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Laizität im Konflikt Religion und Politik

in Frankreich 1st Edition Dimitri


Almeida (Auth.)
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Politik und Religion

Dimitri Almeida

Laizität im Konflikt
Religion und Politik in Frankreich
Politik und Religion

Herausgegeben von
A. Liedhegener, Luzern, Schweiz
I.-J. Werkner, Heidelberg, Deutschland
In allen Gesellschaften spielte der Zusammenhang von Politik und Religion eine
wichtige, häufig eine zentrale Rolle. Auch die Entwicklung der modernen west­
lichen Gesellschaften ist ohne die politische Auseinandersetzung mit den tradi­
tionellen religiösen Ordnungskonzepten und Wertvorstellungen nicht denkbar.
Heute gewinnen im Westen − und weltweit − religiöse Orientierungen und Dif-
ferenzen erneut einen zunehmenden gesellschaftlichen und politischen Einfluss
zurück. Die Buchreihe „Politik und Religion“ trägt dieser aktuellen Tendenz
Rechnung. Sie stellt für die Sozialwissenschaften in Deutschland, insbesondere
aber für die Politikwissenschaft, ein Publikationsforum bereit, um relevante
Forschungsergebnisse zum Zusammenhang von Politik und Religion der wis-
senschaftlichen Öffentlichkeit vorzustellen und weitere Forschungsarbeiten auf
diesem Gebiet anzuregen. Sie ist deshalb offen für verschiedene disziplinäre und
interdisziplinäre, theoretisch-methodologische und interkulturell-vergleichende
Ansätze und fördert Arbeiten, die sich systematisch und umfassend mit politikwis­
senschaftlich ergiebigen Fragestellungen zum Verhältnis von Politik und Religion
befassen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit „Politik und Religion“ soll
damit in ihrer ganzen Breite dokumentiert werden, ohne dass die Herausgeber da-
bei mit den jeweilig bezogenen Positionen übereinstimmen müssen.

Herausgegeben von
Antonius Liedhegener Ines-Jacqueline Werkner
Luzern, Schweiz Heidelberg, Deutschland

Weitere Bände in dieser Reihe http://www.springer.com/series/12407


Dimitri Almeida

Laizität im Konflikt
Religion und Politik in Frankreich
Dimitri Almeida
Georg-August-Universität Göttingen
Göttingen, Deutschland

Politik und Religion


ISBN 978-3-658-14423-4 ISBN 978-3-658-14424-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-658-14424-1

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­


bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind.
Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder
implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen.

Lektorat: Dr. Jan Treibel

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

Springer VS ist Teil von Springer Nature


Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Danksagung

Ich stehe in der intellektuellen Schuld vieler Kolleginnen und Kollegen in Frank-
reich, Großbritannien, Deutschland und Marokko, die durch ihre Anregungen das
Projekt großzügig und kenntnisreich unterstützt haben und damit zum Gelingen
dieses Buches beigetragen haben. Sie alle zu nennen, würde hier ganze Seiten fül-
len. Zu hoch wäre außerdem die Gefahr, Einzelne zu vergessen. Für die wertvollen
sachkundigen Ratschläge und Anregungen möchte ich dennoch Fatima Mernissi,
Hamza Fadhlaoui, Karim Hafidi und Antonius Liedhegener namentlich danken.
Ein großer Dank gebührt allen Kontaktpersonen aus Parteien, Verbänden und
muslimischen Organisationen, die mir im Rahmen von Gesprächen Zugang zu
ihrem Wissen gewährt haben. Mein Dank gilt auch den Archivaren und Bibliothe-
karen der Französischen Nationalbibliothek für die großzügige Hilfestellung bei
der Recherche. Nicht vergessen darf ich die Mitarbeiter von Springer VS und dort
ganz besonders Jan Treibel, der das Publikationsvorhaben unterstützt und interes-
siert begleitet hat.
Ein ganz herzlicher Dank gilt Till Lederle für die Mithilfe und Geduld in der
Korrektur des Manuskriptes. Alle etwaigen Fehler, unnötigen Gallizismen, Unge-
nauigkeiten und Auslassungen sind ganz allein meine eigenen. Sie wären aller-
dings weitaus zahlreicher ohne seine Unterstützung.
Sebastian und Alina möchte ich abschließend für deren fortwährende und lie-
bevolle Unterstützung meinen besonderen Dank aussprechen. Ihnen und meinem
Vater ist dieses Buch gewidmet.

V
Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2 Dimensionen und Lesarten der französischen Laizität. . . . . . . . . . . . 11
2.1 Das französische Laizitätsregime. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.2 Die substanzielle Lesart des Laizitätsprinzips. . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.2.1 Die Sakralisierung der Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.2.2 Das emanzipatorische Bildungsideal. . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.2.3 Die klerikale Gefahr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
2.3 Die prozedurale Lesart des Laizitätsprinzips. . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
3 Kritische Phasen im Konflikt zwischen Kirche und säkularem
Staat (1940–1989). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.1 Die Laizität unter dem Vichy-Regime. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
3.2 Die ungelöste Schulfrage (1944–1957). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.3 Das Ende der alten Konfliktlinie um die schulische
Laizität (1958–1994). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
4 Laizität, Islam und Republik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
4.1 Islam und Laizität im kolonialen Kontext. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
4.2 Die postkoloniale Konstruktion eines französischen Islam. . . . . . . 120
4.3 Die Kopftuchkontroversen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
4.4 Vom Kopftuch zum Gesichtsschleier. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

VII
VIII Inhaltsverzeichnis

5 Laizität im Parteienwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189


5.1 Strukturen und Dynamiken der Politisierung von Laizität. . . . . . . . 191
5.2 Die Sozialisten und die Laizität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
5.3 Der Wandel des Laizitätsbegriffes im Postgaullismus
(RPR, UMP und Les Républicains). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
5.4 Der Front National und die Konstruktion einer
postrepublikanischen Laizität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
6 Schlussbetrachtungen: eine Krise der Laizität? . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
Abkürzungsverzeichnis

BNA Brigade Nord-Africaine (Nordafrikanische Brigade)


CCIF Collectif contre l’islamophobie en France (Kollektiv gegen
Islamophobie in Frankreich)
CFCM Conseil français du culte musulman (Französischer Rat des
Muslimischen Kults)
CIR Convention des institutions républicaines (Vereinigung der
Republikanischen Institutionen)
CNAL Comité national d’action laïque (Nationales Laizistisches
Aktionskomitee)
CNRS Centre national de la recherche scientifique (Nationales Zentrum
für Wissenschaftliche Forschung)
CORIF Conseil de réflexion sur l’islam en France (Reflexionsrat über den
Islam in Frankreich)
CRIF Conseil représentatif des institutions juives de France
(Stellvertretender Rat der Jüdischen Institutionen Frankreichs)
FEN Fédération de l’Éducation Nationale (Gewerkschaftsverband der
Éducation Nationale)
FGDS Fédération de la gauche démocrate et socialiste (Vereinigung der
Demokratischen und Sozialistischen Linken)
FLN Front de libération nationale (Nationale Befreiungsfront)
FN Front national (Nationale Front)
FNMF Fédération nationale des musulmans (Nationaler Verband der
Muslime Frankreichs)
HALDE Haute autorité de lutte contre les discriminations et pour l’égalité
(Hohe Behörde zur Bekämpfung von Diskriminierungen und für
die Gleichheit)

IX
X Abkürzungsverzeichnis

ICP Institut catholique de Paris (Katholisches Institut von Paris)


IFOP Institut français d’opinion publique (Französisches
Meinungsforschungsinstitut)
JO Journal officiel de la République française (Amtsblatt der
französischen Republik)
MRAP Mouvement contre le racisme et pour l’amitié entre les peuples
(Bewegung gegen Rassismus und für die Freundschaft zwischen
den Völkern)
MRG/CMP Manifesto Research Group/Comparative Manifestos Project
MRP Mouvement républicain populaire (Republikanische
Volksbewegung)
OAS Organisation de l’armée secrète (Organisation der Geheimen
Armee)
PCF Parti communiste français (Französische Kommunistische Partei)
PS Parti socialiste (Sozialistische Partei)
RPF Rassemblement du peuple français (Sammlungsbewegung des
Französischen Volkes)
RPR Rassemblement pour la République (Sammlungsbewegung für die
Republik)
SFIO Section française de l’Internationale ouvrière (Französische
Sektion der Arbeiter-Internationale)
SNI Syndicat national des instituteurs (Nationale Lehrergewerkschaft)
UDF Union pour la démocratie française (Union für die französische
Demokratie)
UMP Union pour un mouvement populaire (Union für eine
Volksbewegung)
UNR Union pour la nouvelle République (Union für die neue Republik)
UOIF Union des organisations islamiques de France (Union der
Islamischen Organisationen in Frankreich)
Einleitung
1

Im Jahr 2005 brachte das französische Verlagswesen eine Flut an akademischen,


populärwissenschaftlichen und programmatisch-polemischen Beiträgen zur Laizi-
tät hervor. Anlass war die Hundertjahrfeier des Gesetzes vom 9. Dezember 1905
„zur Trennung von Kirchen und Staat“. Bei näherer Betrachtung lassen die Pub-
likationen ein Grundmotiv erkennen: Im Kontext von gesellschaftspolitischen
Spannungen um die Zukunft des französischen Integrationsmodells nach den
im Herbst 2005 entfachten Massenunruhen in einigen sozioökonomisch benach-
teiligten Vierteln mit hohem Anteil an Mitgliedern postkolonialer Minderheiten
suchten Politiker, Wissenschaftler, Essayisten und Intellektuelle im Laizitätsprin-
zip eine Inspirationsquelle für die Bewältigung gesellschaftlicher Anomien (siehe
beispielsweise Valls 2005; Kahn 2005; Pena-Ruiz 2005; Renaut und Touraine
2005).
Als die französische Hauptstadt zehn Jahre später die blutigste terroristische
Anschlagsserie ihrer Nachkriegsgeschichte erlebte, stand die Laizität erneut im
Fokus öffentlicher Debatten. Wenige Tage nach den Anschlägen auf die Redak-
tion der satirischen Zeitung Charlie Hebdo im Januar 2015 kündigte Staats-
präsident François Hollande eine große Mobilisierung des Schulwesens für die
Verteidigung republikanischer Werte an. Als Herzstück des Vorhabens nannte
Hollande eine bereits zuvor beschlossene Veränderung der Lehrpläne. Mit der
Einführung von Moral und Gemeinschaftskunde als eigenständiges Pflichtfach
sollte die laizistische Werteerziehung und damit der gesellschaftliche Zusammen-
halt gestärkt werden (Hollande 2015). Ferner kündigte der Staatspräsident einen
nationalen Tag der Laizität an, der jährlich am 9. Dezember (dem Datum der Ver-
kündung des Gesetzes von 1905) an Schulen als republikanisches Ritual und als
Zeichen der Verbundenheit mit der Republik gefeiert werden sollte.

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 1


D. Almeida, Laizität im Konflikt, Politik und Religion,
DOI 10.1007/978-3-658-14424-1_1
2 1 Einleitung

Gedenkfeiern, so Gillis’ (1994, S. 8) Deutung der Erinnerungskulturen der


Französischen und Amerikanischen Revolutionen, entstehen aus dem politischen
Willen heraus, das gefeierte Ereignis als Beginn einer neuen Ära zu werten und
hiermit eine Zäsur zu markieren. Zwar hat das Jahr 1905 in der französischen
Erinnerungskultur bei Weitem nicht den gleichen Stellenwert wie 1789, dennoch
wird die Verabschiedung des Gesetzes von 1905 im gesellschaftspolitischen Dis-
kurs regelmäßig als Geburtsstunde eines Grundprinzips des modernen Republik-
verständnisses gefeiert. Von einer „grande conquête de la République“ (Chirac
2003) zu einer „affaire de civilisation“ (Sarkozy 2012) und einem „pilier du pacte
républicain“ (Hollande 2013) erhält das Gesetz von 1905 in den Reden französi-
scher Staatsoberhäupter den Rang eines Gründungsmoments der republikanischen
Ordnung.1 Hinter dem konstruierten Konsens um die gemeinschaftsbildende Rolle
der Laizität verbirgt sich jedoch ein grundlegender Dissens darüber, wie dieses
Prinzip zu deuten ist und welche gesellschaftlichen Normen sich daraus ergeben.
Spätestens seit den ersten Kontroversen über die Zulässigkeit des islamischen
Hidschabs an öffentlichen Schulen im Jahr 1989 sind in Frankreich gesellschafts-
politische Auseinandersetzungen zum Verhältnis von Staat, Öffentlichkeit und
Religionen zugleich Grundsatzdebatten über den Sinn und die Auslegung des
Laizitätsprinzips.
Spätestens an diesem Punkt ist eine terminologische Klärung angebracht: Ent-
gegen der häufig formulierten Ansicht, dass der französische Begriff „laïcité“ in
nichtromanische Sprachen unübersetzbar sei (Poulat 2010, S. 251; Furer 2012,
S. 23), wird in der vorliegenden Monografie der Neologismus „Laizität“ verwen-
det. Das in der deutschsprachigen wissenschaftlichen und publizistischen Litera-
tur mitunter eingesetzte Wort „Laizismus“ ist als Übersetzung von laïcité insofern
irreführend, als dieses eher dem französischen „laïcisme“ entspricht. Letzteres ist
eine tendenziell pejorative Bezeichnung für eine ideologische und stark antikleri-
kal ausgerichtete Deutung des Laizitätsprinzips.
Betrachtet man die inzwischen fast unübersichtlich gewordene Fachliteratur
zur französischen Laizität, dann fällt dabei ins Auge, dass der Forschungsdiskurs
sich in den letzten Jahrzehnten durch eine starke Fokussierung auf zwei Schwer-
punkte auszeichnet: die Geschichte des Laizitätsprinzips und die Analyse der seit
1989 geführten Debatten über die Vereinbarkeit von Islam und Laizität.

