Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 57

Weltgesellschaft Theresa Wobbe

Visit to download the full and correct content document:


https://ebookstep.com/product/weltgesellschaft-theresa-wobbe/
More products digital (pdf, epub, mobi) instant
download maybe you interests ...

Zwischen Vorderbühne und Hinterbühne Beiträge zum


Wandel der Geschlechterbeziehungen in der Wissenschaft
vom 17 Jahrhundert bis zur Gegenwart Theresa Wobbe
Editor
https://ebookstep.com/product/zwischen-vorderbuhne-und-
hinterbuhne-beitrage-zum-wandel-der-geschlechterbeziehungen-in-
der-wissenschaft-vom-17-jahrhundert-bis-zur-gegenwart-theresa-
wobbe-editor/

Season for Surrender Theresa Romain

https://ebookstep.com/product/season-for-surrender-theresa-
romain/

Season for Temptation Theresa Romain

https://ebookstep.com/product/season-for-temptation-theresa-
romain/

Die Strafverfolgung internationaler Verbrechen durch


den Internationalen Strafgerichtshof Eine
Rekonstruktion ihrer Struktur in der Weltgesellschaft
Henning De Vries
https://ebookstep.com/product/die-strafverfolgung-
internationaler-verbrechen-durch-den-internationalen-
strafgerichtshof-eine-rekonstruktion-ihrer-struktur-in-der-
Die Bedeutung Von Innovation Als
Krisenbewältigungsstrategie in Eventprojekten Während
der COVID-19-Pandemie 1st Edition Theresa Nicole Weiler

https://ebookstep.com/product/die-bedeutung-von-innovation-als-
krisenbewaltigungsstrategie-in-eventprojekten-wahrend-der-
covid-19-pandemie-1st-edition-theresa-nicole-weiler/

Créer et animer une chaîne YouTube pour les nuls 2nd


Edition Rob Ciampa Theresa Go Matt Ciampa Rich Murphy

https://ebookstep.com/product/creer-et-animer-une-chaine-youtube-
pour-les-nuls-2nd-edition-rob-ciampa-theresa-go-matt-ciampa-rich-
murphy/

■■ ■■■ ■■■ ■■■■■■■■ ■■■■■■■■■■■■■■■■ ■■■ ■■ Mari


Yalom ■■■ ■■ Theresa Donovan Brown

https://ebookstep.com/download/ebook-55588164/
Theresa Wobbe
Weltgesellschaft
Die Beiträge der Reihe Einsichten werden durch Materialien
im Internet ergänzt, die Sie unter www.transcript-verlag.de
abrufen können. Das zu den einzelnen Titeln bereitgestellte
Leserforum bietet die Möglichkeit, Kommentare und An-
regungen zu veröffentlichen.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

This work is licensed under a Creative Commons


Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 3.0 License.

Die Deutsche Bibliothek •


CIP-Einheitsaufnahme
Wobbe, Theresa:
Weltgesellschaft / Theresa Wobbe. –
Bielefeld : transcript Verl., 2000
(Einsichten)
ISBN 3-933127-13-0

© 2000 transcript Verlag, Bielefeld


Gestaltung: orange|rot, Bielefeld
Satz: digitron GmbH, Bielefeld
Druck: Majuskel Medienproduktion
GmbH, Wetzlar
ISBN 3-933127-13-0
Inhalt

5 Einleitung

9 Konzepte der Weltgesellschaft


9 Einleitung
14 Aus dem Weltobservatorium Schweiz: Peter Heintz
15 Warum man sich mit der Weltgesellschaft
beschäftigen sollte
16 Die interne Struktur der Weltgesellschaft
22 Begriffssysteme und Codes für die Weltgesellschaft
26 Die Topographie der Weltgesellschaft aus Stanford:
John W. Meyer und seine Forschungsgruppe
28 Strukturähnlichkeiten und Isomorphie
31 Neo-Institutionalismus und die Präzisierung
kognitiver Konzepte
38 Erstes Zwischenergebnis
40 Die Weltgesellschaft in der Bielefelder Systemtheorie:
Niklas Luhmann
43 Alteuropäische und moderne Gesellschaft
50 Der Staat im politischen System der Weltgesellschaft

55 Aus der Werkstatt weltgesellschaftlicher Analysen


57 Stichweh: Globalisierungsmuster im
Wissenschaftssystem
60 Heintz: Globale Orientierungshorizonte und
konzentrische Lagerung
66 Soysal: Postnational Citizenship
69 Meyer, Ramirez, Berkovitch: Globaler Wandel
von Rechtsnormen und soziale Bewegungen

74 Weltgesellschaft: Eine Forschungsperspektive für


die Soziologie

79 Anmerkungen

81 Literatur
Einleitung 1

Als die Prinzessin von Wales im September 1997 begraben


wurde, nahmen wir an einem weltgesellschaftlichen Me-
dienereignis teil. Man konnte es nicht nur in der Bundesre-
publik auf sieben und zeitweise sogar auf zehn Sendern im
TV-Kabelnetz verfolgen. Insgesamt 136 Länder sollen sich
an die Übertragung der Trauerfeierlichkeiten angeschlossen
haben. Direkt vor Ort in London und Umgebung sind schät-
zungsweise sechs Millionen Menschen zugegen gewesen,
und zweieinhalb Milliarden Zuschauer waren es wohl, die
auf der ganzen Welt das Begräbnis über TV verfolgt haben.
Auch für die Soziologie war dieses Ereignis prominent,
nämlich wieder einmal ein Anlaß, sich auf ihre zeitdiagno-
stische Kompetenz zu besinnen. Die »Frankfurter Allgemei-
ne Zeitung« notierte dazu: »In der Zunft wurde am Wochen-
ende noch keine Einigung erzielt, mit welchen Kategorien
man sich dem britischen Massenauflauf nähern soll. Nach-
dem man zunächst an ›Masse und Macht‹ dachte, [sind]
dann doch ›Individualisierung‹ und ›Globalisierung‹ in die
engere Wahl gekommen« (FAZ vom 4. 9. 1997). Immer häu-
figer werden Ereignisse, die gewohnte Zurechnungskriterien
und gewisse Proportionen überschreiten, sicherheitshalber
unter den Stichwörtern ›Individualisierung‹ und ›Globalisie-
rung‹ festgehalten.
Die soziologische Profession hat nicht unwesentlich dazu
beigetragen, daß der Begriff Globalisierung Einzug in die
Alltagssprache gehalten hat. Weit verbreitet ist die Vorstel-
lung von Globalisierung als einem weltweiten Prozeß der
Entgrenzung (Giddens 1990; Robertson 1992a); insbesondere
denkt man dabei an ökonomische Internationalisierung und
soziale Spaltung (Altvater / Mahnkopf 1997), an Global Cities
(Sassen 1996) und an Medien. Globalisierung hat hier eine
überwiegend normative, zumeist negative Konnotation. Dazu
gehört etwa die Vorstellung, daß die ökonomische und tech-
nische Entwicklung zu einer weltweiten Vereinheitlichung
unter einem wirtschaftlichen Regime führen könnte, daß der
Nationalstaat zerstört würde und statt dessen global players
die kapitalistische Regie übernähmen.2
Die folgende Darstellung macht mit einem Konzept be-
kannt, das ebenfalls gegenwärtige globale Trends unter-
sucht. Es nutzt allerdings einen anderen analytischen Rah-

5
men als viele Globalisierungsansätze. Das Neue und das
Spezifische dieses Konzepts besteht darin, daß die Weltge-
sellschaft als ein umfassendes soziales System aufgefaßt
wird, das Nationalstaaten transzendiert und sich als eigenes
Koordinatensystem über diese spannt. Das Konzept der
Weltgesellschaft nimmt also eine Ebene der Sozialorganisa-
tion an, die irreduzibel ist, d. h., dieses soziale System ist
nicht auf ein Funktionssystem oder auf Nationalstaaten zu
reduzieren. In diesem Sinne ist die Weltgesellschaft ein her-
vorragendes Beispiel für das, was wir soziologisch als ein
emergentes Phänomen bezeichnen: »Das Wort ›emergent‹
bzw. der Begriff der Emergenz leitet sich von ›emergere‹
(lat.: auftauchen) ab. Es meint allgemein den Sachverhalt,
daß Phänomene ›auftauchen‹, die man aufgrund des bisheri-
gen theoretischen Wissens so nicht hätte erwarten können
und die mit diesem Wissen nicht erklärbar seien« (Esser
1993: 404).
Es ist das Ziel der folgenden Darstellung, in unterschiedli-
che soziologische Konzepte der Weltgesellschaft einzufüh-
ren, ihre theoretischen Grundlagen sowie ihre empirischen
Untersuchungsfelder darzustellen, untereinander zu unter-
scheiden und von anderen disziplinären Fragestellungen
(z. B. Politikwissenschaft) oder weiteren Konzepten auf dem
Gebiet der Globalisierungsforschung abzugrenzen.
Diese Einführung ist für die deutschsprachige und für die
englischsprachige Soziologie eine Neuheit. Denn sie stellt
erstmals Konzepte der Weltgesellschaft vor, die im soziologi-
schen Diskurs bislang noch nicht systematisch aufeinander
bezogen worden sind. In der deutschsprachigen Soziologie
ist Niklas Luhmanns Begriff der Weltgesellschaft zwar be-
kannt, er wird aber zumeist über den systemtheoretischen
Rahmen hinaus nicht behandelt. Das World-Society-Konzept
der Gruppe von John W. Meyer (Stanford) ist dagegen bis
jetzt in der deutschsprachigen Soziologie kaum zur Kenntnis
genommen worden. Systematische Referenzen finden sich
als große Ausnahme bei Niklas Luhmann (1927–1998) (1997,
1998) und nun auch bei Rudolf Stichweh (1999a, 1999b). Die-
ses Defizit betrifft ebenfalls das gesamte Gebiet des Neo-In-
stitutionalismus (March / Olsen 1989; Mayntz / Scharpf 1995;
Powell / DiMaggio 1991a), dessen Rezeption in der Soziologie
jetzt langsam einzusetzen beginnt (Hasse / Krücken 1996,
1999; Nedelmann 1995b; Weinert 1997).

6
Die soziologische Rezeption des Begriffs und Konzepts
›Weltgesellschaft‹ ist noch sehr diffus. Neben einigen Lexi-
koneinträgen (Bornschier 1984, 1994, 1996), die zumeist auf
Weltgesellschaft im Verständnis von World System abstellen,
bleiben die begrifflichen Grundlagen und theoretischen Zu-
ordnungen zumeist unklar. Dies ist auch der Fall, wenn
Weltgesellschaft beispielsweise als Einheitsphantasma der
Systemtheorie mit einer global sociology gleichgesetzt wird,
deren Ziel darin besteht, one world zu beschreiben (Wagner
1996). Einige Beiträge aus dem systemtheoretischen Kontext
verengen den Begriff ebenfalls unnötigerweise auf diesen
Theorierahmen (Nassehi 1998; Richter 1997). Wieder andere
Beiträge versammeln unterschiedliche Überlegungen zur
Weltgesellschaft, ohne dem soziologischen Begriffskontext
allzuviel Aufmerksamkeit zu schenken (Beck 1998: Einlei-
tung; vgl. auch Beck 1997).3
Wie kommt man dazu, die Weltgesellschaft als Gegen-
stand soziologischer Analyse wahrzunehmen und sie als
einen theoretischen Gegenstand zu konstruieren? Was be-
zeichnet ihr Begriff? Die Vorstellung von der Weltgesell-
schaft enthält zunächst einmal den Gedanken, daß eine ei-
gene weltweite Dynamik existiert, die den Bezugshorizont
für Interaktionen und Kommunikation darstellt. Hierbei ist
nicht nur an globale Organisationen wie Green Peace, die
Weltbank oder den Vatikan gedacht, sondern auch an indivi-
duelle Akteure wie eine Hausfrau oder ein Tourist, ein TV-
Zuschauer oder eine Wissenschaftlerin. Die Vorstellung von
der Weltgesellschaft beinhaltet also, daß eine globale Ebene
der Sozialorganisation existiert, die für individuelle und kol-
lektive Akteure einen Erwartungshorizont bildet.
Diese Einführung zeigt, in welchen Untersuchungskon-
texten der Soziologie die Frage nach der Weltgesellschaft
und mit ihr verbundene Problemstellungen entwickelt wer-
den, und wie dieser Gegenstand theoretisch entworfen wird.
Im ersten Teil werden drei Konzepte der Weltgesellschaft
dargestellt. Den Anfang in der Darstellung macht Peter
Heintz (1920–1983) (Zürich), der sich zu einem frühen Zeit-
punkt, in den sechziger Jahren, mit der Weltgesellschaft in
der Form eines Entwicklungsschichtungssystems zu beschäf-
tigen beginnt. Dann folgt John W. Meyer (Stanford), der aus-
gehend von der Bildungs- und Organisationssoziologie mit
seiner Forschungsgruppe in den siebziger Jahren die welt-

