Ef068 Kuba

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Hallo, hier ef das aktuelle Palaver

Ein Traum
Bilanz und Ausblick eines Anarcho-Veteranen
Interview mit Uwe Timm
Interview von Andr F. Lichtschlag

Soviele Anarchisten gibt es in Deutschland nicht. Veteranen sind besonders rar. eigentmlich frei sprach mit einem von ihnen. Der 1932 geborene Uwe Timm ist seit seinem 20. Lebensjahr in der anarchistischen Bewegung aktiv. Heute ist er Mitherausgeber der individualanarchistischen Zeitschrift Espero. ef: Herr Timm, Sie werden im Februar 75 Jahre alt und blicken auf mehr als fnf Jahrzehnte Engagement fr mehr Freiheit zurck. Wodurch sind Sie eigentlich zum Anarchisten geworden? Timm: Wer wie ich noch bewusst den Zweiten Weltkrieg erlebt hat, besa danach nur einen einzigen Wunsch: Nie wieder Krieg! In diesem Sinne suchte ich nach Mglichkeiten der Bettigung. Von den Parteien erwartete ich keine Alternativen, weil sie sich dem Prinzip der Mehrheitsentscheidung unterwarfen. Nachdem ich mit den Klassikern des Anarchismus, Kropotkin, Bakunin, Proudhon und einigen mehr, vertraut war, gelangte ich dann auch zu John Henry Mackay, Benjamin R. Tucker und den Vertretern des individualistischen Anarchismus. Die haben mich dann einfach berzeugt und viele ihrer Ansichten habe ich in der tglichen Praxis besttigt gesehen. ef: Was ist Ihr grter Erfolg in dieser langen Zeit seither gewesen? Timm: Politisch sehe ich als meinen grten Erfolg meine Mitwirkung bei der Grndung der Mackay-Gesellschaft. Unsere Zielsetzung gemeinsam mit Kurt Zube, Hermann Fournes und Gnther Ehret war es, aus der Mackay-Gesellschaft erstens ein Aktionszentrum des Anarchismus zu machen und zweitens Grundstze mglichst kurz und einfach zu formulieren. Daneben mussten wir auch der Verleumdung des Anarchismus als Terrorismus entgegenwirken. Uns waren dann in der Zeit von 1974 bis 1984 Editionen und Aktivitten mglich, wovon wir anfnglich nicht einmal zu trumen wagten. ef: Was war die in Ihren Augen grte Niederlage? Timm: Wer nur ein einheitliches Wirtschaftssystem anstrebt, einen Kollektivismus fr alle, vergisst die liberalen Wurzeln des Anarchismus. In dieser Frage suchte ich Anregungen zu vermitteln. Dabei stie ich immer wieder auf schwer verstndliche Aversionen von Leuten, die sich auch Anarchisten nennen. Und das finde ich traurig, weil es eine wirklich freie Gesellschaft nur als eine pluralistische Gesellschaft geben kann. Oder wie mein alter Freund John Zube zu sagen pflegt: Jedem den Staat und die Gesellschaft seiner Trume! In dieser Frage ausgerechnet von jenen nicht verstanden zu werden, die fr sich auch eine bessere Gesellschaft wnschen, stimmt mich traurig.

Das ist eine Niederlage. ef: Herr Timm, Sie waren whrend der Kubanischen Revolution 1958/59 bereits politisch interessiert. Sie waren bereits damals Anarchist. Hatten Anarchisten damals Hoffnung, dass die Kubanische Revolution positive Auswirkungen haben knnte? Timm: Damals war ich nicht nur politisch interessiert, sondern politisch aktiv, als Mitglied einer anarchistischen Gruppe, begrndet von Otto Reimers in Hamburg. Und auch als aktives Mitglied der Internationale der Kriegsdienstgegner. Soweit ich mich erinnere, erfuhren wir ber Augustin Souchy, dass die Revolution auf Kuba nicht unsere Revolution sein wird. Andersdenkende, auch Anarchisten, wurden eingesperrt. ef: Gab es denn damals noch keine Che-Verehrung? Timm: Ganz sicher nicht unter den Anarchisten, die das Dritte Reich berlebten und schon vor 1933 aktiv fr den Anarchismus eintraten. Eher schon unter den Jngeren, die eine emotionale Sympathie und Begeisterung fr den Revolutionr Che besaen. Ja, das hat mich immer etwas befremdet, wenn junge Menschen sich fr einen Mythos einnehmen lassen. Man denke nur daran, wie Linke jeder Couleur das rote Mao-Bchlein schwenkten, also praktisch einem Massenmrder huldigten. ef: Wagen wir abschlieend einen Blick in die Zukunft: Wie, glauben Sie, wird Deutschland in 50 Jahren aussehen? Timm: Wirtschaftsmchte werden wohl USA, China, Indien, Japan und Brasilien sein. In der Welt wird sich also einiges ndern. Deutschland fehlt der Nachwuchs, nicht den USA. Besitzt hierzulande der Sozialismus eine Zukunft, dann wird Deutschland verarmen. Es kann aber auch anders kommen, wenn die Einsicht weiter wchst, dass vor allem die Jugend ihr Schicksal nicht den Handlungen einer Regierung berlassen kann, sondern ihr Geschick in die eigenen Hnde nehmen muss. Der Staat ist unproduktiv und kann nur geben, was er vorher nahm. Nicht einmal das, denn er muss seine Brokraten und Institutionen erhalten. Wenn sich diese Erkenntnis vor allem in der Jugend weiter durchsetzt, dann gibt es durchaus auch Hoffnung auf ein Deutschland mit Wettbewerb, Vertragsfreiheit, freiem Unternehmertum und solidarischen Bndnissen der gegenseitigen Hilfe. Ein pluralistisches Deutschland, heute noch ein Traum, das ich meinen Enkeln wnsche. Internet: www.utespero.de

Dezember 2006 I Nr. 68

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Editorial
von ef-Herausgeber Andr F. Lichtschlag
Kein Zweifel: Deutschland driftet. Hin zu einem totalitren Staat. Davon zeugen einmal mehr viele Beitrge in diesem Heft. Wo all das hinfhrt, kann man heute schon auf einer Insel beobachten, die fr ihre guten Zigarren weltberhmt ist: Kuba. Ein totalitrer Wohlfahrtsstaat muss am Ende seine Grenzen dicht machen, um seine Einwohner an der Flucht vor Unfreiheit und wirtschaftlichem Elend zu hindern. Der groe Liberale Eugen Richter hat in seinen sozialdemokratischen Zukunftsbildern (die in Krze in der Reihe edition ef mit einem aktuellen Vorwort von Detmar Doering wieder erscheinen, ab sofort beim Verlag und ber Capitalista.de fr 16,90 Euro bestellbar sind und dann noch vor Weihnachten geliefert werden) bereits Ende des vorletzten Jahrhunderts darauf hingewiesen, dass Mauer, Stacheldraht, Grenzpatrouillenboote und Schiebefehl die unausweichliche Konsequenz eines ausufernden sozialdemokratischen Programms sein mssen. Eines Programms also, welches sich inzwischen mehr oder weniger alle Parteien in Deutschland auf ihre Fahnen geschrieben haben. Kuba praktiziert seinen antikapitalistischen Schutzwall heute auf hnlich martialische Art wie der einstige Bruderstaat DDR. Und morgen wird es auch fr die BRDBlockparteien kaum mehr eine andere Wahl geben, denn inzwischen fliehen bereits jhrlich 250.000 der Besten aus diesem Land vor wachsender Unfreiheit und wirtschaftlichem Niedergang. Whrend Politik und Mainstreammedien darber ratschlagen, inwieweit Deutschland ein Einwanderungsland ist und was daraus folgt, hat sich die BRD lngst zum Auswanderungsland entwickelt. Wenn Leistung immer strker bestraft und Miggang belohnt wird, dann kommen die Drckeberger und Schmarotzer und es gehen die Fleiigen und Rechtschaffenden. Vor solchen ganz logischen Folgen des Wohlfahrtsstaates hat kaum einer in seinem Leben mehr gewarnt als der am 16. November im Alter von 94 Jahrern verstorbene Milton Friedman. Es ist geradezu grotesk, dass Fidel Castros alter Mitstreiter, der Massenmrder Che Guevara, heute als Popidol und Werbetrger gedruckt und geschleppt wird, whrend viele Jugendliche und Reklamefuzzis den groen Milton Friedman nicht einmal kennen. Und doch gibt es Hoffnung! eigentmlich frei konnte die Zahl seiner Leser soviel steht jetzt schon fest im Jahr 2006 um mehr als 30 Prozent erhhen. Vor allem immer mehr Schler und Studenten zeigen Interesse an einer grundstzlichen Alternative zum Einerlei der BRD-Mainstreammedien, an originellen libertren Einfllen anstelle der blichen politischen Ausflle. Dies wird uns Verpflichtung sein, unseren Weg im kommenden Jahr mit gewachsener Kraft fortzusetzen. Ich wnsche Ihnen, liebe Leser, frohe und erholsame Festtage und einen guten Rutsch in ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2007! Und denkt daran: Stoppt die neosozialistischen Ausbeuter auf all ihren Wegen! Mehr netto!

Inhalt
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I ef-AKTUELL

Hallo, hier ef das aktuelle Palaver: Ein Traum Interview mit Uwe Timm Editorial ef-Schwerpunkte Das ef-Tagebuch: bergeschnappt Andr F. Lichtschlag Vorbrse: Erst laufen Schler Amok, dann die Politiker Karikatur von Gtz Wiedenroth Make love not law: Das Esgebe bei Edeka Carlos A. Gebauer Genossen und Volksgenossen: Reichsparteitag 2006 Ronald Glser NPD und Antifa: Geisterjournalismus Kaspar Rosenbaum Pogo-Skandal in Marburg: Staatliche Rechts-Schwche David Schah Enjoy Capitalism: Freie Auswahl David Schah Mun-Sekte: Das Grundgesetz als Zivilreligion Josef Schlburner Gelhmte Unterschicht: Alimentierung des Nichts Andr F. Lichtschlag kologie: Das Ende der Umweltbewegung ist nahe Robert Grzinger Freiheitskleckse: Presseschau David Schah Feminismus oder Freiheit? Eingeschnappt Arne Hoffmann Jahressteuergesetz 2007: Jetzt kommt die Steuergebhr! Andr F. Lichtschlag
I ef-SCHWERPUNKT

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Kuba-Report: Anatomie des Verfalls Dirk Freyling Kubanische Revolution: Che lebt! Josef Schlburner Kuba-Blockade: Was wirklich blockiert wird Kristian Niemietz Von Fidel zu Raoul: Das Elend geht weiter Martin Lessenthin ef-Verkaufsstellen: Buy & Frei Machtbergabe rckwrts auf sowjetische Art Humberto Fontova Termine: Freie Tage im Dezember Sozialisten haben kein Bacard-Feeling Francesca Martinelli Bisherige Interviewpartner und Autoren

4 I eigentmlich frei

Nr. 68 I Dezember 2006

Schwerpunkt: Kuba
Coverfoto: dd-pnc Cover-Merkwrdigkeit des Monats: Nicols Gmez Dvila

efSchwerpunkte
Liberalismus (ef 01) Menschenrechte (ef 02) Demokratie (ef 03) Geld (ef 04) Kultur (ef 05) Strategie (ef 06) Kosovo (ef 07) Umwelt (ef 08) Sicherheit (ef 09) Kinder (ef 10) USA (ef 11) Recht (ef 12) BSE (ef 13) Pornographie (ef 14) Bildung (ef 15) Manchesterliberale (ef 16) Globalisierung (ef 17) 11. September 2001 (ef 18) And the winner is (ef 19) Rauchen und Umwelt (ef 20) Separatismus (ef 21) Freiheit im Westen (ef 22) Weltwirtschaft (ef 23) Medien (ef 24) Gesundheitspolitik (ef 25) Mittelalter (ef 26) Bundestagswahl 2002 (ef 27) Entwicklungshilfe (ef 28) Weltraum (ef 29) Naher Osten (ef 30) Widerstand jetzt! (ef 31) Die 68er (ef 32) Arbeitslosigkeit (ef 33) Russland (ef 34) Verfassungsschutz (ef 35) Jrgen W. Mllemann (ef 36) Neue Frauen (ef 37) Freimaurer und Gewerkschaften (ef 38) Anarcho-Kapitalismus (ef 39) Judentum und Liberalismus (ef 40) Musikrevolution 2004 (ef 41) EU-Osterweiterung (ef 42) Wahlen zum Europaparlament (ef 43) Bildung nach Pisa (ef 44) Genuss im Kapitalismus (ef 45) USA 2004 (ef 46) Energie (ef 47) Christentum und Freiheit (ef 48) Kultur 2010 (ef 49) Tsunami-Korruption (ef 50) Die Hoppe-Affre (ef 51) Freiheit und Humor (ef 52) berwachungsstaat (ef 53) Dubai (ef 54) Bundestagswahl 2005 (ef 55) Strme ber New Orleans (ef 56) Volkswagenburgmentalitt (ef 57) Frankreich brennt (ef 58) Gold und Silber (ef 59) Demokratie am Ende? (ef 60) Gerard Radnitzky (ef 61) Schule (ef 62) Ein- und Auswanderung (ef 63) Volksgesundheitswesen (ef 64) Iran (ef 65) NPD (ef 66) Protektionismus (ef 67) Kuba (ef 68)
Folgende Schwerpunkte sind fr die nchsten Ausgaben geplant: Aktionrskultur, Atheismus, Bankenkrise, Bioethik, Brokratie, China, Gewerbefreiheit, Internet und Urheberrecht, Italien, Libertre Praxis, Literatur, Nation, Neue politische Lager, New York, Neue Religionen, sterreich, Revolution von 1848, Schattenwirtschaft.

TRefFER
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I ef-MEDIENKRITIK

Werbung und Medien: Aufgeschnappt Richard P. Statler


I ef-WIRTSCHAFT

efFIZIENZ
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Marktanalyse: Hat die Rezession bereits begonnen? Claus Vogt Denker der Freiheit: Zum Tod von Milton Friedman Kurt R. Leube Doku: Zum 90. Geburtstag von Milton Friedman Wolfgang Scheide Libertre Stammtische Bankgeheimnis: Erffnen Sie ein Konto in Zrich! Ronald Glser Das Institut fr Unternehmerische Freiheit Wolfgang Mller
I ef-KULTUR

RELIef
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Internet: Eingeschnappt 2.0 drchaos Ayn Rand: Atlas Shrugged 2008 im Kino Naomi Braun-Ferenczi Unverschmt reiche Gedanken: Reichtum fr Libertre James Seaberg Tschechien Willkommen im ABBA-Land Petr Bystron Italien isse niche mehr viele Bambini da Thorsten Boiger
I ef-DISKUSSION

efFEKT
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Debatte: Quo vadis, Konservatismus? Christian Hoffmann Fragen von A bis Z: J wie Junkie Thorsten Boiger Monatliches Wrterbuch: Freiheitsfunken Roland Baader Impressum / Leserbriefe
I ef-BCHERSCHAU

LESefREUDE

Der Preis der Einheit Rezension von Grard Bkenkamp Der Anti-Steingart Rezension von Roland Baader Die Schachspirale Rezension von Ulrich Wille Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung Rezension von Dietmar-Dominik Hennig Nordkorea Rezension von Christian Dorn Hitlers Volksstaat Rezension von Simon Kromer

Dezember 2006 I Nr. 68

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I ef-AKTUELL

Das ef-Tagebuch

bergeschnappt
Der monatliche berblick
von Andr F. Lichtschlag

Die Melkkuh als Nummer Berlin, 02.11.2006: Das Bundeskabinett beschliet die Einfhrung einer Personenkennziffer zum 1. Juli 2007. Danach erhlt jede in Deutschland gemeldete Person vom Bundeszentralamt fr Steuern eine lebenslang geltende Wirtschaftsnummer. Die bisher je nach Bundesland noch unterschiedlich gestalteten Steuernummern fallen weg. Die Speicherung soll bis zu 20 Jahre nach dem Tod des Steuerpflichtigen andauern, um mgliche Steuerhinterziehungen weit zurckverfolgen zu knnen. Das Leben der durch das Alterseinknftegesetz inzwischen steuerpflichtigen Rentner kann so nach deren Tod und vor Berechnung der Erbschaftssteuer noch einmal gebhrend durchleuchtet werden. Die Einfhrung der Personenkennziffer soll bereits Ende September 2007 abgeschlossen sein. Lichtschlag: Wie praktisch, dass zuvor bereits das Bankgeheimnis abgeschafft wurde. Politiker unter Strom Rom (Italien), 05.11.2006: Nach dem Stromausfall in Teilen Europas fordert der italienische Regierungschef Romano Prodi eine gesamteuropische Energiebehrde: Wir hngen einer vom anderen ab, aber wir knnen uns nicht gegenseitig helfen, wenn es keine gemeinsame Behrde gibt. Lichtschlag: Vor allem auch nicht am Unfallort. Wo bleibt die mobile europische Unfalleinsatzbehrde? Die neue Verkehrspolizei Hamburg, 06.11.2006: Mit einem Gtesiegel fr Bordelle wollen die Hamburger Grnen gegen Zwangsprostitution vorgehen. Die Polizei kann dann leichter auf nicht zertifizierte Betriebe zugreifen, meint die frauenpolitische Sprecherin der GAL, Verena Lappe. Denkbar wre eine Vergabe durch Wirtschafts- und Ordnungsmter und die Kontrolle durch die Polizei. Lichtschlag: Wie praktisch, dass man die Verkehrsbetriebe vor der Zertifizierung gebhrend durchleuchten muss. Auch was die Steuern betrifft. Wetten, dass nicht zertifizierte Betriebe nach wenigen Monaten ihre Dienstleistung von Amts wegen einstellen mssen? Der Windmhlenkampf wird teurer Berlin, 20.11.2006: Mit 24 Millionen Euro fnf Mil6 I eigentmlich frei

lionen mehr als in diesem Jahr soll 2007 alleine der bundesstaatliche Kampf gegen Rechts aus dem Etat von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) untersttzt werden. Lichtschlag: Da macht sich die eigenartige Hysterie doch fr den einen oder anderen ganz nett bezahlt. Wer htte das gedacht? Die Freiheit stirbt scheibchenweise Berlin, 21.11.2006: Nach dem Amoklauf eines Schlers in Emsdetten fordern wie immer nach einem solchen Vorfall die Politiker schrfere Gesetze. Nachdem das Waffengesetz man frage mal Sportschtzen, Jger oder Brauchtumspflegevereine auf teilweise groteske Weise bereits bis zum Anschlag verschrft wurde, haben die Politiker nun zwei neue Bettigungsfelder gefunden. Im Internet schrieb Sebastian B. nmlich ber seinen schweren Gemtszustand vor der Tat und auerdem fand man bei ihm Videospiele. Also, so die messerscharfe Politikerlogik, seien zuknftig das Internet strker zu kontrollieren und Gewalt-Videospiele zu verbieten. Niedersachsens Innenminister Uwe Schnemann (CDU) kndigt dazu bereits eine Bundesratsinitiative an. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU), Bayerns Ministerprsident Edmund Stoiber (CSU) und SPD-Innenexperte Dieter Wiefelsptz schlieen sich dem Ansinnen an. Lichtschlag: Vergessen haben die Herren lediglich, dass Sebastian B. gelegentlich auch in einem Baumarkt gearbeitet hat. Kontrolliert also unbedingt auch den Obi strker und verbietet endlich die dort angebotenen, menschenverachtenden Akkubohrer! Strategie der Abschreckung Berlin, 22.11.2006: Der deutsche Zoll ermittelt wegen Steuerhinterziehung gegen Tausende von Brgern, die im Internet unverzollten Kaffee gekauft haben. Die Daten der Online-Kunden gab das Online-Auktionshaus Ebay an die Steuerfahnder weiter. Die Zollmter forcieren nun die Ermittlungen. Gegen 3.000 Kaffeekufer ist bereits ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung angelaufen. Wir arbeiten dabei mit Ebay zusammen, besttigt ein Sprecher des Zollkriminalamts in Kln, von wo aus die Fahndung des Zolls koordiniert wird. Oft gehe es um ZollnachzahNr. 68 I Dezember 2006

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I ef-AKTUELL

Vielleicht sollten wir wieder auf Muckefuck umsteigen. In der Nase bohren drfen Sie sogar gebhrenfrei. Noch! Zukunftsmusik: Geben Sie ihm jetzt die Spritze!
lungen von weniger als einem Euro. Dennoch werden alle Kufer angegangen: Uns geht es um Aufklrung der Betreffenden, sagt Astrid Scholz, die Leiterin der Abteilung Strafsachen und Bugeld im Hauptzollamt Mnster. Lichtschlag: Vielleicht sollten wir wieder auf Muckefuck umsteigen. Nein, es geht ja gar nicht um Abzocke Berlin, 23.11.2006: Bund und Lnder haben sich laut Verkehrsminister Tiefensee (SPD) darauf geeinigt, die Bugelder im Straenverkehr zu verdoppeln. Allgemeine Verkehrsverste sollen knftig mit bis zu 2.000 Euro bestraft werden, Alkohol am Steuer sogar mit bis zu 3.000 Euro. Tiefensee meint: Es geht nicht darum, den Brgern in die Tasche zu greifen. Deswegen bleiben die Strafen fr Fugnger, die unachtsam ber den Radweg laufen, unverndert. Lichtschlag: In der Nase bohren drfen Sie sogar gebhrenfrei. Noch! Und wo soll es enden? Dsseldorf, 24.11.2006: NRW-Jugendminister Laschet (CDU) fordert als Konsequenz aus dem Amoklauf in Emsdetten den flchendeckenden Einsatz von Schulpsychologen. Lichtschlag: Zukunftsmusik: Personenkennziffer 47110815 hat sich schon im Zwangskindergartenjahr verhaltensauffllig gezeigt. Der unter Beobachtung des Zwangsschulpsychologen stehenden Person wird eine Erhhung der Dosis verordnet. Geben Sie ihm jetzt die Spritze!

Vorbrse

Erst laufen die Schler Amok, dann die Politiker


Die aktuelle Karikatur
von Gtz Wiedenroth

Dezember 2006 I Nr. 68

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I ef-AKTUELL

Make love not law

Das Esgebe bei Edeka


Fr eine sozial gerechte Reform des Einkaufswesens
von Carlos A. Gebauer
Foto von Stock.XCHNG (www.sxc.hu) I Der Autor, Jg. 1964, ist Rechtsanwalt und Stiftungsrat der Stiftung Liberales Netzwerk. Seine Homepage: www.make-love-not-law.com

ef-Kolumnist Carlos A. Gebauer trgt die Liberty 2006-Seidenkrawatte von Lightbeat Capitalists Fashion (Farben: Dunkelblau, Schwarz, Gold, Silber) erhltlich exklusiv bei Capitalista: 62,00 Euro inklusive Versand. Best.-Nr.: 55555 00001. Herr Karl-Ulrich Geiger aus Elberfeld hatte einen EdekaMarkt gepachtet. Die Geschfte liefen leidlich, die Kunden waren zufrieden. Seine Kassiererinnen sthnten allerdings bisweilen ber den nichtendenwollenden Warenstrom auf ihren Fliebndern. Und ein Kunde vertraute ihm an, alles werde teurer, nur sein Gehalt steige nicht. Da wurde Herr Geiger nachdenklich. Eines Nachts dann hatte Herr Geiger eine Idee. Er weckte seine Frau und sagte: Alle Waren mssen bislang erst von uns in die Regale sortiert, dann von den Kunden aus diesen herausgenommen, dann in ihren Korb gelegt, dann wieder 8 I eigentmlich frei

aus diesem herausgenommen, dann ber das Band gefahren und schlielich in Plastiktten gepackt werden. Das ist ineffizient, ineffektiv und wenig arbeitnehmerfreundlich. konomischer wre es doch, wenn die Waren sofort aus dem Regal in die Tten der Kunden gepackt und anschlieend gleich aus dem Laden herausgetragen werden knnten. Dann mssten die Kassiererinnen insbesondere auch nicht jedes und alles nochmals Stck um Stck mhevoll in ihre Hnde nehmen. Auf den Einwand seiner Frau, wie er sich denn diesenfalls die Preisermittlung, Berechnung und Bezahlung des gekauften Gutes vorstelle, entgegnete er: Dieses rationalisierte System wird zugleich angereichert um eine soziale Komponente, angelehnt an die berhmten Regelungen des deutschen Sozialgesetzbuches, des Esgebe! Ab sofort bezahlt jeder Kunde nur noch soviel, wie er tatschlich angemessen selbst und persnlich zahlen kann. An die Stelle von einzelnen Preisen fr einzelne Waren tritt eine Pauschale, die jeder Kunde nach dem Mastab seiner je eigenen persnlichen Leistungsfhigkeit erbringt. Denn es knne ja schlielich nicht sein, dass ein Vorstandsvorsitzender fr ein Pfund Butter genausoviel bezahlt wie seine Sekretrin, meinte Herr Geiger. Schlielich gebe es viele Menschen, die zu alt oder zu schwach seien, um die Waren so oft von einem Behltnis in das andere umzufllen. Auch deren Probleme wrden durch den neuen Modus erkennbar sozialvertrglich beseitigt. Noch in derselben Nacht des neuen Einfalles ersonnen Herr Geiger und seine Frau aus Elberfeld eine geradezu genial einfache, praktische Methode zur Umsetzung ihres Plans: In den frhen Morgenstunden des nchsten Tages vertauschten sie die Eingangs- und Ausgangsschilder ihres Edeka-Marktes. Die Kunden betraten also nun das Geschft durch den Kassenbereich, bezahlten zu Beginn ihres Besuches bei den dadurch erheblich entlasteten Kassiererinnen den geschuldeten Betrag, luden sodann ihren Einkauf in die Taschen und verlieen anschlieend unmittelbar durch das Drehkreuz den Laden zum Parkplatz. Da Herr Geiger belastbare Zahlen ber den Umsatz und Durchsatz seines Geschftes besa, konnte er den zur blichen betriebsinternen Globalquivalenz zwischen Einkauf und Absatz erforderlichen Geldbetrag recht genau beziffern. Seinen Kunden erklrte er, sie mssten fortan nur noch ihren letzten Einkommenssteuerbescheid an der KasNr. 68 I Dezember 2006

An dieser Stelle schreibt Carlos A. Gebauer jeden Monat ber Liebe und Gesetze.

se zeigen; sodann wrde der Zahlbetrag von der Kassiererin ganz unbrokratisch ermittelt und vereinnahmt. Nach anfnglichen Irritationen in der Kundschaft ber die Notwendigkeit, einen Einkommenssteuerbescheid zum Einkauf mitzubringen, stellte sich indes recht zgig eine entsprechende bung an den Kassen ein. Das System fasste gleichsam Tritt und gewann an Fahrt. Nach einiger Zeit allerdings sprachen Kassiererinnen bei Herrn Geiger vor und uerten einen Verdacht. Nicht immer, erklrten sie, wrde ihnen wohl der richtige Einkommenssteuerbescheid vorgelegt. Ihre Mutmaung war, einige Kunden liehen sich Einkommenssteuerbescheide von weniger gut verdienenden Freunden, um hierdurch zu gnstigeren Konditionen nmlich mit geringerer Pauschale einkaufen zu knnen. Frau Geiger sah hierin keine wirkliche Schwierigkeit: Sie wies das Personal einfach an, knftig durch Vorlage eines Personalausweises gemeinsam mit dem Einkommenssteuerbescheid die Identittsfrage an der Kasse zweifelsfrei zu klren. So geschah es. Aber auch die verwaltungsverschlankende Befugnis, ersatzweise andere Lichtbildausweise als Legitimationspapier akzeptieren zu drfen, beseitigte nicht alle Probleme der Kassiererinnen. Bohrend blieb zum Beispiel der Zweifel, ob die zunehmend in Begleitung der Kunden erscheinenden Kinder allesamt tatschlich auch die Kinder der in den Einkommensteuerbescheiden genannten Personen waren. Der festzustellende Sigkeiten- und Kaugummiabsatz erhrtete diese Verdachtsmomente (bei entsprechenden evidenzbasierten Gegenprfungen). Zudem wurde kurz darauf ein ganz anderer Fall des geradezu ruchlosen Systemmissbrauchs durch einen benachbarten Bckermeister bekannt. Der nmlich hatte unter korrekter Vorlage zwar seines Ausweises und Einkommenssteuerbescheides und nach hinlnglicher Zahlung ganze dreiig Weibrote in seine Tten gepackt und diese dann im eigenen Laden gegenber zu marktblichen Preisen verkauft! Um solchen (nicht erforderlichen und nicht notwendigen) Versorgungsmissbrauchs-Einkufen zu begegnen, sah Herr Geiger jetzt keine andere Mglichkeit mehr, als an jedem Regal einen Kontrolleur aufzustellen, der das konkrete Entnahmeverhalten aller Kunden berprfte. Wegen der hierdurch erfolgten Einstellung von gleich 40 neuen Dezember 2006 I Nr. 68

Mitarbeitern wurde er daher vom Brgermeister der Stadt in einer kurzfristig einberufenen ffentlichen Feierstunde ausgezeichnet und gelobt; er hatte neue Arbeitspltze geschaffen. Ein Kontrolleur aus der Waschmittelabteilung (Warum nehmen Sie da drei Pakete Weichspler? Nehmen Sie eins! Wenn Sie das verbraucht haben, knnen Sie ja wiederkommen.) machte Herrn Geiger auf einen bis zu diesem Zeitpunkt unbeachtet gebliebenen Umstand aufmerksam: Die Kundschaft aus dem Villenviertel der Stadt blieb pltzlich aus. Statt dessen erschienen mehr und mehr Kunden aus dem sozialen Brennpunkt der Gemeinde! Aufgrund seines inzwischen freundschaftlichen Kontaktes zu dem Herrn Brgermeister bat Herr Geiger ihn um einen Gefallen. Der Rat der Stadt sollte beschlieen, dass auch die gutsituierten Brger der Kommune nun bitte gesetzlich verbindlich verpflichtet wrden, bei ihm einzukaufen, um sich der Solidaritt aller in der Gemeinde nicht bswillig zu entziehen. Alle anderen Lebensmittelgeschfte des Ortes waren ja ohnehin bereits in Insolvenz gefallen und das eigene Warenangebot hatte sich erheblich verschlankt. So geschah es. Die Gemeindesatzung zur Strkung der Solidaritt im Einkaufswesen und zur Frderung des Lebensmittelstandortes Geiger trat in Kraft. Einwohner, die andernorts kauften, wurden mit empfindlichen Geldbuen belegt. Wenige Wochen spter schlugen das Einwohnermeldeund Stadtsteueramt der Gemeinde allerdings schon wieder neuen Alarm. Die fnf wohlhabendsten Brger der Gemeinde waren in den Nachbarort verzogen. Der Brgermeister reagierte sofort. Nachdem er der Lokalzeitung bei einer Pressekonferenz versichert hatte, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten, begannen die Mitarbeiter des Bauhofes eilends, um die Gemeinde einen Stacheldrahtzaun zu bauen, versehen mit Videoanlage, Hundestaffel und notfalls Schiebefehl fr die Angehrigen des Ordnungsamtes. Es ist doch so einfach, alle Menschen von ihren materiellen Sorgen zu befreien, sagte Herr Geiger. Man muss nur die unsolidarischen Saboteure in den Griff bekommen. Internet: www.sozialgesetzbuch-bundessozialhilfegesetz.de www.ef-magazin.de I 9

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I ef-AKTUELL

Genossen und Volksgenossen im Gleichschritt

Reichsparteitag 2006
Wie die NPD im Schlagschatten der Emprung erwacht
von Ronald Glser
Foto von Ronald Glser

Whrend des Europawahlkampfs vor zweieinhalb Jahren riefen die Republikaner in Berlin zu einer Groveranstaltung ins Rathaus Wedding. Spitzenkandidatin Uschi Winkelsett wollte die kampfesmde Parteibasis anfeuern. Aber es half alles nichts. Nur eine Handvoll Leute waren damals gekommen. Nicht einmal die Anti-Fa hatte Spa an dem Nazi-Treffen. Vor dem Rathaus lungerten lediglich zwanzig Quoten-Punker herum, die sich einer steuerzahlerfinanzierten bermacht von Polizisten gegenbersahen. Damals war die deutsche Rechte mausetot. Wenige Monate spter aber knallten in Dresden die Sektkorken bei der NPD. Agenda 2010 und Hartz IV sei Dank die NPD marschierte im September 2004 mit trompetender medialer Begleitmusik in den schsischen Landtag ein. Seitdem ist die Partei die schon so gut wie verboten war zurck im Spiel. Und nun fand Mitte November der Parteitag im Norden der Reichshauptstadt statt. So jedenfalls verortet NPDBoss Udo Voigt das Ereignis. Fr 2009 kndigt er denn auch den Einzug einer starken nationalen Fraktion in den Reichstag an. Dort will er die Globalisierung bekmpfen und deutsches Geld fr deutsche Aufgaben verwenden. Steuerzahlergeld versteht sich.

