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Sex and the Body Ethnologische

Perspektiven zu Sexualität Körper und


Geschlecht Gabriele Alex Editor Sabine
Klocke Daffa Editor
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Sex and the Body

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Gabriele Alex, Sabine Klocke-Daffa (Hg.)
Sex and the Body
Ethnologische Perspektiven zu Sexualität, Körper und Geschlecht

2005-09-20 17-17-47 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 3 ) T00_03 Titel.p 95224903278
Gefördert vom Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Lan-
des Nordrhein-Westfalen, von der Gesellschaft zur Förderung der
Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster e.V. und dem Institut
für Ethnologie der Universität Münster

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek


Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut-
schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im
Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© 2005 transcript Verlag, Bielefeld

This work is licensed under a Creative Commons


Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 3.0 License.

Umschlaggestaltung und Innenlayout: Kordula Röckenhaus, Bielefeld


Projektmanagement: Andreas Hüllinghorst, Bielefeld
Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar
ISBN 3-89942-282-1

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem


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2005-09-20 17-17-48 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 4 ) T00_04 impressum.p 95224903366
Inhalt

Sabine Klocke-Daffa
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Guido Sprenger
Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Michael Prager
Vom fragmentierten Körper zur ganzheitlichen Person.
Beschneidung, Sexualität und Islam in Bima (Indonesien) ........ 41

Christiana Lütkes
Liebe, Ehe und Sexualität bei den Wampar in Papua-Neuguinea . . . . 67

Gabriele Alex
Die Bedeutung von biologischer Reife für die
Bewertung von Sexualität.
Ein Beispiel aus Südindien, Tamil Nadu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Ulrich Oberdiek
Kamasutra.
Rezeptionen, Kontextualisierungen und Logiken . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

Alexander Horstmann
Free Sex und Kalatesa.
Sexualität, Körper und soziale Kontrolle in Thailand
und Malaysia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Autorinnen, Autoren und Herausgeberinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

2005-09-20 17-17-48 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 5 ) T00_05 Inhalt.p 95224903494
2005-09-20 17-17-49 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 6 ) vakat 006.p 95224903614
Vorwort

Vorwort

Die Beiträge dieses Buches gehen auf eine Vortragsreihe des Instituts
für Ethnologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zu-
rück, die im Sommer 2004 in Münster stattfand. Ziel war es, kultur-
spezifische Konzeptionen von Sexualität, Körper und Geschlecht einer
breiteren Öffentlichkeit nahezubringen.
Es sind Themen, die jede Gesellschaft beschäftigen, aber sehr
unterschiedlich bewertet und normiert werden. Stereotype und Vorur-
teile – negative wie positive – führen im interkulturellen Miteinander
zu zahlreichen Missverständnissen. Die Ethnologie als Wissenschaft
vom kulturell Fremden ist hier in besonderem Maße gefordert, ihr
Wissen einzubringen. Es gilt unterschiedliche Perspektiven und Wer-
tesysteme, Verhaltensnormen und Kulturmuster vorzustellen, damit
deutlich wird, dass unser eigener Umgang mit Sexualität und Ge-
schlecht nur eine von vielen Möglichkeiten darstellt.
Die Vortragsreihe »Sex and the Body« wandte sich ganz bewusst
auch an ein nicht-akademisches Publikum und fand außerhalb univer-
sitärer Institutionen statt. Die neue Stadtbücherei Münster erwies sich
dafür als besonders geeigneter Ort.
Die gesamte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Vortragsrei-
he wurde von den Studierenden des Seminars »Praxis Ethnologie«
übernommen, das zeitgleich am Institut für Ethnologie Münster
durchgeführt wurde. Es war Bestandteil eines von 2002-2005 über
mehrere Semester laufenden Modellprojektes, das vom Ministerium
für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen im
Rahmen des Förderprogramms »Studium 2000 plus« gefördert wurde.
»Praxis Ethnologie« geht auf eine studentische Initiative zurück.
Anliegen der Studierenden war es, die Berufspraxis in stärkerem Maße
in die wissenschaftliche Ausbildung zu integrieren. EthnologInnen
sind heute gefragter denn je, da in einer multikulturellen Gesellschaft
wie der deutschen das Wissen um andere Kulturen eine wichtige
Schlüsselqualifikation ist. Der Einstieg in das Berufsleben beginnt
jedoch bereits im Studium. Dazu sollte das Modellprojekt »Praxis
Ethnologie« Schützenhilfe leisten. Neue Wege wurden beschritten –
inhaltlich, methodisch und personell: Am Ende jedes der Seminare
stand eine praktische Aufgabe: Hospitationen und Berichte, Unter-
richtsreihen und Konzepte, die Organisation einer Ausstellung und
dieser Vortragsreihe. Alle Veranstaltungen sind in einem Team von
Hochschuldozenten und Praktikern durchgeführt worden. Mehr als
130 Studierende haben die Chance benutzt, einen Einblick in mögliche

2005-09-20 17-17-49 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 7- 10) T00_06 vorwort.p 95224903758
Sabine Klocke-Daffa

Berufsfelder zu bekommen: die Arbeit in Schulen und in der Erwach-


senenbildung, in Migrantenorganisationen, der Entwicklungszusam-
menarbeit, im Ausstellungswesen und im Bereich der Öffentlichkeits-
arbeit. Dieses Modellprojekt war ein erster, erfolgreicher Versuch, eine
Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu bauen.
Für die Vortragsreihe konnten sechs Referentinnen und Referen-
ten gewonnen werden, die aus ihren jeweiligen Forschungsfeldern
berichteten. Ihre Vorträge sind hier in einer erweiterten Fassung wie-
dergegeben:
Guido Sprenger stellt in seiner Einführung die Grundzüge der
Ethnologie der Sexualität dar. Dabei konfrontiert er die traditionelle
Annahme, dass Sexualität ein einheitlicher, naturgegebener und uni-
versal festgelegter Teil menschlichen Daseins ist, mit einer neueren,
konstruktivistischen Auffassung: Der Begriff »Sexualität« ist eine Kon-
struktion des modern-westlichen Denkens, und ihre Einzelaspekte
können in anderen Kulturen anders begründet und motiviert werden.
Anhand zweier Beispiele aus Ozeanien erläutert Sprenger, wie eroti-
sches Begehren, Fortpflanzung und Fruchtbarkeit Teil von Ritual und
Austausch sein können.
Michael Prager greift ein viel diskutiertes Thema auf: die Tradition
der Beschneidung in islamischen Gesellschaften. Sein Beitrag zeigt,
dass im Vorstellungssystem der Bimanesen (Sumbawa/Indonesien)
weder das Geschlecht einer Person oder die sexuelle Attraktion zwi-
schen Mann und Frau noch männliche Zeugungsfähigkeit und weib-
liche Fruchtbarkeit als natürlich/biologisch vorgegebene Kategorien
aufgefasst werden. Sie müssen im Laufe eines rituellen Prozesses
kulturell erst hergestellt werde, um die Person zu einem vollständigen
Menschen zu machen. Die Beschneidung der Männer und der Frauen
ist hierbei Teil dieses Prozesses. Von der Schwangerschaft bis zur
Beschneidung wird durch eine Reihe von rituellen Manipulationen des
Körpers die Person sukzessive dem Einfluss eines unspezifischen und
unkontrollierbaren Kosmos entzogen und zunehmend den morali-
schen und rechtlichen Regeln des Islams unterstellt.
In ihrem Beitrag »Liebe, Ehe und Sexualität bei den Wampar in
Papua-Neuguinea« behandelt Christiana Lütkes die Einstellungen, die
die Wampar im Nordosten von Papua-Neuguinea mit dem Komplex
Liebe, Ehe und Sexualität verbinden. Es zeigt sich dabei ein aus der
Sicht Außenstehender eher nüchternes Bild: Bei der Wahl des Partners
hat die gesamte Großfamilie mitzureden; Sexualität wird nicht nur
durch eine hohe soziale Kontrolle, sondern auch durch zahlreiche Ge-
bote eingeschränkt, mit der sich Männer vor der »Unreinheit« der
Frauen schützen. Der Aufsatz zeigt, welche grundlegenden Auffassun-

2005-09-20 17-17-49 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 7- 10) T00_06 vorwort.p 95224903758
Vorwort

gen vom Zusammenleben hinter diesen Werten liegen, und er macht


deutlich, dass die Orientierung daran in den Augen älterer wie jüngerer
Wampar auch in Zeiten starker westlicher Einflüsse durchaus Sinn
macht.
Gabriele Alex untersucht in ihrem Beitrag »Die Bedeutung von bio-
logischer Reife für die Bewertung von Sexualität« den Zusammenhang
von Sexualität und Fruchtbarkeit im ländlichen Süd-Indien. Sie argu-
mentiert, dass weibliche Sexualität weniger eine individuelle als eine
soziale Angelegenheit ist. Sexualität wird unterschiedlich konzeptuali-
siert, abhängig davon, in welcher Beziehung sie stattfindet und ob sie
im Zusammenhang mit weiblicher Fruchtbarkeit steht. Auf diese
Fruchtbarkeit erhebt die soziale Gemeinschaft einen Anspruch, damit
wird weibliche Sexualität zu einer sozialen und nicht rein individuellen
Angelegenheit.
Ulrich Oberdieks ethnologische Analyse des Kamasutra beginnt von
außen – der Rezeption des Textes in Europa – und skizziert zunächst
die »neue«, populäre Rezeption in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts,
dann die erste, elitäre vor über 100 Jahren, um dann das Kamasutra in
Indien zu behandeln: die gegenwärtige (Nicht-)Rezeption und ihre kul-
turellen Gründe, die anhand von zwei ethnographischen Exkursen aus
Feldforschungen des Autors kontextualisiert werden. Auch neuere wis-
senschaftliche Studien werden kurz kommentiert. Schließlich werden
Inhalte und kulturelle Logiken des Kamasutra kurz und aus einer eth-
nologischen Perspektive dargestellt und vor diesem Hintergrund die
Verfilmung des Stoffes durch Mira Nair interpretiert.
Alexander Horstmann befasst sich abschließend mit der Repräsen-
tation von Sexualität und Körper im Grenzgebiet von Südthailand und
Malaysia, wo zwei moralische Systeme aufeinander prallen: der ausu-
fernde Sextourismus mit der Propagierung von »free sex« als Bestand-
teil eines expandierenden Konsummarktes gegen das indigene Regel-
system der Kalatesa, in dem es um Höflichkeitsnormen und soziale
Kontrolle, vor allem aber um die Disziplinierung des (vorwiegend weib-
lichen) Körpers geht. Hier konkurrieren Buddhisten und Muslime um
die Autorität der Besetzung von moralischen Werten, denn für beide ist
»free sex« Zeichen einer verwestlichten Gesellschaft, gegen die zu-
nehmend angegangen wird.
***

2005-09-20 17-17-49 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 7- 10) T00_06 vorwort.p 95224903758
Sabine Klocke-Daffa

Unser herzlicher Dank gilt allen, die dazu beigetragen haben, dieses
Projekt zu realisieren:
Das Graphikdesign übernahmen Mirijam Baumeister, Matthias
Burkhard, Katharina Kegel, Freya Morigerowsky und Theresa Viehoff-
Heithorn.
Für die Pressetexte verantwortlich waren Verena Bertram, Christoph
Becker, David Feist, Myriam Fink, Lena Mengers, Anita Mutvar und
Marius Tuente.
Die Online-Redaktion der Internet-Seiten betreuten Yaw Awuku,
Birgit Baumann, Susanne Böhnisch, Monika Helbig und Fabian Metz-
ner.
Den Hörfunkbeitrag zur Vortragsreihe haben Jutta Ervens, Katrin
Krause, Stephanie Krusche, Simone Schubert und Jan-Hinnerk Voß
produziert.
Der Filmbeitrag zur Reihe stammt von Daniela Huber, Ulla Fischer,
Andrea Fißer und Verena Fißer.
Die Studierenden des Seminars »Praxis Ethnologie« haben ihr
Bestes getan, um die Ethnologie ein wenig aus dem Elfenbeinturm der
Wissenschaft herauszuholen. Danken möchten wir aber auch den Re-
ferentinnen und Referenten des Seminars und der Vortragsreihe, die
sich auf neue Wege der Vermittlung von Wissen einließen, der Stadt-
bücherei Münster, als einem der »öffentlichsten Orte« in Münster, für
die freundliche Bereitstellung ihrer Räumlichkeiten, und schließlich
allen Sponsoren, deren Unterstützung die Realisation der Vortragsrei-
he und dieses Buches erst möglich gemacht hat. Ein besonderer Dank
gilt Sabine Eylert vom Institut für Ethnologie der Universität Münster
für die Organisation der Vorträge und Christoph Bergmann vom Süd-
asien-Institut/Abt. Ethnologie der Universität Heidelberg für die redak-
tionelle Bearbeitung der Texte.

Münster, im September 2005 Sabine Klocke-Daffa

10

2005-09-20 17-17-50 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 7- 10) T00_06 vorwort.p 95224903758
Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

Ethnologie der Sexualität.


Eine Einführung
Guido Sprenger

Ethnologie ist undankbar: Wer sich an sie wendet, um etwas über die
Natur des Menschen als soziales Wesen zu erfahren, endet oft mit
mehr Fragen als Antworten. Das Thema »Sexualität« bildet dabei keine
Ausnahme. Was zunächst als nackte Natur erscheint, entpuppt sich als
Produkt bestimmter Gemeinschaften zu bestimmten Zeiten.
Fortpflanzen muss sich jede Gesellschaft; aber der Begriff Sexuali-
tät umfasst weit mehr: Vorstellungen von Trieb und Lust, Bedürfnis
und Neigung, Fantasie und Identität, Freiheit und Unterdrückung. Zur
Fortpflanzung vermeinen wir kaum mehr als den Körper zu benötigen;
Sexualität aber findet im Kopf statt. Wenn jedoch der Inhalt der Köpfe
so unterschiedlich ist, etwa bei einem Deutschen und einem Trobri-
and-Insulaner, wie können wir dann wissen, ob Sexualität überall das-
selbe ist – oder, noch schärfer gefragt, ob Sexualität nicht nur ein
Phantom ist, ebenso ungreifbar und spezifisch wie das mana der Poly-
nesier, das baraka der Muslime oder die »Seele« der Christen?
Auf der Suche nach Antworten hat sich der Blick der stets wis-
sensdurstigen Moderne auf jene gerichtet, die uns so fremd vorkom-
men, und dabei erkannt, dass in der Spanne, die uns trennt, die ge-
samte Bandbreite menschlicher Verschiedenheit enthalten zu sein
scheint. Erst indem wir den Fremden betrachten, so der Gedanke,
können wir zur Erkenntnis unserer eigenen allgemeinen Menschlich-
keit vordringen. Die Ethnologie, die Wissenschaft vom kulturell Frem-
den, wie auch die Geschichte waren daher stets Quelle und Orientie-
rungspunkt für Theorien über die Natur der menschlichen Sexualität.
Die Ethnologie hat diesen Argumenten Munition geliefert, sie aber
zugleich immer wieder in Frage gestellt. Daher müssen wir zunächst
einen Schritt zurücktreten und uns fragen: Wie ist unser eigenes, west-
lich-modernes Konzept »Sexualität« beschaffen? Erst danach können
wir anfangen, scheinbar ähnliche Erscheinungen in fremden Gesell-
schaften zu verstehen.