7
weite Verbreitung von Bildungsnormen, Rechtsvorstellun-
gen und Regimewechseln untersucht. Die Darstellung des
Weltgesellschaftsbegriffs endet mit Luhmanns Forschung
(Bielefeld) im Rahmen seiner Systemtheorie in den siebziger
Jahren.
Der Darstellung liegt die These zugrunde, daß das Kon-
zept der Weltgesellschaft ein soziologisches Erklärungs-
potential sui generis bietet, um den Wandel der Grenzen und
Horizonte der gegenwärtigen Gesellschaft zu analysieren
und um eine soziologische Kompetenz für die Untersuchung
globaler Prozesse zu beanspruchen. Denn dieses Konzept
arbeitet mit dem spezifisch soziologischen Begriff der Ge-
sellschaft: Der Weltgesellschaftsbegriff reflektiert die globa-
lisierenden Prozesse unter dem Gesichtspunkt der Spezifik
der modernen Gesellschaft, ihrer Grenzen und Horizonte,
ihrer Strukturen und Muster. Die Konzepte von Heintz,
Meyer und Luhmann sind zwar hinsichtlich ihrer gesell-
schaftstheoretischen Perspektive sehr unterschiedlich ange-
legt. Doch sie treffen sich in dem Punkt, daß sie mit der
Weltgesellschaft eine emergente Ebene postulieren, ein so-
ziales System, ohne das die moderne Gesellschaft und ihre
Kontingenz nicht hinreichend zu erklären und zu beschrei-
ben wäre. In dieser Koppelung von Weltgesellschaft und
Gesellschaftskonzept liegt der entscheidende Unterschied
zu den vielen Ansätzen, die sich unter dem Dach der Globa-
lisierungsforschung finden.
Die weltweite Dimension des Medienereignisses nach
dem Autounfall der Prinzessin von Wales erschöpft sich vor
diesen Hintergrund auch nicht in der Verkürzung von Di-
stanzen in Raum und Zeit. Denn hiermit kann nicht erklärt
werden, warum die Nachrichten über den Unfall im Pariser
Tunnel eine kommunizierbare Realität für dermaßen viele
Menschen zu erzeugen in der Lage waren. Wir wissen, daß
für die Reproduktion einer Medien-Ikone Nachrichten mit
einem hohen Aufmerksamkeitswert, also neue Informatio-
nen, die möglichst Konflikte und Normverstöße behandeln,
erforderlich sind. Das soziologisch Interessante an dem Fall
Diana ist, daß eine portugiesische Bäuerin, ein amerikani-
scher Polizist und eine indische Nonne sich trotz ihrer unter-
schiedlichen lokalen Kontexte auf diesen Fall beziehen. Die-
ses Phänomen ist mit weltweit institutionalisierten Vorstel-
lungen über Individualität, Selbstverwirklichung und Intimi-

8
tät zu erklären. Es reicht nicht aus, hierbei auf die Selbstbe-
züglichkeit der Medien abzustellen, denn über diesen Ansatz
kann nicht plausibel gemacht werden, warum ausgerechnet
dieses Ereignis sich für so viele als anschlußfähig erweist.
Das soziologische Potential der Weltgesellschaftskonzepte
ist auch an ihren empirischen Untersuchungen zu diskutie-
ren. Wie erklären und beschreiben diese Studien die Welt-
gesellschaft, in der wir leben? Wie manifestiert sich Weltge-
sellschaft? Im zweiten Schritt wird daher über weltgesell-
schaftliche Forschung berichtet. Es gibt inzwischen unzäh-
lige Studien, die sich mit Globalisierungsprozessen befassen
oder im Horizont globaler Entwicklungen arbeiten; z. T. un-
tersuchen sie auch implizit weltgesellschaftliche Probleme,
ohne das Konzept der Weltgesellschaft zu benutzen. Dieser
zweite Teil der Einführung soll über Studien berichten, die
das spezifische Konzept der Weltgesellschaft wählen und es
empirisch anwenden. Es wird also gezeigt, wie weltgesell-
schaftliche Problemstellungen in Forschungskonzepte um-
gesetzt werden und auf welchen Gebieten der Soziologie dies
bisher der Fall war. Diese Einführung soll vor allem auch
weltgesellschaftliche Studien vorstellen, die in der deutsch-
sprachigen Soziologie bislang kaum rezipiert worden sind.

Konzepte der Weltgesellschaft

Einleitung

Im Dreieck von Zürich, Stanford und Bielefeld sind über die


letzten Jahrzehnte verschiedene soziologische Konzepte der
Weltgesellschaft entstanden. Heintz hat mit seiner For-
schungsgruppe am Zürcher Institut für Soziologie seit Ende
der sechziger Jahre ein strukturtheoretisches Konzept der
Weltgesellschaft entwickelt und dieses mit einem codetheo-
retischen Ansatz verknüpft. Meyer nahm Anfang der siebzi-
ger Jahre an der Stanford University seine Arbeiten zur
World Society auf, in denen er sich mit der globalen Institu-
tionalisierung von kulturellen Regeln und Routinen befaßt.
Luhmann legte Anfang der siebziger Jahre, als er Grundbe-
griffe seiner Systemtheorie erarbeitete, die ersten Überle-
gungen zur Weltgesellschaft vor.
Der gemeinsame Bezugspunkt dieser ansonsten sehr un-

9
terschiedlichen Zugriffe ist ein weltweites soziales System,
das als eine Einheit gedacht ist. Diese soziale Einheit wird
als Gesellschaft bezeichnet. Für Heintz, Meyer und Luh-
mann gibt es somit eine Weltgesellschaft, die ein umfassen-
des soziales System darstellt, das in seinen Beständen höchst
heterogen ist. Hierin besteht das Besondere und Innovative
dieser drei Konzepte: Für sie stellt Weltgesellschaft nicht
eine Addition von Nationalstaaten oder Funktionssystemen
oder gar eine Weltmarktgesellschaft dar. Sie konzipieren
Weltgesellschaft vielmehr als Sache eigener Logik, als emer-
gentes Phänomen. Weltgesellschaft ist daher nicht die Sum-
me ihrer Teile – z. B. Nationalstaaten oder Finanzmärkte –,
sondern geht darüber hinaus. Damit sind Annahmen ver-
bunden, die in der Soziologie bis heute keinesfalls selbstver-
ständlich sind. So wird etwa die soziologische Makrokatego-
rie der Gesellschaft nicht räumlich entworfen und auch nicht
an die territoriale Einheit des Nationalstaats gebunden.
Die drei Wissenschaftler beschäftigen sich, freilich in sehr
unterschiedlicher Weise, mit einem weltweiten sozialen Sy-
stem und der Frage, wie unter diesen Bedingungen soziale
Ordnung möglich ist. Die Differenz in ihrer Perspektive und
deren soziologische Einbettung ist das entscheidende Krite-
rium, um die drei Konzepte für die folgende Einführung aus-
zuwählen. Angesichts der Vielzahl von Globalanalysen mag
zunächst erstaunen, daß es auf dem soziologischen Markt
der Weltgesellschaftskonzepte nicht unternehmungslustiger
aussieht. Noch mehr erstaunen mag unter dem Gesichts-
punkt internationaler Wissenschaftskommunikation auch
der Sachverhalt, daß diese Ansätze ziemlich isoliert vonein-
ander entwickelt wurden. Dies hat wohl vor allem mit Theo-
riekonstellationen zu tun.
So dominierten beispielsweise in den sechziger und sieb-
ziger Jahren Modernisierungstheorien, marxistische Theo-
rien der Entwicklung, des Weltsystems und der »Dependen-
cia«, von denen Heintz sich in seiner Konzeption des inter-
nationalen Entwicklungsschichtungssystems abgrenzt. Seine
Fragestellungen konvergieren zwar z. T. mit denen von Mey-
er, doch das World-Society-Konzept aus Stanford ist von
Beginn an weit mehr akteurorientiert. Zudem nimmt es eine
phänomenologisch-konstruktivistische Tradition auf, näm-
lich Fragen nach der Erzeugung und erfolgreichen Repro-
duktion von Strukturen. Luhmann befindet sich mit seiner

10
System- und Evolutionstheorie sozusagen »oberhalb der
Wolkendecke«. Sein Konzept der Weltgesellschaft ist ab-
strakt angelegt und sieht nicht die empirische Analyse von
Problemstellungen wie in den beiden anderen Konzepten
vor.
Insgesamt dient Weltgesellschaft bei Heintz, Meyer und
Luhmann als ein makrosoziologischer, differenzierungs- und
strukturtheoretischer Erklärungsrahmen (Heintz 1974b,
1974c, 1982a; Luhmann 1971, 1997; Meyer / Hannan 1979a;
Meyer et al. 1997; Thomas et al. 1987). Als Erklärungsrah-
men impliziert die Vorstellung von der Weltgesellschaft
nicht eine Einheitlichkeit oder Zentralität in der Form politi-
scher Steuerung, kultureller Homogenität oder ökonomi-
scher Dominanz. Für alle drei Ansätze besteht im Gegenteil
das Besondere des sozialen Systems der Weltgesellschaft ge-
rade in dem »Fehlen einer eigenen Identität« (Heintz 1982a:
77) im Sinne eines integrierten Ganzen. Das soziale System
zeichnet sich vielmehr durch eine hohe kulturelle Heteroge-
nität aus (ebd.: 9).
So gesehen widerlegen weltweite regionale Unterschiede
– in Form von Einkommensunterschieden oder technologi-
schen Ressourcen – nicht die Existenz der Weltgesellschaft
als soziale Tatsache, nämlich in dem Sinne, daß diese eine
eigene Realität hat und der systematischen Beobachtung zu-
gänglich ist (Durkheim 1895). Im Gegenteil, die Unterschiede
im System der Weltgesellschaft werden vielmehr als interne
Differenzierungen dieses umfassenden Systems aufgefaßt:
»Das Ungleichheitsargument ist kein Argument gegen, son-
dern ein Argument für Weltgesellschaft« (Luhmann 1997:
162). Daher behaupten diese Konzepte auch nicht das Ver-
schwinden regionaler Unterschiede im Sinne einer Konver-
genzthese, obwohl die Standardisierung globaler Regeln und
Routinen ein Kennzeichen der Weltgesellschaft ist. Die Welt-
gesellschaft stellt in allen drei Konzepten ein emergentes
Phänomen und die Bezugs- und Zurechnungsgröße für an-
dere Ebenen der Sozialorganisation dar.
In einem theoriegeschichtlichen Rahmen ist die Entste-
hung weltgesellschaftlicher Konzepte vor dem Hintergrund
der Modernisierungsforschung nach 1945 zu verstehen. In-
nerhalb der Modernisierungsforschung wurden gesell-
schafts- und evolutionstheoretische Konzepte des sozialen
Wandels im Weltmaßstab entwickelt (Parsons 1985). Das In-

11
teresse an Diffusionsprozessen entstand vor allem auf zwei
Gebieten: Neben Kommunikations- und Netzwerktheorien
(Deutsch 1966) untersuchten Innovationstheorien (Rogers
1962) die Verbreitung von Neuerungen im sozialen System.
Die Frage der Geschwindigkeit von Diffusion stand hier be-
reits im Mittelpunkt und wurde über ihre Kommunizierbar-
keit, ihre Einfachheit und Kompatibilität in Anlehnung an
Talcott Parsons (1902–1979) erklärt (ebd.). Auch die Diskus-
sion über Globalisierung in einer kommunikationstheoreti-
schen Perspektive hat ihre Anfänge in der Modernisierungs-
forschung der sechziger Jahre (vgl. Robertson 1992a: Kap. I.).
Die Theorie des World System (Wallerstein 1974, 1990),
die sich mit der Entstehung der kapitalistischen Weltökono-
mie und der zyklischen Entwicklungsdynamik zwischen Pe-
ripherie und Zentrum befaßt, wird ebenfalls vor diesem Hin-
tergrund entwickelt. Die drei Konzepte von Heintz, Meyer
und Luhmann grenzen sich von dem World-System-Ansatz
ab, da er die Weltgesellschaft vor allem aus einem partikula-
ren Funktionssystem erklärt und sie im wesentlichen über
die ökonomisch-politische Herrschaftsstruktur beschreibt,
ohne die Bedeutung anderer Teilsysteme gebührend zu be-
rücksichtigen.
Die drei darzustellenden Konzepte unterscheiden sich
von einem weiteren Ansatz, nämlich dem der Globalisierung,
der ebenfalls aus der Modernisierungsforschung hervorge-
gangen ist und inzwischen in einer Vielzahl von Studien und
Modellen behandelt wird. Globalisierungsansätze beschrei-
ben zwar Phänomene der weltweiten Entgrenzung über den
Mechanismus der Diffusion oder der Vernetzung, allerdings
operieren sie weiterhin mit nationalstaatlichen Kategorien
und konzipieren keine eigene weltweite gesellschaftliche
Ebene (vgl. Giddens 1990; Robertson 1990, 1992a, 1992b).
Nicht nur das theoretische Erklärungspotential dieser Stu-
dien im Hinblick auf Diffusion und Interrelation ist dabei
sehr unterschiedlich (vgl. etwa Giddens 1990; Robertson
1992a; Beck 1997), die vielen Untersuchungen, die unter dem
Dach der Globalisierung zu finden sind, variieren außerdem
in der Determinierung einzelner Funktionssysteme und
ihren normativen Implikationen (vgl. etwa Altvater / Mahn-
kopf 1997; Sassen 1996).
Die drei soziologischen Konzepte der Weltgesellschaft
sind schließlich von den Begriffen des Internationalen Sy-

