier Ecken wird der Polstersitz
von vier Füßen getragen, von denen je zwei durch Leisten
verbunden sind, die ihrerseits durch eine Querleiste
zusammengehalten werden, also etwa das Motiv des spätgotischen
Tisches, wie ihn Dürers Hieronymus im Gehäus (Abb. 16) zeigt.
Allein wie in der Architektur ist auch hier überall an Stelle der
sachlichen Struktur ein gewollter Bewegungsausdruck getreten. Er
führt, etwa beim Bein des Sessels, sofort zur Disharmonie. Vom
Würfel aus, der den Ansatz der Leisten bezeichnet, gliedert sich das
Bein in einen — wie bei allen dekorativen Stilen — spitzen Fuß als
stehenden Teil, der durch eine abwärts gerichtete Akanthusform zu
Boden geleitet wird, und in einen tragenden Teil, der in gleicher
Weise aus einer aufwärts gerichteten Ranke nach oben steigt, sich
plötzlich, in der Silhouette dem spätgotischen Pokal ähnlich,
ausbreitet, noch einmal zusammenzieht, und ausladend die Last des
Sessels aufnimmt. Allein diese Teilung des tragenden Fußes ist in
der Konstruktion nicht begründet. Sie bedeutet nur ein weiches
Hinaufführen des Beines in den Sitz einerseits, ein Hinabführen in
den Boden andererseits, und das Resultat ist die dekorative
Zerlegung eines einheitlichen Gliedes bis zur vollkommenen
Divergenz der Richtungen. Ebenso ist die Wahl des Leistenansatzes
zum Gelenk dieser Teilung ganz willkürlich. Sie hätte allenfalls einen
Sinn, wenn die Leiste hier festansetzen, stark ablaufen würde. Allein
der Würfel dient auch hier dem Auge nur als Vermittlung, da die
Leisten unfest, mit eingerollten Voluten beginnen und als geknickte
S-Ranken weiter laufen. Sie begegnen sich in der Mitte, und an
diesem Punkt setzt mit derselben eingerollten Volute ebenso unfest
die Querleiste an, läuft in denselben Ranken dem Mittelpunkte zu,
wo ihre Linien sich ausladend vereinigen, um dann weich in eine
umgekehrte Blüte auszulaufen. So ist also die Leiste keine feste
Trageform, sondern eine gekrümmte Ranke, und der gliedernde
Mittelpunkt, der sachlich nicht vorhanden, sondern erst durch die
Dekoration gefunden ist, ist nicht struktiv gemeint, sondern weicher
Zusammenfluß der Linien. So entscheidet sich auch hier der Kampf
zwischen Struktur und Dekoration zugunsten der letzteren. Die
Formen aber sind noch übersichtlich und klar, und trotz der weichen
Überführungen ist jede Holzform durch die dem Material
angemessenen scharfen Kanten abgegrenzt.
Innerhalb der Flächen, die dadurch bestimmt sind, entwickelt sich
dann das Ornament, das ein gutes Beispiel für die Form des
späteren Barockornaments überhaupt ist. Als flaches Band ist es
aus der Fläche gewonnen, über die es sich wenig erhebt, während
seine Form aus der Bewegung der Gerätteile gefolgert ist. Die feinen
Bänder und Ranken, die sich vom Rande abzweigen, sind es, die
dem Auge die Richtung der Leisten und der Fußglieder erläutern.
Die Vase (Abb. 26) ist ein gutes Beispiel für die bewegungsreiche
Keramik der Zeit, deren Hauptfabrikationsort, Delft, und deren
wichtigste Technik, Fayence, sie repräsentiert. Zwar ist der Fuß
gegen das Gefäß abgegrenzt, das Gefäß selbst durch einen
ausladenden Rand vom Deckel geschieden, zwar scheiden sich die
Wandflächen, die den Leib des Gefäßes bilden, deutlich
voneinander. Aber der Fuß ist absichtlich nur mehr ein kleiner Rand,
als tragendes Glied möglichst wenig zur Geltung gebracht zugunsten
der Form des eigentlichen Gefäßes, das, von schmalem Boden
ansteigend, in breiter Kurve sich erhebt, seine Linien über den Rand
hin bis in den Deckel fortsetzt und hier in die Form eines Löwen
ausmündet, der den Deckel mehr krönt, als daß er ihm als Griff
dient. Durch eine gleich weiche Bewegung beginnt man auch die
Grenzkanten im Gefäßleib unwirksam zu machen. Man riefelt die
Fläche, so daß auch hier das Auf- und Abwogen einer Welle das
ganze Gefäß umkreist und die Kanten zum Glied der Bewegung
macht.