Whrend Voigt seine rechten Parolen runterspult, stehen drauen ein paar Hundert Gegendemonstranten im nasskalten Wetter. Sie haben rote Transparente mit linken Parolen dabei und schreien: Nazis raus! Neue Argumente haben die Antifaschisten kurz vor dem Parteitag von den Sozialdemokraten geliefert bekommen: Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat hchstselbst in einer Studie festgestellt, die Nazis seien in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die SPD-nahe Stiftung hat dabei sogar herausgefunden, dass viele SPD- und CDU-Whler in Wirklichkeit Nazis seien. Es gibt jetzt also viel zu tun fr die Antifa. Diese aber hat nun gleich von der Mitte der Gesellschaft bis zum NPD-Reichsparteitag so viele Herausforderungen zu stemmen, dass sie am zweiten Tag der Veranstaltung lieber nach Gorleben abrckt. Zeit und Mglichkeit genug also, sich so einen Parteitag einmal von innen anzusehen. Die NPD-Delegierten sind, das ist der erste berraschende Eindruck, weitgehend normal. Sie wirken etwa so wie die blichen Delegierten bei der CDU oder der SPD. Vielleicht im Durchschnitt etwas jnger und einfacher gekleidet. Mr. Average trgt bei der NPD eher eine Jeans-

Drei Lausbuben freuen sich ber die groe Aufmerksamkeit: DVU-Chef Gerhard Frey, NPD-Chef Udo Voigt und Holger Apfel 10 I eigentmlich frei Nr. 68 I Dezember 2006

Wieviele gut bezahlte Referate, Magazine, Streetworker- und Dozentenstellen gingen verloren!
hose und einen Pulli als einen Anzug mit Krawatte. Nur eine Minderheit (fnf bis zehn Prozent) hat szenetypische Klamotten an: T-Shirts mit Aufschriften wie Staatsfeind oder Werwolf. Glatzen im herkmmlichen Sinne sieht man kaum. Der Frauenanteil ist etwas niedriger als bei anderen Parteien. Aber es gibt sie auch hier, und nicht nur bei den Altparteien die Funktionrin im geschftsmigen Kostm. Die grte berraschung aber ist, dass auch Parteichef Voigt in seiner Rede die Ergebnisse der Ebert-Studie heranzieht. Er erhlt dafr frenetischen Beifall der Delegierten. Politik paradox? Mitnichten. Man braucht sich gegenseitig: die Nazis und die Anti-Nazis. Jeder bentigt den anderen wie die Luft zum Atmen. Die oft berufsmigen Anti-Nazis von der Ebert-Stiftung bis zur militanten Antifa brauchen die NPD, um ihre Steuergelder fr den Kampf gegen rechts weiter bewilligt zu bekommen. Was wrden sie tun, wenn die NPD pltzlich sagte, wir stellen den Kampf ein und gehen nach Hause? Wieviele gut bezahlte Referate, Magazine, Streetworker- und Dozentenstellen gingen verloren! Und die NPD braucht den Kampf gegen rechts, weil sie sich dann ernstgenommen fhlt. Als sich der neugewhlte Parteivorstand spter auf der Bhne zum Gruppenfoto prsentiert, mssen die Fotografen unten stehen. Die Fotos werden also zwangslufig aus einer Perspektive von unten nach oben geschossen. Der Betrachter schaut auf, wie zu einem Fhrer. Der schsische Fraktionsvorsitzende Holger Apfel ist bei diesem Fototermin berglcklich. Er, der zuweilen mit dem Anwurf Babyface zu kmpfen hat, strahlt ber beide Backen. Es ist die klammheimliche Freude zu spren, die ungezogene Kinder erfllt, wenn sie von der Kindergrtnerin zur Rechenschaft gezogen werden. Nur dass die Kindergrtnerin Tante Thierse heit. Oder Mntefering. Jene, die jetzt die NPD auch mal wieder mit Verboten maregeln wollen. Nur durch solche Fotos hier und die grotesk bersteigert negative Berichterstattung dort wird das Baby am Laufen gehalten. Was wre, wenn eine NPD-Versammlung ohne Gegendemo abliefe? Wenn keine Sau sich dafr interessieren wrde? Die NPD und der Aufschrei der Anstndigen gegen sie funktionieren nach dem Ying-und-Yang-Prinzip. Und so lebt die deutsche Rechte pltzlich wieder. Internet: Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung: www.fes.de/rechtsextremismus/pdf Dezember 2006 I Nr. 68

NPD und Antifa

Geisterjournalismus
Wo Medien jeden Anstand verlieren
von Kaspar Rosenbaum

So hnlich muss ein Artikel vor 1933 im Strmer geklungen haben: Da laufen ein paar zionistische Juden friedlich durch Berlin und die SA reagiert darauf, indem sie wahllos (jdische) Huser in Brand setzt. Der Strmer befindet dann, dass es jetzt endlich aufhren muss mit dem Juden-Spuk, der die Welle der Gewalt erst hervorgerufen habe. Dieser Meinung, so wird beilufig hinzugefgt, seien ja auch die Anwohner, die schlielich um ihre Sicherheit frchten mssten. Wenn man deutschen Mainstreammedien berhaupt noch ein wenig Glauben schenken kann, dann geschieht hnliches heute in Russland. Die Juden dort: friedliche Homosexuelle. Gewaltttige Gegendemonstranten werden von der russischen Presse so lesen wir von Bild bis Spiegel gerechtfertigt wie einst die SA im Strmer. Die perfide Logik der russischen Medien: Wenn die ffentlichkeit von der abartigen Meinung der Schwulen verschont bleibe, gebe es auch keine Gewalt mehr im Zuge von grorussischen oder nationalbolschewistischen Gegendemonstranten. Der Artikel von Christian Teevs auf Spiegel-Online, NPDGeisterdemo legt Gttingen lahm, steht in der traurigen Tradition dieser Art von Propaganda. Und leider ist er nur ein typisches Beispiel. Der Mob der heutigen SA, die sich selbst Antifa nennt, so erfahren wir darin, ist ber die friedliche Demo von ein paar NPDlern so emprt, dass er gerne wahllos Autos und Geschfte anznden und verwsten mchte. Um die wie die Vorjahre bewiesen haben extrem gewaltttige linke Szene daran zu hindern, ist ein massives Sonderkrfteaufgebot der Polizei ntig, welches alleine zwei Millionen Euro Steuergelder kostet. Der Schaden fr die Geschftsleute in der Innenstadt ist noch weit grer, da sich im Angesicht der hasserfllten Antifa-Horden kaum ein Mensch in die Stadt traut. Das aber sei alles die Schuld der NPD, die unter Ausschluss der ffentlichkeit abseits der Innenstadt ein paar Plakate hochhlt erfahren wir vom Spiegel. Schlielich sei es ja eine unglaubliche Provokation der Homos (Russische Presse), Juden (Nazipresse) oder Nazis (Spiegel), ihre menschenverachtende Gesinnung zur Schau stellen zu drfen. Da msse man sich doch nicht wundern, wenn die bundesdeutschen Grorussen mit ein wenig Terror reagieren. Es bleibt die Frage, warum der Spiegel und viele andere Medien von zwei extrem antikapitalistischen, und damit in der Tat markt- und menschenfeindlichen Gruppen, rinks Antifa und lechts NPD, eine in Schutz nimmt und sogar deren Vergehen den braun-roten Brdern im Geiste in die Springerstiefel schiebt. Vielleicht, weil mehr als ein Gegner die Leser berfordern wrde? Oder weil staatstragende Medien gestern wie heute, stlich wie westlich, die politisch so wichtigen Feindbilder auch dann hochhalten mssen, wenn eigentlich andere verantwortlich sind? Internet: www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,445256,00.html

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Pogo-Skandal in Marburg

Staatliche Rechts-Schwche
Wie pltzlich eine trinkfreudige Politsatiretruppe kriminalisiert wird
von David Schah
Foto von ef-Informant

Tatort Grillhtte. Tatzeit: 24. September 2006. Noch feiern die vermeintlichen Nazis... Wahrscheinlich liegt es weniger daran, dass die Anarchistische Pogo-Partei von ein paar Libertren unterwandert wurde. Vielmehr ist die provokativ zur Schau gestellte Asozial-sthetik der APPD sowohl rechten als auch linken Spieern ein schmerzhafter Dorn im Auge. Auch die vorgeblichen Werte der Pogo-Anarchisten wie Alkoholismus und Hurerei (Fick Heil) sowie das Bekenntnis zur Arbeitsscheue und die unverblmte Forderung, die Leistungstrger htten die Faulen zu alimentieren, ecken hben wie drben an. In der Tat kann man sich kaum eine bessere Parodie auf den Sozialstaat und dessen asoziale Konsequenzen denken als das politische Programm der APPD, welches eine Dreiteilung oder Balkanisierung Deutschlands fr drei so definierte Pogo-Rassen fordert: Die Leistungstrger sollen zwar unter sich bleiben, aber die friedlichen Faulen finanzieren, und die dritte Rasse, die aggressiven Testosteronberschssigen, sollen in sogenannten Gewalterlebnisparks auf ihre Kosten kommen. Nun haben viele Sozialstaaten wie die Vereinigten Staaten von Amerika und auch die Bundesrepublik Deutschland die Trennung von Leistungstrgern und Arbeitsscheuen auch ohne das Zutun der Pogo-Anarchisten ganz gut hinbekommen. Doch was die Gewaltbereiten angeht, so stehen diese zum Teil im Dienste der Sozialstaaten und mssen sowohl gegen zu aufmpfige Faule als auch gegen zahlungsunwillige Leistungstrger in Stellung gebracht werden. Oder auch gegen solche, welche die Konsequenzen 12 I eigentmlich frei

totaler Wohlfahrt allzu offen zur Schau stellen und die man dem unmndigen Brger ganz populistisch als gefhrliche Sozialstrenfriede prsentieren kann. Da eignet sich als Sndenbock ganz besonders die APPD, deren Vordenker zwar humorbegabte Intellektuelle sind, deren Fuvolk jedoch die Parteiforderungen nach hemmungslosem Hedonismus durchaus bierernst zu nehmen scheint. Und so kam es, dass eine ordnungsgem angemeldete Geburtstagsfeier eines Marburger APPD-Funktionrs zum Anlass genommen wurde, dieser Brgerbewegung einen vernichtenden Schlag zu versetzen, wobei sich die Ordnungsmacht als Hter von Ordnung und Recht gegen Rechts profilieren konnte. Dabei machte man sich den Umstand zunutze, dass mittlerweile jede Menschenansammlung, ob privat oder ffentlich, aus der auch nur der kleinste Bezug zu rechtsradikalem Gedankengut zu erkennen ist, mit massiver Staatsgewalt angegangen werden kann, ohne dass sich dabei ein ffentliches Legitimationsproblem ergibt. Hat jemand ein durchgestrichenes Hakenkreuz auf dem rmel, kann er wegen des Tragens verfassungsfeindlicher Symbole belangt werden. Und ruft eine missliebige Person etwas, das entfernt nach irgendwelchen Nazi-Parolen klingt, ist das Grund genug, ihn zu verhaften und alle Umstehenden direkt in Sippenhaft zu nehmen. Bei besagter Geburtstagsfeier jedenfalls hatte eine aufmerksame Augenzeugin die APPD-Parole Fick Heil in den braunen Hals gekriegt und umgehend die Polizei benachrichtigt, welche die auf einem Grillplatz tagende Partygesellschaft umzingelte und alle Anwesenden dann zum Mitkommen zur Polizei zwang. Unser direkt betroffener ef-Gewhrsmann bei der APPD schildert den Dialog mit den staatlichen Freunden und Helfern folgendermaen: Im Prsidium angekommen wurden wir umgehend aufgeteilt. Whrend der Groteil in Zellen gesperrt wurde, kam ich zur erneuten Feststellung der Personalien. Zunehmend genervt vom Procedere fragte ich den Beamten nach der rechtlichen Grundlage meines Freiheitsentzugs. Keine Reaktion. Erst als ich mutmate, dass ohne Rechtsgrundlage die Aktion wohl Freiheitsberaubung sei, schaute er auf und wies mich darauf hin: Wenn Sie einem Polizeibeamten im Dienst die Begehung strafbarer Handlungen vorwerfen, knnen Sie sofort festgenommen werden. Schlielich bemigte er sich Paragraph 81 stopp in den Raum zu werNr. 68 I Dezember 2006

Es handle sich um Missbrauch der Meinungsfreiheit, wenn diese Stimmen sich erheben wrden.
fen. Es entspanne sich dann ein heftiger Disput, in dem die Polizisten sich unter anderem weigerten, eine Strafanzeige wegen Verleumdung gegen ihre glaubwrdige Zeugin aufzunehmen. Anschlieend wurde mir ein Platzverbot fr den von mir gemieteten Grillplatz erteilt. Darauf hingewiesen, dass nach der Vorenthaltung fast aller verfassungsmig garantierten Grundrechte an diesem Abend mir nunmehr auch noch die Wiederinbesitznahme meines Eigentums verweigert wrde, beantwortete mein Gegenber mit der Erteilung eines Hausverbots. Statt die peinliche Verwechslung lebensfroher PogoAnarchisten mit stocksteifen Neonazis zuzugeben, gab die Polizei danach eine Pressemitteilung heraus, in der man sich damit brstete, eine Versammlung von Strenfrieden zerschlagen zu haben, aus der rechtsradikale uerungen zu hren gewesen seien. brigens hatte bereits kurz zuvor der Magistrat der Stadt Marburg eine Erklrung verabschiedet, in welcher nicht nher definierten Neonazis das Demonstrationsrecht abgesprochen wurde. Es handle sich um einen Missbrauch der Meinungsfreiheit, wenn diese politisch nicht genehmen Stimmen sich erheben wrden. Kein solcher Missbrauch schien indes die Aufforderung der rtlichen Antifaschistischen Aktion zu sein, namentlich genannte Neonazis ttlich anzugreifen. Viele Antifaschos sehen schon braun, wenn sie etwas in Frakturschrift geschrieben sehen wie etwa die in Fraktur gehaltenen Verlautbarungen der APPD und ignorieren dabei, dass es die Nazis selbst waren, welche die Verwendung dieser seit dem frhen 16. Jahrhundert gebruchlichen und angeblich von einem Schwabacher Juden geschaffene Schrift im Jahre 1941 verboten. Mit dem Kampf gegen den Rechtsradikalismus hat die Staatsmacht ein ideales Mittel gefunden, unliebsame Meinungen zu unterdrcken. Und wenn schon eine pogo-anarchistische und antipolitische Spatruppe ohne weiteres in der ffentlichkeit als rechts gegeielt werden kann, dann kann man sich leicht vorstellen, welche Kreativitt der Staat darin entwickeln kann, den Begriff rechts zu dehnen. Bald knnen es dann auch Klimakatastrophenleugner, Sozialstaatsleugner und BRD-Rechtsstaatsleugner sein, deren Meinungen einen rechten Missbrauch der Meinungsfreiheit darstellen. Vielleicht wird an dieser Stelle deutlich, warum es fr Libertre, ob sie nun pogo-anarchistische, anarchokapitalistische oder minimalstaatliche Positionen vertreten, nicht nur moralisch gerechtfertigt, sondern auch ein eigenntziges Anliegen ist, dafr zu kmpfen, dass Meinungsfreiheit unteilbar ist und nicht nur fr vermeintliche, sondern sogar fr echte Rechtsradikale oder Neonazis gelten muss. Dezember 2006 I Nr. 68

Enjoy Capitalism

Freie Auswahl
Monatliche Schatzsuche
von David Schah
Der Autor, Jahrgang 1964, betreibt eine Agentur fr bersetzung und Globalisierung und ist Leiter des Libertren Instituts in Bonn. Web: www.libertaeres-institut.de.

Musterdepot Das Musterdepot bewegt sich seit der Auflegung im April 2006 im Seitwrtsgang. Einem deutlichen Plus bei den Silberzertifikaten steht ein Minus bei den meisten Minenwerten und dem Dax-Put-Schein entgegen. Dass die ersten frechen Analysten angesichts zurckgehender offizieller Arbeitslosenzahlen und einer leichten angeblichen Konjunkturerholung in Deutschland mit 9.000 Punkten bereits ein neues Allzeithoch beim Dax prognostizieren, ist ein guter Kontraindikator. Mglicherweise hat der Dax seinen Jahreshchststand bei etwas ber 6.400 Punkten bereits gesehen, so dass das Musterdepot heute (20.11.06) mit ein paar Puts aufgestockt wird, die sptestens dann znden sollten, wenn die Mehrwertsteuererhhung Anfang 2007 bittere Realitt geworden ist. Auch die temporre, vor allem durch den Schweden-Beinahe-GAU ausgelste Kurskonsolidierung beim Urangiganten Cameco wird fr Zukufe genutzt, denn nicht nur in China und Indien stehen Atomkraftwerken strahlende Zeiten bevor. Das Musterdepot finden Sie unter folgendem Link: www.libertaeres-institut.de/ musterdepot Lassi Der Schweizer Nahrungsmittelhersteller Emmi schwimmt mit seinen Lassi-Drinks gekonnt auf der hindukapitalistischen Bollywood-Welle und bringt eine typisch indische (Mango-Lassi) und zwei eher untypisch indische Geschmacksrichtungen (Himbeer- und Erdbeer-Lassi) heraus. Lassi ist ein traditionelles subkontinentales Erfrischungsgetrnk auf der Basis stark suernder Joghurtkulturen, das entweder salzig oder s und mit Frchten angereichert konsumiert wird. Lassi wird in Indien bevorzugt als Verdauungslabetrank nach scharfen Speisen konsumiert. Mit Mango angereichert gilt es zudem als sanftes Aphrodisiakum, welches einem eine beliebige Zielperson jhlings in einem ganz anderen Lichte erscheinen lsst, wenn man vorher fest daran glaubt. Die Lassi-Reihe von Emmi besticht durch einen extrem sinnlichen und authentischen Geschmack zumindest so, wie man ihn vom indischen Restaurant her kennt. Der cremige und mit einem Obstanteil von 20 Prozent sehr fruchtige Drink kommt ohne Konservierungsstoffe aus und eignet sich hervorragend als Muntermacher im kapitalistischen Broalltag. www.ef-magazin.de I 13

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Mun-Sekte

Das Grundgesetz als Zivilreligion


Das Bundesverfassungsgericht ffnet ein Fenster fr die Meinungsfreiheit
von Josef Schlburner

In der BRD, wo etablierte Politik permanent gegen die Grundstze einer westlichen Demokratie agitiert, indem etwa eine unerwnschte Konkurrenzpartei an der Ausbung ihres Parteitages gehindert, berhaupt verboten und in den finanziellen Ruin getrieben werden soll und ihre Reprsentanten wegen Meinungsdelikten hinter Gittern gebracht werden sollen, gibt es gelegentlich auch noch Lichtblicke: Hinzuweisen ist auf den jngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der das Einreiseverbot fr den Fhrer der sogenannten Mun-Sekte als verfassungswidrig erkannt hat. Dieses Verbot war vom Bundesverfassungsministerium unter Hinweis auf Widersprche zwischen den Glaubensinhalten der Mun-Sekte und den Wertentscheidungen des Grundgesetzes gesttzt worden. Das Bundesverfassungsgericht stellt dagegen fest, dass das Grundgesetz nicht Beurteilungsmastab fr Glaubensinhalte sein kann. Oder anders ausgedrckt: Die Religionsfreiheit ist nur gewahrt, wenn der Inhalt eines religisen Bekenntnisses keine Rechtsfrage ist. Warum muss sich die amtliche Politik in einer derartigen Weise belehren lassen? Nun, die Anwendung dieses Grundsatzes htte weitreichende Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit. Wie der berhmte erste Zusatz zur US-Verfassung erhellend zeigt, ist die Religionsfreiheit mit der Garantie der Meinungsfreiheit notwendigerweise verknpft: Zum einen ist historisch die Einschrnkung der Meinungsfreiheit vor allem durch eine Staatsreligion erfolgt, weshalb die US-Verfassung diese den Politikern verbietet. Zum anderen sind Meinungs- und Religionsfreiheit weitgehend dekkungsgleich, soweit es um die Verkndungsseite von Religion geht. Und die Problematik beginnt, soweit die Religionsfreiheit mehr als Meinungsfreiheit gewhrleisten soll. Zudem ist es hufig schwierig, eine religise Lehre von einer nicht-religis-weltanschaulichen abzugrenzen. Damit wrde gelten: Die Meinungsfreiheit ist nur gewhrleistet, wenn der Inhalt einer Meinungsuerung keine Rechtsfrage ist, zumindest soweit keine Beleidigung und dergleichen vorliegt und der Jugendschutz nicht betroffen ist. Letzteres sind die verfassungsrechtlich ausdrcklich vorgesehenen Einschrnkungen der Meinungsfreiheit. Auerhalb derselben darf der Rechtsgterschutz durch allgemeine Gesetze nur in einer weltanschaulich neutralen Weise vorgenommen werden. 14 I eigentmlich frei

Msste die bundesdeutsche Politik diese Grundstze beachten, kme sie nicht umhin, etwa die sogenannten Propagandadelikte des bundesdeutschen politischen Strafrechts als verfassungswidrig zu erkennen. Vor allem wrden die sogenannten Verfassungsschutzberichte als verfassungswidrig zu erkennen sein, soweit sie amtlich unverwnschte Ideologie und Geistestraditionen bekmpfen. Selbstverstndlich wre dann die Strafanzeige wegen Volksverhetzung als verfassungsfeindlich zu erkennen, wenn jemand wieder einmal einen gewissen Hitler hochleben lsst. Auf der anderen Seite steht jahrelange Pol-Pot-Untersttzung ja auch nicht der Beschftigung im Auswrtigen Amt entgegen. Und damit wird auch die Interessenlage klar, die der Verwirklichung der Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik entgegensteht. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang nicht schlssig die naheliegenden Folgerungen aus seiner staatskirchenrechtlichen Rechtsprechung auf allgemeine Meinungsfreiheit, Parteienrecht und Vereins(verbots)recht gezogen. Dem steht seine Wertemethodik entgegen, die Grundrechte, also negative Staatskompetenzen, in Werte umwandelt und sie damit zu Befugnissen von Behrden macht. Letztlich gehren staatliche Werte einer religisen Ebene an. Und die so verstandenen Grundrechte werden dann zu Kultnormen einer Zivilreligion, die in Konflikt mit der Religionsfreiheit stehen. Selbstverstndlich ist die Werteverehrung, also das Grundgesetz als Zivilreligion, in der Regel mit einer Ent-Rechtlichung der Grundrechte verbunden. Das Grundgesetz als zivilreligises Dokument erklrt das Prekariat der BRD-Meinungsfreiheit. In Anlehnung an die USVerfassung msste bundesdeutschen Politikern die Einfhrung einer Grundgesetz-Religion verboten werden.

Josef Schlburner: Jg. 1954, ist Verfasser des Buches: Demokratie-Sonderweg Bundesrepublik. Analyse der Herrschaftsordnung in Deutschland erhltlich ber Capitalista. Nr. 68 I Dezember 2006

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Gelhmte Unterschicht

Alimentierung des Nichts


ber die Ursachen der Arbeitslosigkeit und die Folgen fr das Prekariat
von Andr F. Lichtschlag

Was von zuviel finanzieller Zuwendung verwhnte Millionrsshne so machen, wenn sie dem reichen Papi keine Gegenleistung schuldig sind, das kann der interessierte Hobbysoziologe in Christian Krachts berchtigtem Debtroman Faserland nachlesen: Es wird geraucht, gerammelt, gesoffen und gekotzt. Tagein tagaus: Sex, Drugs and RocknRoll. Die jngst wiederentdeckte Unterschicht, vulgo der Sozialhilfeempfnger in zweiter Generation, ist also gar nicht so auergewhnlich in ihrem Lebenswandel. Sehen wir einmal davon ab, dass der Faktor Fernsehen das Kokain hier meist ersetzt. Gemeinsam ist beiden auch, ob von Beruf Sohn oder Kind des Sozialstaats, dass sie nicht wirklich arbeiten. Und daran gewhnen sie sich sehr schnell und verlernen, eigenverantwortlich zu leben. Wozu auch an die Arbeit oder gar an morgen denken? bermorgen sind die freigiebigen Ernhrer ja immer noch da. In den USA wurde in den 90ern das sorglos infantile Leben auf den Tickets von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Lifestyle von Millionen. Bis es der Regierung Clinton zu bunt wurde und sie 1996 den Bezug von staatlicher Untersttzung auf zwei Jahre in Folge und insgesamt fnf Jahre pro Person begrenzte. Und siehe da, Millionen zuvor noch nicht Erwerbsttiger fanden pltzlich einen Job oder gar zwei. Stellen wir uns einmal vor, Sie werden arbeitslos und erhalten keinerlei Untersttzung. Und dann komme ich und biete Ihnen an, meine Schuhe zu putzen oder meinen Einkauf in Plastiktten zu packen. Gegen ein geringes Entgelt. Knnten Sie zu diesem Angebot noch nein sagen? Arbeit gibt es nmlich immer. Es mssen nicht nur meine Schuhe geputzt werden. Alles ist nur eine Frage des Preises. Und diese Frage nach dem Preis ist auch jene, die gestellt werden muss, wenn wir nach den Grnden fr die Massenarbeitslosigkeit fragen. Wenn Millionen frs Nichtstun genausoviel oder gar mehr Geld bekommen als sie mit Arbeit verdienen knnten, darf man sich ber Arbeitslosigkeit nicht wundern. Wer kann es den Kindern von Rockefeller oder Leviathan verdenken, wenn sie mein Arbeitsangebot dankend ablehnen? Die Betroffenen knnen schlielich nichts dafr, dass sie auch so versorgt werden. Die politische Rhetorik von steigenden Sozialausgaben als Folge der Massenarbeitslosigkeit fhrt in die Irre. Umgekehrt wird mein geputzter Schuh daraus: Die Massenarbeitslosigkeit ist eine Folge von Sozialhilfe und ArbeitsloDezember 2006 I Nr. 68

sengeld also der Prmien frs Nichtstun. Alle anderen Schikanen der Politik wie berbrokratisierung, Subventionierung, Monopolbildung und vieles mehr senken den Lebensstandard und verhindern bestimmte Arbeitspltze. Nach Bastiats Gesetz sind das dann oft die Dinge, die man nicht sieht. Wir sehen die politisch erhaltenen subventionierten Steinzeitjobs und erkennen nicht die vielen wirklich rentablen Arbeitspltze, die aufgrund der fr die Staatshilfe flligen Abgabenlast vernichtet wurden oder gar nicht erst entstehen konnten. Und dennoch: Arbeit gibt es letztlich immer. Die anderen Polittcken, etwa steigende Abgaben, sorgen dafr, dass der Arbeitsverzicht netto fr immer mehr Menschen attraktiv wird. Aber wrde es gar keine Lohnersatzleistungen geben, wrden diese Leute arbeiten. Im schlimmsten Fall fr einen Euro die Stunde oder weniger. Sie wrden (es) schaffen. Und damit selbstbewusst leben. All dies erklrt, warum gut gefhrte, wohlstndige Familienunternehmen in der zweiten oder dritten Generation pltzlich verschwinden, weil die Kinder oder Enkel die Produktion gegen den Konsum eintauschen und das Kapital einfach verfrhstcken. Im Unternehmen Deutschland ist dieses verhngnisvolle Frhstck zeitgem zum Brunch ausgeweitet worden. Ehrgeiz? Aufstiegswille? Ist es ein Wunder, dass dieser verloren geht, wenn frs Fernsehgucken oder Koksen auch die Kohle fliet? Die Alimentierung des Nichts erklrt nicht nur das Phnomen Massenarbeitslosigkeit. Die charakterliche und mentale Degenerierung von Millionen ist die vielleicht noch schlimmere Folgeerscheinung von unpersnlicher und damit falscher Solidaritt. brigens auf beiden Seiten, denn wo gegeben wird, muss auch genommen werden. Wo Gammeln belohnt wird, muss Leistung bestraft werden. Auch dies fhrt moralisch und wirtschaftlich in den Abgrund. Es ist eben kein Zufall, dass solche eigentlich recht simplen Sachverhalte durchblickende konomen von Adam Smith ber Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek bis Hans-Hermann Hoppe oder Roland Baader immer auch Moralphilosophen waren. Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst am 30.10.2006 in der Tageszeitung Die Welt. www.ef-magazin.de I 15

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kologie

Das Ende der Umweltbewegung ist nahe


Aber was ihr folgt, knnte schlimmer sein
von Robert Grzinger

In jngster Zeit ist eine tektonische Verschiebung in der Argumentationsrichtung staatlicher und nichtstaatlicher Umweltschtzer zu beobachten. Bislang hielten sie nicht viel vom Wirtschaftlichkeits- und Effizienzdenken, da sie behaupteten, die Natur habe einen intrinsischen Wert, der sich nicht monetr berechnen lsst. In kurzer Folge sind in letzter Zeit nun jedoch Studien verffentlicht worden, die eine Abkehr von diesem Argument signalisieren. Zunchst meldete sich die Umweltstiftung WWF mit einer Fuabdruck-Studie zu Wort. Demnach beansprucht die Menschheit den Planeten Erde zu 25 Prozent ber seiner Regenerationsfhigkeit. Unabhngig davon, ob diese Berechnung stimmt oder nicht, ist dieses Argument allein schon eine Anerkennung des Denkens in Kategorien der Wirtschaftlichkeit. Wir verbrauchen angeblich mehr als die Natur fr uns produzieren kann, ein klassischer Fall von Entsparen also. Allerdings ist Skepsis geboten. Der Ressourcenbedarf der Menschheit werde im Jahr 2050 doppelt so hoch sein wie die Fhigkeit der Erde, diese Ressourcen zur Verfgung zu stellen, heit es im Bericht. Wir bruchten dann die Ressourcen von zwei Planeten, um unseren Bedarf zu decken. Vor fast vier Jahrzehnten hatte der Club of Rome hnlich gewarnt, dass bei damals bekanntem Vorkommen das letzte l im Jahr 1992 aufgebraucht sei. Der Grund, weshalb der Professorenclub damals danebenlag, ist auch genau der Grund dafr, dass heute der WWF vllig falsch liegt. Beide Szenarien ignorieren den Faktor der Preisbildung am Markt. Und die funktioniert so: Wenn etwas knapper wird, wird es bei gleichbleibender Nachfrage automatisch teurer, bei steigender Nachfrage erst recht. Allein die Erwartung hherer Preise in der Zukunft erzeugt hhere Preise in der Gegenwart. (Es sei denn, die Regierungen verzerren die Preise mit ihren Gesetzen, Steuern und Subventionen.) Bei solchen Entwicklungen setzt immer eine oft und gerne bersehene Dynamik ein: Weil bei Teuerungen der Umsatz, oft auch der Gewinn pro Einheit steigt, lohnen sich nun auch Produktionsprozesse, Ausbeutung von Rohstoff-Lagern, oder die Herstellung von Ersatzprodukten, die sich bisher nicht gelohnt hatten. Das paradoxe Ergebnis einer befrchteten Verknappung ist daher eine Ausweitung des Angebots. 16 I eigentmlich frei

Doch solche Gedanken sucht man beim WWF natrlich vergeblich. Auch bei den Vorschlgen, was denn gegen diesen angeblichen berverbrauch zu tun sei, verfllt der WWF in alte Denkschablonen. Nachhaltiger und fairer Konsum wird gefordert, der zu gestalten sei. (Wer soll gestalten?) Die Ressourcen, mit denen Produkte und Dienstleistungen hergestellt werden, sind effizienter zu nutzen. (Wer entscheidet, was effizient ist?) Wir mssen fr einen konsequenten Klimaschutz erneuerbaren Energien den Vorrang geben, den Schwerpunkt auf Energiesparen und hhere Effizienz legen, sowie unser Mobilittsverhalten ndern. (Wer ist wir? Und wie soll das geschehen? Und wieder: Wer sagt, was effizient ist?) Wir mssen natrliche Lebensrume schtzen beziehungsweise zerstrte Lebensrume wieder aufbauen. Damit bewahren und frdern wir die Kapazitt der Erde. (Schon wieder wir? Und wer entscheidet, welche Lebensrume wieder aufgebaut werden? Mit wessen Mitteln? Die Kapazitt wofr genau?) Kurz nach der Verffentlichung des WWF kam diese Meldung aus Grobritannien: Sir Nicholas Stern, ehemaliger Chefkonom der Weltbank und enger Freund des derzeitigen Finanzministers und mglichen Nachfolgers des Premierministers, Gordon Brown, hat in einer 700-seitigen Studie fr die Regierung ihrer Majestt berechnet, was die befrchtete Klimavernderung die Weltwirtschaft kosten wird: zwischen 5 und 20 Prozent der Wirtschaftsleistung. Seine Empfehlung lautet, stattdessen so bald wie mglich ein Prozent des Weltinlandprodukts fr den Klimaschutz aufzubringen. Die dressierten Medien stellten als groe Sensation dar, dass ein konom diese Studie erarbeitet hat und dass es damit nun auch ein konomisches Argument fr den politisch erzwungenen Klimaschutz gebe. Hier sieht man zwar auch wieder die vielleicht unwillkrliche Anerkennung des konomischen Prinzips. Leider und erwartungsgem aber nur auf der Oberflche. Denn was ist hier wirklich gesagt worden? Auf der Basis der vermuteten, extrapolierten Schden durch den ebenfalls lediglich vermuteten menschlich verursachten Klimawandel hat sich jemand hingesetzt und dieses spekulative Unheil, sowie die auf dieser Basis angeblich notwendigen Gegenmanahmen, monetr berechnet. Das allein sieht zwar aus wie eine groe Leistung, ist aber ansonsten genauNr. 68 I Dezember 2006

Solche Unflle in der Meinungsmache haben die Klimahysteriker nervs gemacht.


so wenig wert wie die vielen unterschiedlichen Vorhersagen, wie das Wetter weltweit in 100 Jahren aussehen wird. Trotz dieser durchsichtigen Masche hat sich der britische Premierminister Tony Blair zu der Behauptung hinreien lassen, jetzt sei das letzte Argument gegen ein schnelles (gemeint ist: politisches) Handeln weggefallen. In Wirklichkeit ist etwas anderes geschehen. Die Politik vermutet, dass die Verunsicherung in der Bevlkerung jetzt gro genug ist, um ihr ungestraft Opfer abverlangen zu drfen. Die Studie Sterns lieferte lediglich die gewnschte akademisch klingende Begrndung. Gleichzeitig aber frchtet die Politik in den meisten westlichen Lndern um ihre Lufthoheit ber den globalen Klima-Stammtisch. Wie alles, was inflationiert wird, werden die bisher blichen Klima-Horror-Meldungen nmlich zunehmend wirkungslos. In diesem Frhjahr gab es wieder mal eine Studie, die einen Temperaturanstieg von 10 oder 11 Grad in 100 Jahren vorhersagte. Doch diesmal wurde es selbst ansonsten willfhrigen Medien zu bunt. So monierten zum Beispiel Simon Cox und Richard Vadon von der sonst beim Thema Klima sehr unkritisch berichtenden BBC, dass mit bertriebenen und nachweislich falschen Horrormeldungen das Problem berreizt und die Sache gefhrdet werde. Eine andere, von der UN bernommene Studie, die mit dem berhmten Hockeyschlger-Graphen, der so aussah, als sei die Welttemperatur in den letzten zweitausend Jahren im wesentlichen unverndert geblieben und erst in den letzten hundert Jahren ziemlich steil nach oben gegangen, ist im letzten Jahr als freundlich ausgedrckt plumpe Datenmanipulation entlarvt worden. Hinzu kommen die PR-Erfolge von Bjrn Lomborgs Apokalypse No vor fnf Jahren, von Michael Crichtons Roman Welt der Angst, und jngst der Film Mine Your Own Business des ko-Renegaten Phelim McAleer. Letzterer bezieht sich nicht direkt auf das Klimaproblem, sondern auf den Bergbau, zeigt aber exemplarisch den lssigen bis arroganten Umgang westlicher Umweltschtzer mit der Wahrheit und den Bedrfnissen anderer auf. Solche Unflle in der Meinungsmache haben die professionellen Klimahysteriker und ihre (Steuer-) Geldgeber offenbar nervs gemacht. Der Horror, ohne den heutzutage keine neuen Opfer fr staatliches Handeln aus dem Volk herausgepresst werden knnen, musste folglich auf eine andere Ebene verlagert werden. Wenn die Welt schon nicht untergeht, so muss eben eine drohende Verarmung, eine neue Weltwirtschaftskrise, als Schreckensvision her. Doch statt daraus zu lernen, dass Datenmanipulationen im Internetzeitalter ebenso kurze Beine haben wie klassische Lgen in der ra vor dem Web, wird auch in der Dezember 2006 I Nr. 68

Freiheitskleckse

Presseschau
Perlen aus der Mainstreampresse
von David Schah
Der Autor, geboren 1964, ist stellvertretender Chefredakteur von eigentmlich frei.