Kultur und Sexualität:


Umriss einer prekären Gegenüberstellung

In der grobsinnlichen Liebe, in dem wollüstigen Drang, den Naturtrieb zu


befriedigen, steht der Mensch auf gleicher Stufe mit dem Tier […]. Trotz aller
Hilfen, die Religion, Gesetz, Erziehung und Sitte dem Kulturmenschen in der

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2005-09-20 17-17-51 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 11- 39) T01_01 sprenger.p 95224903934
Guido Sprenger

Zügelung seiner sinnlichen Triebe angedeihen lassen, läuft derselbe jederzeit


Gefahr, von der lichten Höhe reiner und keuscher Liebe in den Sumpf gemei-
ner Wollust herabzusinken. Um sich auf jener Höhe zu behaupten, bedarf es
eines ständigen Kampfes zwischen Naturtrieb und guter Sitte, zwischen Sinn-
lichkeit und Sittlichkeit (Krafft-Ebing 1984:1-2, 5-6).

Mit diesen Sätzen beginnt Richard von Krafft-Ebings »Psychopathia


sexualis«, ein klassisches Werk der Sexualwissenschaft, das zuerst im
Jahr 1886 erschien. Heute ist dieser Text weniger als Wissenschaft,
sondern eher als Zeugnis seiner Zeit von Interesse: Ein Buch, in dem
Homosexuelle im selben Zusammenhang behandelt werden wie Kan-
nibalen und Kinderschänder, wirkt inzwischen reichlich abstrus.
In einer Hinsicht aber steht Krafft-Ebing für einen Gedanken, der
bis heute fortwirkt: Sexualität sieht er als einen Naturtrieb, der sich
jeder Zähmung durch die Gesellschaft im Kern widersetzt. Die Gesell-
schaft mag den Trieb formen und in sozial verträgliche Bahnen lenken
– aber im Wesen bleibt Sexualität antisozial, eine unablässige Infrage-
stellung der Gesellschaft.
Diese Auffassung hat die Moderne im 19. und 20. Jahrhundert
geprägt. Das Antisoziale zeigt sich in zwei Aspekten: Zum einen ent-
springt Sexualität der Natur. Das scheint zunächst leicht nachvollzieh-
bar, wenn man Sexualität auf Fortpflanzung gründet. Doch wie schon
erwähnt, umfasst der Begriff ein weit größeres Feld: Er betrifft Arten
des Begehrens, die sich nicht in Vermehrung manifestieren – und hier
sind nicht nur Homosexualität und verschiedene Paraphilien (oder, wie
sie abwertender heißen, Perversionen) gemeint, sondern auch die
Erotik von Bildern, Kleidungsstücken, Büchern und anderen eindeutig
kulturellen Hervorbringungen. »Sexualität« ist weitaus abstrakter als
Fortpflanzung – wäre es anders, hätte sich wohl kaum Gelegenheit zu
Meinungsverschiedenheiten ergeben.
Die Zuordnung der Sexualität zur Natur erfährt dabei zwei entge-
gengesetzte Bewertungen. Krafft-Ebing steht für das eine Ende des
Spektrums: Ihm erscheint Sexualität als gefährliche Naturkraft, die von
der Gesellschaft bezwungen, eingedämmt und gezähmt werden muss.
Ein Spiegelbild dieser Position stellt die des Freud-Schülers Wil-
helm Reich dar. Auch bei ihm ist Sexualität das zentrale Problem einer
Gesellschaft, das über »Gesundheit« oder »Krankheit« ihrer Mitglieder
entscheidet – doch statt ihrer Bändigung ist ihr schuldfreies Ausleben
der Schlüssel zum Glück. Erotische Varianten wie die oben erwähnten
sind aus seiner Sicht eher Symptome einer Fehlentwicklung des Be-
gehrens als eigentliche Krankheiten, die bekämpft werden müssen.

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2005-09-20 17-17-51 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 11- 39) T01_01 sprenger.p 95224903934
Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

Reich dreht also lediglich den Spieß um: Statt einer moralisch
fehlgeleiteten Politik soll die Naturwissenschaft die Gestaltung der
Gesellschaft übernehmen. In seiner »Sexuellen Revolution« (Reich
1971 [1930]) plädiert er für die Berechtigung der sexuellen Bedürfnisse
von Kindern und Jugendlichen; die gesellschaftlichen Kräfte, die sie
unterdrücken wollen, müssen daher der Wissenschaft Platz machen.
Im Konflikt zwischen der sexuellen »Natur« und der sozialen »Kultur«
fordert er schlicht die Oberherrschaft derer, die die Wege der Natur
kennen. Damit rückt er unangenehm nahe an die Sozialdarwinisten,
die sich gleichermaßen auf die Natur als oberste Richterin menschli-
cher Gesetzgebung beriefen – diesmal allerdings, um das Recht des
Stärkeren zu proklamieren. Spätestens hier sollte deutlich sein: Was als
objektive Ordnung der Natur proklamiert wird, ist vor allem ein ideolo-
gisches Konstrukt, ein Versuch, spezifische Ideen von Mensch und
Gesellschaft im Universalen zu verankern (vgl. Platenkamp 1999).
Dies macht »Natur« zum stärksten Argument, das Gesellschaftstheore-
tiker vorbringen können.
Der zweite antisoziale Aspekt, den die Moderne der Sexualität
zuschreibt, ist ihre Individualität. Der Gegensatz zwischen dem »Indi-
viduum« und der »Gesellschaft« gehört zu den Grundkonzepten der
Ideologie der Moderne. Diese Vorstellung besagt – sehr vereinfacht, da
sie in vielerlei Variationen auftritt – dass jeder Mensch von seinem
Wesen her einzigartig, unabhängig und frei ist. Der Gesellschaft fällt
die Aufgabe zu, die geborenen Querköpfe durch allerlei Zwänge, Ar-
gumente und Tricks zur Zusammenarbeit zu bewegen oder zu knech-
ten. Dies, wohlgemerkt, ist ein Glaubenssatz der Ideologie der Moder-
ne, und in vielen außereuropäischen Gesellschaften werden die Dinge
anders gesehen (vgl. Dumont 1990).
Die Sexualität fügt sich geschmeidig in diesen Rahmen: Sie wird
vor allem als individuelles Bedürfnis verstanden – sie gehört zum
innersten Wesen eines Menschen und will in der ihr oder ihm gemä-
ßen Weise verwirklicht werden, notfalls auch gegen gesellschaftliche
Institutionen. Mit diesem Argument sind Teile der Frauen- und auch
die Schwulen- und Lesbenbewegung gegen diskriminierende Gesetze
und populäre Verurteilungen vorgegangen, in einer für unsere Gesell-
schaft positiven und konsequenten Entwicklung.
Im Begriff der westlich-modernen »Sexualität« verbinden sich also
»Individuum« und »Natur«, die beiden Hauptkräfte, die dem Sozialen
entgegengesetzt werden. Individuum, Sexualität, Gesellschaft und
Natur – jeder dieser abstrakten Begriffe deckt eine Vielzahl wider-
sprüchlicher und auf den ersten Blick oft kaum zusammengehöriger

13

2005-09-20 17-17-51 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 11- 39) T01_01 sprenger.p 95224903934
Guido Sprenger

Vorstellungen ab. Zugleich erfüllen diese Begriffe eine zentrale Funk-


tion für unser Verständnis von dem, was der Mensch und seine Posi-
tion in der Welt ist.
Diese Verknüpfung von Menschenverständnis und Sexualität war
es, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer stetig wachsenden
Menge von Debatten über Sexualität und Erotik geführt hat. Das gilt
speziell für den deutschsprachigen Raum von den 1860er Jahren bis
zum Ende der Weimarer Republik; in dieser Zeit war die deutschspra-
chige Sexualwissenschaft international führend. Hier muss das Werk
Sigmund Freuds erwähnt werden, der die Sexualität bzw. die Libido in
einzigartiger Weise zum Schlüssel zu Psyche und Gesellschaft erhob.
Sein Verständnis der Beziehungen zwischen dem unvermeidlichen
Genusstrieb und seiner ebenso unumgänglichen gesellschaftlichen
Steuerung ist ausgesprochen komplex; seine Theorie prägte das Den-
ken des 20. Jahrhunderts und war Gegenstand zahlreicher Interpreta-
tionen: Während einige Autoren in ihm überwiegend den konservati-
ven Befürworter normativer Sexualität sehen (vgl. Bristow 1997; Weeks
1986), deuten ihn andere als Revolutionär, der die Flexibilität und
Formbarkeit des Begehrens betonte (vgl. Fricker/Lerch 1976). Die
Unerschöpflichkeit seiner Ideen kann hier daher nicht in genügender
Weise behandelt werden.
Wenn Sexualität aber natürlich und allen Menschen gemeinsam
ist, wie kommt es dann, dass im Grunde allein die westlich-modernen
Gesellschaften einen so ausgeprägten Begriff dafür gefunden haben?
Liegt es nicht näher anzunehmen, dass es sich bei der Abstraktion
»Sexualität« um eine Konstruktion handelt, eine Bündelung von Ideen,
Erfahrungen und Vorstellungen, die sich speziell in unserer Gesell-
schaft findet? Ist Sexualität also eine Idee, die nur dadurch entsteht,
dass man den Menschen und sein Zusammenleben durch die Muster
einer sehr speziellen Denkweise wahrnimmt?
Der Begriff »Sexualität« ist seit den 70er und 80er Jahren aus
mehreren Richtungen demontiert worden. Auf der einen Seite stehen
Lernpsychologen wie Roland Fricker und Jacob Lerch, die feststellten,
dass der vorgeblich natürliche Trieb nicht mit dem nach Nahrung
vergleichbar ist: Beim Sexualtrieb tritt keine »physiologisch messbare
Mangelsituation« auf (vgl. Fricker/Lerch 1976: 60). Sie betonen dage-
gen, dass der Sexualtrieb im Lauf der »Sexualisation« erlernt wird (vgl.
ebd.: 85). Viele Debatten über Sexualität, inklusive das Gebäude der
Psychoanalyse, ruhen dieser Sicht zufolge auf Grundlagen, die im
wesentlichen ideologisch und kulturspezifisch sind. Damit soll nicht
geleugnet werden, dass der Sexualtrieb existiert; aber Fricker und Lerch
sehen seinen Ursprung in der Gesellschaft: Als inneres Empfinden ist

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2005-09-20 17-17-52 --- Projekt: T282.kusp.alex.sex / Dokument: FAX ID 023495224903070|(S. 11- 39) T01_01 sprenger.p 95224903934
Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

er ein Trieb zum Sozialen (vgl. ebd.: 98). Sein Ursprung in der Natur
ist jedoch eine Mystifizierung, mit der die herrschende Ideologie sich
als Weltordnung behauptet (vgl. ebd.: 84). Alles deutet darauf hin, dass
Sexualität als Erfahrung des Selbst sich in Bahnen bewegt, die eine
spezifische Kultur zur Wahrnehmung des Selbst vorgibt.
Andere Ansätze, die größere Bekanntheit erlangten, gingen vom
Feminismus aus. Der Feminismus verstand Geschlechterverhältnisse
erstmals als Machtverhältnisse; und da Macht – zumindest nach einer
bestimmten Auffassung – nichts natürliches ist, hieß das auch, dass
die Geschlechterbeziehungen sozial, und nicht natürlich sein mussten.
Dieser Gedanke wurde von zahlreichen Theoretikern aufgegriffen,
insbesondere innerhalb der Soziologie, Geschichtsphilosophie und
Literaturwissenschaft. An zentraler Stelle steht hier das Werk von Mi-
chel Foucault – bezüglich Sexualität kann man nachgerade von einer
»Foucault’schen Wende« sprechen. Er widersprach der gängigen An-
sicht, dass das 19. und frühe 20. Jahrhundert eine Ära der Unterdrü-
ckung des Sexuellen gewesen sei. Damit stellte er sich zugleich gegen
das Selbstbild einer Gegenwart, die voller Stolz die Beschränktheiten
ihrer Eltern abwirft und zur »sexuellen Befreiung« schreitet. Für Fou-
cault wurden im 19. und 20. Jahrhundert eifriger als in jeder anderen
Epoche Fragen der Sexualität und der sexuellen Identität diskutiert.
Varianten des Begehrens und gleichgeschlechtliche Beziehungen wur-
den mit größtem Eifer benannt, klassifiziert und beschrieben: Heute
gängige Begriffe wie »Homosexualität«, »Sadismus« oder »Masochis-
mus« entstammen dieser Ära. Zugleich erhielt das Sexuelle eine unge-
heuer ausgreifende Erklärmacht. Plötzlich war es nicht mehr gleichgül-
tig, was Kinder nachts allein im Bett trieben; typisch »weibliche«
Krankheiten wie Hysterie traten in das Lexikon der Medizin ein und
wurden mit dem Sexuellen verknüpft; Sexualität wurde zum Schlüssel
für zahlreiche Arten seelischer Störungen und sozialen Fehlverhaltens.
Foucault betonte zwei Aspekte dieses damals neuen und so frucht-
baren Begriffs. Zunächst einmal sah er darin ein Instrument von
Macht und Kontrolle – ein Mittel, durch das neuzeitliche Diskurse in
Medizin, Moral und Staat Ansprüche auf das intime Leben der Men-
schen erheben konnten. Für Foucault ist Sexualität vor allem ein Phä-
nomen des Diskurses, der Sprache und der Zeichen – und Sprache
bedeutet zugleich Kontrolle und Reglementierung. Dabei ist die neue
Sprache der Sexualität nur ein Teil eines komplexen Netzes von Insti-
tutionen, durch die intime Handlungen und Begehren der Aufsicht
unterzogen werden (vgl. Foucault 1976).
Doch in einem zweiten Schritt – speziell in seinen letzten Werken
zum Thema (vgl. Foucault 1986a/b) – löst sich Foucault von diesem

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Aspekt des äußeren Einflusses. Das begriffliche Phänomen »Sexuali-


tät« und allgemein die Konzepte des Begehrens versteht er als Techni-
ken des Selbst – eine spezifische Art, das eigene Dasein zu verstehen
und zu gestalten. Die individualisierte Sexualität ist eine jener Schnitt-
stellen, an denen die Begrifflichkeit, mit denen man über das Selbst
spricht, die Art und Weise hervorbringt, wie das Selbst wahrgenom-
men wird. In und neben den Fußstapfen von Foucault bewegen sich
zahlreiche Theoretikerinnen und Theoretiker; die heutige Form des
Feminismus, die Gender Studies und die Queer Theory sähen ohne ihn
anders aus. Die Richtung, die er entscheidend mitprägte, nennt sich
bevorzugt Konstruktionismus. Sie öffnete der Ethnologie der Sexualität
neue Perspektiven. Doch zunächst einmal gilt es zu zeigen, welche
Rolle das Sexuelle in der Geschichte der Ethnologie spielte.