Zwischen dem Schrank und der Vase liegt dieselbe Entwicklung
wie zwischen dem italienischen Kirchenbarock und dem
französischen Palastbarock, das erste seine dekorativen
Gliederungen scheidend, das zweite sie immer stärker durch reiche
Dekoration verwischend. Gerade der Schmuck chinesischer Motive,
der sich gleichmäßig ohne Rücksicht auf die Gliederung und die
Riefelung um die ganze Fläche der Vase zieht, ist hierfür
bezeichnend, und es ist kein Zufall, daß die Schlösser der zweiten
Stilstufe an chinesischen Motiven so reich sind. In den feinen Linien
der Form, die das in Europa damals noch nicht erfundene Porzellan
den chinesischen Geräten gestattete, im Reichtum buntfarbiger
seltsamer Dekoration mit bizarren Landschaftsmotiven, steif
gekleideten Menschen, starr geformten Blumen mußten die
Erzeugnisse chinesischer Kunstindustrie damals für die dekorativen
Tendenzen der abendländischen Kunst unerreichte Vorbilder sein.
Man kopierte chinesische Porzellanvasen im roheren Material der
Fayence, bildete Lackarbeiten nach, und sammelte die Originale mit
Leidenschaft, um sie in eigenen chinesischen Kabinetten, Zimmern
von derselben bizarren Dekoration, aufzustellen.
Abb. 26. Delfter Fayencevase. Um 1700.
Gerade die Absicht der Stimmungseinheit, die hierin liegt, lernten
wir in beiden Phasen des Stiles als charakteristisch für ihn kennen.
Was im italienischen Barock erst Vereinigung ist, wird im
französischen zur Verschmelzung. Und dieses weite Ausgreifen des
Kunstwerks in seine Umgebung macht es nötig, über die
Kunsterzeugnisse im engsten Sinne hinauszugehen, um den Stil zu
verstehen. Denn man sucht der Fassade durch Ausgestaltung ihrer
Umgebung eine genau bemessene Wirkung zu sichern. Bernini
schließt die Peterskirche und den Petersplatz in Rom zu einer
äußerst wirkungsvollen Einheit zusammen, indem er von den Ecken
der Fassade aus Arkaden um den ganzen Platz führt und ihn in die
Anlage mit einbezieht. So wurde der Blick auf streng begrenztem
Wege immer auf die Kirche als sein Ziel geführt und die Wirkung der
Fassade außerordentlich gesteigert. Genau so wie im Schloß jedes
einzelne Zimmer in Form und Farbe der Möbel und der
Wandbekleidung eine Einheit bildet, wie wir den Innenraum mit der
Fassade sich zur Wirkung eines abgestimmten Gegensatzes
vereinen sahen, ist die Umgebung des Schlosses auf seine Fassade
abgestimmt. Zu ihr hin führt meist ein Hof, umgeben von einer Mauer
oder von Arkadengängen, die die Wirkungsabsicht der Kolonnaden
vor der Peterskirche in Rom haben; im Hof verteilt, oft auch statt
seiner, stehen staffelförmig gereiht kleinere Gebäude, die nur dem
dekorativen Zweck dienen, das Auge allmählich auf die
breitgelagerte Schloßfront hinzuführen. Hinter dem Schloß öffnet
sich dann der Park, kein naturgewachsener Baumpark mehr,
sondern Alleen künstlich verschnittener Bäume auf
kurzgeschorenem Rasen. Schon die Hochrenaissance in Italien leitet
diese Entwicklung ein. Sie schuf bereits Alleen, die nicht nur zum
Schloß führten, sondern bestimmte wirkungsvolle Ausblicke
eröffneten, setzte diese Alleen aus Bäumen zusammen, die in
regelmäßiger Form emporwachsen, vor allem aus Pappeln und
Zypressen, und die in ruhiger Aufeinanderfolge den Wandelnden
geleiten. Jetzt aber breitet sich vor der Gartenfront des Schlosses
ein weiter Platz mit geschorenen Rasenbeeten aus, deren Ränder in
den regelmäßigen Schnörkeln der Barockranke verlaufen,
dazwischen Alleen von Bäumen, die in unnatürliche Kugel- und
Pyramidenformen oder zu glatten fortlaufenden Wänden
verschnitten sind. Sie eröffnen überraschende Ausblicke auf das
Schloß und seine Nebengebäude, oder auf Wasserkünste von
erstaunlicher technischer Kühnheit, auf ungeheure Fontänen in
