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13.04.

2021
Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
➢ Erwerb von Grundkenntnissen und Prinzipien in
➢ Diagnostik psychischer Erkrankungen
➢ Erstversorgung – auch in der Somatik/ Notaufnahme/ Praxis
➢ Indikationsstellung zur Überweisung/ Konsilanforderung

➢ Kenntnis komorbider psychischer Störungen bei somatischen Erkrankungen


➢ Kenntnis medikamenteninduzierter psychischer Störungen
➢ Kenntnis der Prävalenz psychischer Erkrankungen
➢ Relevanz der somatischen Ausschlussdiagnostik bei psychischen Erkrankungen
➢ Anwendung/ Etablierung des Bio-Psycho-Sozialen Modells bei psychischen
Erkrankungen
➢ …
➢ Haltung und Einstellung ggü. psychischen Erkrankungen

13.04.2021
Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
• Aufnahmegrund
• Eigenanamnese
• Fremdanamnese
• Psychiatrische Vorgeschichte
• Sozialanamnese
• Familienanamnese
• Drogen & Noxen
• Somatische Vorerkrankungen
• Körperliche Untersuchung
• Psychopathologischer Befund

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


• auf Augenhöhe
• geschützte Umgebung
• ausreichend Zeit
• Empathische Haltung
• …

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


Strukturierung der psychopathologischen
Befunderhebung im Gespräch
• „Warming up“
• Kontaktaufbau, Erläuterung von Sinn und Zweck der Befragung,
Beginn des spontane Äußerungen des Patienten und seiner Beschwerden;
Gespräches geringe Steuerung des Gesprächs

• Gezielte Exploration der Symptome, die nicht in den spontanen


Schilderungen vorgebracht wurden, sowie deren weitere
Strukurierter Präzisierung
Teil

• Kurze Zusammenfassung der Symptomatik


• Dem Patient die Möglichkeit geben, ihm wichtige Punkte zu
Beendigung ergänzen, die bisher nicht angesprochen wurden.
des Gesprächs

Fähndrich, E. & Stieglitz, R.D. (2016). Leitfaden zur Erfassung des psychopathologischen Befundes:
Halbstrukturiertes Interview anhand des AMDP-Systems. Hogrefe Verlag

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


➢ Psychopatholgie ist traditionell eine deskriptive und aktuelle/ querschnittliche
Symptomatologie und Syndromatologie psychischer Störungen auf der Basis von
Befragung und Beobachtung im Gespräch.

➢ Der psychopathologische Befund ist ein Befund der psychopathologische


Symptome mit Hilfe fest definierter Begriffe erfasst.

➢ Der Befund beschreibt grundsätzlich nur objektiv Beobachtbares zu einem


bestimmten Zeitpunkt.

➢ Der Beurteilungszeitraum kann differieren (3-4 Tage → 2-4 Wochen).

➢ Auch das äußere Erscheinungsbild und das Verhalten in der


Untersuchungssituation kann Teil des PPB sein.

13.04.2021
Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)
1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

13.04.2021
Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


1. Bewusstseinsstörungen
Art Symptom Definition
Quantitativ Bewusstseinsverminderung • Störung der Wachheit/ Vigilanz - verschiedene
Schweregrade („schlaf-wach-Skala“)
• Benommenheit
• Somnolenz (leicht erweckbar)
• Sopor (schwer erweckbar)
• Präkoma / Koma (nicht erweckbar)

Qualitativ Bewusstseinseintrübung • Aspekte der eigenen Person oder der Umwelt können
nicht mehr verstanden werden oder sind nicht sinnvoll
miteinander in Verbindung zu bringen
• Verwirrtheit des Denkens und Handelns aufgrund
akuter Funktionsstörung des Gehirns
• z.B. delirantes Syndrom

Qualitativ Bewusstseinseinengung • Fokussierung des Erlebens auf bestimmte Ereignisse


oder Erlebnisse
• z.B. bei Panik

Qualitativ Bewusstseinsverschiebung • Subjektives Erleben einer Bewusstseinserweiterung


hinsichtlich der Wachheit und Wahrnehmung
• z.B. Ekstase, Meditation, Halluzinogene

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1. Bewusstseinsstörungen

Hilfreiche Einstiegsfragen zu Bewusstseinsstörungen:

• Verstehen Sie mich gut?

• Können Sie alles um sich herum klar erkennen?

• Hatten Sie einmal das Gefühl, Farben intensiver zu


sehen, Musik lauter zu hören?

• Hatten Sie das Gefühl, Ihre Wahrnehmung sei schärfer


geworden? In welcher Hinsicht?
Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen

2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

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2. Orientierungsstörungen
Orientierung meint das Bescheidwissen über Zeit, Ort, Situation und
Person. Bei falschen Angaben ist Nachfragen notwendig, um dieses
Merkmal gegen andere (z.B. Konzentrationsstörungen) abzugrenzen.

zeitliche Orientierungsstörung • Desorientierung zu Datum, Tag, Monat, Jahr, Jahreszeit.

örtliche Orientierungsstörung • Desorientierung zum Ort, an dem sich der Patient befindet.

situative Orientierungsstörung • Desorientierung zur gegenwärtigen Situation, in der sich der


Patient befindet.
• z.B. Patient versteht nicht, dass er untersucht wird, sondern
versteht sich als Dozent.