1In deutscher Übersetzung: „eine große Eroberung der Republik“, „eine Frage von Zivilisa-
tion“, „ein Tragpfeiler des republikanischen Paktes“. Alle Übersetzungen aus dem Franzö-
sischen stammen vom Autor. Sie sind, je nach Länge der Zitate, im Text oder in Fußnoten
angeführt.
1 Einleitung 3

Die historischen Arbeiten zur Genese und Entwicklung des Laizitätsprinzips


nehmen traditionell einen zentralen Platz in der Forschung zur französischen Lai-
zität ein. Bereits 1925 legte Georges Weill mit seiner Histoire de l’idée laïque
en France au XIXe siècle die erste Arbeit zur Vorgeschichte des Gesetzes von
1905 vor (Weill 2004). Nach einer zunächst fast ausschließlichen Konzentration
auf rechtshistorische sowie makro- und mesopolitische Aspekte, hat auch die
sozial- und kulturhistorisch ausgerichtete Erforschung der Konflikte um die Lai-
zität seit Larkins 1974 erschienenem Church and State after the Dreyfus Affair
einen ungeahnten Aufschwung erfahren. Der Schwerpunkt dieser Forschung liegt
meist auf der Zeit der Dritten Republik und insbesondere auf der kritischen Phase
zwischen der ersten Laizisierung des öffentlichen Schulwesens 1881 und der
Verabschiedung des Gesetzes „zur Trennung von Kirchen und Staat“ 1905 (Scot
2005; Lallouette 2005). Die Entwicklungen unter dem Vichy-Regime und seit der
Nachkriegszeit sind hingegen vor allem unter dem Aspekt der Konflikte um die
Finanzierung und Regulierung des konfessionellen Schulwesens analysiert wor-
den (Atkin 1991; Visse 1995; Mayeur 1997).
Seit den neunziger Jahren ist die Frage des Verhältnisses von Islam und Laizi-
tät in den Mittelpunkt des Forschungsdiskurses gerückt und bildet damit einen
zweiten, vorwiegend soziologischen Schwerpunkt der Erforschung des Laizitäts-
prinzips. Die gesellschaftspolitischen Spannungen um den adäquaten Umgang
mit Symbolen religiöser Zugehörigkeit an öffentlichen Schulen und die Frage der
institutionellen Repräsentation des Islam waren die Auslöser dieser Entwicklung.
Mit der Politisierung des Themenkomplexes „Islam und Laizität“ im Kontext
einer zunehmenden Ethnisierung der französischen politischen Debatten (Hargre-
aves 2007) avancierte die Reflexion über die politisch-normativen Grundlagen
und Implikationen des Laizitätsprinzips im Zusammenhang mit dem republikani-
schen Integrationsmodell zu einem konjunkturellen Motiv in der Forschung. Cha-
rakteristisch für die französische Publikationslage sind dabei die fließenden
Grenzen zwischen polemisch-essayistischer Reflexion, populärwissenschaftlicher
Darstellung und wissenschaftlicher Analyse. In jüngster Zeit ist jedoch zuneh-
mend unter anderen in den Arbeiten von Roy (2006), Frégosi (2011), Barthélemy
und Michelat (2007) eine fundierte sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung
mit den Normen und Praktiken der Repräsentation von Islam und Laizität in Poli-
tik und Gesellschaft festzustellen. Die als Kopftuchaffären bekannten Kontrover-
sen um den Hidschab haben maßgeblich dazu beigetragen, dass sich ein
wissenschaftlicher Diskurs über das französische Laizitätsmodell auch in der ang-
loamerikanischen und deutschsprachigen Frankreichforschung herausgebildet hat
(siehe insbesondere die wichtigen Beiträge von Bowen 2007, 2010; Scott 2007;
Winter 2008 und Amir-Moazami 2007). Die meisten Analysen betonen die
4 1 Einleitung

zentrale Bedeutung von Politisierungsprozessen in den Konflikten um die Deu-


tung der Laizität und im diskursiven und rechtlichen Wandel des französischen
Laizitätsregimes2. Bei der Betrachtung des Forschungsstandes fällt allerdings auf,
dass diese Selbstverständlichkeit einem Defizit an systematischen Analysen von
politischen Konfliktstrukturen und -dynamiken gegenübersteht. Die Präferenzen
von individuellen und komplexen politischen Akteuren werden tendenziell
deskriptiv als unabhängige Variable erfasst oder skizzenhaft mit sehr allgemeinen
politisch-normativen Traditionen des französischen Republikanismus in Verbin-
dung gebracht. Insbesondere die seit 2007 zunehmend feststellbare politische Ins-
trumentalisierung des Laizitätsprinzips durch rechte und rechtsextreme Akteure
ist bisher nicht systematisch erforscht worden. Ebenfalls problematisch erscheint
die noch bestehende Trennung zwischen der historischen Betrachtung der Laizität
im Kontext der Konfliktlinie zwischen Kirche und säkularem Staat und der Ana-
lyse der gegenwärtigen Debatten um die Republikanisierung des Islam. Dieser
Dualismus droht die historischen Kontinuitäten in der Auslegung der Laizität im
Zusammenhang mit dem Islam auszublenden.
Im Sinne dieser Forschungsdesiderata widmet sich die vorliegende Monogra-
fie den politischen Konflikten um die Deutung des Laizitätsprinzips in der longue
durée. Da eine Untersuchung dieser Politisierungsprozesse ohne eine eingehende
Analyse der normativen Grundlagen des Laizitätsprinzips nicht möglich ist, wird
in einem ersten Schritt die französische Laizität als rechtliches Ordnungssystem
erläutert. Die französische Laizität ist jedoch mehr als eine Summe von festge-
schriebenen Normen und Konventionen. Der grundlegende Dissens darüber, wel-
che Grenzen zwischen Religion und Öffentlichkeit sich aus dem Laizitätsprinzip
ergeben, zeugt von der Existenz konkurrierender Lesarten des Laizitätsprinzips.
In einer konzeptuell-theoretischen Untermauerung werden daher zwei diver-
gierende idealtypische Auslegungen der Laizität in ihren Grundprämissen und
Implikationen eingehend untersucht. Unterschieden wird dabei zwischen einer
substanziellen Lesart der Laizität, die zivilreligiöse, antiklerikale und emanzipa-
torische Motive vereint, und einer liberalen Deutung, die das Laizitätsprinzip als
prozeduralen Ordnungsrahmen betrachtet.
Um die Veränderungen in den gesellschaftspolitischen Debatten um das Lai-
zitätsprinzip nachvollziehen zu können, werden in Kap. 3 zwei kritische Phasen
analysiert, in denen die Deutung des Laizitätsprinzips im 20. Jahrhundert einen

2Der von Micheline Milot (1998) geprägte Begriff „Laizitätsregime“ bezeichnet hier, in
Anlehnung an den politikwissenschaftlichen Regimebegriff, ein säkulares Ordnungssys-
tem, das die Beziehungen zwischen Staat, Kirchen und Religion regelt.
1 Einleitung 5

Wandel erfuhr: i) die Wiederherstellung der republikanischen Ordnung im Kon-


text der Befreiung Frankreichs und ii) der Regimewechsel von 1958. Beide Pha-
sen sind vor allem für die Auseinandersetzung mit der schulischen Laizität und
mit dem Verblassen der Konfliktlinie zwischen Kirche und säkularem Staat rele-
vant. Die Gründe für die Aufnahme der Laizität als Grundprinzip der Republik
in die Verfassung von 1946 und die Polarisierung um die Frage der Finanzierung
und Kontrolle des konfessionellen Schulwesens sind ohne eine Betrachtung der
Geschichte der Laizität im Vichy-Regime jedoch nur schwer nachvollziehbar.
Daher beginnt die historische Analyse bereits mit dem Jahr 1940. Auf eine geson-
derte Darstellung der Laizitätsdebatten in der Dritten Republik (1870–1940) wird
zugunsten einer thematischen Auseinandersetzung mit den wesentlichen Debatten
und Konflikten in diesem Zeitraum in Kap. 2 verzichtet.
In Kap. 4 steht das Verhältnis von Islam und Laizität im Mittelpunkt der
Untersuchung. Gemäß der im politischen Diskurs häufig suggerierten Vorstel-
lung, die Präsenz des Islam in Frankreich sei ein Produkt postkolonialer Ein-
wanderungswellen, setzen zahlreiche Analysen an der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts an und thematisieren insbesondere das Jahr 1989 als Beginn der
als „Kopftuchaffären“ bekannten Kontroversen um die Vereinbarkeit des Kopftu-
ches mit der schulischen Laizität. Übersehen wird dabei, dass der Islam bereits
zu Beginn der Eroberung Algeriens im Jahr 1830 zum festen Bestandteil der
religiösen Landschaft Frankreichs wurde und dass schon Anfang des 20. Jahr-
hunderts die Frage der Vereinbarkeit von Islam und Laizität die politischen Eli-
ten Frankreichs polarisierte. Koloniale Normen und Praktiken haben tiefe Spuren
im Umgang Frankreichs mit dem Islam hinterlassen. Daher konzentriert sich die
Analyse zunächst auf die Darstellung und den rechtlichen Status des Islam in der
Kolonialzeit. Auf dieser Grundlage können die gegenwärtigen Konflikte um die
Institutionalisierung und Regulierung der öffentlichen Präsenz des Islam einer
eingehenden Analyse unterzogen werden. Einen besonderen Schwerpunkt bilden
dabei die Kontroversen über Kopftücher sowie Gesichts- und Ganzkörperschleier,
die bis heute die Debatten über die Auslegung des Laizitätsprinzips prägen.
Kap. 5 widmet sich der Analyse der Politisierungsprozesse der Laizität in
Frankreich. Aufbauend auf einer theoriegeleiteten Reflexion über die Konflikt-
struktur des Parteienwettbewerbs zu religionspolitischen Themen und über die
Reaktionsstrategien politischer Akteure zu neuen Konflikten werden die Laizi-
tätskonzeptionen der drei gegenwärtig wahlpolitisch relevantesten Akteure des
französischen Parteiensystems (Sozialisten, Postgaullisten und Front National)
untersucht.
6 1 Einleitung

Die Forschungsperspektive orientiert sich im Kern am Ansatz des historischen


Institutionalismus. Dominante Auslegungen des Laizitätsprinzips werden als ins-
titutionalisierte Normen und Konventionen verstanden, die elementare Bestand-
teile der sozialen Ordnung bilden. Diese stellen für politische Akteure zugleich
kognitive Rahmen dar, die ihre Identitäten, Präferenzen und Handlungsalternati-
ven entscheidend beeinflussen (Hall und Taylor 1996). Vor allem in früheren his-
torisch institutionalistisch angelegten Analysen liegt der Akzent auf der Stabilität
und Beständigkeit von Institutionen. Die postulierte Persistenz wird nicht funk-
tionalistisch, sondern anhand der Vorstellung einer Pfadabhängigkeit aufgefasst,
nach der einmal eingeführte institutionelle Arrangements sich im Laufe der Zeit
verfestigen und unabhängig von ihrer Effizienz aufrechterhalten bleiben. Bei der
Betrachtung des Laizitätsprinzips und, darüber hinaus des französischen republi-
kanischen Modells, wird diese Vorstellung oft implizit bemüht. So suggeriert die
im politischen und teilweise im wissenschaftlichen Diskurs konstruierte Erinne-
rungskultur um das Gesetz von 1905 eine Unveränderlichkeit des Laizitätsprin-
zips als strukturierendes Element eines republikanischen Kanons. So betrachtet
Koenig (2008, S. 156) zu Recht die Hundertjahrfeier des Gesetzes von 1905 als
Beispiel für eine „selbstgenerierte Legitimitätssteigerung“ religionspolitischer
Ordnungsmuster. Wie Poulat (2010) bemerkt, wird in dieser Erinnerungskultur
ausgeblendet, dass der französische Laizitätsbegriff sowohl in seinem normati-
ven Gehalt und seinen ideologischen Bezugssystemen als auch in seiner rechtlich
kodifizierten Form einem stetigen Wandel unterlag. Auch sind in der Geschichte
der französischen Laizität fundamentale Veränderungen in der Auslegung dieses
Prinzips zu verzeichnen, die das Verhältnis von Religion, Staat und Öffentlichkeit
modifiziert haben.
Im klassischen historischen Institutionalismus werden einschneidende insti-
tutionelle Veränderungen als Folge von kritischen Phasen wie Regimewechsel,
militärischen Konflikten oder Wirtschaftskrisen aufgefasst. Die Tendenz instituti-
onelle Wandlungsprozesse auf exogene Faktoren zurückzuführen und die Schwie-
rigkeiten in der Definition und Operationalisierung von kritischen Phasen gelten
im sozialwissenschaftlichen Forschungsdiskurs häufig als Hauptdefizite des his-
torischen Institutionalismus (siehe Peters et al. 2005 und Schmidt 2010). Seit den
neunziger Jahren sind jedoch vermehrt Arbeiten entstanden, die die endogene
Dimension von institutionellen Veränderungen betonen und dabei die Präferenzen
von Akteuren und Akteurskonstellationen in den Mittelpunkt stellen (siehe insbe-
sondere Lindner und Rittberger 2003). Die Frage, ob Akteure dabei einer Logik
der Nutzenmaximierung folgen oder sich maßgeblich nach etablierten Normen
und Erwartungen richten, bleibt dabei offen (Hall und Taylor 1996). Diese rela-
tive theoretische Offenheit ist gerade für die Analyse von gesellschaftspolitischen
Literatur 7

Phänomenen, die keine Institutionen im klassischen Sinne der neoinstitutiona-


listischen Forschung darstellen, eine Stärke des historischen Institutionalismus.
In der Untersuchung der Politisierung des Laizitätsprinzips wird bei der Frage
der Motive von politischen Akteuren induktiv vorgegangen. Es wird daher nicht
darum gehen, ein theoretisches Modell auf sehr unterschiedliche historische
Situationen, Problemfelder und Akteurskonstellationen anzuwenden, sondern zu
erklären, wie Präferenzen, Diskursformationen und institutionelle Arrangements
zur Regulierung des Religiösen entstehen und warum sich bestimmte Handlungs-
alternativen und Deutungsmuster durchsetzen.
Kritische Phasen werden in der folgenden Analyse als notwendige, jedoch
nicht hinreichende Bedingungen für grundlegende Veränderungen in der gesell-
schaftspolitischen Bestimmung des Laizitätsprinzips betrachtet. Im Gegensatz zur
älteren historisch institutionalistischen Literatur werden kritische Phasen dabei
nicht auf externe Schocks reduziert. Wie in der Analyse der Hidschab-Kontrover-
sen in Bezug auf die Islamische Revolution im Iran argumentiert wird, können
externe Ereignisse in der Auslösung von kritischen Phasen eine entscheidende
Rolle spielen. Diskontinuitäten in der Deutung des Laizitätsprinzips sind jedoch
in erster Linie mit konflikthaften Veränderungen von Positionen und normativen
Vorstellungen von politischen und gesellschaftlichen Akteuren in Verbindung zu
bringen. In Anlehnung an Capoccia und Kelemen (2007) werden kritische Phasen
als Zeitabschnitte definiert, in denen die strukturellen Zwänge auf das Verhalten
politischer Akteure geschwächt sind. Bei veränderten gesellschaftspolitischen
Rahmenbedingungen ist in diesen Zeitabschnitten die Wahrscheinlichkeit beson-
ders hoch, dass Entscheidungen zu wesentlichen institutionellen Veränderungen
führen.
Die Analyse bezieht sich auf Quellen, die als repräsentativ für gesellschaftspo-
litische Debatten zum Laizitätsprinzip betrachtet werden. Herangezogen wurden,
neben offiziellen Berichten über Fragen der Anwendung und Reichweite des Lai-
zitätsprinzips, programmatische Parteidokumente, interne Positionspapiere, Pro-
tokolle von parlamentarischen Debatten sowie Stellungsnahmen des Staatsrates.

