Bedeutsame Momente Im Coaching Eine Explorative Untersuchung Zur Weiterentwicklung Der Prozessforschung German Edition Wegener
Bedeutsame Momente Im Coaching Eine Explorative Untersuchung Zur Weiterentwicklung Der Prozessforschung German Edition Wegener
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Bedeutsame
Momente
im Coaching
Eine explorative Untersuchung
zur Weiterentwicklung
der Prozessforschung
Bedeutsame Momente im Coaching
Robert Wegener
Bedeutsame Momente
im Coaching
Eine explorative Untersuchung
zur Weiterentwicklung
der Prozessforschung
Mit Geleitworten von Prof. Dr. Harald Geißler und
Prof. Dr. Siegfried Greif
Robert Wegener
Institut Beratung, Coaching und Sozialmanagement
Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)
Olten, Schweiz
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2019. Dieses Buch ist eine Open-Access-Publikation.
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Für Victoria Leona Wegener,
geboren am 4. November 2015
Dank
Auf dem Weg zur vorliegenden Studie haben mich zahlreiche Menschen begleitet,
ohne die ich das Vorhaben nie zu einem glücklichen Ende gebracht hätte.
Mein Dank geht als Erstes an meinen Lehrer und Mentor, Prof. Dr. Harald Geiß-
ler, der mir stets Raum für meine inneren Auseinandersetzungen gab. Durch seine
kritischen Rückfragen hat er bei mir weiterführende Denkprozesse angestoßen
und mich in meiner Reflexion gefördert. In den zahlreichen Gesprächen mit ihm
habe ich gelernt, wie wichtig es ist, inhaltliche Positionen zu elaborieren und über-
zeugend zu begründen. Gleichzeitig hat er mir Mut gemacht, meinen Intuitionen
zu folgen und ihren Gehalt erst nach solider Prüfung zu bewerten.
Harald Geißlers Begeisterung, neue Themen wissenschaftlich zu durchdringen,
ist auf mich übergesprungen. Für seine Inspiration und Begleitung bin ich außer-
ordentlich dankbar. Eine seiner sehr anregenden Aussagen lautete, sinngemäß:
«Wenn du zu Beginn schon weißt, was bei deiner Forschung herauskommen soll,
musst du dich nicht wundern, wenn das Ergebnis deiner Arbeit nicht sonderlich
aufregend ist.» Der Anspruch, sich auf die Ungewissheiten einer wissenschaft-
lichen Exploration einzulassen, stand in der vorliegenden Arbeit immer im Vorder-
grund.
Mein nächster Dank geht an Prof. Dr. Siegfried Greif, auch er ein Pionier der
Coaching-Forschung. Er hat sich freundlicherweise bereit erklärt, die Rolle als
Zweitgutachter meiner Dissertation zu übernehmen. Während der Promotion hat
er mich wiederholt mit aktuellen und interessanten Coaching-Studien versorgt und
meine Arbeit inspiriert.
VIII Dank
Erika Galladé. Beide haben sich liebevoll um die beiden Mädchen gekümmert
und es mir so erlaubt, regelmäßig an meiner Arbeit zu schreiben. Meiner Mutter
möchte ich zusätzlich dafür danken, dass sie meine Arbeit vollständig gelesen und
mir Rückmeldungen gegeben hat, die es mir erlaubten, die Verständlichkeit der
Arbeit weiter zu verbessen.
Zu den Menschen, denen ich für ihre Unterstützung abschließend danken
möchte, zählen meine langjährigen Freundinnen und Freunde, namentlich Philipp
von Schulthess, Barbara Fäh, Kathrin Sykes, Dana, Alexander und Patricia Tyer-
cha, Michael Hamm sowie Sophie und Fabian Arioli. Sie alle haben mich auf ihre
Art in der Zeit der Arbeit an meiner Promotion begleitet und damit auf wichtige
Weise unterstützt.
Robert Wegener
Winterthur, im Januar 2019
Geleitwort
Robert Wegener wendet sich mit seiner Untersuchung einem zentralen Desiderat
der empirischen Coaching-Forschung zu, nämlich der Klärung, welchen Nutzen
Coaching-Prozesse Klientinnen und Klienten für die Bearbeitung und Lösung
ihrer Klientenproblematik bringen, und zwar nicht erst nach Beendigung der
Coaching-Maßnahme, sondern – als Sub-Outcomes – bereits im Zuge der durch-
geführten Coaching-Prozesse. Diejenigen dieser Sub-Outcomes, die für den
Problemlösungsprozess besonders wichtig sind, nennt Wegener «bedeutsame Mo-
mente».