Sexualität und Ethnologie

Bei dem steten Wechselspiel von Universalismus und Relativismus in


der Theorie der Sexualität lag es nahe, auf ethnographisches Datenma-
terial zurückzugreifen. Der Blick auf fremde Kulturen – je fremder,
desto besser – war dabei von eben jenem Gegensatz geleitet: Mal soll-
ten die Fremden Aufschluss geben über das, was Menschen zu allen
Zeiten und Orten geteilt haben, dann wieder darüber, wie Gesellschaf-
ten ihre Mitglieder formen. Umdeutung und Filterung war bei diesem
von Moralfragen gelenkten Blick unvermeidlich. Zunächst einmal
haben EthnologenInnen selber keine andere Wahl, als die fremden
Gesellschaften durch die Muster wahrzunehmen, welche die Grund-
konflikte ihrer eigenen bestimmen. Zusätzlich wurde das, was sie – bei
allem Bemühen um Genauigkeit – zu berichten hatten, in den allge-
meinen Debatten über Sexualität bearbeitet, neu gestaltet und aus dem
Kontext gerissen.
Die Art, wie ethnographische Daten eingesetzt werden, hat sich im
Laufe der letzten anderthalb Jahrhunderte bedeutend verändert. Zu-
mindest in der akademischen Ethnologie ist dabei ein Trend vorherr-
schend: Das Ausmaß des Relativismus nimmt zu. Immer seltener
werden Daten zu großen, weltumspannenden Vergleichen über die
»Natur des Menschen« zusammengerafft, immer sorgsamer wird die
spezielle Situation der jeweiligen Daten hervorgehoben.
Dennoch blieb der theoretische Beitrag der EthnologenInnen
zunächst gering: Jene klassische Auffassung, welche die Sexualität der
Natur zuordnet, hat auch sie wie eine Lähmung befallen. Das Thema
galt lange als riskant und leicht unseriös. Selbst die Welle der »sexuel-

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Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

len Befreiung« in den 60er Jahren hat in der Ethnologie, die sonst
sensibel auf gesellschaftliche Entwicklungen reagiert, wenige und nur
sehr verspätete Echos ausgelöst. Eine mögliche Erklärung dafür ist
diese: Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts befasst sich die Ethnolo-
gie vornehmlich mit Systemen von Bedeutung. Bedeutung entsteht
allein durch Kultur, also durch das, was gelernt werden muss. Solange
Sexualität jedoch als natürlich und im Kern triebgesteuert galt, blieb sie
den Theorien der Ethnologie zum größten Teil verschlossen. Die
einzig verwertbare Theorie war die Psychoanalyse, die eher auf die
Analyse von Individuen zugeschnitten war und daher bei vielen Ethno-
logenInnen auf Skepsis stieß. Erst Feminismus, Gender Studies und die
Arbeiten von Foucault eröffneten der Ethnologie neue Grundlagen für
ein kultur- und gesellschaftsbezogenes Verständnis des Sexuellen und
Erotischen.

Der Evolutionismus

Sowohl die Sexualwissenschaft wie auch die Ethnologie entstanden als


akademische Disziplinen im Lauf der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts. Die Theorien, welche diese Anfangsphase in der Ethnologie
prägten, werden dem Evolutionismus zugerechnet. Diese Richtung
ordnete die Gesellschaften der Welt in geradlinige Schemata ein, in
denen sich »primitive« zu »modernen« Gesellschaftsformen hin ent-
wickelten. In diesen Modellen erwiesen sich die im Westen vorherr-
schenden Maßstäbe zuverlässig als Krone der Schöpfung – sei es auf
dem Gebiet von Religion und Wissenschaft oder der Staatsentwick-
lung.
Die Andersartigkeit der Anderen diente also dazu, die Überlegen-
heit der westlichen Kultur zu beweisen – eine überaus praktische Ar-
gumentation im Zeitalter des Kolonialismus. Selbst die berühmten
»Südseeinsulaner« konnten den Aufklärern des 18. Jahrhunderts als
Vorbilder an Natürlichkeit dienen: Denis Diderot erläuterte, übrigens
ohne ethnographische Detailkenntnis, wie nützlich und vernünftig das
Liebesleben der Tahitianer ist, das weder durch Ehebruchs- noch In-
zestverbote eingeschränkt sei; zugleich gab er aber zu, dass sie »weni-
ger intelligent« seien als die Europäer (vgl. Diderot 1961 [1775]: 222):
Naturverbundenheit hat eben ihren Preis.
Die meisten ethnologischen Theoretiker hatten hingegen ein
weniger positives Bild nicht-westlichen »Geschlechtslebens«. Von
besonderem Interesse war das Thema für die Evolutionisten im Zu-
sammenhang mit der Entwicklung der Ehe. Die bürgerliche Ehe im

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Spannungsfeld zwischen romantischer Liebe und gesellschaftlicher


Verpflichtung warf einige der zentralen ideologischen Probleme des
19. Jahrhunderts auf – die Literaturgeschichte von den »Wahlverwandt-
schaften« bis »Madame Bovary« legt davon beredtes Zeugnis ab. Da-
her stachen den Zeitgenossen unter der Unmenge an Daten, welche
durch Forschungsreisen, historische Untersuchungen und Mission zur
Mitte des 19. Jahrhunderts zugänglich wurden, besonders jene ins
Auge, die der bürgerlichen Ehe am schärfsten widersprachen: So er-
blickt Johann Jakob Bachofen in seinem »Mutterrecht« (vgl. Bachofen
1975 [1861]) den Urzustand des Geschlechtslebens im »Hetärismus«,
der ungeregelten, von männlichem Triebleben dominierten Paarung;
die erschöpften und entwürdigten Frauen hätten schließlich Ehe und
Mutterrecht eingeführt, die ersten Schritte zum »Adel der menschli-
chen Natur« in der »Ausschließlichkeit der ehelichen Verbindung«
(vgl. ebd.: 29f.). Später wurde diese Institution durch das Vaterrecht
abgelöst.
Lewis Henry Morgan setzte einige Jahre später ebenfalls die Ur-
promiskuität an den Anfang der Entwicklung. Darauf folgte die Grup-
penehe von Clanschwestern und Clanbrüdern. Diese Institution folgte
allein Gesetzen der Sozialstruktur und hatte mit persönlicher Neigung
nichts zu tun (vgl. Morgan 1878: 49-61). Das implizite Gegenbild dazu
ist die Liebesehe, die im 19. Jahrhundert als Idee zur vollen Reife ge-
langte: Morgans Vision verlängert die aktuelle Entwicklung seiner Zeit
in die Vergangenheit zurück und findet dort die Ehe mehrerer Männer
mit mehreren Frauen. Beide Vorstellungen, Urpromiskuität und
Gruppenehe, erwiesen sich jedoch letztlich als ethnographisch und
historisch nicht nachweisbar. Vielmehr erscheinen sie als Phantasiege-
bilde einer bürgerlichen Periode, die in den sogenannten »Primitiven«
ihr Gegenbild zu erblicken versuchte.
Die Naturnähe der »Wilden« konnte jedoch auch einen Vorteil
haben. Krafft-Ebing dient uns noch einmal als Zeuge: »Bemerkenswert
ist die Tatsache, […] daß Verirrungen des Geschlechtstriebs […] bei un-
oder halbzivilisierten Völkern nicht vorkommen« (Krafft-Ebing 1984:
7). Damit bezog er sich auf jene nicht auf Fortpflanzung gerichteten
Praktiken, die er in seinem Buch abhandelte, angefangen mit der Ho-
mosexualität. In einer Fußnote relativiert er seine Aussage jedoch so-
fort wieder, was ihren Wert als Zeitzeugnis sinnfällig macht: Hier war
das vorgefasste Urteil stärker als die Fakten. Dennoch hielt sich auch in
den folgenden Jahrzehnten die Vorstellung, Homosexualität sei z.B. in
Afrika unbekannt (vgl. Murray/Roscoe 1998: xi). Der Grund dafür war
die Idee, solche Varianten sexuellen Begehrens seien unnatürlich und

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Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

könnten daher nur im verfeinerten Milieu der »entwickelten« Zivilisa-


tionen und großen Städte gedeihen.
Allerdings gab es auch dafür reichlich Gegenbeweise. Bereits im
Jahr 1911 füllte Friedrich Karsch-Haack einen 670-seitigen Band über
»Das gleichgeschlechtliche Leben der Naturvölker«. Die Motivation
hinter solchen üppigen Materialsammlungen war der Glaube, man
könne durch die Erforschung der Sexualität zur verborgenen Wahrheit
des Menschendaseins vorstoßen – »mit den Fackeln des Wissens auch
in die Dschungeln [sic] des Sexuallebens hineinzuleuchten und damit
manches Vorurteil zu zerstören« (Schidlof 1908: 3). Hier war zunächst
keine Theorie nötig, sei sie evolutionistisch oder nicht: Die Fülle des
Materials selber versprach die Enthüllung der Wahrheit. So sammelte
auch Friedrich Krauss in seinem Almanach »Anthropophyteia« (vgl.
Krauss 1904-1913) zahlreiche Erzählungen und Bräuche, insbesondere
bei den Slawen, die im Zusammenhang mit Sexualität stehen – ein
enormes Kompendium, das wohl noch der Auswertung harrt.

Der Schritt zur Synchronie

Als wissenschaftliche Theorie funktionierte der Evolutionismus nur so


lange, wie die meisten Autoren ihre Daten aus zweiter Hand bezogen.
Die genauere Untersuchung von einzelnen außereuropäischen Gesell-
schaften zeigte, dass die eingleisigen Entwicklungslinien sich in der
ethnographischen Wirklichkeit kaum belegen ließen. Zwei klassische
Theorieschulen beendeten die Vorherrschaft des Evolutionismus: Der
britische Funktionalismus, der vor allem mit den Namen Alfred Rad-
cliffe-Brown und Bronislaw Malinowski in Verbindung gebracht wird,
und der amerikanische Kulturrelativismus unter der Ägide von Franz
Boas. Beide Schulen brachten schon in ihrer Frühphase je ein berühm-
tes Werk über die Sexualität einer anderen Kultur hervor, das britische
von Malinowski selbst, das amerikanische von Boas’ Schülerin Marga-
ret Mead. Beide Bücher befassten sich mit pazifischen Gesellschaften,
beide stellten dem westlichen Umgang mit Geschlechtsverkehr eine
Alternative entgegen.
Dennoch wurde ihnen ein sehr unterschiedliches Schicksal zuteil.
Bronislaw Malinowskis »Das Geschlechtsleben der Wilden in Nord-
west-Melanesien« (dt. 1930) hat, trotz des reißerischen Titels und zahl-
reicher populärer Fehldeutungen, die Zeiten als solide, exzellent re-
cherchierte Ethnographie überstanden. Margaret Meads »Kindheit und
Jugend in Samoa« (dt. 1965) hingegen wurde als Paradebeispiel von

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Fehlinformation und Gutgläubigkeit angeprangert, sowohl in Bezug


auf die Ethnologin wie auf die westliche Öffentlichkeit.