Orientierungsstörung über die • Die persönliche Lebensgeschichte wird nicht oder nur
eigene Person teilweise gewusst.
• Geburtstag- ort, Alter, Name, Wohnsitz, sozialer Kontext etc.

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2. Orientierungsstörungen
Hilfreiche Einstiegsfragen zu Orientierungsstörungen

• Welches Datum haben wir heute?


• Welche Jahreszeit ist gerade?
• Wann sind Sie in die Klinik gekommen?
• In welcher Stadt sind wir?
• Wie alt sind Sie?
• Wann wurden Sie geboren?
• Sind Sie verheiratet?

Wichtig: Um dem Patienten nicht das Gefühl der Bloßstellung zu geben, sollte man versuchen,
die entsprechenden Fragen sinnvoll in das Gesamtgespräch zu integrieren und ggf. auf die
Notwendigkeit der Frage hinweisen.

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen

3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen


4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

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3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen

Unter Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen werden die


verschiedenen Aspekte der kognitiven Beeinträchtigung abgebildet.

Aufmerksamkeitsstörungen sind psychopathologische Symptome, bei denen


die Wahrnehmung von Umweltreizen beeinträchtig ist.
o Auffassungsstörungen sind Störungen der Fähigkeit, Äußerungen und
Texte in ihrer Bedeutung zu begreifen und sinnvoll miteinander zu
verbinden. Die Auffassung kann mehr oder weniger falsch, verlangsamt
oder fehlend sein. Auch der Hang zum Konkretismus und die Unfähigkeit
Sprichwörter zu verstehen wird hier abgebildet.
o Konzentrationsstörungen meint die verminderte Fähigkeit, die
Aufmerksamkeit einer Tätigkeit oder einem Thema ausdauernd
zuzuwenden.

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3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen

Wie würden Sie Aufmerksamkeitsstörungen erfassen bzw. abfragen?

Beispiel:
• Interpretation eines Sprichwortes
• Nacherzählen einer Fabel
• Interpretation und Wiedergabe von Bildertafeln
• „von 81 immer 4 abziehen“
• Rückwärts-Aufsagen der Monatsnamen

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3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
Gedächtnisstörungen sind psychopathologische Symptome, bei denen die Fähigkeit Eindrücke
oder Erfahrungen zu speichern oder abzurufen beeinträchtigt ist.

Symptom Definition und Erläuterung


o Merkfähigkeitsstörung • Unfähigkeit Gegenstände, Zahlen, frische Eindrücke über (ca. 10 Minuten) zu
behalten und wiederzugeben (3 Gegenstände).

o Gedächtnisstörung • Unfähigkeit, länger (als 10 Minuten) zurückliegende Ereignisse zu


behalten bzw. wiederzugeben (Kurzzeit-, Langzeitgedächtnis).
• Amnesien
• Retrograd: Gedächtnislücke vor einem Ereignis;
• Anterograd: Gedächtnislücke nach einem Ereignis (total oder lakunär)
• Zeitgitterstörungen: Unfähigkeit, Gedächtnisinhalte zeitlich richtig einzuordnen.

o Konfabulation • Erinnerungslücken werden mit spontan wechselnden Einfällen gefüllt, die vom
Patienten selbst für Erinnerung gehalten werden, aber im Gegensatz zu
erfundenen Geschichten oft nicht wiederholt werden können.
• Zu Grunde liegt auch immer eine Gedächtnisstörung.

o Paramnesie • Fehlerinnerungen, Erinnerungsverfälschung oder-täuschung


• z.B. im Rahmen eines Wahn oder falschen Wiedererkennens, Déjà-vu,
Intrusionen, Ekmnesie.

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3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen

Wie würden Sie Gedächtnisstörungen erfassen bzw. abfragen?

• Vorsprechen von siebenstelligen Zahlen (z.B. Telefonnummern)


• Namen von drei Gegenständen, sofortiges und zeitversetztes
Wiederholen (z.B. Hut, Topf, Zeitung)
• Abfragen von lebensgeschichtlich relevanten Ereignissen
• „Wie schätzen Sie Ihr Gedächtnis ein?“
• „Vermissen Sie zur Zeit vermehrt Dinge?“
• standardisierte neuropsychologische Testungen

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen

4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

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4. Formale Denkstörungen
➢ Formale Denkstörungen zeigen sich in sprachlichen Äußerungen.

➢ Es kann sich dabei um Veränderungen in der Geschwindigkeit, Kohärenz


und Stringenz des Gedankenablaufes handeln.

➢ Als wesentliches Kriterium für den Schweregrad von Denkstörungen kann


die Erschwerung der Exploration angesehen werden, die jedoch nicht
durchgängig vorhanden sein muss.

➢ Formale Denkstörungen können bei emotionaler Belastung im Gespräch


oder längerer Gesprächsdauer besonders deutlich werden.

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4. Formale Denkstörungen
Symptom Definition und Erläuterung
Gehemmtes Denken • Vom Patienten subjektiv erlebtes gehemmtes, gebremstes verlangsamtes,
blockiertes oder stockendes Denken.
• Denken „wie gegen inneren Widerstand“.

Verlangsamtes Denken • Gedankengänge erscheinen dem Beobachter langsam und schleppend.