NZZ: Wirtschaftsliberal und gesellschaftsliberal (21.10.2006) Gerhard Schwarz von der Neuen Zrcher Zeitung wendet sich gegen die auch von einigen Liberalen selbst vorgenommene Unterteilung des Liberalismus in wirtschaftsliberal und gesellschaftsliberal: Die Unterscheidung zwischen mehreren Liberalismen fhrt gleich mehrfach in die Irre. So suggeriert sie, Wirtschaft und Gesellschaft seien nicht sich stark berlappende Teilsysteme eines Ganzen, sondern abgeschlossene Bereiche menschlichen Zusammenwirkens. Ferner nhrt sie die Vorstellung, man knne gesellschaftlich liberal, wirtschaftlich aber interventionistisch politisieren und umgekehrt. Die deutschen Ordoliberalen haben das unter dem Motto Interdependenz der Ordnungen als langfristig unmglich erkannt, und Milton und Rose Friedman sprechen in Free to Choose zu recht von der Freiheit als einem Ganzen. Gefhrlich ist an der behaupteten Dichotomie aber vor allem die Ansicht, in gesellschaftlichen Fragen glten andere vermeintlich ebenfalls liberale Prinzipien als in wirtschaftlichen. Schwarz wendet sich auch gegen einen falsch verstandenen Gesellschaftsliberalismus, der als sozialstaatliche Zwangsumverteilung daherkommt: Die schleichende Erosion der liberalen Idee hngt mit jener Neuinterpretation der Freiheit zusammen, wonach auch natrliche oder aus dem freiwilligen Zusammenleben mit anderen sich ergebende Einschrnkungen mittels staatlicher Interventionen beseitigt werden knnten und mssten. Das ist so unrealistisch wie unliberal. So mag die Finanzierung von Kinderkrippen mit Steuergeldern zeitgeistig sein, doch dass man sich seinen Lebensentwurf von der Allgemeinheit untersttzen lsst, obwohl man nicht in Armut lebt, widerspricht liberaler Auffassung. Spiegel: Der gefhrliche Glaube an die Weisheit der Massen (17.11.2006) Der Computerwissenschaftler Jerome Lanier, der den Begriff Virtual Reality prgte, schildert in einem Interview mit dem Spiegel die Gefahren des kollektiven Wissens, wie es sich vor allem im Online-Lexikon Wikipedia manifestiert: Die schlimmste ist der Glaube an die sogenannte Weisheit der Massen, die im Internet ihre Vollendung finde. Mir bereitet die Vision Sorgen, nur das groe Ganze, das Kollektiv sei real und wichtig nicht aber der einzelne Mensch. Das war der Fehler in allen totalitren Ideologien, vom Nazi-Regime ber Pol Pot bis zu den Islamisten. Schnell wird der Einzelne Opfer des Mobs; die Gefahr von Wiki-Lynchjustiz halte ich fr sehr real. In der Wikipedia-Welt bestimmen jene die Wahrheit, die am strksten besessen sind. Dahinter steckt der Narzissmus all dieser kleinen Jungs, die der Welt ihren Stempel aufdrcken wollen, ihre Initialen an die Mauer sprayen, aber gleichzeitig zu feige sind, ihr Gesicht zu zeigen.

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Es ist davon auszugehen, dass ihre Studien auch von anderen Regierungen als Ausrede fr weitere Gngelung und Ausbeutung ihrer jeweiligen Bevlkerungen genutzt werden.
Stern-Studie der Input wieder so lange bearbeitet, bis der Output den politischen Vorgaben entspricht. Der Statistiker Lomborg hat im Wall Street Journal dargestellt, wie Stern auf die 20 Prozent Senkung des weltweit aggregierten Bruttoinlandprodukts kommt: Zunchst akzeptiert er die bislang von den meisten konomen als angemessen betrachtete Schtzung, dass der Schaden ohne Gegenmanahmen im Jahr 2100 drei Prozent des BIP betragen wird. Dann aber nimmt er an, dass wir bis weit ins 22. Jahrhundert hinein in gleichem Mae Kohlendioxid in die Atmosphre pumpen werden ein ziemlich unwahrscheinliches Szenario angesichts der sinkenden Kosten fr alternative Brennstoffe, erklrt Lomborg. Hinzu kommt eine vllig irreale Diskontierung zuknftiger Schden, so dass aus 0 Prozent heute und 3 Prozent im Jahr 2100 nun 11 Prozent jetzt und fr immer werden. Dann, so Lomborg, erfindet Stern ein Worst-Case-Szenario, das schlimmer ist als alle anderen und schon springen die Kosten auf 15 Prozent. Auf die 20 Prozent kommt Stern schlielich, weil er meint, dass in herkmmlichen konomischen Modellen arme Menschen zu wenig ins Gewicht fallen. Bei nchterner Betrachtung aber geben Sterns Zahlen laut Lomborg auch nichts anderes her, als dass uns der Klimawandel heute 0 Prozent und im Jahr 2100 drei Prozent kosten werde. Mit anderen Worten: Dramatische und frhe Reduzierungen des Kohlendioxid-Ausstoes werden mehr kosten als nutzen! Auch die ein Prozent BIP Klimakatastrophenverhinderung seien manipuliert und basieren auf der Vorstellung eines sogenannten (staatlich) induzierten Technologiewandels, der sich jedoch, realistisch betrachtet, nicht in allen 192 Staaten der Welt durchsetzen lsst, insbesondere nicht in den Lndern, wo der Wandel eine sprbare Reduzierung des weltweiten CO2-Ausstoes zur Folge htte, nmlich Indien und China. Lomborg befrwortet durchaus politische Interventionen, jedoch zugunsten sauberen Trinkwassers, Kanalisation, Gesundheitsfrsorge und Bildung. Fr die Sicherstellung der Grundversorgung in diesen Bereichen wrden nach UN-Schtzung 75 Milliarden US-Dollar jhrlich reichen, was Lomborg fr eine sinnvollere und mehr Wachstum generierende Geldausgabe hlt als ein Prozent BIP, oder 450 Milliarden US-Dollar, allein fr Klimaschutz. Nun ist Lomborg kein konom, schon gar kein libertrer. Ein solcher wrde nmlich sagen, dass staatlich induzierter Wandel lediglich ein Synonym fr Fehlinvestition ist. Das entscheidende konomische Argument gegen politisch erzwungenen Klimaschutz, das Lomborg keineswegs entkrftet hat, hat vor fnf Jahren Professor George Reisman im Mises Institute vorgetragen: 18 I eigentmlich frei Falls Klimaerwrmung, Ozonabbau oder was auch immer tatschlich Folgen von Handlungen der Menschen als Kollektiv sind, jedoch nicht von Handlungen irgendeines gegebenen Individuums, auch nicht eines gegebenen individuellen Unternehmens, dann ist es nur richtig, diese entsprechend als Phnomene der Natur zu betrachten. Da sie nicht durch Handlungen individueller Menschen erzeugt werden, entsprechen sie Handlungen, die moralisch berhaupt nicht von Menschen verursacht werden. Wenn wir die Angelegenheit erstmal in diesem Licht betrachten, wird ersichtlich, was die angemessene Antwort auf derartige Umweltvernderungen ist. Es ist dieselbe angemessene Antwort wie die des Menschen auf die Natur allgemein. Individuelle Menschen mssen die Freiheit haben, mit der Natur auf eine Weise umzugehen, die ihnen den maximalen individuellen Vorteil erbringt, bedingt allein durch das Verbot, physische Gewalt gegen die Person oder das Eigentum eines anderen individuellen Menschen auszuben. Indem diesem Prinzip gefolgt wird, wird der Mensch mit jeder negativen Naturgewalt, die als Nebenprodukt aus seinen eigenen, summierten Handlungen resultiert, auf genau die gleiche erfolgreiche Art umgehen, wie er auch sonst mit den elementaren Gewalten der Natur umgeht. Reismans Schlussfolgerung: Die angemessene Antwort auf Vernderungen in der Umwelt, ob globale Erwrmung oder eine neue Eiszeit, ist die konomische Freiheit einer kapitalistischen Gesellschaft. Reisman geht jetzt erwartungsgem mit der Stern-Studie hart ins Gericht: Was Sir Nicholas und der Rest der Umweltbewegung vorschlagen, ist lediglich die Zerstrung des Groteils unserer existierenden Mittel, mit der Natur umzugehen, und die Abkehr von der Entwicklung neuer und zustzlicher Mittel. In dem Mae, wie das Programm umgesetzt wird, wird es dazu dienen, einen effektiven Umgang mit globaler Erwrmung, sollte dieser jemals ntig sein, zu verhindern. Die britische Regierung und der WWF ignorieren solche Ratschlge natrlich und es ist davon auszugehen, dass ihre Studien, zusammen mit vielen anderen, die im Vorfeld der Klimakonferenz in Kenia und des bevorstehenden neuen Klimaberichts der UN generiert werden, auch von anderen Regierungen als Ausrede fr weitere Gngelung und Ausbeutung ihrer jeweiligen Bevlkerungen genutzt werden. Damit werden sie aber genau das erzeugen, was sie angeblich zu verhindern trachten: eine geschwchte Wirtschaft, deren Kraft und Infrastruktur nicht ausreichen wird, den Herausforderungen extremer Wetterlagen zu begegnen. Auf eine weitere Gefahr weist Reisman hin: Wenn, was zu erwarten ist, das Stern-Programm nicht schnell genug Nr. 68 I Dezember 2006

Feminismus oder Freiheit?

Eingeschnappt
Monatliche Untersuchung
verwirklicht werden kann, um den von Klimaschtzern erwarteten Anstieg der CO2-Konzentration zu stoppen, werden sie sich entweder ein anderes Thema suchen, oder andere Mittel, dieses Thema anzugehen. Er erwartet daher eine Umkehr der Umweltbewegung hin zum traditionellen Sozialismus der massiven staatlichen Bau- und Maschinenprojekte. Das Ende der Umweltbewegung mag nahe sein. Aber eine gute Nachricht ist das nicht, denn vermutlich wird auch der andere Aspekt der sozialistischen Tradition, die massive Einschchterung und unnachgiebige Verfolgung von Gegnern solcher Projekte, zurckkehren. Erste Anzeichen einer Trendwende dieser Art sind schon zu beobachten. Die britische Auenministerin Margaret Beckett verglich Klimaskeptiker angesichts der Kritik am Stern-Papier mit islamischen Terroristen und uerte den Wunsch, dass beide Gruppen keinen Zugang zu den Medien bekommen. Und in Deutschland wurde der als Solarkritiker bundesweit bekannte Rainer Hoffmann unlngst vom Gesundheitsamt Recklinghausen aufgefordert, sich zwecks berprfung seines Geisteszustands in ihrer Beratungsstelle oder bei einem Facharzt seiner Wahl untersuchen zu lassen. Somit knnten unbeabsichtigte Folgen grenwahnsinniger Versuche, das Weltklima steuern zu wollen, am Ende nicht nur eine Weltwirtschaftskrise sein, sondern auch das, was die Konsequenz der letzten Weltwirtschaftskrise war, die ja ihrerseits ebenfalls aus staatlichen Interventionen resultierte: die staatliche Verfolgung von Minderheiten und ein Weltkrieg.

von Arne Hoffmann


Der Autor schrieb zahlreiche Bcher, zuletzt: Sex fr Fortgeschrittene. Seine Homepage: www.arnehoffmann.com

Robert Grzinger: Jg. 1965, Dipl.-konom, Auslandskorrespondent, bersetzer und Copy-Editor, lebt und arbeitet in Bath, England. 1994-2000 Geschftsfhrer von Kommunalfraktionen der FDP. Betreibt den Webblog Freiheit und Zivilisation . Internet: George Reismans Website: www.capitalism.net Bjrn Lomborgs Artikel: http://www.opinionjournal.com/ extra/?id=110009182 Dezember 2006 I Nr. 68

Das wird teuer berichtet die Berliner taz am 27. September: Umgerechnet 1,2 Millionen Euro muss die Deutsche Bank an ihre ehemalige Angestellte Helen Green in London zahlen, weil diese jahrelang von Kolleginnen schikaniert wurde und nach zwei Nervenzusammenbrchen ihre vielversprechende Karriere aufgeben musste. Die taz verrt uns auch, dass es keineswegs immer intrigante Mnnerseilschaften sind, die Frauen bei ihrer Berufslaufbahn ausbremsen: Eine Umfrage der German Consulting Group unter 80 weiblichen Fhrungskrften ergab krzlich, dass 75 Prozent der befragten Managerinnen insbesondere von Kolleginnen derselben Hierarchiestufe auf dem Weg zum Erfolg behindert wurden. Nur 60 Prozent der Fhrungsfrauen hingegen erlebten die mnnlichen Mitarbeiter als blockierend. Sehr weit in Sachen Frauenfrderung geht derzeit Bundesprsident Horst Khler. Er hat jetzt auch beim Bundesverdienstorden eine Frauenquote eingefhrt. Vermutlich ist das dringend notwendig, damit die armen Frauen nicht weiterhin durch eine glserne Decke von sozialem Engagement abgehalten werden. Nachdem sich trotz Feminismus, Frauenfrderung und Quote in Deutschland nach wie vor nur sehr wenige Frauen fr ein naturoder ingenieurwissenschaftliches Studium entscheiden, so berichtet der Tagesspiegel am 25. Oktober, tut sich das Berliner Hochschulkarrierezentrum fr Frauen mit Drehbuchautoren zusammen, um in TV-Serien und Fernsehdramen attraktive Bilder von Frauen in technischen Berufen zu integrieren. Schlielich seien in England nach einer BBC-Serie ber Gerichtsmediziner die Bewerbungen fr ein entsprechendes Studium sprunghaft angestiegen. Dasselbe msse man doch auch bei deutschen Zuschauerinnen erreichen knnen, wenn man ihnen eine Informatikerin oder eine Luftfahrttechnikerin als Heldin prsentiere. Die Weltbank indes ist diesen Debatten bereits einen Schritt voraus. Sie beschloss gerade eine nderung ihrer Frderpolitik zugunsten von Mnnern. Wir glauben, dass die Zeit gekommen ist, Mnner von einer Gender-Perspektive aus besser zu verstehen zum Nutzen von Mnnern, Frauen, zuknftigen Generationen und der Gesellschaft als Ganzes konstatierte der Weltbank-Direktor fr soziale Entwicklungen, Steen Jorgensen, Ende Oktober in einer Presseerklrung. Auslser dieser Erkenntnisse ist eine neue Studie mit dem Titel The Other Half of Gender, die zu dem Ergebnis gelangt, dass ohne die Bercksichtigung von Mnnern und ihren Beziehungen zu Frauen keine Geschlechtergleichheit erreicht werden knne. Wer htte das gedacht! Bislang richtet sich die neue Ausrichtung der Weltbank vor allem auf bestimmte Bereiche wie die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe. So demonstrativ und appellartig, wie dieser Kurswechsel vollzogen wird, knnte er auch auf anderen Feldern Wirkung zeigen. Mglicherweise tritt der sich immer weiter berhitzende und dabei doch auffllig fruchtlos bleibende Frauenfrderwahn gerade in eine Endphase, nach der pragmatische Sachentscheidungen wieder mglich werden.

www.ef-magazin.de I 19

EFFefF

I ef-AKTUELL

Jahressteuergesetz 2007

Jetzt kommt die Steuergebhr!


Und was hat das mit chinesischen Zustnden zu tun?
von Andr F. Lichtschlag
Foto von peer-steinbrueck.de

Finanz-Maoist Steinbrck hat gut Lachen Die Kommunistische Partei Chinas ist stolz darauf, kostengnstiger und schneller hinzurichten als etwa die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Todesstrafe wird in China nmlich nach Schtzungen 3.000 bis 10.000 Mal jhrlich im Discount vollstreckt. Besonders perfide ist dabei, dass den Verwandten der Delinquenten anschlieend die Kugel zugesandt wird, mit der ihr Vater oder ihr Ehemann hingerichtet wurde. Mit beiliegender Rechnung: Umgerechnet 20 Cent sind fr die gebrauchte Patrone zu zahlen. In Deutschland hat gerade der Bundestag das Jahressteuergesetz 2007 verabschiedet. Auch hier geht es um Effizienzsteigerung. Und auch hier haben sich Beamte eine besonders perfide Idee ausgedacht. Der deutsche Steuerdelinquent soll nmlich zuknftig auch noch dafr zahlen, wenn er zuverlssige Informationen des Finanzamtes ber seine Steuerlast erhalten mchte. Die Finanzminister erwarten, dass wegen der Kompliziertheit des Steuerrechts auch die Zahl der Anfragen steigen werde. Deshalb sei nun eine Gebhr ntig. Die weiteren Einnahmen wrden dann im Sinne der Brger die Bearbeitung der Anfragen beschleunigen. Die neue Gebhr soll sich nach dem Gegenstandswert der Anfrage richten. Also danach, um wie viel Zwangsabgaben es geht. Bei komplizierten Anfragen wie etwa zur Ausgliederung von Firmenteilen kann dann auch mal eine Million Euro Gebhr fllig sein, zustzlich zu den dafr anfallenden Steuern, warnt der Bundesverband der Industrie. Zu allem berfluss muss der Betrieb oder Br20 I eigentmlich frei

ger, der die rechtsverbindliche, schriftliche Auskunft ber seine Steuerlast erhalten will, den Gegenstandswert selbst ermitteln, verrt das Finanzministerium Nordrhein-Westfalens. Er muss also die Antwort auf seine Frage ermitteln, bevor er diese gegen Gebhr stellen darf. Kann der Brger den Gegenstandswert nicht vorab selbst ermitteln, mssen die Beamten pauschal nach Zeit bezahlt werden. Pro angefangene halbe Stunde sind 50 Euro fllig, mindestens aber 100 Euro, damit der Beamte berhaupt anfngt, die kommende Hhe des Steuerraubzugs zu errechnen. Der Vergleich mit China ist natrlich bse. Denn schlielich geht es Verbrechern in Deutschland allemal besser als dort. So wird einem, der auf Gefngnisdchern mit Selbstmord droht, hierzulande erst einmal eine lngere Erholungspause verordnet. Und anderen, die einen Mitgefangenen viele Stunden lang bestialisch zu Tode qulen, werden anschlieend vom Knast ins angenehmere Krankenhaus verlegt. Die Erholung und das Sanatorium bezahlen selbstredend auch nicht die Verwandten, sondern die Steuerzahler. Was zur Frage fhrt, ob diese deutschen Steuerzahler sich nicht bald fhlen mssen wie die chinesischen Strafgefangenen. Oder zumindest wie deren Verwandtschaft. Eigentlich ist ja alles ganz einfach: Erst werden in der BRD im Laufe der Jahre 50.000 Steuer-Paragraphen angehuft, die keiner mehr verstehen kann. Diese bestimmen, dass den Brgern immer mehr Milliarden ihres mhselig verdienten Geldes abgepresst werden. Die Milliarden finanzieren dann den Apparat jener, die ihn erfinden: Politiker aller Ebenen etwa. Oder 120.000 Finanzbeamte. Und am Ende reicht wie stets im ausufernden Sozialismus das Geld vorne und hinten nicht. Die staatlichen Monopole mssen hier und dort die Leistung senken und fr zunchst kostenlose Angebote pltzlich Gebhren erheben. So erfand die Klasse der Nettostaatsprofiteure peu peu Gebhren fr Stadtbibliotheken und Schulbcher hier oder Autobahnen und Universitten dort. Selbst Politiker, die sich Liberale nennen, finden solche kundennahen Effizienzsteigerungen dann immer ganz klasse. Und jetzt sind eben mal Gebhren fr die Leistungen der Erpresserbande selbst fllig. So dreist ist nichtmal die private Konkurrenz. Die MaNr. 68 I Dezember 2006

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ef-SCHWERPUNKT

Kuba-Report

Anatomie des Verfalls


Ein eigentmlicher Erlebnisbericht
fia erhebt lediglich Gebhren fr den Schutz des Lokals und nicht etwa fr die Preisauskunft des freundlichen muskelbepackten Herrn mit russischem Akzent, der (anders als der Finanzbeamte zumeist recht galant) die Gebhr eintreibt. Natrlich beruht der neue Geschftszweig des Finanzamts auch nicht auf Gegenseitigkeit. Denn umgekehrt mssen die Kunden des selbigen die Lohnsteuer fr dieses weiterhin einsammeln, ohne dafr Gebhren nehmen zu drfen. Versteht sich. Und natrlich ist auch die perfide Politlogik dabei alles andere als einzigartig. Die neue Steuergebhr ist qualitativ schlielich nichts anderes als die bereits existierende Steuersteuer, etwa wenn beim Benzin auf die Minerallsteuer noch die kosteuer draufgeschlagen wird und die Summe dann mit einer Mehrwertsteuer belegt wird. Oder wenn zigfach versteuertes Eigentum nach dem Tod per Erbschaftssteuer noch einmal versteuert werden muss. Und doch ist die garstige Dreistigkeit des Jahressteuergesetzes 2007 nun selbst dem einen oder anderen Politiker, der sich selbstredend zufllig gerade in der Opposition befindet, zu bunt. Erst wird das System kompliziert gemacht und dann mssen Steuerzahler auch noch dafr zahlen, wundert sich etwa Christine Scheel, finanzpolitische Sprecherin der Grnen. Der Deutsche Steuerberaterverband nennt den Vorsto unverschmt. Und Karl Heinz Dke, Prsident des Bundes der Steuerzahler, sieht gar den Gipfel der Unverschmtheit. Soviel Aufregung, wo doch alles nur folgerichtig nach den blichen Monopolgesetzen seinen Gang geht. Und dieser Marsch zugunsten der Institutionen wird mit der Neuerung 2007 noch lange nicht beendet sein. Auch hier weist China den Weg. Todesurteile werden dort nmlich fr 68 verschiedene Delikte verhngt, darunter auch Steuerhinterziehung. Ein entscheidender Unterschied zwischen China und Deutschland besteht allerdings in der Richtung der Entwicklung. In China verlieren nmlich die staatlichen Monopole mehr und mehr ihre Allmacht. Und im Herbst 2006 verabschiedete die Volksrepublik ein Gesetz, das knftig Todesstrafen nur noch nach Zustimmung des hchsten chinesischen Gerichts zulsst. Immerhin. Deutschland entwikkelt sich derweil mit groen Schritten dorthin, wo China herkommt. Internet: Das Jahressteuergesetz 2007: www.bundesfinanzministerium.de Dezember 2006 I Nr. 68

von Dirk Freyling


Foto von Dirk Freyling

Auch 2006, im siebenundvierzigsten Revolutionsjahr, zwangspausieren elf Millionen Kubaner im Gleichschritt unter dem Regime des 80-jhrigen Fidel Castro. Viele Autoren und Verlage nehmen die Gelegenheit wahr, den Geburtstag des Mximo Lder mit diversen Publikationen zu begleiten. Castro hat das Amt des Staatsprsidenten, des Staatsratsvorsitzenden sowie des Ministerratsvorsitzenden inne. Als Prsident hlt er zugleich den Rang eines Commandante der kubanischen Armee. Ferner ist er Erster Sekretr der Kommunistischen Partei Kubas. Fidel Castro ist Weltrekordhalter in der Disziplin Fhrer. Daneben ist er laut Forbes Magazine mit 550 Millionen Dollar einer der reichsten Menschen der Welt. Zeitgleich hat er es geschafft, ganz Kuba wirtschaftlich und mental in ein knstliches Koma zu legen. Meine persnliche Kubageschichte begann im Herbst 1994. Ich lebte damals in Montreal, Kanada, und musste innerhalb von weniger als 48 Stunden das Land verlassen, ansonsten wre ich deportiert worden. Ich hatte Probleme mit Immigration Canada. Gem der Aussage des kanadischen Bundesstaates Quebec konnte ich im Land verbleiben. Diese offizielle Beurteilung wurde jedoch von der kanadischen Bundesregierung in Ottawa berstimmt. Ich suchte also in einem Montrealer Reisebro nach einem Flug, der mich erst einmal schnellstmglich auer Landes bringen wrde. Und er sollte nicht zu teuer sein. In meiner Zeitnot whlte ich Holguin, Kuba, als Ziel. Ein Officer von Immigration Canada brachte mich bis zur Maschine, um sicherzustellen, dass ich auch wirklich Kanada verlasse. Ich flog mit einem One-Way-Ticket los. Die Flugzeit betrgt knapp fnf Stunden von Montreal nach Holguin, das sich im Osten Kubas befindet. Nun war ich recht auffllig. Meine in der Nacht vorher stark schwarz gefrbten Augenbrauen, lange blonde Haare, Ohrringe und Ringe, dazu meine kurze Jeans und ein dunkelrotfarbenes Jacket in Kombination mit Fallschirmspringerstiefeln waren Grund genug, mich als alleinstehenden Mann Anfang 30 genauer zu untersuchen. Ich musste meine Koffer ffnen. Und ich musste so gut es geht nicht Englisch und nicht Deutsch sprechenden Zollbeamten auf Deutsch und Englisch meine Unterwsche, die ausschlielich aus Stringtangas bestand, und meine Absichten insgesamt erklren. Die www.ef-magazin.de I 21

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Immer wieder stelle ich fest, dass die wenigsten Menschen auch nur eine vage Idee davon haben, wie totalitr das kubanische Regime ist. Es handelt sich um einen Polizei- und Militrstaat mit einem Fhrer.
Tatsache, dass ich weder Rckflugticket noch Anschlusstikket besa, ja noch nicht einmal einen Hotelnachweis vorzeigen konnte, lassen es im Rckblick wie ein kleines Wunder erscheinen, dass ich nach diversen Erklrungsversuchen Zugang zum Revolutionsland bekam. Damals wusste ich noch nicht, dass Holguin eigentlich keine Hotels besitzt und die meisten Fluggste hier nur landen, um dann an Kstenorte weiterzureisen. Irgendwie gelangte ich mit einem Taxi in eine sozialistisch gefhrte Hotelanlage nahe Holguin. Sie bestand aus kleinen Bungalows, in der sich ausschlielich Kubaner aufhielten. Vermutlich hat es sich um staatstreue Beamte und Funktionre gehandelt. Dort lernte ich dann einen Kubaner kennen, der eigentlich Lehrer war, aber aufgrund der extrem besseren Verdienstaussichten jede Mglichkeit wahrnahm, als Touristenfhrer zu agieren. Wie er dann aber zu seinem Leidwesen in die staatseigene Touristik ohne wirkliche Touristen kam, blieb mir verschlossen. Der vermutlich dahintersteckende Staatsterror war fr mich als Kubaneuling noch nicht greifbar. Nach drei Tagen Einsamkeit, Rum und Isolation besorgte ich mir ein Flugticket und flog in einer kleinen gut gekhlten Maschine zusammen mit etwa fnfzig permanent hstelnden Rentnern von Holguin nach Havanna. Die Erinnerung an das Straenbild von Holguin nahm ich mit: Ein Heer dunkelhutiger Kubaner zu Fu oder auf dem Fahrrad bewegte sich auf einer breiten staubigen Strae in der Stadt. Vermutlich hatten sie Feierabend. Ihre Gesichter waren leer und ihre Krper wirkten kraftlos. Nach 90 Minuten landeten wir am Abend in Havanna. In ziemlicher Dunkelheit fuhr ich mit einem Taxi und zwei Kubanern in Richtung Havanna-Stadt. Die Kubaner empfahlen mir das Hotel Presidente. Dort wohnte ich wirklich recht behaglich. Das Zimmer kostete 1994 etwa 45 USDollar pro Nacht. Heute wrde es im gleichen Hotel 160 US-Dollar kosten. An der Hotelbar posierten einige Prostituierte. Ich hatte kein Verlangen. Bereits am Abend der Ankunft wurde ich an der Hotelbar auch von einem dicken Kubaner auf Englisch angesprochen, der mir anbot, die Gegend zu erkunden. Dies taten wir. Es war eine sehr bizarre Angelegenheit: Der stark angeschwulte Tourist, zumindest sah ich so aus, und ein fetter hellhutiger Kubaner im Besitz einer Flasche Havanna Club wurden von einem schwarzen Kubaner im Schweie seines Angesichts auf einer Fahrradrikscha durch die Altstadt von Havanna kutschiert. Spter stellte sich heraus, dass der Kubaner eigentlich ein Betrger war. Normalerweise berredete er Touristen, ihm 100 oder mehr Dollars zu geben, die er dann zu einem sehr guten Kurs gegen kubanische Pesos eintauschen wollte. Ich erfuhr von anderen Touristen, dass sie so um ihr Geld betrogen wurden. Denn er kam nie mit den versprochenen Pesos zurck. Spter wurde ich von der kubanischen Polizei im Hotel befragt, da irgendwer behauptete, der Kubaner wre mein Bekannter. Glcklicherweise gelang es mir, diesen Verdacht zu entkrften. Ich hatte allerdings auch nicht den Eindruck, dass die beiden Polizisten besonders eifrig waren. Der Kubaner war brigens bis zu meiner Abreise nicht mehr zu sehen. Nach wenigen Tagen Havanna flog ich mit einem weiteren One-Way-Ticket nach Cancun, Mexiko, dann ber Miami, Florida, zurck nach Montreal. Dort wurde ich nach kurzem Verhr durch Immigration Canada wieder aufgenommen und verbrachte noch einige Zeit in Kanada. Inzwischen wei ich einiges mehr ber Kuba. Regelmig informiere ich mich ber unterschiedlichste Internetkanle, Fernsehen, Bcher, Zeitungen und Zeitschriften ber Geschichte, Gesellschaft und zeitgenssische Entwicklungen auf Kuba. Es besteht auch ein Kontakt mit dem kubanischen Schriftsteller Pedro Juan Gutierrez. Ich war in den letzten vier Jahren dreimal mit meiner Lebenspartnerin auf Kuba. Auf unserer ersten gemeinsamen dreiwchigen Reise entstand der Bildband Schwerpunkt Cuba: Erotik und die Anatomie des Verfalls ein persnliches Reisetagebuch in Bildern. Wir fuhren dazu mit einem Mietwagen 4.000 Kilometer quer durch Kuba und hielten unsere Eindrcke in Fotografien und mit der Videokamera fest. Dazu htten wir wissen sollen, dass viele Motive vom kubanischen Staat verboten sind. Generell gilt, dass jede Dokumentation in Kuba angemeldet und genehmigt werden muss. Htte ich geahnt, wie brisant und gefhrlich unser Tun im Februar 2003 sein knnte, htte ich wohl darauf Nr. 68 I Dezember 2006

22 I eigentmlich frei

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verzichtet. Immer wieder stelle ich fest, dass die wenigsten Menschen auch nur eine vage Idee davon haben, wie totalitr das kubanische Regime ist. Es handelt sich um einen Polizei- und Militrstaat mit nur einem Fhrer, einem, der sich durchaus in der Klasse von Stalin, Hitler und Co. bewegt. Jeden Tag werden hunderte junger Frauen abtransportiert und fr einige Tage in menschenunwrdige Gefngnisse gesteckt, weil sie angeblich der verbotenen Prostitution nachgingen. Die Wahrheit sieht oft anders aus. Sie sprachen lediglich mit Auslndern, waren mit ihnen auf der Strae gesehen worden oder fuhren mit ihnen im Mietwagen. Immer dann, wenn Castro internationale Anerkennung sucht, lsst er eine Handvoll inhaftierter politischer Gegner frei, die bis dato in kubanischen Gefngnissen unter Folter bei lebendigem Leibe verfaulten. Europas Linke feiern das dann als Erfolg ihrer castrofreundlichen Kubapolitik. Sie verschweigen dabei, dass tglich neue politische Gefangene gemacht werden. Kuba ist bis in die kleinste denkbare menschliche Gruppe, also auch bis in die Familien hinein, mit Spitzeln durchsetzt. Groe Teile des Staatshaushaltes werden fr das Militr und die innere Sicherheit ausgegeben. Das langandauernde amerikanische Wirtschaftsembargo und das daraus abgeleitete kollektive Feindbild ist eine tragende Sule im Reiche Castros. Wenn man so will, ist die Politik der USA am Ende Castro-freundlich, dient sie doch wie nichts anderes zur Legitimation aller Drangsal. Seit Jahrzehnten untersttzen Exilkubaner ihre Familien auf Kuba. Die potenzielle Macht ist mehr oder weniger in Klngelrunden bereits aufgeteilt. Alle Betroffenen warten auf Fidel Castros Ende, in Kuba wie in den USA. Warum noch heute seinen Kopf riskieren? Kubanische Gefngnisse sind bitter. Mit Hilfe von auen ist nicht zu rechnen. In Kuba ist neben den wenigen Politadeligen als Oberschicht dank des dringend bentigten und wachsenden Tourismus eine Art Mittelschicht entstanden. Der kubanische Staat diktiert nmlich fr jede auslndische Unternehmung die Anzahl der zu beschftigenden Kubaner und kassiert unter anderem von den Touristikunternehmen Geld fr jeden kubanischen Angestellten. Davon wird dem touristikbeschftigten Kubaner der neuen Mittelschicht ein Bruchteil als normierter Staatslohn ausgezahlt. Von 400 USDollar Gehalt werden 15 US-Dollar an den Arbeiter ausgezahlt, der Rest fliet in die Staatskasse. Die cleveren, engagierten Kellner, Segellehrer oder Touristenfhrer erwirtschaften dann durch Trinkgelder fr kubanische Verhltnisse exzellente Einkommen. Erzielt werden sie vor allem von Dezember 2006 I Nr. 68

nordamerikanischen Touristen, vornehmlich Kanadiern, fr die Kuba eine Art karibisches Mallorca ist. Von dieser staatlich ausgebeuteten, am Ende aber doch stark gewinnenden neuen Mittelklasse ist eine Rebellion gegen das Regime kaum zu erwarten. Der Rest der Kubaner, vor allen Dingen auf dem Land, lebt in perspektivloser Armut ohne jegliche Energie. Auch nicht unbedingt die Klientel, die den Aufstand proben wird. Als Fidel Castro 2004 das Geld ausging, fhrte er eine neue Whrung ein, die auerhalb Kubas nichts weiter als wertloses Spielgeld darstellt. Offiziell wurde dies mit der Bandenttigkeit des US-Imperiums gegen Kuba begrndet. Der neue Peso convertible (abgekrzt CUC) ist eine reine Binnenwhrung und wird nicht an Devisenbrsen notiert. In nur wenigen Tagen mussten alle Kubaner ihre amerikanischen Dollars, die bis dahin neben dem kubanischen Peso als wirkliches Zahlungsmittel eingesetzt wurden, mit einem Verlust von 10 Prozent gegen die neuen Pesos convertible eintauschen. Gegen wertlose Papierscheine also. Es ist vorhersehbar, dass der Peso convertible nur so lange leben wird wie Castro es tun wird. Es ist vermutlich typisch, dass die Enteignung des kubanischen Volkes durch Castro vor zwei Jahren in Europas Mainstreammedien kaum jemand zur Kenntnis nahm. Wenn Sie in Deutschland berwiegend Fastfood zu sich nehmen, kann Sie nach wie vor das ein oder andere Kubapauschalangebot erfreuen. Ansonsten ist Kuba, insbesondere in den letzten Jahren, extrem teuer geworden. Die Qualitt der Speisen, auch in den meisten angeblichen Luxushotels, ist im internationalen Preis-Leistungs-Vergleich schlecht. Der Vorortpreis fr bernachtungen ist unglaublich hoch. Eine Mietwagenreise ohne vorherige Hotelbuchung in Deutschland wird, sofern Sie auf einen gewissen guten Standard nicht verzichten wollen, extravagant teuer. Dahinter steckt natrlich staatliche Lenkung: Nur All-Inclusive-Touristen sind vom Regime gern gesehen, da einfach zu kontrollieren. Sollten Sie Kuba auf eigene Faust entdekken wollen gilt, dass Sie Ihre auf Kuba unerwnschte touristische Freiheit teuer bezahlen mssen. Der freie Kontakt zu Kubanern ist nicht erwnscht. Einheimische, die Bekanntschaften mit Touristen pflegen, werden vom verlngerten Arm des Staatssicherheitsdienstes auf allen Ebenen beobachtet immer und berall. brigens ist der einheimische Kubaner nicht nur auf seiner Insel inhaftiert. Ein Einwohner aus Cienfuegos etwa ist nmlich nicht in Havanna oder Santiago de Cuba erwnscht. Kubaner knnen nicht ohne staatliche Zustimmung von A nach B umziehen. rztliche Versorgung gibt es nur www.ef-magazin.de I 23