Mead und Samoa

Beginnen wir mit Mead. »Kindheit und Jugend in Samoa« (dt. 1965)
erschien im Jahr 1928 und behandelt eine Kultur, in welcher Ge-
schlechtsverkehr vor der Ehe möglich ist. Mead war es ausdrücklich
darum zu tun, in einer gesellschaftlichen Debatte ihrer Zeit Stellung
zu beziehen: Wieviel Sexualität können wir unseren Kindern zutrauen?
Ist die Krise von Pubertät und Adoleszenz, mit ihren Rebellionen,
Zweifeln und Rivalitäten, naturgegeben oder sozial verursacht? Mead
suchte für ihre Untersuchung eine Gesellschaft, mit der sie den Stand-
punkt ihrer Schule beweisen konnte: Erziehung ist wichtiger als Biolo-
gie, und der emotionale Umschwung der Jugend wird durch gesell-
schaftliche Werte verursacht. Sie gab damit ihrer Darstellung der sa-
moanischen Gesellschaft eine Betonung, die von der lesenden Öffent-
lichkeit begierig aufgenommen wurde: Mead zufolge lebten die Samo-
aner mit wenig Wettbewerb, erfreuten sich vor der Ehe wechselnder
Sexualpartner und erfuhren den Übergang von der Kindheit zum Er-
wachsensein nicht als Krise. Zumindest waren das die Kernaussagen,
welche dem Buch in der allgemeinen Wahrnehmung zugeschrieben
wurden. Die Vorstellung der »freien Liebe« der Samoaner spann dabei
das Bild der Südsee weiter, das seit der Expedition von Bougainville im
18. Jahrhundert vorherrschte: Der in Europa mit Schuld und Verboten
umhegte Geschlechtsverkehr war unter Südseepalmen ganz zwanglos
zu haben. Meads Buch hatte in dieser Hinsicht geradezu befreiende
Wirkung auf manche Leser. Der Ethnologe Martin Orans berichtet,
dass einer seiner Studenten ihm erzählte, wie er durch die Lektüre
seine Schuldgefühle über die eigene Sexualität überwand (vgl. Orans
1996: 2).
Doch über fünfzig Jahre nach seinem Erscheinen geriet das so
heilsame Werk ins Visier der Kritik: In »Liebe ohne Aggression« (dt.
1983) beschuldigte der Ethnologe Derek Freeman Mead, dass sie in
vielerlei Hinsicht ihr vorgefasstes theoretisches Ziel über die Fakten
gestellt habe. Die Samoaner leben keineswegs so konkurrenzfrei, wie
viele LeserInnen nach der Lektüre meinten; Konflikte und Vergewalti-
gungen sind häufig. Zugleich stellt Jungfräulichkeit vor der Ehe einen
hohen Wert dar.
Aber auch Freeman war nicht frei von ideologischen Absichten:
Während Mead die Überlegenheit der Kultur über die Biologie behaup-

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Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

tete und damit auch die Formbarkeit der menschlichen Psyche, so


nutzte Freeman seine eigenen samoanischen Forschungen, um für
eine größere Rolle biologischer Erkenntnisse einzutreten. Beide Ar-
gumente hatten vornehmlich zum Ziel, eine Debatte über das Selbst-
verständnis der westlichen Moderne hervorzurufen: Biologischer De-
terminismus traf auf kulturellen Relativismus; als Arena diente eine
wissenschaftlich gefilterte Südsee, als Waffen ethnographische Daten:
Die Menschheit wurde reduziert auf die Moderne und Samoa. Die
Wahrheit liegt vermutlich wieder einmal zwischen den Standpunkten:
Die samoanische Gesellschaft mag sich aus der Perspektive junger
Frauen, wie jene, die mit Mead sprachen, anders darstellen, als aus der
von Freemans Informanten, den Häuptlingen und Wahrern der Ord-
nung (vgl. Abramson 1987).

Malinowski und die Trobriand-Inseln

Nicht unähnlich liegt der Fall bei Bronislaw Malinowskis »Das Ge-
schlechtsleben der Wilden« (dt. 1930). Malinowskis Ziel war allerdings
anderer Art: Er verstand sein Buch nicht als Stellungnahme zum The-
ma Natur und Kultur, sondern als neuartige Repräsentationsform von
Zusammenhängen innerhalb einer spezifischen Gesellschaft. Implizit
richtete er sich damit gegen den Evolutionismus, der Einzelphänome-
ne aus vielen Gesellschaften isolierte, um sie einem oberflächlichen
Vergleich zu unterziehen. Es ging also weniger darum, die Daten zu
einem allgemein verständlichen Argument zu formen, wie Mead das
getan hatte, sondern vielmehr um die Darstellung einer fremden Kul-
tur in ihrer ganzen Komplexität. Malinowskis Gründlichkeit in ethno-
graphischen Dingen ist später kaum angezweifelt worden; die Diskre-
panzen zwischen seinen Veröffentlichungen über die Trobriander und
späteren Forschungen haben nie zu so scharfen Anklagen und lauten
Diffamierungen geführt, wie im Falle Meads.
Das verhinderte jedoch nicht die Instrumentalisierung seines Bu-
ches. Malinowski hatte bei den Bewohnern der Trobriand-Inseln ge-
forscht, einer Inselgruppe nordöstlich von Papua-Neuguinea. Auch
diese Gesellschaft fügte sich in das populäre Bild der Südsee: Junge
Männer und Frauen haben vor der Ehe wechselnde Beziehungen mit
Geschlechtsverkehr, und das seit ihrer Kindheit. So war es nicht ver-
wunderlich, dass eine ganze Reihe von Sexualreformern das Buch
umgehend für sich vereinnahmten: Das Vorwort stammte von Have-
lock Ellis, dem bekanntesten britischen Sexualwissenschaftler seiner
Zeit und einem Befürworter sexueller Liberalisierung.

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Wenige Jahre später widmete Wilhelm Reich ein Drittel seines


Buchs »Der Einbruch der Sexualmoral« (1935) der Darstellung der
Trobriander. Dabei stellte Reich diese melanesische Gesellschaft im
Licht der Sexualreform dar, die er selbst dem Westen verschrieb: Freies
Ausleben der Sexualität für Kinder und Jugendliche sowie Akzeptanz
der Onanie. Leider ging ihm dabei das Wunschdenken durch: Viele der
Freiheiten, die er der trobriandischen Gesellschaft zuschrieb, hatte
Malinowski keineswegs dort gefunden (vgl. Senft 1995: 484-487). Zu-
dem stieß er auf eine ganze Reihe von Fakten, die Reichs Bild wider-
sprachen: Zum Beispiel gilt es als ausgesprochen grobes Benehmen,
wenn Verheiratete ihre Zuneigung öffentlich zeigen oder auch nur von
ihrem Sex gesprochen wird. Doch Reich entledigte sich dieser Diskre-
panzen mit einem evolutionistischen Trick – also genau durch jene
Theorierichtung, gegen die Malinowski sich erfolgreich gestellt hatte.
Für Reich gilt das alte Entwicklungsschema von Morgan und Bach-
ofen: Auf das Mutterrecht folgt das Vaterrecht, wobei er alle sexuellen
Einschränkung mit den unterdrückerischen Zügen des Letzteren asso-
ziierte. In Reichs Deutung wird aus dem liberalen Geschlechtsleben
unter dem Mutterrecht das auf Kapitalakkumulation angelegte Vater-
recht – so gelangt er zu einem romantisch gefärbten Marxismus, der
mit ethnologischem Verstehen nichts zu tun hat (vgl. Reich 1935: 31-
35).
Nicht nur gibt es in der Ethnographie der Trobriander keine An-
zeichen für eine solche Entwicklung, sondern Reich verwechselt auch,
wie so viele, Matriarchat (Herrschaft von Frauen) mit Matrilinearität
(Vererbung der Gruppenzugehörigkeit über die mütterliche Linie) –
nur das letzte existiert bei den Trobriandern. Überdies kennen die
Trobriander eine Vielzahl von Regeln, die sich mit der Idee sexueller
Freiheit schwer vereinen lassen. Strenge Verbote verhindern sexuelle
Kontakte nicht nur zwischen Geschwistern, sondern auch allen ande-
ren Mitgliedern einer matrilinearen Gruppe (vgl. Malinowski 1929:
519-522). Unverheiratete Paare dürfen auf keinen Fall gemeinsam in
der Öffentlichkeit essen; das ist den Verheirateten vorbehalten (vgl.
ebd.: 111f.). Über Homosexualität und Masturbation urteilen die Tro-
briander ähnlich ungnädig wie Reichs Zeitgenossen – was Reich aller-
dings nicht mit der Unterdrückung, sondern der Nichtexistenz solcher
Praktiken erklärt (vgl. ebd.: 471-476; Reich 1935: 19-25). Von der Abwe-
senheit moralischer Zwänge kann also keine Rede sein. Viele dieser
Normen sind aber zunächst einmal unverständlich.
Wie also ist die Wahrnehmung beschaffen, welche Autoren wie
Reich veranlasst, Aussagen in ethnologische Texte hineinzulesen, die

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Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

dort nicht zu finden sind? All diesen Deutungen liegt ein allgemeines
Modell zugrunde: Ein Kontinuum von sexuell »freien« zu sexuell »un-
terdrückten« Gesellschaften. Jede beliebige Gesellschaft ließe sich
demnach an irgendeinem Punkt dieses Kontinuums lokalisieren. Für
die Autoren des frühen 20. Jahrhunderts und ihre Nachfolger waren
viele der pazifischen Gesellschaften am »freien« Ende des Kontinuums
anzusiedeln, die eigene jedoch eher am »repressiven«. Auch wenn
dieses Modell nicht immer in Begriffen evolutionärer Entwicklung
verstanden wird, hat es mit dem Evolutionismus vieles gemeinsam: Da
der »Wilde« der Natur näher steht, ist seine Sexualität freier und zu-
gleich »gesünder« – was im Sinne der Zeit meist hieß, dass sie eher
der heterosexuellen Norm entspricht. Wieder einmal finden ideologi-
sche Vorstellungen über die »Natur« des Menschen hier einen beque-
men Platz.
Im britischen Funktionalismus und im amerikanischen Kulturre-
lativismus waren die Fremden zwar keine lebenden Fossilien der
Menschheitsentwicklung mehr. Aber in Sachen Sexualität blieb beiden
das Erbe des 19. Jahrhunderts erhalten: Sexualität wurde als ein Natur-
trieb gesehen, den die Gesellschaft nur mehr oder weniger genau zu
lenken vermochte.
Die Fähigkeit der Ethnologie, solche universalen Annahmen unse-
rer Gesellschaft in Frage zu stellen, fand hier zunächst ihre Grenzen.
Das, was in das westliche Bild von »primitiver« Sexualität passte, wur-
de begierig aufgenommen, was sich aber in seiner Fremdheit jedem
Werturteil entzog, nahm höchstens das Fachpublikum wahr. Die Lese-
rInnen von Malinowski und Mead waren allzu oft nicht in der Lage,
mehr als tropische Liebesparadiese zu sehen. Die komplizierten Vor-
schriften und fremdartigen Vorstellungen, die sich genauso in diesen
Berichten fanden, erschienen allenfalls durch die Willkür des Aber-
glaubens erklärbar.
Der Beitrag der Ethnologie zum Verständnis von Sexualität und
Erotik beschränkte sich in den folgenden Jahrzehnten auf eine recht
allgemeine kulturrelativistische Position – kurz zusammengefasst: Es
geht eben auch ganz anders. Eine der folgenreichsten Zitierungen in
diesem Sinne findet sich im Kinsey-Report über das Sexualverhalten
der Amerikaner: Kinsey wollte zeigen, dass die im Westen als Norm
geltende Liebesstellung, bei der die Frau auf dem Rücken, der Mann
bäuchlings auf ihr liegt, nicht universal ist. Die Trobriander, die eine
andere Stellung bevorzugen, nennen laut Kinsey die europäische die
»Position der Missionare« (vgl. Kinsey 1964 [1948]: 339). Tatsächlich
setzte er damit diesen Ausdruck selbst in die Welt, denn in der Trobri-

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and-Literatur findet er sich nicht – Kinsey hatte schlicht falsch zitiert


(Priest 2001: 30). So wurde er unbeabsichtigt zum Vater des Begriffs
»Missionarsstellung«.
Das Interesse am Sexualverhalten, dass nach dem 2. Weltkrieg
durch Kinseys Studien erneut geweckt wurde, regte eine weitere Studie
an, welche die ganze Breite sexuellen Verhaltens nicht nur in Amerika,
sondern auch im Rest der Welt darstellen sollte. »Patterns of Sexual
Behavior« von Frank A. Beach und Clellan S. Ford aus dem Jahr 1951
enthält eine Vielzahl erstaunlicher Daten, doch die im Titel verspro-
chenen Muster reduzieren sich auf Statistik. Zwar weisen die Autoren
wiederholt darauf hin, dass die westlichen Sexualnormen bei weitem
nicht universal sind. So berichten sie von Gesellschaften ohne Küsse
(vgl. Ford/Beach 1951: 59) und finden Zusammenhänge zwischen
Kratzern und Bissen beim Liebesspiel und der Freizügigkeit, mit der
Kinder erzogen werden (vgl. ebd.: 74). Dennoch bleibt Sexualität selbst
in seinen ungewöhnlicheren Varianten ein Ding, das Mensch und Tier
teilen: Als die Rede auf die erotische Funktion von Urin kommt, wird
sogleich das Stachelschwein angeführt, das sein Weibchen vor dem
Verkehr anpinkelt (vgl. ebd.: 45). Was uns das über menschliche Sexua-
lität lehren soll, bleibt hingegen unklar.
Weitaus stärker an Fallbeispielen orientiert ist »Human Sexual
Behavior: Variations in the Ethnographic Spectrum«, 1971 herausgege-
ben von Donald Marshall und Robert Suggs. Auch diese Aufsatzsamm-
lung demonstriert die Vielfalt menschlicher Verhaltensweisen, aller-
dings mit Blick auf Einzelbeispiele. Dabei stellen die Psychoanalyse
und die Culture and Personality-Schule die wichtigsten Analysemodelle
zur Verfügung. Das von Homophobie geprägte Nachwort wirft jedoch
ein unerfreuliches Licht auf das gesamte Unternehmen.