Umständliches Denken • Nebensächliches wird nicht von Wesentlichem unterschieden.


• „Sich verlieren“ und „hängenbleiben“ an unwichtigen Einzelheiten, ohne vom Ziel
gänzlich abzukommen.
• Weitschweifigkeit

Eingeengtes Denken • Einschränkung des Denkens auf wenige Inhalte bzw. Hängenbleiben,
Fixierung oder Haften an einem oder wenigen Themen.
• Patient hat Mühe, auf ein anderes Thema überzugehen oder er kommt immer auf
das alte Thema zurück.

Perseverierendes Denken • Denkinhalte werden wiederholend vorgetragen, sodass sie im aktuellen


Zusammenhang unsinnvoll erscheinen.
• Sinnentleerte Fixierung an Worten und Angaben (Wortwiederholungen,
Verbigerationen, Neologismen).

Grübeln • Unablässige, aber nicht zwanghafter Wiederholung unangenehmer


Gedankeninhalte/Gedankenkreisen (aktuelle Probleme oder auch
zurückliegende ungewollte Ereignisse)
• kein Fremderleben.

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4. Formale Denkstörungen
Symptom Definition und Erläuterung

Gedankendrängen • Patient fühlt sich dem Druck vieler verschiedener Einfälle oder Gedanken
ausgeliefert.
• Die Fülle der sich andrängenden, immer wieder neuen Einfälle oder Gedanken
sind nicht mehr zu ordnen oder zu beherrschen.
• Dem Beobachter muss das Denken nicht zwangsweise als beschleunigt auffallen.

Ideenflüchtiges Denken • Denkinhalte werden nicht straff oder zielführend sondern assoziativ aufgelockert
vorgetragen.
• Vermehrung von Einfällen.

Vorbeireden • Der Patient verfehlt mit seiner Antwort das Thema der Frage, obwohl der die Frage
verstanden hat.

Gedankenabreißen • Plötzlicher Abbruch eines sonst flüssigen Gedankenganges ohne erkennbaren


Grund.
(gesperrtes Denken)

Inkohärentes (zerfahrenes) • Denken und Sprechen des Patienten verlieren den verständlichen
Zusammenhang.
Denken • Im Extremfall sind Denkinhalte bis in einzelne, zufällig durcheinandergewürfelte
Sätze oder Gedankenbruchstücke zerrissen (dissoziiertes Denken, Sprachzerfall).

Neologistisches Denken • Wortneubildungen, die nicht unmittelbar verständlich sind.

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4. Formale Denkstörungen
Hilfreiche Einstiegsfragen zu formalen Denkstörungen:

• Haben Sie das Gefühl, dass sich an Ihrem Denken


etwas verändert hat?

• Fällt Ihnen das Denken schwerer/leichter als sonst?

• Haben Sie das Gefühl, zu viele Gedanken gleichzeitig


im Kopf zu haben?

• Haben Sie erlebt, dass Ihnen ein Gedanke öfter


einfach abhanden gekommen oder abgerissen ist?

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen

5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge


6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

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5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
Abnorme Befürchtungen sind psychopathologische Symptome, bei denen die
Vorstellungen ängstlich (nicht wahnhaft!) verändert sind und das Verhalten
mitbestimmen.

• Das Verhalten anderer Menschen wird ängstlich, unsicher oder


Misstrauen feindselig auf die eigene Person bezogen.

• Befürchtung, krank zu sein oder zu werden, obwohl man objektiv


gesund ist. Körperlichen Symptomen wird viel Aufmerksamkeit
Hypochondrie beigemessen, sie werden ängstlich-sorgenvoll beobachtet oder
überwertet.

• Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten, die meist


Phobie Vermeidungsreaktionen zur Folge haben.

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5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
Zwänge sind psychopathologische Symptome, bei denen Gedanken,
Impulse und Handlungen wiederkehrend auftreten, nicht abgestellt werden
können und als unsinnig erlebt werden.

• Immer wieder sich aufdrängende Gedanken oder


Zwangsdenken Vorstellungen, die als unsinnig oder übertrieben erlebt
werden und die willentlich nicht abstellbar sind.

• Immer wieder sich aufdrängende Impulse, bestimmte


Zwangsimpulse Handlungen auszuführen, die als unsinnig oder
übertrieben erlebt werden.

• Immer wieder ausgeführte Handlungen, die meist als


Zwangshandlungen unsinnig oder übertrieben wahrgenommen werden. Z.B.
Kontrollzwänge, Waschzwänge etc.

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5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
Hilfreiche Einstiegsfragen zu abnormen Befürchtungen und Zwängen:

• Ängstigen Sie sich in den letzten Tagen mehr als üblich?

• Haben Sie übermäßige Furcht vor bestimmten Dingen?

• Befürchten Sie, ernsthaft krank zu sein?

• Müssen Sie bestimmte Gedanken immer wieder denken,


obwohl Sie Ihnen unsinnig vorkommen?

• Müssen Sie bestimmte Dinge immer wieder tun, obwohl


Sie Ihnen unsinnig vorkommen?