12
stems oder der Internationalen Ordnung zu unterscheiden, die
sich politikwissenschaftlich im Bereich der Internationalen
Beziehungen mit der internationalen politischen Ordnung
befassen (vgl. Boeckh 1994). Weltgesellschaft erzeugt und
verbreitet Strukturmuster, Normen und Regeln in einer glo-
balen Dimension und ist nicht als eine Addition national-
staatlicher Ordnungen zu verstehen. Im Unterschied zu poli-
tikwissenschaftlich orientierten Konzepten läßt sich die Spe-
zifik des Weltgesellschaftsbegriffs daher nicht auf politische
Akteure und die Generierung kollektiv bindender Entschei-
dungen einschränken. Unter diesem Gesichtspunkt sind die
drei Konzepte von politikwissenschaftlichen Konzeptualisie-
rungen zu unterscheiden (vgl. Brock et al. 1996; Senghaas
1972; Zürn 1992).
Problemstellung, Reichweite und empirischer Bezug er-
weisen sich bei Heintz, Meyer und Luhmann indes als unter-
schiedlich. Dies zeigt bereits ein kurzer Blick auf die Genese
und Theoriekontexte. Heintz erarbeitet Vorstellungen zur
Weltgesellschaft in seinem Modell des internationalen Ent-
wicklungsschichtungssystems und verknüpft dieses mit sei-
ner Strukturtheorie sozietaler Systeme, die auf Émile Durk-
heim (1858–1917), Max Weber (1864–1920) und Robert K.
Merton aufbaut und empirische Grundlagenforschung ein-
leitet. Die Weltgesellschaft faßt er als ein hochgradig kom-
plexes soziales System mit einer eigenen Interaktionsebene
auf. Meyer verbindet Webers Institutionen- und Zivilisa-
tionstheorie der abendländischen Rationalisierung mit phä-
nomenologischen Konzepten der sozialen Konstruktion. Auf
diese Weise entsteht im Schnittpunkt von amerikanischer
Organisationsforschung und Neo-Institutionalismus das
Konzept der World Society, das weltweite institutionelle Ent-
wicklungen vor allem in komparativ angelegten Zeitreihen-
Analysen erforscht. Bei Luhmann ist das Konzept der Welt-
gesellschaft ein Baustein seiner soziologischen Systemtheo-
rie. Diese verknüpft Funktionsanalyse (Parsons 1985) und
Phänomenologie (Husserl 1993) und nutzt die theoretische
Anregung der Selbstorganisation (Maturana 1992) zur Re-
formulierung seiner Theorie sozialer Systeme. In diesem
Theorierahmen werden die Grenzen der Gesellschaft über
Kommunikation bestimmt.
Heintz und Meyer fassen die Weltgesellschaft als eine so-
ziale Tatsache auf. In ihren empirischen Analysen untersu-

13
chen sie diesen Gegenstand vor allem auf der Organisations-
ebene. Demgegenüber ist die Weltgesellschaft bei Luhmann
primär von theoretischem Interesse für die Ausarbeitung
seiner System- und Gesellschaftstheorie. Entsprechend un-
terschiedlich lauten die Problemstellungen. Heintz befaßt
sich mit Spannungen und Spannungstransfers im sozialen
System der Weltgesellschaft. Er untersucht das weltweite
Entwicklungsschichtungssystem auf Differenzierung und
Verteilung und fragt, wie weltgesellschaftliche Ereignisse
und Informationen verarbeitet werden können. Meyer geht
von der Frage aus, welcher Zusammenhang zwischen der
weltweiten Strukturähnlichkeit von institutionellen Mustern
und der Diffusion eines westlichen Zivilisationsmodells be-
steht, und inwieweit sich dieses Modell als Handlungssche-
ma für die Formation und Reproduktion einer weltgesell-
schaftlichen sozialen Ordnung eignet. In der systemtheoreti-
schen Perspektive ist Luhmann daran interessiert, wie die
gesellschaftlichen Teilsysteme ihren Funktions- und Lei-
stungsbezug realisieren und welche Funktionssysteme mit
der Umstellung von Vergangenheit auf Zukunft sowie von
Raum- auf Bewegungsbezug die Zukunft der Gesellschaft
bestimmen werden.
Wir haben es im folgenden also einerseits mit unter-
schiedlichen Theoriekontexten und verschiedenen Reich-
weiten der Problemstellung zu tun. Da alle Konzepte eine
weltgesellschaftliche Ebene konzipieren, bietet sich anderer-
seits ein gemeinsamer Bezugsrahmen an, der es erlaubt,
Ähnlichkeiten und Unterschiede zu konturieren. Auf den
folgenden Seiten sollen die Konzepte von Heintz, Meyer und
Luhmann zunächst vorgestellt werden. Anschließend wird
mit Beispielen aus der Forschung ein Einblick in weltgesell-
schaftliche Analysen gegeben.

Aus dem Weltobservatorium Schweiz: Peter Heintz

»If I study world society I am studying a very particular type


of society, the knowledge of which promises to be fruitful for
theory construction. This society has no identity, and it is not
perceived by most of its members. In other words, I am stu-
dying a stateless society of immense complexity« (Heintz
1980c: 97).

14
»Auch wenn sich die sozialwissenschaftliche Forschung
auf räumlich abgegrenzte Gesellschaften konzentriert und
dadurch den Besonderheiten der betreffenden Gesellschaf-
ten Rechnung zu tragen versucht, sollte dies doch nicht so
weit gehen, daß die Forscher den ihnen gemeinsamen Gegen-
stand der Weltgesellschaft übersehen« (Heintz 1982a: 10).

Warum man sich mit der Weltgesellschaft


beschäftigen sollte
Heintz beschäftigte sich zu einem sehr frühen Zeitpunkt,
in den sechziger Jahren, mit der Weltgesellschaft. In der
Monographie »Weltgesellschaft« (1982a) stellt er sein Kon-
zept zusammenfassend dar. Zunächst einmal geht er davon
aus, daß »die Weltgesellschaft einen besonderen Typus von
Gesellschaft darstellt, der sich von anderen bekannten Ty-
pen unterscheidet« (ebd.: 10), da dieses soziale Gebilde äu-
ßerst komplex ist und weder durch einen Staat noch durch
eine gemeinsame Kultur zusammengehalten wird. Der Sach-
verhalt, daß viele Mitglieder die Weltgesellschaft »selbst
nicht oder kaum wahrnehmen« (ebd.: 11), verweist gerade
auf das Spezifikum dieses Gesellschaftstyps. Denn die Welt-
gesellschaft, so Heintz, wird als hochgradig strukturlos
wahrgenommen, und die Mitglieder engen daher ihre Orien-
tierungshorizonte ein, um sich von der Strukturlosigkeit der
weiten Welt abgrenzen zu können.4
Heintz postuliert, »daß die Weltgesellschaft als ein System
von umfassenden und umfaßten Systemen zu sehen ist, die
miteinander interagieren«, und folgert: »Wir können dann
von einem oder mehreren Systemen sprechen, die im
strengsten Sinne weltweit sind, ferner von Systemen auf tie-
feren Systemebenen, die nicht weltweit sind« (ebd.: 12; vgl.
Heintz 1974c: 25). Unter einem theoretischen Gesichtspunkt
führt er fünf Gründe an, die dafür sprechen, sich soziologisch
mit der Weltgesellschaft zu beschäftigen: 1. Bei der Weltge-
sellschaft handelt es sich um ein äußerst komplexes gesell-
schaftliches Gebilde ohne Staat. Es ist zu fragen, wie die So-
ziologie dieses Phänomen erklärt. 2. Angesichts dieser Kom-
plexität stellt sich die Frage, wie die Weltgesellschaft beschrie-
ben werden kann und welche individuellen und kollekti-
ven Bilder ihre Mitglieder benutzen. 3. Der Begriff der Welt-
gesellschaft erlaubt die Korrektur gängiger Konzepte. 4. Die
Weltgesellschaft ermöglicht die Konzeptualisierung eines

15
Mehrebenensystems. 5. Das Konzept der Weltgesellschaft
ermöglicht eine Aggregation der Perspektiven der einzelnen
Mitglieder und damit die Frage, welche Positionen sie in-
nerhalb dieses Systems zum Ausdruck bringen. Diese fünf
Gründe können wir als Orientierungsraster nutzen, um die
Konzepte von Heintz, Meyer und Luhmann zu diskutieren.

Die interne Struktur der Weltgesellschaft


Ausgangspunkt für den Aufbau seines analytischen Koor-
dinatensystems bildet bei Heintz zum einen die internationa-
le Perspektive im Kontext der lateinamerikanischen Soziolo-
gie. Von 1956 an war Heintz 25 Jahre als Experte für die
UNESCO tätig und reorganisierte in diesem Rahmen den so-
ziologischen Lehr- und Forschungsbetrieb verschiedener la-
teinamerikanischer Länder. Mit seiner Leitung der sozial-
wissenschaftlichen Fakultät (FLACSO) in Santiago de Chile
(1960–1965) setzt die Geschichte der modernen lateinameri-
kanischen Soziologie ein (vgl. Fuenzalida 1980; Geser 1983).
Heintz baute das Konzept der Weltgesellschaft im Rahmen
seiner entwicklungs- und strukturtheoretischen Analysen
auf (Heintz 1962, 1969, 1973, 1974b), die er in Richtung auf
eine allgemeine Theorie sozietaler Systeme (Heintz 1972) er-
weiterte. Im Rahmen dieser Theorie entwickelte Heintz sy-
stematische Annahmen über die Struktur sozialer Systeme
und ihre Interferenz. Es handelt sich um eine hoch generali-
sierende Theorie, gewissermaßen eine Supertheorie, auf die
wir an dieser Stelle nur soweit eingehen können, wie es der
Zusammenhang erfordert.5 Heintz faßte soziale Problemla-
gen lokaler Art frühzeitig unter dem Gesichtspunkt ihrer
globalen Bedingtheit auf. Ausgangspunkt hierfür war in den
sechziger Jahren die Entwicklung einer soziologischen Theo-
rie des internationalen Schichtungssystems.
Theorien funktionaler Differenzierung sehen das Struk-
turmerkmal moderner Gesellschaften in der arbeitsteiligen
Spezialisierung und in gesellschaftlichen Teilsystemen, die
nach ihrer eigenen Funktionslogik operieren. Für Heintz be-
stand ein anderes wichtiges Merkmal moderner Gesellschaf-
ten in der ungleichen Verteilung von Ressourcen und be-
gehrten Gütern, so daß er soziale Strukturverhältnisse unter
dem Aspekt der schichtmäßigen Differenzierung betrachtete.
Die drei allgemeinen Grundfragen der Soziologie lagen für
ihn daher in der Ungleichheit der Verteilung, der funktiona-

16
len Differenzierung von Tätigkeiten und der Verknüpfung
zwischen Verteilung und Differenzierung (Heintz 1982b:
19).
Das Innovative des Zugriffs besteht bei Heintz in dreierlei
Hinsicht: 1. Seine Schichtungstheorie ist nicht normativ, d. h.,
er gibt keine Ziele von Entwicklungsrichtungen vor wie z. B.
Modernisierungstheorien, die die höher entwickelten Länder
zum Maßstab des Entwicklungsprozesses erheben. 2. Heintz
postuliert eine Dynamik, die sich nicht aus einzelnen natio-
nalstaatlichen Einheiten, ökonomischen Determinanten oder
intranationalen Elementen erklären läßt. Er konzipiert die
Weltgesellschaft als Sache eigener Logik und als ein neues
Phänomen. 3. Mit dem Begriff der konzentrischen Lagerung
von Systemen bzw. der Konzentrik (vgl. Heintz / Obrecht 1977:
2) bezeichnet er verschiedene Schichtungssysteme (interin-
dividuell, interprovinziell, international). Bezogen auf die
Weltgesellschaft heißt dies, daß die Provinz, die Nation, die
Region ineinander verzahnt sind und daß diese Verknüp-
fung über das Individuum stattfindet, das an allen Systemen
direkt oder indirekt beteiligt ist. Er konzipiert einen Zusam-
menhang von umfassenden und von umfaßten Systemen, die
in einem Kräftefeld der Wechselwirkung stehen.
Diese drei Gesichtspunkte, die vor allem auf die Kontin-
genz von Entwicklung und die Emergenz der Weltgesell-
schaft abstellen, sind im Kontext der weitgehend marxisti-
schen oder struktur-funktionalistischen Entwicklungs- und
Modernisierungstheorien der sechziger Jahre durchaus un-
gewöhnlich.
Für diese Vorstellung von der Weltgesellschaft sind zu-
dem die Begriffe ›strukturelle Spannung‹ und ›Spannungs-
transfer‹ zentral (vgl. Heintz 1962, 1969, 1972). Der Begriff
der strukturellen Spannung enthält 1. die Vorstellung, daß
sozialen Strukturverhältnissen eine Konfliktdimension inne-
wohnt, aufgrund derer diese 2. Strategien des Equilibriums,
des Wandels und der Transformation generieren. Aus dieser
Dynamik können sich 3. für die Akteure Handlungsspiel-
räume und strukturelle Chancen ergeben.
Für Heintz hatte sich die Weltgesellschaft nach 1945 kon-
solidiert. Im 20. Jahrhundert durchlief sie in zweierlei Hin-
sichten eine Phase wichtiger Veränderungen ihrer Parame-
ter. Seit dem Ersten Weltkrieg spaltete sich die internationa-
le Machtstruktur in relativ stabile Blöcke; nach dem Zweiten