Die Reform

Erst in den 80er Jahren erfolgte eine vorsichtige Wende in der ethno-
logischen Behandlung der Sexualität. Vorbereitet worden war sie von
der Ethnologie der Frauen, die seit den späten 60er Jahren zunehmend
Bedeutung erlangte. Bereits Margaret Mead hatte, in anderen Werken
(vgl. Mead 1934), wertvolle Vorarbeiten dazu geleistet. In der klassi-
schen Ethnologie war zwar häufig über die Position der Frauen in
fremden Gesellschaften geschrieben worden; auch hier lieferte das
aktuelle Problem des Westens, nämlich die Frage der Gleichberechti-
gung und Gleichbehandlung, die Motivation, bei den Fremden nach
Alternativen oder Bestätigungen zu suchen. Was hingegen bis in die

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Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

60er Jahre nur geringe Aufmerksamkeit fand, war die spezifisch weib-
liche Sicht, die strukturierte Erfahrung, die Frauen mit ihrer jeweiligen
Kultur machen. Dieser neue Ansatz führte in den 70er und speziell in
den 80er Jahren zur Ethnologie des Geschlechts, die sich parallel zu
den Gender Studies in anderen Geistes- und Kulturwissenschaften
entwickelte (vgl. Moore 1994). Dieser Forschungszweig machte die
Geschlechtsdifferenz und ihr jeweiliges kulturspezifisches Verständnis
zu der zentralen Beziehung, durch welche die Gesellschaft analysiert
wurde. Diese Theorie fiel in der Ethnologie auf fruchtbaren Boden,
ermöglichte sie es doch, das vermeintlich Universale von Geschlecht
und Sexualität in Frage zu stellen. Vom Relativismus der Geschlechter-
rollen schritt die Ethnologie schließlich zum Relativismus der Bedeu-
tung des Sexuellen voran.
Der Sammelband »Sexual Meanings«, herausgegeben von Sherry
B. Ortner und Harriet Whitehead (1981), ist ein frühes Beispiel dieser
Forschungen. Der Einfluss von Foucault ist noch nicht präsent; eines
aber haben die AutorInnen mit ihm gemeinsam: Die Beschäftigung
mit Macht und Status sowie ihre Beziehung zum Sexuellen. Die
Grundgedanken des Feminismus wirkten bereits in der Ethnologie der
Frauen und des Geschlechts fort; als die Ethnologie sich von diesem
Standpunkt aus der Sexualität widmete, war sie vom selben Thema
geprägt: Sexualität und Erotik erscheinen nicht als lustvoll-individuelle
Gegenkraft zu den Statusstrukturen der Kultur. Im Gegenteil, Macht
und Status bilden die Grundlage erotischer Reize: »[D]ie Formen der
Gesellschaft sind selbst erotisiert« (vgl. Ortner/Whitehead 1981b: 25).
Foucaults Denken geht hierbei noch einen Schritt weiter: Macht
und Status manifestieren sich also im Begriffssystem einer Gesell-
schaft; und insofern auch »Sexualität« vor allem ein abstrakter Begriff
ist, erfüllt er primär Kontrollfunktionen. Es gibt somit keine Sexualität
»an sich«, die als reines Naturphänomen außerhalb der Gesellschaft
steht – sie ist eine diskursive Konstruktion, ein Begriff, der im Kampf
zwischen Kontrolle und Widerstand innerhalb einer bestimmten Ge-
sellschaft eingesetzt wird. »Sexualität« als Erklärung und Problem
existiert vor allem dort, wo der Begriff als Medium der Macht einge-
setzt wird.
Aus diesem Gedanken ergibt sich, dass die Phänomene, die wir als
»Sexualität« beschreiben, dass erotische Akte und erotisches Begehren
in anderen Gesellschaften einen anderen Stellenwert haben – dass sie,
kurz gesagt, keineswegs zu einem einheitlichen Begriff wie »Sexuali-
tät« zusammengefasst werden müssen.

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Guido Sprenger

Die Sambia

Foucault hat in den Folgebänden von »Sexualität und Wahrheit« mit


der Darstellung von Alternativen bereits begonnen, wobei er die grie-
chische und römische Antike fokussiert (vgl. Foucault 1986a, 1986b);
aber etwa gleichzeitig entstand in der Ethnologie eine umfangreiche
Fallstudie, die von dem Amerikaner Gilbert Herdt durchgeführt wurde
(vgl. Herdt 1987, 1994 [1981]). Auch sie wirkt zunächst einmal verblüf-
fend, womöglich schockierend; doch zugleich sind die Sambia ein
Schulbeispiel dafür, wie eine Ethnographie neue theoretische Perspek-
tiven eröffnet.
Herdt argumentierte zunächst psychoanalytisch und nahm kon-
struktionistische Elemente erst später in seine Darstellungen auf. Das
macht seine Ethnographie von Männlichkeitsritualen in Ozeanien
jedoch nicht weniger aufschlussreich.
Die Sambia sind eine Gesellschaft des östlichen Hochlandes von
Neuguinea. In ihrer Auffassung von Männlichkeit und Weiblichkeit
existiert jene Trennung von Körper und Kultur nicht, die für die westli-
che Gesellschaft kennzeichnend ist: Für die Sambia gibt es keine
angemessene Entwicklung des männlichen Körpers ohne Ritual und
Tausch. Nach ihrer Auffassung werden nur Mädchen ohne weiteres
Dazutun zu geschlechtsreifen Frauen. Jungen hingegen sind dazu
nicht in der Lage (vgl. Herdt 1987: 75ff.).
Der männliche Samen ist die Quelle männlicher Kraft und Identi-
tät, und zwar nicht allein im Bereich der Fortpflanzung: Er gibt Cha-
rakterstärke, Tapferkeit und sorgt für die Härte der Knochen (vgl. ebd.:
31). Doch bildet sich der Samen nicht von selbst im Körper. Er ist viel-
mehr eine Gabe, welche die Jungen in ihren Jahren der Initiation von
den älteren Jugendlichen und den jungen Männern empfangen. Erst
dadurch bildet sich im Körper ein Reservoir an Samen, das später
wieder abgegeben werden kann. Zugleich reinigen diese Rituale die
Jungen von der Nähe zur Mutter, die als verunreinigend und schwä-
chend angesehen wird (vgl. ebd.: 102).
Mit etwa acht Jahren beginnt die Initiationsphase: Eine Gruppe
von Jungen wird schlagartig und unvorbereitet von ihren Müttern ge-
trennt und in ein Lager im Wald geführt. Beim folgenden Ritual lernen
sie, den Samen der geschlechtsreifen Männer durch oralen Verkehr
aufzunehmen. Der abrupte Wechsel wird von vielen Sambia als trau-
matisch empfunden, doch ist es kein Trauma, das sie von der Gesell-
schaft ausschließt; im Gegenteil: Sie werden dadurch erst zu voll gülti-
gen Mitgliedern. Die Samenaufnahme erfolgt von nun an regelmäßig.
In dieser Zeit leben die Jungen in einer reinen Männergesellschaft, die

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Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

durch den Unterschied von Samengebern und Samenempfängern


gekennzeichnet ist. Während der einzelnen Phasen der Initiation er-
fahren die Aufwachsenden immer mehr über die Geheimnisse der
Männlichkeit und des Kosmos. Im Laufe der Jahre gelangen sie dabei
von der Rolle der Samenempfänger in die der Samengeber. Dabei
erlernen sie, wie sie ihre Samenvorräte künftig durch den Konsum
eines Baumsafts auffüllen können.
Beim Abschluss dieser Initiationsphase sind zehn bis fünfzehn
Jahre vergangen; gegen Ende dieser Zeit suchen die Eltern eine Ehe-
frau für den Jungen aus. Die Wiedereingliederung in die Gesellschaft
der Familien erfolgt für die jungen Männer als Gatten: Unmittelbar
nach Ende der rituellen Abgeschlossenheit heiraten sie. Noch bis zur
Geburt des ersten Kindes haben sie sporadisch sexuellen Kontakt zu
Jungen, später jedoch nicht mehr (vgl. Herdt 1987: 107). Zugleich
sollen sie regelmäßig mit ihren Frauen schlafen, denn ihr Samen för-
dert die Produktion von Muttermilch. So schließt sich der Kreis: Der
Baumsaft, mit dem sie ihre Samenvorräte als Erwachsene auffüllen,
wird ebenfalls mit Muttermilch identifiziert (Herdt 1994 [1981]: 111):
Milch wird zu Sperma und dann wieder zu Milch – eine Verwandlung
des Weiblichen ins Männliche und zurück. Doch diese Transformatio-
nen werden von rituellen Regeln eingefasst, welche die zwei entgegen-
gesetzten Prinzipien getrennt halten.
Was viele moderne Leser daran beunruhigt, ist nicht allein der
Schatten des Themas »Kindesmissbrauch«, sondern die Formbarkeit
des Begehrens. In der klassischen Sexualwissenschaft würde man die
wechselnden Rollen der Sambia-Männer als einander weitgehend
ausschließende Identitäten auffassen: Homosexualität in der aufneh-
menden (»passiven«), dann in der eindringenden (»aktiven«) Rolle,
Bisexualität zwischen Hochzeit und der Geburt des ersten Kindes, und
schließlich Heterosexualität. Herdt sprach anfangs tatsächlich von
»ritualisierter Homosexualität« (vgl. Herdt 1984), doch rückte er später
von diesem Begriff ab: Eine Verwechslung mit westlichen Konzepten
sexueller Identität lag zu nahe. Die sexuelle Neigung gilt im Westen
allgemein als fester Bestandteil des Individuums, sie steht gewisser-
maßen außerhalb gesellschaftlicher Normen. Bei den Sambia hinge-
gen wird ein geregelter Wandel des erotischen Verhaltens gefördert
bzw. erzwungen. Wie Herdt in intensiven Interviews belegen konnte,
entwickeln sich bei vielen Sambia-Männern die erotischen Neigungen
entsprechend ihrer jeweiligen Rolle (vgl. Herdt/Stoller 1990). Jede
Abweichung setzt sich allerdings starkem sozialen Druck aus: Ein
Mann, der keine Kinder hat, gilt als rubbish man, und einer, der noch
im erwachsenen Alter die Rolle des Samenempfängers einnehmen

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möchte, macht sich zum Außenseiter unterster Stufe. Der Samen, so


das Argument, ist eine knappe Ressource, und wer sie noch als Er-
wachsener den Jüngeren zu nehmen versucht, könnte diese dadurch
töten (vgl. Herdt 1987: 167). In späteren Veröffentlichungen benutzt
Herdt daher das sachlich-beschreibende »Knabenbesamung« (boy
insemination), ein Begriff, der keine Rückschlüsse auf Begehren oder
Identität zulässt (vgl. Herdt 1994 [1981]: xiiif.).
Dieser Begriff ermöglicht darüber hinaus Vergleiche, die das Phä-
nomen zu systematisieren helfen. Um zu verstehen, wie die Sambia-
Initiationen Bedeutungen und Emotionen produzieren, ist es zwecklos,
sie mit westlichen Begriffen von Homosexualität und Heterosexualität
zu beschreiben. Vielmehr gilt es, das Wertesystem der Sambia selbst
zu verstehen, wobei auch die Nachbargesellschaften einbezogen wer-
den müssen: Die Besamungs- und Fruchtbarkeitsvorstellungen der
Sambia finden sich in Varianten bei zahlreichen Gruppen Neuguineas
(vgl. Knauft 1993).
Dadurch wird deutlich, dass Begriffe wie »Hierarchie« und
»Tausch« diese Initiationen angemessener beschreiben, als westliche
Konzepte von Sexualität. Was die Sambia-Männer im Rahmen der
Rituale erwerben, ist nicht allein männlicher Samen; ihre Identität als
Männer ist eng verbunden mit der Rolle des Kriegers (vgl. Herdt 1987:
159). Die dazu nötige physische Kraft überträgt sich ebenfalls durch
den Samen. Männer sind also Männer durch ihre Beziehung zu den
Älteren. Ihr Mannsein ist eine Gabe, die allein durch das Gefälle zwi-
schen Älteren und Jüngeren erworben werden kann – es bedeutet, Teil
einer Kette von Personen zu sein, die in einem hierarchischen Ver-
hältnis zueinander stehen. Dabei spielt nicht nur die Männergesell-
schaft der Initiationen eine Rolle: Auch wenn die jungen Männer ver-
heiratet sind, verlassen sie den Kontext der Rituale nicht. Nach der
Geburt des zweiten Kindes treten sie in die höchste Stufe der Einwei-
hung ein. Dann erfahren sie den mythischen Ursprung ihrer Gesell-
schaft: Die Geschichte der Menschheit beginnt mit einem androgynen
Paar, Zwittern, die erst durch Geschlechtsverkehr zu Mann und Frau
werden – eine für die Sambia-Männer zutiefst beunruhigende Enthül-
lung (vgl. ebd.: 167). Die Rituale der Mannwerdung dienen dazu, den
Unterschied der Geschlechter aufrecht zu erhalten, ohne den es, in
dieser Sicht der Welt, keine Gesellschaft geben kann.
Gilbert Herdt hat diesen rituellen Komplex, der das gesamte Leben
der Männer umfasst und auch die Frauen einbezieht, vor allem mit der
kriegerischen Tradition der Sambia in Verbindung gebracht. Nach der
Befriedung der Region und der Bekehrung der Sambia durch Sieben-

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ten-Tags-Adventisten wurden die Initiationen beendet (vgl. Herdt


1994: xv).

Zurück zu den Trobriandern

Das vorangegangene Beispiel mag radikal erscheinen, aber die Heran-


gehensweise lässt sich auch auf andere Daten übertragen. Ich komme
noch einmal auf die Trobriander zurück. Das reichhaltige Material, das
Malinowski und seine NachfolgerInnen, speziell Annette Weiner
(1976, 1988), bei dieser Gruppe gesammelt haben, lässt eine tiefer
gehende Analyse zu. Das erlaubt es, Verhaltensweisen und Vorstellun-
gen der Trobriander zu Begehren und Sex als Teile eines komplexen
kulturellen Systems zu verstehen, in dem jede Einzelheit seinen Sinn
durch seinen Zusammenhang erhält.
Die Trobriander pflegen sexuelle Kontakte ab ihrer Kindheit und
haben in der Regel vor der Ehe mehrere Beziehungen mit Ge-
schlechtsverkehr. Doch ein schlichtes Ausleben angeborener Triebe ist
das nicht; anderenfalls blieben eine ganze Anzahl von Fakten rätsel-
haft. Bereits Reich war der Widerspruch zwischen dem offenen Um-
gang mit vorehelichem Sex und den Restriktionen beim ehelichen
aufgefallen. So ist jeder Hinweis auf die sexuellen Beziehungen, die
Ehepartner miteinander haben, streng verpönt: »Fick deine Frau« ist
eine unverzeihliche Beleidigung, die schwerer wiegt als »Fick deine
Mutter« (vgl. Malinowski 1929: 486; Weiner 1988: 89).
Die Situation lässt sich eher wie folgt beschreiben: Die Ideen über
Kosmos und Gesellschaft der Trobriander beruhen auf Austausch.
Auch Erotik und sexuelles Begehren entspringen stets der Kommuni-
kation und dem Tausch.
Das Begehren beschreiben die Trobriander mit dem Ausdruck
magila kayta, »Wunsch nach Geschlechtsverkehr«. Einen abstrakten
Begriff wie »Libido« oder »Sexualität« gibt es nicht. Der Wunsch ent-
steht durch den Anblick eines schönen Menschen des anderen Ge-
schlechts und nicht aus einem inneren Trieb. Die Trobriander sind
daher der Auffassung, mit geschlossenen Augen könne ein Mann
keine Erektion bekommen (bei Blinden mag der Geruch als Substitut
dienen) (vgl. Malinowski 1929: 166f.). Das Begehren entsteht also aus
einer realen Begegnung, nie aus der Fantasie heraus. Das trifft selbst
auf Träume zu: Die Trobriander trennen Träume ohne jede Bedeutung
von solchen, die durch Begegnungen mit Geistern oder durch den
Einfluss von Magie zustande kommen. Erotische Träume fallen stets in

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die zweite Kategorie, denn sie sind auf Liebeszauber zurückzuführen.