Das Interesse an der Untersuchung derart «bedeutsamer Momente» ist in der
empirischen Coaching-Forschung nicht gänzlich neu. Neu hingegen ist der ge-
wählte methodische Zugang. Denn die bisher vorliegenden – durch die Arbeiten
von Erik de Haan bestimmten – Untersuchungen zu «bedeutsamen Momenten» im
Coaching erfassen diese ausschließlich mithilfe von Interviews, die mit Coaches
und Klienten durchgeführt wurden. Sie beschränken sich damit auf die Erfassung
der jeweiligen subjektiven Perspektive. Was hingegen tatsächlich in diesen «Mo-
menten» in der Coach-Klienten-Interaktion passiert, bleibt dabei im Dunkeln. –
Diese «Black Box» versucht Robert Wegener mit seiner Untersuchung zumindest
ansatzweise auszuleuchten.
Zu diesem Zweck setzt sich der Autor mit dem aktuellen Stand der prozess-
orientierten Coaching-Forschung auseinander und bringt bisher dort nicht rezi-
pierte Untersuchungsansätze und -strategien aus der Psychotherapie-Forschung
zur Sprache. Mit dieser Blickwinkelerweiterung gelingt es ihm, die vorliegende
XII Geleitwort
Harald Geißler
Hamburg, im Herbst 2018
Geleitwort
Die Arbeit von Robert Wegener dient zur Erforschung der Prozesse in Coaching-Ge-
sprächen. Wie er in seiner Zusammenfassung zum Stand der Prozessforschung im
Feld des Coachings feststellt und am Ende in der Diskussion wieder aufnimmt,
hat dieses noch junge Forschungsfeld grundsätzlich eine große Bedeutung für
die Professionalisierung von Coaching. Um der Komplexität und Dynamik der
Kommunikationsprozesse im Coaching gerecht zu werden, konzipiert er eine me-
thodisch außerordentlich anspruchsvolle Methodenkombination. Dabei verbindet er
eine bisher in der Coaching-Forschung nicht verwendete inhaltsanalytische Methode
zur Aufgabenanalyse, die Leslie S. Greenberg zur Beschreibung der Veränderungen
in psychotherapeutischen Prozessen verwendet hat, mit den inhaltlichen Kategorien
des sinnerschließenden Interpretationssystems von Harald Geißler. Greenberg ver-
sucht, die Dichotomie von Prozess- und Ergebnisforschung zu überwinden. Grund-
sätzlich sind dafür sehr aufwendige und in der Regel mehrjährige Forschungs-
arbeiten erforderlich, und selbst in der Psychotherapie-Forschung gibt es nur wenige
Anwendungen (vgl. Benítez-Ortega & Miguel 2016). Mit seiner Arbeit startet Robert
Wegener im Coaching ein erstes ehrgeiziges Projekt mit dieser Methode.
Inhaltlich untersucht er «bedeutsame Momente» im Coaching-Prozess. Er
knüpft dabei an Interviewstudien der Forschungsgruppe um Erik de Haan an. Diese
Forschungsgruppe hatte Coaches und Klient/innen nach dem Coaching gebeten,
bedeutsame Momente (critical moments) im Coaching zu beschreiben, Momente,
die sie als aufregend oder bedeutsam erlebt haben. Genannt wurden daraufhin vor
allem neue Einsichten und neue Perspektiven, sogenannte «Aha-Erlebnisse».
XIV Geleitwort
Die Kriterien sind sehr sorgfältig formuliert. In der Analyse der Transkripte zeigt
Wegener, wie sie sich anwenden lassen und wie das Zustandekommen von Ver-
änderungen erklärt werden kann.