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Dimensionen und Lesarten der
französischen Laizität 2

Ungeachtet aller disziplinären Unterschiedlichkeit der Arbeiten zum Laizitäts-


prinzip in Frankreich scheint Konsens darüber zu bestehen, dass es keine allge-
mein akzeptierte Definition von Laizität gibt (siehe unter vielen anderen Bowen
2007, S. 32; Poulat 2010, S. 251; Charlier-Dagras 2002, S. 25). Die heteroge-
nen und teilweise sich widersprechenden Definitionsversuche in der For-
schungsliteratur sind nicht nur in der universitären Lehre ein Problem, sondern
begünstigen auch die im politischen Diskurs festzustellende expansive Deutung
des Laizitätsprinzips. Die konzeptuelle Klärung wird weiter erschwert durch
die im gesellschaftspolitischen und wissenschaftlichen Diskurs verbreiteten
attributiven Konstruktionen, die um die Deutungshoheit des Laizitätsprinzips
konkurrieren (siehe hierzu Balibar 1991). Eine juristische Definition der Laizi-
tät könnte in diesem Zusammenhang einen ersten Anknüpfungspunkt bieten.
Wie Olivier Roy (2006, S. 37 f.) bemerkt, wird jedoch selbst im Gesetz von
1905 an keiner Stelle das Wort „Laizität“ verwendet. Der fehlende rechtliche
Konsens über die Auslegung des Laizitätsprinzips äußert sich unter anderem in
der widersprüchlichen Rechtsprechung bei kontroversen Fragen über die Gren-
zen der Religionsfreiheit.1
Klassischerweise hätte eine Untersuchung der französischen Laizität damit
zu beginnen, dieses Definitionsdefizit zu bemängeln, um anschließend eine

1So zum Beispiel die Zulässigkeit des Kopftuches an öffentlichen Schulen vor der Verab-
schiedung des Gesetzes von 2004, das ein Verbot von besonders sichtbaren Zeichen religi-
öser Zugehörigkeit an staatlichen Schulen einführte, oder, aktuell, bei der Frage, inwieweit
Erziehungsberechtigte, die bei außerschulischen Aktivitäten als freiwillige Helfer tätig
sind, ein Kopftuch tragen dürfen (siehe Abschn. 4.3).

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 11


D. Almeida, Laizität im Konflikt, Politik und Religion,
DOI 10.1007/978-3-658-14424-1_2
12 2 Dimensionen und Lesarten der französischen Laizität

präzise Grundlage für die Abgrenzung des Laizitätsbegriffes zu legen. Eine sol-
che Vorgehensweise wäre insofern problematisch, als sie die Heterogenität der
in Frankreich vorherrschenden Laizitätskonzeptionen ausblenden würde. Der
Anspruch dieses Kapitels ist daher bescheidener und besteht darin, einen allge-
meinen theoretischen und konzeptuellen Rahmen für die Charakterisierung von
unterschiedlichen Diskursen über das Laizitätsprinzip zu entwerfen. Im Gegen-
satz zu den Arbeiten von Bedouelle und Costa (1998) und Barthélemy und
Michelat (2007) geht es dabei nicht darum, eine Typologie von verschiedenen
Formen oder Ideologien der Laizität zu entwerfen. Die Analyse geht vielmehr
von der Annahme aus, dass divergierende Auslegungen des Laizitätsprinzips auf
einem gemeinsamen Bezugssystem fußen. Daher wird in diesem Zusammen-
hang das von Frégosi (2011) vorgeschlagene Konzept der lectures de la laïcité
(Lesarten des Laizitätsprinzips) verwendet, um zu betonen, dass es sich bei den
untersuchten Laizitätsbegriffen nicht um inkommensurable Vorstellungen han-
delt, sondern um Deutungen, die in konkurrierenden politischen Sinnordnungen
und Handlungsprogrammen eingebettet sind. Diese spiegeln die jeweils domi-
nanten Konfliktlinien in der französischen Gesellschaft wider und müssen daher
in ihren politisch-normativen Bezugssystemen verortet werden. Als Grundlage
für die Analyse dieser divergierenden Lesarten ist es jedoch nötig, die franzö-
sische Laizität als Ordnungssystem in seinen Grundzügen und Ausnahmen zu
charakterisieren.

2.1 Das französische Laizitätsregime

Für die meisten Politiker und Intellektuellen, die sich Ende des 19. Jahrhunderts
für das Laizitätsprinzip einsetzten, war die Forderung nach einer Laizisierung
des Staates unter dem Schlagwort „séparation“ (Trennung) zusammengefasst.
Die Vorstellungen darüber, was genau getrennt werden sollte und wie diese
Trennung umzusetzen sei, gingen jedoch weit auseinander. So offenbaren die
parlamentarischen Debatten und die zahlreichen Gesetzesentwürfe zur Tren-
nung von Staat und Kirche im Zweiten Kaiserreich und in den ersten drei Jahr-
zehnten der Dritten Republik eine Vielzahl von konkurrierenden Verständnissen
von Laizisierung (Lalouette 2005; Larkin 2002; Bedin 1977). Vertreter einer
dezidiert antiklerikalen Linie, die in einer formalen institutionellen Trennung
die Gefahr eines Kontrollverlustes über die katholische Kirche sahen, plädierten
2.1 Das französische Laizitätsregime 13

für eine gezielte finanzielle und institutionelle Schwächung des Katholizismus.


Andere erhofften sich, dass eine Trennung in Gestalt eines Finanzierungsver-
bots von Religionsgemeinschaften und einer Aufhebung des Konkordatsre-
gimes2 ein Ende der katholischen Kirche herbeiführen würde. Ohne die Stütze
der staatlichen Anerkennung, so die Annahme, würde sich die Kirche – und
schließlich auch der katholische Glaube – in Frankreich von alleine auflösen.
Verfechter einer liberalen Lösung fassten die Trennung in erster Linie als kon-
fessionelle Neutralität des Staates und damit als Gegenmodell zur napoleoni-
schen Konkordatslogik der Anerkennung, Kontrolle und Finanzierung von
Religionsgemeinschaften auf.3 Für sie bedeutete die Trennung nicht die Umset-
zung des Laizitätsprinzips – das Wort wurde in den Debatten um das Gesetz von
1905 kaum gebraucht –, sondern vielmehr die Fortführung eines Prozesses der
Laizisierung staatlicher Institutionen.
Nach der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (1789), der Laizisierung
des Personenstandsregisters (1792), der Aufhebung konfessioneller Friedhöfe
(1881), der inkrementellen Laizisierung der Armee, der Gerichte, der öffentli-
chen Krankenhäuser und des öffentlichen Schulwesens sowie nach der Wieder-
einführung des Scheidungsrechts (1884) sollte das Gesetz von 1905 an das Erbe
der Französischen Revolution anknüpfen und die Verwirklichung eines republi-
kanischen Staatsideals fortsetzen. Für die meisten Anhänger der Abkehr vom

2Unter dem Begriff „Konkordatsregime“ wird hier ein System bezeichnet, das in Analogie
zum Konkordat zwischen der Ersten Französischen Republik und dem Heiligen Stuhl von
1801 und den organischen Artikeln von 1802 die Anerkennung, Kontrolle und Finanzierung
von Religionsgemeinschaften regelt. Im engeren Sinne bezeichnet das Wort „Konkordats-
regime“ das zwischen 1802 und 1845 für Katholizismus, Protestantismus und Judentum
entwickelte Ordnungssystem, das 1905 mit dem Gesetz „zur Trennung von Kirchen und
Staat“ ersetzt wurde, und lediglich im Elsass und im Département Mosel noch Anwendung
findet. Darüber hinaus wird der Begriff im Rahmen dieser Untersuchung auch zur Bezeich-
nung von historischen und aktuell noch geltenden Formen der offiziellen Anerkennung und
Finanzierung von Religionsgemeinschaften verwendet (so zum Beispiel in Französisch-
Algerien oder in Französisch-Guayana).
3Zur ersten Gruppe gehörte beispielsweise der ehemalige Präsident des Rates, Émile Com-

bes, der in einem Gesetzentwurf eine institutionelle Zerschlagung der katholischen Kir-
che vorgesehen hatte (Lalouette 2005, S. 390–394); zur zweiten Gruppe Freidenker wie
Anatole France oder Louis Havet. Unter den Vertretern einer liberalen und pragmatischen
Lösung wäre vor allem Aristide Briand, Berichterstatter des Gesetzes von 1905 in der
Abgeordnetenkammer, zu nennen.
14 2 Dimensionen und Lesarten der französischen Laizität

Konkordatsregime war daher das Gesetz von 1905 eine zentrale Etappe in der all-
mählichen Trennung des Staatlichen und des Religiösen.4
Entgegen der heutzutage in Frankreich sowie im Ausland dominanten Auffas-
sung, die Laizität sei Ausdruck eines französischen Sonderwegs, herrschte unter
den Befürwortern der Trennung die Vorstellung, dass eine Laizisierung allgemein
kennzeichnend sei für den Weg der Nationalstaaten in die Moderne. Baubérot
(1990, 2004) übernimmt diese Perspektive und definiert Laizisierung als inkre-
mentellen Differenzierungsprozess zwischen Staat und Religion. Zusammen mit
bestimmten Entwicklungen der Französischen Revolution (insbesondere der Erklä-
rung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 und der Laizisierung des Personen-
standsregisters) deutet Baubérot das Konkordatsregime als eine erste Schwelle der
Laizisierung. Zwar beruhte die Religionspolitik unter dem Konkordatsregime auf
einem System der strikten Kontrolle von vier anerkannten Religionsgemeinschaf-
ten (Katholizismus, evangelisch-lutherischen und evangelisch-reformierten Kir-
chen sowie dem Judentum), die Logik des Konkordats konsolidierte aber zugleich
die Anerkennung der Pluralität von religiösen Bekenntnissen. In der Laizisierung
des öffentlichen Schulwesens ab 1881, dabei insbesondere in der Einführung eines
nichtkonfessionellen Moralunterrichts, und im Gesetz von 1905 identifiziert Bau-
bérot eine zweite Schwelle der Laizisierung. Kennzeichnend für diese Phase seien
die institutionelle Trennung von Staat und Religion und die Transformation von
religiösen Institutionen zu fakultativen Sozialisierungsinstanzen.
Baubérots Bezugsrahmen hat den wesentlichen analytischen Vorteil, dass er
die Laizität nicht als französisches Spezifikum definiert, sondern eine allgemeine
Grundlage für vergleichende Untersuchungen schafft. Wie Kahn (2005, S. 21 f.)
Bezug nehmend auf das von Micheline Milot (1998) eingeführte Konzept der
régimes de laïcité argumentiert, haben die meisten demokratischen Staaten eigene
Laizisierungsprozesse durchlaufen und eigene Laizitätsregime etabliert. Auch
Staaten oder Teilstaaten mit eigener Staatskirche – wie etwa England und Grie-
chenland – oder mit Gottesbezügen in ihrer Verfassung – wie Deutschland und
Irland – weisen eine unverkennbare Grenzziehung zwischen Staat und Religion
auf. Anstatt die französische Laizität als Ausnahme zu betrachten, ist es analy-
tisch erhellender, diese zunächst als eine bestimmte Konzeption und Praxis der
Trennung von Staat und Religion zu definieren.