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge

6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

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6. Wahn
Wahn entsteht auf dem Boden einer allgemeinen Veränderung des Erlebens und
imponiert als Fehlbeurteilung der Realität, die mit apriorischer Evidenz auftritt und an
der mit subjektiver Gewissheit festgehalten wird, auch wenn sie im Widerspruch zur
Wirklichkeit und zur Erfahrung der gesunden Mitmenschen sowie zu ihrem kollektiven
Meinen und Glauben steht.

Inhaltliche Beschreibung des Wahns:


• Beziehungswahn
• Beeinträchtigungs- und Verfolgungswahn
• Eifersuchtswahn
• Schuldwahn
• Verarmungswahn
• Hypochondrischer Wahn
• Größenwahn
Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
6. Wahn
Formale Merkmale Definition
des Wahns
Wahnstimmung ist eine mit einem wahnhaften Bedeutungszumessen, Meinen und
Stimmungsveränderung Vermuten. Z.B. „Es liegt etwas in der Luft…“

Wahnwahrnehmung ist eine Wahrnehmung mit einer wahnhaften Deutung richtiger


Sinneswahrnehmungen und wahnhafter Interpretation
wirklicher Wahrnehmungen (reale Personen werden als
Verfolger wahrgenommen). „Die Ampel ist rot, das
bedeutet man will mich aufhalten und festnehmen.“

Wahneinfall ist ein Einfall von wahnhaften Meinungen, die plötzlich auftreten.
Z.B. „Ich bin Napoleon“

Wahngedanken sind Gedanken die dauerhaft festgehalten werden und wahnhaft sind.
Z.B. persistierender Verfolgungswahn.

Systematischer Wahn ist ein Wahn der systematisiert ist, d.h. ein inneres System hat.
Z.B. umfassendes Verfolgungssystem.

Wahndynamik ist der Affekt mit der der Wahn erlebt wird.

Wahneinfälle und Wahnwahrnehmungen gehen den Wahngedanken (zeitlich gesehen) immer voraus.

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6. Wahn

Wichtig: Zur Beschreibung des Wahns müssen immer formale Merkmale und
inhaltliche Beschreibungen angegeben werden!
Das Vorliegen eines synthymen Wahns spricht eher für eine affektive Störung
(Depression, bipolare Störung); ein parathymer Wahn eher für eine paranoide
Schizophrenie!

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn

7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


7. Sinnestäuschungen
Es werden 3 Arten von Sinnestäuschungen unterschieden:

• Illusionen
• Halluzinationen
• Pseudohalluzinationen

Als Unterscheidungsmerkmal zwischen Halluzinationen und Illusionen dient


das Vorhandensein einer Reizquelle!

Es kann auf sämtlichen Sinnesgebieten halluziniert werden, häufig auf


mehreren Gebieten gleichzeitig.

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7. Sinnestäuschungen
Symptom Definition und Erläuterung
Illusionen • Stimmungsabhängige Verfälschungen oder Verkennung von realen
Gegenständen, Geräuschen, Personen oder Situationen.

Akustische Halluzinationen • Hören von Stimmen, ohne das tatsächlich jemand spricht.
• Kein entsprechender akustischer Reiz.

Optische Halluzinationen • Visuelle Wahrnehmung ohne entsprechende Reizquelle.

Körperhalluzinationen • Taktiles Wahrnehmen ohne entsprechende Reizquelle oder Störung


des Leibesempfinden bzw. der Körperwahrnehmung ohne
(Zönästhesien) entsprechenden Reiz.

Geruchshalluzinationen • Geruchswahrnehmung ohne entsprechenden Geruchsreiz


(olfaktorische Halluzination).

Geschmackshalluzinationen • Geschmackswahrnehmung ohne entsprechenden Geschmacksreiz


(gustatorische Halluzination).

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7. Sinnestäuschungen
Wie würden Sie einen Patienten fragen, ob er Halluzinationen erlebt?
• Gibt es etwas, was Sie ablenkt oder ängstigt?
• Hören Sie Stimmen?
• Sind es vielleicht nur Ihre Gedanken, die da laut werden?
• Haben Sie Personen oder Gegenstände gesehen, die
andere nicht sehen können?
• Gehen in Ihrem Körper merkwürdige Dinge vor?
• Haben Sie noch andere eigenartige Wahrnehmungen
gemacht?

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen

8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


8. Ich-Störungen
Unter Ich-Störungen werden Erlebensweisen abgebildet, bei denen es zu Störungen
der Ich-Umweltgrenze oder zu Störungen des personellen Einheitserlebens kommt.
Ebenso zählen dazu Erlebnisweisen, in denen körperliche Vorgänge sowie das eigene
Denken, Fühlen und Handeln als von außen gelenkt empfunden werden.