17
Weltkrieg entstand im Zuge der Entkolonialisierung das in-
ternationale Entwicklungssystem.
Wie für Meyer (Meyer 1979, 1980; Meyer et al. 1997) bil-
dete auch für Heintz die Reorganisation der internationalen
Ordnung nach 1945 historisch die entscheidende Phase für
die Konsolidierung der Weltgesellschaft. Mit der Entkoloni-
alisierung und der Etablierung neuer Nationalstaaten wur-
den die infrastrukturellen Voraussetzungen für ein gemein-
sames Interaktionsfeld geschaffen. Denn erst jetzt wurden
weltweit aus allen politischen Gemeinwesen Nationalstaa-
ten. Diese beschreiben sich als strukturell Gleiche, als Teile
einer Weltgesellschaft, für die dieselben Regeln und institu-
tionellen Muster (Souveränität, Gewaltmonopol, Bildungsin-
stitutionen, Menschenrechte etc.) gelten. Für Heintz nahm
die Weltgesellschaft für eine gewisse Zeit die Form des in-
ternationalen Schichtungssystems an.
Dieser Wandel der internationalen Ordnung wurde nach
Heintz zum entscheidenden Ausgangspunkt einer neuen
Dynamik, nämlich der Herausbildung eines weltweiten Be-
zugs- und Erwartungshorizonts für den Grad der Entwick-
lung (Heintz 1974a; Heintz 1976b; Heintz / Obrecht 1977). Das
Neue besteht aus der Perspektive der Individuen darin, daß
sich Konsumptionserwartungen in Form des Lebensstan-
dards weltweit verbreiten und als Konzept der Entwicklung
institutionalisiert werden, d. h., Individuen können Entwick-
lung anstreben – und man kann erwarten, daß alle dies tun.
Nicht nur Einheiten in Form von Nationalstaaten, sondern
auch supra- und subnationale Einheiten (OPEC, EG, Provin-
zen) haben einen gemeinsamen weltweiten Bezugshorizont
im Grad der Entwicklung und sind daher untereinander ver-
gleichbar. Entwicklung hat einen universalistischen Gehalt
und transzendiert nationale Grenzen.
Die UNO stellt einen exponierten Bereich dar, in dem die-
se sozialen Erwartungen an Entwicklung seit 1945 institutio-
nalisiert worden sind. Da die UNO nach dem Prinzip one
country, one vote funktioniert, ist diese internationale Orga-
nisation für alle Nationalstaaten zugänglich. Unter dem Ge-
sichtspunkt der Schichtung dürften besonders die kleinen
und ärmsten Entwicklungsländer großes Interesse an der
UNO haben, die hochentwickelten Länder dagegen ein sehr
geringes. Die UNO hat nach Heintz für das internationale
Entwicklungsschichtungssystem eine wichtige Legitima-

18
tionsfunktion. Sie ist einmal die Organisation, die über Maß-
nahmen der Umverteilung zum Spannungstransfer beiträgt.
Dazu kommt ein weiterer Gesichtspunkt: »Auf die UNO kann
aber auch deshalb nicht verzichtet werden, weil nur sie
weltweit anerkannte Daten erhebt, die es ermöglichen, das
internationale Entwicklungsschichtungssystem mehr oder
weniger angemessen zu beschreiben und die entsprechende
Politik zu formulieren« (Heintz 1982a: 54). Die UNO hat als
Organisation also auch die Funktion, die Beschreibung der
Weltgesellschaft und die Formulierung weltgesellschaftli-
cher Probleme allererst zu ermöglichen, indem sie hierfür
Daten zur Verfügung stellt. Durch die Erhebung von Daten
zur weltweiten Verbreitung institutionell anerkannter Mu-
ster formuliert die UNO weltweite Probleme.
Heintz hatte vier Subdimensionen der Entwicklung be-
stimmt, nämlich Pro-Kopf-Einkommen, Bildung, Differen-
zierung der Wirtschaft in primäre, sekundäre und tertiäre
Sektoren sowie Urbanisierung. Theoretisch sind dies in der
Differenzierungsdimension Statuslinien, die sich hinsichtlich
ihrer Form und Funktion unterscheiden. Das Pro-Kopf-
Einkommen war vor allem in den höheren Rängen des Ent-
wicklungsschichtungssystems durch einen hohen Grad der
Akkumulativität gekennzeichnet, demgegenüber hatte die
Bildung gleichzeitig eine instrumentelle als auch eine legiti-
mierende Funktion (vgl. Heintz 1974a: 25ff.).
Die instrumentelle Funktion lag in der verbreiteten Stra-
tegie der Entwicklungsländer, das Bildungssystem auszu-
bauen, um die wirtschaftliche Entwicklung zu forcieren. Ins-
besondere in den mittleren Rängen, in den Schwellenländern
im Übergang zum Industriestaat, war diese Strategie eine
gewisse Zeit erfolgreich. Ebenso konnten Bildung und Wis-
senschaft aber auch die Funktion erhalten, einen Entwick-
lungsgrad bzw. den Anspruch auf Entwicklung zu legitimie-
ren. Wird der Ausbau des Bildungssystems etwa nicht von
entsprechenden wirtschaftlichen Entwicklungen begleitet,
kann dies zu einer Illegitimierung des internationalen
Schichtungssystems führen, nämlich zu Protesten gegenüber
diesem System. Dies geschah in den sechziger Jahren bei-
spielsweise in Form der Studentenunruhen in den Entwick-
lungsländern.
Im Hinblick auf das Bildungssystems gibt es einige inter-
essante Parallelen zwischen Heintz und Meyer. Beide wei-

19
sen auf die weltweiten Angleichungstendenzen im Primär-
und Sekundärbereich hin. Sie verstehen den Ausbau des
Bildungssystems nicht als Entwicklungsvoraussetzung, son-
dern als ein Instrument, das zur Beschleunigung der wirt-
schaftlichen Entwicklung genutzt wird. So wird Bildungs-
entwicklung als Konformitätsdemonstration eingesetzt, näm-
lich z. B. als Mittel, um internationale Gelder zu erhalten.
Die Struktur der Weltgesellschaft besteht aus der Ge-
samtheit der Statuslinien und ihrer spezifischen Beziehungen
(ebd.: 19). Die Mobilität bzw. die Entwicklungsmöglichkeit
von Ländern ist daher einerseits abhängig von der spezifi-
schen Position des Landes im internationalen Schichtungs-
system, also von der Position auf den einzelnen Statuslinien.
Andererseits hängen Mobilität und Zugangschancen aber
auch von der Gesamtstruktur ab, d. h. von der Weltgesell-
schaft als umfassendem System.
Theoretisch konzipiert Heintz die Struktur der Weltge-
sellschaft als ein Netzwerk von Mobilitätskanälen, die verti-
kal verlaufen, und auf denen Mitglieder sich von unter-
schiedlichen Positionen aus und mit unterschiedlicher Ge-
schwindigkeit bewegen. Insgesamt gibt die Struktur der
Weltgesellschaft somit eine Ungleichheit der Positionen
wieder. Historisch werden erstmals Nationen, aber auch lo-
kale Gemeinschaften und Individuen sozial unter dem Ge-
sichtspunkt des Entwicklungsgrades miteinander vergleich-
bar (vgl. Heintz / Obrecht 1977: 1). Am Zürcher Institut wur-
den hierzu eine Vielzahl von Studien durchgeführt, die auf
der Basis von weltweit zugänglichen Indikatoren wie Bil-
dungsgrad, Pro-Kopf-Einkommen etc. den Wandel der
Struktur der Weltgesellschaft und die Mobilitätswege der
einzelnen Nationen untersuchten. Insgesamt ergaben diese
Untersuchungen ein differenziertes Bild der Entwicklungs-
wege und Entwicklungsstrategien vor allem der Entwick-
lungsländer im Zeitraum von 1960 bis 1980 (vgl. Heintz 1972;
Heintz / Hischier 1983; Meyer-Fehr 1978).
Aus dieser Konzeption der Struktur der Weltgesellschaft
in der Form des internationalen Entwicklungsschichtungs-
systems ergibt sich, daß die individuelle Situation stets über
mehrere Mitgliedschaften erklärt werden kann. Die Situation
eines Individuums ergibt sich nicht nur aus dem intranatio-
nalen und interindividuellen Schichtungssystem, sondern
ebenfalls aus der Position seines Landes im internationalen

20
Schichtungssystem. Es besteht eine enge Beziehung zwi-
schen individueller und nationaler Mobilität (Heintz 1974a:
13ff.). Individuen haben daher die Möglichkeit, über zwei
verschiedene Strategien ihre Position zu verbessern, näm-
lich über den individuellen Aufstieg im intranationalen
Schichtungssystem oder über den Aufstieg des Nationalstaa-
tes, dem sie angehören, d. h. über Entwicklung. Hierzu zählt
auch zunehmend mehr die dritte Strategie der geographi-
schen Mobilität, indem die intranationalen Entwicklungs-
gefälle zwischen Regionen ausgenutzt werden bzw. durch
internationale Mobilität in Form der Migration.
Die Bedeutung der internationalen Mobilität im Rahmen
des Entwicklungssystems ist im Bereich der Migration unter-
sucht worden. Die am Zürcher Institut entstandenen Studien
von Hans-Joachim Hoffmann-Nowotny (1970, 1972) zeigen,
daß internationale Migration zwar massiv durch politisch-
militärische Faktoren bedingt ist. Der große Teil der Migra-
tion ist aber vor allem auf ein sozioökonomisches Entwick-
lungsgefälle zurückzuführen, das von unten nach oben
verläuft. Migranten, die nationale Grenzen überschreiten,
beziehen sich somit auf einen weltgesellschaftlichen Hori-
zont, d. h., sie »tun dies unter Bezug auf einen Rahmen, der
sowohl über das Emigrations- als auch über das Immigra-
tionsland hinausgeht« (Heintz 1982a: 9).
Unter welchen Bedingungen wird die Weltgesellschaft re-
levant? Unter welchen Bedingungen werden Ungleichheiten
im externen System zum Thema gemacht? Heintz geht da-
von aus, daß für Individuen zunächst einmal jedes System
relevant ist, das ihnen für ihre Interessen nützlich erscheint
und über das sie möglichst viele Informationen erhalten. Da
dies in der Regel das intranationale System ist, werden Indi-
viduen zuerst versuchen, über individuelle Strategien, wie
Bildungsanstrengungen oder intranationale Mobilität, ihre
Position im intranationalen System zu verbessern. Wenn
sich diese Strategien als erfolglos erweisen, kann der Ent-
wicklungsgrad des jeweiligen Nationalstaats für die Realisie-
rung der Interessen von Individuen eine wichtige Rolle spie-
len. Eine weitere Möglichkeit besteht in der subkulturellen
Differenzierung. Hierunter hat Heintz den Rückzug aus dem
System bei Betonung zugeschriebener Positionen, z. B. in der
Form von Ethnisierung, verstanden.
Diese Relevanzverschiebung von Spannungen zwischen

21
Systemebenen, d. h. die Spannungsinduktion, ist indes auch
in einem anderen Verlauf denkbar. So kann nach einer fehl-
geschlagenen staatlichen Entwicklungspolitik z. B. der Blick
vom internationalen Schichtungssystem stärker zu den in-
ternen Bedingungen eines Landes wechseln (Heintz 1974a:
14). Heintz hat diesen Vorgang als Internalisierung bezeich-
net (Heintz 1972, Bd. II: 144; 1982a: 66f.). Dies läßt sich aus
heutiger Sicht am Iran illustrieren: In den siebziger Jahren
bezogen sich die innenpolitischen Proteste auf Ungleichhei-
ten im internationalen Entwicklungsschichtungssystem. In-
zwischen werden Konflikte auf die interne Struktur bezogen
und nehmen z. B. die Form religiöser Kämpfe an. In dieser
Internalisierung sah Heintz einen Hinweis auf den Zerfall
des Entwicklungsschichtungssystems, nämlich eine Illegiti-
mierung des Entwicklungswertes.
Für den Nationalstaat beobachtete er frühzeitig einen
Wandel, nämlich in der Form der multinationalen Korpora-
tionen, die zunehmend »die Funktion globaler Orientie-
rungshorizonte für ihre Mitglieder, und zwar auf Kosten der
politisch organisierten Gesellschaft«, zu übernehmen be-
gannen (Heintz 1976b: 129). Auf diesem Gebiet sind am Zür-
cher Institut in internationalen Projekten die ersten Studien
entstanden (Bornschier 1980; Bornschier / Chase-Dunn 1984;
Bornschier et al. 1978). Im Fall der multinationalen Korpora-
tionen konnte die systematische Annahme aufgezeigt wer-
den, daß »ein System Mitglied eines anderen Systems wer-
den kann oder, im Gegenteil, diese Mitgliedschaft aufgibt.
Eine solche Veränderung im Mitgliedschaftsstatus verändert
dann auch die Zahl der Statuslinien, die für das Verhalten
der Einheiten des betreffenden Systems relevant sind«
(Heintz 1974a: 55). Die multinationalen Korporationen wan-
dern aus dem Nationalstaat aus und kündigen damit Kom-
ponenten der Mitgliedschaft auf (vgl. ebd.: 58; Heintz 1974a:
55f.).