großen Becken, in die kleine Wasserstrahlen von der Mitte und vom
Rande her springen, aus Tritonenhörnern oder aus Urnen fließend,
die von Meergöttern gehalten werden. Man darf sich nicht wundern,
wenn die Absicht so weit geht, selbst über Menschenmöglichkeit
hinaus die Natur diesen Wirkungen untertänig zu machen, wenn das
zerstörte und nur in Abbildungen noch bekannte Schloß Favorita bei
Mainz aus seinen Alleen überraschende Ausblicke auf den
Rheinstrom eröffnet haben muß, und am Ende einer gewaltigen
Allee von zwei geschorenen Baumwänden im Park von Oliva die
weite Fläche der Ostsee sich dehnt. Wir wundern uns nicht, in
Anlagen, in denen die Natur so zur Schaustellung mitwirkt,
Naturtheater zu finden, in denen Alleen und Gesträuche als
wirkungsvolle Kulissen dienen. Die dramatische Literatur und Kunst
ist ja in dieser Zeit in Frankreich durch Molière, Racine, Corneille zur
höchsten Wirkung emporgeführt. Und ebenso wie an den Plafonds
der Säle benutzt man die antike Allegorie in pompösen Balletts zur
Huldigung für irgendeinen Fürsten, vergleicht ihn, von dem die
Geschichte uns oft kaum den Namen überliefert hat, mit allen
antiken Göttern und Heroen. Damals werden die Urkunden
geschrieben mit Titeln und Würden, Siegeln und Stempeln, hinter
denen keine Macht steht, damals erscheinen die feierlichen Anreden
und die lange, unterwürfige Unterschrift, damals kommt das Pochen
auf Rang und Titel, so daß es nichts Schwierigeres gibt, als einen
Zug von Fürstlichkeiten zu ordnen, und man eigene Bücher von der
Zeremoniellwissenschaft verfaßt hat; damals aber ist auch die Zeit,
in der kein Niedriggestellter sein Recht finden kann. Die breit auf
dem Kopfe thronende Allongeperücke wird das Zeichen der Würde,
die französischen Brocken im Brief das Zeichen der Bildung, und alle
Gefühle werden so ins Äußerliche übersetzt. Das Hochzeits- oder
gar Trauerkarmen, das man selbst den nächsten Verwandten
schreibt, wird guter Ton, und von geradezu grotesker Komik wird die
Verlogenheit, wenn hier der kleine Bürger mitmachen will, wenn die
Stadttore antike Triumphpforten werden, auf dem Marktbrunnen
jedes Nestes ein grollender Neptun erscheint, aus dem ehrsamen
Goldschmied Peter Dingsda in den Innungslisten in einem Jahr
plötzlich ein Monsieur wird, oder Joh. Seb. Bach alle Götter des
Olymps zur keineswegs scherzhaft gemeinten Huldigung an den
Obstzüchter Augustus Müller aufruft. Man trieb solche Dinge bis zur
Spielerei, ließ vom Zuckerbäcker Schaugerichte mit allegorischen
Darstellungen anfertigen, die gar nicht zum Essen bestimmt waren,
und benutzte die Geschicklichkeit des Handwerkers zur Herstellung
spielerischer Kuriositäten und mechanischer Kunststücke. Es ist
ohne Sinn, hier Beispiele zu häufen, genug, daß überall hinter einer
prunkvollen Außenseite ein wenig inhaltreiches Leben sich verbirgt,
wie hinter den bombastischen Buchtiteln der Zeit oft der
geringfügigste Inhalt sich findet, oder die Kriege zwar von den
Heeren gekämpft, aber von den Diplomaten entschieden werden.
Bei diesem Kulturstand der Epoche, bei dieser Steigerung der
individualistischen Tendenz bis zur eigenwilligen Arroganz mußten
die vom Zweck gelösten Künste, mußten Freiplastik und Tafelmalerei
zur höchsten Freiheit künstlerischen Wollens sich entwickeln,
Reliefplastik und Wandmalerei ihren tektonischen Bedingungen sich
ganz entfremden. Es genügt, auf die Illusionen in den Plafonds
hinzuweisen, von denen schon die Rede war, um das ohne weiteres
festzulegen. Es kam dazu, daß die prunkliebenden Fürsten und das
reiche Bürgertum durch die Menge der Kunstwerke, deren sie zur
Verewigung ihrer Persönlichkeit und zum Schmuck ihres Lebens
bedurften, dem Künstler ebenso reiche Arbeitsmöglichkeiten boten.