4Diese Vorstellung fungierte als Leitmotiv in den Debatten um die Trennung von Staat und
Kirche. Siehe hierzu insbesondere das Plädoyer des sozialistischen Abgeordneten Alex-
andre Zévaès (JO Chambre 1905a, S. 1097 ff.) sowie Aristide Briands Charakterisierung
des Gesetzes als „eine weitere Stufe in der Eroberung der Laizität“ („un degré de plus dans
la conquête de la laïcité“) (JO Chambre 1905d, S. 1917).
2.1 Das französische Laizitätsregime 15

In diesem Zusammenhang sorgt der Begriff der Trennung regelmäßig für


Missdeutungen des französischen Laizitätsregimes. So wird Laizität oftmals
als eine strikte Grenzziehung zwischen einer säkularen Öffentlichkeit und einer
Sphäre des Privaten aufgefasst, wobei das Private als einzig legitimer Raum für
religiöse Praktiken und für die Bekundung konfessioneller Weltanschauungen
betrachtet wird. Diese Deutung resultiert aus der Verschmelzung von zwei Pro-
zessen, die zwar in vielen Fällen parallel auftreten, dennoch analytisch zu dif-
ferenzieren sind: Laizisierung und Säkularisierung. Laizisierungsprozesse,
verstanden als die Entkonfessionalisierung staatlicher Institutionen, implizieren
keine Privatisierung des Religiösen. Letzteres ist eher als eine Dimension von
Säkularisierungsprozessen aufzufassen. Die Vorstellungen der Privatisierung und
Individualisierung des Religiösen fungieren in erster Linie als Deutungsmus-
ter für die Entwicklung von individuellen religiösen Sinnordnungen und für den
damit verbundenen gesellschaftlichen Bedeutungsverlust von klassischen religi-
ösen Institutionen, die zuvor über ein Monopol in der Vermittlung zwischen dem
Individuum und dem heiligen Kosmos verfügten (Luckman 1967).
Zwar erhofften sich viele Republikaner aus der Trennung von Staat und Kir-
che eine beschleunigte Abkehr der französischen Gesellschaft vom Religiösen,
doch diejenigen Maßnahmen, die einen solchen Säkularisierungsprozess gezielt
hätten vorantreiben können, blieben in der Endfassung des Gesetzes von 1905
unberücksichtigt.5 Auch Gesetzesabänderungsanträge, welche die Präsenz des
Religiösen im öffentlichen Leben zu mindern versuchten, wie die Streichung von
christlichen Feiertagen oder das Verbot des Priesterrocks in der Öffentlichkeit,
blieben erfolglos.6
Im Kern des französischen Laizitätsbegriffes steht nicht die Trennung von
Religion und Öffentlichkeit oder gar die Trennung von Religion und Politik.

5Zu nennen wären in diesem Zusammenhang vor allem die im Gesetzentwurf des sozia-
listischen Abgeordneten Francis de Pressensé vom 7. April 1903 vorgesehene Vermietung
von verstaatlichten religiösen Gebäuden an Glaubensgemeinschaften (Fabre 2004), die
eine erhebliche finanzielle Belastung insbesondere für die katholische Kirche bedeutet
hätte, oder die im Gesetzentwurf von Émile Combes vom 10. November 1904 festgesetzte
Begrenzung von Kultvereinen auf Département-Ebene, die Kirchenspaltungen begünstigt
hätte (Mayeur 2005, S. 40).
6Der Antrag zur Abschaffung religiöser Feiertage wurde vom sozialistischen Abgeordne-

ten Maurice Allard vorgelegt. Allard plädierte im Gegenzug für die Einführung von neuen
säkularen Feiertagen (JO Chambre 1905c, S. 1481). Die Initiative zum Verbot des Priester-
rocks in der Öffentlichkeit stammte von radikal-sozialistischen Abgeordneten Charles Cha-
bert (JO Chambre 1905e, S. 2477 ff.).
16 2 Dimensionen und Lesarten der französischen Laizität

Wie in den meisten Ländern sind Religionen in Frankreich Teil der öffentlichen
Sphäre. Zwischen der französischen Regierung und großen Religionsgemein-
schaften bestehen institutionalisierte Dialogstrukturen mit regelmäßigen Treffen.
Im Nationalen Ethikrat sind Religionsgemeinschaften indirekt durch Theologen
vertreten – bis 2013 sogar durch einen Rabbiner und einen Pastor. Konfessio-
nelle politische Parteien sind zwar marginale Akteure des politischen Lebens,
jedoch sind diese in Frankreich allgemein zugelassen und religiöse Symbole
dürfen im Parteienwettbewerb eingesetzt werden.7 Religionsgemeinschaften
beteiligen sich an politischen Debatten und spielen häufig eine entscheidende
Rolle bei Protestbewegungen anlässlich von gesellschaftspolitischen Kontrover-
sen. So war die katholische Kirche ein wichtiger Akteur bei den groß angelegten
Demonstrationen von 1983 und 1984 gegen die von der sozialistischen Regie-
rung angestrebte Reform des Privatschulwesens (siehe Abschn. 3.3). Bischöfe
und Priester waren außerdem zusammen mit Mitgliedern anderer Religionsge-
meinschaften an den Protesten gegen die Einführung der eingetragenen
Lebenspartnerschaft von gleichgeschlechtlichen Paaren von 1999 und an den
Demonstrationswellen von 2013 und 2014 gegen die Erweiterung des Rechts
auf Ehe für gleichgeschlechtliche Paare beteiligt.
Die Missdeutung des französischen Laizitätsregimes resultiert teilweise aus
der isolierten Betrachtung der schulischen Laizität als Beispiel für die Umsetzung
des Gesetzes von 1905. Dies ist zunächst rein chronologisch gesehen irreführend,
denn die Laizisierung des öffentlichen Schulwesens war vor der Verabschiedung
des Gesetzes „zur Trennung von Kirchen und Staat“ weit fortgeschritten. Unter
dem Konkordatsregime stand das öffentliche Schulsystem unter der gemein-
samen Aufsicht des Staates und der vier anerkannten Religionsgemeinschaften.
Von einer gleichberechtigen Mitwirkung der Konfessionen an der Schulpolitik
kann jedoch nicht die Rede sein. Die dominante Stellung des Katholizismus in
der französischen Gesellschaft spiegelte sich beispielsweise darin wider, dass der
vorgesehene Anteil an Vertretern der katholischen Kirche nach den Schulgesetzen
von 1833 und 1850 höher als der der übrigen Religionsgemeinschaften war. In
den Grundschullehrplänen war der konfessionelle Moralunterricht eines der wich-
tigsten Fächer.
Die Laizisierung der Schule war ein inkrementeller Prozess, der mit der
Expansion des öffentlichen Bildungswesens einherging. Hinsichtlich des Lehr-
körpers ist bereits Ende des 18. Jahrhunderts eine partielle Professionalisierung

7Im Vergleich dazu führt das portugiesische Laizitätsregime hingegen ansatzweise eine
Trennung von Religion und Politik ein, indem es konfessionelle Parteinamen und die Ver-
wendung religiöser Symbole in Parteilogos verbietet.
2.1 Das französische Laizitätsregime 17

und Laizisierung des Lehrerberufes feststellbar. Dieser Prozess war insofern par-
tiell, als er sich größtenteils auf Jungenschulen beschränkte. Für Lehrerinnen, die
vor allem in der Mädchenbildung sowie an koedukativen Grundschulen in ländli-
chen Gebieten tätig waren, bestätigte das 1850 verabschiedete Falloux-Gesetz die
gängige Praxis, dass der Auftrag einer im Bereich der Bildung tätigen Kongre-
gation einen offiziellen Lehrbefähigungsnachweis ersetzen konnte (siehe hierzu
Grandière 2006). Die Ausweitung des Netzes an öffentlichen Schulen und die
Diversifizierung der Lehrpläne im 19. Jahrhundert können als weitere Elemente
einer allmählichen Laizisierung des Schulwesens gedeutet werden. Als Geburts-
stunde der schulischen Laizität in Frankreich gelten jedoch gewöhnlich die unter
Bildungsminister Jules Ferry 1881 und 1882 verabschiedeten Schulgesetze.
1881 führte Frankreich die grundsätzliche Unentgeltlichkeit des öffentli-
chen Grundschulwesens ein. Bereits in den Jahrzehnten zuvor war der Besuch
einer öffentlichen Grundschule für einen immer höheren Anteil an Schülern mit
geringen oder keinen Gebühren verbunden. Die Unentgeltlichkeit galt jedoch als
wichtiger Schritt im Aufbau eines republikanischen Schulwesens und erhöhte
die Konkurrenzfähigkeit der öffentlichen Einrichtungen gegenüber den konfessi-
onellen, meist katholischen Schulen. Vor allem setzte das Gesetz von 1881 die
Grundlage für die am 28. März 1882 verabschiedete allgemeine Bildungspflicht,
die sowohl für Mädchen als auch für Jungen zwischen sechs und dreizehn Jahren
galt. Beide Reformen besiegelten eine Entwicklung zur Bildung breiter Bevöl-
kerungsschichten, die bereits vor der Gründung der Dritten Republik eingesetzt
hatte. Hinsichtlich der Laizisierung der Schule bestanden die zwei großen Inno-
vationen der Ferry-Gesetze in der Aufhebung der Mitwirkungsmöglichkeiten reli-
giöser Amtsträger in Angelegenheiten des öffentlichen Schulwesens und in der
Abschaffung des konfessionellen Moralunterrichts. Aus der instruction morale et
religieuse wurde eine instruction morale et civique, in der die Vermittlung von
säkularen Moralvorstellungen und staatsbürgerlichen Pflichten und Tugenden im
Mittelpunkt standen. Als Kompensation sah das Gesetz einen schulfreien Tag für
den Katechismus oder andere religiöse Aktivitäten vor. Ferner durfte an konfes-
sionellen Schuleinrichtungen Religionsunterricht nur noch als fakultatives Fach
angeboten werden. Von einer vollständigen curricularen Laizisierung kann aller-
dings nur bedingt die Rede sein, da weiterhin ein theistisches Weltbild in Gestalt
einer Lehreinheit zu den Pflichten gegenüber Gott das Fach prägte (siehe hierzu
Ognier 2008). Die partielle Säkularisierung der Lehrpläne wurde von einer weite-
ren Laizisierung des Lehrpersonals begleitet. So durften ab 1881 Lehrerinnen und
Lehrer an öffentlichen und privaten Grundschulen nur noch mit einer offiziellen
Lehrbefähigung angestellt werden. 1886 legte das nach Bildungsminister René
Goblet benannte Gesetz fest, dass der Lehrerberuf an einer öffentlichen Schule
18 2 Dimensionen und Lesarten der französischen Laizität

mit einem religiösen Amt oder der Mitgliedschaft in einer Kongregation unver-
einbar ist. In manchen Gemeinden, so zum Beispiel in Dijon, war eine Laizisie-
rung des Lehrkörpers jedoch bereits in den ersten Jahren der Dritten Republik
auf Initiative des Gemeinderates beschlossen worden (Lalouette 1991, S. 25 ff.).
Die Umsetzung der Laizisierung in Bezug auf Schulgebäude durch das Verbot
des Abhaltens des Katechismus an öffentlichen Schulen und die Entfernung von
christlichen Symbolen in öffentlichen Schulgebäuden erfolgte ungleichmäßig
und hing von lokalen Begebenheiten und dabei insbesondere vom Engagement
von Lokalpolitikern für die schulische Laizität und vom Widerstand seitens der
Bevölkerung ab. Der Dualismus des Schulsystems in Form der Koexistenz eines
öffentlichen und privaten Schulsystems blieb nach den Ferry-Reformen in seinen
Grundzügen erhalten.
Über ein Jahrhundert lang galt für die schulische Laizität an öffentlichen
Schulen in Frankreich die einfache Formel: i) konfessionelle Neutralität der
Lehrpläne, ii) Laizität und Neutralität des Lehrkörpers und iii) Laizität der
Schulgebäude. Eine Neutralitätspflicht der Schülerschaft konnte zwar aus den
Gesetzestexten abgeleitet werden. So bekräftigte Bildungsminister Jean Zay 1936
und 1937 in zwei Rundschreiben die politische und konfessionelle Neutralität im
Schulwesen und erwähnte dabei auch ein Verbot von politischer Propaganda und
Proselytismus unter der Schülerschaft. Doch diese Texte müssen vor dem Hin-
tergrund der instabilen politischen Situation im Frankreich der dreißiger Jahre
betrachtet werden. Allgemein lässt sich mit Loubes (2004) festhalten, dass Schü-
lerinnen und Schüler in der Dritten Republik nicht im Mittelpunkt der politischen
Debatten um die Laizisierung des Schulwesens standen.
Fünfzehn Jahren nach den ersten Kontroversen um die Zulässigkeit des Kopf-
tuches an öffentlichen Schulen führte das Gesetz von 2004, das Schülerinnen und
Schülern das Tragen von besonders sichtbaren Zeichen religiöser Zugehörigkeit
in öffentlichen Schulgebäuden untersagt, mit der Vorstellung einer konfessionel-
len Neutralität der Schülerschaft eine neue Dimension der schulischen Laizität
ein (siehe Abschn. 4.3). Das vor allem an muslimische Schülerinnen gerichtete
Verbot stärkte die Auffassung, das Laizitätsprinzip impliziere eine Verdrängung
von religiösen Bekenntnissen in die Sphäre des Privaten. Solche Ansichten wer-
den vor allem in Bezug auf den Islam vermehrt im rechten und rechtsextremen
Spektrum der französischen politischen Landschaft vertreten (siehe Abschn. 5.3
und 5.4). Darüber hinaus scheint diese expansive Vorstellung der Laizität auch
Eingang in offizielle Praktiken gefunden zu haben. So erklärt der 2007 ein-
geführte Aufnahme- und Integrationsvertrag, den Ausländer in Frankreich im
Rahmen eines Aufnahmeverfahrens unterzeichnen müssen, das Laizitätsprin-
zip mit der lapidaren Formulierung, dass in „Frankreich, die Religion in den
2.1 Das französische Laizitätsregime 19

Privatbereich gehöre“ („En France, la religion relève du domaine privé“, OFII


2010, S. 8). Doch aus dem schulischen Laizitätsregime lassen sich keine direkten
Rückschlüsse auf die allgemeine Tragweite und Bedeutung des Laizitätsprinzips
für das politische System und die Gesellschaft ziehen.
Als weitere Quelle von Missverständnissen über die Auslegung des französi-
schen Laizitätsprinzips erweist sich der Titel des Gesetzes vom 9. Dezember 1905
selbst. Der Titel Loi sur la séparation des églises et de l’État (Gesetz zur Tren-
nung von Kirchen und Staat) ist allerdings nicht Teil des Gesetzes und das Wort
„séparation“ findet ebenso wenig wie das Wort „Laizität“ in den insgesamt 44
Artikeln Erwähnung. Die im Gesetz von 1905 eingeführte Trennung von Staat
und Kirche, im Sinne einer weiteren Laizisierung staatlicher Institutionen, nimmt
die Gestalt von zwei Prinzipien an: der Nichtanerkennung von Religionsgemein-
schaften8 und dem allgemeinen öffentlichen Finanzierungsverbot derselben (Arti-
kel 2). Diese zwei Grundprinzipien sind jedoch dem Artikel 1 des Gesetzes
untergeordnet. Dieser spiegelt den liberalen Geist des Gesetzestextes insofern
wider, als hier das Grundrecht auf Gewissensfreiheit sowie das daraus abgeleitete
Recht auf die freie Ausübung der Kulte bekräftigt werden. Ersteres wird von der
Republik gewährleistet („La République assure la liberté de conscience“), letzte-
res, vorbehaltlich von Einschränkungen im Interesse der öffentlichen Ordnung,
garantiert („Elle garantit le libre exercice des cultes sous les seules restrictions
édictées ci-après dans l’intérêt de l’ordre public“).9
Der konziliante Ton des Artikels gegenüber Glaubensgemeinschaften wird
vor allem dann deutlich, wenn die Endfassung des Gesetzes mit früheren Initia-
tiven verglichen wird. Eine wichtige Vorlage für das Gesetz von 1905 bildete der
vom sozialistischen Abgeordneten Francis de Pressensé im April 1903 vorgelegte
Gesetzentwurf. Pressensés Text orientiert sich am Artikel 10 der Erklärung der
Menschen- und Bürgerrechte von 1789 und bekräftigt den Status von Meinungs-,
Gewissens- und Glaubensfreiheit als unantastbare Grundrechte (abgedruckt in

8Der Begriff „Religionsgemeinschaft“ ist eine sehr freie Übersetzung des französischen
Wortes „culte“. Letzteres wird in der französischen Rechtsprechung meistens zur Bezeich-
nung der sichtbaren und gemeinschaftlichen Dimensionen eines Glaubens gebraucht und
ist daher umfassender als das deutsche Wort „Kult“. Dieses wird im vorliegenden Buch
immer dann gebraucht, wenn culte sich auf die kollektive religiöse Verehrung einer Gott-
heit bezieht. Wie Rolland (2005) bemerkt, gibt es in Frankreich keine präzise und allge-
mein anerkannte juristische Definition des Begriffes „culte“. Die Anhaltspunkte für ihre
Anerkennung werden im weiteren Verlauf des Kapitels diskutiert.
9Das Gesetz wird nach der zuletzt 2011 abgeänderten Fassung auf der offiziellen Seite der

Regierung zur Veröffentlichung von Rechtstexten zitiert (http://www.legifrance.gouv.fr/).