Es werden folgende Ich-Störungen unterschieden:


• Derealisation (S)
• Depersonalisation (S)
• Gedankenausbreitung (S)
• Gedankenentzug (S)
• Gedankeneingebung (S)

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


8. Ich-Störungen
Übung:
Können Sie die Aussagen der Patienten den passenden Ich-Störungen zuordnen?

„Sie hypnotisieren mir Gedanken in den Kopf, die gar nicht meine eigenen sind.“
Gedankeneingebung

„In den Angstattacken spüre ich meinen Körper nicht mehr, er fühlt sich an,
als gehöre er nicht mehr zu mir.“
Depersonalisation

„Alles ist so weit weg…“


Derealisation

“Jedes Mal implantieren Sie mir ein eigenes ich, damit ich die Erinnerungen nicht
behalte. Mein wirkliches ich haben Sie dafür in einen anderen Menschen eingepflanzt.“
Depersonalisation

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


8. Ich- Störungen
„Da, wo meine Gedanken waren, ist jetzt ein großes schwarzes Loch. Alle meine
Gedanken hat mir meine erste Freundin weggenommen.“
Gedankenentzug

„Die Leute merken, was sich denke. Alle wissen, was in meinem Kopf vorgeht.“
Gedankenausbreitung

„Plötzlich schien die Sonne so grell, alles war in weißes Licht getaucht.“
Derealisation

„Mein Vater kann meine Gedanken immer mithören“


Gedankenlautwerden

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen

9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

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9. Affektive Störungen

Die Beurteilung affektiver Störungen führt immer wieder zu besonderen


Schwierigkeiten, da hier die Grenzen zwischen Psychopathologie und gesundem
Erleben besonders unscharf sind.

Es ist im Einzelfall auch schwierig, Affekte isoliert von anderen Störungen zu


betrachten.

Ein Wahn z.B. ist fast immer mit einem Affekt verbunden. Hier muss deskriptiv
vorgegangen werden. Wenn ein Patient beispielsweise das Gefühl von Schuld erlebt,
müssen Schuldgefühle markiert werden, auch wenn diese im Rahmen eines
Schuldwahns auftreten.

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9. Affektive Störungen
Symptom Definition und Erläuterung
Ratlos • Meint das Nicht-Zurechtfinden mit sich selbst, seiner Situation und seiner Umgebung.
• Der Patient erscheint „stauning“, perplex, hilflos oder verwundert.

Gefühl der Gefühllosigkeit • Leidvoll erlebter Mangel an affektiver Mitschwingungsfähigkeit, Gemütsleere und –
öde im Selbsterleben.
• Patienten berichten, die Gefühle seien „wie abgestorben“.
Affektarm • Anzahl (das Spektrum) der gezeigten Affekte ist vermindert.
• Gefühlsarmut, Affektarmut, emotionale Indifferenz, Gleichgültigkeit,
Interessenlosigkeit, Anhedonie.
Störung der Vitalgefühle • Herabsetzung des allgemeinen Gefühls von Kraft und Lebendigkeit, körperlicher und
seelischer Frische, Spannkraft, Schwung.
• Isolierte körperliche Beschwerden ohne Störungen der Vitalgefühle werden im
somatischen Befund erfasst.
Deprimiert • Negativ getönte Befindlichkeit i.S. von Unbehagen, Niedergeschlagenheit,
Freudlosigkeit, Lustlosigkeit, Interessenverlust, Sorge, Gram, Verzagtheit, Hilflosigkeit.

Hoffnungslos • Pessimistischer Grundstimmung mit beeinträchtigtem Glaube an eine positive


Zukunft.
Ängstlich • Patient hat Angst, manchmal ohne angeben zu können wovor.
• Die grundlose Angst ist nicht immer im Ausdruck und im Verhalten ersichtlich und
muss deshalb werden.

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9. Affektive Störungen
Symptom Definition und Erläuterung
Euphorisch • Übersteigertes Wohlbefinden, Behagen, Heiterkeit, Zuversicht und
gesteigertes Vitalgefühl.

Dysphorisch • Missmutige Stimmungslage, übellaunig, mürrisch, nörgelnd, unzufrieden.

Gereizt • Bereitschaft zu aggressiv getönten, affektiven Ausbrüchen.

Innerlich unruhig • Patient erlebt innere Aufgeregtheit, Spannung oder Nervosität.


• Aufgewühlt, innerlich getrieben oder gehetzt.

Klagsam / jammerig • Schmerzen, Kummer, Ängstlichkeit werden ausdrucksstark in Worten, Mimik


und Gestik vorgetragen („Wehklagen“).

Insuffizienzgefühle • Das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit oder in den eigenen Wert ist
vermindert
oder verloren gegangen.
• Gefühl, nichts wert, unfähig, untüchtig, etc. zu sein.
Gesteigerte • Gefühl, besonders viel wert, besonders fähig, besonders tüchtig, etc. zu sein.
Selbstwertgefühle • Positiv erlebtes Gefühl von Steigerung des eigenen Wertes, der Kraft oder der
Leistung.

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9. Affektive Störungen
Symptom Definition und Erläuterung
Schuldgefühle • Gefühl, für eine Tat, einen Gedanken oder für Wünsche verantwortlich zu sein, die
vor einer weltlichen oder religiösen Instanz verwerflich sind.
• Realistische Schuldgefühle; falls Wahnkriterien zutreffen zusätzlich Schuldwahn.

Verarmungsgefühle • Gefühl, den Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können. Muss nicht in
depressives Erleben eingebettet sein.
• Falls Wahnkriterien zutreffen zusätzlich Verarmungswahn.

Ambivalent • Koexistenz von gegensätzlichen Gefühlen oder Impulsen.


• Können als quälend erlebt werden und führen zu einem angespannten Zustand.
• Der Patient berichtet z.B. eine andere Person werde von ihm gleichzeitig gehasst und
geliebt.