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Die Lebensfreude der Kubaner ist eine Lge der Reiseveranstalter. Es sei denn, Sie interpretieren den Anblick von allerorts debil wirkenden Menschen in dreckiger Kleidung als lebensfrohes Nichtstun.
da, wo Sie als Kubaner auch gemeldet sind. Fidel Castro hat aufgrund der finanziellen Probleme einige Unternehmer-Lizenzen vergeben, die es Kubanern privat gestatten, husliche Restaurants und Unterknfte fr Touristen anzubieten. Die Lizenzgebhr ist pauschal zu entrichten und betrgt je nach Standort zwischen 130 und 380 Dollar pro Monat. Das angebotene Essen ist in der Regel schlecht und teuer. Das typisch kubanische Essen ist einfltig und lieblos. Oder fett und s. Es hat mit Genuss wenig zu tun. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Ihre Telefongesprche abgehrt und Ihre Emails gelesen werden. Auch Ihr Hotelzimmer wird mglicherweise untersucht werden. Wenn es darum geht, irgendwo in der Karibik Urlaub zu machen, dann ist Kuba genauso gut oder beliebig wie diverse andere tropische Ziele mit Klischeeattributen wie Sonne, Strand und Palmen. Die vielpropagierte Lebensfreude der Kubaner ist eine Lge der Reiseveranstalter. Es sei denn, Sie interpretieren den Anblick von allerorts debil wirkenden Menschen in dreckiger Kleidung vor Hauseingngen sitzend als lebensfrohes Nichtstun. Der morbide Charme der Altstadt und des Malecons in Havanna weicht bei genauem Hinsehen der Gewissheit, dass in den Ruinen aus der Not heraus hunderte Menschen ohne flieendes Wasser auf engstem Raum leben und sich eine Toilette teilen. Das knnen Sie natrlich nicht sehen, wenn Sie mit dem Reisebus vorbeirauschen. Sollten Sie doch mehr wahrnehmen als den Hotelstrand, werden Sie feststellen, dass das gesamte Land aus dem letzten Loch pfeift und allerorts die Menschen in Gebuderuinen hausen und frustriert dahindmpeln. Wenn berhaupt vorhanden, dann ist so etwas wie Freude staatlich verordnet und organisiert. Bei meinem letzten dreiwchigen Besuch im Frhjahr dieses Jahres kamen 1,4 Millionen Teilnehmer zu einer politischen Kundgebung in Havanna. Wie einst in der DDR wird Nichterscheinen protokolliert und bei der nchsten Gelegenheit bestraft. Trotz alledem fliege ich immer noch lieber nach Kuba als beispielsweise in die Dominikanische Republik, weil ich mich gerne naiv trotzend in den kubanischen Sand setze und verklrt darauf hoffe, dass der Castro-Spuk bald ein Ende nimmt. Kuba ohne Castro ist ein schner Ort im Sinne von Ruhe und Natur. Ich mag das Klima, den Anblick von prallen weiblichen Hintern und trinke gerne Cocktails auf Rumbasis. Auf Dominikaner und Kubaner als solche lege ich keinen besonderen Wert. Weder Merengue noch die kubanische Volksmusik, die vom Son und abgeleiteten Salsarhythmen dominiert wird, inspirieren mich. Nach meinem letzten Besuch, der mit einer einstndigen 24 I eigentmlich frei Befragung und Untersuchungen meines Reisegepcks begann und nach drei Wochen mit noch intensiveren Untersuchungen und Befragungen endete, ist heute mein praktischer Kubabedarf im Schatten Castros eher gering. Sie mssen sich als Tourist auf Kuba nicht schlechter fhlen, als wenn Sie in die Vereinigten Arabischen Emirate oder nach China reisen. Wenn Sie demnchst nach Dubai fliegen, sollten Sie ernsthaft ber Ihre angeborene Kollektivschuld nachdenken. Juden ist die Einreise nmlich strengstens verboten. Sie untersttzen mit deutschen Euros aktiv den weltweiten Antisemitismus, wenn Sie sich selbst und Ihre Devisen in die Arabischen Emirate schleppen. Die Chinesen setzen so ziemlich alles auer Kraft, was mit Verantwortung zu tun hat. Menschen und Natur werden mit Fen getreten. Fidel Castro und seine elf Millionen unterdrckten Kubaner sind im Vergleich dazu eher nur Randfiguren. Oder wollen Sie Ihren Urlaub in Deutschland verbringen? Jeder in Deutschland versteuerte Euro untersttzt die unverschmteste Regierung seit Kriegsende und verbldet auf staatliche Verfgung Ihr eigenes Volk. Also keine Sorge, dann lieber ab nach Kuba.

Dirk Freyling: Jg. 1964, Knstlername: AlexD. Physikstudium, mehrjhriger Nordamerikaaufenthalt, davon fast vier Jahre Montreal/Kanada. Dort Grnder des Fetish Cafes Montreal. Vom kanadischen Staat aus moralpolitischen Grnden verfolgt. Rckkehr nach Deutschland, seit mehr als sechs Jahren im Bereich Fetischfilm aktiv, Produzent und Regisseur. Zuletzt Grndung einer zeitgenssischen pornografiebefreiten erotischen Kunst(gesellschaft). Entwickelt eigenverantwortliche alternative Strategien in allen Lebensbereichen. Siehe dazu das Internetprojekt: www.kulturreport.net. Internet: Manfred Krgers Kubareport: www.coin-sl.com/kuba Literatur: Tanja Bachmann und Dirk Freyling: Schwerpunkt Cuba. Erotik und die Anatomie des Verfalls. Pedro Juan Gutierrez: Die schmutzige Havanna-Trilogie. Nr. 68 I Dezember 2006

Kubanische Revolution

Che lebt!
Oder doch eher der Faschismus?
von Josef Schlburner
Foto von Daniela Pellak und Christian Dorn

An welchem Ort der Tod uns auch berraschen mag, er sei willkommen, wenn unser Kriegsruf nur aufgenommen wird und eine andere Hand unsere Waffe ergreift und andere Menschen bereit sind, die Totenlieder mit Maschinengewehrsalven und neuen Kriegs- und Siegesrufen anzustimmen. uert sich hier ein islamistischer Selbstmordattentter? Oder steht eine solche Sinnesrichtung doch eher fr die Hitlerjugend? Diese Vermutungen knnten durchaus zutreffen, nur stammt der konkrete Ausspruch von einem Idol der 68er, das wohl noch immer die Kuba-Nostalgie aufgeklrter Geister trgt: Ernesto Che Guevara war zwar von Geburt und sozial privilegierter Abstammung nach Argentinier, er hat aber die kubanische Revolution, also die Machtergreifung Fidel Castros und die Errichtung einer karibisch-kommunistischen Diktatur wesentlich geprgt. Er, nicht Fidel, erfand 1960 das erste Lager fr Besserungsarbeit (wir wrden Zwangsarbeit sagen), das auf der Halbinsel Guanaha errichtet wurde, so die Einschtzung seines zeitweiligen Mitlufers Rgis Debray, des spteren Beraters des franzsischen Sozialisten Mitterand. Als unfhiger Industrieminister und Zentralbankdirektor hat Che mageblich den Niedergang der kubanischen Wirtschaft bewirkt. Er hat den kubanischen Totalitarismus vorbereitet, indem er schon vor der Machtergreifung besondere Hrte zeigte, mit der er Munddiebstahl ohne irgendeine Art von Prozess mit Erschieung verfolgen lie. Nach dem Sieg bernimmt Guevara das Amt des Anklgers und entscheidet ber Gnadengesuche. Auf jeden Fall ist das Gefngnis La Cabana, in dem er amtiert, Schauplatz zahlreicher Hinrichtungen, insbesondere von ehemaligen Waffengefhrten, so die Einschtzung im Schwarzbuch des Kommunismus. Es war vor allem Guevara, der fr die Rekrutierung der kubanischen Jugend in Organisationen verantwortlich war, die dem Kult des neuen Menschen huldigten. Wie konnte eine derartige Figur zum Gegenstand eines weltweit blhenden, aber insbesondere in der BRD wirkenden Jugendkults werden, der vor allem dem toten Che galt und sogar Anzeichen eines Auferstehungsglaubens zeitigte? Als Argentinier erschien Che im Gebaren und TyDezember 2006 I Nr. 68

pus (Rasse) noch europisch genug, um bei revolutionsbedrftigen Deutschen eine genuine Identifizierung herbeizufhren. Bei einem wirklichen Kubaner htte sich dies etwas artifiziell ausgenommen, wie die Demonstrationen mit Mao- und Ho-Bildern. Dass der von Che propagierte neue Mensch nur durch den absoluten Krieg mglich wre, den ein frherer Vertreter dieses Typus als totalen angesehen hatte, der nichts anderes als die Erlsung der Menschheit zum Ziele hat, ist natrlich klar. Um dies zu erreichen, mssten die Soldaten der Revolution beseelt sein vom unbeugsamen Hass dem Feind gegenber, der die Menschheitserlser in eine wirksame, gewaltsame, selektive und kalte Ttungsmaschine verwandelt. Sicherlich hat Holthusen richtig beobachtet, wonach mit Che die extrem autorittsfeindliche und ehrfurchtslose Jugend die herausragende Erscheinung des Heldischen erlebte: Selbstlosigkeit, Unbedingtheit, Todesverachtung, Gromut und Grausamkeit. Letztlich feierten mit Che die Tugenden der vorausgegangenen Weltkriegsepoche, die man als faschistisch einordnet, in Gestalt eines (angeblich) unbefleckten Weltrevolutionrs ihre Wiederauferstehung. So in etwa interpretiert es auch Gerd Koenen. Am konsequentesten ist diesen Weg Andreas Baader gegangen, der sich als Weltrevolutionr schlechthin in der Nachfolge Guevaras sah. Die weniger Konsequenten haben mittlerweile ihren Weg in die Parlamente und Verfassungsschutzmter gefunden, wo sie den Faschismus bekmpfen drfen, dessen Gefahr ihnen angesichts ihrer CheVerehrung deutlich vor Augen steht. Oder nicht? Wahrscheinlich bewirkt die karibische Exotik Kubas eine verfremdende Wirkung, die der Erkenntnis der eigenen faschistischen Mentalitt entgegensteht, die sich nunmehr etwa im Guevaraschen Hass gegen unerwnschte Auffassungen uert. Die Tatsache, dass groe westliche Firmen und Zeitschriften mit diesem Horst Wessel der 68er unbeanstandet Werbung publizieren, spricht gegen die Fhigkeit zur Selbsterkenntnis. Internet: Rot lackierte Faschisten unter dem Banner von Che: www.che-zentrum.de www.ef-magazin.de I 25

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Kuba-Blockade

Was wirklich blockiert wird


Die USA helfen fleiig mit, den Kapitalismus von Kuba fernzuhalten
von Kristian Niemietz

Eigentlich wei bei uns ja jeder Berufsanstndige, dass arme Lnder arm sind, weil reiche Lnder mit ihnen Handel treiben. Und dass Handel stets eine schmutzige Sache ist, bei der der Starke den Schwachen an die Wand drckt. So betrachtet msste das Handelsembargo, das die USA seit nunmehr 46 Jahren gegen das Inselreich des graubrtigen Tropendiktators vor ihrer Kste verhngen, eigentlich ein beispiellos humanitrer Akt sein. Der reiche Nachbar im Norden schtzt den romantischen Palmensozialismus vor seinen Geiern und gestattet ihm eine selbstbestimmte Entwicklung, im Einklang mit der eigenen Kultur und den spezifischen Bedrfnissen. Ist aber auch wieder nicht recht. In Kuba hat das Ausbleiben von Handel nmlich pltzlich die genau gegenteilige Wirkung: Da schafft weniger Handel eine Mangelwirtschaft, wo ansonsten ein prosperierendes Wohlstandseiland wre. In der Einschtzung, dass, wenn es um Kuba geht, ganz andere Gesetzmigkeiten am Werk sein mssen als berall sonst, sind sich Europas Sozial-Bewegte ausnahmsweise einmal einig mit Amerikas Polit-Establishment, wenn auch mit anderen Vorzeichen. Letztere reden gerne und viel von Freiheit, glauben aber, es ginge sie etwas an, wo ihre Untertanen ihren Urlaub verbringen und von wem sie den Zucker fr ihren Kaffee beziehen. Handel und Tourismus wrden Castros Diktatur moralisch legitimieren, heit es, whrend munter mit Saudi-Arabien und China gehandelt wird. Nicht die Bevlkerung, sondern die Machthaber-Clique wrde profitieren, heit es ein Argument, fr das Entwicklungshilfe-Kritiker ansonsten niedergebrllt wrden. Aber gibt es eine unpolitischere Form der Hilfe, als wenn ein Miami-Kubaner seinen Freunden Geld berweist? Darf er jedenfalls nicht. berweisungen werden per Gesetz auf enge Verwandte beschrnkt. Das Handelsembargo wurde verhngt, nachdem die Rebellen 1959 die Macht in Havanna ergriffen hatten und begannen, amerikanische Plantagenbesitzer zu enteignen. Es trug dazu bei, dass die neuen Machthaber sich rasch der Sowjetunion zuwandten und eine Planwirtschaft nach deren Vorbild errichteten, was vorher nicht unbedingt ausgemachte Sache war. Lngst nicht alle, die an der Beseitigung des Diktators Fulgencio Batista beteiligt waren, waren Kommunisten. Da gab es auch Figuren wie Eloy Gutirrez Menoyo, in den Fnfzigern ein Mitstreiter Castros, der nach der Revolution einen Ministerposten ausschlug und sich bald 26 I eigentmlich frei

zum zweiten Mal in seinem Leben in der Rolle des Untergrundkmpfers fand, weil er den neuen pro-sowjetischen Kurs ablehnte. Durch die Kuba-Krise von 1962 wurde die Blockade verselbstndigt. Seitdem wurde sie mehrfach erneut festgeschrieben, im Helms-Burton-Act von 1996 etwa wurde ihre Aufhebung an die Besitzrckgabe der heute in den USA lebenden Exilkubaner geknpft. Gelockert wurde die Blockade erstmals, als bei Clinton die Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten gestattet wurde. Exportkredite an die dollararme Insel blieben allerdings verboten, weshalb die Lockerungsbung eher unwirksam blieb. Bei Bush Jr. wurden einige Verordnungen schlielich wieder verschrft. Heute kann ein US-Brger nur dann nach Kuba einreisen, wenn ihm das Bundesfinanzministerium eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Eine solche kann etwa erhalten, wer direkte Verwandte auf Kuba hat dann aber auch nur alle drei Jahre fr jeweils zwei Wochen, wobei pro Aufenthaltstag auch hchstens 50 Dollar mitgenommen werden drfen. Medizinstudenten knnen ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung fr ihr Krankenhauspraktikum bekommen dann darf das Praktikum allerdings nur eine Woche dauern. Zuwiderhandlungen sind nicht ungefhrlich. So gab es schon Haftstrafen fr Segler, die Regatten zwischen Florida und Kuba organisierten. Auslndischen Firmen kann die US-Gesetzgebung zwar theoretisch nichts anhaben, aber sie kann ihnen den Zugang zum nordamerikanischen Markt versperren, was nicht weniger wirksam als das direkte Embargo ist. Schiffe, die eine Ladung nach Kuba geliefert haben, erhalten danach fr sechs Monate Anlegeverbot in jedem Hafen der USA. Ebenso drfen keine kubanischen Waren durch die USA transportiert werden. Castro strte all das noch nie, hatte er damit doch eine Ausrede fr alle Mngel von Stromausfllen bis Knappheit an Seife und Rasierklingen, einen propagandistischen Evergreen, fr den sich auch der landesinternen Opposition die Schuld in die Schuhe schieben lie. Und so konnte er eine Art runden Geburtstag feiern: Bush war der zehnte USPrsident, den er von seinem Thron aus erlebte. Woodstock und Vietnam-Krieg, Watergate und Reaganomics, Desert Storm und Lewinsky-Affre kamen und gingen, die Blockade blieb. Und Fidel blieb auch. Mal ganz abgesehen davon, dass wohl kaum jemand Nr. 68 I Dezember 2006

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Medikamente und Nahrungsmittel wurden chronisch knapp. Hamburger aus Katzenfleisch kamen auf. Und wurden im Volksmund spttisch McCastro genannt.
ernsthaft glaubt, die verarmte Tropeninsel knne den militrischen und wirtschaftlichen Goliath im Norden irgendwie bedrohen: Was bewirkt dieses seltsame Erbe aus kalten Kriegstagen, in denen Kuba eine sowjetische Auendienstfiliale vor Amerikas Toren darstellte? Was bedeutet die Blokkade fr Kubas Wirtschaft? Dazu muss zunchst geklrt werden, was unter Kubas Wirtschaft berhaupt zu verstehen ist. Bis 1991 war Kuba vllig auf die Sowjetunion fixiert und wurde von dieser bei der Rohstoffausfuhr weit ber Weltmarktpreisen entlohnt. Als die UdSSR unterging, war es vorbei mit dem bunten Reigen, den Che Guevara einmal Sozialismus mit Cha-Cha-Cha genannt hatte. Innerhalb von zwei Jahren schrumpfte die ohnehin kmmerliche Wirtschaftsleistung um mehr als ein Drittel. Es war, als ob jemand die Sonne ausgeschaltet htte, kommentierte eine Mitarbeiterin des kubanischen Auenministeriums. Hatten Kuba-Fans in aller Welt bislang stets gerne betont, Kubaner seien zwar nicht reich, aber es gbe auch kein Elend wie in den Favelas der Nachbarlnder, so war damit Anfang der 90er Jahre Schluss. Medikamente und Nahrungsmittel wurden chronisch knapp. Hamburger aus Katzenfleisch kamen auf. Und wurden im Volksmund spttisch McCastro genannt. Strom gab es nur sporadisch, der motorisierte Verkehr kam zum Erliegen. Und in Havanna strzten tglich durchschnittlich eineinhalb Gebude ein. Das Kapital der Vergangenheit war aufgezehrt. Zhneknirschend lie die Regierung einige vorbergehende Manahmen passieren, fr die der Ausdruck Liberalisierung ein zu groes Kompliment wre, die es aber doch verdienen, erwhnt zu werden. So wurden 1993 fr einige Berufe Selbstndigkeit und damit Kleinstunternehmertum zugelassen. Der Besitz von Dollars wurde gestattet. Als auch das noch nicht gengte 1994 gab es Aufstnde mit Plnderungen wurden schlielich Agromercados erlaubt, auf denen Bauern ihre ber die Planerfllung hinausgehende Produktion frei verkaufen konnten. Der groe Wurf war das alles nicht, zumal Kubas neue Mikrounternehmer sich mit hohen Steuern und zahlreichen Regulierungen herumrgern mussten, die das formelle Privateigentum schon fast wieder entwerteten. In den Paladares beispielsweise, den neuen privaten Restaurants, durften sich nie mehr als zwlf Gste gleichzeitig aufhalten. Und als Kellner durften nur Familienangehrige arbeiten. Trotzdem gab es zum ersten Mal seit langem wieder so etwas wie Marktpreise. Wenigstens in einem kleinen Segment der kubanischen Wirtschaft wurden Preise jetzt wieder durch die Knappheit der Faktoren, relativ zu den Konsumentenwnschen, bestimmt und nicht von der Lust und Laune der Planungsbrokratie. Dadurch wurde wenigstens in dieDezember 2006 I Nr. 68 sem Segment wieder das produziert, was die Kunden haben wollten, und nicht, was der Herrschaftsclique gefiel. Und das war noch nicht alles. Da auch auslndische Unternehmen in Joint Ventures mit heimischen Staatsbetrieben zugelassen wurden, entwickelte sich in Kuba ein eigentmliches Gemisch von Parallelkonomien mit jeweils eigenen Spielregeln, hnlich wie Paralleluniversen mit unterschiedlichen Naturgesetzen. Da gab es die althergebrachte Mangelverwaltungswirtschaft, in der selbst beim kubanischen Aushngeschild, dem Rohrzucker, die Produktion stockte. Daneben gibt es seit jeher den Schwarzmarkt, auf dem Kubaner die Gter des tglichen Gebrauchs finden. Laut inoffiziellen Schtzungen deckt er etwa die Hlfte ihres Konsums ab. Und nun kam noch die neue legale MikroPrivatwirtschaft hinzu, die im Gegensatz zum Schwarzmarkt rechtlichen Schutz in Anspruch nehmen konnte, aber eine viel geringere Zahl von Personen umfasste. Eine weitere Schicht bildete die Joint-Venture-Mischwirtschaft. Diese Universen waren in unterschiedlichem Mae offen fr auslndisches Geld. Und wo immer dieses im Spiel war, war die Entlohnung pltzlich um ein vielfaches hher. Kuba war das vermutlich einzige Land der Welt, in der ein Taxifahrer mehr verdiente als ein Universittsprofessor. Selbst das Monatsgehalt eines Chefredakteurs bei den Propagandazeitungen betrug nur 15 US-Dollar. Das konnte ein freundlicher Kellner oder Cocktail-Mixer innerhalb kurzer Zeit mit Trinkgeld reinholen. Damit ging natrlich eine Macht- und Mentalittsverschiebung einher. Akademiker nahmen Zweitjobs in der Tourismusbranche an, in der Privateigentum oder wenigstens die Kombinationsversion dominierte. Sie wanderten zwischen zwei Welten: Nach dem offiziellen Feierabend wurde die karibische Gemtlichkeit mit der Parteiuniform an den Nagel gehngt und gegen echten Unternehmergeist getauscht. Da gab es pltzlich ein Erwerbsfeld, in dem es niemanden interessierte, welchen Parteirang oder welche Beziehungen jemand hatte, sondern welche Gter und Dienstleistungen er zu welchem Preis-Leistungs-Verhltnis anbot. Der neue Mini-Kapitalismus war vor allem im Tourismus konzentriert. Neben den Paladares kam die private Zimmervermietung auf. Und ein besonderes Gewerbe ist ohnehin immer und berall privatwirtschaftlich organisiert, komme, was da wolle: Die Prostitution blhte. Nach ein paar Jahren der langsamen Erholung hat die Regierung wieder den Rckwrtsgang eingelegt. Der Dollarhandel ist seit 2004 wieder verboten. Joint Ventures wurden massiv in ihrer Autonomie beschrnkt, was etwa 150 von diesen wieder aus dem Land trieb. Die Zahl der Selbstndigen, ohnehin schon von berschaubarem Gewicht, www.ef-magazin.de I 27

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Lasst San Franciscos Hippies auf Kubas Schwarzmrkten Bcher von Carlos Marx und Fderico Engels kaufen! Zum Sex sells knnte so noch ein Standortvorteil kommen: Socialism sells.
wurde wieder mehr als halbiert. In offiziellen Statements wird verlautbart, dass China und Vietnam explizit keine Vorbilder fr Kuba seien. Der Roll Back hat begonnen, aber so ganz scheint die Regierung die Geister nicht mehr loszuwerden, die sie gerufen hat. Es gibt immer noch etwa 250 Joint Ventures und 90.000 legale Selbstndige, an die sie sich bislang nicht herangetraut hat. Die Hefe im Teig des kubanischen Mini-Kapitalismus ist der Kontakt mit dem Ausland und ganz besonders der Tourismus. Nichts wrde diesen Teig so wachsen lassen wie eine Flut von amerikanischen Touristen, die ber die Insel hinwegrollen wrde, und so viele Investoren, wie die Brokratie gerade noch akzeptieren wrde. Denn bei all dem gewinnt der kubanische Staat zwar absolut dazu, aber er verliert relativ zum Privatsektor und der privaten Initiative, den grten Feinden eines jeden Menschenschinder-Regimes. Je mehr Auslnder als Konsumenten oder Produzenten am kubanischen Wirtschaftsgeschehen teilnehmen, desto grer wird jenes Segment, das sich der Kontrolle der Funktionre entzieht. Hier wrde einmal nicht politisches Wohlgefallen ber den persnlichen Erfolg entscheiden. Die Zahl derer, die vom Staat nicht abhngig wren, wrde weiter steigen. Das alleine wrde die Herrschaft der KP zwar noch nicht bedrohen, so wie die Herrschaft ihrer quivalente in China und Vietnam auch von viel greren Privatsektoren noch nicht bedroht wird. Aber es wrde den Brgern Freirume schaffen. Je grer diese einmal sind, desto schwieriger wird es, sie wieder gnzlich auszutrocknen. Ganz besonders, wenn demnchst vielleicht ein neuer Caudillo noch nicht allzu fest im Sattel sitzt. Die Schaffung der Keime einer lokalen Bourgeoisie wrde eine soziale Kraft einfhren, die frher oder spter der Konterrevolution zu Diensten wre, befrchtete Parteiideologe Ral Valds Viv in der offiziellen KP-Zeitung Granma, als die Reformen pltzlich erste Wirkungen zeigten. Er hatte es erfasst. Die Kuba-Blockade blockiert nicht Kubas Kommunismus, sondern Kubas Kapitalismus, so unbedeutend dieser auch jetzt noch sein mag. Das uramerikanische Freiheitsmotto msste statt Blockade eigentlich lauten: Lasst tausend kapitalistische Blumen blhen! In Miami hat jeder dritte Einwohner zumindest kubanische Wurzeln. Die wirklich kapitalistische Empfehlung lautet: Lasst sie Geld berweisen, so viel und an wen sie wollen, so dass privater Reichtum inmitten der staatlich verwalteten Armut entsteht. Lasst die Sextouristen, denen es in Mexiko langweilig wird, Havanna wieder zum Bordell der Yankees machen, was es laut Castro in vorrevolutionrer Zeit bereits war. Lasst San Franciscos grau gewordene Hippies und die globalisierungs28 I eigentmlich frei kritischen Workshops aus L.A. auf Kubas Schwarzmrkten Bcher von Carlos Marx und Fderico Engels kaufen, und damit, ohne es zu wollen, Kuba ein bisschen kapitalistischer machen! Zum schon etablierten Sex sells knnte so noch ein ganz spezifischer Standortvorteil kommen: Socialism sells. Die Betreiber der Webseite Che-Mart.com vermuten ohnehin, dass Che Guevara seinen Tod nur inszeniert hat, heute in Miami lebt und sich eine goldene Nase verdient, indem er dummen weien Mittelstandskindern TShirts mit seinem Portrt verkauft. Und fr den Fall, dass das alles noch nicht ausreicht, hat John Blundell vom britischen Institute of Economic Affairs bereits einen Vorschlag gemacht. Eine kleine westliche Enklave gibt es schlielich noch im Tropensozialismus: Guantnamo Bay. Und ausgerechnet da zeigt der Westen sich von seiner hsslichsten Seite. Anstatt eines Ortes, an dem castro-kubanische Haftbedingungen noch unterboten werden, knnte doch dort auch ein Freihandelshafen im Stile von Hongkong entstehen. Blundell meint, die geographischen Bedingungen seien zwar miserabel, aber lngst nicht so schlecht wie die von Hongkong. Wie wre das, wenn neben Wellblechhtten demnchst glserne Trme in den Himmel ragen wrden, und nicht McCastros, sondern Filetsteaks serviert wrden? Ein solches Gebilde wre kein bis an die Zhne bewaffneter militrischer Bully, sondern etwas, was den Caudillos der Welt seit jeher viel mehr Angst eingejagt hat: Eine Einladung zum Vergleich. Diesen sichtbaren Vergleich zu verbauen war schlielich das Ziel der Architekten der Berliner Mauer. KubaRomantiker bei uns wrden sich schwertun, wenn sie erklren mssten, warum die Todesstrafe ntig sei fr Leute, die vom Nordwesten in den Sdosten ihrer Insel ziehen mchten. Und Kubas Machthaber mssten so viele Ressourcen dafr aufwenden, die Grenze zu bewachen, dass der Rest vielleicht unbehelligt Schwarzmarktgeschften nachgehen knnte. Dann wrde man mglicherweise auch irgendwann einmal einem kubanischen Rucksacktouristen in den Backpacker-Hostels von Berlin, London und New York ber den Weg laufen. Schlecht wre das nicht, denn er knnte seinen dortigen Mitbewohnern erklren, wen diese da eigentlich auf ihren T-Shirts so mit sich herumtragen.

Kristian Niemietz: Jg. 1980, VWL-Student an der Humboldt-Uni in Berlin. Nr. 68 I Dezember 2006

Von Fidel zu Raul

Das Elend geht weiter


ber die Revolution der Generle
von Martin Lessenthin
Der Autor ist Sprecher des Vorstandes der Internationalen Gesellschaft fr Menschenrechte (IGFM). Web: www.igfm.de (dort finden sich auch umfassende Kuba-Dokumentationen)

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Seit 47 Jahren herrschen die Castro-Brder Fidel und Raul auf Kuba. Commandantes und Generle fhren bis heute den Staat, selbst mter wie das des Tourismus-, Hochschuloder Gesundheitsministers werden von Generlen bekleidet. Zwei Generationen von Kubanern kennen nichts anderes als Angst vor Uniformierten und Spitzeln, Ausschaltung von Meinungsfreiheit, Lebensmittelkarten und Hunger, wirtschaftliche Not und Erziehung zum Hass gegen die imperialistischen Yankees. Das ist fr sie der erlebte Dauerzustand Revolution. Der gigantische Propagandaapparat der Regierung, die totale Militarisierung der Gesellschaft, die systematische Abschottung von Informationen, die sozialistische und paramilitrische Erziehung in Kindergrten, Schulen und Universitten, der Unterdrckungsapparat von Polizei und Staatssicherheitsdienst sowie nicht zuletzt die gewaltbereiten Revolutionskomitees der Kommunistischen Partei und die charismatische Persnlichkeit des Maximo Lider Fidel Castro sorgen fr den Bestand der revolutionren Gesellschaft. Alle Hoffnungen, die offiziell vorbergehende Machtbergabe Fidel Castros an seinen wenige Jahre jngeren Bruder Raul htte eine Besserung eingeleitet, sind Wunschdenken. Der kommissarische Regent Raul ist wie Fidel Comandante de la Revolucin. Raul, der sich ffentlich wie sein lterer Bruder fast immer in Kampfuniform zeigt, ist in besonderer Weise als Menschenrechtsverletzer profiliert. Er gilt als Eckpfeiler der kubanischen Militrdiktatur und war und ist fr den Demagogen Fidel immer der bereitwillig unauffllige Exekutor von politischen Verbrechen und Verfolgung gewesen. Nur eine Erkrankung von Raul oder eine andere pltzliche Verhinderung seiner kommissarischen Machtausbung knnten eine schnellere Entscheidung ber die Zukunft Kubas herbeifhren. Wenn dann in Kuba ein neues politisches Kapitel aufgeschlagen werden sollte, entscheiden die Trger der permanenten Revolution, die Generle und Spitzenfunktionre der Kommunistischen Partei, wer ihre geeignete neue Fhrungsfigur ist. Die Generle sind darauf vorbereitet, die Militrdiktatur mit Gewalt gegen das eigene Volk zu verteidigen. Sie wollen eine Gallionsfigur, die hilft, ihre Pfrnde zu sichern. Als Kandidaten werden Auenminister Roque und Parlamentsprsident Alarcon gehandelt. Dezember 2006 I Nr. 68

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Chronik eines angekndigten Todes

Machtbergabe rckwrts auf sowjetische Art


Und die quietschfidele Kuba-Manie westlicher Mainstream-Medien
von Humberto Fontova
Fr eigentmlich frei bersetzt aus dem Englischen von David Schah

Der Oberste Bruder Raul wird leider einen ebenbrtigen Ersatz fr das Regime seines entmachteten Bruders Fidel abgeben. Vieles spricht dafr, dass eigentlich Raul schon seit mehreren Jahren das operative Regierungsgeschft betreibt, whrend Fidel mehr die Rolle der exaltierten Galionsfigur spielt und des Chef-Charmeurs und Betrers auslndischer Promis, Wrdentrger, Historiker und vor allem Reporter. Die Nachfolge begann also nicht mit Fidels Krankenhauseinlieferung vor ein paar Wochen. Sie begann bereits mehrere Wochen zuvor, als die kubanische Presse Raul und dessen Generalsfreunde als Genies pries, zu vergleichen allenfalls mit Bill Gates. Bezeichnenderweise zog die internationale Presse daraus keine weiteren Rckschlsse, obwohl Raul sonst mehr im Schatten zu stehen pflegte. Die kubanische Presse hatte ihn und seine Gefolgsleute stets ignoriert. Kommunistische Regime machen Menschen zu Unpersonen, wenn sich deren politische Fortne dem Ende zuneigt. Dies passierte Trotzki nach der Machtbernahme Stalins, es passierte Stalin unter Chruschtschow und diesem unter Breschnew. Im Falle Kubas geschah etwas hnliches nur in umgekehrter Reihenfolge. Raul mutierte von einer Unperson zum ersten Staatsmann. Man muss dafr nicht die kubanische Propagandapresse lesen. Schauen Sie nur auf die New York Times, auf die Washington Post oder auf die London Times, auf El Pas oder auf den Spiegel und Sie werden viel ber Rauls mannigfaltige Talente und Tugenden erfahren. Fr viele Kuba-Beobachter war Rauls Auftauchen in der Presse ein eindeutiger Hinweis. Fidels Operation beschleunigte das ganze nur ein wenig. Es war klar, dass Fidels Zeit abgelaufen war, auch wenn es nun etwas schneller ging als erwartet. Die internationalen Medien haben eine lange Tradition darin, Castro wie trainierte Tubchen aus der Hand zu fressen. So auch der renommierte Journalist Ed Murrow von CBS, der zwar uerst kritisch gegenber dem Kommunistenfresser McCarthy war, die gleiche kritische Distanz aber gegenber Castro stets vermissen lie, so auch schon am 6. Februar 1959, als Castro bereits zehnmal mehr Menschen 30 I eigentmlich frei

aus politischen Grnden ins Gefngnis gesteckt hatte als das Vorgnger-Regime unter Batista. Und als Castro und Che Guevara sich anschickten, die totale Kollektivierung Kubas zu betreiben. Und diese Fidel-Hudelei ist noch lange nicht vorbei. Vor kurzem zollte die London Times dem Erbe von Fidel Castro Respekt. Diese Zeitung gilt als eine der weltweit klgsten und respektiertesten Zeitungen und gibt somit eine durchaus konservative Mainstream-Meinung ber Castro wieder. Castro weist einige wirkliche Errungenschaften auf, behauptet die London Times, die dem Medienzaren Rupert Murdoch gehrt. Unter Castros Herrschaft hat das verarmte karibische Eiland Gesundheits- und Erziehungssysteme geschaffen, um die sie weitaus wohlhabendere Nationen beneiden wrden. Und die Analphabetenquote liegt nunmehr fast bei Null. Von London bis Tokio, von Paris bis Bangkok, von New York bis Madrid diese Behauptung findet ihren Widerhall in fast jedem Pressebericht ber Castro. Daher an dieser Stelle ein paar Fakten: Tatschlich hatte das verarmte karibische Eiland im Jahre 1958 einen hheren Lebensstandard als Irland und sterreich, fast das doppelte Pro-Kopf-Einkommen von Spanien und Japan, mehr rzte und Zahnrzte pro Kopf als Grobritannien und eine niedrigere Kindersterblichkeit als Frankreich und Deutschland, nmlich die dreizehntniedrigste der Welt. Heute steht Kuba bei der Kindersterblichkeit an 24. Stelle und damit auf einem Spitzenplatz und das trotz der hchsten Abtreibungsrate der Hemisphre, was die Kindersterblichkeitsrate noch beschnigt. Verglichen mit dem Rest der Welt hat sich die kubanische Gesundheitsversorgung unter Castro also verschlechtert. Und ein Land, das frher eine groe Zahl europischer Einwanderer anzog, braucht nun Maschinengewehre, Wasserkanonen und Tigerhaie, um seine Bewohner von der Flucht abzuhalten, whrend etwa 100 Kilometer entfernt halbverhungerte Haitianer auch nicht einen Gedanken daran verschwenden, nach Kuba zu emigrieren. Im Jahr 1958 waren 80 Prozent der Kubaner alphabetisiert. Whrend seines Unabhngigkeitskriegs um die JahrNr. 68 I Dezember 2006

Sie mssten Orwell und Jefferson ebenso lesen drfen wie die fesselnden Weisheiten von Che.
hundertwende war Kuba ziemlich verwstet und verlor ein Viertel seiner Bevlkerung. Kubas Errungenschaften in Bezug auf nationalen Wohlstand, Gesundheit und Bildung begannen also nahe am Nullpunkt und vollzogen sich in einem kaum lngeren Zeitraum als Castros Machtzeitalter. Kann irgendjemand, der bei Verstand ist, behaupten, dass auf dieser Basis der Analphabetismus nicht binnen weniger Jahre htte verschwinden mssen? Ja, Kubaner mssten eigentlich nicht nur alphabetisiert sein, sondern auch gebildet, sie mssten George Orwell und Thomas Jefferson ebenso lesen drfen wie die fesselnden Weisheiten und die prikkelnde Prosa von Che Guevara, von der ich hier eine Kostprobe geben mchte: In dem Mae wie wir konkrete Erfolge auf einer theoretischen Ebene erzielen oder umgekehrt in dem Mae wie wir theoretische Schlsse breitgefcherter Art auf der Basis unserer konkreten Forschung ziehen werden wir einen wertvollen Beitrag sowohl zum Marxismus-Leninismus als auch fr die Sache der Menschheit geleistet haben. Ich zitiere diesen nach Sartres Charakterisierung Intellektuellen, diesen vollendetsten Menschen unserer Zeit wortwrtlich. Kubas Gefngnisse sind nicht seine einzigen Folterkammern. Mit solchen Leseaufgaben qualifizieren sich Kubas Klassenrume durchaus fr eine Inspektion durch Amnesty International. Ohne Castro wre Kubas vollstndige Alphabetisierung wahrscheinlich genau so schnell erfolgt und das ohne Erschieungskommandos und Massengrber. Und auch ohne eine Rate von politischen Hftlingen, die hher ist als die unter Stalin. Viele lateinamerikanische Lnder, die 1958 eine viel niedrigere Alphabetisierungsquote hatten als Kuba, haben es doch ebenso geschafft.