20 2 Dimensionen und Lesarten der französischen Laizität

Sévestre 1905, S. 556–569). Bezüglich der freien Ausübung der Kulte beschränkt
sich der Gesetzentwurf jedoch auf die allgemeine Vorgabe, dass im Rahmen des
Gesetzes niemand daran behindert werden dürfe, seine Religion zu praktizieren.
Aus dem Grundrecht auf Gewissensfreiheit leitet Pressensé in mehreren Artikeln
vor allem das Recht ab, eine Religion nicht auszuüben sowie keine Glaubensge-
meinschaft direkt oder indirekt mittels Steuern zu finanzieren. Die Endfassung
des Gesetzes von 1905 verpflichtet dagegen die Republik einen Rahmen zu schaf-
fen, in dem die freie Ausübung von Religionen möglich ist. Der Artikel 1 des
Gesetzes macht es daher schwierig, die Laizität als Trennung von Staat und Reli-
gion aufzufassen, da ein solcher Rahmen eine Form von staatlicher Anerkennung
des Religiösen in seiner gesellschaftlichen Dimension voraussetzt. Die im Gesetz
verankerte Nichtanerkennung (non-reconnaissance) von Religionsgemeinschaf-
ten bedeutet demnach nicht, dass der Staat Religionen nicht berücksichtigt.
Wie Émile Poulat (2010, S. 164) ausführt, muss der französische Begriff der
reconnaissance in seinem historischen Kontext gesehen werden. Mit den Sätzen
„Le Gouvernement de la République reconnaît […]“ und „Sa Sainteté reconnaît
[…]“ begann nämlich die Präambel des Konkordats von 1801 zwischen der
französischen Regierung und Papst Pius VII., das den katholischen Glauben als
Religion der überwiegenden Mehrheit der Franzosen anerkannte. Es ist also nahe-
liegend davon auszugehen, dass für viele Befürworter des Gesetzes von 1905 die
non-reconnaissance in erster Linie das Ende eines Regimes der Anerkennung von
bestimmten Religionsgemeinschaften zum Ausdruck bringen sollte. Dementspre-
chend kann festgehalten werden, dass sich das Prinzip der Nichtanerkennung auf
einzelne Religionsgemeinschaften (cultes) und nicht auf das Kultische (cultuel)
an sich bezieht. Diese Differenzierung ergibt sich nicht nur aus Artikel 1 des
Gesetzes, sondern auch aus der institutionellen Reorganisation von Kultgemein-
schaften nach der Verabschiedung des Gesetzes von 1905.
Das Ende des Konkordatsregimes hatte zur Folge, dass alle öffentlich-recht-
lichen Anstalten der anerkannten Religionsgemeinschaften aufgelöst wurden.
Dies betraf beispielsweise Kirchenfabriken, Presbyterialräte oder die unter Napo-
leon gegründeten israelitischen Konsistorien. Das Gesetz von 1905 sah vor,
diese durch Kultvereine (associations cultuelles) zu ersetzen, die ausschließlich
dem Zweck der Finanzierung und Organisation der Kulte dienen. Kultgebäude
in Besitz des Staates sollten den Kultvereinen mietfrei überlassen werden. In
den meisten Fällen handelte es sich hierbei um Kirchen, Klöster, Seminare und
Pfarrhäuser, die 1789 von der Konstituante nationalisiert worden waren. Da die
katholische Kirche das Gesetz von 1905 als einseitigen Bruch des Konkordats
verurteilte und 1906 in den Enzykliken Vehementer nos und Gravissimo officii
2.1 Das französische Laizitätsregime 21

munere die Gründung von Kultvereinen als inkompatibel mit dem Wesen der
römisch-katholischen Kirche ablehnte, stand die katholische Kirche in Frankreich
in der Illegalität. Um diese Situation zu regeln, sah ein neues Gesetz vor, die Nut-
zung von Kultgebäuden in Besitz des Staates auch ohne Gründung eines Kultver-
eins zu ermöglichen. Gegen den Widerstand des Vatikans wurde also die Nutzung
von katholischen Kirchen 1907 „zwangslegalisiert“ (Bazoche 1949, S. 12). Erst
mit der Schaffung von Diözesanvereinen 1924 verfügte die katholische Kirche
über eigene Kultvereine mit einem Sonderstatus.
Die Übertragung des Vermögens der aufgelösten öffentlich-rechtlichen Kul-
tanstalten und der Nutzungsrechte von Kultgebäuden in Staatsbesitz setzte eine
Form der Anerkennung des Kultischen voraus. Bis heute sind der Status von Kult-
vereinen und die damit verbundenen steuerlichen Begünstigungen mit einer Über-
prüfung ihres kultischen Charakters verbunden. Die Kriterien hierfür wurden erst
spät festgelegt und bleiben noch heute vage. Der Staatsrat definiert das Kultische
allgemein als das Abhalten von feierlichen Handlungen durch eine Gruppe von
Individuen, die einen religiösen Glauben teilen, mit dem Ziel, bestimmte Riten
und Praktiken zur Verehrung einer Gottheit durchzuführen (Conseil d’État 1997).
Diese Definition schließt nichttheistische Gruppierungen aus. Sie impliziert
daher, dass der Staat das Religiöse nicht nur anerkennt, sondern auch eine Unter-
scheidung zwischen verschiedenen Glaubensformen vornimmt.
Neben der Anerkennung der Religion in ihrer gesellschaftlichen Dimension
und des Kultischen führte das Gesetz von 1905 eine dritte Form der Anerkennung
ein, die bei den Debatten um das Gesetz wesentlich umstrittener war. Manche
Anhänger einer Trennung von Staat und Kirche sahen in der Gründung von Kult-
vereinen die Chance eines Schismas im französischen Katholizismus. Vatikankri-
tische Pfarrer und Gläubige könnten schismatische Kultvereine ins Leben rufen
und die Nutzungsrechte von Kultgebäuden sowie einen Teil des Vermögens der
aufgelösten öffentlich-rechtlichen Kultanstalten für sich fordern. So hoffte der
zum Calvinismus konvertierte radikal-sozialistische Abgeordnete Eugène Réveil-
laud, dass die Trennung eine Gründungswelle von lokalen und nationalen gallika-
nischen Kirchen auslösen würde, die als Gegenmacht zum ultramontanen
Katholizismus fungieren könnten (JO Chambre 1905b, S. 1311, zitiert nach Appo-
lis 1963). Um einer solchen Entwicklung vorzubeugen, sah die Endfassung des
Gesetzes nach einem Abänderungsantrag von Francis de Pressensé vor, dass die
Kultvereine den Organisationsregeln der jeweiligen Religionsgemeinschaft ent-
sprechen müssen (Artikel 4). Im Streitfall obliegt es also bis heute französischen
Verwaltungsgerichten zu überprüfen, ob Kultvereine, die die Nutzungsrechte für
22 2 Dimensionen und Lesarten der französischen Laizität

ein Kultgebäude beanspruchen, im Einklang mit den Organisationsprinzipien


einer Religionsgemeinschaft stehen.10
Auch das Prinzip der Nichtfinanzierung von Religionsgemeinschaften ist zu
relativieren. Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten von (meist katholischen)
Kultgebäuden in Staatsbesitz werden aus öffentlichen Mitteln bezahlt. Hinzu
kommen die steuerlichen Vorteile für Kultvereine sowie die öffentliche Subven-
tionierung des konfessionellen Privatschulwesens (siehe Abschn. 3.3). Auch aus
der in Artikel 2 des Gesetzes von 1905 festgelegten Pflicht der Republik, die
Gewissensfreiheit zu gewährleisten und die freie Ausübung der Kulte zu garantie-
ren, ergeben sich Ausnahmen, in denen der Staat direkt und indirekt Religionsge-
meinschaften finanziert. Einige dieser Ausnahmen sind in Artikel 2 des Gesetzes
festgeschrieben. So dürfen Seelsorgedienste an staatlichen Einrichtungen tätig
sein und in einigen Fällen aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Im Gesetz
erwähnt sind Schulen, Pflege- und Justizvollzugsanstalten.
An öffentlichen Sekundarschulen (Collèges und Lycées) können Seelsorge-
dienste von Erziehungsberechtigten und an Lycées auch von den Schülerinnen
und Schülern selbst beantragt werden. Während an Internaten Seelsorgedienste
generell zugelassen werden, sind die Anträge bei Externaten von der Schulauf-
sichtsbehörde zu prüfen. Die Seelsorger müssen vom Rektor des jeweiligen
Schulaufsichtsbezirks zugelassen werden, erhalten jedoch in der Regel keine
Besoldung oder Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Mitteln. Die Einrich-
tungen können allerdings Räumlichkeiten für Seelsorgedienste zur Verfügung
stellen (Massignon 2000).
An öffentlichen Krankenhäusern obliegt die Entscheidung über die Einführung
eines Seelsorgedienstes dem jeweiligen Vorstand. Die Finanzierung erfolgt über
den Haushalt der Einrichtung, wodurch bei einer angespannten finanziellen Lage
Seelsorgedienste oft als erste von Kürzungen betroffen werden (Proeschel 2012).
An Justizvollzugsanstalten können Seelsorger in Absprache mit dem betroffe-
nen Kultverein ehrenamtlich oder gegen Aufwandsentschädigung tätig sein. Die
seelsorgerische Begleitung von Gefangenen steht insbesondere seit den Attentaten
auf die Redaktion der satirischen Zeitung Charlie Hebdo und auf den koscheren
Supermarkt Hyper Cacher im Januar 2015 und der Terroranschläge vom 13.
November 2015 im Mittelpunkt der öffentlichen Debatten über Seelsorgedienste.
Dabei geht es weniger um die Gewährleistung der freien Religionsausübung,

10So bestätigte 1977 das Verwaltungsgericht von Nantes die Entscheidung eines Gemeinde-
rates, den Antrag eines sedisvakantistischen Kultvereins auf Nutzung einer Kirche abzuleh-
nen. Der Gemeinderat hatte seine Entscheidung mit einer Stellungnahme des Bischofs von
Angers begründet (Prélot 2007, S. 102).
2.1 Das französische Laizitätsregime 23

sondern primär um die Vorbeugung der Radikalisierung muslimischer Gefange-


ner. Die Situation muslimischer Seelsorgedienste bleibt in Frankreich prekär.
Nach Angaben des Justizministeriums waren Anfang 2015 lediglich 182 muslimi-
sche Seelsorger an Justizvollzugsanstalten tätig (Ministère de la Justice 2015). Im
Vergleich dazu verzeichnete das Justizministerium 681 katholische, 345 evangeli-
sche und 105 zugelassene Seelsorger der Zeugen Jehovas.11
In Artikel 2 des Gesetzes von 1905 nicht aufgeführt sind Seelsorgedienste in
der Armee, da die öffentliche Finanzierung von Seelsorgern verschiedener Reli-
gionsgemeinschaften bereits in einem Gesetz vom 8. Juli 1880 festgelegt wor-
den war. Für den Katholizismus steht die Militärseelsorge unter Leitung eines
Bischofs, der zugleich als Beamter fungiert. Seit 2006 verfügt die französische
Armee auch über eine muslimische Militärseelsorge (siehe hierzu Settoul 2015).
Die Zulassung von Seelsorgediensten an staatlichen Einrichtungen und die
Kriterien für die Anerkennung von Kultvereinen verdeutlichen, in welche
Schwierigkeiten sich eine Definition des französischen Laizitätsregimes als
Gegenmodell zur Konkordatslogik verstrickt sieht. In beiden Bereichen ist eine
Begünstigung von etablierten Religionsgemeinschaften zum Nachteil von ande-
ren Glaubensgemeinschaften, insbesondere von neuen religiösen Bewegungen
und nichttheistischen Organisationen, zu erkennen.12 Die Praxis der Gewährleis-
tung der freien Ausübung der Kulte setzt in Frankreich demnach nicht nur eine
Anerkennung des Kultischen, sondern auch eine indirekte Anerkennung von
bestimmten religiösen Gemeinschaften voraus.13
Ein weiteres Problem in der Bestimmung des französischen Laizitätsregimes
ergibt sich aus den zahlreichen territorialen Ausnahmen, in denen das Gesetz von

11Diese Asymmetrie ist laut Vertretern von muslimischen Kultvereinen vor allem auf die
Schwierigkeit zurückzuführen, adäquat ausgebildete Bewerber zu finden (Le Monde 2015).
Die geringen Aufwandsentschädigungen, die zwischen 400 und 500 EUR monatlich betra-
gen (Le Monde 2015), machen außerdem die ehrenamtliche Tätigkeit als Seelsorger finan-
ziell wenig attraktiv.
121994 hat die Europäische Kommission für Menschenrechte eine Beschwerde eines

atheistischen Verbandes gegen Frankreich für begründet gehalten. Die Atheisten-Union


(Union des Athées) hatte gegen die Bestimmung, dass nur anerkannte Kultvereine steuer-
frei Vermächtnisse annehmen dürfen, Beschwerde eingelegt. In ihrer Entscheidung befand
die Kommission die Bestimmung als Ungleichbehandlung von spirituellen Überzeugun-
gen (Garay et al. 2005). Ein ähnlicher Fall, der 2011 zu einem Urteil des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte führte, betraf den Status der Zeugen Jehovas.
13In diesem Zusammenhang wäre auch die Gewährung von Sendezeiten im öffentlich-

rechtlichen Fernseher an Religionsgemeinschaften zu nennen (siehe Oliva 2006).