Parathymie • Gefühlsausdruck und berichteter Erlebnisinhalt stimmen nicht überein (paradoxe


Affekte, inadäquate Gefühlsreaktion).
• Patient berichtet z.B. lachend, dass er in der vergangenen Nacht missbraucht wurde.

Affektlabil • Rascher Wechsel der Affekt- oder Stimmungslage, der auf einen Anstoß von Außen
erfolgt (Vergrößerung der affektiven Ablenkbarkeit) oder spontan auftritt (emotionale
Instabilität).

Affekt-inkontinent • Affekte können bei geringem Anstoß überschießen, vom Patienten nicht mehr
beherrscht werden und nehmen manchmal eine übermäßige Stärke an.
• z.B. „Fassungsloses Weinen“ und „Ausrasten“ in Wut.

Affektstarr • Verminderung der affektiven Modulationsfähigkeit.


• Verringerung der Schwingungsfähigkeit (Amplitude).

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9. Affektive Störungen

Hilfreiche Einstiegsfragen zu Affektstörungen:

• Hat sich etwas in Ihrem Gefühlsleben verändert?

• Fühlen Sie sich niedergeschlagen, traurig?

• Leiden Sie unter Angstzuständen?

• Fühlen Sie sich innerlich unruhig?

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen

10. Antriebs- und psychomotorische Störungen


11. Circadiane Besonderheiten
12. Andere Störungen

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
Antrieb bedeutet die belebende Kraft, die die Bewegung aller psychischen Funktionen
hinsichtlich Tempo, Intensität und Ausdauer bewirkt. So unterhält der Antrieb Lebendigkeit,
Schwung, Initiative, Zuwendung, Aufmerksamkeit, Tatkraft und Unternehmergeist.
Der Antrieb wird in erster Linie erkennbar am Aktivitätsniveau und an der Psychomotorik

• Antriebsarm: Mangel an Energie und Initiative, mit spärlicher spontaner Motorik und
mangelnder Initiative im Gespräch. Der Patient wirkt in sich selbst versunken, vernachlässigt
bisherige Hobbies („Ich mache zur zeit viel weniger als früher“).

• Antriebsgehemmt: Gebremste Energie und Initiative. Der Patient möchte gern, bringt es aber
nicht zuwege, bricht ab, fühlt sich blockiert und gebremst, rafft sich wieder auf, etc.

• Antriebsgesteigert: Zunahme der Aktivität und der Initiative im Rahmen einer geordneten
(zielgerichteten) Tätigkeit, die aber nicht unbedingt sinnvoll sein muss.

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10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
Psychomotorische Störungen sind psychopathologische Symptome, bei denen die
Bewegung und der Bewegungsablauf beeinträchtigt sind.
Symptom Definition und Erläuterung
Motorisch unruhig • Ziellose und ungerichtete motorische Aktivität, die sich bis zur Tobsucht
steigern kann.
• Patienten sind in Bewegung, laufen herum oder bewegen sich auf der
Stelle. In umschriebener Form im Sinne von z.B. isolierten Kratzbewegungen.

Parakinesen • Qualitativ abnorme, meist komplexen Bewegungen, die häufig Gestik,


Mimik und auch die Sprache betreffen.
• Stereotypien, Befehlsautomatismen, Negativismus

Maniriert / bizarr • Alltägliche Bewegungen und Handlungen, die verstiegen, verschroben,


posenhaft und verschnörkelt , auch spielerisch ausgeführt werden.

Theatralisch • Aufbauschen von Situationen, Beschwerden, Störungen.

Mutistisch • Wortkargheit bis hin zum Nichtsprechen aus psychischen Gründen.

Logorrhoisch • Übermäßiges Reden als Folge eines unstillbaren Rededranges.


• Kann stringent und logisch sein, muss nicht beschleunigt sein.

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10. Antriebs- und psychomotorische Störungen

Parakinesen
Definition: Unter diesem Merkmal sind verschiedene psychopathologische Symptome subsumiert.
• Parakinesen sind qualitativ abnorme, meist komplexe Bewegungen, die häufig die Gestik, die Mimik und
auch die Sprache betreffen

• Unter Stereotypien versteht man Äußerungen auf sprachlichem und motorischem Gebiet, die die Tendenz
aufweisen, oft längere Zeit hindurch in immer gleicher Form wiederholt zu werden. Im Gegensatz zur
Perseveration ist hier kein Zusammenhang zu früher im Gespräch gebrauchten Worten und Gesten
erkennbar. Hierunter fallen auch Verbigerationen (Wortstereotypien), Katalepsie (Haltungsstereotypien)
und die "flexibilitas cerea" (wächserne Biegsamkeit).

• Befehlsautomatismus: Der Patient führt automatisch Handlungen aus, die er selbst als nicht von ihm
intendiert empfindet, sofern er sich überhaupt dazu äußert (äußern kann).

• Negativismus: Negativistische Kranke tun gerade das nicht, was man von ihnen erwartet oder verlangt
(passiver Negativismus), oder sie tun genau das Gegenteil (aktiver Negativismus). Negativistische Kranke
kann man in gewissen Fällen zur gewünschten Handlung bringen, wenn man ihnen diese Handlung
verbietet oder ihnen das Gegenteil befielt (Befehlsnegativismus).

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10. Antriebs- und psychomotorische Störungen

Hilfreiche Einstiegsfragen zu Antriebs- und psychomotorische Störungen:

• Hat sich in Ihrer Energie und Initiative, bestimmte Dinge zu tun, etwas verändert?