Solche Träume sind keine Projektion des Unbewussten, sondern reale
Kontakte mit Personen, deren Magie man absichtlich oder unbeabsich-
tigt ausgesetzt war (vgl. ebd.: 392ff.).
Eine ähnliche Gegenseitigkeit findet sich beim eigentlichen Ge-
schlechtsakt. Bei der von den Trobriandern bevorzugten Stellung liegt
die Frau auf dem Rücken, während der Mann in kniender Haltung
zwischen ihren Schenkeln sitzt und diese auf seine Schenkel zieht. So
kann die Frau auf die Bewegung ihres Partner mit »antwortenden«
Hüftbewegungen reagieren. Das »Antworten« gehört zum sexuellen
Genuss für beide Seiten; die europäische Standardstellung wird aus
diesem Grund als ausgesprochen unpraktisch empfunden (vgl. ebd.:
336, 339).
Jedoch gibt es unterschiedliche Kategorien von Tausch, die einan-
der ausschließen. Zunächst einmal finden wir die vorehelichen Bezie-
hungen. Hier paart sich der körperliche Genuss mit dem sozialen:
Sowohl junge Männer wie Frauen üben sich darin, ein begehrenswer-
tes Gegenüber durch Zauber und Verführung, diplomatisches Ge-
schick und Charme für sich zu gewinnen. Während flüchtige sexuelle
Erlebnisse schon unter Kindern vorkommen, kommen längerfristige
und verbindliche Beziehungen erst im Jugendalter zu Stande. Dazu
bedarf es einer Reihe von Fähigkeiten, zu denen neben Tanz und
Flirt auch der Erwerb und Einsatz von Liebesmagie gehören (vgl. Mali-
nowski 1929: Kap. XI).
Um zu verführen – und das gilt bei den Trobriandern für junge
Männer ebenso wie für Frauen – muss man tauschen können. Junge
Männer beschenken die Mädchen ihrer Wahl, aber für den Erwerb von
Liebesmagie gelten noch komplexere Regeln: Mit Geschenken bewe-
gen die jungen Frauen und Männer ihre älteren Verwandten zur Wei-
tergabe der Formeln, und danach müssen sie den Mut aufwenden, die
magischen Objekte in Kontakt mit ihren Auserwählten zu bringen. Das
erfordert geschicktes soziales Lavieren; und der Erfolg ist anschließend
für alle sichtbar: Obwohl der erotische Akt selbst im Verborgenen statt-
findet, tragen die Jugendlichen ihren Erfolg auf dem Körper zur Schau
– die jungen Frauen zerkratzen ihren Liebhaber mit Fingernägeln,
manchmal sogar mit Muschelsplittern den Rücken; beide Partner
knabbern sich gegenseitig die Wimpern ab (vgl. Malinowski 1929:
256f.). Die Mädchen bekommen überdies Schmuck geschenkt: All das
verrät den Trobriandern ohne Worte den Erfolg und das Geschick in
der Verführung – soziale Fähigkeiten, die zum Prestige der jungen
Leute beitragen (vgl. Malinowski 1929: 331-334). So wird das eigene
soziale Funktionieren zum Ziel des Genusses.

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Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

Vergleichbare Formen von Magie werden auch beim Kula-Tausch


eingesetzt, bei dem wertvoller Muschelschmuck zwischen den Inseln
vor der Küste Neuguineas getauscht wird. Dabei werden Armreifen
gegen Halsketten getauscht; der Erwerb eines hochwertigen Stücks
durch Tausch gegen ein etwas minderwertigeres wird als großer Erfolg
gesehen. Diese Tauschform ist mit hohem Prestige verknüpft und
verlangt ebenfalls viel diplomatisches Können: Wer beim Kula erfolg-
reich ist, beweist außergewöhnliches soziales Talent (vgl. Malinowski
1922). Auch sonst ähnelt der Kula-Tausch den vorehelichen Beziehun-
gen: Die Tauschpartner sind in der Regel nicht verwandt, nichts als der
Tausch bindet sie aneinander; die Beziehungen sind labil und beruhen
allein auf Prestige und Geschick.
Die Ähnlichkeiten zu vorehelichen Liebesbeziehungen heben die
Trobriander selbst hervor: Die Magie, die den Tauschpartner günstig
stimmen soll, weist erotische Elemente auf, und die Trobriander ver-
gleichen den Tausch explizit mit Verführung und Sex vor der Ehe (vgl.
Weiner 1988: 162f.). Eine der Gaben dieses komplexen Vorgangs heißt
»Zahn« und metaphorisch »beißt« sie – ganz wie die Liebhaber es
miteinander tun (vgl. Malinowski 1922: 356).
Diese risikoreichen und abenteuerlichen Formen des Tauschs
unterscheiden sich jedoch von dem in der Ehe. Das Hochzeitsritual ist
schlicht, aber prägnant: Es besteht in der ersten gemeinsamen und
öffentlichen Mahlzeit des Paares vor dem Haus ihrer Brauteltern – ein
Akt, der für Unverheiratete streng verboten wäre (vgl. Malinowski
1929: 88f., 336). Im Folgenden sind es nicht mehr Schmuck und Krat-
zer, die den sozialen Erfolg des Paares sichtbar machen. Stattdessen
setzt ein anderer Tausch ein: Die Brüder der Ehefrau beliefern die
Familie mit ihrer jährlichen Ernte an Yams, dem Hauptnahrungsmittel
der Trobriander (vgl. ebd.: 121-129); zum Ausgleich unterstützen die
Schwestern des Ehemannes ihre Schwägerin bei den rituellen Gaben
von Bananenblattbündeln, die in großen Mengen unter Frauen trans-
feriert werden (vgl. Weiner 1988: 119f.). Dieser Tausch bezieht also ein
weit größeres soziales Feld ein, als der zwischen Unverheirateten:
Ganze Verwandtschaftsgruppen treten hier in Beziehungen zueinan-
der. Aus der Richtung des Ehemannes fließen Bananenblattbündel,
und die Austauschenden sind Frauen; aus der Richtung der Ehefrau
kommt Yams, und Männer nehmen den Tausch vor. Beide Tauschzyk-
len ergänzen einander und fördern das Ansehen der Beteiligten; es
bedeutet einen großen Zuwachs an Ansehen für einen Mann, wenn
die Brüder seiner Frau für ihn einen Yamsspeicher bauen, der die
Fülle der Gaben aufnehmen kann (vgl. ebd.: 91).
Zugleich schließt diese Art von Tausch den Geschlechtsverkehr

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Guido Sprenger

aus – zumindest in der Repräsentation der Beziehung. Die Ehe dient


dazu, im gemeinsamen Garten Yams anzubauen und Kinder aufzu-
ziehen. Mit den Risiken und dem Spiel von Kula und vorehelichem
Verkehr hat das wenig zu tun; hier ist ein höheres Maß an Verbind-
lichkeit gefragt. Sex wird natürlich weiter von Verheirateten praktiziert;
aber aus der öffentlichen Darstellung der Beziehung ist er verbannt:
Anderenfalls würde man eine verheiratete Person herabstufen und
behaupten, die Ehe sei so unverbindlich und kapriziös wie der Sex
davor. Diese Klassifizierung von Geschlechtsakten macht den Bruch
zwischen diesen zwei Tauschtypen sinnfällig: Was vor der Ehe ein
Mittel des sozialen Ansehens ist, wird innerhalb der Ehe tot geschwie-
gen und tabuisiert. Aus der Sicht der Trobriander sind Erotik und Sex
in erster Linie Ausdruck bestimmter Tauschbeziehungen und nicht
etwa Ausfluss einer gegengesellschaftlichen Individualität oder eines
inneren Triebes.
Damit ist nicht gesagt, dass kein Trieb existiert; aber die Art, wie
erotisches Verhalten motiviert und klassifiziert wird, wie es in das
Ideensystem der Trobriander eingefügt wird, hat nichts mit Begriffen
wie »Naturtrieb« oder einem rein »physiologischen Reiz« zu tun. Der
Trieb ist ein sozialer.
Zugleich wäre es voreilig anzunehmen, dass alle erotischen Ver-
haltensweisen der Trobriander einen einheitlichen Schlüssel haben. Es
ist ebenso gut denkbar, dass die Phänomene, die im Westen als »sexu-
ell« klassifiziert werden, bei den Trobriandern keine einheitliche Kate-
gorie bilden, sondern vielmehr unterschiedlichen Ideen zugeordnet
sind. Die Stichwörter »Kommunikation« und »Tausch«, die ich als
Oberbegriffe verwende, bezeichnen schließlich nicht allein erotisches
Verhalten, sondern können ebenso zur Beschreibung des gesamten
sozialen Daseins der Trobriander dienen.
Sobald die Kategorien von Tausch etwas differenzierter bestimmt
werden, verliert sich das grundlegend Gemeinsame, das erotischen
Handlungen in unserer Gesellschaft zugeschrieben wird: Vorehelicher
Sex ist anders begründet, hat andere Abläufe und Konnotationen und
kann anders behandelt werden, als ehelicher. Die Fortpflanzung wiede-
rum stellt eine eigene Kategorie dar: Obwohl die Trobriander den
Geschlechtsverkehr als eine notwendige Bedingung für das Zeugen
eines Kindes ansehen1, ist es das Eingreifen der Toten, durch das ein

1 Dieser Punkt ist umstritten. Malinowski schreibt mit soliden Nachweisen,


dass die Trobriander die biologische Vaterschaft nicht kennen (vgl. Mali-
nowski 1929: 179-186). Spätere Autoren haben dem widersprochen (vgl.
Senft, pers. Mitt., in Sprenger 1997: 61). Annette Weiner hat gezeigt, dass

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Ethnologie der Sexualität. Eine Einführung

Kind in die Welt kommt: Geisterkinder werden von den Ahnen der
Mutter – nicht des Vaters – von der Toteninsel Tuma ausgeschickt und
pflanzen sich in der Gebärmutter ein (vgl. ebd.: 170-174). Somit gehört
die Fortpflanzung ebenfalls nicht zum selben Bereich wie der Ge-
schlechtsverkehr. Während der Geschlechtsverkehr eine Kommunika-
tion mit einem anders geschlechtlichen Partner ist, beruht die Fort-
pflanzung auf der Kommunikation mit den Toten aus der Linie der
Frau. Phänomene, die im westlichen Verständnis unter den Oberbe-
griff »Sexualität« klassifiziert werden, sind bei den Trobriandern Teile
verschiedener, einander oft ausschließender Bereiche (vgl. Sprenger
1997).

Der Stand der Dinge

Aus dem, was wir über die Kultur der Trobriander oder der Sambia
wissen, lässt sich keine Moral ziehen. Das ist unbequem, denn bis zum
heutigen Tag ist auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit
»Sexualität« und »Kultur« eng an Moraldebatten geknüpft. Die For-
schungen und Theorien, die vom Konstruktionismus eines Foucault
und eines reformierten Feminismus geprägt wurden, bilden dabei
keine Ausnahme. Das zeigt sich nicht zuletzt in den zahlreichen neue-
ren ethnologischen Studien, die diese Ansätze aufnehmen (vgl. etwa
Caplan 1987; Jackson/Cook 1999; Manderson/Liamputtong 2002).
Im Feld der Kultur- und Geisteswissenschaften dominieren derzeit
die Ansätze der Gender Studies und der Queer Theory; die Ethnologie
bildet dabei keine Ausnahme. Beide Richtungen leiten sich letztlich
von der feministischen und konstruktionistischen Kritik an der Ideolo-
gie der westlichen Moderne ab: Den klassisch modernen Ideen von
naturgegebener Sexualität und unverrückbarer sexueller Identität set-
zen sie vielfältig gefächerte neue Ansätze entgegen. In ihnen erscheint
das Sexuelle und Erotische, ebenso wie Geschlecht und Körper, als Teil
kultureller und persönlicher Bedeutungssysteme. Die Bedeutung von
erotischen Akten und Ideen lässt sich demzufolge einzig aus dem
Wechselspiel zwischen kulturell vorgegebenen Kategorien und ihrer
Verwendung durch einzelne Personen und Gruppen ableiten.

die Rolle des Vaters als Erzeuger je nach dem Einzelfall als selbstverständ-
lich genommen oder abgestritten wird (vgl. Weiner 1976: 122). In jedem
Fall lässt sich sagen: Der Vater ist für die Zeugung nicht entscheidend, aber
seine soziale Rolle ist von großer Bedeutung für das Aufwachsen des Kin-
des.

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“Answer me one question,” Walter gasped, for his breath came so
thick and fast that he could scarcely speak. “Did you tell Miss
Meredith of my disguise?”
“No; it did not occur to me to do so.”
“I see it now clear enough,” he continued. “She has been here. The
voice I heard was hers. She did not recognise me in this disguise,
and fled.”
“I think there can be no doubt that these are the true facts,” Mehal
remarked. “And it must have been on leaving the shed that she was
recaptured.”
Walter was bowed with grief. He felt that incalculable misery had
been brought upon all by one of the merest chances imaginable.
Flora might have been saved; but in the very moment of her
extremest peril he had been sleeping; and to that circumstance was
due the fact that she was again lost to him. It was a terrible
reflection. But useless wailings could avail nothing; action—prompt
action—was required.
“Zeemit,” he cried, “at all hazards I will follow Miss Meredith. To
rescue her is the mission of my life. I must accomplish it or perish!”
“Were you to follow her, you would most certainly perish. It would be
a useless sacrifice of your life, and you would not be able to render
her the slightest aid. At a time like this, when the power of your
countrymen is set at defiance, and anarchy prevails, stratagem only
can succeed. To that we must resort!”
“But what do you propose?” he exclaimed, interrupting her in his
eagerness.
“I propose to follow her myself. I, and I alone, can save her now.”
“But what shall I do?” he asked, scarcely able to restrain his
impatience.
“You must remain quiet. I go to Delhi ostensibly on Jewan Bukht’s
behalf. I have told him that I shall endeavour to liberate Miss
Meredith, so that she may again fall into his hands. Your presence
would endanger my plans, and you would run the risk of being
detected. Make your way to the English defences in this town. I will
find means of communicating with you in a few days; and, should I
succeed in setting the lady free, we will instantly proceed to Meerut,
where you can rejoin us, or we will come on here.”
“I am in your hands, Mehal; I will be guided by you. But remember, if
I do not hear from you in about a week I shall endeavour to make my
way to Delhi, whatever the consequences may be. To remain
inactive when her honour and safety are imperilled, would be a living
death. Therefore I will face any danger, so that I can feel that I am
doing something in her behalf.”
“You can best aid her by doing what I suggest. On reaching Delhi, if I
find it practicable to set her free, I will return here immediately to let
you know; the rest must depend upon circumstances. Jewan will be
able to get me a conveyance back to Delhi, so that I will soon be with
Miss Meredith once again. I cannot remain longer with you, for if
Jewan should miss me all our plans would be frustrated, and he
would kill me.”
Walter saw the necessity of strictly complying with the old woman’s
wishes. He recognised that in her rested every hope of future
happiness. It was a slender reed, but the only one upon which he
could lean.
Mehal gave him some hurried directions as to the road to take to
reach the English quarters, and then hastened away; and he was left
standing alone, as the rising sun was commencing to throw down his
fiery beams.
CHAPTER XXI.
THE VOICE OF THE CHARMER.