24 2 Dimensionen und Lesarten der französischen Laizität

1905 und bestimmte Aspekte der schulischen Laizität keine Anwendung finden.
Die wohl bekannteste Ausnahme betrifft die zwei elsässischen Départements
(Bas-Rhin und Haut-Rhin) sowie das Département Moselle. Nach dem Deutsch-
Französischen Krieg wurden diese Gebiete mit dem Vertrag von Frankfurt 1871
Teil des Deutschen Reiches und erst 1919 mit dem Versailler Vertrag völkerrecht-
lich wieder an Frankreich angegliedert. Da eine vollständige Integration der drei
Départements in das französische Rechtssystem auf Widerstand seitens lokaler
Eliten stieß, blieben bestimmte Gesetze und Bestimmungen, die vor 1871 Teil des
französischen Rechtssystems waren, sowie solche, die vom Deutschen Reich und
vom Landtag Elsass-Lothringens verabschiedet worden waren, in einem lokalen
Sonderrecht weiterhin gültig. 1924 führte die Ankündigung von Regierungschef
Édouard Herriot, das Gesetz von 1905 auf die drei Départements auszuweiten,
zu einer im Wesentlichen von Katholiken organisierten Streik- und Protestbewe-
gung (Gaines 1993). Seitdem hat sich keine französische Regierung getraut, den
Status quo in diesen Départements infrage zu stellen. Als der sozialistische Prä-
sidentschaftskandidat François Hollande im Rahmen einer Wahlkampfrede 2012
ankündigte, das Gesetz von 1905 in die Verfassung zu integrieren, musste er nach
massiver Kritik gleich am nächsten Tag sein Versprechen revidieren und betonen,
dass er das Sonderrecht im Elsass-Mosel nicht infrage stellen würde (siehe hierzu
Basdevant-Gaudemet 2014).
Die Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften sind im Elsass-
Mosel weiterhin vom Konkordatsregime geregelt. Die Nominierung des Erzbi-
schofs von Straßburg und des Bischofs von Metz obliegt formell dem
Staatspräsidenten nach einer komplexen Prozedur, an der neben dem Vatikan
auch Außen- und Innenministerium sowie der Staatsrat beteiligt sind. Der Präsi-
dent der evangelisch-lutherischen Kirche im Elsass-Mosel wird per Dekret vom
Innenminister nominiert. Letzterer muss ebenfalls die Nominierung von Großrab-
binern und Rabbinern genehmigen. Priester, Pastoren und Rabbiner sind in der
Regel staatliche Bedienstete und ihre Besoldung richtet sich nach den Vorschrif-
ten im öffentlichen Dienst. Außerdem sind die Gemeinden verpflichtet, Priestern,
Pastoren und Rabbinern eine Unterkunft oder eine Aufwandsentschädigung zu
gewähren (Observatoire de la laïcité 2015, S. 7). An öffentlichen Schulen ist Reli-
gionsunterricht für die vier nach dem Konkordatsregime anerkannten Konfessio-
nen als Pflichtfach mit einer wöchentlichen Lehrveranstaltungsstunde vorgesehen.
Neben dem Religionsunterricht bieten einige öffentliche Schulen fakultative kate-
chetische Kurse an. Eine Freistellung vom Religionsunterricht kann schriftlich
beantragt werden, und in der Sekundarstufe lassen sich inzwischen die meisten
Schülerinnen und Schülern freistellen. Generell ist überdies im Elsass-Mosel eine
gewisse Entkonfessionalisierung des Religionsunterrichts mit einem stärkeren
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acknowledged to be directly dependent on the organism. Again,
spiritual functions like thinking and willing are regarded as objectively
or extrinsically dependent upon the imagination, which, in turn, is
directly dependent on a material organ, namely: the brain. Hence
even the rational operations of the mind are indirectly dependent
upon the cerebral cortex. The spiritualism of Aristotle, therefore, by
reason of its doctrine concerning the direct dependence of the lower,
and the indirect dependence of the higher, psychic functions upon
the material organism, is able to absorb into its own system all the
supposedly hostile facts amassed by Materialism, thereby rendering
them futile and inconsequential as arguments against the spirituality
of the human soul. In confronting this philosophy, the materialistic
scientist finds himself disarmed and impotent, and it is not to be
wondered at, that, after indulging in certain abusive epithets and a
few cant phrases, such as “metaphysics” or “medieval” (invaluable
words!), he prudently retires from the lists without venturing to so
much as break a lance in defense of his favorite dogma, that nothing
is spiritual, because all is matter. In this predicament, the Cartesian
caricature proves a boon to the materialist, as furnishing him with the
adversary he prefers, a man of straw, and enabling him to
demonstrate his paltry tin-sword prowess. Of a truth, Descartes
performed an inestimable service for these modern “assassins of the
soul,” when he relieved them of the necessity of crossing swords
with the hylomorphic dualism of Aristotle by the substitution of a far
less formidable antagonist, namely, the psychophysical dualism of
mind and matter.
The proofs advanced, in the previous pages, for the spirituality of
the human soul are based upon the superorganic function of rational
thought. A parallel series of arguments can be drawn from the
superorganic function of rational volition. The cognitive intellect has
for its necessary sequel the appetitive will, which may be defined as
spiritual tendency inclining us toward that which the intellect
apprehends as good. The objects of such volition are frequently
abstract and immaterial ideals transcendent to the sphere of
concrete and material goods, e. g., virtue, glory, religion, etc. The will
of man, moreover, is free, in the sense that it can choose among
various motives, and is not compelled to follow the line of least
resistance, as is the electric current when passing through a shunt of
steel and copper wire. Like the self-knowing intellect, the self-
determining will is capable of reflective action, that is, it can will to
will. Having its own actions within its own control, it is itself the
principal cause of its own decisions, and thus becomes responsible
for its conduct, wherever its choice has been conscious and
deliberate. External actions, which escape the control of the will, and
even internal actions of the will itself, which are indeliberate, are not
free and do not entail responsibility. Our courts of law and our whole
legal system rests on the recognition of man’s full responsibility for
his deliberate voluntary acts. The distinction between premeditated
murder, which is punished, and unpremeditated homicide, which is
not, is purely moral, and not physical, depending for its validity upon
the fact of human freedom. It is this exemption from physical
determinism, that makes man a moral agent, subject to duties,
amenable to moral suasion, and capable of merit or demerit. Finally,
the will of man is insatiable, invincible, and inexhaustible. The
aspirations of the will are boundless, whereas our animal appetites
are easily cloyed by gratification. There is no freezing point for
human courage. The animal or sensual appetites wear out and
decline with old age, but virtue and will-power do not necessarily
diminish with the gradual deterioration of the material organism.
Willing, therefore, is a superorganic or spiritual function. Activity
which is bound to a material organ cannot tend towards
supersensible ideals, cannot escape physical determinism, cannot
achieve the reflective feat of spurring itself to action, cannot avoid
exhaustion, cannot elude rigid regulation by the laws of organic
metabolism. For this reason, the brute, whose psychic functions are
of the organic type exclusively, is destitute of freedom, morality, and
responsibility. Deliberate volition, therefore, like conceptual thought,
has its source and subject in man’s spiritual soul, and is not a
function of the material organism.[12]
Two additional facts may be cited as bringing into strong relief the
basic contrast existing between the higher or rational, and the lower
or animal psychosis in man. The first is the occurrence of
irreconcilable opposition or conflict. The imagination, for example,
antagonizes the intellect by visualizing as an extended speck of
chalk or charcoal the mathematical point, which the intellect
conceives as destitute of extension and every other property except
position. Similarly, the effort of our rational will to be faithful to duty
and to uphold ideals is antagonized by the sensual impulses of the
animal appetite, which seek immediate gratification at the expense of
remote considerations that are higher. Such antagonism is
incompatible with any identification of the warring factors, that is, of
our rational, with our sentient, functions; for, wherever opposition is
in evidence, there a fortiori a real distinction must be recognized.
The understanding and the will, therefore, differ radically from sense
and sensual appetite. The second significant fact is the domination
exerted by reason and will over the cognitive and appetitive functions
of the organic or sentient order. Our intellect criticizes, evaluates and
corrects the data of sense-perception, it discriminates between
objective percepts and illusions and hallucinations, it distinguishes
dreams from realities, it associates and dissociates imagery for
purposes of comparison, contrast, illustration, or analysis. Moreover,
it not only shows its superiority to sense by supervising, revising, and
appraising the data of sentient experience, but it manifests its
discontent at the inaccuracy and limitation of sense by the invention
and use of instrumentation (e. g. ear trumpets, spectacles,
microscopes, telescopes, spectroscopes, polariscopes, periscopes,
etc.) to remedy the defects or increase the range of sense-
perception, etc. This phenomenon is without parallel among brute
animals, and is a patent manifestation of the superiority of human
psychology. In like manner, the will demonstrates its preeminence
over the organic or animal appetite, by exerting supreme control over
the passions and impulses of our lower nature. In fact, it is able to
bridle and repress the impulses of sensuality even in the immediate
presence of sensible stimuli that would irresistibly determine the
brute to a gratification of its animal lusts; and it can force the
struggling and reluctant flesh to undergo a crucifixion for
supersensible motives that make no appeal to the beast. The
understanding and the will, therefore, are essentially superior to the
organic psychosis that they control, namely, the sentient
consciousness and sensual appetite, which we share in common
with the brute, but which, in the latter, give no evidence whatever of
rational or moral control.