Wie Robert Wegener zur Begründung seiner Methodenwahl unter Verweis auf
Robert Elliott und dessen Entdeckung und Beschreibung biologischer Erklärungen
von Veränderungen durch die EMDR-Therapie (eye movement desensitization and
reprocessing) von Francine Shapiro argumentiert, könnte die theoretische Er-
klärung seiner Wirkungen für die Anerkennung von EMDR wichtiger gewesen
sein als Wirksamkeitsstudien mit randomisierten Kontrollgruppen. Es erscheint
meines Erachtens allerdings schwer entscheidbar, was hier wichtiger war. So be-
zweifle ich, dass die auf den ersten Blick seltsam anmutenden Augenbewegungs-
übungen bei der Behandlung von Traumaerfahrungen ohne sorgfältige Wirksam-
keitsnachweise in der Fachwelt ernst genommen worden wären. Zweifellos ist aber
die neuropsychologische Erklärung sehr überzeugend, und es ist wichtig zu er-
klären, wie durch diese Übungen zu visualisierten Traumaerlebnissen eine innere
Reorganisation der traumatischen Erfahrungen im Gehirn gefördert werden kann.
Wegeners Verweis auf die Bedeutung von Erklärungen für die fachliche An-
erkennung von Coaching-Methoden und seine Kritik an der bisherigen Prozess-
forschung zum Coaching hat mich angeregt, zusammen mit Frank Riemen-
schneider-Greif in einem Beitrag die psychologischen und neurowissenschaftlichen
Erkenntnisse über die komplexen inneren Prozesse bei Aha-Erlebnissen nachzu-
tragen (Greif & Riemenschneider-Greif 2018). Diese inneren Prozesse sind in
der Forschung um Erik de Haan, aber auch in Wegeners Methoden und Analysen
unberücksichtigt geblieben. Erklärungen dazu, wie sich neue Einsichten oder
Aha-Erlebnisse herausbilden, wurden bereits in den klassischen Untersuchungen
von Gestaltpsychologen gefunden. In damals bahnbrechenden Versuchen mit
Geleitwort XV
Menschenaffen hat Wolfgang Köhler bereits vor ungefähr hundert Jahren gezeigt,
dass nicht nur Menschen durch Einsicht zu neuen Lösungen kommen können.
Durch raffinierte Versuche wurde analysiert, welche kognitiven Prozesse beim
kreativen gedanklichen Umstrukturieren ablaufen und wie solche Prozesse durch
bisherige Erfahrungen und Fixierungen blockiert werden können (Maier 1931).
Die Neurowissenschaftler Beeman und Kounios (2015) geben einen Überblick
über den aktuellen Forschungsstand und ergänzen neuere Untersuchungen über
die Hirnareale, die bei Aha-Erlebnissen aktiviert werden. Wie sie feststellen, sind
die gestaltpsychologischen Erkenntnisse bis heute gültig und inspirierend. Im Üb-
rigen passen die Erkenntnisse durchaus zu praktischen Erfahrungen beim Fördern
von neuen Einsichten im Coaching, wenn die Klient/innen durch Denkanstöße
ihrer Coaches ein Aha-Erlebnis haben und einen Perspektivenwechsel vornehmen,
der zu einer Lösung führt. Sie passen auch zu den Kriterien von Robert Wegener:
Die Klient/innen vollziehen erkennbare «mentale Veränderungsprozesse», die als
Teilaufgaben in einem produktiven Verhältnis zum Ziel des Coachings stehen und
als Ko-Konstruktionen in der Interaktion von Coach und Klient/in entstehen.
Robert Wegener geht mit seinen Untersuchungen einen neuen Weg in der
Coaching-Prozessforschung und erschließt Forschungsneuland im Coaching-Feld.
Innovative Prozessforschung wie die von Robert Wegener öffnet neue interes-
sante Fragen und regt weiterführende theoretische Fragen und Antworten an,
wie dieser kurze Exkurs zur Forschung über Aha-Erlebnisse zeigt. Mein bester
Wunsch für Robert Wegeners Prozessforschung ist deshalb, dass sich auch ande-
re durch sie zu Beiträgen und vor allem auch zu Forschung anregen lassen. Die
junge Coaching-Prozessforschung braucht theorieorientierte Untersuchungen und
neue Erkenntnisse. Aus meiner Sicht sind solche mutigen wissenschaftlichen Er-
kundungen von Forschungsneuland hoch anzuerkennen.
Siegfried Greif
Osnabrück, im Herbst 2018
XVI Geleitwort
Zitierte Literatur
Beeman, M., & Kounios, J. (2015). Das Aha-Erlebnis: Wie plötzliche Einsichten entstehen
und wie wir sie erfolgreich nutzen. München: Deutsche Verlags-Anstalt.