Termine: Freie Tage im Dezember


Berlin, 1. Dezember: Die Renaissance der Irokesen in der Politischen Theorie. Libertre Perspektiven auf indigene Selbstverwaltung im 21. Jahrhundert. Info: www.bibliothekderfreien.de Berlin, 3. Dezember: Verleihung des Gerhard-Lwenthal-Preises fr Journalisten an Thomas Paulwitz und Elisabeth Noelle-Neumann. Info: www.gerhard-loewenthal-preis.de. Berlin, 5. Dezember: Der GULag. Vortrag von Anne Applebaum (USA) in der Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus. Info: www.gedenkbibliothek.de Berlin, 8. Dezember: Weihnachtsfeier des Instituts fr Unternehmerische Freiheit. Unter dem Weihnachtsbaum erwarten Sie Cocktails, Glhwein und ein festliches Buffet. Dazu unter anderem ein Vortrag von Sascha Tamm. Info: www.iuf-berlin.org Hamburg, 9. Dezember: Landesmitgliederversammlung und Weihnachtsfeier der Jungen Liberalen Hamburg. Info: www.julis-hh.de Hannover, 9. Dezember: Liberale Visionen, Grundlagen und Strmungen des Liberalismus. Tagesseminar unter anderem mit einem Referat von ef-Redaktionsbeirat Hardy Bouillon zum Thema Libertrer Anarchismus Grundthesen und Strmungen. Info: www.fnst.org Saarbrcken, 9. Dezember: Weihnachtsfeier der Julis Saar. Info: www.julis-saar.de Frankfurt, 10. Dezember: Bedrohte Christen im Nahen Osten. IGFM-Seminar zum Tag der Menschenrechte. Info: www.igfm.de Hamburg, 11. Dezember: Der solidarische Zulassungsverzicht. Weisen die rzte einen Weg aus dem Sozialstaats-Irrsinn? Diskussion des Liberalen Netzwerks mit ef-Kolumnist Carlos A. Gebauer. Info: www.libnet.de Bremen, 13. Dezember: Weihnachtsfeier der Jungen Liberalen Bremen. Info: www.julis-bremen.de Mnchen, 14. Dezember: Weihnachtsfeier des FDPStadtverbandes Mnchen. Im Hofbruhaus. Info: www.fdp-muenchen.de Berlin, 16. Dezember: Weihnachtsfeier der Jungen Liberalen Berlin. Info: www.julis-berlin.de Nrnberg, 20. Dezember: Norbert Hoerst: Ethik und Interesse. Abendveranstaltung mit Georg Batz. Info: www.thomas-dehler-stiftung.de www.ef-magazin.de I 31

Humberto Fontova: Der kubanischstmmige US-Historiker ist Autor des Buches Fidel: Hollywoods Favorite Tyrant, in dem er sich kritisch mit der Castro-Begeisterung und -verharmlosung in den USA auseinandersetzt. Die fr ef leicht gekrzte bersetzung des vorstehenden Artikels basiert auf einem am 16. August 2006 bei Lew Rockwell (www.lewrockwell.com) erschienenen Beitrag. Dezember 2006 I Nr. 68

TIef

ef-SCHWERPUNKT

Kuba-Lobby in Deutschland

Sozialisten haben kein Bacard-Feeling


Warum die Freunde Castros ihren HO-Tee lieber ohne Rum trinken
von Francesca Martinelli
Foto von Francesca Martinelli

Che Guevara ist in. Immer mehr junge Leute laufen mit seinem Konterfei auf der Brust durch die Hauptstdte Europas. In Berlin vor allem in solchen Bezirken, in denen SPD, PDS, Grne und WASG drei von vier Stimmen erhalten. Ausgerechnet Che Guevara, der erst die Revolution auf Kuba blutrnstig vorantrieb und dann Homosexuelle zu Hunderten ins Lager sperren lie. Dennoch: Der kubanische Revolutionsfhrer gehrt genauso zur linken Folklore 32 I eigentmlich frei

wie das Gedenken an Rudolf Hess zur rechten. Mit dem Unterschied, dass die Groindustrie die linke Variante des Totalitarismus inzwischen fr sich als Werbeikone entdeckt hat und damit wirbt. Swatch fordert auf mit Ches Konterfei verzierten Plakaten: Viva la revolucion! Aber die Zentrale aller wirklichen Kuba-Fans befindet sich nicht etwa am Prenzlauer Berg, sondern im grobrgerlichen Bezirk Wilmersdorf. In der Berliner Strae 161 sitzt die Tropicana Touristik GmbH. Das Reisebro organisiert Spezialreisen in die Karibik fr Leute, die bis 1991 treu zu Moskau hielten und sich seitdem auch reisetechnisch umorientieren mssen. Ende November zum Beispiel brach mit Untersttzung von Tropicana eine Reisegruppe zu einer zweiwchigen Rundreise auf. Der Anlass war der 80. Geburtstag von Fidel Castro und der 50. Jahrestag der Landung der Granma - dem Schiff, auf dem Castro fr seine Revolution zurckkehrte auf Kuba. Mit von der Partie waren Dutzende von Kuba-Freunden aus Deutschland. Sie sind im Durchschnitt fast so alt wie der Revolutionsfhrer selbst und wohnen mehrheitlich in den neuen Bundeslndern. Im Osten hat Solidaritt mit Kuba Tradition. Auf der Karibikinsel knnen Menschen und ihre Rechte noch so sehr mit den Fssen getreten werden solange dort noch die Partei herrscht, ist Kritik unangebracht. Die PDSLinkspartei hat eigens einen Arbeitskreis namens Cuba S eingerichtet, in der jeder auer Faschisten, versteht sich mitarbeiten kann. Fr diese wichtige politische Arbeit hat die Partei obendrein zwei hauptamtliche Mitarbeiter abgestellt, welche die Castro-Propaganda hier wie dort unter die Leute bringen sollen. Cuba S verwaltet Spendengelder aus Solidarittskampagnen, die voll steuerlich absetzbar sind. Oder man trifft sich vor Ort zur lokalen Castro-Fiesta. Es gibt 31 Regionalgruppen, davon 24 im Osten. Ein Herzensanliegen der Gruppe ist der Kampf gegen Bacard, den laut Herstellerangaben meistgetrunkenen Rum der Welt. Mit einer betrgerischen Werbekampagne werde nmlich vorgegaukelt, es handele sich um ein kubanisches Produkt. Klagen die Freunde von Gysis bunter Truppe. 1958 ist die ursprnglich kubanische Firma auer Landes gegangen. Bacard hat seitdem seinen offiziellen Sitz auf Nr. 68 I Dezember 2006

Whrend die Linkspartei Schwche zeigte, stnde die NPD hinter dem kubanischen Regime.
den Bahamas. Wie gemein, sagt Cuba S, von dem bsen Unternehmen, dass es sich einfach nicht widerstandslos von Castro enteignen lie! Wer htte gedacht, dass der Kampf von Rot-Grn gegen Alcopops eigentlich gegen allzu USfreundliche Exilkubaner gefhrt wurde? Anfang des Jahres kam es innerhalb der Linkspartei dann zu einer Kuba-Krise. Das Europaparlament hatte den Sacharow-Preis den Damen in Wei zugesprochen, einer kubanischen Oppositionsgruppe, die sich fr die Freilassung von Gefangenen einsetzt. Die Frauen konnten wegen eines Reiseverbots ihrer Regierung den Preis jedoch nicht entgegennehmen, was das Parlament zu einer Resolution veranlasste, in der die uneingeschrnkte Achtung der Grundfreiheiten und insbesondere der Meinungs- und Versammlungsfreiheit gefordert wurde. Als einzige PDS-Abgeordnete stimmte Sarah Wagenknecht gegen diese Instrumentalisierung von Menschenrechten. Drei Parteifreunde aber, Andr Brie, Gabi Zimmer und Helmuth Markov, stimmten dafr. Und prompt kam es in der Partei zum Volksaufstand in fester Solidaritt zum Castro-Regime. Eine Frischzellenzufuhr erhlt die Fraktion der glhenden Castro-Fans nun auch aus einer anderen Partei: Der NPD-Vordenker Jrgen Gansel, parteiprominenter Landtagsabgeordneter in Sachsen, griff nmlich die Position der PDS-Basis auf und warf den Abtrnnigen um Andr Brie vor, nurmehr rotlackierte Kuscheltierchen zu sein. Whrend nmlich die Linkspartei Treueschwche zeigte, stnde die NPD wie ein Mann hinter dem kubanischen Regime. Oder in den Worten von Gansel: Seien zumindest wir Nationalisten solidarisch mit Venezuela, dem Iran und Kuba und streiten fr ihr Recht auf Integritt. Alles was die US-Globalisten schwcht, strkt Europa und seine vlkerbewussten Krfte. Caracas, Teheran, Havanna und Dresden was fr eine Achse! Und eigentlich sind diese vier Destinationen wie geschaffen fr eine rotbraune Weltreise. Buchungen nimmt das Tropicana-Reisebro gerne entgegen.

Bisherige Interviewpartner und Autoren


Ahmad Al-Sadi, Bernd Anders, William Anderson, Daniel Baader, Roland Baader, James Bacque, Joscha Bach, Philipp Bagus, John P. Barlow, Bernhard Bartmann, Georg Batz, Bernhard Bauhofer, Gabriele Becker, Joachim Bell, Sabine Beppler-Spahl, Kristof Berking, Hans-Georg Beuter, Robert James Bidinotto, Stefan Blankertz, Christoph Blocher, David Boaz, Grard Bkenkamp, Horst E. Bttcher, Meike Bohn, Thorsten Boiger, Dirk van den Boom, Andreas Born, Fabio Bossi, Donald J. Boudreaux, Hardy Bouillon, Falko Bozicevic, Victor Brailovsky, Naomi Braun-Ferenczi, Franz-Josef Breyer, Wolfgang Britz, Mathias Brckers, Harry Browne, Andreas von Blow, Sven Burghard, Petr Bystron, Doug Casey, Sauvik Chakraverti, Ulrich Clauss, Wolfram Clau, Lauren A. Colby, Kyla Cole, Raul Costales, Martin van Creveld, Sophie Dannenberg, Ragnar Danneskjld, Erich Dauenhauer, Arndt Deckers, Hossein Derakhshan, Reinhard Deutsch, Claus Diem, Marianne Diem (geb. Brcker), Alexander Dilger, Thomas J. DiLorenzo, Detmar Doering, Alexander Drrbecker, Wolf Doleys, Christian Dorn, drchaos, Jochen S. Dreixler, Armin Dreyer, Jrg Drieselmann, Natalia Dueholm, Peter Duesberg, Sky du Mont, Denis Dutton, Jan Edel, Philipp Egert, Torsten Engelbrecht, Rainer Erkens, Oliver Ernst, Wolfgang Eschenau, Michael D. Eschner, Florian A. Euring, Susanne Faatz, Anders Fager, Ralf Fischer, Werner Fischer, Lydia Fla, Kurt Fleming, Humberto Fontova, Harald Frank, Dirk Freyling, Oskar Freysinger, David D. Friedman, Milton Friedman, Edgar Grtner, Carlos A. Gebauer, Manuel Gebhard, Jrgen Gerlach, Ronald Glser, Fritz Goergen, Ren A. Grgens, Paul Gottfried, Marianne Gruer, Hans-Wolff Graf, Gerhard Grasruck, Mark Barney Greenway, Hans Ulrich Gresch, Robert Griese, Robert Grzinger, Jrn Grunert, Reinhard Gnzel, Gerd Habermann, Werner Michael Habermehl, Lothar Hnsch, Gnter Hannich, Karl-August Hansen, Christoph Hartmann, Bernd Haug, Wolfgang Haug, Gerd Heidemann, Gunnar Heinsohn, Gerhard Heinzmann, Christina Hei, Henning Helmhusen, Claude A. Hemmer, Hans-Olaf Henkel, Dietmar-Dominik Hennig, Sabine Herold, Oliver Heuler, Gregor Hochreiter, Arne Hoffmann, Christian Hoffmann, Frank Hoffmann, Rainer Hoffmann, Alexander Markus Homes, Hans-Hermann Hoppe, Werner Hoyer, Jrg Guido Hlsmann, Karl Immler, Benedikt Jger, Kai Jger, Ronnie Jansen, Jrg Janssen, Anthony de Jasay, Marc D. Joffe, Winny de Jong, Christian Joswig, Martin Jungbluth, Wladimir Kaminer, Wolfgang Kasper, Michael Kastner, Volker Kempf, Katja Kipping, Richard Klasen, Thomas Klein, Ulrich Klemm, Marian Klepper, Hans-Helmuth Kntter, Claus Khnlein, Olaf Kolbrck, Stefan Kopp, Janusz Korwin-Mikke, Ellen Kositza, Markus Kratzwald, Hermann Kraus, Ulrike Kraut, Hans Krech, Robert Kreft, Tanja Krienen, Simon Kromer, Franz Kromka, Gtz Kubitschek, Andreas Khn, Ildik von Krthy, Hans-Joachim Kuhl, Thor Kunkel, Sebastian Kwiatkowski, Otto Graf Lambsdorff, Fredo Lange, Bernd A. Laska, Klaus D. Leciejewski, Vera Lengsfeld, Norbert Lennartz, Martin Lessenthin, Kurt R. Leube, Roland Leuschel, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Andr F. Lichtschlag, Axel Lieber, Christian Lindner, Lazarus Long, Michael Ludwig, Thomas Lckerath, Christophe Maillard, Francesca Martinelli, Martin Matz, Dirk Maxeiner, Wendy McElroy, Jens P. Meiners, Till Meiners, Felix Menzel, Michael Merkl, Nico Metten, Stefan Metzeler, Wilfried Meyer, Harald Michalski, Michael Miersch, Philipp Mifelder, Jrgen W. Mllemann, Martin Mller, Robert Momberg, Oliver van der Mond, Vera Mong, Christian Sebastian Moser, Ulrich Motte, Thomas Mller, Wolfgang Mller (Die Tdliche Doris), Wolfgang Mller (IUF), Karl Nagel, Torsten Nahm, Robert Nef, Tobias Nesemann, Cajus Marian Netzer, Barb Neumann, Kristian Niemietz, Torben Niehr, Johan Norberg, Claus Nordbruch, Michael van Notten, Vadim Novikov, Manuel Ochsenreiter, Olaf Oelsen, Kelly Patricia OMeara, Marc-Felix Otto, Constantin Papaspyratos, Juliane Paperlein, Jim Peron, Manuel Peters, Stephan Pfaffenzeller, Karin PfeifferStolz, Balthasar Pferdefreund, Roland Pimpl, Philip Plickert, Sergey Popolsin, Virginia Postrel, Christopher Preble, Peter J. Preusse, Michael von Prollius, Daniel Quadt, Oliver C. Racke, Gerard Radnitzky, Alfred Reimann, Karl Reinold, George Reisman, Ingo Resch, F. Roland A. Richter, Timo Rieg, Florian Riegler, Eva Riehm-Gnther, Llewellyn H. Rockwell Jr., Marcel Roele, Bettina Rhl, Mauricio Rojas, Yuri Romanow, Markus Roscher, Kaspar Rosenbaum, Thomas Rudolf, Bernhard Ruetz, Rudolph Rummel, Jeffrey B. Russell, Gregor Salmen, Franz Sammler, Ramon Schack, Thomas Schfer, David Schah, Wolfgang Scheide, Frank Schelling, Frank Schilbach, Karl Horst Schirbort, Arthur Schler, Ilja Schmelzer, Alban Schmid, Ingo Schmitt, Friedrich Schneider, Helge Schneider, Marcus Schneider, Gnter M. Schnitzer, Torsten Schoeneberg, Markus Schnherr, Roland Scholz, Caspar von Schrenck-Notzing, Jrg Schlke, Josef Schlburner, Adalbert Schwalb, Gerhard Schwarz, Chris Matthew Sciabarra, James Seaberg, Stefan Sedlaczek, Frank Seibert, Stefan Sekowski, Hans-Joachim Selenz, Hans F. Sennholz, Sascha Settegast, Sven Oliver Severini, James Shikwati, Manuela Sieber, Jacek Sierpinski, S. Fred Singer, Gunnar Sohn, Bernd Spth, Josef Spitz, Christoph Sprich, Reinhard K. Sprenger, Nick Spurrell, Beda Stadler, Richard P. Statler, Dieter Stein, Hannes Stein, Joachim Steinhfel, Uwe Steinhoff, Klaus Stemmler, Reinhard Stiebler, Matthias Still, Herbert Stolle, Roger Strathausen, Karl Stritzinger, Helmut Stcher, Philipp Sudholt, Walter Swoboda, Rahim Taghizadegan, Patrizia Tambasco, Sascha Tamm, Andreas W. Tauber, Burkhard Tautges, Jerry Taylor, Team Mehr Freiheit, Andreas Thngen, Uwe Timm, Dominik Tischleder, Peter Tpfer, Irina Tschanzewa, Bjrn Tscheridse, Halil Ibrahim Trkdogan, Gunnar Uldall, Andreas Ullrich, Gerlinde Unverzagt, Heinrich Vetter, Chris Vigelius, Claus Vogt, Udo Voigt, Bernd Volkhardt, Jana Voosen, Verena Wachnitz, Roland Wagner, Georg Wilhelm Wahnschaffe, Hansjrg Walther, Erich Weede, Peter Wei, Volkmar Weiss, Rolf Weitkunat, Gtz Wiedenroth, Reinhard Wiesemann, Ulrich Wille, Angelika Willig, Bettina Winsemann (Twister), Andreas K. Winterberger, Michael Wrle, Manfred Woite, Gerhard Woitzik, Stanislaw Wojtera, Michael E. Wolf, Bodo Wnsch, Claus Wunderlich, Alexander Zach, Johannes Zimmermann, John Zube.

Francesca Martinelli: Jahrgang 1979, hat Germanistik in Berlin studiert und arbeitet als freie Autorin in ihrer Heimatstadt Rom. Dezember 2006 I Nr. 68

www.ef-magazin.de I 33

TRefFER

ef-MEDIENKRITIK

Aus der Welt von Werbung und Medien

Aufgeschnappt
Die monatliche Aufschau
von Richard P Statler .
Foto von Pixelquelle.de I Der Autor, geboren 1963 in Nrnberg, lebt als Unternehmensberater in Amsterdam.

Zum Jahresende soll diese Kolumne ein Bild von der Zukunft der Medien zeichnen. Nicht aus technologischer Sicht, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt der Staatsferne und -freiheit. Denn die Entwicklungen der vergangenen Monate und Wochen bisweilen an dieser Stelle eigentmlich frei aufgeschnappt geben Anlass, gerade hier grte Aufmerksamkeit walten zu lassen. Am Ende der Zusammenfhrung dreier Entwicklungsstrnge steht ein mediales Horrorszenario. Aber auch ein digitaler Hoffnungsschimmer. 1. Akt: Gefhrliche Zeiten Die privaten klassischen Medien, also Fernsehen, Radio, Zeitungen und Zeitschriften, machen schwere Zeiten durch. Die Mediennutzung der Menschen ndert sich, Stichwort Internet. Dadurch brechen nicht nur Vertriebserlse weg, sondern auch die Werbeeinnahmen wandern ab. Und die Politik erschwert das Geschft zustzlich durch die schleichende Einfhrung immer neuer Werbeverbote, meist unter dem Deckmantel des Gesundheits- und Umweltschutzes. Ganz nach dem Motto: Die Menschen drfen zwar Parteien whlen, aber keine Zigarettenmarke. Jetzt hat der Bundestag in vorauseilendem Gehorsam gegenber der EU ef hat an dieser Stelle immer wieder ber die jahrelangen Hintergrnde dieses Streits berichtet weitere Verbote beschlossen: Knftig wird Tabakwerbung nahezu in allen Medien untersagt sein. Und die nchsten Verbote sind schon in der Pipeline. Es beginnt wie immer mit ersten Einschrnkungen (Alkohol) und Vorschriften (Lebensmittel, Swaren, Autos) und endet mit Verboten. Mit jeder Regulierungsstufe werden die Medien um Einnahmen in Millionenhhe geprellt. 2. Akt: Retter in der Not In der vergangenen ef-Ausgabe wurde skizziert, wie bereits in wenigen Jahren ein neuer Star am Steuerhimmel aufsteigen knnte: die Mediensteuer. Am Anfang steht die GEZ-Zwangsgebhr, die das ist bereits heute abzusehen in eine Empfangsgerte-unabhngige Haushaltsabgabe umgewandelt wird. Sptestens dann werden die privaten Rundfunksender, die bisher von der GEZ keinen Cent erhalten, neue Begehrlichkeiten formulieren. Besonders deshalb, weil ihre Werbeeinnahmen versiegen. Mit derselben Begrndung treten auch die Zeitungs- und Zeitschriften34 I eigentmlich frei

verleger auf den Plan. Auch ihnen steht das Wasser bis zum Hals, auch sie wollen ein paar Prozente von der schnen neuen Mediensteuer. Weder das Bundesverfassungsgericht noch die Politik, die auch hier von dreisten Kompromissen zulasten Dritter lebt, werden sich der fatalen Logik dieser Argumente verweigern knnen. Ergebnis: Auch die privaten Sender und die Printmedien werden von der Mediensteuer profitieren. Und damit die Traditionsschmarotzer ARD/ZDF keine absoluten Einbuen erleiden mssen, wird die Steuer erstmal krftig erhht zur Sicherung der Medienvielfalt und Pressefreiheit. Und nun? Nun sind die ehemals privaten Mediengiganten abhngig von Subventionen; ihre Manager verlernen das Wirtschaften ohne die Staatsknete. Und dann? Dann kann die Politik Bedingungen formulieren, nach denen sie das Steuergeld an wohlgelittene Medien ausschttet. Utopie? Nein: In vielen Lndern erhalten Zeitungen seit langem staatliche Subventionen. Auf diese Weise kann der Staat die Medienlandschaft in seinem Sinne verzerren, ohne wie unpopulr! direkt zensierend eingreifen zu mssen. 3. Akt: berraschung Auch einen alternativen Weg, ihr Geschft in schwierigen Zeiten zu retten, verbaut der Staat den Medien: Fusionen und bernahmen. ef hat immer wieder ber kartellrechtlich untersagte innerdeutsche Merger berichtet, etwa im Fall der Berliner Zeitung oder zuletzt der Sendergruppe Pro Sieben Sat 1. Auch auslndischen Investoren soll das Leben knftig schwerer gemacht werden. Und stattdessen? Hier wrde es nicht verwundern, wenn Politiker in einigen Jahren offen ber staatliche Beteiligungen an der Schlsselbranche Medien diskutieren, siehe Airbus. Finale Wenn man die Akte 1 bis 3 zusammenzhlt, formiert sich das Bild einer Medienlandschaft am Gngelband der Politik. Eigentlich nicht nur fr Liberale ein Horrorszenario. Und doch gibt es Hoffnung: das Internet. Denn um im Web zu publizieren, braucht man weder teuren Druck noch Vertrieb, und die Werbeeinnahmen sprudeln sowieso. Soll sich die Politik also ruhig an den alten Medien abarbeiten die Entwicklung ist lngst weiter. In diesem Sinne: Auf ein gutes neues Medienjahr 2007! Nr. 68 I Dezember 2006

Marktanalyse

Hat die Rezession bereits begonnen?


Die monatliche Wirtschaftsweitsicht
von Claus Vogt
Der Autor, Jg. 1963, ist Leiter Research der Berliner Effektenbank. Zuletzt erschien von ihm: Roland Leuschel und Claus Vogt: Das Greenspan Dossier erhltlich ber Capitalista. An dieser Stelle wagt der Autor jeden Monat eine Brsenprognose.

Wie jeder Zeitungsleser wei, werden Rezessionen von den Volkswirten und Politikberatern niemals vorhergesagt. Und die groen Medien, allen voran das extrem staatstragende Fernsehen, folgen diesen Vorgaben. Anstatt die Realitt in ihrer ganzen Bandbreite mglichst objektiv darzustellen, werden regelrechte Tabuzonen geschaffen. Wer wenigstens einen kompletten Wirtschaftszyklus und die Berichterstattung darber bewusst miterlebt hat, kennt die einzelnen Kapitel des stets gleichen Drehbuchs: Leugnen der Fehlentwicklungen und Ungleichgewichte sowie Extrapolation des Aufschwungs; berraschte Zurkenntnisnahme nachlassender Wachstumsraten, die zunchst als bedeutungslose Wachstumsdelle dargestellt werden, dann aber in die Prognose einer sanften Landung mnden; berraschte Zurkenntnisnahme der Rezession, nachdem diese offiziell geworden ist und Prognose des nchsten Aufschwungs. Ich bin schon oft gefragt worden, warum das so ist. Schlielich zeigt die Wirtschaftsgeschichte doch, dass sanfte Landungen extrem seltene Ausnahmen sind. Meine Antwort: Die alten Religionen wurden durch eine tief wurzelnde Staatsglubigkeit ersetzt. Diese Staatsglubigkeit vernebelt die Sinne der Glubigen und ersetzt Analyse durch Wunschdenken. An den Weltfinanzmrkten bestimmen derzeit zwei riesige Wetten das Bild. Auf der einen Seite haben wir die Rentenmrkte, an denen seit einigen Monaten die Zinsen fallen. Hier wetten die Marktteilnehmer offensichtlich auf eine Rezession. Die seit Jahresmitte inverse US-Zinsstrukturkurve lsst an dieser Interpretation keinen Zweifel zu. Und in den vergangenen Wochen ist auch die europische Zinsstrukturkurve teilweise invers geworden. Auf der anderen Seite haben wir die haussierenden Aktienmrkte. Hier wird eindeutig auf eine sanfte Landung gewettet. Eine Rezession wrde nmlich zu dramatischen Einbrchen der Unternehmensgewinne fhren und eine Aktienbaisse auslsen. Nur einer dieser beiden Mrkte kann die Zukunft korrekt vorhergesagt haben, dem anderen steht eine herbe berraschung oder Ernchterung bevor. Welchem? Im Oktober ist die Zahl der Baubeginne in den USA im annualisierten Monatsvergleich um 14,6 Prozent gefallen. Das entspricht einer annualisierten Anzahl von 1,468 Millionen Baubeginnen. Im September waren es noch 1,74 Millionen. Im Jahresvergleich belief sich der Rckgang sogar auf 27,4 Prozent. In ersten ber Reuters verbreiteten Dezember 2006 I Nr. 68

Kommentaren wurde geradezu krampfhaft versucht, diese verheerende Entwicklung irgendwie schnzureden. Auerdem hie es, der Rckgang sei deutlicher als erwartet. Die wie blich befragten Volkswirte hatten mit einem Minus von nur 4,8 Prozent gerechnet. Meine regelmigen Leser wissen natrlich, dass diese Entwicklung alles andere als berraschend ist. Wie verheerend das Platzen groer Spekulationsblasen ist, sollte eigentlich jeder wissen, der die Jahre 2000 bis 2002 miterleben durfte. berraschend sind also hchstens die weit verbreitete Ignoranz und der Wille zum Schnreden aller konomischen Meldungen. Die Zahl der Baugenehmigungen ging um 6,3 Prozent auf annualisierte 1,535 Millionen zurck. Die Volkswirte hatten 1,625 Millionen prognostiziert. Im Vergleich zum Oktober 2005 betrgt der Rckgang der Baugenehmigungen 28 Prozent. Diese Zahlen sollten bei jedem, der sehen und vor allem nachdenken will, zumindest leichte Zweifel hervorrufen an der weit verbreiteten Hypothese einer sanften Landung. Die groe US-Immobilienblase platzt. Stellen Sie sich auf die typischen Folgen einer platzenden Blase ein: Rezession und Baisse an den Aktienmrkten. Aufgrund der dramatisch schlechten Zahlen vom US-Immobilienmarkt halte ich es sogar fr mglich, dass die Rezession bereits begonnen hat. Wissen werden wir das allerdings erst in einigen Monaten. Auf zweierlei mchte ich Sie noch aufmerksam machen. Erstens sind die durch die Immobilienblase hervorgerufenen wirtschaftlichen Ungleichgewichte deutlich grer als die der Aktienblase Ende der 90er. Und der Immobilienmarkt hat eine sehr viel grere gesamtwirtschaftliche Bedeutung als der Aktienmarkt. Auerdem wurden die negativen volkswirtschaftlichen Effekte der geplatzten Aktienblase durch das Aufpumpen der Immobilienblase aufgefangen. Insofern ist die Lage heute sehr viel prekrer als vor sechs Jahren. Zweitens gibt es aus Sicht der Fundamentalanalyse keinen Zweifel daran, dass es im Jahr 2000 an den Aktienmrkten zahlreiche Sektoren gab, die attraktiv bewertet waren. Dazu gehrten der Rohstoffsektor sowie kleine und mittlere Unternehmen auerhalb des Technologiebereichs. Das ist heute anders. Zwar reicht die fundamentale Bewertung der Aktienmrkte nicht an das vllig absurde Niveau des Jahres 2000 heran. Dafr sind heute aber alle Marktsegmente gleichermaen berbewertet. www.ef-magazin.de I 35

efFIZIENZ

ef-WIRTSCHAFT

Denker der Freiheit

Zum Tod von Milton Friedman


Am 16. November verstarb im Alter von 94 Jahren einer der ganz Groen
von Kurt R. Leube

Wenn auch der Versuch, Milton Friedmans riesiges Werk auf zwei knappen Seiten zu wrdigen, hnlich vermessen erscheinen muss wie die Niagaraflle mit einem Bierkrug einzufangen (Burton), darf dies zum Tod dieses groen Wissenschaftlers dennoch gewagt werden. Milton Friedman wurde am 31. Juli 1912 in New York als viertes Kind in eine Familie osteuropischer Einwanderer geboren und wuchs in Rahway, einer der trostlosen Industrievorstdte New Yorks in bitterer Armut heran. Nachdem er schon frh seinen Vater verloren hatte, musste er durch Gelegenheitsarbeiten nicht nur seine Familie versorgen, sondern auch seine Schulausbildung finanzieren. Ein mageres Stipendium, das ihm seiner analytischen Begabung wegen gewhrt wurde, erlaubte ihm ein Mathematikstudium an der Rutgers University. Von dort wurde er mit einem ebenso bescheidenen Zuschuss an die University of Chicago zum Studium der Wirtschaftswissenschaften weiter empfohlen. Die Publikation seiner Dissertation, von der er sich endlich eine deutliche Verbesserung seiner finanziellen Not erwartet hatte, wurde allerdings wegen der darin enthaltenen Aufdeckung ihrer unlauteren Monopolpraktiken durch die U.S.-Medizin-Lobby von 1935 bis 1945 unterbunden. Knapp 25jhrig ging Friedman ans National Bureau of Economic Research und wurde dort mit den empirischen Untersuchungen zur US-Einkommens- und Konsumstruktur betraut. 1938 heiratete er Rose Director, seine Studienkollegin aus Chicago. Sechzig Jahre spter verffentlichten sie ihre gemeinsame Biographie: Two Lucky People (1998). Im Krieg arbeitete Milton Friedman als Mathematiker bei der Munitionsproduktion und formulierte dort erstmals seine statistische Technik, die nach dem Krieg als sequential sampling bekannt und einflussreich wurde. 1946 kehrte er nach Chicago zurck und blieb dort, bis er als Mitbegrnder der berhmten Chicago School of Economics 1976 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Seit 1978 arbeitete er als Research Fellow an der Hoover Institution in Stanford und lebte in San Francisco. Friedmans wissenschaftlicher Ruhm beruht in der Hauptsache auf seinen einflussreichen Arbeiten zur Konsumtheorie, zur Geldtheorie, auf seiner Theorie der natrlichen Rate der Arbeitslosigkeit und auf seinem nicht ganz unumstrittenen methodologischen Ansatz, der im Wesentlichen auf Sir 36 I eigentmlich frei