§ 4. Darwinian Anthropomorphism
The spiritual mind of man represents an eminence to which
evolving matter can never attain. This, then, is the hill that must
needs be laid low, if the path of Darwinian materialism is to be a
smooth one. There is, therefore, nothing very surprising in the fact
that Darwin and his followers, from Huxley down to Robinson, have
done all in their power to obscure and belittle the psychological
differences between man and the brute. The objective of their
strategy is twofold, namely, the brutalization of man and its converse,
the humanization of the brute. The ascent will be easier to imagine, if
man can be depressed, and the brute raised, to levels that are not
far apart. To this end, the Darwinian zealots have, on the one hand,
spared no pains to minimize the superiority and dignity of human
reason by the dissemination of sensistic associationism,
psychophysical parallelism, and various other forms of “psychology
without a soul”; and they have striven, on the other hand, to exalt to
the utmost the psychic powers of the brute by means of a crude and
credulous anthropomorphism, which, for all its scientific pretensions,
is quite indistinguishable from the naïveté of the author of “Black
Beauty”[13] and the sentimentality of S. P. C. A. fanatics, vegetarians,
anti-vivisectionists, etc. The first of these tendencies we have
already discussed, the second remains to be considered.
When it comes to anthropomorphizing the brute, Darwin has not
been outdistanced by the most reckless of his disciples. Three entire
chapters of the “Descent of Man” are filled with this “vulgar
psychology” (as Wundt so aptly styles it). It is the sum and
substance of the entire fabric of argumentation, which he erects in
support of his thesis that “the difference in mind between man and
the higher animals is certainly one of degree and not of kind.” (Cf.
op. cit., chs. III-V.) Haeckel, Huxley, and Clifford attained to equal
proficiency in the sport. Subsequent philosophers parroted their bold
metaphors and smart aphorisms, and the game went on merrily till
the close of the century. Then a badly needed reaction set in under
the auspices of Wundt, Lloyd Morgan, and Thorndike, who insisted
on abandoning this naïve impressionism in favor of more critical
methods.
In his “Vorlesungen über die Menschen und Tierseele” (cf. 2nd ed.,
p. 370), Wundt proclaims his rupture with the impressionistic school
in the following terms: “The one great defect of this popular
psychology is that it does not take mental processes for what they
show themselves to be to a direct and unprejudiced view, but imports
into them the reflections of the observer about them. The necessary
consequence for animal psychology is that the mental actions of
animals, from the lowest to the highest, are interpreted as acts of the
understanding. If any vital manifestation of the organism is capable
of possible derivation from a series of reflections and inferences, that
is taken as sufficient proof that these reflections and inferences
actually led up to it. And, indeed, in the absence of a careful analysis
of our subjective perceptions we can hardly avoid this conclusion.
Logical reflection is the logical process most familiar to us, because
we discover its presence when we think about any object
whatsoever. So that for popular psychology mental life in general is
dissolved in the medium of logical reflection. The question whether
there are not perhaps other mental processes of a simpler nature is
not asked at all, for the one reason that whenever self-observation is
required, it discovers this reflective process in the human
consciousness. The same idea is applied to feelings, impulses, and
voluntary actions which are regarded, if not as acts of intelligence,
still as effective states which belong to the intellectual sphere.
“This mistake, then, springs from ignorance of exact psychological
methods. It is unfortunately rendered worse by the inclination of
animal psychologists to see the intellectual achievements of animals
in the most brilliant light.... Unbridled by scientific criticism the
imagination of the observer ascribes phænomena in perfectly good
faith to motives which are entirely of its own invention. The facts
reported may be wholly true; the interpretation of the psychologist,
innocently woven in with his account of them, puts them from first to
last in a totally wrong light. You will find a proof of this on nearly
every page of the works on animal psychology.” (English Translation
by Creighton & Titchener, p. 341.)
Wundt’s warning against taking at their face value popular, or even
so-called scientific, accounts of wonderful feats performed by
animals is very salutary. The danger of subjective humanization of
bestial conduct is always imminent. We are unavoidably obliged to
employ the analogy of our own animal nature and sentient
consciousness as our principal clue to an understanding of brute
psychology, but we must beware of pressing this analogy based on
our own consciousness to the uncritical extreme of interpreting in
terms of our highest psychic operations animal behavior that, in
itself, admits of a far simpler explanation. According to the principle
of the minimum, it is unscientific to assume in a given agent the
presence of anything that is not rigidly required for the explanation of
its observed phenomena. We must refrain, therefore, from reading
into the consciousness of an animal what is not really there. We
must abstain from transporting our own viewpoint and personality
into a brute, by imagining, with Darwin, that we discern a “sense of
humor,” or a “high degree of self-complacency” in some pet animal,
like a dog. In general, we can rest assured that animals are quite
innocent of the motivation we ascribe to them. All their
manifestations of the psychic order are adequately explicable in
terms of sensory experience, associative memory, instinct, and the
various automatisms of their innate and conditioned reflexes. There
is no ground whatever for supposing the brute to possess the
superorganic power of understanding commonly known as
intelligence.
Etymologically speaking, the abstract term “intelligence,” together
with the corresponding concrete term “intellect,” is derived from the
Latin: intus-legere, signifying to “read within,” the fitness of the term
being based upon the fact that the intellect can penetrate beneath
the outer appearances of things to inner aspects and relations, which
are hidden from the senses. In its proper and most general usage,
intelligence denotes a cognoscitive power of abstraction and
generalization, which, by means of conceptual comparison,
discovers the supersensible relationships existent between the
realities conceived, in such wise as to apprehend substances
beneath phenomena, causes behind effects, and remote ends
beyond proximate means.
Certain animal psychologists, however, refuse to reserve the
prerogative of intelligence for man. Bouvier’s “La Vie Psychique des
Insectes” (1918), for example, contains the following statement:
“Choice of a remarkably intellectual nature, is even more noticeable
in the instinctive manifestations of individual memory. The animal,
endowed with well-developed senses and nervous system, not only
reacts to new necessities by new acts, but associates the stored up
impressions of new sensations and thereby appropriately directs its
further activities. Thus, by an intelligent process, new habits are
established, which by heredity become part of the patrimony of
instinct, modifying the latter and constituting elements essential to its
evolution. Of these instincts acquired through an intelligent
apprenticeship Forel was led to say that they are reasoning made
automatic, and it is to them particularly that we may apply the idea of
certain biologists that instincts are habits which have become
hereditary and automatic.” (Smithson. Inst. Rpt. for 1918, p. 454.)
It is extremely doubtful, however, whether Bouvier is here using
the term intelligence in its proper sense. Indeed, his words convey
the impression that what he means by intelligence is an ability to
profit by experience. Now, ability to profit by experience may, under
one set of circumstances, involve the power of logical reflection and
inference, while, under another set of circumstances, it may imply
nothing more than the power of associative memory. In the latter
case, the facts are explicable without any recourse to psychic
powers of a superorganic nature, and, in point of fact, it often
happens that the very zoöpsychologists, who insist on attributing this
sort of “intelligence” to brutes, are most emphatic in denying that
brutes are endowed with reason. In any case, it is unfortunate that
the word intelligence is now used in two entirely different senses.
This new and improper sense, being unrelated to the etymology, and
out of harmony with the accepted use of the term, serves only to
engender a confusion of ideas. It should be suppressed, in order to
avoid misunderstandings.
That men should be deluded, however, into crediting animals with
“intelligence” (properly so-called) is not at all surprising, when we
reflect on the source of this misapprehension; for we find combined
in the animal two important factors, whose association closely
simulates intelligence, namely, sentient consciousness and
unconscious teleology. Now teleology is not inherent or subjective
intelligence, but rather an objective expression and product of
intelligence. It exists in unconscious mechanisms like phonographs
and adding machines, and it is, likewise, manifest in unconscious
organisms like plants. Here, however, there is no danger of
confounding it with conscious intelligence, because machines and
plants do not possess consciousness in any form whatever. But in
animals, on the contrary, teleology is intimately associated with
sentient consciousness. Here the teleological automatisms of instinct
are not wholly blind and mechanical, but are guided by sense-
perception and associative memory. It is this combination of
teleology with sentient “discernment” (as Fabre styles it) that
conveys the illusory impression of a conscious intelligence. Careful
analysis, however, of the facts, in conjunction with judicious
experiments, will, in every instance, enable the observer to
distinguish between this deceptive semblance of intelligence and
that inherent rational power of abstraction, classification, and
inference which is the unique prerogative of the human being. A
genuine intelligence of this sort need not be invoked to explain any
of the phenomena of brute psychology. All of them, from the highest
to the lowest, are explicable in terms of the sensitivo-nervous
functions. To illustrate the truth of this statement let us cite a few
typical examples of animal behavior, that are sometimes regarded as
manifestations of intelligent or rational consciousness on the part of
the brute.
Animals, it is pointed out, learn by experience. The tiny chick that
has been stung by a wasp, for instance, learns to avoid such noxious
creatures for the future. This is, indeed, “learning by experience.”
Obviously, however, it does not consist in an inference of a new truth
from an old truth. On the contrary, it amounts to nothing more than a
mere association of imagery, formed in accordance with the law of
contiguity in time, sanctioned by the animal’s sensual appetite, and
persistently conserved in its sentient memory. A bond of association
is formed between the visual image of the wasp and the immediately
ensuing sensation of pain. Thereafter the wasp and the pain are
associated in a single complex, which the sensile memory of the
animal permanently retains. We are dealing with a mere association
of contiguity, and nothing further is required to explain the future
avoidance of wasps by the chick. The abilities acquired by animals
through the trial and error method are to be explained in the same
way. A horse confined within an enclosure, for example, seeks
egress to the fresh grass of the pasture. The fact that repeated exits
through the gate of the enclosure have associated the image of its
own access to the pasture with the particular spot where the gate is
located induces it to approach the gate. Its quest, however, is balked
by the fact that the gate is closed and latched. Thereupon, it begins
to chafe under the urge of frustrated appetite. Certain actions ensue,
some spontaneous and others merely reflex movements. It paws the
ground, prances about, and rubs its nose against the gate. Its futile
efforts to pass through the closed gate continue indefinitely and
aimlessly, until, by some lucky accident, its nose happens to strike
against the latch and lift it sufficiently to release the gate. This
causes the gate to swing ajar, and the horse rushes out to food and
freedom. By the law of contiguity, the vision of free egress through
the gate is thereafter firmly associated in the horse’s sense-memory
with the final sensation experienced in its nose just prior to the
advent of the agreeable eventuation of its prolonged efforts.
Henceforth the animal will be able to release itself from the
enclosure by repeating the concatenated series of acts that memory
associates with the pleasurable result. On the second occasion,
however, the more remote of its futile acts will have been forgotten,
and the process of opening the gate will occupy less time, though
probably a certain amount of useless pawing and rubbing will still
persist. Gradually, however, the number of inefficacious actions will
diminish, until, after many repetitions of the experience, only those
actions which directly issue in the desirable result will remain in the
chain of impressions retained by memory, all others being
eliminated. For, by a teleological law, making for economy of effort,
all impressions not immediately and constantly connected with the
gratification of animal appetites tend to be inhibited. Pawlow’s
experiments on dogs show that impressions which coincide in time
with such gratification tend to be recalled by a return of the appetitive
impulse, but are soon disconnected from such association and
inhibited, if they recur independently of the recurrence of
gratification. For this reason, the horse tends to remember more
vividly those actions which are more closely connected with the
pleasurable result, and, as its superfluous actions are gradually
suppressed by a protective process of inhibition, it gradually comes
to run through the series of actions necessary to open the gate with
considerable accuracy and dispatch.
The point to be noted, however, is that the horse does not
discursively analyze this concatenated series of associated
stimulators and actions; for, let the concrete circumstances be
changed never so little, the horse will at once lose its laboriously
acquired ability to open the gate. Such, for example, will be the
result, if the position of the gate be transferred to another part of the
enclosure. The horse, therefore, is incapable of adapting its acquired
ability to new conditions. It can only rehearse the original series in all
its initial concreteness and stereotyped specificity; and it must,
whenever the circumstances are changed, begin once more at the
beginning, and rearrive by trial and error at its former solution of the
problem. The reason is that the horse merely senses, but does not
understand, its own solution of the problem. The sense, however,
cannot abstract from the here and now. Consequently, the human
infant of two summers is enabled by its dawning intelligence to adapt
old means to new ends, but the ten-year-old horse cannot adjust its
abilities to the slightest change in the concrete conditions
surrounding the original acquisition of a useful habit. The cognitive
powers of an animal are confined to the sphere of concrete
singularity, it has no power to abstract or generalize.
The selfsame observation applies to the tricks which animals
“learn” through human training. Their sensitive memory is very
receptive and retentive. Hence, by means of a judicious alternation
of “rewards” and “penalties” (e.g. of sugar and the whip), a man can,
as it were, inscribe his own thoughts on the tablets of the brute’s
memory, in such a way as to force the latter to form habits that
appear to rest upon a basis of intelligence. And so, indeed, they do,
but the intelligence is that of the trainer and not that of the animal,
which is as destitute of intrinsic intelligence as is a talking
phonograph, upon whose records a man can inscribe his thoughts
far more efficiently than he can write them in terms of the
neurographic imagery of the canine, equine, or simian memory.
The trained monkey always renders back without change the
original lesson imparted by its human trainer. The lesson as first
received becomes an immutable reaction-basis for the future. With a
school child, however, the case is quite different. It does, indeed,
receive “an historical basis of reaction,” when the teacher illustrates
the process of multiplication by means of an example on the
blackboard. But it does not receive this information passively and
render it back in the original stereotyped form. On the contrary, it
analyzes the information received, and is able thereafter to reapply
the analyzed information to new problems differing in specificity from
the problem that the teacher originally worked out on the blackboard.
The human pupil does not, like the monkey or the phonograph,
render back what it has received in unaltered specificity. His reaction
differs from its original passive basis. To borrow the words of
Driesch, he “uses this basis, but he is not bound to it as it is. He
dissolves the combined specificities that have created the basis.”
(“The Problem of Individuality,” pp. 27, 28.) The brute, therefore,
cannot “learn,” or “be taught” in the sense of intellectual
comprehension and enlightenment. “We see,” says John Burroughs
somewhere, “that the caged bird or beast does not reason because
no strength of bar or wall can convince it that it cannot escape. It
cannot be convinced because it has no faculties that are convinced
by evidence. It continues to dash itself against the bars not until it is
convinced, but until it is exhausted. Then slowly a new habit is
formed, the cage habit. When we train an animal to do stunts, we do
not teach it or enlighten it in any proper sense, but we compel it to
form new habits.”
Human beings, however, can be taught and enlightened under the
most adverse circumstances. Even those unfortunates are
susceptible to it, who, like Laura Bridgman, Helen Keller, Martha
Obrecht, Marie Heurtin, and others, have been blind and deaf and
dumb from infancy or birth. With nearly all the light of sensibility
extinguished, there was, nevertheless, latent within them something
of which a perfectly normal ape, for all the integrity of its senses, is
essentially destitute, namely, the superorganic power of reason.
Reason, however, is extrinsically dependent on organic sensibility,
and, consequently, “the gates of their souls” were closed to human
converse, until such a time as the patient kindness and ingenuity of
their educators devised means of reciprocal communication on a
basis of tactile signals. Thereupon they revealed an intelligence
perfectly akin to that of their rescuers. Years of similar education,
however, would be futile in the case of an ape. The “gates of the
soul” would never open, because the ape has no rational soul, to
which the most ingenious trainer might gain access, in which respect
it differs fundamentally from even the lowest savage. A being that
lacks reason may be trained by means of instruction, but it can never
be enlightened by it.
Another consideration, that is occasionally urged in proof of bestial
intelligence, is the fact that birds, mammals, and even insects
communicate with one another by means of sounds or equivalent
signals, which are sometimes remarkably diversified in quality and
consequent efficacy. “Since fowls,” writes Darwin, “give distinct
warnings for danger on the ground, or in the sky, from hawks ..., may
not some unusually wise ape-like animal have imitated the growl of a
beast of prey, and thus told his fellow monkeys the nature of the
expected danger? This would have been a first step in the formation
of a language.” (“Descent of Man,” 2nd ed., ch. III, pp. 122, 123.)
This is saltatory logic with a vengeance! Darwin leaps at one bound
across the entire chasm between irrationality and rationality, without
pausing to build even the semblance of a bridge. Given an animal
with the foresight and inventiveness requisite to employ
onomatopœia for the purpose of specifying the nature of an
expected danger, in the interest of its fellows, and we need not
trouble ourselves further about plausibleizing any transition; for so
“unusually wise” an ape is already well across the gap that separates
reason from unreason, and far on its way towards the performance
of all the feats of which reason is capable. After swallowing the
camel of so much progress, it would be straining at a gnat to deny
such a paragon of simian genius the mere power of articulate
speech. Of course, if imagination rather than logic, is to be the
dominant consideration in science, there is no difficulty in imagining
animals to be capable of thinking or doing anything we choose to
ascribe to them, as witness Æsop’s Fables. But, if sober and critical
judgment be in order, then, evidently, from the simple fact that an
animal has diversified cries manifestative of different emotions or
degrees of emotion (e.g. of fear or rage) and capable of arousing
similar emotions in other animals of the same species, it by no
means follows that such an irrational animal can adapt a means to
an end by using mimicry in order to give notification of approaching
danger, and to specify the nature of the danger in question.
This stupid anthropomorphism arises from Darwin’s failure to
appreciate the fundamental distinction that exists between the
“language” of animals, which is indicative, emotional, and
inarticulate, and human language, which is descriptive, conceptual,
and articulate. Brute animals, under the stress of a determinate
passion or emotion, give vent impulsively and unpremeditatedly to
instinctive cries indicative of their peculiar emotional state. Moreover,
these emotionalized sounds are capable of arousing kindred
emotions in the breasts of other animals of the same species, since
organisms of the same species are syntonic with (i.e. attuned to) one
another. Hence these reflex or instinctive cries have, no doubt, a
teleological value, inasmuch as they serve to protect the race by
inciting a peculiar flight-reaction in those that are not in immediate
contact with the fear-inspiring object. This so-called warning,
however, is given without reflection or intention on the part of the
frightened animal, and is simply sensed, but not interpreted, by the
other animals that receive it.
This premised, it is easy to discriminate between bestial and
human language. The former is not articulate, that is to say, the
sounds of which it is composed have not been elaborated by
analysis and synthesis into phonetic elements and grammatical
forms. In the second place, it is emotional and not conceptual,
because it is manifestative of the emotions or passions (which are
functions of the organic or sensual appetite), and not of rational
concepts. In the third place, it is indicative, that is, it merely
signalizes a determinate emotional state, as a thermometer indicates
the temperature, or a barometer the atmospheric pressure. It is not,
therefore, descriptive, in the sense of being selected and arranged in
syntactic sequence for the express purpose of making others realize
one’s own experiences. The rational language of man, on the
contrary, is not emotional. Only a negligible portion of the human
vocabulary is made up of emotional interjections. It consists, for the
most part, of sounds descriptive of thought, to express which an
elaborate system of vowels and consonants are discriminated and
articulated on the basis of social agreement, the result being a
conventional vocal code invented and used for the express purpose
of conveying, not emotions or imagery, but general and abstract
concepts.