• Gehen Ihnen alltägliche Dinge schwerer von der Hand?

• Haben Sie zur Zeit besonders viel Aktivität, sind Sie besonders unternehmungslustig?

• Fühlen Sie sich innerlich unruhig?

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen

11. Circadiane Besonderheiten


12. Andere Störungen

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11. Circadiane Besonderheiten
Unter circadianen Besonderheiten sollen regelhafte Schwankungen der Befindlichkeit
und des Verhaltens des Patienten während 24-Stunden Perioden abgebildet werden.

Es soll dabei die Gesamtbefindlichkeit beurteilt werden und nicht nur Einzelaspekte
wie z.B. die circadiane Veränderung des Affektes „deprimiert“ in den klassischen
Tagesschwankungen der Stimmung.

Man unterschiedet zwischen:


• Morgens schlechter (SF)
• Abends schlechter (SF)
• Abends besser (SF)

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Psychischer Befund (12 Bereiche, 100 Einzelsymptome)

1. Bewusstseinsstörungen
2. Orientierungsstörungen
3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
4. Formale Denkstörungen
5. Abnorme Befürchtungen und Zwänge
6. Wahn
7. Sinnestäuschungen
8. Ich-Störungen
9. Affektstörungen
10. Antriebs- und psychomotorische Störungen
11. Circadiane Besonderheiten

12. Andere Störungen

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12. Andere Störungen
Symptom Definition und Erläuterung
Sozialer Rückzug Reduktion bzw. Abbruch von sozialen Beziehungen und/oder sozialer
Aktivitäten (z.B. Schule, Arbeit).

Soziale Umtriebigkeit Verstärkung sozialer Aktivitäten (z.B. bei Manie).

Aggressivität Aggressives Verhalten gegenüber Personen, Dingen, selbst.

Suizidalität Suizidale Gedanken, Handlungen, Versuche.

Selbstbeschädigung Selbstverletzendes Verhalten (z.B. bei Borderline-PS).

Mangel an Krankheitsgefühl Nicht vorhandenes Gefühl, krank zu sein.

Mangel an Krankheitseinsicht Nicht vorhandene Einsicht, krank zu sein.

Ablehnung der Behandlung Ablehnung der Behandlung (z.B. Abbruch der Behandlung,
medikamentöse Non-Adhärenz).

Pflegebedürftigkeit Bedarf an Pflege durch psychische Erkrankung (z.B. Demenz).

Dr. I. Pollmann – Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie


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Somatischer Befund
Schlaf- und Vigilanzstörungen
Hierbei handelt es sich um Störungen des Schlafes und die Erfassung von Müdigkeit beim Patienten.
Insbesondere beim Schlaf gibt es eine große Schwankungsbreite der individuellen Norm. Eine allgemeine Norm
als Referenzkriterium ist problematisch. Deshalb ist ein intraindividueller Vergleich mit der prämorbiden
Individual-Norm unumgänglich. Entscheidend ist das subjektive Erleben des Patienten.

• Einschlafstörungen (S) Definition: Verlängerung der Zeit bis zum Einschlafen.

• Durchschlafstörungen Definition: Nach dem Einschlafen ist der Schlaf nicht kontinuierlich. Der Patient
wacht evtl. mehrmals wieder auf, registriert diese Störung, kann jedoch wieder einschlafen.

• Verkürzung der Schlafdauer (S) Definition: Vom Patienten empfundene Verkürzung der
Gesamtschlafdauer in der Nacht.

• Früherwachen (S) Definition: Deutliche Vorverlegung des Aufwachzeitpunktes. Unmöglichkeit, wieder


einschlafen zu können.

• Müdigkeit Definition: Gefühl verminderter Wachheit und damit verbundener Abnahme der Frische bis hin
zur Neigung einzuschlafen.

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Somatischer Befund
Appetenzstörungen
Neben dem Verlangen nach Nahrung (Appetit) wird hier auch das Verlangen nach anderen Triebbefriedigungen
(Durst, Sexualität) erfaßt. Die Appetenz kann vermindert oder verstärkt sein.

• Appetit vermindert (S) Definition: Vermindertes Verlangen nach Nahrung, verminderter Genuß am
Essen und/oder Trinken.

• Appetit vermehrt (S) Definition: Verstärktes Verlangen nach Nahrung.

• Durst vermehrt (S) Definition: Der Patient hat das vermehrte Bedürfnis zu trinken.

• Sexualität vermindert (S) Definition: Herabsetzung des sexuellen Verlangens.

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Somatischer Befund
Gastrointestinale Störungen
Für die Abbildung der im folgenden genannten Symptome ist unerheblich, ob diese im Rahmen einer
vorbestehenden oder der zugrundeliegenden (somatischen oder psychischen) Erkrankung oder Störung oder als
unerwünschte Arzneimittelwirkung auftrete.

Hypersalivation (SF) Definition: Vermehrter Speichelfluß.

Mundtrockenheit (Sf) Definition: Gefühl der Mundtrockenheit, verminderter Speichelfluß.

Übelkeit Definition: Empfinden von Übelkeit und Brechreiz.

Erbrechen (SF) Definition: Spontanes und/oder provoziertes Erbrechen.