Karl R. Popper zurckgeht. Der Nutzen einer Theorie ist fr Friedman nur durch deren Voraussage- und Kontrollkraft bestimmt, wobei die Realittsnhe von Annahmen fr deren Gltigkeit unerheblich ist. Der einzige Test einer Theorie oder Hypothese ist daher deren Fhigkeit, falsifizierbare Voraussagen ber bisher noch nicht beobachtete Phnomene zu liefern. In seinem bahnbrechenden Buch A Theory of the Consumption Function (1957) fhrte er die Begriffe des permanenten und transitorischen Einkommens ein und wies empirisch nach, dass sich Konsumgewohnheiten trotz variierender Einkommen kaum verndern. Etwa zur gleichen Zeit gelang ihm die Neuformulierung der Quantittstheorie des Geldes. Geld ist hier als Vermgensmastab unter Einschluss von Realkapital, Humankapital oder Geldsubstituten definiert und bezieht die Erwartungshaltung bei Kaufkraftabnahme als Gre in die Gleichung ein. Galten bei Keynes Zinsen und Nachfrage nach Vermgenswerten noch als wichtige Determinanten wirtschaftlicher Ttigkeit, so bt bei Friedman das Geld direkten Einfluss auf die Wirtschaft aus. Friedman gelingt hier die gedankliche Integration von Wohlstand und Einkommen als Einflsse auf das Konsumverhalten. Whrend die Lehre noch eine stabile Wechselwirkung zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit annahm und der Wirtschaftspolitik daher nur die Wahl zwischen niedriger Arbeitslosigkeit bei hherer Inflationsrate, oder hherer Arbeitslosigkeit bei geringerer Inflation lie, wies Friedman schon 1961 nach, dass dieser trade off nur eine Illusion ist. In seinem Essay The Role of Monetary Policy (1961) unterzog er die Thesen, der freie Markt wre nicht nur unfhig, Arbeitslosigkeit und Preisstabilitt gleichzeitig zu gewhrleisten, sondern Arbeitslosigkeit und Depression knnten nur durch vermehrte Staatsausgaben berwunden werden, einer vernichtenden Kritik. Ein hherer Beschftigungsstand kann nicht generell durch Inflation erkauft werden. Vielmehr kann lediglich unerwartete Inflation temporr zu geringerer Arbeitslosigkeit fhren. Sobald allerdings auf Arbeitgeberseite dem Output keine Erhhung der relativen Nachfrage, sondern nur ein allgemeiner Preisanstieg gegenbersteht und die Arbeitnehmerseite den Kaufkraftverlust der Lhne zu spren beginnt, wird die Arbeitslosigkeit wieder auf das vor-inflationre Niveau zurckkehren. Arbeitslosigkeit kann daher nur mit immer Nr. 68 I Dezember 2006

efFIZIENZ

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Hier weist Friedman nach, dass aller Wahlversprechen zum Trotz selbst die ehrlichsten Politiker hilflos im Netz zwischen Privilegien, Brokratie und der nchsten Wahlwerbung hngen bleiben.
greren Dosen unerwarteter Inflation unter diesem Niveau gehalten werden. 1962 erschien Friedmans einflussreicher Klassiker Capitalism and Freedom (deutsch: Kapitalismus und Freiheit) und im selben Jahr wurde er zum Prsidenten der Mont Plerin Society gewhlt, die Friedrich August von Hayek 1947 in der Schweiz gegrndet hatte. Mit seinem Werk A Monetary History of the United States. 1867-1960 (1963) gelang ihm (gemeinsam mit Anna J. Schwartz) die Zerstrung eines weiteren Dogmas: Friedman wies hier nach, dass die groe Depression der frhen 30er Jahre in den USA weder durch Unterkonsumption noch durch das Versagen des kapitalistischen Systems verursacht wurde. Vielmehr lste die rasante Verringerung der Geldmenge wie auch das Versumnis der Finanzbehrden, die dringende Liquidittserhhung durchzufhren, die katastrophalen Bankzusammenbrche, den Preisverfall und die exzessive Arbeitslosigkeit in den USA aus. Sein grndlich missverstandener und wohl deshalb hufig zitierter Aufsatz ber The Social Responsibility of Business (1970), sein erfolgreicher Aufruf zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, seine wchentlichen Newsweek-Artikel, besonders aber sein Interview im damals noch anrchigen Playboy (1973) brachten ihn in akademischen Misskredit. 1974 verffentlichte er die geldund wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen seines Systems, die als Monetarismus bekannt wurden. Reichlich verwssert wurde dies ab 1979 im Thatcherismus und von den Reaganomics angewandt. Nach Friedman sollte bei gleichzeitigem Abbau der Staatsttigkeit die durch die Notenbank kontrollierte Geldmenge nie strker wachsen als die Produktivitt der Wirtschaft im selben Zeitraum zunimmt. Lngst berfllig und trotz weltweiter Proteste wurde Friedman 1976 der Nobelpreis verliehen. In seinem Festvortrag definierte er die natrliche Rate der Arbeitslosigkeit als die niedrigste, die ohne unerwartete oder beschleunigte Inflation erreicht werden kann. Fr ihn muss jeder Versuch, Arbeitslosigkeit durch Vermehrung der Geldmenge unter diese natrliche Rate zu drcken, an beschleunigter Inflation scheitern. Gemeinsam mit seiner Frau publizierte er 1980 den internationalen Bestseller Free to Choose, der zu einer sehr erfolgreichen Fernsehserie ber die Ideen der freien Marktwirtschaft wurde. Dieses Buch erschien kurz danach auch in deutscher bersetzung. Kaum vier Jahre spter erschien ein weiterer Bestseller, The Tyranny of the Status Quo, in dem Friedman nachweist, dass aller Wahlversprechen zum Trotz selbst die ehrlichsten Politiker nach ersten Anfangserfolgen bereits neun Monate nach ihrem Amtsantritt hilflos im Netz zwischen Privilegien, Brokratie und der nchsten Wahlwerbung hngenbleiben. Dezember 2006 I Nr. 68 Nach ungefhr 40 Bchern und rund 600 Aufstzen zhlte Friedman zu den originellsten und einflussreichsten Wirtschaftswissenschaftlern unserer Zeit. Sein Ruf als unumstrittenes Haupt der Chicago School of Economics, als Nobelpreistrger, Berater und als eloquenter Vertreter des freien Marktes bleibt Legion. Den wohl besten Zugang zu seinem gesamten Werk bietet das erfolgreiche Buch The Essence of Friedman (1986). Milton Friedman verstarb am 16. November in einem Krankenhaus in San Francisco an Herzversagen. Er wurde 94 Jahre alt. Friedman hinterlsst seine Frau Rose, mit der er zahlreiche Bcher gemeinsam verfasst hat, sowie die Tochter Janet, den Sohn David und zahlreiche Enkel und Urenkel.

Kurt R. Leube: Research Fellow an der Hoover Institution, Stanford University, und ECAEF, Vaduz. Denker der Freiheit: Lysander Spooner in ef 1, 2; Ayn Rand in ef 3; Albert J. Nock in ef 4, 5; Fabrizio De Andr in ef 5, 6; Max Stirner in ef 6; Julian L. Simon in ef 8; Wilhelm Reich in ef 9; Benjamin R. Tucker in ef 10; James Madison in ef 13; Karl R. Popper in ef 14; Ludwig von Mises in ef 15; Richard Cobden in ef 16; Frdric Bastiat in ef 16; Kurt Zube in ef 19; Robert Nozick in ef 22; Friedrich August von Hayek in ef 24; Thomas von Aquin in ef 26; Hans F. Sennholz in ef 26; Milton Friedman in ef 27; Peter T. Bauer in ef 28; Rainer Werner Fabinder in ef 32; Hannah Arendt in ef 35; John Henry Mackay in ef 35; Jrgen W. Mllemann in ef 36; Clint Eastwood in ef 37; Adam Weishaupt in ef 38; Helge Schneider in ef 38; Murray N. Rothbard in ef 39; Edmund Burke in ef 43; Wilhelm Rpke in ef 44; Ronald Reagan in ef 44; Nicols Gmez Dvila in ef 45; Lord Acton in ef 46; Jesus Christus in ef 48; Charles Murray in ef 51; Friedrich Schiller in ef 52; Friedrich Nietzsche in ef 53; Alexis de Tocqueville in ef 54; Gottfried von Haberler in ef 55; Immanuel Kant in ef 56; Hans-Hermann Hoppe in ef 59; Gerard Radnitzky in ef 60; Chris Tame in ef 62; Carl Menger in ef 63; James J. Hill in ef 64; Walter Hirt in ef 66. www.ef-magazin.de I 37

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Dokumentation

Zum 90. Geburtstag von Milton Friedman


Wiederabdruck der Hommage aus dem Jahre 2002 in eigentmlich frei
von Wolfgang Scheide
Foto von University of Chicago

Milton Friedman (1912-2006) Am 31. Juli feierte einer der bekanntesten Freiheitsdenker seinen 90. Geburtstag: der konomie-Nobelpreistrger Milton Friedman. Fr den Spiegel ist Friedman einer der umstrittensten Wirtschaftstheoretiker des vergangenen Jahrhunderts, fr den Chef der US-Notenbank, Alan Greenspan, ist der frhere Berater der US-Prsidenten Nixon und Reagan hingegen der bedeutendste Volkswirt des 20. und mglicherweise auch des 21. Jahrhunderts. Auch US-Prsident Bush wrdigte im Mai dieses Jahres die Lebensleistung von Friedman auf einem Empfang 38 I eigentmlich frei

im Weien Haus, wobei er unter anderem folgendes ausfhrte: Er hat seinen brillanten Verstand genutzt, um eine Vision zu befrdern: Die Vision einer Gesellschaft, in der Mnner und Frauen frei sind, frei zu whlen, wo aber die Regierung nicht so frei ist, sich ber diese Entscheidungen hinwegzusetzen. Milton Friedman hat uns gezeigt, dass wenn die Regierung versucht, ihre eigenen Entscheidungen anstelle der von freien Menschen zu setzen, die Ergebnisse gewhnlicherweise desastrs sind. Im Gegensatz zur unsichtbaren Hand des freien Marktes, die das Leben der Menschen verbessert, trampelt der unsichtbare Fu der Regierung auf den Hoffnungen der Menschen und zerstrt ihre Trume. Er hat nie behauptet, dass freie Mrkte perfekt seien. Doch hat er demonstriert, dass sogar nicht perfekte Mrkte bessere Resultate produzieren als arrogante Experten und habgierige Brokraten. Aber Milton Friedman lehnt Staatskontrollen nicht nur deshalb ab, weil sie ineffektiv sind. Seine tieferen Einwnde entspringen einem moralischen Prinzip. Er hat uns gelehrt, dass ein System der freien Marktwirtschaft seine hauptschliche Rechtfertigung aus seiner moralischen Strke gewinnt. Menschliche Freiheit dient der Sache der menschlichen Wrde. Als er seine Arbeit begann, sah die konventionelle Weisheit die Zeit des Kapitalismus als abgelaufen an. Marktwirtschaftliche Systeme, dachte man, seien unpassend fr moderne Probleme. Heute erkennen wir, dass freie Mrkte die groen Motoren der konomischen Entwicklung sind. Sie sind die Quelle des Reichtums und die Hoffnung auf eine Welt ohne Armut und ohne Unterdrckung. Wir haben die Ideen von Milton Friedman in der Praxis in Chile gesehen, wo eine Gruppe, die Chicago-Boys genannt wurde, die Inflation unter Kontrolle brachte und den Grundstein legte fr einen konomischen Erfolg. Wir haben sie in der Praxis in Russland gesehen, wo die Regierung krzlich einen einheitlichen Steuersatz von 13 Prozent festgelegt hat mit beeindrukkenden Resultaten. Sicherlich muss man bedauernd oder erleichtert, je nach weltanschaulicher Orientierung feststellen, dass Milton Friedman kein Markt-Anarchist ist, obwohl er hin und wieder mit dem Begriff Anarchismus kokettiert. Er selbst nennt sich einen libertarian oder classical liberal, wobei ihm diese Kategorisierungen allerdings nicht besonders wichtig sind. Milton Friedmans Sohn David, der im Gegensatz Nr. 68 I Dezember 2006

Jeder Deutsche arbeitet die Hlfte des Jahres fr den Staat. Ihr seid halbe Sklaven!
zu seinem Vater in eine anarchokapitalistische Richtung tendiert, fasst den Unterschied zwischen seiner Position und der seines Vaters folgendermaen zusammen: Ich denke, dass eine Gesellschaft mit privatem Eigentum und ohne Regierung vielleicht nicht funktionieren knnte, aber es wahrscheinlich wrde. Er glaubt, dass es funktionieren knnte, aber wahrscheinlich nicht wrde. Ein besonderes Interesse von Milton Friedman und seiner Frau Rose liegt im Bereich Bildung, wo sie ein System von Bildungsgutscheinen befrworten, die vom Staat finanziert werden, und die die Schler bei jeder Schule ihrer Wahl einlsen knnen. Diese Position ist im libertren Lager durchaus umstritten. Jacob G. Hornberger von der Future of Freedom Foundation bezeichnet ein derartiges System schlichtweg als ein weiteres gigantisches Wohlfahrtsprogramm. Aber wie immer man einzelne Konzeptionen von Milton Friedman auch bewerten mag, fr ihn gilt in besonderer Weise das, was sein Kollege George Sowell ber ihre gemeinsame Zunft feststellte: konomen sind Spielverderber und oft genug ungebetene Gste, weil sie den Brgern und den von ihnen gewhlten Politikern immer wieder die unangenehme Tatsache prsentieren, dass es kein kostenloses Mittagessen gibt. Irgendjemand muss das Men bezahlen. Fr alle deutschsprachigen Milton-Friedman-Fans hat der Eichborn-Verlag in diesen Tagen Friedmans Anfang der sechziger Jahre erschienenes Werk Capitalism and Freedom (deutsch: Kapitalismus und Freiheit) in einer deutschen bersetzung auf den Markt gebracht. Dass dies fr die BRD auerordentlich notwendig ist, beweisen Milton Friedmans eigene Worte in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt: Jeder Deutsche arbeitet die Hlfte des Jahres fr den Staat. Um es unverblmt zu sagen: Ihr seid halbe Sklaven! Mge der Spielverderber Milton Friedman uns noch lange erhalten bleiben. Wolfgang Scheide: Jahrgang 1955, Studium der Sozial- und Politikwissenschaften in Oldenburg und Hannover, Inhaber einer Versicherungsagentur in Delmenhorst/Niedersachsen. Betreibt heute 2006 unter anderem ein Internet-Tagebuch auf http://kapitalismus.blogg.de. Literatur: Milton Friedman: Kapitalismus und Freiheit erhltlich heute nur noch in einigen Restexemplaren exklusiv ber Capitalista (solange Vorrat reicht): 39,90 Euro. Best.-Nr.: 38218 39600 Dezember 2006 I Nr. 68

Libertre Stammtische
Aus vielen Teilen Deutschlands erhielten wir Nachricht, dass sich Menschen, die inmitten der neosozialistischen Republik nach liberalen und libertren Alternativen suchen, auch kennenlernen und austauschen mchten. Inzwischen haben sich viele Leser-Stammtische etabliert. Alle Ansprechpartner bitten um kurze Anmeldung vorab, da Termine manchmal ausfallen und hin und wieder auch verschoben werden. Wer einen weiteren Stammtisch grnden und an dieser Stelle bekanntgeben mchte, melde sich bitte beim Verlag. Libertrer Stammtisch Berlin Caf Stresemann, zweimal im Monat an einem Donnerstag, Beginn: 20:00 Uhr, Kontakt: Gernot Kieseritzky, [email protected] Libertrer Stammtisch Bonn Zebulon (Kneipe), Stockenstrae 17, jeden 1. Mittwoch im Monat, Beginn: 19:30 Uhr, Kontakt: David Schah, Tel. 0 1 73 / 8 51 74 62, [email protected] Libertrer Stammtisch Dsseldorf Brauhaus Albrecht, Niederkasseler Strasse 104, jeden 2. Donnerstag im Monat, Beginn: 19:00 Uhr, Kontakt: Ulrich Wille, Tel. 0162 / 9 26 40 05, [email protected] Libertrer Stammtisch Dresden (in Planung) Kontakt fr Interessenten: Thomas Klein, Tel. 0 3 51 / 4 21 66 18, [email protected] Libertrer Stammtisch Frankfurt am Main Bingelsstube, Bingelsweg 1 (Griesheim), jeden 2. und 4. Donnerstag im Monat, Beginn: 19:30 Uhr, Kontakt: Stefan Bosch, Tel. 0 6 41 / 3 64 03, [email protected] Libertrer Stammtisch Halle Cafe nt, Groe Ulrichstr. 31, jeden 2. Mittwoch im Monat, Beginn: 19:30 Uhr, Kontakt: Claus und Marianne Diem, Tel. 0 3 41 / 2 53 57 27, [email protected] Libertrer Stammtisch Hamburg Wechselnde Orte und Zeiten, Kontakt: Matthias Still, Tel. 0 40 / 69 21 39 78, [email protected] Libertrer Stammtisch Hannover (in Planung) Kontakt fr Interessenten: Olaf Witzmann, Tel. 0 5 11 / 83 02 53, [email protected] Libertrer Stammtisch Jena (in Planung), Kontakt fr Interessenten: Uwe Mischke, Tel. 0 1 76 / 22 28 19 28, [email protected] Libertrer Stammtisch Kln Caf Schmitz, Hansaring 98, jeden 3. Freitag im Monat, Beginn 19:30 Uhr, Kontakt: Nico Metten, Tel. 0 2 21 / 1 68 95 06, [email protected] Libertrer Stammtisch Konstanz Uni-Kneipe Die Arche, Universittsstrae 10, jeden 2. Dienstag im Monat, Beginn: 20:00 Uhr, Kontakt: Gary Merrett, Tel. 0 1 79 / 3 20 80 18, [email protected] Libertrer Stammtisch Mnchen Unionsbru, Einsteinstr. 42, jeden 1. Donnerstag im Monat, Beginn: 19:30 Uhr, Kontakt: Bodo Wnsch, Tel. 0 89 / 68 00 80 23, [email protected] Libertrer Stammtisch Mnster Caipiranja, Steinfurter Strae 11, jeden letzten Dienstag im Monat, Kontakt: Gregor Salmen Junior, Tel. 0 23 73 / 41 26, [email protected] Libertrer Stammtisch Nrnberg (in Planung), Kontakt fr Interessenten: Thorsten Boiger, Tel. 0 9 11 / 3 66 57 27, [email protected] Libertrer Stammtisch Stettin UPR, Grne Schanze 29, Stettin, jeden Dienstag, Beginn: 19:30 Uhr, Kontakt: Robert Kreft, Tel. 0 1 72 / 5 49 03 78, [email protected] Libertrer Stammtisch Stuttgart Kursaal-Restaurant, StuttgartBad Cannstatt, jeden 1. Freitag im Monat, Beginn: 19:30 Uhr, Kontakt: Dominik Hennig, Tel. 0 1 60 / 97 60 69 09, [email protected] Libertrer Stammtisch Tbingen Kontakt: Simon Kromer, Tel. 0 1 76 / 25 33 67 36, [email protected] Libertrer Stammtisch Zrich, Kontakt fr Interessenten: Christian Hoffmann, Tel. 0 1 72 / 9 32 26 05, [email protected]

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Deutschland ohne Bankgeheimnis

Erffnen Sie ein Konto in Zrich!


Wie der bedrohte Mittelstand sein Geld zu retten versucht
von Ronald Glser
Foto von Ronald Glser

Wer bringt warum sein Geld ins Ausland? Kapitalflucht aus Deutschland hat viele Grnde. Nicht nur Michael Schumacher und Freunde verlegen ihren Wohnsitz ins Ausland, kassieren ihre Honorare andernorts und erwerben Grundbesitz berall nur nicht in Deutschland. Auch die Mittelschicht sieht sich allerlei Unwgbarkeiten ausgesetzt. Lngst gibt es auch die Kapitalflucht der kleinen Leute. Es ist die Mittelschicht, um die es in der Unterschichten-Debatte wirklich geht. Sie hat Angst vor dem Abstieg. Angst davor, so zu enden wie die Bigmc mampfenden und kettenrauchenden Hartz-IV-Empfnger, bei denen die RTL-Supernanny manchmal zu Gast ist. Bevor der Begriff prekr fr die Unterschicht zur Anwendung kam, diente er dazu, Uni-Absolventen zu kennzeichnen, die sich von Praktikumsplatz zu Praktikumsplatz hangeln. Sie sind es, die heute 30-jhrigen, auf denen die ganze Verantwortung des Landes zu lasten scheint. Viele empfinden es jedenfalls so. Sie waren die Glckskinder einer gedankenverlorenen Welt, die glaubte den Wohlstand gepachtet zu haben fr alle Zeiten. Viele von ihnen bekommen nur Zeitvertrge und werden obendrein oft nur mager entlohnt. Gehalt nach Tarifvertrag klingt fr sie wie ein Wort aus einer afrikanischen Stammessprache. Sie beklagen sich dennoch nicht. Aber sie sollen auch noch die Rente der Alten erarbeiten, ohne selbst jemals eine zu erhalten. So viel steht heute schon fest. Wegen des demographischen Wandels. Und dazu dann die anderen Kosten fr einen Sozialstaat, der nur fr andere dazusein scheint. Das rgert viele. Hier ist eine ihrer Geschichten: Martina Scholz [Name wurde von der Redaktion gendert] lebt in Berlin und arbeitet als Drehbuchautorin. Die 31-jhrige ist Geisteswissenschaftlerin und hat zwei, drei gute Jahre hinter sich. Aber sie wei: Das kann sich schnell ndern. Als vor einem Jahr ihr Hauptauftraggeber, eine Filmproduktionsfirma im Dienste von Pro Sieben Sat1, pleite ging, war es nur einer Mischung aus Glck und guten Beziehungen zu verdanken, dass sie in einer anderen TV-Produktionsfirma in Potsdam-Babelsberg einen neuen Auftraggeber fand. Damals fragte sie sich: Was machst du, wenn du mal fr vier, fnf Monate keinen Auftraggeber hast? Frher war Sozialhilfe ein Schreckgespenst fr Leute wie sie. Aber 40 I eigentmlich frei

in so schwierigen Zeiten wie jetzt erscheint ihr Hartz IV als zeitweise Untersttzung pltzlich als eine reale Option. Als Selbstndige bekme sie kein Arbeitslosengeld. Sie wre gleich auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Sie msste eine Arbeitsagentur aufsuchen, was sie in ihrem Leben noch nicht gemacht hat. Bislang war das Amt, wo man Sttze holt fr sie eine No-Go-Area. Es ist Mitte November. Martina sitzt im Flugzeug nach Zrich. Sie musste frh aufstehen: Die Maschine startet um 6.35 Uhr. Martina hat einen Umschlag mit 10.000 Euro dabei. Sie schimpft auf den Staat: Letzten Monat habe ich ber 2.000 Euro Steuern gezahlt Umsatzsteuer, Nachzahlung der Einkommenssteuer fr 2004 und 2005 sowie Vorauszahlung fr 2006. Und wofr das alles? Fr Kriegseinstze vor der libanesischen Kste und fr Milliardengeschenke an Subventionsbetrger in der Groindustrie? Wenn Martina zur Arbeitsagentur ginge, dann msste sie erst ihre 10.000 Euro aufbrauchen, bevor sie die lppischen 345 Euro und die Miete vom Amt bezahlt bekme. Ich zahle Steuern ohne Ende, aber das Geld bekommen immer nur andere. Martina hat sich deswegen entschieden, ihr Geld erstmal in der Schweiz zu parken, wo deutsche Behrden nichts davon wissen. In Deutschland fragen die nmlich alle drei Monate bei Hartz-IV-Empfngern alle Konten ab. Seit es die Bundesagentur fr Finanzdienstleistungen (Bafin) und den faktischen Zugriff des Staates auf smtliche innerdeutschen Konten eines Brgers gibt, knnen Geldbestnde nur noch verheimlicht werden, wenn sie sich im Safe oder im Ausland befinden. Planmig landet Martinas Flugzeug um 8.00 Uhr. Sie hat keinen Safe. Und sie findet EU-Staaten zu unsicher: Wer wei schon, ob sich nicht auch bald sterreichische oder polnische Konten in der Reichweite des deutschen Sozialstaates befinden knnten? Dann schon lieber die Schweiz, resmiert sie. Die Reise kostet sie fr Hin- und Rckflug mit Airberlin gerade mal sechzig Euro. Die Fluggesellschaft wirbt sogar in einem Spot in den Maschinen damit: Erst wird London gezeigt, dazu der Satz: Gehen Sie shoppen in London! Dann Barcelona und: Erleben Sie das Flair der katalonischen Hauptstadt! Schlielich kommt Zrich und die Aufforderung: Erffnen Sie ein Konto! Nr. 68 I Dezember 2006

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Isabel Presa und Maria Paganini begren freundlich die Besucherin: Grezi, mchten Sie ein Konto erffnen? Zahlencodes angezeigt werden, mit denen sie sich online identifizieren kann. So wird der gesicherte Zugang mglich. Gesichert vor allem auch vor den Zugriffen der Bafin. Diese und die andere Post lsst Martina an ihren Bruder (der den gleichen Nachnamen trgt) schicken, damit nicht im falschen Moment bei ihr zu Hause ein Kontoauszug aus Zrich eintrifft. Maria Paganini von der Credit Suisse versichert ihr, dass nur ganz wenig Post kommt, die Abrechnung zum Jahresende eben. Fr grere Kapitalanleger gibt es auf dem Formular ein Kstchen, das neben dem Satz Ich mchte meine Korrespondenz banklagernd aufbewahren steht. Aber diese Option kostet 500 Franken jhrlich. Nach einer halben Stunde sind alle Unterschriften gettigt. Isabel Presa reicht Martina die Unterlagen. Und das ist Ihre provisorische Kontokarte. Gute Rckreise. Die Schweizer wissen ganz genau, dass die Leute nur wegen finanzieller Angelegenheiten eingeflogen kommen. Auch wenn es ihnen die Diskretion verbietet, ausfhrlich ber ihre Kunden zu sprechen. In der Bankfiliale geht es zu wie in einem Taubenschlag. Die ffnungszeiten sind uerst kundenfreundlich: 6 bis 22 Uhr. Martina geht noch einen Cappuccino trinken und schlendert durch den Duty-Free-Bereich des Flughafens. Um 10.45 Uhr sitzt sie bereits wieder im Flugzeug, das sie nach Berlin zurckbringt. Sie rgert sich ein bisschen, dass sie sich nicht besser vorbereitet hat, sagt sie. Aber was solls? Wichtig ist mir nur, dass ich nicht alles verliere, wenn ich mal kurzfristig in Schwierigkeiten kommen sollte. Dann geht es nicht um ein Prozent Zinsen mehr oder weniger, sondern darum, ob 100 Prozent weg sind oder nicht. Um 12.05 Uhr landet Martina in Berlin-Tegel. Deutschlands Volkswirtschaft sind an diesem Vormittag wieder 10.000 Euro entzogen worden, weil der Wohlfahrtsstaat die Leute erst arbeitslos macht und sie dann dazu drngt, ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Martina geht Mittagessen mit einer Freundin. Wie viele von ihrer Sorte sitzen wohl jeden Tag im Flugzeug nach Zrich?

Den Umschlag mit dem Bargeld brauchte Martina bei der Ausreise in Berlin nicht vorzuzeigen. Und wenn schon. 14.999 Euro sind erlaubt. Nur wer mehr bei sich fhrt, riskiert rger. Wenn ich 100.000 Euro ins Ausland zu bringen htte, wrde ich eine Woche Urlaub an der Schweizer Grenze machen und jeden Tag 14.000 Euro mit rbernehmen, denkt sie sich, als sie zum Hauptterminal fhrt. In diesem Zug innerhalb des Zricher Flughafens ertnen Gejodel und Kuhglocken. Auf die Scheiben wird ein Bild von Heidi projiziert. An der Einreisekontrolle whlt sie Punkt 8.20 Uhr den Ausgang Nothing to declare und befindet sich schwupps in der Schweiz. Erst dachte sie, sie msse einen langen Weg in die Zricher Innenstadt antreten. Weit gefehlt. Credit Suisse betreibt eine Filiale fr Kunden wie Martina direkt auf dem Flughafengelnde im Terminal II. Martina verlsst die Ankunftshalle und berquert eine Strae. Sie begibt sich in das Airport-Shopping-Gebude. Zwei Minuten spter steht sie vor der Credit SuisseFiliale. Isabel Presa begrt sie. Was knnen wir fr Sie tun? Ich mchte ein Konto erffnen und 10.000 Euro einzahlen. Es folgt ein etwa zehnmintiges Beratungsgesprch. Schon fllt Martina den Fragebogen aus. Sie hat sich fr das Anlagekonto Flex entschieden. Es kostet sechs Franken im Monat (rund vier Euro), weil sie Auslnderin ist. Das Konto wird auf Euro-Basis gefhrt und mit 1,25 Prozent verzinst. Von den nicht gerade ppigen Zinsen holt sich der Schweizer Staat 35 Prozent Zinsabschlagssteuer. Noch weniger wre es, wenn Martina das Konto auf Franken-Basis fhren wrde. Dann gbe es nur 0,625 Prozent Zinsen. Zudem fallen weitere Kosten an, wenn sie das Geld einzahlt. Die Schweizer nehmen ein Prozent Agio das tut natrlich weh. Martinas Kontostand wre nach Abzug der Gebhren selbst nach vier Jahren mit Zins und Zinseszins gerade mal um 43 Euro geklettert. Jeder Bankberater in Deutschland wrde ihr einen Vogel zeigen ein wahrlich schlechtes Geschft. Aber sie verfolgt ja keine Anlagestrategie, sondern sie will ihren Kapitalstock mittelfristig vor dem Zugriff des Staates schtzen. ber eine langfristige Geldanlage zerbricht sie sich im Moment weniger den Kopf. Ohne nennenswerte Zusatzkosten kann Martina auch ein Depot erffnen und lukrativere Anlagemglichkeiten suchen. Der Zugriff erfolgt ber das Internet. Zu diesem Zweck erhlt sie per Post mit den Unterlagen ein streichholzschachtelgroes Display, auf dem stndig wechselnde Dezember 2006 I Nr. 68

Ronald Glser: Jg. 1973, M.A. der Amerikanistik und BWL, FDP-Mitglied in Berlin. www.ef-magazin.de I 41

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Das Institut fr Unternehmerische Freiheit

Gegen die Weihnachtsmnner in der Politik


Spenden sind steuerlich abzugsfhig
von Wolfgang Mller
Der Autor ist Geschftsfhrer des IUF. Er war lange Jahre fr die Friedrich-Naumann-Stiftung im In- und Ausland ttig, zuletzt in der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach.