Allein schon von der Plastik wurden in einem fürstlichen Schloß, an
den Wegen seiner Parks, in den Becken seiner Wasserkünste, an
der Fassade und in den Räumen des Schlosses Hunderte von
Skulpturen gefordert, die sie vor eine Fülle künstlerischer Probleme
stellten. Naturgemäß aber stehen in dieser Zeit die Aufgaben im
Vordergrund, die der Verherrlichung des Bestellers dienen; wie die
Poesie der Zeit Huldigungskarmina, schafft die Plastik Porträts und
Denkmäler. Gerade hier spielt die Veräußerlichung der Gefühle, die
dieser Epoche eigen ist, eine Hauptrolle. Nicht nur daß man
pompöse Grabdenkmale aufführt mit Wappen und mit den Allegorien
der Tugenden übersät, wie man den Lebenden mit Titeln
überschüttete — man kommt sogar so weit, der heiligen Dreifaltigkeit
und der Madonna auf offenem Markt Monumente zu setzen, die
nicht Altäre, sondern im eigentlichsten Sinne des Wortes
Denksäulen sind.
Abb. 27. Schlüter. Denkmal des Großen Kurfürsten.

Gegenüber solchen Dingen ist das Monument eines Fürsten, wie


Andreas Schlüters Denkmal des Großen Kurfürsten in Berlin (Abb.
27), nur das typische Beispiel einer Sitte, die in Frankreich damals
zahlreichere Werke schuf, und zugleich ein äußerst
charakteristisches Beispiel für die Plastik des Barock. Der bauchige
Sockel erhält die Struktur durch vier schwere Ranken an den Ecken,
die zugleich die Funktion der Pilaster in der Architektur ausüben,
seine horizontalen Gliederungen zusammenfassen und aufwärts
führen zum ausladenden oberen Rand, über dem die Standplatte für
das Reiterbild ansetzt. Vier gefesselte Sklaven schmiegen sich eng
mit diesen Ranken zusammen, von starrster Verzweiflung bis zu
ergebener Huldigung alle Empfindungen des unterworfenen Feindes
aussprechend, in Gesicht und Körper erregt bis zu äußerster
Leidenschaftlichkeit des Affekts. Von gleich ausdrucksvollem Pathos
ist die Gestalt des triumphierenden Fürsten. Sein Roß schreitet
erregt vorwärts, die Mähne gesträubt, die Nüstern gebläht, energisch
in der Bewegung, die über das absichtlich schmale Postament Kopf
und Hals hinausführt. Wir sahen ja, daß das Barock Skulpturen in zu
enge Nischen setzt, um ihren Ausdruck zu steigern. Die ruhige
Sicherheit des Reiters bekommt ihren Wert durch den Kontrast, in
dem das Zurückbiegen und die stolze Seitwärtsdrehung seines
Körpers zu dem vorwärtsgerichteten Schreiten des Pferdes steht.
Das Werk ist ausgeglichen in Kunstform und Gedankeninhalt. Die
Kunstform hat jenes feine Verschmelzen und Ineinanderstimmen der
Teile, das wir als Stileigenschaft kennen lernten, bis ins feinste
durchgebildet. Wie die Sklaven den Ansatz der Ranken verhüllen,
um von den Stufen zu ihnen eine weiche Überleitung zu schaffen,
wie die Reiterfigur diese aufsteigenden Linien fortsetzt, die sich im
Haupt des Mannes vereinigen, ist außerordentlich fein berechnet.
Man denke an ein Reiterstandbild der Renaissance, etwa Donatellos
Gattamelata. Dort ist der Sockel durchaus nur Träger des Denkmals.
Dem Barock aber, dem die weiche Linienbewegung Stilbedingung
ist, muß Schlüters Bildwerk ein Muster von Würde gewesen sein.
Denn überall dort, wo lebhaftere Empfindungen geweckt werden
sollten, wäre im Barock das Monument jäh vom schmalen
Postament aufgestiegen, während dieses langsame Ansteigen von
breiter Grundfläche äußerst würdig gewirkt haben muß. So begreift
sich der Sinn der pompösen Allongeperücke, während jene lebhafte
Bewegung das Interesse der Zeit am ägyptischen Obelisk erklärt.
Beruht so die architektonische Wirkung im Denkmal auf der
harmonischen Verschmelzung der Teile, so beruht die innere
Wirkung auf der energischen Differenzierung der Kontraste. Der
Gesamteindruck des Monuments ist bedingt durch den Gegensatz
zwischen den Unterjochten und der Triumphgebärde des
Herrschers, zwischen besiegter Schwäche und siegender Kraft. Der

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