Benítez-Ortega, J., & Miguel, G.-F. (2016). Review of Task Analysis Research of Significant
Events in Psychotherapy. Psicoterapia Integrativa: Una perspectiva clínica, 27(105),
99–122.
Greif, S., & Riemenschneider-Greif, F. (2018). Wie im Coaching neue Einsichten ent-
stehen – Anregungen für eine theoriegeleitete Erforschung innerpsychischer Prozesse. In
R. Wegener, M. Loebbert, A. Fritze & M. Hänseler (Hrsg.), Coaching-Prozessforschung
(S. 116–140). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Maier, N. R. F. (1931). Reasoning in humans. II. The solution of a problem and its appear-
ance in consciousness. Journal of Comparative Psychology, 12(2), 181–194.
Inhaltsverzeichnis
3 Forschungsdesign. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
3.1 Sensibilisierendes Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
3.2 Präzisierungen und methodische Folgen des sensibilisierenden
Konzepts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
3.2.1 Mentale Veränderungsprozesse als Differenznachweis
sich verändernder Coachee-Äusserungen . . . . . . . . . . . . . . . 104
3.3 Evaluation des «Virtuellen Zielerreichungscoachings» als über-
geordneter Forschungskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
3.4 Das zweistufige Verfahren zur Identifikation und Analyse
«bedeutsamer Momente» im Coaching. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
3.4.1 Phase 1: Identifikation von Teilaufgaben, die in einer
produktiven Beziehung zum Coaching-Anliegen/Ziel
stehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
3.4.2 Phase 2: Identifikation und Analyse «bedeutsamer
Momente» im Coaching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Bibliografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
Anhang 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Coaching ist in aller Munde. Dass sich Sportlerinnen oder Führungskräfte coa-
chen lassen, ist seit Jahren üblich. Immer häufiger nehmen aber auch Fachkräfte
ohne Führungsaufgaben Coaching in Anspruch, ebenso Patienten, Lehrerinnen
oder erwerbslose Menschen. Und Coaching verbreitet sich weiter – auf immer
neue Bereiche. Schon heute gibt es Coaching für Kinder oder Jugendliche; es dürf-
te nur eine Frage der Zeit sein, bis entsprechende Angebote zum Beispiel auch für
Flüchtlinge entwickelt werden – falls es sie nicht schon gibt.
Trotz der rasanten Verbreitung von Coaching, trotz aller Professionalisierungs-
bemühungen, die sich etwa in der Entwicklung von Qualitätsstandards durch
Coaching-Verbände zeigen: Ein breiter Konsens zur Frage, was Coaching sei, ist
nicht in Sicht. In diesem Spannungsfeld positioniert sich die vorliegende Arbeit und
möchte einen Beitrag zur Professionalisierung von Coaching leisten. Zu diesem
Zweck wird – auf der Grundlage einer systematischen Analyse und Bewertung der
aktuellen Coaching-Forschung – ein Vorschlag für die Erweiterung der prozess-
orientierten Coaching-Forschung formuliert. Das zweite Ziel der Arbeit besteht
darin, aus einer prozessorientierten Coaching-Forschungslandkarte, welche die
Coaching-Wissenschaft hoffentlich inspirieren wird, Ideen zu entwickeln, wie
faktische Coaching-Verläufe – mit Blick auf «bedeutsame Momente» – untersucht
werden können.
In diesem Einleitungskapitel tasten wir uns zunächst ans Thema der Studie
heran. Dazu werden die historischen Wurzeln von Coaching und seine ursprüng-
liche Etablierung als Format der Personal- und Führungsentwicklung beleuchtet.
© Der/die Autor(en) 2019
R. Wegener, Bedeutsame Momente im Coaching,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-25687-6_1
2 1 Grundlagen von Coaching und diesem Forschungsvorhaben
Obschon vor dem 19. Jahrhundert noch keine Texte zu Coaching verfasst wurden,
gibt Garvey (2011, S. 66) zu bedenken, dass die dem Coaching zugrunde liegende
Idee nicht sonderlich neu sei. Dazu verweist er in seiner ideengeschichtlichen Re-
konstruktion auf Autoren und Autorinnen, die den Ursprung von Coaching bei den
Griechen («classic times») sehen, insbesondere im «Sokratischen Dialog» (Brun-
ner 1998; de Haan 2008a) – oder gar in der Steinzeit (McDermott & Jago 2005;
Zeus & Skiffington 2000). Solche Einschätzungen sieht Garvey in der verbreiteten
Annahme begründet, dass Menschen einander seit jeher geholfen hätten, wichtige
Tätigkeiten zu erlernen und darin besser zu werden – so etwa beim Werfen von
Steinen oder beim Herstellen von Äxten. Nach Garvey ist es weiter der in die-
ser Idee des Helfens vorhandene Leistungsbezug, der gewisse Gegenwartsautoren
(Starr 2002; Wilson 2007) dazu veranlasst hat, den historischen Ursprung von
Coaching im Sport zu sehen (Garvey 2011, S. 66).