Es gibt wenige verlsslichere Einrichtungen als Weihnachten. Fr Kinder galt schon in jngsten Jahren unter dem Baum das Motto: Mehr ist besser. Und getreu dieser Regel gab es auch jedes Jahr mehr. Von den Eltern wurden Weihnachtsmnner eingesetzt, die die schne Illusion der Geschenke ohne Kosten noch verstrkten. Bei den Freunden mit Ostkontakt konnte man whrend dieser Tage DDRPltzchen essen, wobei der besondere Kick im wiederholten Probieren der DDR-Dominosteine lag, die so herrlich widerlich schmeckten. Aber so wie der (Alb-)Traum DDR einmal zu Ende gehen musste, wachten auch die Kinder auf, um zu merken, dass die Eltern nur das schenken konnten, was sie vorher gekauft hatten. Nach dieser Ernchterung spielte man munter weiter, aber jetzt immerhin mit dem Wissen, dass jedes Geschenk vorher bezahlt wird. Mit dem lterwerden gesellten sich zu dieser Erkenntnis weitere Beobachtungen, etwa dass die Welt nicht so gut und ehrlich ist oder dass auch fr den Staat Mehr ist besser gilt, nur dass dies gar nicht positiv zu sehen ist. Insbesondere Leser dieser Zeitschrift entdeckten zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Lebens, dass auch der Staat nur den Weihnachtsmann spielt und alle Gaben mit Gegenleistungen verbunden hat. Wer genauer hinschaute, merkte auch, dass er nicht nur doppelt und dreifach zur Kasse gebeten wird, sondern dass er auch gar nicht auf sein Geschenk verzichten kann. Auch wenn Postmaterialisten dem privaten Schenken entsagen, der Zwangsbeglckung durch den Staat entkommen sie dadurch nicht. Einmal dem staatlichen Treiben auf die Spur gekommen, stellt man schnell fest, dass seine Interventionen sich auf fast alle Bereiche des Lebens erstrecken. Die anfngliche Bestrzung ber das, was vom Lohne brigbleibt, wich der Sorge, was uns 614 Weihnachtsmnner in Berlin untersttzt von ihren Kollegen in den Lndern und Kommunen noch alles bescheren wollen. Wer fleiig die Nachrichten sieht, ist sicher, dass am Aufbau der DDR light, sofern sie nicht doch schon existiert, munter gearbeitet wird. Auch wenn nicht alles in der DDR schlecht war man konnte die Dominosteine ja ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen essen so hlt sich die Begeisterung darber in Grenzen. Wem jetzt noch nicht die Lust vergangen ist, der macht sich Gedanken, was man angesichts einer so groen Zahl wildgewordener Weihnachtsmnner machen kann. Die Al42 I eigentmlich frei

ternativen sind einfach: Ganz im alten Stile vieler unserer ehemaligen Brder und Schwestern gar nichts tun. Das ist der Rckzug ins Private, nur dieses Mal mit Reisefreiheit. Aber was kann man unternehmen, um den Trend zur DDR light umzukehren? Wie geht man vor, um der Politik zu signalisieren, dass der Interventionismus die Probleme schafft und nicht lst? Wie erreicht man, dass mit der Tradition der Einmischung und Bevormundung gebrochen und diese durch Freiheit und Eigenverantwortung ersetzt wird? Zur Beantwortung dieser Fragen hilft ein Blick nach Westen. Nach Grobritannien und in die USA. In beiden Lndern hatte man sich diese und hnliche Fragen bereits vor einigen Jahrzehnten gestellt. Denn auch dort triumphierte vor fnfzig Jahren der Interventionismus in einem Mae, das uns heute als unvorstellbar erscheint. hnlich der heutigen Situation in Deutschland gab es auch dort Menschen, die sich gegen den Mainstream stellten und fr die individuelle Freiheit eintraten. Im Unterschied zu heute hatten diese Personen keine Modelle, nach deren Muster sie Institutionen schaffen konnten, um sich mglichst erfolgreich fr die Freiheit einzusetzen. Dank der Initiative zahlreicher Personen, die sich persnlich dem Ziel einer freiheitlichen Gesellschaft verschrieben, bildeten sich in beiden Lndern mehrere free market think tanks, die eben genau diese Ziele erreichen wollten. Think Tanks, die in den letzten drei Jahrzehnten dann auch entscheidend auf die Politik eingewirkt haben. Dies war ihnen nur mglich dank der finanziellen Untersttzung durch Privatpersonen und Unternehmen, die ihnen die hierfr ntige Unabhngigkeit sicherten. So erhielt alleine das Washingtoner CATO-Institut im Jahr 2005 ber 20 Millionen US-Dollar an Spenden. Angesichts der deutschen Spendenkultur darf man gespannt sein, inwieweit in dieser Jahreszeit das IUF als Deutschlands einziger privat finanzierter free market think tank mit den groen dunklen Kinderaugen konkurrieren kann. Und am 8. Dezember 2006 ldt das IUF um 19 Uhr alle ef-Leser und deren Freunde herzlich ein. Dann findet dort nmlich die IUF-Weihnachtsfeier statt. Es kommt eben darauf an, was man daraus macht. Internet: Anmeldung zur Weihnachtsfeier und Spenden: www.iuf-berlin.org Nr. 68 I Dezember 2006

Internet

Eingeschnappt 2.0
Monatliche Webkolumne vom virtuellen Trffelschwein
von drchaos
Foto von drchaos I Der Autor erfand vor ber 20 Jahren unter einem Pseudonym das Internet und beglckt die Welt seitdem mit seinem zweifelhaften Weblog auf http://drchaos.dr.ag

Das Web 2.0 ist in aller Munde. Neben der Mglichkeit, naiven VC-Gebern Kapital fr innovative, aber nicht immer renditetrchtige Onlineangebote aus der Tasche zu ziehen, bietet es auch eine berwltigende Vielfalt mehr oder weniger lesenswerter Informationsangebote, die sogenannten Blogs oder Weblogs. ber ein eigenes Blog kann sich auch der technisch wenig versierte Netznutzer in wenigen Mausklicks vor einem Millionenpublikum blamieren oder aber Ruhm, Ehre und eine begeisterte Leserschaft einheimsen. Diese Kolumne berichtet ber beide Varianten. Bse Zungen definieren Weblogs als regelmig aktualisierte Sammlungen zweifelhafter Gedanken, die besser unverffentlicht geblieben wren. Und auch wenn diese Aussage vermutlich mehr als nur ein Krnchen Wahrheit enthalten drfte, macht es einfach einen Riesenspa, irgend ein Geschreibsel zu publizieren und dann darauf zu warten, dass irgendjemand aus Versehen auf einen der Links klickt, die man in tagelanger Kleinarbeit im ganzen Internet verteilt hat. Probieren Sie es aus! Erregen Sie Aufmerksamkeit! Ein znftiger Blogwar bereitet mindestens so viel Freude wie eine derbe Kneipenschlgerei, nur ohne das Risiko, blaue Flecken oder schlimmeres davonzutragen. Fr die ersten Schritte in der Blogosphre bentigen Sie lediglich einen Account bei einem der kostenlosen Bloganbieter, etwa Blogspot [1]. Jedoch gilt es vor der Einrichtung noch eine wichtige Entscheidung zu treffen, nmlich ob anonym oder unter Nennung des tatschlichen, vollen Namens gebloggt werden soll. Ersteres verschafft zwar einen erheblichen Glaubwrdigkeitsvorsprung, schrnkt andererseits aber auch die Auswahl der mglichen Themen ein. Denn es lsst sich kaum vermeiden, dass Bekannte, Chefs, Geschftspartner oder sogar die eigene Ehefrau Wind von Ihrem Onlineangebot bekommt. Und sofern Sie keine Lust haben, Ihre geheimsten sexuellen Vorlieben mit diesen Personen zu diskutieren, drfen Sie nicht darber bloggen, auch wenn der Verzicht auf Sex-Themen nebst passenden Illustrationen Sie 90 Prozent ihrer potentiellen Leserschaft kosten wird. Aber nicht verzweifeln, mit einem kleinen Kniff knnen Sie auch mit echtem Namen und felsenfestem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung eine ganze Menge Traffic erzeugen, der sich mit Hilfe von Werbenetzwerken wie AdSense [2] sogar in klingende Mnze Dezember 2006 I Nr. 68

verwandeln lsst. Und so geht es: Fllen Sie Ihr Weblog zunchst mit ein paar harmlosen Artikeln, damit es nicht mehr ganz so ungebraucht aussieht. Dabei knnen Sie ruhig mal den einen oder anderen kritischen Beitrag zu einem politischen Thema schreiben, aber niemals unter Verzicht auf eine gewisse Beliebigkeit und Ausgeglichenheit nach allen Seiten (orientieren Sie sich einfach an Reden von Guido Westerwelle). Denken Sie immer daran der Chef oder die Verwandtschaft lesen mit! So bekommen Sie schnell ein nettes, moderat liberales Weblog zusammen, um das Sie Ihre Freunde und Bekannten sicher beneiden werden nur wird es auer denen auch kaum jemand lesen. Um das zu ndern, verwenden Sie am besten eine Strategie, die unter Blogging-Profis als Braune Karte bekannt ist: Greifen Sie einen Beitrag irgeneiner populren Webseite, etwa ef-online [3] heraus, und werfen Sie dem Autor Antisemitismus, Rechtsradikalismus, mangelnde politische Korrektheit oder alles zusammen vor. Was tatschlich in dem angegriffenen Artikel steht, ist dabei vllig zweitrangig, Hauptsache jeder Leser sieht sofort, wie die aufrichtige Emprung eines anstndigen Demokraten aus jedem Absatz trieft. Drohen Sie zur Abrundung des Gesamteindrucks mit Kndigung Ihres ef-Abonnements das berzeugt selbst den letzten Zweifler. Und ob Sie die Drohung auch tatschlich wahrmachen, kann hinterher sowieso niemand kontrollieren. Nun bleibt als letzter Schritt nur, Ihre flammende Entrstung an mglichst populrer Stelle kundzutun hier hat sich neben dem Hinterlassen eines Kommentars oder eines sogenannten Trackbacks [4] das Abkippen eines Links im Freiheitsforum [5] bewhrt. Viel Spa beim Raufen! Und kommen Sie bitte nicht auf die Idee, eine ffentliche Kndigungsdrohung ausgerechnet mit diesem Artikel zu begrnden das wre nun wirklich zu durchsichtig. Dr. Chaos: Anregungen bitte an [email protected]. Internet: [1]: www.blogspot.com / [2]: adsense.google.de / [3]: www.ef-online.de / [4]: de.wikipedia.org/wiki/Trackback / [5]: www.freiheitsforum.de www.ef-magazin.de I 43

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I ef-KULTUR

Ayn Rand

Atlas Shrugged 2008 im Kino


Angelina Jolie spielt Dagny Taggart Deutschland weint und China lacht
von Naomi Braun-Ferenczi
Foto von Angelina Jolie Fanclub

An das Jahr 2008 werden AynRand-Fans sich wahrscheinlich noch lange zurckerinnern. Was noch vor einigen Monaten wie eine ferne Utopie geklungen htte, wird wohl bald Realitt: Die Verfilmung von Atlas Shrugged (deutsch: Wer ist John Galt?) mit der Crme de la Crme aus Hollywood. Angelina Jolie hat bereits zugesagt, die weibliche Hauptrolle, nmlich die eiserne Unternehmerin und Herzensbrecherin Dagny Taggart, zu spielen. Jolie gilt als langjhrige Verehrerin von Ayn Rand und hatte sich, wie brigens auch Sharon Stone, schon lange um diese Rolle bemht. Desweiteren ist Brad Pitt als Hank Rearden im Gesprch, doch gibt es hier noch keine offizielle Zusage. Darauf, dass Ayn Rand in Hollywoodkreisen eine ungeahnte Popularitt erfhrt, wies schon der Leiter der Atlas Society, James Bidinotto, in der letzten Ausgabe von eigentmlich frei hin. Nun hat meines Erachtens Angelina Jolie eine etwas zu frivole Ausstrahlung fr die Rolle der Dagny Taggart, die ja in erster Linie eine Unternehmerin mit Leib und Seele ist. Und die auf den ersten Blick fast geschlechtslos wirkt und ihre Weiblichkeit nur angesichts nahezu perfekter Gttergatten (ideal men) wie Francisco dAnconia, Hank Rearden und John Galt entdeckt. Vielleicht wrden Sandra Bullock oder Nicole Kidman, denen ebenfalls Rand-Affinitten nachgesagt werden, doch die berzeugenderen Dagnys abgeben. Das Drehbuch zu Atlas Shrugged wird der Hollywood-Veteran Randall Wallace schreiben, der auch die Skripte zu Braveheart, Der Mann mit der eisernen Maske und Pearl Harbour verfasst hatte. Wallace gilt schon lange als Freiheitsfreund und Vertreter eines radikalen Individualismus. Wer allerdings die Regie fhren wird, steht noch nicht fest, auch wenn es Befrchtungen gibt, dass der bis44 I eigentmlich frei

lang nicht gerade durch Kapitalismusfreundlichkeit aufgefallene Oliver Stone mit dieser Aufgabe betraut werden wird. Bereits im nchsten Jahr wird ein weiterer Meilenstein fr die Randhistoriographie zu feiern sein, nmlich das Erscheinen der chinesischen bersetzung von Atlas Shrugged. Offenbar sieht die chinesische KP die Werte von Ayn Rand nicht als Bedrohung fr die ffentliche Ordnung an, wenn sogar die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua wohlwollend ber die bersetzung des Rand-Hauptwerks ins Chinesische sowie ber das Filmprojekt mit Jolie schreibt. Chinesische Rand-Fans weisen in Internetforen darauf hin, dass das konfuzianische Arbeitsethos sowie der taoistische Individualismus durchaus nicht unkompatibel mit Rands Objektivismus seien. Und auch die Devise des Vaters des chinesischen Wirtschaftswunders, Deng Xiao Ping, klingt nicht ganz unobjektivistisch und unegoistisch: Werdet reich! Die Einstellung der chinesischen Behrden zu Ayn Rand wird sich mglicherweise aber dann ndern, wenn der Objektivismus in China hnlich populr sein wird wie die Falun-Gong-Sekte. Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass unter der mageblichen Mitwirkung einiger ausgemachter Rand-Anhnger die Verfilmung von Atlas Shrugged ein kleines Meisterwerk wird. Ein Film, der zumindest die Hauptbotschaft des kongenialen Romans beim Publikum ankommen lsst, nmlich dass die wahren Sulen der Gesellschaft nicht die Politiker, sondern die Unternehmer sind. Zumindest wird der Film ein bis dahin nicht dagewesenes weltweites Interesse an Ayn Rand und ihrer Philosophie auslsen, denn ein Film mit einer derart hochkartigen Starbesetzung wird hchstwahrscheinlich auch in den wichtigsten Weltsprachen synchronisiert werden auch auf deutsch und chinesisch. Natrlich wird der Film in Deutschland von taz bis Spiegel vllig verrissen werden. Das wird sich nicht einmal dann verhindern lassen, wenn man Gabor Steingart die Rolle des Schmierenjournalisten Bertram Scudder anbietet. In China dagegen wird der Film das Lebensgefhl der breiten Unternehmermassen treffen und dem Marxismus den letzten Garaus bereiten. Internet: http://en.wikipedia.org/wiki/Atlas_Shrugged Nr. 68 I Dezember 2006

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I ef-KULTUR

Unverschmt reiche Gedanken

Reichtum fr Libertre
Die monatliche antipolitisch unkorrekte Lebenshilfe eines Multi-Millionrs
von James Seaberg
Foto von James Seaberg I Der Autor, Jg. 1935, studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre in Frankfurt/M. und an der UC, Berkeley, CA. Er handelte mit Immobilien, Aktien, Rohstoffen und Edelmetallen. Dazu besa er eine Privatschule und zwei internationale Vermittlungsagenturen in den USA. Heute ist er Privatier und wohnt in Miami und London.

Libertre stehen fr Eigentum und Freiheit und wenden sich gegen Ausbeutung und Gngelei. Das prdisponiert sie grundstzlich, viel wohlhabender oder sogar reicher zu werden als Sozialisten, politische Ignoranten und Mitlufer allgemein akzeptierter Ideen. Die groe Mehrheit der Menschen liegt immer falsch, wenn es um Fragen der Politik, Volkswirtschaft, Geldanlagen oder Spekulation geht. Die groe Mehrheit glaubt etwa, dass man Gold kaufen sollte, wenn der Stern einen Schwerpunktartikel mit Titelbild ber dieses Metall bringt. Libertre sind da viel kritischer. Sie sind nher an der Wahrheit. Sie versuchen, den Ideologien auszuweichen. Sie suchen die Wahrheit inmitten von Lgen und Ignoranz. Die Wahrheit ist mchtig und berzeugend, wenn man sie erkennt. Meist ist die Wahrheit tief verborgen und man muss sie suchen. Die geringe berzeugungskraft der Lgen wird wettgemacht durch ihre pompse Reprsentation in prchtigen Regierungspalsten, Kirchen, Fahnen, lauten und oft wiederholten Predigten und politischen Reden mit leeren Versprechungen. Lgen haben viel mehr Mikrophone und Kameras als Wahrheiten. Mit Lgen lassen sich riesige Vermgen anhufen oder ein Millionrsleben fhren, ohne echte Leistungen fr Kunden erbringen zu mssen. Libertre sind als Politiker ganz und gar ungeeignet. Ihnen bleibt also nur der Weg der Wahrheit. Und der fhrt ber richtige Entscheidungen sicherer zum Erfolg als der Leidensweg der verwirrten glubigen Schafherde, die frher oder spter ihr Vermgen in der nchsten groen Inflation, Whrungsreform oder sonstigen Enteignungen verliert. Am Ende verliert die Mehrheit ihr Leben dann oft viel zu frh mit einer Staatsmedizin, welche die Krankheit verwaltet anstatt sich um die Gesundheit zu sorgen. Und in Kriegen ihrer Regierungen fr Frieden, Freiheit, Demokratie oder andere hehre Ziele. Libertre knnen sich von Propagandalgen weitestgehend freihalten. Sie knnen daher reicher werden als die Ideologiebedrftigen. Der Libertre kann sein Vermgen vor der Totalkonfiskation des Staates retten, indem er es nie in Bundesschtzchen, sondern eher in physisch gehaltenem Gold anlegt. Er glaubt gegenwrtig nicht mehr an positiven Realzins nach Abzug von Steuern und wirklicher im Gegensatz zur verffentlichten Inflation, sondern an Wertsteigerung. Vor allem glaubt er an sich selbst. Dezember 2006 I Nr. 68

Ein zustzlicher Ansporn fr Libertre, reich zu werden, sollte in der Fhigkeit liegen, grere Zuwendungen etwa an Institute wie das Ludwig von Mises Institute in Auburn, USA, oder an freiheitsfrdernde Organe wie das Magazin eigentmlich frei machen zu knnen. Es gengt auf lange Sicht nmlich nicht, die Wahrheit zu kennen. Man muss ihr auch in der ffentlichkeit zum Durchbruch verhelfen. Das Drucken von Magazinen, Anmieten von Mikrophonen, Lautsprechern und Kameras, das Organisieren von Veranstaltungen all das kostet Geld. Die Wahrheit, auf sich allein gestellt, verkauft sich schlecht. Weil sie unbequem ist. Also muss sie aktiv verkauft werden. Sie muss in den Markt gedrckt werden. Diese Anstrengung ist teuer. Reiche Libertre schaffen das finanziell besser als arme. Reiche Libertre knnten auch ein Vorbild sein fr aufstrebende junge Menschen, beweisen sie doch, dass eigenes Denken und zielstrebiges Handeln zu Erfolg fhrt. Vor allem aber macht es viel mehr Spa, reich und gesund zu sein als arm und krank.

www.ef-magazin.de I 45

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I ef-KULTUR

Serie: Die besten Auswanderungsziele

Tschechien Willkommen im ABBA-Land


Und: Sie sollten Kneipen mgen!
von Petr Bystron
Der Autor ist tschechischer Staatsbrger. Tschechien belegt Platz 17 der besten Auswanderungsziele [siehe ef 63].

Falls Sie sich mit dem Gedanken tragen, nach Tschechien auszuwandern, sollten Sie ABBA gut vertragen. Und Queen. Und (ja, es kommt noch schlimmer) Karel Gott, Helenka Vondrackova und Hanka Zagorova. Diese Bande fllt bereits auf deutschem Boden ber Sie her. Es reicht, dass sich Ihr Autoradio auf Sendersuche begibt, whrend Sie sich der tschechischen Grenze nhern. Egal welchen Sender Ihr Radio erwischt, innerhalb von fnf Minuten landen Sie in den musikalischen 80ern. Sie bereisen ein postkommunistisches Land. In den ersten Jahren nach der Wende war Tschechien der Musterschler unter den Reformlndern in Mitteleuropa. Unter der Fhrung des damaligen Premierministers Klaus hatte das Land die hchsten auslndischen Investitionen pro Kopf, die niedrigste Arbeitslosigkeit und das grte Wachstum in der Region. Heute, nach acht Jahren sozialdemokratischer Regierungen, ist auch Tschechien bei einer historischen Rekordverschuldung angelangt. Aber keine Angst: Klaus ist jetzt tschechischer Prsident und nebenbei noch Ehrenvorsitzender der ODS. Die ODS ist seit ihrer Grndung eine stark wirtschaftsliberale Partei. Und abwechselnd mit den Sozialdemokraten die strkste Partei im Lande. Immerhin: Kennen Sie ein anderes Land in Europa, in dem die Liberalen zwei Wahlperioden hintereinander als strkste Kraft die Regierung gestellt haben? So wie die Tschechen whlen, so sind sie auch: Die einen fleiig, liberal, offen, fr eine Marktwirtschaft ohne Adjektive. Die anderen bequem bis faul und daran gewhnt, dass der Staat alles regelt. Und alle hegen eine sentimentale Liebe zu den 80ern. Fr die einen war es die Zeit, in der sie nicht besonders viel arbeiten mussten und trotzdem genauso viel verdienten wie die anderen. Der Job war zwar langweilig, dafr aber sicher. Den Skoda gabs zwar nicht immer in allen Farben auf Lager, aber man musste auf ihn nicht zehn Jahre warten wie auf den Trabi in der DDR. Sparte man ein bisschen, oder dealte man mit Fremdwhrungen, konnte man sich im Tuzex (Devisenladen) sogar einen Fiat Uno

in Gold-metallic kaufen. Fr fnf Jahresgehlter eines Arztes. Heute ist der Fiat bereits fr zwei Jahresgehlter eines Durchschnittstschechen zu haben, genauso wie der Skoda. Es geht allen besser, das bestreitet kaum jemand. Es sei denn, der Ortsvorsitzende der Kommunistischen Partei. Aber die Sorglosigkeit ist dahin. Diese spezielle Stimmung einer Gesellschaft im letzten Stadium vor ihrem Kollaps. Diese seltsame Mischung kollektiver Unfreiheit und kleiner privater Freiheiten, einer enormen sozialen Sicherheit und der Frustration ber die Unmglichkeit der Selbstverwirklichung. Und hier setzt der kollektive Erinnerungsoptimismus der Tschechen ein: Ertnt ABBA, denkt man an die unbeschwerten Zeiten im Sozialismus. An die nchtlichen Saufgelage, die lockeren Seitensprnge (siehe Kundera), die groe Freude ber die kleinen Geschenke aus dem Westen. Natrlich spielte der staatliche Rundfunk damals nicht die Originale aus dem Westen. Aber die Vondrackovas, Zagorovas und Gotts beglckten die Werkttigen mit banalen tschechischen Texten zu den Klngen der westlichen Hits. Ihre Fans hren bis heute lieber deren Versionen als die Originale. Die anderen genieen es, dass Sie nun Queen nicht mehr nur von geschmuggelten Cassetten aus dem Westen hren knnen und drehen das Radio beim Original krftig auf. Glauben Sie nicht, Sie knnten dem entgehen! In jeder Kneipe, in jedem Geschft, in der Stadt genauso wie in der Pampa, das Radio drhnt berall. Wenn Sie das lnger als drei Wochen aushalten, knnen Sie bleiben und die schnen Dinge in diesem Land genieen. Die Hotovky zum Beispiel: Speisen, die nur zwischen 11.00 und 15.00 Uhr gereicht werden und deren Preise sich zwischen zwei und vier Euro bewegen. Sauerbraten, Schweinebraten, Ente, Gulasch das sind die Standards der bhmischen Kche. Natrlich mit leichten, duftenden, heien Serviettenkndeln serviert. Und das Bier! Pilsner, Budweiser, Staropramen, Radegast und eine Reihe kleiner lokaler

Biermarken machen es den Tschechen leicht, regelmig den hchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Bier weltweit zu erreichen (um die 140 Liter). Sie ahnen es schon: das gesellschaftliche Leben spielt sich zum groen Teil in der Hospoda (Kneipe) ab. Hier knpfen Sie Kontakte, treffen Menschen, die Ihnen beim Hausbau helfen oder das Auto reparieren. Seien Sie jedoch auf der Hut! Als Nemec (Deutscher) werden Sie zuerst als Goldesel angesehen. Der freundliche tschechische Nachbar hilft Ihnen gerne, sich von der Last des Geldes zu befreien. Erst wenn Ihnen in der Kneipe geklautes Baumaterial zur Hlfte des Grohandelspreises angeboten wird, sind Sie angekommen.Whrend Sie sich ber die Rigipsplatten zu zwei Euro fnzig das Stck freuen und Ihr Glck mit einem weiteren Budvar vom Fass fr fnfzig Cent das halbe Liter runtersplen, verprasst Ihre Frau vielleicht Ihr Geld bei Tesco, Carrefour oder Delvita. Die westlichen Konzerne hielten in Tschechien Einzug und freuen sich ber ein Ladenschlussgesetz, welches die ffnungszeiten mit dem Satz regelt, dass jeder seinen Laden ffnen kann, wann er will. So weit wie heute noch zumeist in Deutschland, waren die Tschechen schon Ende der 80er. Damals fhrten nmlich die Kommunisten die Vecerkas ein Lden, die bis 20.00 Uhr aufhaben durften. Doch aus 20.00 Uhr wurde schnell 21.00 Uhr und nach der Wende gabs kein Halten mehr: Der Tscheche shoppt 24/7. So knnen Sie auch um drei Uhr in der Nacht in den berdimensionalen Regalen von Tesco nach Alka Selzer fr den Kater am nchsten Morgen suchen. Wenn Sie dabei denken, Sie htten Halluzinationen, nur weil die Tesco-Angestellten in ihren blauen Uniformen pltzlich auf Rollerblades zu berlauten Klngen von Iron Maiden aus den Lautsprechern an der Decke an Ihnen vorbeisausen, bleiben Sie cool. Es heit nmlich nichts anderes, als dass der Marktleiter nach Hause gegangen ist und die zurckgelassene Mannschaft dem ABBATerror des ganzen Tages fr ein paar Minuten entfliehen will.

46 I eigentmlich frei

Nr. 68 I Dezember 2006

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I ef-KULTUR

Serie: Die besten Auswanderungsziele

Italien isse niche mehr viele Bambini da


Aber das Klima und das Essen bleibt va bene
von Thorsten Boiger
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur von eigentmlich frei. Italien belegt Platz 27 der besten Auswanderungsziele [siehe ef 63].

Italien zu kaum einem anderen Land besitzen die Deutschen seit jeher eine so innige Bindung wie zu den Mittelmeeranrainern auf der stiefelfrmigen Halbinsel. ber tausend Jahre gemeinsame Geschichte, vom Rmischen Reich bis zur napoleonischen Epoche, haben eine enge Verbundenheit begrndet. Die deutsche Bewunderung fr den italienischen Lebensstil, das Dolce Vita, sowie die Begeisterung fr die italienische Mode und die kulinarische Ausnahmestellung der Sdlnder haben ein briges dazu beigetragen, dass Italien fr die Deutschen, von Goethe bis Schrder, ein beliebtes Reiseziel ist. Gerade als Altersruhesitz ist das Land angesichts seines gemigt-warmen Wetters auch bei Auswanderern hoch im Kurs. Was aber hat Bella Italia, das bei der AuswanderungsWM anders als im Fuball lediglich einen enttuschenden Platz 27 von 32 erreicht hat, fr den Freiheitsfreund zu bieten? Die Zahlen zeichnen ein dsteres Bild: Mit einer Staatsverschuldung von deutlich ber 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (die man gleichwohl nicht berbewerten sollte, da letztlich im Zeitalter des Euro ohnehin nur das europische Gesamtbild zhlt) liegt Italien auf einem wenig rhmlichen zweiten Rang hinter Japan Ausdruck vor allem der gnzlichen politischen Instabilitt der italienischen Nachkriegsdemokratie. Die aktuelle Regierung des parteilosen konomen und ehemaligen EU-Kommissionsprsidenten Romano Prodi, eine zusammengewrfelte, fragile Koalition, die von Kommunisten bis Christdemokraten reicht, ist die sage und schreibe 59. Regierung der letzten 60 Jahre. Dabei hat sich die politische Landschaft weitgehend gewandelt: Der alte Konflikt zwischen Marxisten und Katholiken ist seit den 70ern zunehmend einem etatistischen Einheitsbrei gewichen, erst durchbrochen mit dem Auftreten des schillernden Unternehmers Silvio Berlusconi, des reichsten Manns Italiens. Doch auch ihm und seinem Haus der Freiheiten ist es in seiner immerhin fnfjhrigen Amtszeit nicht gelungen, den noch im-

mer gewaltigen Einfluss des Staates Italien gilt als gelenkte Wirtschaft, keineswegs als freie Marktwirtschaft auf die italienische Wirtschaft und die berbordende Brokratie entscheidend zurckzudrngen. Auch die selbst deutsche Verhltnisse noch bertrumpfende Steuerbelastung wurde nicht merklich reduziert. Die alten ideologischen Gefechte sind gewichen, der gnadenlose Verteilungskampf der wohlfahrtsstaatlichen Demokratien ist geblieben, manifestiert heute vor allem im Gegeneinander der Regionen. Whrend das Wohlstandsgeflle in Deutschland von Sden nach Norden geht, ist es in Italien genau umgekehrt: Der Norden, allen voran Mailand, Zentrum von Automobilindustrie, Finanzbranche und Mittelpunkt der Modewelt, glnzt mit Arbeitslosenquoten unter 5 Prozent (bezahlt diese allerdings mit enorm hohen Lebenshaltungskosten). Dem Sden dagegen fehlt es nicht nur an Gewerbe, auch prallt hier die Woge der Flchtlinge aus Afrika zuerst an Land und verschrft die Problemlage noch. Eine Besserung dieser Situation ist schon deswegen kaum zu erwarten, weil Unternehmer, die sich hier unten an der Stiefelspitze oder gar auf Sizilien niederlassen, noch immer gleich doppelt besteuert werden: Der italienische Staat hlt die Hand ebenso auf wie die Cosa Nostra, die sizilianische Mafia, die dieser Tage einmal mehr durch eine Mordserie daran erinnert, dass sie lngst nicht nur ein dunkler Schatten von gestern ist. Eine fr europische Verhltnisse beispiellos abhngige Justiz rundet das Bild der italienischen Politik ab. Noch ein zweiter Wert erschreckt: Mit durchschnittlich nur 1,28 Kindern pro Frau weist ausgerechnet das Heimatland Casanovas, ein Ort, an dem sowohl die mama als auch die bambini gesellschaftlich idealisiert und verehrt werden, eine der am schnellsten vergreisenden Bevlkerungen weltweit auf. Die Folge ist ein demographischer Wandel mit seiner explosiven Wirkung, die auch in Deutschland inzwischen so gut bekannt ist.

Was bleibt an Lichtblicken? Zumindest steht der Freiheitsfreund im Land Macchiavellis nicht ganz allein auf weiter Flur. Das Instituto Bruno Leoni, benannt nach dem wahrscheinlich bedeutendsten libertren Rechtstheoretiker, gehrt zu den Aushngeschildern freiheitlicher Think Tanks in Kontinentaleuropa. Zudem ist die Einwanderung fr EU-Brger ausgesprochen unkompliziert. Und aufgrund der engen auch wirtschaftlichen Verknpfung Deutschlands und Italiens bieten sich in transnational ttigen Unternehmen vielfltige Beschftigungsmglichkeiten, wobei Kenntnisse der italienischen Sprache ratsam sind, auch wenn Deutsch gerade in den Touristenhochburgen sowie im Norden (in Sdtirol ist es ohnehin Amtssprache) nicht selten verstanden wird. Auch sind Deutsche in Italien verglichen mit anderen Lndern relativ gern gesehen (schon deswegen, weil Italien und Deutschland bekanntlich einst gemeinsam auf Achse waren). Trotzdem: Einen Nettogewinn an Freiheit darf ein deutscher Italienauswanderer nicht erwarten. Aber vielleicht ist das angesichts von Mittelmeerklima, mediterraner Speisenvielfalt und kultureller Weltspitze ja etwas leichter zu verkraften.

Internet: Auswandern aktuell: www.auswandern-aktuell.de Libertre vor Ort: www.brunoleoni.it

Dezember 2006 I Nr. 68

www.ef-magazin.de I 47

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I ef-DISKUSSION

Libertr-konservative Debatte

Quo vadis, Konservatismus?


Wie die Demokratie die Freiheit zersetzt
von Christian Hoffmann

Ausgehend von entsprechenden Anstzen in den USA ist auch unter deutschen Libertren in jngster Zeit immer wieder von der Idee einer libertr-konservativen Allianz die Rede. Getreu dem Motto der Feind meines Feindes ist mein Freund scheint insbesondere die Ablehnung bestimmter gemeinsamer Feindbilder als Grundlage einer solchen Kooperation zu dienen seien es sozialistische 68er, Multikulti-Fanatiker, Grne, Hyperfeministen, Lehrer oder Gewerkschafter. Entsprechend kooperationswillige Libertre stellen sich dabei mit Vorliebe, in Anlehnung etwa an Reaktionre wie Dvila und Kuehnelt-Leddihn, solche Konservative als Koalitionspartner vor, die gewissen konservativen Grundwerten wie Familie, Religion, Kultur und etwas Freiheit zuliebe den Einfluss des Staates zurckdrngen wollen. Konservative also, die irgendwie Liberale sind. Um die tatschlichen Aussichten einer solchen Allianz beurteilen zu knnen, lohnt es sich, einen Blick auf den international real existierenden Konservatismus zu werfen. Ein solcher berblick knnte etwa mit dem besonders abstoenden Beispiel der aktuellen polnischen Regierung beginnen. Seit einigen Monaten regieren hier in trauter Zweisamkeit die Kaczynski-Brder Lech und Jaroslaw ehemalige Kinderfilm-Stars als Staats- beziehungsweise Regierungschef. Das doppelte Politlottchen vertritt dabei einen stramm klerikal-nationalistischen Konservatismus, der sich insbesondere durch die Verfolgung unliebsamer Minderheiten Deutschstmmige und Homosexuelle auszeichnet. Mit Vorliebe wird dabei auf den starken Arm des Staates zurckgegriffen, etwa indem Demonstrationen verboten, Bars und Variets geschlossen oder Staatsschulen zur nationalistischen Indoktrination ihrer Schler angehalten werden. Angereichert wird diese unappetitliche Suppe der christlich-nationalen Erneuerung durch die Bauernpartei Selbstverteidigung unter dem Politchaoten Andrzej Lepper. Dieser setzt sich mit Vorliebe fr die totale Subventionierung des polnischen Bauerntums ein gepaart mit einer Prise Protektionismus. Selbstverstndlich. Ein weiteres vielsagendes Politbeispiel ist das nahe gelegene Schweden. Hier konnte im September dieses Jahres die konservative Opposition den seit den 30er Jahren praktisch ununterbrochen regierenden Sozialdemokraten die Regierungsmehrheit abringen. Unter dem Neu-Ministerprsidenten John Fredrik Reinfeldt war die Parteienkoalition 48 I eigentmlich frei

aus Konservativen (Schwedens neue Arbeiterpartei) und Liberalen mit einem konsequent sozialdemokratischen Programm angetreten: Erhalt des Sozialstaats, Verzicht auf Steuersenkungen und Vermeidung von Privatisierungen. Die neuen Moderaten schmetterten dem Wahlvolk also ein mutiges Weiter so entgegen und waren damit entsprechend erfolgreich. Kaum an der Macht, mussten die Konservativen eine kleine mterrochade vollziehen, da zwei Ministerinnen sich offenbar in der Vergangenheit so bler Kapitalverbrechen schuldig gemacht hatten wie der schwarzen Beschftigung einer Putzfrau oder der Hinterziehung der TV-Gebhren. Solche peinlichen freiheitlichen Schnitzer mussten natrlich schnellstens behoben werden, bevor das ehrgeizige Regierungsprogramm der Tatenlosigkeit angegangen werden konnte. Ein ganz hnliches Profil verpasst derzeit der britische Oppositionsfhrer David Cameron seiner konservativen Partei. Die Partei Margaret Thatchers wird aktuell mit einer gewissen Verve der Profillosigkeit des New Labour angepasst. Der mitfhlende Konservative Cameron bemht sich landauf und landab, die Verdienste der sozialdemokratischen Regierung zu preisen und Bestandsgarantien fr ihre sozialen Errungenschaften zu verteilen. Selbstverstndlich sehen die britischen Konservativen angesichts einer Staatsquote von nur 46 Prozent (regional bis zu ber 60 Prozent) derzeit keinen Spielraum fr so frivole Anliegen wie etwa Steuersenkungen. Diese geradezu berwltigende Standfestigkeit des politischen Konservatismus kann deutsche Beobachter nicht berraschen. Unter Kanzlerin Merkel haben die hiesigen Konservativen bis auf den Namen praktisch die gesamte Identitt der Sozialdemokratie bernommen. Die grte Steuererhhung der Geschichte paart sich hier mit berlegungen zu einem flchendeckenden Mindestlohn und der Einfhrung sozialklempnerischer Familiensubventionen. Die MerkelRttgersMllerStoiber-Union berbietet sich tglich mit neuen aberwitzigen konomischen Erkenntnissen (Steuersenkungen schaffen keine Arbeitspltze) und sozialpolitischen Verbesserungsvorschlgen (Hheres Arbeitslosengeld frdert die Arbeitsmotivation). Das wahre Gesicht des Konservatismus zeigt sich auch an eher beschaulich-exotischen Orten wie Brasilien. berraschend hatte dort in der ersten Runde der PrsidentschaftsNr. 68 I Dezember 2006