Begriffssysteme und Codes für die Weltgesellschaft


»The topic of world society has recently given rise [...] to
the construction of world models, in particular to economic
and resource-oriented models and to international relations
[...]. But there is another, somewhat different point of view
than that of world models, which shifts the focus of attention
to world society in a more sociological sense. This shift em-

22
phasizes the idea that world society is a fact of life, i.e. peo-
ple live with this fact, and in order to do so they produce or
simply adopt an image of world society as a means of orien-
tation« (Heintz 1982c: 12).
Wie nehmen Akteure die Weltgesellschaft wahr, wie ver-
arbeiten sie weltgesellschaftliche Informationen in den Mas-
senmedien, welche Eingrenzungen und Erweiterungen
nehmen sie in ihren Alltagstheorien vor? Wie beschreiben
die Sozialwissenschaften die Komplexität der Weltgesell-
schaft? Von den Alltagstheorien grenzte Heintz den soziolo-
gischen Code der Weltgesellschaft ab, also die theoretischen
Konzepte, die sozialwissenschaftlich entwickelt werden, um
die Komplexität der Weltgesellschaft zu verarbeiten. Er dis-
kutierte zunächst die Vielfalt der Möglichkeiten, um Weltge-
sellschaft zu beschreiben.
1. Weltgesellschaft als Herrschaftsstruktur operiert mit der
Vorstellung von Peripherie / Zentrum und konstruiert die
Weltwirtschaft oft analog zur politischen Herrschafts-
struktur (Wallerstein).
2. Weltgesellschaft als internationales Schichtungssystem
stellt die ungleiche Verteilung in den Mittelpunkt; Natio-
nen werden diesen Vorstellungen subsumiert.
3. Weltgesellschaft als Konglomerat verschiedener Kulturen
betont im Unterschied zur Vorstellung des gemeinsamen
Entwicklungsschichtungssystems die Heterogenität von
Kulturen.
4. Die Verknüpfung von Herrschafts- und Schichtungscode
kann bedeuten, daß die weltweite Herrschaftsstruktur ei-
ne internationale Arbeitsteilung erzeugt, die die Unter-
schiede im Entwicklungsstand bestimmt.
5. Weltgesellschaft als Ergebnis der Geschichte befaßt sich
mit der Koexistenz von Akteuren, die stabile Einheiten
bilden, wie etwa Nationen.
6. Weltgesellschaft als weltweite sinnstiftende Interaktion
(Luhmann) beschreibt die Weltgesellschaft als Gesamt-
heit der Interaktionen.
7. Das Diffusionsmodell stellt einen Code dar, in dem die
weltkulturelle Dimension beschrieben werden kann.
8. Weltgesellschaft als Feld von Interaktionen zwischen zwei
Partnern in einem vieldimensionalen Raum bedeutet, daß
auch unabhängige Strukturdimensionen an der Entste-
hung einer Interaktion beteiligt sein können.

23
Die Spezifik des Heintzschen Konzepts liegt darin, daß er die
Weltgesellschaft als emergentes Phänomen und als das um-
fassendste soziale System konstruierte, das keine Außenre-
ferenz mehr hat. In dieser Auffassung besteht eine enge
Koppelung mit Luhmann. Die Konzipierung von internatio-
naler Schichtung, Dynamik der Ungleichheit und Span-
nungstransfer zwischen sozialen Systemen unterscheidet
die beiden Konzepte indes grundsätzlich. Bei Luhmann be-
steht die weltweite Kommunikation in der Konstitution und
Reduktion von Komplexität, die durch die Letzteinheit des
Sozialsystems Gesellschaft realisiert wird. Die funktionale
Eigenlogik und Selbstbezüglichkeit der gesellschaftlichen
Teilsysteme wird in Hinsicht auf ihre Kommunikation be-
trachtet. Luhmann interessiert die Frage, wie Teilsysteme in
einem weltgesellschaftlichen Zusammenhang ihre Funktion
und Leistung erfüllen. Heintz beschäftigt das Problem, wie
z. B. Nationalstaaten auf das Entwicklungssystem Bezug
nehmen, welche Strategien der Demokratisierung oder der
politischen Mobilisierung diese Länder einschlagen und wel-
che integrativen oder desintegrativen Trends darin enthalten
sind.
Anders als in dem Herrschaftskonzept von Wallerstein
konzipierte Heintz die Dynamik der Ungleichheit nicht nur
für ein spezifisches Teilsystem, wie z. B. für die Ökonomie,
sondern er berücksichtigte wohl verschiedene Teilsysteme
in seiner Konzeption, trug aber vielmehr der Komplexität
und Dynamik der modernen Gesellschaft Rechnung.
Diese Annahme markiert die entscheidende theoretische
Differenz zu den Entwicklungstheorien, die in den sechziger
und siebziger Jahren dominierten. Von der Modernisie-
rungstheorie grenzte Heintz sich ab: »Bei dem Problem, mit
dem wir uns hier beschäftigen, handelt es sich somit nicht
um das Problem des Übergangs von einem traditionellen zu
einem modernen Zustand der Gesellschaft etwa mit Hilfe der
sozialen und politischen Mobilisierung der Massen; unser
Problem betrifft also nicht das, was man im allgemeinen Mo-
dernisierung nennt. Es bezieht sich vielmehr auf die vertika-
le Mobilität von Nationen im internationalen System«
(Heintz 1974a: 22f.). Die weltgesellschaftliche Dynamik ist
nicht über ein Zentrum bzw. über hoch entwickelte Länder
zu erklären, vielmehr transzendiert sie diese individuellen
Einheiten. Somit besteht die Wirkung der Weltgesellschaft in

24
der gegenseitigen Durchdringung von verschiedenen Sy-
stemebenen und stellt sich in »Prozesse[n] des Spannungs-
transfers« (Heintz 1982a: 30f.) dar, nämlich in der Verschie-
bung der Relevanzen verschiedener Systemebenen, die
durch Mitgliedschaft miteinander verknüpft sind.
Die Forschungsperspektiven bei Heintz und ihr Bezug zur
Organisationsebene stellen eine Koppelung zu den For-
schungen von Meyer und seinen Mitarbeitern dar:
1. Für Heintz lassen sich durch Weltgesellschaftsanalysen
nicht nur globale Probleme (natürliche Ressourcen etc.)
identifizieren und lokalisieren. Die Beschäftigung mit der
Weltgesellschaft kann außerdem zur Entwicklung eines
Codes führen, »der es erlaubt, weltweit anfallende Informa-
tion angemessener als bisher zu verarbeiten« (ebd.: 14). Hier-
mit sollten Ereignisse, wie etwa die weltweiten Studenten-
und Jugendrevolten der sechziger Jahre oder Regimewech-
sel, die an verschiedenen Stellen der Welt stattfinden, auf
ihre Verknüpfung hin untersucht werden. Dafür wurden
verschiedene Quellen in Betracht gezogen, zum einen Ereig-
nisdaten aus den Massenmedien als eine Quelle für Indika-
toren strukturellen Wandels. Zum anderen sollte auf Infor-
mationen und Daten internationaler Organisationen sowie
auf »standardisierte Informationen« zurückgegriffen werden,
die von verschiedenen Akteuren verbreitet wurden (vgl.
Heintz 1974c).
In diesem Zusammenhang hat Heintz sozioökonomische
Indikatoren vorgeschlagen, mit denen z. B. institutionalisier-
te Werte sozietaler Einheiten (Nationen) in Form von Kodi-
fikationen und Verträgen oder in Form von Bildungsstan-
dards und Schulbüchern im Hinblick auf ihre Beschrei-
bungen der Weltgesellschaft erforscht werden sollten (vgl.
Heintz 1974b). Die Forschungsgruppe von Meyer hat, wie im
nächsten Kapitel zu zeigen sein wird, auf diesem Gebiet in-
zwischen umfangreiche Studien vorgelegt.
2. In forschungsimmanenter Perspektive schlug Heintz
vor, Analysen nationaler Einheiten in einen weltweiten Be-
zugsrahmen zu stellen und dabei vor allem auch den »Wan-
del dieses Bezugsrahmens über die Zeit hinweg zu beach-
ten« (Heintz 1982a: 14). Dieser Zugriff ermögliche die Unter-
suchung gleichzeitig vergleichbarer Gesellschaften und so-
mit »eine maximale Varianz der für den Vergleich verwen-
deten Variablenwerte« (ebd.: 15). Meyers Forschungsteam

25
hat diesen methodologischen Zugriff inzwischen genutzt.
Seine Weltgesellschaftsanalysen bestehen vor allem aus ver-
gleichenden Zeitreihen-Studien.
3. Darüber hinaus liegen Verknüpfungen zwischen Heintz
und Meyer einmal darin, daß beide von Werten und damit
von Legitimität ausgehen. Zum anderen fassen beide die
Weltgesellschaft als ein eigenes dynamisches Feld von In-
teraktionen auf. Nationalstaaten und internationale Organi-
sationen sind dabei als Akteure von besonderer Bedeutung,
da sie verschiedene Zugänge der Mitgliedschaft darstellen,
die individuell und kollektiv relevant sind.

Die Topographie der Weltgesellschaft aus Stanford:


John W. Meyer und seine Forschungsgruppe

»The power of modern culture – like that of medieval Chris-


tendom – lies in the fact that it is a shared and binding set of
rule exogenous to any given society, and located not only in
individual or elite sentiments, but also in many world institu-
tions« (Meyer 1980: 117).
Die Weltgesellschaft wird oft als eine freie Weltmarktge-
sellschaft beschrieben, die ohne jede politische Kontrolle
operiert. Dies ist Meyer (ebd.: 113) zufolge jedenfalls die
Sicht der ökonomisch determinierten Theorien des World
System (Wallerstein 1974), die von der Dominanz des öko-
nomischen Prozesses ausgehen. Nationalstaaten erhalten in
diesem Raster die Funktion, als Hauptakteure der ökonomi-
schen Kräfte zu operieren und damit untereinander den
Wettbewerb zu forcieren. Unter diesen Voraussetzungen, so
folgerte Meyer, würde die Welt, in der wir leben, allerdings
anders aussehen. Wir hätten z. B. mit einer außerordentli-
chen Instabilität von Organisationen zu rechnen. Wir müß-
ten uns politische Organisationen nach dem Muster wirt-
schaftlicher Organisationen vorstellen, die bei Erfolg expan-
dieren und bei Mißerfolg zusammenbrechen und entspre-
chend verschwinden. Und es sei schließlich damit zu rech-
nen, daß bestimmte Nationalstaaten entsprechend ihrer
Klassen-Position im Weltsystem andere Institutionen und
Verfahren einführen würden als Nationalstaaten im unteren
Segment. Diese Annahmen werden indes durch die Wirk-
lichkeit widerlegt. Und so stellte sich die Frage, wie ökono-

26
misch orientierte Theorien des Weltsystems erklären kön-
nen, daß arme und reiche Länder dieselben institutionellen
Arrangements implementieren, daß nicht nur die Bildung in
allen Ländern expandiert, sondern sich mit ihr auch Urbani-
sierung, staatliche Dienstleistungen und Kommunikationssy-
steme mit ähnlichen Strukturmerkmalen ausbreiten.
Am Anfang von Meyers Konzept stand also die Abgren-
zung von ökonomisch determinierten Theorien und die Be-
anspruchung soziologischer Konzepte zur Erklärung weltge-
sellschaftlicher Phänomene. Für Meyer war Fortschritt in
Anlehnung an Weber nicht allein und ausschließlich auf den
Marktaustausch zurückzuführen, sondern vor allem auf »ra-
tionalized collective action« (Meyer 1980: 111). In Referenz
auf Weber interessierte er sich daher für die Spannung von
Ideen und Interessen (vgl. Lepsius 1990). Anders als öko-
nomische Austauschbeziehungen faßt er die Weltgesell-
schaft als ein hoch institutionalisiertes System struktureller
und kultureller Regeln auf. Theoretisch verstand Meyer in
den siebziger Jahren sein Konzept als Kritik an modernen
Sozialtheorien, die den Austausch von den Vorstellungen
über die Konstruktion sozialer Einheiten trennen, die an die-
sem Austausch beteiligt sind. Mit Hilfe phänomenologisch
geleiteter Konzepte sozialer Konstruktion (Berger / Luck-
mann 1969; Goffman 1967) kritisierte er diese theoretische
Trennung zwischen Struktur und ihrer Hervorbringung und
wendete sich »against the tendency of social science to follow
modern ideologies (of both the left and the right) in isolating
the two« (Meyer 1980: 111).
Meyer nutzte dagegen die phänomenologisch-kon-
struktivistische Sicht auf die Reproduktion von Beziehungen
als Erzeugung des Sinns sozialer Ordnung für makrosoziolo-
gische Fragestellungen. Er grenzte sich mit diesem Ansatz
sowohl von Theorien ab, die die Reproduktion von Struktur
nicht erklären können. Er kritisierte aber auch die Theorien
rationaler Wahl, die nutzenorientierte Akteure unterstellen.
Die Kritik an diesen Richtungen der Globalanalyse bildet bis
heute ein Charakteristikum des World-Society-Konzepts:
»These scholars recognize no order of social reality that
transcends states nor any type of authority or actorhood but
that of self-interested, rational states« (Boli / Thomas 1999:
16).