Sprachlich hat Coaching seine Wurzeln im Ungarischen: «Coach» geht zurück
auf die im Norden Ungarns liegende Ortschaft Kocs (Cox, Bachkirova & Clut-
terbuck 2010, S. 2). Dort wurden im 15. Jahrhundert spezielle Pferdefuhrwerke
hergestellt (Hartmann 2004; Tonhäuser 2010). Hartmann (2004, S. 16) beschreibt,
wie mit der Zeit aus den «Wagen von Kocs» schlicht «Kocsi» wurden – ein Wort,
das im 16. Jahrhundert, so die Vermutung, durch ungarische Emigranten und Emi-
grantinnen in weitere europäische Sprachen übertragen und adaptiert wurde. Im
Deutschen wurde aus «Kocsi» «Kutsche», im Französischen «coche». Weiter wird
vermutet, dass das «Kutschengängigmachen» eines Pferdes mit «to coach a horse»
umschrieben und dann die Begriffe «coach» und «coachman» – für Kutscher –
eingeführt wurden (Hartmann 2004, S. 16). So nannte man diejenigen, die die
Pferde «kutschengängig» machten.
Coaching als Wort und Verb taucht dann in William Makepeace Thackerays
Novelle vom Gentleman Arthur Pendennis auf, die 1849 erschien. Der Held der
1.1 Ursprünge von Coaching 3
Geschichte ist auf dem Land geboren und will nach London, um dort seinen Platz
in der Gesellschaft zu finden. Der Begriff erscheint in der Novelle eher beiläufig,
in der Gestalt eines Wortspiels: Coaching als Beschreibung einer räumlichen Be-
wegung von A nach B und auch, um akademische Leistungen zu erreichen (Gar-
vey 2011, S. 67), Letzteres ganz im Sinne des schon erwähnten Leistungsbezugs.
Im 19. Jahrhundert findet der Begriff «Coaching» dann weitere Verwendung,
so etwa im Zusammenhang mit sportbezogener Leistung und der Förderung von
Erziehungsfähigkeit (ebd., S. 67).
Eine wichtige neuzeitliche Quelle, die für manche als Geburtsstunde des mo-
dernen Business-Coachings steht, ist gemäß Garvey (ebd., S. 67) das 1974 er-
schienene Buch The Inner Game of Tennis von Timothy Gallwey. Es handelt vom
Zustand der entspannten Konzentration («relaxed concentration») als Grundlage
dafür, dass man im Tennisspiel sein volles Potenzial zur Entfaltung bringen kann.
Eine weitere wichtige und auf Gallweys Buch aufbauende Quelle ist das erstmals
1988 von Sir John Whitmore veröffentlichte Buch Coaching for Performance. Im
Zentrum dieses Werks steht das heute noch oft eingesetzte GROW-Modell, das
dem Setzen von Zielen besondere Bedeutung beimisst (ebd., S. 68).
Zusammenfassend lassen sich aufgrund der ideengeschichtlichen, etymo-
logischen und textlichen Wurzeln bereits an dieser Stelle einige wichtige Merkmale
von Coaching festhalten. So soll es als Hilfeprozess Menschen helfen, ihr Potenzial
zur Entfaltung zu bringen. Coaching soll Menschen also darin unterstützen, ihre
Ziele zu erreichen und damit in ihnen wichtigen Dingen erfolgreich zu sein. Der Idee
der Potenzialentfaltung einzelner Personen folgend, wird weiter nachvollziehbar,
weshalb Coaching der personenorientierten und nicht etwa der Organisations-Be-
ratung zugeordnet wird (Fietze 2011, S. 24; Schiersmann & Thiel 2012, S. 8).