As Walter Gordon and Zeemit Mehal arranged their plans, and then
separated in the hope of speedily meeting again, they little dreamt of
the mine upon which they stood. The woman was as ignorant of the
true state of Cawnpore as Walter himself. She had no idea that all
was ready for the revolt, and that in a few hours all the horrors of the
mutiny would be visited upon the devoted heads of the little handful
of English in the city. But the ways of Providence are mysterious.
From a human point of view, all things might have been ordered
differently; but it was ordained otherwise—ordained for some special
purpose that the cups of sorrow of some of the people in the city was
to be filled to overflowing ere relief came; and to this Walter Gordon
was to be no exception. When Zeemit had disappeared, he left the
shed which had for the time given him shelter and security, and with
heavy heart he set his face towards the British quarters. He had little
difficulty in finding his way on to the high road. And though he was
frequently accosted by the passing natives, he made motions to all
that he was dumb; he was thus enabled to pass on unmolested; but
as he went, he gathered scraps of information, which left him no
doubt that the troops were on the eve of rising.
When he reached the outlying sentries of the British defences, he
was stopped; but he speedily made known his nationality to the man
who challenged him, and was allowed to pass on.
He lost no time in seeking out Sir Hugh Wheeler, and soon related
his story to the General, who was no less pained than he was
astonished.
“I think the old woman has counselled you well,” Sir Hugh remarked
as Walter finished. “You could not hope to bring this English lady out
of Delhi yourself, and Mehal may succeed. At any rate, it is your only
chance. Last night a wounded officer and a native woman, who have
escaped from the Imperial City, were brought in here. The officer,
who is from Meerut, had been shot within a mile or two of this place.”
“Indeed!” exclaimed Gordon, in astonishment, as the idea occurred
to him that the English officer from Meerut could be no other than his
friend Harper. “Do you know the officer’s name?”
“Harper, I believe; a lieutenant in the Queen’s —— regiment.”
“This is strange, indeed. The lieutenant is an old friend of mine, and
with your permission I will see him immediately.”
“Do so by all means. I had an interview with him this morning, and
though he is very ill, he was enabled to inform me that he had been
sent to Delhi on special service, that he had there been made a
prisoner, but effected his escape through the assistance rendered
him by a Cashmere lady, who is here with him. I am anxious that he
should be forwarded on to his regiment at Meerut without loss of
time; but the doctor says it would be dangerous to move him for
some days.”
In a few minutes Walter Gordon stood by the bedside of his friend
Harper, who had fallen into a troubled sleep. At the head was seated
the faithful Haidee, and she was applying iced water to the forehead
of the patient.
Gordon soon made himself known to her, and she briefly told him the
history of his friend since they had parted—a space of time brief
enough in itself, but filled with suffering and sorrow for them all.
Harper was deathly pale, his eyes were sunken; he had been
severely wounded. The ball had entered the left breast, glanced
along one of the ribs, narrowly escaping the heart, and ultimately
lodged beneath the shoulder-blade. No vital organ had been
touched; but there was considerable inflammation, and the doctors
were not without anxiety for the condition of their patient. They had
not yet extracted the ball, owing to his weakened state.
Haidee watched every change of countenance, noted every beat of
his pulse, for she scarcely ever moved her fingers from his wrist. It
was certain that, if loving care could save him, his life would not be
sacrificed.
Gordon was anxious to know who Haidee was; but he did not like to
question her, and she did not volunteer the information. He was
afraid to think evil of his friend, and yet he was at a loss to account
for Haidee’s presence.
Presently Harper turned uneasily on the bed, then he opened his
eyes and stared at Gordon, who put out his hand to shake that of his
friend. But Harper only stared—there was no recognition—the light
of reason was for a time out of his eyes, and he was delirious.
The little band of defenders were now thrown into commotion by the
arrival of a messenger who brought word that the rising had
commenced, that the gaol had been thrown open, and the treasury
was being sacked.
The news was too true. The hour of the Nana’s triumph had arrived.
He had given the word, and his followers at the Newab-gung had
broken open the gaol and set the prisoners free. Then they cleared
out the magazine, and a wealth of heavy artillery and ammunition fell
into their hands.
The spoil from the treasury was heaped upon elephants and carts,
and the infuriated soldiery, feeling themselves unfettered at last,
cried—
“Forward to the Imperial City!”
They, like the Meerut mutineers, expected great things from the
restored sovereignty; upon the restoration of the Mogul throne they
placed all their hopes.
But this was not the case with Nana Sahib, nor the wily Azimoolah.
The centralisation of the rebellion was to place the power in one pair
of hands. The Nana craved for power, and he had no intention of
recognising the authority of the King, to whom he would have to be
subordinate. That, however, formed no part of his programme. But,
for a time, the Sepoy leaders declared their intention of going to
Delhi, and they made one short march on the road as far as a place
called Kullianpore. Here, with all their elephants ladened with the
English treasure, their artillery, and heaps of ammunition, they
halted. The Nana had accompanied them thus far. He knew that by
humouring their first impulse he might bend them to his will. His craft
and cunning were truly remarkable.
“Comrades,” he cried, as he commenced to harangue them, “we
make common cause. And I ask you, would you be slaves? If you go
to Delhi your necks must bear the King’s yoke. Remember all that I
have done—all that I have sacrificed to give you liberty. From these
English I drew wealth, but I have forfeited all in order that you may
be free. Why should you go to the Imperial City? If you concentrate
yourselves at any given point, it is certain that the Feringhees will
mass their forces against that point and crush you. It is by spreading
ourselves over a large area that our hopes of success lie. The British
have not troops enough to attack all our strongholds. Again I say,
what can Delhi offer you more than I can? Have we not a fair city
here?
“The power of the English in Europe is declining; they are weak in
India; the vast breadth of country over which the faithful followers of
the Prophet are asserting their independence is stripped of troops.
What then have we to fear? Remain here and recognise my rule.
Restore the Peishwahship, and I promise you wealth, freedom,
honour and glory.”
The voice of the charmer prevailed. The leaders wavered in their
determination. They conferred one with another, then up they spoke,
almost as one man, and answered the Nana Sahib—
“We go back—we devote our lives to your service—we will do your
bidding.”
The Mahratta smiled. He saw that the game was in his own hands,
and that his ambition and malice might be gratified at one blow. Here
were four disciplined native regiments—together with his Bhitoor
retainers, who numbered alone nearly one thousand, and were all
trained soldiers, some hundreds of guns, heaps of ammunition, and
abundance of treasure. With such a force, what might he not do?
His familiar demon, Azimoolah, rubbed his hands with ferocious joy
as he heard the answer of the men. Formerly a common servant in
the house of an Englishman, Azimoolah had been raised to position
by the Nana, to whom he had ever been a ready tool and a cringing
slave. He had gone to England to plead his worthless master’s
cause; he had made love to English ladies; he had been fêted and
lionised by the hospitable English, who loaded him with favours and
presents. But he returned to his country with a deadly hatred in his
heart for those who had befriended him.
In addition to this astute Mahomedan and cunning devil, the Nana
had in his company Tantia Topee, who had been his playfellow in
former days, and was now his counsellor and guide.
There were also Bala Rao and Baba Bhut, his brothers; the Rao
Sahib, his nephew, and Teeka Singh—a combination of cowardly
and pitiless villains.
And so the elephants’ and horses’ heads were turned round again,
the artillery trains were got in motion, and at the head of his powerful
army the Nana Sahib—the ruthless Tiger of Cawnpore—marched
back to the city. He felt that he was supreme master of the situation.
He knew that opposed to him were a little handful of English only,
that he could crush—or, at least, he believed so; but he did not
consider the hearts of steel that beat in the breasts of those few
British, who would have conquered even his legions of black demons
if they had not been made the victims of a cruel plot.
With swelling pride the Nana rode into the town, his long lines of
troops in the rear, his guns lumbering over the dusty roads, and
singing a “song of death” with their trundling wheels. He dubbed his
army at once the “Army of the Peishwah,” and commenced to make
promotions, Teeka Singh being placed in command of the cavalry,
with the rank of general. Azimoolah was war secretary and
counsellor, and Tantia Topee became keeper of the treasure.
When this first business had been arranged to their own satisfaction,
the army sat down close to the British defences. Long a subject of
the English, Nana Sahib now felt that he was their master; and a
pitiless, grinding, exacting, awful master he was to prove.
As he viewed the paltry fortifications which had been thrown up by
General Wheeler, and then let his eyes wander to his own heavy
guns, he smiled a grim smile of satisfaction.
“What think you of our chances of success, Azimoolah?”
“I have been examining the place through my telescope for the last
half-hour,” answered Azimoolah. “I have some difficulty in
discovering their works, even now. But I think that after two hours’
battering with our guns, I shall need a microscope to find them.”
“Sarcastic, as usual, Azi. But don’t you think that we had better let
these miserable people go?”
“Go—go where?” cried the crafty knave, turning upon his master
suddenly.
“Escape,” the Nana answered pointedly.
“Escape?” echoed the other, in astonishment. “Surely your Highness
will not signal the commencement of your reign by an act of namby-
pamby weakness. Escape, forsooth! Turn every gun you’ve got upon
them, and blow them to that hell they are so fond of preaching
about!”
“You do not gather my meaning, Azi,” the Nana replied, as he viewed
the defences through a jewelled opera-glass. “I meant, let them
escape from one trap, to fall into another. We could have them cut to
pieces when they had got some miles from Cawnpore, and we
should escape blame.”
“Oh, oh, your Highness—pardon my hastiness. You are an able
prince. I could not imagine that you were going to spoil your nature
by any stupid, sentimental notions; still, I do not approve of your
Highness’s scheme. We should miss too much sport. And why need
we concern ourselves about the blame? Let us commence the fun
without further delay.”
The Nana laughed heartily, as he replied—
“You are somewhat hasty, my friend. Impetuosity is not good. There
is refinement in killing, as in all other things. The acmé of torture is
suspense. We will torture these British people, Azi. I shall send,
however, a message to Wheeler, that I am going to attack his
entrenchments.”
“But why should your Highness even take this trouble?”
“Because we will so far recognise the usages of war as to announce
our intention to commence the siege.”
In accordance with this determination, a messenger was despatched
to the aged General, who did everything that man could do to make
the best of his position. Darkness had fallen. It gave the brave hearts
behind those mud walls a short respite, but with the return of light the
booming of a gun told that the enemy had commenced operations.
CHAPTER XXII.
THE LION HEARTS.