27
Strukturähnlichkeiten und Isomorphie
»For a century and more, the world has constituted a sin-
gular polity. By this we mean that the world has been con-
ceptualized as a unitary social system, increasingly integra-
ted by networks of exchange, competition, and cooperation,
such that actors have found it ›natural‹ to view the whole
world as their arena of action and discourse« (Boli / Thomas:
14).
Meyer, als Vertreter der Bildungs- und Organisationsso-
ziologie an der Stanford University, und seine Forschungs-
gruppe haben bereits in den siebziger Jahren ein Phänomen
diskutiert, das sie seitdem in ihren Studien behandeln: Ins-
gesamt zeigt die Welt zunehmende Strukturähnlichkeiten
zwischen Gesellschaften auf, ohne daß sich zwischen diesen
Gesellschaften ebenfalls eine Gleichheit in ihrem Einkom-
men oder in ihrer Kontrolle über notwendige Güter abzeich-
net (vgl. Meyer / Hannan 1979b: 15). Diese Isomorphie oder
Homologie stellten sie zunächst in ihren Untersuchungen des
Bildungssystems fest und kamen zu dem Ergebnis, daß 1. die
World Educational Revolution (1950–1970) nicht eine Funk-
tion variierender national-struktureller Charakteristika war,
sondern einen Prozeß darstellt, der vor allem durch exogene
Faktoren bedingt ist; daß 2. die Bildungsexpansion in allen
Ländern Strukturähnlichkeiten in bezug auf Schulsysteme,
Typendifferenzierung, Curricula etc. aufweist. Weitere Ge-
biete, auf denen die Gruppe von Meyer ebenfalls in den sieb-
ziger Jahren Isomorphien untersuchte, sind die Formation
von Regimen, die politische Inkorporation von Frauen sowie
nationale Verfassungen und Zyklen der Entkolonialisierung
(vgl. die Beiträge in Meyer / Hannan 1979a; Thomas /Mey-
er / Boli 1987 und Bergesen 1980).
Die Beschäftigung mit der Verbreitung institutioneller
Muster auf weltgesellschaftlicher Ebene und die These, daß
nationalstaatliche Entwicklungen durch exogene Faktoren
induziert sind, bilden den Ausgangspunkt in Meyers For-
schungsansatz. Der erste Sammelband seiner World-Socie-
ty-Studies, den Meyer 1979 mit Michael T. Hannan heraus-
gab, formuliert diese Forschungsagenda: »It would be a mis-
take to see these worldwide changes as simply reflecting
processes internal to particular national societes. The emer-
gence, in the most unlikely parts of the world, of formally in-
dependent nation-states, each controlling a newly elaborated

28
educational system, and each institutionalizing the modern
principles of citizenship and formal equality, requires an-
other level of explanation. The world system itself has been
changing – and changes in national societies must be seen as
closely interrelated with this transformation« (Meyer / Han-
nan 1979c: 297).
Die Diffusion strukturähnlicher Muster wird in diesem
Untersuchungskontext indes nicht als Trend zur Gleichheit
aufgefaßt. Die Fragestellung lautet vielmehr umgekehrt, wie
das Phänomen der kulturellen und institutionellen Isomor-
phie, also eine Strukturähnlichkeit in unterschiedlichen Lo-
kalitäten, trotz der sozialen, ökonomischen und politischen
Heterogenität dieser Länder zu erklären ist: Warum sind
staatliche Organisationsformen der Verwaltung oder Kom-
ponenten des politischen und Militärsystems in industriell
hoch und niedrig entwickelten Ländern ähnlich? Warum
enthalten nationale Verfassungen und Schulbücher ähnliche
Vorstellungen von Individuen und Bildung? Wie ist es au-
ßerdem zu erklären, daß sich diese Strukturähnlichkeit erst
nach 1945 ausbreitet, nicht aber bereits im früheren Koloni-
alsystem, das den Transfer der Institutionen leicht ermög-
licht hätte?
Die Fragestellung zielt also auf den kontra-intuitiven
Sachverhalt, daß sich trotz hochgradiger Ungleichheit und
sozialer Differenz Strukturähnlichkeiten auf weltgesell-
schaftlicher Ebene herausbilden. Die Ausgangsannahme
weist bei Meyer in dieser Frage eine große Nähe zu Heintz
auf. Auch Meyer geht von einem weltweiten Entwicklungs-
schichtungssystem aus: »Common definitions of the (techni-
cal) nature of reality, of value, of the nature of man, and of
equity, seem dominant in the modern system. The world sy-
stem has moved toward a single stratification system, in
which all nations compare their progress on the same scales.
Differences among societies are seen more as inequalities
and distributional inequities within a single system, rather
than as the result of independent evolution of discrete units«
(ebd.: 301). Das Schichtungssystem bildet – wie auch bei
Heintz – durch die Entwicklung institutionalisierter Werte
einen gemeinsamen globalen Bezugshorizont.
Der World-Society-Ansatz hat inzwischen zu einem breit
angelegten Forschungsprogramm geführt. In den siebziger
Jahren begann das Forschungsteam in Stanford zunächst

29
systematisch damit, Daten für empirische weltgesellschaft-
liche Analysen zu erschließen. Hierbei verknüpften sie die
komparative Analyse mit dem Verfahren der Zeitreihen-Un-
tersuchung. An anderen Studien kritisierten sie, daß diese
entweder nur Querschnitts-Analysen oder nur Zeitreihen-
Analysen durchführten. Die Verbindung beider Formen ist
entscheidend für das World-Society-Konzept, um nämlich die
Frage nach der Variation zwischen Nationen und über die
Zeit hinweg zu untersuchen (vgl. Meyer / Hannan 1979b). In-
zwischen sind aus diesem groß angelegten Projekt eine be-
achtliche Anzahl komparativ-makrosoziologischer Zeitrei-
hen-Studien hervorgegangen (Thomas / Meyer / Boli 1987;
Boli / Thomas 1999; McNeely 1998).
Den weiteren zivilisations- und organisationstheoreti-
schen Bezugsrahmen bildet Webers Modell der abendländi-
schen Rationalisierung. Diese Referenz stellt die zweite ana-
lytische Komponente des World-Society-Konzepts dar, um
die Frage zu untersuchen, 1. warum westliche Modelle des
Fortschritts sich aus ihrem Ursprungskontext lösen konnten
und 2. warum diese Lösung und Diffusion sich dermaßen er-
folgreich vollzog: »The visibility of what started as Western
models of the nation-state and its citizenry was not an acci-
dent. These models were not so much pirated [...] as carried
across the world with missionary zeal [...]. To be sure, this
voyage was riddled with inconsistencies and contradictions
but the universalistic character of the scripts facilitated their
increasingly worldwide use« (Ramirez / Meyer 1998: 60).
Meyer knüpft an Webers Vorstellung vom Fortschritt in
der Moderne an. Insbesondere die Reorganisation des sozia-
len Lebens im Rahmen rationalisierter sozialer Organisation
und Herrschaft ist hierfür relevant, d. h. »the structuring of
everyday life within standardized impersonal rules that con-
stitute social organization as a means to collective purpose«
(Meyer / Boli / Thomas 1987: 24). Webers Gedanken zur Ra-
tionalitätssteigerung in der Moderne, also nicht nur das
zweckrationale Handeln, sondern vor allem die Dimension
der formalen Rationalität, wird von Meyer weiter verfolgt.
Der Bezug auf universal angewandte Regeln, wie wissen-
schaftliche Methoden oder Vorschriften in Form von Geset-
zen, ist dabei zentral. Rationalisierung erzeugt Regeln, die
nicht auf face-to-face relations basieren und die universal
wirksam werden. Die erfolgreiche Verbreitung westlicher

30
Modelle erklärt Meyer zunächst noch sehr allgemein mit
Rationalisierung, Standardisierung und Generalisierung. In
dieser Sicht verbreiten Organisationen und Institutionen
Konzepte rationalen Handelns im Weltzusammenhang. Die
zwei analytischen Komponenten des World-Society-Kon-
zepts, nämlich 1. die Verknüpfung konstruktivistischer An-
sätze mit makrosoziologischen Fragestellungen und 2. die
Webersche Institutionen- und Zivilisationstheorie, werden
durch die neo-institutionalistische Perspektive erweitert und
präzisiert.

Neo-Institutionalismus und die Präzisierung


kognitiver Konzepte
Das World-Society-Konzept ist durch eine Weber-Rezep-
tion abgestützt, die Meyer 1977 mit Brian Rowan (Meyer /
Rowan 1977) entwickelt hat. Dieser Beitrag, der inzwischen
zu den klassischen Texten des organisationssoziologisch be-
gründeten Neo-Institutionalismus zählt (vgl. Powell / DiMag-
gio 1991a), soll hier kurz referiert werden, um die Erweite-
rung des Ansatzes der Forschungsgruppe von Meyer trans-
parent zu machen. Der Beitrag kritisiert die amerikanische
Rezeption des Weberschen Bürokratiemodells in der Organi-
sationsforschung, die die Effektivität und Kontrolle formaler
Organisationen in den Mittelpunkt stellte. Diese Ansätze
»have neglected an alternative Weberian source of formal
structure: the legitimacy of rationalized formal structures«
(Meyer / Rowan 1977: 43f.). Die Elemente formaler Struktu-
ren sind den Autoren zufolge Ausdruck wichtiger institutio-
neller Regeln, »which function as highly rationalized myths«
(ebd.: 44).
Meyer und Rowan konzeptualisieren formale Organisatio-
nen als soziale Gebilde, die ihre Strukturen mit dem Ziel der
Legitimität und nicht primär zur funktionalen Problemlö-
sung entwickeln. Die zentrale These lautet, daß formale Or-
ganisationsstrukturen Mythen zum Ausdruck bringen, die
in ihrer gesellschaftlichen Umwelt institutionalisiert sind.
Hierunter verstehen sie: 1. Organisationen inkorporieren
Elemente, die extern legitimiert sind; 2. Organisationen ver-
wenden rituelle Beurteilungskriterien, um den Wert struktu-
reller Elemente zu bestimmen; 3. die Abhängigkeit von ex-
tern bestimmten Institutionen erhält die Stabilität der Orga-
nisation. Damit kopieren Organisationen Mythen, also be-

31
stimmte Erwartungshaltungen ihrer Umgebung und stellen
eine Gestalt- und Strukturähnlichkeit zu ihrer Umwelt her
(vgl. hierzu einführend Meyer / Scott 1992; Scott 1995; Has-
se / Krücken 1999).
Das folgende Beispiel aus dem Wissenschaftsbereich
kann diesen Vorgang illustrieren. Interdisziplinarität ist in
den letzten 15 Jahren zu einem Kriterium der Forschungs-
förderung geworden. Man denke dabei an Graduiertenkol-
legs, Sonderforschungsbereiche, Forschergruppen und ver-
gleichbare Einrichtungen. Aufgrund dieser Anforderung ist
es nützlich, im Design eines größeren Forschungsantrages
auf Interdisziplinarität zu achten. Als Folge davon beschrei-
ben sich Universitäten mit entsprechend konzipierten Pro-
jekten zunehmend als Organisationen, die interdisziplinäre,
d. h. innovative Forschung betreiben. Anders formuliert:
Inzwischen beziehen immer mehr Forschungsanträge inter-
disziplinäre Elemente ein. Die Folge davon ist, daß For-
schungsanträge in dieser Hinsicht eine Strukturähnlichkeit
erzeugen und daß sie zu Standardisierungsprozessen im
Wissenschaftssystem und zur Stabilisierung der eigenen Or-
ganisation beitragen.
Der für das Konzept der World Society entscheidende Ge-
danke ist hier, daß Organisationen als offene Systeme in
ihrer Umwelt operieren und bestimmte Erwartungshaltungen
aufgreifen, um die eigene Legitimität zu sichern. Dieser Ge-
danke der Isomorphie und Homogenisierung wird in einem
zweiten wichtigen Beitrag des Neo-Institutionalismus präzi-
siert. Walter W. Powell und Paul J. DiMaggio (1991b) defi-
nieren Mechanismen des institutionellen Wandels durch
Strukturähnlichkeit. Zunächst präzisieren sie das Verhältnis
zwischen Organisation und gesellschaftlicher Umwelt, in-
dem sie den Begriff der organisationalen Felder einführen.
Diese Felder bestehen aus den Organisationen, die den Be-
zugsrahmen für die einzelne Organisation bilden, die zu un-
tersuchen ist. Mit der Vorstellung des Feldes betonen sie
zwei wichtige Gesichtspunkte, nämlich 1. die Verbindung
(connectedness) zwischen den Einheiten in einem organisa-
tionalen Feld, 2. die strukturelle Äquivalenz der Einheiten
(vgl. ebd.: 64f.). Innerhalb des organisationalen Feldes fin-
den Angleichungsprozesse statt, die als institutionelle Iso-
morphie bezeichnet werden. DiMaggio und Powell identifi-
zieren drei Mechanismen zur Herstellung von Isomorphie,