Magenbeschwerden (S) Definition: Keine.

Obstipation (SF) Definition: Erschwerter Stuhlgang, Verstopfung.

Diarrhoe (S) Definition: Häufigere und weichere Stühle (Durchfall).

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Somatischer Befund
Kardio-respiratorische Störungen
• Atembeschwerden (Sf) Definition: Subjektiv erlebte Erschwerung der Atmung.

• Schwindel (Sf) Definition: Hier ist jede Form von Schwindelgefühl einschließlich orthostatischer
Beschwerden gemeint.

• Herzklopfen (S) Definition: Der Patient klagt über verstärkt gespürten, beschleunigten oder
unregelmäßigen Herzschlag.

• Herzdruck (S) Definition: "Beklemmende", eventuell als stechend oder drückend empfundene
Herzbeschwerden, die entweder als äußerer oder innerer Druck auf das Herz erlebt werden.

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Somatischer Befund
Andere vegetative Beschwerden
• Akkommodationsstörungen Definition: Beeinträchtigung der Fähigkeit des Auges zur Scharfeinstellung fixierter Gegenstände,
Verschwommensehen.
• Schwitzen vermehrt (SF) Definition: Verstärkte Schweißneigung oder Schweißausbrüche.
• Seborrhoe (SF) Definition: Vermehrte Talgdrüsenproduktion.
• Miktionsstörungen (S) Definition: Störungen der Blasenentleerung. Diese umfaßt verschiedene Formen: erschwerte Miktion,
Pollakisurie, Enuresis.
• Menstruationsstörungen (S) Definition: Abweichungen vom normalen Menstruationszyklus
• Kopfdruck (S) Definition: Hier werden eine Reihe von unterschiedlichen Beschwerden erfaßt: Kopfdruck, "dumpfes Gefühl im Kopf",
Kopfschmerz etc.
• Rückenbeschwerden (S) Definition: Hier werden unterschiedliche Formen von Rückenbeschwerden erfaßt: Schmerzen,
Spannungsgefühl und Druckbeschwerden, die entweder umschrieben oder diffus, konstant oder wechselnd vorhanden sind.
• Schweregefühl in den Beinen (S) Definition: Die Beine werden als schwerer gegenüber sonst empfunden.
• Hitzegefühl (S) Definition: Hier werden unterschiedliche Formen von Hitzegefühl erfaßt: Hitzewallungen, Flush- Phänomene,
aufsteigende Hitze etc.
• Frösteln (S) Definition: Dem Patienten ist kalt und er friert, obwohl kein Fieber besteht.
• Konversionssymtome (SF) Definition:Auf keiner körperlichen Erkrankung beruhende Störung, die unmittelbar in der Untersuchung zu
beobachten sind oder aber unzweifelhaft für den Dokumentationszeitraum angegeben werden. Diese Störungen gehen in der Regel auf
einen innerpsychischen Konflikt zurück und können einen symbolischen Ausdruckscharakter besitzen. Sie stehen häufig in engem
zeitlichem Zusammenhang mit Ereignissen in der sozialen Umwelt.

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Somatischer Befund
Neurologische Störungen
Die Auswahl der im folgenden aufgeführten neurologischen Störungen ist darauf abgestellt, während einer Behandlung aufgetretene
Nebenwirkungen insbesondere im extrapyramidal-motorischen System festzuhalten.

• Rigor (F) Definition: Rigor ist eine bei Erkrankungen des extrapyramidal-motorischen Systems auftretende Muskeltonuserhöhung, die
von Anfang bis Ende einer passiven Bewegung spürbar ist.
• Muskeltonus erniedrigt (Fs) Ein erniedrigter Muskeltonus ist gekennzeichnet durch einen verringerten Dehnungswiderstand der
willkürlich entspannten Muskulatur.
• Tremor (FS) Definition: Zittern. Rhythmisch aufeinanderfolgende Kontraktionen antagonistisch wirkender Muskeln.
• Dyskinesien (sF) Definition: Motorische Fehlfunktionen bei Störungen des extrapyramidal-motorischen Systems.
• Hypokinesien (sF) Definition: Verarmte und verlangsamte physiologische Mitbewegungen, Willkür- und Reaktivbewegungen,
zumeist als Ausdruck einer Störung des extrapyramidalmotorischen Systems.
• Akathisie (sF) Definition: Unfähigkeit, ruhig zu sitzen oder zu stehen.
• Ataxie (SF) Definition: Störung des geordneten Zusammenwirkens von Muskelgruppen bei zielgerichteten Bewegungen oder beim
Einnehmen von Haltungen.
• Nystagmus (F) Definition: Unwillkürliche, rhythmische Augenbewegungen, die aus zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Phasen
bestehen: Beim Rucknystagmus ist die Bewegung in die eine Richtung schnell, in die Gegenrichtung langsamer, beim
Pendelnystagmus sind beide Phasen gleich schnell.
• Parästhesien (S) Definition: Hier ist jede Form von sensiblen Reizerscheinungen abzubilden, also nicht nur Parästhesien im
eigentlichen Sinne (d.h. sensible Reizerscheinungen, die nicht als unangenehm erlebt werden), sondern auch Dysästhesien (als
unangenehm empfundene sensible Reizerscheinungen).

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