§ 5. The True Significance of Instinct


A third class of facts commonly cited as evidence of bestial
intelligence are the remarkable phenomena of instinct.[14] The
beaver acts as though it were acquainted with the principles of
hydraulics and engineering, when it maintains the water at the height
requisite to submerge the entrance to its dwelling by building a dam
of mud, logs, and sticks across the stream at a point below the site
of its habitation. The predatory wasp Pompilius is endowed with
surgical art, that suggests a knowledge of anatomy, inasmuch as it
first disarms and afterwards paralyzes its formidable prey, the
Lycosa or black Tarantula. Another predatory wasp, the Stizus
ruficornis, disables Mantids in a similar fashion. One of the American
Pompilids, the black wasp Priocnemis flavicornis, is an adept in the
art of navigation, since it adopts the principle of the French
hydroglissia (an air-driven boat which skims the water under the
propulsion of an aeroplane propeller). This insect tows a huge black
spider several times its own size and too heavy to be carried,
propelling its prey with buzzing wings along the open waterway, and
leaving behind a miniature wake like that of a steamer. It thus avoids
the obstacles of the dense vegetation, and saves time and energy in
transporting the huge carcass of its paralyzed quarry to the haven of
its distant burrow. Spiders like the Epeira, for example, are endowed
with the mathematical ability of constructing their webs on the
patterns of the logarithmic spiral of Jacques Bernouilli (1654-1705), a
curve which it took man centuries to discover. The dog infested with
parasitic tapeworms (Taenia) evinces a seeming knowledge of
pharmaceutics, seeing that it will avidly devour Common Wormwood
(Artemisia absynthium), an herb which it never touches otherwise.
In all these cases, however, as we have previously remarked, the
illusion of intelligence is due to the combination of teleology or
objective purposiveness with sentient consciousness. But teleology
is nothing more than a material expression of intelligence, not to be
confounded with subjective intelligence, which is its causal principle.
When the cells of the iris of the eye of a larval salamander
regenerate the lens in its typical perfection, after the latter has been
experimentally destroyed, we behold a process that is objectively,
but not subjectively, intelligent. In like manner the instinctive acts of
an animal are teleological or objectively purposive, but do not
proceed from an intelligence inherent in the animal, any more than
the intelligent soliloquy delivered by a phonograph proceeds from a
conscious intelligence inherent in the disc. In the animal, sentient
consciousness is associated with this teleology or objective
purposiveness, but such consciousness is only aware of what can be
sensed, and is, therefore, unconscious of purpose, that is, of the
supersensible link, which connects a means with an end. “Instinct,”
to cite the words of Wm. James, “is usually defined as the faculty of
acting in such a way as to produce certain ends, without foresight of
the ends, and without previous education in the performance.”
(“Principles of Psychology,” vol. II, c. xxiv, p. 383.) Hence the
unconscious and objective purposiveness, which the human mind
discerns in the instinctive behavior of brutes, is manifestative, not of
an intelligence within the animal itself, but only of the infinite
intelligence of the First Cause or Creator, Who imposed these laws
replete with wisdom upon the animal kingdom, and of the finite
intelligence of man, who is capable of recognizing the Divine
purpose expressed, not only in the instincts of animals, but in all the
telic phenomena of nature. Such marvels are not the fortuitous result
of uncoördinated contingencies. Behind these correlated teleologies
of the visible universe there is a Supreme Intelligence, which has
“ordered all things in measure, and number, and weight.” (Wisdom:
XI, 21.) “And this universal geometry,” says Fabre, in allusion to the
mathematics of the Epeira’s web, “tells of an Universal
Geometrician, whose divine compass has measured all things. I
prefer that, as an explanation of the logarithmic curve of the
Ammonite and the Epeira, to the Worm screwing up the tip of its tail.
It may not perhaps be in accordance with latter-day teaching, but it
takes a loftier flight.” (“Life of the Spider,” p. 400.)
But, though the teleology of instinct is wonderful in the extreme,
the element of psychic regulation is so subordinate and restricted,
that, far from postulating intelligent control, certain scientists go so
far as to deny even sentient control, in the case of instinctive
behavior. Animals, in their opinion, are nothing more than “reflex
machines,” a view which coincides with that of Descartes, who
regarded animals as unconscious automatons. “The instincts,” says
Pawlow, “are also reflexes but more complex.” (Science, Nov. 9,
1923, p. 359.) The late Jacques Loeb was a protagonist of the view
that instincts are simply metachronic chain-reflexes, in which one
elementary process releases another, each preceding phase
terminating in the production of the succeeding phase, until the
entire gamut of concatenated arcs has been traversed. Hence, John
B. Watson, the Behaviorist disciple of Loeb, defines instinct as “a
combination of congenital responses unfolding serially under
appropriate stimulation.”
But, if Darwinian anthropomorphism sins by excess, Loeb’s
mechanism sins by defect, and fails to account for the indubitable
variability of instinctive behavior. For, however fixed and stereotyped
such behavior may be, it manifests unmistakable adaptation to
external circumstances and emergencies, as well as subordination to
the general physiological condition of the organism, phenomena that
exclude the idea of fatal predetermination according to the fixed
pattern of a determinate series of reflex arcs. As Jennings has
shown, synaptic coördination in the neural mechanism cannot be
more than a partial factor in determining serial responses. The state
of the organism as a whole must also be taken into account. (Cf.
“Behavior of the Lower Organisms,” p. 251.) Thus an earthworm may
turn to the right simply because it has just turned to the left, but this
so-called “chain-reflex” does not involve an invariable and inevitable
sequence of events, since the earthworm may turn twice or thrice to
the left, before the second reaction of turning to the right comes into
play. Any animal, when sated, will react differently to a food stimulus
than it will when it is starved, by reason of its altered organic
condition. We have something more, therefore, to reckon with than a
mere system of reflexes released by a simple physical stimulus.
The second type of variability manifested by instinct is its capacity
for complex and continuous adjustment to variable environmental
circumstances. Thus predatory animals, such as wasps, crabs,
spiders, and carnivorous mammals, accommodate themselves
appropriately and uninterruptedly to the changing and unforeseeable
movements of the prey they are engaged in stalking, giving evidence
in this way of the regulation of their hunting instincts by sensory
impressions. Whether this element of psychic control is based upon
object-perception, or simple sensation, and whether it involves a
sensual impulse, or is merely sensori-motor, we have, naturally, no
direct means of ascertaining. But the presence of some sort of
sensory regulation is evident enough, e.g. in the prompt and unerring
flight of vultures to distant carrion. Moreover, there is a close analogy
between our sense organs and those of an animal. Particularly, in
the case of the higher animals, the resemblance of the sense organs
and nervous system to our own is extremely close, so much so that
even the localization of sensory and motor centers in the brain is
practically identical in dogs, apes, and men. Moreover, the animals
make analogous use of their sense organs, orientating them and
accommodating them for perception, and using them to inspect
strange objects, etc., e.g. they turn their eyes, prick up their ears,
snuff the wind, etc. Again, analogous motor and emotional effects
result from the stimulation of their sense organs, and brutes make
emotional displays of anger, exultation, fear, etc., similar to our own.
Hence it is to be presumed that they have similar sensuous
experiences. The analogy, however, must not be pressed further
than the external manifestations warrant. With brute animals, the
manifestations in question are confined exclusively to phenomena of
the sensuous order.
Another indication of sensory control is found in the repair-work
performed by animals endowed with the constructive instinct. C. F.
Schroeder, for instance, experimenting on certain caterpillars, found
that they repaired their weaving, whenever it was disturbed by the
experimenter. Fabre, too, discovered that a Mason-bee would plaster
up holes or clefts marring the integrity of its cell, provided that the
bee was actually engaged in the process of plastering at the time,
and provided that the experimenter inflicted the damage at the level,
and within the area, of the construction work on which the bee was
then engaged. In a word, if the damage inflicted could be repaired by
a simple continuation or extension of its actual work of the moment,
the bee was able to cope with the emergency. There are other ways,
too, in which the animal adapts its constructive instincts to external
circumstance. Fabre tells us that the Bramble-bee Osmia, which
builds a train of partitioned cells in snail shells or in hollow reeds, will
victual first and then plaster in a partition, if the reed be narrow, but
will first plaster a partition, and then introduce honey and pollen
through a hole left unclosed in the partition, whenever the reed is of
greater diameter. This reversal of the procedure according to the
exigencies of the external situation does not suggest the chain-reflex
of Loeb. (Cf. “The Bramble-Bee,” pp. 214-217.) Another kind of
adaptation of instinct to external circumstances consists in the
economical omission of the initial step of a serial construction, in
cases where the environmental conditions provide a ready-made
equivalent. “The silkworm,” says Driesch, “is said not to form its web
of silk if it is cultivated in a box containing tulle, and some species of
bees which normally construct tunnels do not do so if they find one
ready made in the ground, they then only perform their second
instinctive act: separating the tunnel into single cells.” (“Science &
Phil. of the Organism,” vol. II, p. 47.)
Driesch’s analysis of the constructive instinct shows that these
facts of adaptation or regulation fit in with the idea of sensory control
rather than with that of a chain-reflex. In the supposition that the
successive stages of instinctive construction are due to a chain-
reflex, consisting of a series of elementary motor reactions a, b, c,
etc., in which a produces the external work A and, on terminating,
releases b, which, in turn, produces external work B and releases c,
etc., clearly b could never appear before a, and the sight of A ready-
made would not inhibit a, nor would the removal of A defer the
advent of b. In other words, regulation would be impossible. But, if
we suppose that not the elemental act a, but rather the sensory
perception of A, the first state of the external construction, is the
stimulus to b and, consequently, to the production of the second
state of construction B, then we understand why b is released
independently of a, when, for example, an insect discovers a ready-
made substitute for A, the initial step in its construction, and we also
understand why, in cases of accidental damage resulting in the total
or partial removal of A, the reaction b is deferred and the reaction a
prolonged, until the repair or reconstruction of A is complete; for, in
this supposition, the addition of A will inhibit a and release b,
whereas the subtraction of A will inhibit the appearance of b and
consequently defer B, until the state of construction A, the sight of
which is the stimulus to b, is complete. The fact of regulation,
therefore, entails sensory control of the serial responses involved in
the constructive instinct. Hence, as H. P. Weld of Cornell expresses
it: “We may safely assume that even in the lowest forms of animal
life some sort of sensory experience releases the (instinctive)
disposition and to an extent determines the subsequent course of
action.” (Encycl. Am., v. 15, p. 168.)
But it would be going to the opposite extreme to interpret these
adjustments of instinct to external contingencies as evidence of
intelligent regulation. The animal’s ability, for example, to repair
accidental damage to a construction, which instinct impels it to build,
is rigidly limited to repairs that can be accomplished by a simple
continuation of the actual and normal occupation of the moment. If,
however, the damage affects an already completed portion of the
instinctive structure, and its present occupation is capable of
continuance, the animal is impotent to relinquish this actual
occupation of the moment, in order to cope with the emergency.
Suppose, for illustration, that the instinctive operations a and b are
finished and the animal is in the c-stage of its instinctive
performance, then, if the damage is inflicted in the A-portion of the
structure, and c can be continued independently of A, the animal
cannot relinquish c and return to a, in order to restore the marred
integrity of A. This shows that the animal is guided, in its repair-work,
by sense, which is bound to the here and now, and not by
intelligence, which is an abstractive faculty that emancipates from
the actual and concrete present, and enables the possessor to hark
back to the past of its performance, should necessity require. Thus
Fabre found that the Mason-bee, after it had turned from building to
the foraging of honey and pollen, would no longer repair holes
pricked in its cell, but suffered the latter to become a veritable vessel
of the Danaïdes, which it vainly strove to fill with its liquid provender.
Though the holes affected portions extremely close to the topmost
layer of masonry, and although it frequently sounded and explored
these unaccustomed holes with its antennæ, it took no steps to
check the escape of the honey and pollen by recurring to its mason
craft of earlier stages. And, finally, when it did resume the plasterer’s
trade in constructing a lid for the cell, it would spare no mortar to
plug the gaping breaches in the walls of its cell, but deposited its egg
in a chamber drained of honey, and then proceeded to perform the
useless work of closing with futile diligence only the topmost
aperture in this much perforated dwelling. Obviously, therefore, the
bee failed to perceive the connection which existed between these
breaches and the escape of the honey, and it was unable to apply its
instinctive building skill to new uses by abstraction from the definite
connection, in which the latter is normally operative.

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