32
nämlich Zwang, Imitation und normativen Druck (vgl. ebd.:
67ff.).
Bei der durch Zwang bewirkten Isomorphie ist vor allem
an staatliche Vorgaben, die sich z. B. in Rechtsnormen nie-
derschlagen, zu denken. Dies betrifft Vorgänge der Ver-
rechtlichung, die gesellschaftlich institutionalisierte Vorstel-
lungen in Rechtsnormen umsetzen wie im Fall von Men-
schenrechten und Gruppenrechten. Angleichungsprozesse
über Imitation finden dann statt, wenn hohe Unsicherheit
oder ungenaue Problemlösungsvorstellungen existieren. Der
Bereich technischer Innovation bietet ein gutes Beispiel
hierfür. Der dritte Mechanismus des normativen Drucks wird
insbesondere durch Professionen und insgesamt durch Ex-
pertensysteme erzeugt. Man denke hier etwa an die Bedeu-
tung der Mediziner für die Herausbildung von Gesundheits-
standards.
Nun wird die forschungsstrategische Koppelung von
World-Society-Konzept und Neo-Institutionalismus deutlich.
Das neo-institutionalistische Instrumentarium kann zur Un-
tersuchung der Strukturähnlichkeit von Organisationen im
weltweiten Rahmen eingesetzt werden. Hiermit läßt sich re-
konstruieren, wie Organisationen in ihrer Umwelt operieren,
welche Mythen sie zu ihrer Reproduktion aufgreifen und
welche Standardisierungen sie erzeugen. Die frühen For-
schungen, die den theoretischen Rahmen der World Society
bestimmen, fassen die Weltgesellschaft als ein System auf,
das Werte »through the collective conferral of authority«
erzeugt (Meyer 1980: 111f.). Die Regeln, die durch diese kol-
lektive Verleihung von Autorität entstehen, können in kultu-
rellen oder politischen Prozessen lokalisiert sein. Oft aber
sind es staatliche Handlungen, die direkt Werte durch die
Erzeugung von Zielen konstruieren. Meyer identifiziert in
diesem Zusammenhang drei Strukturformen, die für die
Formation der World Society konstitutiv sind, nämlich den
Staat als zentrale Organisationsform, formale Organisationen
als grundlegende Einheiten und das rationale Individuum als
Handlungsträger (Meyer 1980). Die Fragestellung lautet: Wie
erzeugen, verbreiten und reproduzieren diese drei Kompo-
nenten institutionalisierte Werte?
Um diese makrosoziologische Sicht deutlich zu machen,
sei noch einmal auf eine frühe Arbeit von Meyer verwiesen,
in der er seine Forschungsperspektive auf Institutionen am

33
Another random document with
no related content on Scribd:
Commodore in the Texian service, a gentleman who has seen much
of the world, an excellent companion, and a good hunter and fisher.
Of our various excursions, whether by water or by land, between the
mouths of the Mississippi and the point at which we returned, a
detailed account would prove tedious and fatiguing; for what interest
can there be in the relation of our wading through mud for whole
days, exposed to the scorching heat, and continually annoyed by
myriads of insects? We reached the Bay of Galveston on the 24th of
April 1837, and ransacked not only the island of that name, but all
those in that celebrated inlet of the Mexican Gulf, which we thought
worthy of our attention. It was a curious circumstance to me, that,
being on board of the first American armed vessel in the United
States’ Service that had entered the Bay, the fort of Galveston
returned the salute of twenty-six fires from the great gun of the
Campbell; and almost equally so when I received a visit from the
Secretary of the Navy of the infant Republic of Texas, with a written
invitation to proceed to the seat of Government, the newly founded
city of Houston, distant from our anchorage about eighty miles.
Toward this place the Campbell proceeded about twenty miles,
when, meeting with a bar, on which there is not more than about four
feet of water at full tide, she again came to anchor. At this place,
which is called Red-Fish Bar, on the 9th of May, my friend Edward
Harris, Captain Coste, and five sailors took the gig, while the
Crusader, our tender, took the Secretary of the Texian Navy, M.
Fisher, Esq., a Mr Ward, my son, and myself. We crossed a large
but shallow bay with a fair wind, and proceeding rapidly, passed the
lately founded town of New Washington, and soon afterwards
several plantations, the sight of all which afforded us much pleasure,
as contrasted with the low salt-marshes and flat lands along the
shores of the Mexican Bay, among which we had so long wandered.
About noon we entered Buffalo Bayou, near the mouth of the San
Jacinto River, almost opposite the celebrated battle-ground. Ducks of
various species, Ibises, Wild Turkeys, and many other birds, were
seen in great numbers, and we proceeded smoothly over the then
turbid waters of the Bayou, until we reached a comfortable house,
where we spent the night, after previously examining several miles of
the country around.
The Secretary of the Texian Navy being anxious to reach the seat of
his government, we started in the gig of the Campbell, although the
rain, which had commenced in the night, was falling in torrents, and
the waters of the Bayou, which the day before were still, now rushed
at a rapid rate toward the Gulf. About two o’clock in the afternoon,
we reached Houston, completely drenched, and were soon
afterwards introduced to the President General Houston, who
received us kindly, and offered us horses and men to assist us in our
researches. The town was crowded with hundreds of Indians, only a
few of whom were sober. Although here and there groups of great
interest to the painter might be seen, their howlings and
gesticulations were by no means pleasing. The beautiful level plain
on the margin of which Houston is situated, was covered with water
ankle deep. Having seen all that was thought interesting, and offered
the President as well as all the officers of his Staff my best thanks,
we returned to our yawl, and floating on the accumulated waters,
flew as it were down the stream. Several days were afterwards spent
in rambling as much as possible over the country, and among other
places, we visited the battle-ground of San Jacinto, where we saw
scattered the remains of numerous individuals destroyed in that
bloody fray.
On our way towards “Red-Fish Bar,” we stopped two days at the
hospitable mansion of Colonel James Morgan, who received us in
the most friendly manner. This spot, possessing a fine extent of
woodland, surrounded by vast prairies, ornamented with numerous
detached groves, reminded us of some of the beautiful parks of
England. There, among other rarities, we procured a fine specimen
of the climbing Rattle-snake with recurved fangs, which, along with
several others of the same kind, is now in my possession.
On the 18th of May, we bade adieu to the Texas, amid the salutes of
the several armed Texian vessels at Galveston, and were soon on
the broad waters of the Gulf of Mexico. We had as passenger Mr
Crawford, the British Consul at Tampico; and after a pleasant
voyage, anchored on the 24th within the south-west Pass of the
Mississippi. After visiting Captain Taylor and his family at the
Balize, we were towed by a steamer to New Orleans, where we
arrived on the 27th. Here I had the gratification of meeting with my
youngest brother-in-law, William G. Bakewell, Esq. of Louisville,
Kentucky, as well as with his amiable wife, neither of whom I had
seen for several years.
The commercial revolution which had taken place during our
absence, prompted us to proceed at once to the eastward, and
bidding farewell to our friends, I and my son set out for Charleston by
way of Mobile, whence we crossed the country in a cart with the
United States’ mail-bags, whereon, in lieu of downy beds and
pillows, our bones rested in cramped positions during the night,
whilst by day we had ample opportunities of walking over miserable
roads, through an almost uncultivated country, and with very
indifferent fare. On reaching Montgomery, however, we met with a
good coach, and moved more rapidly toward our destination.
My friend Edward Harris had parted from us, at New Orleans, and
gone up the Mississippi to secure for me a collection of preserved
Reptiles and other objects; but, after a more pleasant journey than
ours, by way of Mobile, Pensacola, and the level country between
the latter and Augusta in Georgia, joined us again at the house of
our friend Dr Bachman, where we arrived on the 5th of June. And
here, good-natured Reader, let me say to you, that the friendship
which had so long subsisted between that reverend gentleman and
myself, became, still more cemented by the marriage of his eldest
daughter to my youngest son.
In the course of our long journeys through woods and over plains,
and of our sinuous sailings along the many bays, creeks or bayous,
which we visited on this expedition, notwithstanding all our exertions
and constant anxiety, we did not discover a single bird not previously
known. However, the enterprise proved exceedingly interesting to my
companions and myself, and I trust its results will be found to
possess some value in your eyes also, for, as you will perceive, it
has enabled me to speak with more confidence on the migratory
movements of a good number of species which visit us from
southern climes during the breeding season. It also enables me to
define more accurately than I could otherwise have done, the
geographical distribution of most of those which at various times
make their appearance in the different sections of the United States,
and other portions of North America.
Leaving Charleston, we reached Norfolk by a steamer, after a short
passage of thirty-eight hours, and proceeded at once to Washington,
where I presented myself to the President of the United States,
Martin van Buren, to whom I had letters from my amiable and
celebrated friend, Washington Irving, Esq., and offered my best
thanks to the heads of the several departments, and my various
friends. We then passed rapidly through Baltimore and Philadelphia,
my wish being to reach New York as soon as possible. There I
remained a fortnight, while my son and daughter-in-law visited the
Falls of Niagara. They having returned, we embarked, on the 16th of
July 1837, on board the American packet-ship, the England,
commanded by Robert Waite, Esq., for Liverpool, where,
seventeen days after, we were safely landed. Here we quickly paid
our respects to the Rathbones, the Chorleys, and other friends, to
whom bidding adieu at the same time, we proceeded to join my
family in London, where, on the 7th of August, we once more met all
together.
I found the publication of the “Birds of America” in a satisfactory state
of progression, but received the disagreeable intelligence that a
great number of my British patrons had discontinued their
subscriptions, and that most of those who still received the numbers
as they came out, were desirous of seeing the work finished in
Eighty Numbers, as I had at first anticipated. On this account, I found
myself obliged to introduce, and in some instances to crowd, a
number of species into one and the same plate, in order to try to
meet the wishes of those who had by their subscriptions in some
measure assisted me in the publication of that work. This, however, I
did in such a manner as seemed best to accord with the affinities of
the species. But, Reader, Dr Townsend meantime returned to
Philadelphia, after an absence of about four years, and with a
second collection, containing several rare and new birds, which, after
meeting with the same difficulties as on the former occasion, in
consequence of the opposition of various enlightened persons at
Philadelphia, although Dr Townsend was extremely desirous that
every thing new or rare belonging to our Fauna should be given to
me, I received only a few weeks before closing the engraving of my
plates. A few others did not reach me until several days after. What
was I to do? Why, Reader, to publish them to be sure; for this I
should have done, to the best of my power, even if every subscriber
in Europe had refused to take them. What! said I, shall the last
volume of the “Birds of America” be now closed, at a time when new
species are in my hands? No! And in spite of threats from this
quarter and that, that such and such persons would discontinue their
subscriptions (which indeed they have done, and refused to take the
few numbers that would have rendered their copies complete), my
wish to do all that was in my power has been accomplished:—All Dr
Townsend’s species, as well as some received through different
channels, have been published. To that enthusiastic naturalist and
excellent friend I am also deeply indebted for the valuable notes
which he has forwarded to me through my friend Edward Harris.
I had the gratification of receiving at London a diploma from the
Literary and Historical Society of Quebec; and since then have been
favoured with a list of the birds which have been observed in the
environs of that city, by William Sheppard, Esq., his lady, and son,
for which I offer them my most sincere thanks. I am also much
indebted to the members of the Council of the Zoological Society of
London, who have never ceased to furnish me with whatever
American specimens their valuable museum contains, allowing me
to take them to my house. I am farther indebted to my excellent and
generous friend Professor J. T. Henslow of Cambridge for the
continuance of his most kind services to me. Nor must I here omit
mentioning the efficient aid I have received from Thomas Durham
Weir, Esq. of Boghead, in the county of Linlithgow, and Mr Macduff
Carfrae, Preserver of Animals in Edinburgh, who have kindly
procured for me many specimens of British birds for comparison with
such of our American species as seemed to be identical.
For several years past I have felt a great desire to place before the
world an account of the digestive organs of our various birds. With
this view I have, at a great expense, obtained specimens preserved
entire in spirits. In collecting them I have received the most effectual
aid from several of my American friends, residing in different parts of
the country; and in particular from the Rev. Dr Bachman of
Charleston in South Carolina, Colonel Theodore Anderson of
Baltimore, Dr Richard Harlan of Philadelphia, Dr Thomas M.
Brewer of Boston in Massachusetts, Thomas M’Culloch, Esq. of
Pictou in Nova Scotia; Alexander Gordon, Esq. of London, who
wrote to Havannah for Flamingoes; Jean Chartrand, Esq. who
sent me a pair of these birds from Matanzas in Cuba; and from
Captain Napoleon Coste of the United States’ Revenue Service.
Besides the valuable contributions of these friends, to whom my
warmest thanks are due, a vast number of specimens were procured
by the members of my several parties, in Labrador, in Texas, and in
various parts of the United States, as well as many purchased from
Mr Ward of New York. An account of the digestive organs and
trachea of these, generally concise, but occasionally of considerable
length, you will find under the articles to which they refer, in the
present volume. These anatomical descriptions, as well as the
sketches by which they are sometimes illustrated, have been
executed by my learned friend William Macgillivray, who in the
most agreeable manner consented to undertake the labour, by no
means small, of such a task, and to whom those who are interested
in the progress of Ornithological science, as well as myself, must
therefore feel indebted. These details I had resolved to present to
you, because I have thought that no perfect knowledge of the
affinities of species can be obtained until their internal organization is
known. I believe the time to be fast approaching when much of the
results obtained from the inspection of the exterior alone will be laid
aside; when museums filled with stuffed skins will be considered
insufficient to afford a knowledge of birds; and when the student will
go forth not only to observe the habits and haunts of animals, but to
procure specimens of them to be carefully dissected.
When I commenced the present volume, I expected that it should
contain descriptions of all the species represented in the fourth
volume of my Illustrations; but, on proceeding, I found that, even
without Episodes, which I have been obliged to exclude, in order to
make room for anatomical notices, of more interest to the scientific
reader, I could not include more than the usual number of one
hundred species. In the fifth and concluding volume, the printing of
which has already begun, you will find Descriptions of upwards of a
hundred species, many of which are new to science, together with
Lists illustrative of the geographical distribution of birds, an Appendix
containing additions and corrections, and, finally, a Synopsis of the
Birds of North America, methodically arranged, with generic and
specific characters.