In den 1970er Jahren ist Coaching in den USA als Instrument der modernen
Personal- und Führungskräfteentwicklung aufgekommen. In Deutschland folgte
eine ähnliche Entwicklung ab Mitte der 1980er Jahre (Böning 2005). Diese Ent-
stehung des modernen Coachings sieht Geißler in sozioökonomischen Kontextver-
änderungen begründet. Er spricht von einem «globalisierungsbedingten Flexibi-
lisierungs-, Innovations-, Kosten- und Qualitätsdruck privatwirtschaftlicher und
öffentlicher Organisationen» (Geißler 2009, S. 93), der sich – als Grundlage auch
für Coaching – erst einmal auf Führungskräfte übertragen habe.
Inhaltlich geht es in den USA zunächst um die entwicklungsorientierte Mit-
arbeiterführung und die Förderung von Nachwuchsführungskräften durch das
4 1 Grundlagen von Coaching und diesem Forschungsvorhaben
Management (Böning 2005). Anders in Deutschland: Hier wird in erster Linie das
Top-Management durch firmenexterne Coaches gecoacht. Inhaltlich geht es um
Konflikte, Führungsprobleme, strategische Aufgaben und teilweise private Anliegen
(z. B. Eheprobleme). In den frühen 1990er Jahren kommen dann auch in den USA
organisationsexterne Coaches zum Einsatz. Führungskräfte der unteren und mitt-
leren Ebene werden in der Folge durch organisationsinterne Coaches, oft Personal-
entwickler, begleitet – das Top-Management durch organisationsexterne Coaches.
Heute ist Coaching weitflächig fester Bestandteil systematisch betriebener Per-
sonal- und Führungskräfteentwicklung (ebd., S. 31 f.).
Als Belege für die starke Verbreitung von Coaching werden neben der Entwicklung
von Angebot und Nachfrage (vgl. z. B. Bresser 2013; ICF 2012; Middendorf 2014;
Seiger & Künzli 2012; Stephan & Gross 2013) auch Tagungsbesucher- oder Ver-
bandsmitgliederzahlen angeführt (Greif 2008, S. 52). So zählte die International
Coach Federation (ICF) – die weltweit größte berufliche Vereinigung von Coa-
ches – 2008 noch 10 000 Mitglieder (ebd.) und 2016 bereits über 20 0001.
Mit der Idee eines Coaching-Booms verbunden ist auch die Tatsache, dass
sich Coaching nicht mehr auf den Profisport oder auf profitorientierte Großunter-
nehmen beschränkt. Mittlerweile nehmen Menschen in unterschiedlichen Praxis-
feldern und Funktionen Coaching in Anspruch (vgl. z. B. Wegener et al. 2016d;
Wegener, Loebbert & Fritze 2016a; Wegener, Loebbert & Fritze 2016b). Zwei Bei-
1 www.coachfederation.org/about/landing.cfm?ItemNumber=741&navItemNum-
ber=615 [12.8.2016].
1.2 Verbreitung und gesellschaftlicher Kontext 5
Die Tatsache, dass sich Coaching anhaltend verbreitet und ständig an Popularität
gewinnt, wird nicht immer positiv gewertet. Es ist auch die Rede von «inflatio-
närem Wortgebrauch» (Böning 2005; Fietze 2011, S. 24). Geißler (2009, S. 93)
verweist auf die Gefahr, dass Coaching als Container- und Catch-all-Begriff aus-
zubrennen drohe, da darin allem Platz gewährt werde. Tatsächlich besteht das Ri-
siko, dass am Markt der Unmut wächst, weil unklar ist und bleibt, was professio-
nelles Coaching ausmacht (Kühl 2008a, S. 268). So moniert Böning (2005, S. 33),
dass Coaching seit seinem Erfolg in der Begleitung von Führungskräften mit
allen möglichen Angeboten und Dienstleistungen in Verbindung gesetzt worden
sei. Fachberatungen, mit etwas Feedback angereichert, werden als Coachings ver-
kauft, um so – gemäß Böning – die Besonderheit von eigenen Angeboten heraus-
zustreichen. Astrologische Beratung wird zu «Astro-Coaching», und Tanz-Schu-
lungen werden zu «Dance-Coaching» (ebd.). Entsprechend intransparent und
von unterschiedlicher Qualität sind indes auch die verschiedenen Coaching-An-
gebote. Dies führt dazu, dass Coaching an einer noch unklaren Identität leidet
und dass von einem insgesamt tiefen Professionsniveau gesprochen wird (Fietze
2011, S. 24).