With the booming of that gun, as the terrible day dawned on


Cawnpore, there commenced a siege that, for horror and misery, has
never been exceeded in the history of the world.
It was the month of June. The heat was terrific. The cloudless sky
was like a canopy of fire. What little wind there was came like the
blast from a glowing furnace. The tubes of the guns grew so hot in
the sun’s rays that it was impossible to touch them with the hand.
Behind the entrenchments were a heroic band of men—a mere
handful—and with them nearly two hundred women and children.
It was for the sake of these dear ones that every man braced himself
up to fight against those fearful odds, until he fell dead at his post.
Not a craven heart beat in any breast there. Every person knew that
the case was hopeless—that to hold out was but to prolong the
agony. But “surrender” was a word no one would breathe.
For days and days went on the awful siege. The defenders, weary,
overworked and starving, laboured, with the might of giants, in the
trenches. The clothes rotted from their backs, and the grime from the
guns caked hard and black upon their faces and hands. But, with
dauntless courage, they served the guns, and this always under a
tremendous fire, from which they were barely screened.
Where all were heroes, comparisons would be invidious indeed, and
yet there were some whose names are indelibly written upon the
scroll of fame, for the conspicuous manner in which they displayed
their heroism.
Captain Moore was one of these. He was wounded at the very
commencement of the siege—his arm was broken. But it could not
break his spirit! He went about with the fractured limb in a sling. No
toil seemed to weary him—no danger could daunt him. Day and
night he laboured; encouraging the women, cheering the children.
Now serving a gun—now heading a desperate sortie against the
enemy. As a companion with him was Captain Jenkins of the 2nd
Cavalry. He held the outposts beyond the trenches. Over and over
again did the enemy try to dislodge him, but failed each time. At
length a treacherous Sepoy, who had been feigning death, raised his
gun and fired. The jawbone of the brave Jenkins was smashed, and
he died an agonising death.
One day a red-hot shot from the enemy’s battery blew up a tumbrel
and set fire to the woodwork of the carriage. A large quantity of
ammunition was stored close by. If this caught fire the whole place,
and every soul in it, would meet with instant destruction. It seemed
as if nothing but a miracle could save them, for there was no water—
nothing to extinguish the flames. But the miracle suddenly appeared
in the person of a young hero; his name was Delafosse. A deadly
stream of eighteen-pound shot was poured upon the spot by the
besiegers, but, unmoved by this, Delafosse flung himself upon the
ground beneath the blazing wood, which he tore off with his hands,
and then stifled out the fire with dry earth. Such a cheer rose from
the throats of the British at this heroic deed, that it must have sent
terror to the hearts of the cruel and cowardly enemy.
Then upon a projection of the barrack wall there was perched young
Stirling, known as the “dead-shot,” from his unerring aim. Day after
day he sat on his perch and picked off single Sepoys. And the list
would be incomplete without mention of the brave Scotchman,
Jervis; he was an engineer. He was out in the open compound one
day, and with the indomitable pride of race, refused to run from a
black fellow, so he fell shot through the heart.
If midst our tears we sing a pæan in honour of these hero-martyrs,
the wives and daughters of the fighting men of Cawnpore must go
down to posterity as an example of all that women should be—noble,
patient, uncomplaining.
Poets have sung how the women of old turned their hair into bow-
strings, that their men might fight the enemy. Those Cawnpore
women would have done the same, if it had been needed. And they
did do an equivalent. When the canister could not be rammed home,
owing to the damage done to the guns by the enemy’s fire, these
noble women took off their stockings. These were filled with the
contents of the shot-cases, and it is probably the only time that such
cartridges were used.
The days lengthened into weeks, but still these lion hearts could not
be quelled. Sadly reduced were their ranks by death; for what the
enemy’s fire failed to do, privations and sickness completed.
One of the greatest wants felt was that of water. The small quantity
in store when the siege began was soon exhausted, and the only
supply to be obtained was from a small well that stood in the open
compound. The cruel enemy knew this, and they kept guns pointed,
and special marksmen for that particular spot. To go for water was to
go to almost certain death. And yet every morning men were found
who volunteered for the awful work, until around the well there grew
up a pile of dead, where they were obliged to be left, for there was
nowhere to bury them.
At last came one of the heaviest blows that had fallen upon the
garrison. The barrack with the thatched roof was burnt down; it had
enjoyed an immunity from this long-expected disaster, but the fatal
shot came one day that set it on fire. How the fiendish hearts of the
coward mutineers beat with joy as they saw the flames leap into the
air! It was a terrible disaster for the noble defenders, as many of the
women and children had to lie upon the bare ground without any
shelter from the dews by night or the sun by day.
Matters had grown desperate enough now. The food was all but
done; the well was all but dry. The air was poisoned by the unburied
dead. Sickness and disease were hourly thinning the number of the
wretched people; and yet there was not a man there, not a woman,
nay, not even a child, who would have consented to dishonourable
surrender.
During the progress of the siege, there was one who was not able to
render much, if any, assistance. This was Lieutenant Harper, who
recovered but slowly from the effects of his wound; the want of
proper nourishment and other necessaries retarded his progress to
convalescence. Haidee watched over him, nursed him with untiring
care, and gradually brought him from the very brink of the grave.
When he gained strength, he felt that the time had come to render
what poor assistance he could. How best could that be done? was a
question he put to Haidee and Gordon, who had been amongst the
most prominent defenders. After some reflection Haidee answered—
“If you could reach the outside world, and procure succour, we might
all be saved.”
It was an unselfish suggestion. She knew that it was a forlorn hope;
but it held out a faint hope for the little garrison. Harper jumped at it.
It was desperate service indeed. To safely get beyond the lines of
the investing army seemed almost out of the region of possibility; but
there was yet a chance, however small, and if he could but reach
Meerut, help might be procured, and the little remnant of the brave
defenders saved.
It was agreed unanimously that he should go, and a dark night
favoured his departure. Walter Gordon would readily have gone, but
he felt that his strength could be utilised to better advantage in
helping the besieged. He had suffered agonies of mind as he
thought of what the fate of Flora Meredith might be. He hoped and
prayed in his own mind that a merciful death had long since ended
her sufferings.
The hour came for Harper to depart; it was a solemn moment. Each
felt that as they grasped hands.
“Walter,” said Harper, “the last time we parted was at the very
commencement of this horrible mutiny. I little thought then that we
should meet again; but we part now, and the chances of our seeing
each other any more on this earth are remote indeed. Though, if I
should survive, and can render aid to Flora Meredith, if she lives, it
shall be done. But before I go, I exact a solemn promise from you,
that while life is in your body you will protect Haidee, and if you
should both manage to escape, you will never lose sight of her.”
“I give the promise, old fellow. God bless you,” was Walter’s answer,
in a voice that was choked with emotion.
Harper turned from his friend to bid farewell to Haidee. How can that
parting be described? There was no passionate wailing—no useless
tears. She was a true woman, and however powerful her love might
be, she knew that it was a duty to sacrifice all personal feelings
where so many lives were at stake. She hung around his neck for a
few brief moments; she pressed a kiss of pure love upon his lips,
and then released him. In both their hearts there was that nameless
feeling of ineffable sorrow that has no interpretation.
“Light of my eyes, joy of my soul, go,” she said. “Into the dust Haidee
will bow her head, for happiness can never more be hers.” One more
pressure of the hand, one more meeting of the lips, and Harper
crouched down, and was making his way across the compound.
It was midnight, and the night was dark. The enemy’s fire had almost
ceased; and as the crouching form disappeared, many were the
fervent prayers uttered on Harper’s behalf, that he would succeed in
his mission.
The morning came, and then the night again, and the next morning,
and so on for several mornings, the defenders holding out bravely.
Meanwhile the Nana Sahib was chafing with rage. He had not
counted upon such a stubborn resistance. The indomitable pluck of
these English was something that passed his comprehension. It
irritated him beyond measure. The city over which he wished to rule
was in a state of turmoil through it. His army was being shattered.
Some of his best Sepoy officers had been killed by the fire from the
defences; and, to make matters worse, cholera had broken out
amongst the troops, and raged violently. Driven to desperation, he
held counsel with his staff.
“What can we do to subdue this people?” he asked of Azimoolah.
“Nothing to subdue them,” was the answer. And for the first time in
his life, perhaps, Azimoolah spoke the truth.
“What shall we do to crush them, then?” the Nana went on; “I would
hack them to mince-meat, if I could get near enough, but that seems
impossible.”
“Scarcely so impossible as your Highness seems to imagine,” made
answer Azimoolah, as his face glowed with the inhuman cruelty that
stirred his heart.
“How shall we reach them?” was the angry question of his master.
“By stratagem.”
“Ah, that is good! But how?”
“These people are reduced to extremity. They have many women
and children with them; for their sakes they will be glad to accept
terms. Let us proclaim a truce, and offer, as a condition of their
laying down their arms, to convey them by water to Allahabad.”
The Nana laughed as he observed—
“You are an excellent counsellor, Azi, and I like your scheme; but
having got them out, what then?”
He asked this question with a great deal of significance; for although
a diabolical thought was shaping itself in his brain, his recreant heart
dare not give it words. And so he waited for his tool to make the
suggestion.
“Having got them out, I think the rest is easy, your Highness.”
“Well, well,” the other cried, impatiently, as Azimoolah seemed to
dwell too long upon his words.
“We will provide them with carriage down to the river. There we will
have a fleet of large, thatched-roof boats. On board of these boats
the English people, who have given you so much trouble, shall
embark.”
“Well, go on—I follow,” said the Nana, as Azimoolah paused again.
“Having got them on board, what then?”
“We will slaughter them, your Highness—man, woman, and child.
Not one shall live to tell the tale. On each side of the river we will
have heavy guns posted, and our troops shall line the banks. A
mouse would not be able to escape.”
“Good! I leave all to you,” was the Nana’s only answer. But his tone
of voice betrayed the joy he felt.
Azimoolah retired to his tent, and, calling for writing materials and
pen, with his own hand he wrote the following missive in English:—
“To the subjects of Her Majesty Queen Victoria: All those who are in
no way connected with the acts of Lord Dalhousie, and are willing to
lay down their arms, shall receive a safe passage to Allahabad.”
The next morning an armistice was proclaimed, and Azimoolah,
accompanied by two Sepoys, presented himself before the
entrenchments.
This temporary cessation of hostilities was a great relief to the
starving and worn-out garrison. They were prepared to listen to any
terms that did not propose dishonourable surrender. General
Wheeler called up two captains and the postmaster, and gave them
full powers to go out and treat with the emissaries of the Nana.
Azimoolah proposed surrender, without the customary honours of
war. But this the officers would not entertain for a single instant, and
demanded that the British should march out with their arms and sixty
rounds of ammunition in the pouch of every man. The Nana was to
afford them safe escort to the river, provide carriages for the women
and children, and provisions of flour, sheep, and goats for the
voyage to Allahabad.
These proposals were written on a sheet of paper and given to
Azimoolah, who returned to his lines; while the officers went back to
their entrenchments.
As they made known the terms they had submitted, there was
rejoicing in the little garrison. The women cheered up as they
thought that an end was coming to their sufferings and sorrow.
So it was; but a different end to what they contemplated. It had been
an awful time during the siege. Human comprehension can scarcely
realise the full measure of the suffering endured by the devoted
band. It possibly stands without a parallel in the world’s horrors
begotten by war.
For some hours the people waited in anxious suspense; their hearts
beat high, and the wan cheeks flushed as the sounds of a bugle fell
upon their ears.
A horseman had arrived from the rebel camp, and brought word that
the terms had been agreed to, and the garrison was to remove that
night. But General Wheeler flatly refused to do this, saying that he
could not get his people ready until morning.
“Let it be so,” said the Nana, when the message was brought; “we
can afford to give them a few hours.”
In the rebel camp there was great rejoicing; quantities of drink were
consumed; and there was gambling and singing throughout the long
dark hours.
In the entrenchments there was peace; silence reigned, broken
occasionally by the audible prayer from some grateful heart as it
uttered its thanks to the Christian’s God for the relief He had brought
them.
CHAPTER XXIII.
AS WITH AN ENCHANTER’S WAND.

During the terrible night—a night full of hope for the starving,
miserable people in the Cawnpore entrenchments—the little garrison
were busy making preparation for their departure on the morrow.
That is, such preparations as they could make, which, for the most
part, consisted of gathering together the trifling remnants of their
treasures. Here, a treasured portrait was carefully stowed away;
there, a lock of hair cut by loving hands from the head of some dear
one, whose earthly troubles were ended, was wrapped up and
placed between the leaves of a well-worn Bible, so that it might
serve in future time as a sorrowful memento of that awful siege.
Through those dreary hours of darkness there was one who sat
apart from his companions; he was weary and jaded, but sleep
refused to visit him. This was Walter Gordon. As he sat there, with
his head bowed on his hands, it would have been almost impossible
to have detected the European in the guise of the native, for he still
wore the costume in which he had left Meerut. And the disguise was
rendered more perfect by long exposure of the sun, and by smoke
and grime from the powder which seemed to have literally been
burnt into the skin.
An unutterable grief appeared to be pressing him down; for his
thoughts wandered to one whom he dare not hope could be alive
and well. The plan arranged by Zeemit Mehal for Miss Meredith’s
rescue had, so far as he was able to judge, resulted in nothing,
because however successful she might have been, the investing
enemy had prevented any news reaching him from the outside
world; and even if Zeemit had been able to get Flora free from Delhi,
he knew that, without assistance, speedy recapture must result.
During the long weeks that he had been shut up in the
entrenchments, the excitement of the siege had prevented his
thoughts from dwelling too closely upon his troubles. But now that
that excitement was over, and the reaction set in, he felt an anguish
of mind and body that almost threatened to upset his reason. The
promise of the coming release gave him no pleasurable feeling. His
business was ruined; the fate of the woman who was to have been
his wife unknown; nearly all his friends killed; and he, lonely and
broken-hearted, a wreck compared to what he was a few bright
happy weeks ago. As the memory of that night in Meerut, when Flora
Meredith had warned him of the coming danger, rose up before him,
he felt that it would be a relief if any one of the enemy’s shot would
but come and cut his thread of life. He had allowed her warning to
pass unheeded; nay, had absolutely laughed it to scorn, as the
emanation of one who was morbid and out of sorts. He might have
saved her then, have saved his possessions, and all belonging to
him and her. But he remained inactive. He allowed the precious
moments to glide by, until the storm burst in all its fury, and escape
from its consequences was impossible.
He gave up all thoughts of ever seeing his friend Harper again. It
was true that sufficient time had not elapsed for the succour to
arrive, even if he had managed to live through the thousand dangers
he would have to face. But it was such a forlorn hope, that Gordon
felt it was a fallacy to cherish any expectation of again seeing him.
Life, as viewed through the medium which then presented itself,
seemed to have practically ended for him. If he reached Allahabad, it
would be but as a storm-tossed waif, thrown up, as it were, by a
raging sea that had washed away all that was dear and precious,
leaving him lonely and broken-hearted, to curse the unlucky chance
that had saved him.
These were his melancholy reflections. After all he had endured, it
was scarcely matter for wonder that they should be gloomy and
tinged with morbidness.
There are moments sometimes in a person’s existence when life
seems full of nameless horrors—when death is viewed in the light of
a loving friend who brings peace and rest.
Such a moment as this was Walter’s experience. His cup of sorrow
was full; it was overflowing, but then, when the tide has reached its
highest flood, it commences to recede. Night was nearly passed.
The fairy-like glamour which precedes the coming dawn, especially
in India, was over the land. It was like a flush on the face of nature—
surrounding objects were commencing to assert their presence. The
outlines of trees and buildings could be faintly discerned, standing
out against the roseate-flushed sky.
With the departing darkness and coming light, a faint glimmer of
hope appeared upon the path of Walter Gordon; he began to think
that things might not be so bad after all; and then his senses were
suddenly and unexpectedly soothed by the melody of a bird. For
weeks the roar of the guns had scared all the feathered songsters
away; but the cessation of the din for the last twenty-four hours had
induced a stray bul-bul—that gem of the Indian feather tribe—to
alight on the branches of a blackened and shot-shattered tree which
stood some little distance away.
Perhaps the tiny singer had wandered from its tribe, and, missing the
rich foliage which the storm of fire had destroyed over an extensive
area, it was uttering a lament; for there was ruin, desolation, and
decaying mortality around—the work of man’s hand; and the song of
the bird might have been a song of sorrow. Who can tell? But as it
sat there a mere speck on the leafless and blackened tree, and
trilled its beautiful and mellow notes that sounded clear and soft on
the still morning air, the soul of Walter Gordon was touched.
The wand of the enchanter, in the shape of the piping bul-bul, had
changed the scene. From the fierce glare and the strife-torn land of
India, he was suddenly transported to his native shores. He saw the
peaceful valleys of smiling England—he heard the clanking of the
wheels of industry as they brought bread to toiling millions, and sent
forth their produce to all the corners of the earth. He saw the happy
homes where the laughter of merry children made light the hearts of
their parents. He saw that land with all its beauty—a land free from

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