JOHN J. AUDUBON.
Edinburgh, 1st November 1838.
TABLE OF CONTENTS
Page
Canvass-back Duck, Fuligula 1
valisneriana,
Dusky Duck, Anas obscura, 15
Bartramian Sandpiper, Totanus 24
Bartramius,
Turnstone, Strepsilas Interpres, 31
Purple Gallinule, Gallinula martinica, 37
Great Northern Diver or Loon, Colymbus glacialis, 43
Blue Heron, Ardea cœrulea, 58
Tell-Tale Godwit, Totanus 68
melanoleucus,
Common Tern, Sterna Hirundo, 74
Spotted Sandpiper, Totanus 81
macularius,
American White Pelican, Pelecanus 88
americanus,
Long-tailed Duck, Fuligula glacialis, 103
Blue-winged Teal, Anas discors, 111
Black-headed or Laughing Gull, Larus Atricilla, 118
Knot or Ash-coloured Tringa islandica, 130
Sandpiper,
Anhinga or Snake-Bird, Plotus Anhinga, 136
Surf Duck, Fuligula 161
perspicillata,
American Avoset, Recurvirostra 168
americana,
Least Tern, Sterna minuta, 175
Little Sandpiper, Tringa pusilla, 180
Roseate Spoonbill, Platalea Ajaja, 188
Red-headed Duck, Fuligula Ferina, 198
Black Skimmer or Razor-billed Rhynchops nigra, 203
Shearwater,
Bonapartian Gull, Larus Bonapartii, 212
Buffel-headed Duck, Fuligula Albeola, 217
Common Gannet, Sula bassana, 222
Shoveller Duck, Anas clypeata, 241
Black-necked Stilt, Himantopus 247
nigricollis,
Yellow-breasted Rail, Rallus 251
noveboracensis,
American Ring-Plover, Charadrius 256
semipalmatus,
Goosander, Mergus Merganser, 261
Pied Duck, Fuligula labradora, 271
Green Heron, Ardea virescens, 274
Black-bellied Plover, Charadrius 280
helveticus,
Red-breasted Snipe, Scolopax 285
noveboracensis,
Yellow-crowned Heron, Ardea violacea, 290
American Bittern, Ardea minor, 296
Brewer’s Duck, Anas Breweri, 302
Little Guillemot, Uria Alle, 304
Least Petrel, Thalassidroma 310
pelagica,
Great Auk, Alca impennis, 316
Golden-eye Duck, Fuligula Clangula, 318
Ruddy Duck, Fuligula rubida, 326
Long-legged Sandpiper, Tringa Himantopus, 332
American Widgeon, Anas americana, 337
Black-throated Diver, Colymbus arcticus, 345
Smew, or White Nun, Mergus Albellus, 350
Gadwall Duck, Anas strepera, 353
Least Water Rail, Rallus jamaicensis, 359
Rocky-Mountain Plover, Charadrius 362
montanus,
Great Cinereous Owl, Strix cinerea, 364
Black-shouldered Hawk, Falco dispar, 367
Chestnut-backed Titmouse, Parus rufescens, 371
Black-cap Titmouse, Parus atricapillus, 374
Chestnut-crowned Titmouse, Parus minimus, 382
Louisiana Tanager, Tanagra 385
ludoviciana,
Scarlet Tanager, Tanagra rubra, 388
Macgillivray’s Finch, Fringilla 394
Macgillivraii,
Marsh Hawk, Falco cyaneus, 396
Common Magpie, Corvus Pica, 408
Pine Grosbeak, Pyrrhula 414
Enucleator,
Arkansaw Flycatcher, Musicapa verticalis, 422
Swallow-tailed Flycatcher, Musicapa forficata, 426
Say’s Flycatcher, Musicapa Saya, 428
Winter Wren, Troglodytes 430
hyemalis,
Rock Wren, Troglodytes 443
obsoletus,
Dusky Grous, Tetrao obscurus, 446
Yellow-billed Magpie, Corvus Nuttalli, 450
Steller’s Jay, Corvus Stelleri, 453
Ultramarine Jay, Corvus 456
ultramarinus,
Clarke’s Nutcracker, Nucifraga 459
columbiana,
Bohemian Chatterer, Bombycilla garrula, 462
White-winged Crossbill, Loxia leucoptera, 467
Lapland Longspur, Emberiza 472
lapponica,
Iceland or Jer Falcon, Falco islandicus, 476
Band-tailed Pigeon, Columba fasciata, 479
Rock Grous, Tetrao rupestris, 483
Mountain Mocking Bird, Turdus montanus, 487
Varied Thrush, Turdus nævius, 489
American Dipper, Cinclus 493
americanus,
Cock of the Plains, Tetrao 503
Urophasianus,
Common Buzzard, Falco Buteo, 508
Evening Grosbeak, Fringilla vespertina, 515
Black-headed Grosbeak, Fringilla 519
melanocephala,
Sharp-shinned or Slate- Falco fuscus, 522
coloured Hawk,
Lesser Redpoll, Fringilla Linaria, 533
Trumpeter Swan, Cygnus Buccinator, 536
Scolopaceous Courlan, Aramus 543
scolopaceus,
Hawk Owl, Strix funereal, 550
Ruff-necked Humming Bird, Trochilus rufus, 555
Tengmalm’s Owl, Strix Tengmalmi, 559
Snow Goose, Anser hyperboreus, 562
Sharp-tailed Grous, Tetrao 569
Phasianellus,
Long-eared Owl, Strix Otus, 572
Black-throated Bunting, Emberiza 579
Americana,
Bank Swallow or Sand Martin, Hirundo riparia, 584
Rough-winged Swallow, Hirundo 573
serripennis,
Violet-green Swallow, Hirundo thalassina, 597
Great American Egret, Ardea Egretta, 600
Glossy Ibis, Ibis Falcinellus, 608
LIST OF ENGRAVINGS ON WOOD.
Page
1. Digestive Organs of Pelecanus One-third 99
Americanus, size,
2. Sternum of Pelecanus Rather less 102
Americanus, than half
size,
3. Stomach and proventriculus of Full size, 159
Plotus Anhinga,
4. Trachea and stomach of Platalea Half size, 197
Ajaja,
5. Stomach and proventriculus of Full size, 211
Rhynchops nigra,
6. Stomach, proventriculus, and One-third 239
intestine of Sula alba, size,
7. Stomach and œsophagus of Full size, 279
Ardea virescens,
8. Stomach and proventriculus of ... 285
Charadrius helveticus,
9. Stomach and proventriculus of ... 289
Scolopax noveboracensis,
10. Digestive organs of Ardea minor, ... 301
11. Digestive organs of Uria Alle, ... 307
12. Stomach and proventriculus of ... 307
Uria Alle opened,
13. Cloaca and cœca of Uria Alle, ... 307
14. Digestive organs of Thalassidroma ... 314
pelagica,
15. Stomach, proventriculus, and ... 314
duodenum of Thalassidroma
pelagica,
16. Stomach and intestines of ... 314
Thalassidroma pelagica,
17. Digestive organs and inferior ... 343
larynx of Anas americana,
18. Digestive organs and part of ... 358
trachea of Anas strepera,
19. Digestive organs of Parus ... 381
atricapillus,
20. Digestive Organs of Tanagra ... 393
rubra,
21. Digestive Organs of Falco Half size, 407
cyaneus,
22. Digestive Organs of Pyrrhula Full size, 420
Enucleator,
23. Another view of the same, ... 420
24. Digestive Organs of Muscicapa ... 425
verticalis,
25. Digestive Organs of Troglodytes ... 442
hyemalis,
26. Digestive Organs of Loxia ... 471
leucoptera,
27. Digestive Organs of Falco ... 478
islandicus,
28. Digestive Organs of Falco fuscus, ... 529
29. Digestive organs of Aramus Full size, 549
scolopaceus,
30. Digestive organs of Strix funerea, ... 554
31. Cœca and cloaca of Strix funerea, ... 554
32. Aperture of ear of Strix funerea, ... 554
33. External ear of Strix Otus, ... 578
34. Cœca and cloaca of Strix Otus, ... 578
35. Digestive organs of Emberiza ... 583
americana,
36. Tail of Hirundo riparia, ... 595
37. Tail of Hirundo serripennis, ... 595
38. Part of outer primary of Hirundo ... 595
serripennis,
39. Cœcum and cloaca of Ardea ... 606
Egretta,
ORNITHOLOGICAL BIOGRAPHY.
CANVASS-BACK DUCK.

Fuligula valisneriana, Stephens.


PLATE CCCI. Male and Female.

The range of the celebrated Duck with the history of which I


commence the fourth volume of my Biographs, may be considered
as limited on the one hand by the mouths of the Mississippi, and on
the other by the Hudson or North River. Beyond the latter it is rarely
seen at any season on our eastern coasts; and this circumstance,
conjoined with its being now and then observed on the upper waters
of our Western Districts, and its breeding in great numbers on the
borders of Bear River, which flows into the salt lake of Timpanajoz in
upper California, as well as in the marshes and along the banks of
streams in many parts of the Rocky Mountains, induces me to
believe that the individuals of this species, instead of proceeding
along the shores, pass overland towards their breeding grounds,
however far northward they may be situated. According to Dr
Richardson, it breeds in all parts of the Fur-Countries, from the
50th parallel to their most northern limits.
While in our Atlantic Districts, it is found in much greater numbers on
the Chesapeake and the streams that flow into it, than any where
else. Indeed it is not more than twenty years since its regular
appearance and sojourn on the waters of the Southern States has
been observed or at least acknowledged. Although at New Orleans,
where it goes by the name of Canard Cheval, it has been known to
the oldest duck-shooters now alive, from their earliest recollection, it
is not more than about fifteen years since it began to rise, from a
very low price to two dollars the pair, at which it sold during my visit
in March 1837.
This enhancement of its value I look upon as having arisen from the
preference given to it by the epicures of our Middle Districts, who
have strangely lauded it as superior to every other duck in the world.
This alleged pre-eminence has indeed become so deeply impressed
on the minds of many of our Southerns, that they have on various
occasions procured the transportation of numbers of Canvass-backs
from Baltimore to Charleston in South Carolina, and even to
Savannah in Georgia, although this species is by no means
uncommon within a few miles of the latter city, as well as on the
Great Santee River. I well remember that on my pointing out to a
friend, now alas dead, several dozens of these birds in the market of
Savannah, he would scarcely believe that I was not mistaken, and
assured me that they were looked upon as being poor, dry, and very
fishy, in short not half so good as Mallards, or Blue-winged Teals.
With this I cordially agreed, for there, at that season, they are not
better than represented.
I found this species in considerable numbers on and about the
numerous inlets and rivers of East Florida; but did not see a single
individual on the Gulf of St Lawrence, along the coast of Labrador, or
on that of Newfoundland.
It arrives in the neighbourhood of New Orleans from the 20th of
October to the end of December, coming in flocks of eight or twelve,
probably the members of a single family, and, unlike many other
species, keeping in small groups during winter. At the approach of
spring however they flock together, and about the first of April depart
in large bodies. During their stay, they are wont to alight on wet
prairies and muddy ponds in all open places, feeding on the seeds of
various plants, of which may be particularized the wild oat and the
water lily.
According to Alexander Wilson, who first described this species,
their arrival in autumn in the Middle Districts takes place about the
15th of October; but more recent writers say, that “unless the
weather to the north has been severe, the Canvass-back rarely
appears till the middle of November.” With this I fully agree, being
convinced that their journeys to and from their breeding places are
performed across the country. Were this perfectly ascertained, it
would prove that this species, unlike most other ducks, instead of
removing farther southward in autumn and winter, takes what may
be called a lateral march toward our Eastern Districts, in which it
remains until the weather has become too cold for its constitution,
when it is forced a second time to migrate, and betake itself to
warmer parts of the country, where it continues during the rest of the
winter.
The flight of this species, although resembling that of our larger sea-
ducks in having the appearance of being rather laboured, is strong,
rapid, at times very elevated, and well sustained. It swims deeply,
especially when under apprehension of danger, and this probably the
better to enable it to escape by diving, at which it is almost as expert
as our sea or diving ducks. But although its speed on the water is
considerable, it moves rather heavily on land. Its food varies,
according to the season and locality. The plant named Valisneria, on
which it is said to feed when on the head waters of the Chesapeake,
is not found equally abundant in other parts, and even there is at
times so reduced in quantity, that this duck and several other species
which are equally fond of it, are obliged to have recourse to fishes,
tadpoles, water-lizards, leeches, snails, and molluscs, as well as
such seeds as they can meet with; all which have been in greater or
less quantity found in their stomach.

Das könnte Ihnen auch gefallen