Coaching ist also zum einen ein hochgelobtes Beratungsformat, das den Nerv
der Zeit trifft – weil es eine zeitgemäße Antwort auf aktuelle gesellschaftliche
Herausforderungen liefert. Auf der anderen Seite wird der attraktiv klingende Be-
griff «Coaching» oft als Worthülse missbraucht, was zu einer schädlichen Ver-
wässerung des Angebots führt.
Ob und wie sich Coaching weiter etablieren wird, ist aus Sicht des Verfassers
der vorliegenden Arbeit derzeit ungewiss. Möglich erscheinen zumindest zwei
Szenarien. Erstens: Coaching bleibt eine rein markgesteuerte Dienstleistung, die
entsprechenden Dynamiken und Interessen unterworfen ist. Denkbar ist zweitens,
dass Coaching sich zu einer professionellen Dienstleistung oder zu einer Profes-
sion weiterentwickelt. Letzteres ist allerdings nur möglich, wenn flächendeckend
hohe Qualitätsstandards definiert und konsequent eingefordert werden.
1.3 Professionalisierung
sichtbar werden, welche Rolle die Wissenschaft für die weitere Professionalisie-
rung von Coaching spielt.
1.3.1 Professionalisierungsbedürftigkeit
Folgt man Böning und Fritschle (2005, S. 22–25), durchläuft Coaching bereits seit
geraumer Zeit einen Professionalisierungprozess. Dies machen die beiden Autoren
an folgenden Aspekten fest:
Ähnlich geht Fietze (2011, S. 25) davon aus, dass eine Professionalisierung von
Coaching bereits im Gange sei. Sie begründet ihre Position mit dem Verweis
auf drei zentale Coaching-Phasen und damit verbundene Professionalisierungs-
aktivitäten. Die «stürmische Marktetablierung» als erste Phase begann Anfang
der 1990er Jahre. Ende des 20. Jahrhunderts setzte die Phase der «Entstehung
der kollegialen Selbstorganisation» ein. Diese Phase ist gekennzeichnet durch die
Gründung einer Vielzahl von Berufsverbänden.2 Die dritte Coaching-Phase sieht
Fietze in der «Intensivierung des Wissenschaftsbezugs». Sie ist erkennbar an einer
rasant steigenden Zahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen (Fietze 2011, S. 25).
Besonders intensiviert hat sich diese dritte Phase, die im professionssoziologischen
Diskurs als zentraler Hinweis auf eine sich akzentuierende Professionalisierung
verstanden wird (ebd., S. 25), seit 2010. Und trotz dieses überproportional star-
ken Anstiegs muss der Stand wissenschaftlicher Publikationen als ingesamt noch
bescheiden bewertet werden (vgl. z. B. Bachkirova, Sibley & Myers 2015; Greif
2014b; Möller & Kotte 2011) – Letzteres sowohl in Bezug auf belastbare, rando-
misiert kontrollierte Interventionsstudien (RCT) zur Wirksamkeit von Coaching
(Greif 2016) als auch bezogen auf Untersuchungen zu Coaching-Prozessen, die
Auskunft darüber geben, was Coaching ist und ausmacht (Geißler 2016; Myers
2014).
Trotz der Kritik einer noch bescheidenen Forschungslage gibt es somit, wenn
wir den Argumentationen von Böning, Fritschtle und Fietze folgen wollen, Hin-
weise darauf, dass die Professionalisierung von Coaching läuft.
1.3.3 Professionalisierungsherausforderungen
• Coaching muss als Beratungsformat klar bestimmt und von anderen Beratungs-
angeboten abgegrenzt werden.
• Qualitätsstandards müssen formuliert und vor allem eingefordert werden.
• Drittens braucht es eine hochwertige Coaching-Forschung, die Auskunft so-
wohl über die Wirksamkeit als auch über die Wirkweise von Coaching gibt
(vgl. auch Wegener 2013).
1.4 Begriffsbestimmung
Language: Spanish
Nota de transcripción
J U A N W O L FA N G O G O E T H E
P R I M E R A PA R T E
BARCELONA
—
M O N TA N E R Y S I M Ó N , E D I TO R E S
CALLE DE ARAGÓN, NÚM. 255
1905
ES PROPIEDAD
C A RTA
QUE SIRVIÓ DE PRÓLOGO PARA LA PRIMERA EDICIÓN
A Vicente W. Querol