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I ef-DISKUSSION

Christian Hoffmann promoviert in St. Gallen im Bereich Corporate Communications und koordiniert den Libertren Stammtisch Zrich. wahlen der konservative Herausforderer Geraldo Alckmin, Ex-Gouverneur des Staates Sao Paolo, die sicher geglaubte Wiederwahl des sozialistischen Amtsinhabers Lula da Silva in Frage stellen knnen. Der geschickte Politiker Lula reagierte umgehend: Er bezeichnete Alckmin als einen NeoLiberalen und warf ihm vor, staatliche Unternehmen wie die Banco do Brasil, die Post und Petrobras, privatisieren zu wollen. Alckmin reagierte seinerseits sofort: Er wies den infamen Vorwurf zurck und zeigte sich seitdem nur noch mit Anstecknadeln in der ffentlichkeit, die ihn als groen Befrworter staatlicher Unternehmen auswiesen. Fachkreise zeigten sich berrascht, da die Privatisierungen der Vergangenheit, etwa in den Bereichen Telekom, Stahl, Bergbau und Luftfahrt, als volle Erfolge galten. Alle Bereiche erlebten einen Investitions- und Wachstumsboom und schufen zahlreiche neue Arbeitspltze. Dennoch frisst in Brasilien der Steuerstaat nach wie vor 40 Prozent des Bruttoinlandprodukts auf. Genutzt haben Alckmin seine politischen Purzelbume am Ende nichts gewhlt wurde das sozialistische Original. Nicht unbeachtet soll bei diesem kurzen internationalen berblick das Mutterland der Demokratie bleiben, die USA. Die jngsten mid-term elections boten hier konservativen Politikern reichlich Spielraum fr inhaltliche Profilierungen. Leser dieser Zeitschrift drfte es wenig berraschen, dass angesichts gerade auch aus liberaler Perspektive brisanter aktueller Themen wie Interventionskriege, Mindestlhne, Off-shoring, Homo-Ehe und Stammzellenforschung eigentlich keiner der Beteiligten eine freiheitliche Position vertrat. hnlich wie die polnischen Konservativen schmcken auch die amerikanischen ihren historisch bisher einmaligen fiskalischen Expansionismus mit einer ordentlichen Prise Klerikal-Nationalismus. Der starke Staat im Inund Ausland feiert unter der konservativen Regierung ohnehin bereits seit Jahren frhliche Urstnd (Patriot Act, Department of Homeland Security, Irak- und Afghanistan-Krieg). Wie die internationale Erfahrung also zeigt, bieten sich Libertren vor allem zwei Sorten von Konservativen als Koalitionspartner an: Sozialdemokraten und Klerikal-Nationalisten. Diese Mischung ist sicher einmal der grundstzlichen Profil- und Wertelosigkeit des politischen Begriffs Konservatismus geschuldet. Konservatismus bedeutet ja nichts anderes als den Erhalt des Althergebrachten wie auch immer dieses definiert sein mag. Konservatismus ist also immer verbunden mit einer gewissen romantisch verbrmten politischen Willkr. Als solcher ist der Konservatismus jedoch auch besonders anfllig fr den korrumpierenden Einfluss der staatlichen Demokratie. Das System kollektiver Mehrheitsentscheide als HerrDezember 2006 I Nr. 68 schaft der Mehrheit ber die Minderheit fhrt einigermaen rationale Akteure vorausgesetzt unweigerlich zur Knechtung und Enteignung der Minderheit. Weltweit existiert kein System reprsentativer Demokratie ohne einen entsprechenden Umverteilungsstaat. Die Geschichte zeigt, wie die Einfhrung der Demokratie regelmig zu einer Explosion der Staatsquote fhrt. Gerade in wohlfahrtsstaatlichen Gesellschaften, in denen eine Mehrheit der Bevlkerung sich von staatlichen Transfers ernhrt auch Deutschland hat diesen point of no return bereits berschritten sind demokratische Wahlen jenseits einer sozialdemokratischen Position nicht mehr zu gewinnen. Die entsprechende Vereinnahmung des politischen Konservatismus kann daher kaum verwundern. Gleichzeitig lehrt die Politkonomie, dass eine demokratische Mehrheit keineswegs einer Mehrheit der Bevlkerung entsprechen muss. Die regierende Groe Koalition Mecklenburg-Vorpommerns etwa kann sich gerade noch auf die Untersttzung ungefhr eines Viertels der Bevlkerung sttzen. Da gut organisierbare Partikularinteressen in der Demokratie von besonderer Durchschlagskraft sind, kann es ebensowenig verwundern, wenn sich der politische Konservatismus beispielsweise dem Bauerntum oder der Kirche anbiedert. Partikularinteressen leben hufig geradezu von der unbegrenzten Interventionsmacht des Staates. So oder so, die Freiheit und der Liberalismus ziehen im demokratischen System systematisch den Krzeren. Der Konservatismus hat aufgrund seiner ihm innewohnenden Ziellosigkeit keine Schwierigkeiten, sich diesen Gegebenheiten anzupassen. Zu einem attraktiven oder gar zuverlssigen Koalitionspartner macht ihn das sicher nicht. Es zeigt sich einmal mehr, dass der Feind meines Feindes eben keineswegs auch ein Freund sein muss. Jene Konservative, die den schdlichen Einfluss des Staates erkennen und bereit sind, sich fr die Sache der Freiheit einzusetzen, sollten daher herzlich auf der Seite des Liberalismus willkommen geheien werden. Alle anderen eignen sich ganz offensichtlich ebenso wenig als Kooperationspartner wie die Genossen von der ursprnglich sozialistischen Fraktion. Internet: Murray N. Rothbard: Left and Right: The Prospects for Liberty: www.mises.org/story/910 Literatur: Hans-Hermann Hoppe: Demokratie erhltlich ber Capitalista: 24,80 Euro. Best.-Nr.: 39334 97868. Erik Ritter von Kuehnelt-Leddihn: Gleichheit oder Freiheit? erhltlich ber Capitalista: 14,50 Euro. Best.-Nr.: 38918 00037. www.ef-magazin.de I 49

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I ef-DISKUSSION

Fragen von A bis Z

J wie Junkie
Ein monatliches libertres Briefing
von Thorsten Boiger
Der Autor, Jahrgang 1983, studiert Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an einer privaten Fachhochschule in Nrnberg. Das FDP-Mitglied ist stellvertretender Chefredakteur von eigentmlich frei. Thorsten Boiger beantwortet an dieser Stelle jeden Monat die meistgestellten Fragen an Liberale.

Auf den ersten Blick scheint es, als sei der Umgang der westlichen Demokratien mit dem Handel mit und dem Konsum von Rauschmitteln weitgehend liberal. Kaum jemand denkt hier anders als etwa in vielen islamischen Staaten heute ernsthaft daran, ein Experiment wie die Prohibition, das Alkoholverbot im Amerika der 20er Jahre, zu wiederholen. Zudem gibt es eine Tendenz zur Entkriminalisierung weiterer sogenannter weicher Drogen, insbesondere der Cannabis-Produkte. Erinnert sei hier nur an die Praxis der Strafverfolgungsbehrden, den Besitz geringer, zum Eigenkonsum bestimmter Mengen Cannabis nicht zu ahnden, sowie an die zunehmende Legalisierung der Droge zu medizinischen Zwecken. Zweifellos ist dieser Trend aus freiheitlicher Sicht erfreulich. Doch der Schein trgt: Keineswegs nmlich hat ein Umdenken stattgefunden, das die Freiheit des Individuums strker betonen wrde. Vielmehr sind die Folgen, die ihr Konsum angeblich besitzen soll, fr die Hanfprodukte wissenschaftlich schlicht nicht mehr haltbar. Der Krieg gegen die Drogen ausgerufen 1972 von US-Prsident Nixon wird derweil mit unvernderter Intensitt gegen die anderen, die harten Rauschmittel fortgesetzt. Und klammheimlich hat sich das Schlachtfeld unter dem Namen Verbraucherschutz auch wieder auf etablierte Drogen wie Alkohol und Tabak ausgeweitet. Die Argumente sind nicht neu: Drogenkonsum sei kein Verbrechen ohne Opfer, denn Junkies also Drogenkonsumenten seien auch fr berproportional viele weitere Straftaten verantwortlich. berhaupt, so fhren gerade Konservative gerne weiter aus, schdigten die asozialen Drogenkonsumenten mit ihrem unproduktiven Lebenswandel die Gesellschaft. Von links tnt es derweil, ganz dialektisch, die Freiheit zum Drogenkonsum wre tatschlich aufgrund der Suchtwirkung gegen die Freiheit gerichtet. Und berhaupt msse man hier die Menschen vor sich selbst beschtzen. Da die (Schad-) Wirkung harter Drogen naturwissenschaftlich unbestreitbar ist, verlangen diese Verbotsbegrndungen nach anderen Antworten. 50 I eigentmlich frei

Drogen und Gesellschaft Zunchst zu denen, die in Drogenkonsumenten um einen etwas angestaubten, aber gut zu dieser Denkweise passenden Begriff zu benutzen Volksschdlinge sehen. Einmal ganz davon abgesehen, dass die Gesellschaft berhaupt kein Recht hat, vom Einzelnen auch nur irgendeinen Beitrag zu verlangen: Schon das Bild an sich ist bestenfalls noch als verzerrt und einseitig zu betrachten; dass nmlich Drogenkonsumenten keinen konomischen Nutzen erbringen, ist einfach eine Pauschalisierung, die am Stereotyp des halbtoten Fixers auf dem Boden der Bahnhofstoilette klebt. Fr andere Drogen ist aber genau das Gegenteil der Fall: Gerade die Luxusdroge Kokain wird vornehmlich von den Leistungstrgern der Gesellschaft und erstaunlicherweise auch von den Superschmarotzern, wie diverse Wischtests auf Bundestagstoiletten gezeigt haben konsumiert. Zudem wird bersehen, dass der Konsum von Drogen natrlich genau wie der Konsum von Brot und Butter Arbeitspltze schafft, vom Bauern, der die Rohstoffe anpflanzt, ber den Laboranten in der Herstellung bis zum Dealer im Vertrieb. Was dagegen tatschlich vllig nutzlose volkswirtschaftliche Kosten verursacht, ist die Bekmpfung des Drogenhandels, die den Steuerzahler jhrlich Milliarden kostet, ohne dass davon irgendwer auer den Brokraten einen Nutzen htte. Drogen und Kriminalitt hnliches trifft auch fr die Behauptung zu, Drogen wrden zu einer Kriminalittssteigerung fhren. Richtig ist vielmehr, dass die staatliche Drogenbekmpfung die Rauschmittel unntig teuer macht und den Dealern eine Monopolrendite sichert. Richtig ist weiterhin, dass die Drogenkonsumenten vom Staat bewusst in die Illegalitt gedrngt werden, dass die Strafverfolgung fr die Betroffenen allzu oft den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge hat. Diese beiden Faktoren Preissteigerungen einerseits, wirtschaftliche Schdigung der Drogenkonsumenten andererseits sind es, die das Phnomen der Beschaffungskriminalitt verursachen, und damit im eigentlichen Sinne kausal sind fr die Tatsache, dass Junkies berdurchschnittlich oft insbesondeNr. 68 I Dezember 2006

Monatliches Wrterbuch

Freiheitsfunken
Fragmente
von Roland Baader
Der Autor, Jahrgang 1940, ist Diplom-Volkswirt, ehemaliger Unternehmer und seit 1988 Privatgelehrter. Der wortmchtige, meistgelesene Freiheitsautor deutscher Zunge ist Redaktionsbeirat von eigentmlich frei. Zuletzt erschien sein Buch Das Kapital am Pranger.

re kleinere Vermgensdelikte begehen. Drogen und Individuum Was ist schlielich vom letzten Argument zu halten, dem, dass man Rauschgiftkonsumenten vor sich selbst beschtzen msste? Auch hier gilt zunchst: Ohne Staat wre alles gar nicht so schlimm. Den meisten Schaden beim Drogenkonsum richtet nmlich keineswegs der eigentlich gewollte Wirkstoff an, sondern die Beimischungen. Diese sind wiederum typische Folge eines illegalen Marktes, einer rechtsfreien Zone, in der zudem noch die Akteure auf der Anbieterseite in aller Regel keine allzu groen moralischen Skrupel besitzen. Wenn es kriminell ist, Drogen zu verkaufen, dann verkaufen eben nur Kriminelle Drogen. Beispiel: Die Todesdroge Heroin besitzt richtig dosiert und in Reinform auer ihrer Suchtwirkung keine fr den Krper schdlichen Eigenschaften. Erst das mit allem mglichen gestreckte und damit auch nicht mehr ordentlich dosierbare Heroin, das heute erhltlich ist, kann im eigentlichen Sinne als Gift bezeichnet werden. Wie wre wohl die Situation, wenn Heroin morgen wieder auf einem legalen Markt angeboten wrde, etwa von seinen Erfindern, dem Leverkusener Pharmakonzern Bayer? Von den Preisen, wie oben erwhnt, gar nicht erst zu sprechen. Und wenn eine entsprechende marktwirksame Nachfrage vorhanden wre: Warum sollte es nicht mglich sein, auch die Suchtwirkung der Rauschmittel entsprechend zu reduzieren? Schlielich stimmt es auch nicht, dass irgendeine Droge den freien Willen dauerhaft aufheben und es etwa unmglich machen wrde, sich der Sucht wieder zu entziehen. Es mag schwierig sein, aber es ist keineswegs unmglich, sich von einer Sucht zu befreien. Und es wre umso leichter in einer Gesellschaft, die Drogensucht nicht kriminalisiert. Und selbst wenn es denn eine Droge gbe, die den eigenen freien Willen endgltig beseitigen wrde: Genau wie beim Freitod ist auch das nicht wider die Freiheit, sondern Ausdruck individueller Selbstbestimmung. Das mag man fr verwerflich halten, das mag man kritisieren aber einen wirklichen Grund, die Entscheidungsfreiheit des einzelnen aufzuheben, ergibt das nicht. Dezember 2006 I Nr. 68

Dummheit Die Essenz der Dummheit ist nicht das Nichtwissen, sondern das Nichtwissenwollen. Heuchlerische Umwege Du willst nicht, dass mir Zwang und Gewalt angetan wird? Dann beauftrage auch nicht den Staat damit. Du willst nicht, dass ich ausgeraubt und bestohlen werde? Dann lasse das auch nicht den Staat in deinem Namen machen. Krieg gegen die Armut Eigenartig, dass im sogenannten Krieg gegen die Armut die wirksamste Waffe nie genannt wird, nmlich die Beseitigung des Papiergeldes und somit das Ende der Inflation. Schizophrenie Wonach die meisten Leute sich sehnen, nmlich nach Frieden, Gewaltlosigkeit, Wohlstand, Fortschritt, Gerechtigkeit (Abwesenheit von Willkr) und freiwilliger Kooperation: Alles das knnte ihnen der unbehinderte Markt problemlos liefern. Wie tragisch, dass die Menschen das alles von der Politik erwarten und damit ausgerechnet von dem System, dessen Lebenselixier aus dem Gegenteiligen besteht: Aus Zwietracht, Zwang, Gewalt, systematischer Eigentumsverletzung, Ausbeutung und (letztlich auch immer wieder) Krieg. Staatsglubigkeit Wohlfahrtsstaat und staatliches Bildungs- und Gesundheitswesen sind institutionalisierte Methoden, das Volk im vorpubertren Stadium des Glaubens an Vater Staat zu halten. Kaum jemand denkt daran, wie schnell aus Vater Staat so etwas wie Vterchen Stalin werden kann. Tod eines Freundes Mit jedem Tod eines geliebten Menschen wird die Welt klter. Mit jedem Dahinscheiden eines freien Geistes wird die Welt rmer, die Freiheit hilfloser. Die Freiheit hat nur wenige wahre Freunde, aber unendlich viele Schmarotzer. www.ef-magazin.de I 51

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Leserbriefe

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INDIVIDUALISTISCH KAPITALISTISCH LIBERTR ISSN 1617-5336 www.ef-magazin.de erscheint 10 mal pro Jahr (monatlich bei zwei Doppelausgaben pro Jahr) Einzelpreis Inland: 6,80 EUR inkl. Porto/Vp. Bezugspreise fr ein Jahr (10 Hefte): Inland: 68,00 EUR inkl. Porto/Vp. Europa: 78,00 EUR inkl. Porto/Vp. bersee: 98,00 EUR inkl. Porto/Vp. Schler, Studenten oder Zwangsdienstleistende, die Probleme haben, ein Abonnement zu finanzieren und die selbst keinen Sponsor finden, erhalten ein gesponsertes Abonnement zu 34,00 EUR inkl. Porto/Vp. Das Abonnement verlngert sich automatisch um ein Jahr, wenn es nicht bis 3 Monate vor Ablauf des laufenden Abonnements schriftlich gekndigt wird. Herausgeber und Chefredakteur: Andr F. Lichtschlag, M.A.
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Redaktion: Thorsten Boiger und David Schah (stellv. Chefredakteure) Ulrich Wille (Lektorat und besondere Aufgaben) Carlos A. Gebauer, Arne Hoffmann und Claus Vogt (Kolumnen & mehr) Claus Diem, Roland Pimpl, Kaspar Rosenbaum und Reinhard Stiebler (stndige Mitarbeit) Redaktionsbeirat: Dipl.-Volksw. Roland Baader Dr. habil. Stefan Blankertz Dr. habil. Hardy Bouillon Dr. Detmar Doering Prof. Dr. Gerd Habermann Prof. Dr. Hans-Hermann Hoppe Prof. Dr. Guido Hlsmann Robert Nef, lic. iur. Prof. Dr. Gerard Radnitzky Prof. Dr. Erich Weede Karikaturen (Seite 7 und Capitalista-Portraits): Gtz Wiedenroth (www.wiedenroth-karikatur.de) Graphik: Andr F. Lichtschlag (Layout und Titellayout) Bildquellen:
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Respekt fr Georg Batz und Benedikt XVI. Betr. Artikel Atheismus und Freiheit von Georg Batz in ef 66: Manche Libertre haben einen seltsamen Freiheitsbegriff. Es gibt einige Freiheiten, die sie sich offenbar nicht erlauben drfen. Sie drfen zum Beispiel nicht kritisieren, was der Mensch mit seinem Raumschiff anstellt. Ihm, dem Menschen, muss offenbar die Freiheit bleiben, sein Heimatgestirn in eine unbewohnbare Wste zu verwandeln. Vom Umweltschutz will der wahre Libertre nichts wissen. Der Fderalist dagegen ist der Auffassung, dass Freiheit nur ertrglich ist und somit zugelassen werden kann, wenn jedermann fr sein Handeln Verantwortung trgt. Wir sind daran gewhnt worden, die Folgen individuellen Tuns auf die Allgemeinheit oder die kommenden Generationen abzuschieben. Das aber ist, wie schon offenkundig wird, auf die Dauer nicht empfehlenswert. In ef 66 wird eine weitere Freiheit sichtbar, die manchem Libertren von anderen untersagt ist, diejenige nmlich, an einen Gott zu glauben. Gegen das Glauben und gegen Glubige ist sachlich eine Menge vorzubringen. Schlielich wurde und wird im Namen Gottes viel Unheil angerichtet. Und es mag auch so sein, dass unter den Strengglubigen zugleich oft auch die Staatstragenden anzutreffen sind. Befremdlich allerdings ist der Versuch, eine nachdrcklich vorgetragene Meinung mit unhaltbaren Behauptungen zu untermauern. So ist es beispielsweise im Gegensatz zu den Darlegungen von Georg Batz jedem Theologen ein Leichtes, eine Antwort auf die Theodizee zu geben. Er kann sich an Leibnitz halten, der ja den Begriff geprgt hat, oder schlicht das Buch Hiob lesen. Demzufolge knnte Gott durchaus die bel abschaffen, aber er will es nicht. Denn mit der Ttung des Teufels wrde er den Menschen viele seiner Fhigkeiten und Tugenden berauben. Er will den Himmel nicht auf die Erde holen. Denn wie sollte der Mensch sich darin bewhren? Die Vertreibung aus dem Paradies macht durchaus Sinn. Batz hat viel Zeit darauf verwendet, Brder im Geiste zu finden. Er hat sich aber offenbar nicht der Mhe unterzogen, grndlich zu durchleuch-

ten, was er ablehnt, was er bekmpft. Und er vernachlssigt die Tatsache, dass sich weder beweisen lsst, dass es einen Gott gibt, noch dass es ihn nicht gibt. Das ist das Dilemma der Freigeister. Und deshalb ist die Vorschrift Du sollst nicht glauben! vor der Vernunft nicht haltbar. Der Glaube an Gott ist Russel und Batz zufolge freier Menschen unwrdig. Unter derart definierten Libertren, so ist zu folgern, haben Christen, Juden und Moslems nichts zu suchen. Der Fderalist versteht Freiheit umfassender. Fr ihn soll jeder nach seiner eigenen Faon selig werden. Er erweist Georg Batz ebenso Respekt wie Benedikt XVI. Karl August Hansen Rottenburg Cornelia Pieper und manche anderen Ppste Betr. dito: Mit seinem Artikel Atheismus und Freiheit versucht Georg Batz das Christentum als freiheitsfeindliche Ideologie darzustellen. Hierbei begeht er jedoch einen groben Fehler. Statt sich mit dem christlichen Werk schlechthin, dem Neuen Testament der Bibel, auseinanderzusetzen, macht er das Christentum an diversen Personen fest, welche sich allesamt zu dieser Religion bekannten etwa Thomas von Aquin und diverse Ppste. In meinen Augen die absolut falsche Vorgehensweise, denn gerade wir als Leser von eigentmlich frei mssten eigentlich wissen, dass eine Ideologie nicht unbedingt da zu finden ist, wo sie draufsteht. Oder will jemand ernsthaft behaupten, dass in der FDP, die sich den Liberalismus auf die Fahnen schreibt, nur Liberale zu finden sind? Im Gegenteil, diese sind dort leider noch in der Minderheit. Genau das gleiche Phnomen kann man auch bei den Kirchen entdecken. Christliche Werte wie Nchstenliebe und Toleranz, welche in meinen Augen sofern nicht erzwungen auch liberale Werte sind, lassen sich nur bei wenigen, und natrlich auch nicht ausschlielich nur, Christen wiederfinden. Dies wird deutlich, wenn man sich mit der zum Teil sehr brutalen und menschenverachtenden Geschichte des Christentums, wie es Georg Batz tat, auseinandersetzt. Dadurch jedoch auf die Ideen und Vorstellungen des Christentums zu schlieen, halte ich fr nicht differenziert. Denn man schliet auch nicht von Aussagen durch vermeintliche Liberale wie Cornelia Pieper und Co. auf die Grundgedanken des Liberalismus. Marcel Schneider Frndenberg

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LESefFREUDE

ef-BCHERSCHAU

Der Preis der Einheit

Der Anti-Steingart

Die Schachspirale

Gerhard A. Ritter: Der Preis der Einheit erhltlich ber Capitalista: 38,00 Euro. Best.-Nr.: 34065 49721.

Rahim Taghizadegan und Gregor Hochreiter: Der Anti-Steingart erhltlich ber Capitalista: 10,00 Euro. Best.-Nr.: 11111 00002.

Oskar Freysinger: Die Schachspirale erhltlich ber Capitalista: 29,90 Euro. Best.-Nr.: 11111 00004.

Die Deutungshoheit ber die Geschichte bedeutet auch Deutungshoheit ber die Gegenwart. Viele Ostdeutsche haben infolge der Massenarbeitslosigkeit ihren Glauben an die Marktwirtschaft verloren. Die sehr unaufgeregte historische Studie des Sozialhistorikers Gerhard A. Ritter wirft Licht auf den Entscheidungsprozess, der die Wiedervereinigung unseres Landes zu einem beschftigungspolitischen Desaster werden lie. Die sozialpolitischen Schlsselentscheidungen fielen in einem Verhandlungsdreieck zwischen Norbert Blm, der letzten DDR-Regierung und der SPD, gefolgt von politischen Lohnverhandlungen im Osten. Die Sozialunion, die lckenlose bertragung des unflexiblen deutschen Arbeitsmarktes auf die neuen Bundeslnder, war von Beginn an Blms Ziel. Norbert Blm, die SPD und die Gewerkschaften waren sich darber einig, dass in Ostdeutschland kein Niedriglohngebiet entstehen sollte. Neoliberale Kreise, wie die FDP, das Wirtschaftsministerium, die Arbeitgeberverbnde und die Wirtschaftswissenschaft, die allenfalls eine verschlankte Version des westdeutschen Sozialstaates fr vertretbar hielten, blieben weitgehend auen vor. Blms wichtigste Verhandlungspartnerin war die DDR-Arbeitsministerin Regine Hildebrandt, die ihre Verhandlungsposition mit der westdeutschen SPD abstimmte. Auf diesem Weg konnte die SPD ihre Agenda weitgehend ungeschmlert durchsetzen. Dieses bislang unbemerkte ber Bande spielen erlaubte der SPD ein Doppelspiel: Whrend Lafontaine im Westen die Angst vor den Kosten der Einheit schrte, arbeitete seine Partei unbemerkt daran mit, die Kosten der Einheit in die Hhe zu treiben. Leider lsst Ritter ein eindeutiges Urteil ber dieses Geschehen vermissen und scheint sich der geschichtspolitischen Brisanz seiner Ergebnisse nicht bewusst zu sein. Es bleibt am Leser, die aufgedeckten Sachverhalte auf den Punkt zu bringen: Mit diesem Buch ist der Beweis erbracht, dass die verheerende Politik, die Ostdeutschland zum Dauersubventionsgebiet machte, unter sozialdemokratischer Federfhrung erfolgte. (Grard Bkenkamp fr ef/Capitalista)

Intellektuelle, die sich naturgem der geistigen Elite zurechnen, sind selten frei von Gelsten nach Macht und politisch-gesellschaftlichem Einfluss. Wer so klug ist wie ich, lautet der meist unausgesprochene Anspruch, der sollte auch das Sagen haben oder zumindest von den Mchtigen gehrt werden. Besonders rgerlich wird solche Ambition, wenn man einem Text anmerkt, dass bestimmte Wertungen und Empfehlungen wider besseres Wissen erfolgen. Rahim Taghizadegan und Gregor Hochreiter vom libertren Think Tank Liberty.li haben sich mit ihrem schmalen Bndchen Der Anti-Steingart einer solchen Publikation angenommen. Ihre von fundiertem Fachverstand geprgte Streitschrift gilt dem neuen Buch des bisher als neoliberal geltenden Wirtschaftsjournalisten Gabor Steingart, Weltkrieg um Wohlstand. Die scharfsinnige Analyse und Scheidung der Steingart-Thesen in richtig und falsch gert den beiden Autoren zu einem kleinen (aber hochkartigen) Juwel der Freiheitsliteratur: Erstens weil sie mit allen gngigen und tausendfach wiederholten Klischees und Irrtmern ber Globalisierung und Freihandel aufrumt. Zweitens weil sie vor den Denkfallen bewahrt, in die gelegentlich sogar der vom Massenchor der Protektionisten und Interventionisten betubte Fachkundige tappen kann. Und drittens weil sie belegt, wie sich auch Intellektuelle, die es besser wissen mssten (wie Steingart) und wohl auch besser wissen, mit Schielblick auf Machtelite und Zeitgeist zu Schranzen der Mainstream-Meinung machen. Noch eines besticht an dem Anti-Steingart-Bchlein: Es tritt den gespaltenen Zungen mit flammender Zunge entgegen. Eine Probe: Wider die vorgeblichen Beschtzer des kleinen Mannes, die in Wahrheit dessen rgste Feinde sind, lesen wir: Es ist an der Zeit, die wirre konomische Argumentation der Protektionisten nicht mehr durchgehen zu lassen. Es ist an der Zeit, den Protektionisten die moralische berlegenheit abzusprechen. Es ist an der Zeit, den Kollektivismus der Politik zu delegitimieren. Fr den Frieden und den Wohlstand in dieser Welt. (Roland Baader fr ef/Capitalista)

Der Gymnasiallehrer und Schweizer Nationalrat Oskar Freysinger richtet sein Romandebt an die vergangenen und zuknftigen Opfer des roten Terrors, dessen Symbole auf gewissen T-Shirts noch heute ungestraft ihr Unwesen treiben. So sympathisch eine solche Widmung auch ist gelten doch Hammer und Sichel als lssiges Attribut und Che Guevara als Popstar so weckt sie, wenn sie einen Roman einleitet, auch Argwohn, lsst sie doch auf einen engagierten Autor schlieen. Und Autoren mit Anliegen haben, von Schiller bis Rand, eine Menge schlechter Literatur produziert. Und tatschlich ist auch Freysingers Buch von den typischen Schwchen engagierter Literatur nicht frei: Es gibt steife Dialoge zwischen Anhngern und Gegnern des sozialistischen Systems und allzu heroische Figuren wie bei Ayn Rand. Die Grenze zum Kitsch wird gelegentlich berschritten. Was den Roman jedoch rettet, ist das sprachliche Vermgen des Autors sowie seine Menschenkenntnis. Vor allem der zentrale Charakter, der sowjetische Befrager Leonid Gagarin, ist facettenreich und weitgehend psychologisch plausibel gezeichnet ohne dadurch im Mindesten sympathisch zu wirken. Dieser Befrager versteht sein Handwerk. Er wei, wie man die Psyche von Menschen bricht. Und dabei bedient er sich des Schachspiels, um seine konterrevolutionren Opfer im Sinne der Partei umzudrehen. Bis er sich auf eine Fernschachpartie mit einem Unbekannten einlsst und schlielich Opfer seiner eigenen Methoden wird. Bis dahin fhrt der Autor den Leser mit Vorund Rckblenden, die aber nie verwirrend wirken, durch eine spannende Geschichte, deren skurriles Ende dann nichts mehr von den Schwchen engagierter Literatur an sich hat und eher an Drrenmatt denn an Rand denken lsst. Wie der Autor sein Bekenntnis zu Individualismus und Antisozialismus mit seiner Ttigkeit als Politiker, der etwa fr staatliche Zuzugsbeschrnkungen agiert, vereinbart, kann nicht Thema dieser Rezension sein. Zu wnschen wre aber aus mehr als einem Grund, dass Freysinger der Politik abschwrte und sich ganz auf das Schreiben verlegte. (Ulrich Wille fr ef/Capitalista)

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Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung

Nordkorea

Hitlers Volksstaat

Birgit Bublies-Godau u.a.: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung erhltlich ber Capitalista: 25,00 Euro. Best.-Nr.: 38329 21877.

Philippe Chancel: Nordkorea. Fotografien erhltlich ber Capitalista: 45,00 Euro. Best.-Nr.: 38960 27395 .

Gtz Aly: Hitlers Volksstaat erhltlich ber Capitalista: 22,90 Euro. Best.-Nr.: 31000 04205 .

Das Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung beweist: Das gesamte Elend des deutschen Camouflage-Liberalismus passt zwischen zwei Buchdeckel. Der Rezensent hatte als Kind der Deutschen Demokratischen Republik einmal das besondere Vergngen sozialistischer Gastro-Kultur erleben drfen, als man ihm in einem Restaurant in Stralsund nach langem Warten am Eingang (Sie werden plaziert!) und der endlich erfolgten Bestellung einen Schafskse-Salat servierte, der, als Sttigungsbeilage gedacht, einen winzigen Schnheitsfehler hatte: Es fehlte der Schafskse. Die Lektre des Jahrbuchs zur Liberalismus-Forschung 2006 bescherte mir nun dieser Tage ein dj-vu-Erlebnis. Wieder war kein Nutella drin, obwohl Nutella draufstand: Es fehlte schlicht der Liberalismus. Das nun schon im 18. Jahrgang seit 1989 im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung herausgegebene Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung ist ein bemerkenswertes Dokument fr das Selbstverstndnis von Partei- und parteinahen Staats-Intellektuellen, die ganz im Geiste Friedrich Naumanns unter falscher Flagge segeln. Was dabei herauskommt, drfte dem geistigen Anspruch des Stiftungsnamensgebers allemal gerecht werden. Ob jedoch die hier gepflegten weltanschaulichen Positionen und die als groe historische Persnlichkeiten gewrdigten Figuren das Prdikat liberal verdienen, darf gerade deshalb nicht zuletzt auch im Lichte der Forschungserkenntnisse des amerikanischen Experten Ralph Raico ber die Fragwrdigkeit der Eignung Naumanns als deutscher Modell-Liberaler fglich bezweifelt werden. Das mitunter Interessanteste in diesem Jahrbuch sind die Funoten. So entdeckt der Leser etwa in einem Beitrag ber das Verhltnis von Ludwig Erhard und Thomas Dehler, dass es 1948 im Landesvorstand der bayerischen Liberalen erhebliche Vorbehalte gegen Erhards marktwirtschaftliche Politik gegeben hat, mit der man sich keinesfalls itentifizieren (sic!) drfe. Wer sich in vor uns liegenden langen Winterabenden einen desillusionierenden berblick ber die nach langem Niedergang erreichte geistige Schwundstufe des organisierten Liberalismus vor allem auch in dessen akademischem Milieu verschaffen mchte, dem sei dieses Jahrbuch empfohlen. (Dietmar-Dominik Hennig fr ef/Capitalista)

Bildbnde ber Nordkorea sind gerade en vogue die visuellen Impressionen aus diesem seit ber 50 Jahren abgeschotteten Land sind augenscheinlich auch dessen einziger Exportartikel, von dem allerdings zweifelhaft ist, ob der Geliebte Fhrer Kim Jong Il auch nur indirekt davon profitiert. Denn sichtbar wird hier vor allem die gigantische Inszenierung einer totalitren Gesellschaft, die beinahe so virtuell erscheint wie das im Internet beheimatete Second Life-Universum mit dem Unterschied allerdings, dass man in diesem seine Identitt verndern und echte Dollars verdienen kann, und zwar soviele, dass mancher davon in der realen Welt seinen Unterhalt bestreiten kann. Vor allem kann man hier Pltze und Land kaufen, was im Arbeiterparadies Nordkorea nicht einmal denkbar wre. Nachdem krzlich das Trio Christian Kracht, Eva Munz und Lukas Nikol in ihrem Text- und Bildband Die totale Erinnerung Nordkorea als totale Theaterkulisse eingefangen hatte, prsentiert nun der franzsische Fotograf Philippe Chancel in knapp 300 groformatigen Bildern dieses System in einer Art Hochglanz-Prospekt. Wie bei solchen Visiten blich, durfte er nur unter permanenter Anweisung und Aufsicht die Inszenierungen dieses abgeschotteten Landes einfangen. Das allerdings hat er mit solchem Eifer getan, dass dem Betrachter gerade in der Flle der permanenten Inszenierungen die Leere des Landes vor Augen tritt. Seine Aufnahmen zeigen letztlich ein lebloses Land, das selbst wenn Tausende von Menschen ein lebendiges Bild darstellen jeden Anzeichens von Individualitt ermangelt. So bewirkt der gespenstische Perfektionismus beim Betrachter genau das Gegenteil, das Gefhl einer Fehlstelle. Vom, zumindest fr totalitre Systeme der Linken, typischen Versprechen des Paradieses auf Erden gewissermaen das Blaue vom Himmel zeugt bereits das Umschlagfoto mit der hellblauen Bluse der Fremdenfhrerin auf dem 170 Meter hohen Juche-Turm. Von diesem kann man vielleicht bis an den Stadtrand Pjngjangs blicken, aber kaum in die Zukunft. Denn: Nordkorea ist der einzige Staat der Welt, der von einem Toten regiert wird, nachdem dem 1994 verstorbenen Groen Fhrer Kim Il-sung der Posten des Prsidenten auf ewig zugesprochen wurde. (Christian Dorn fr ef/Capitalista)

Beeindruckend und fr eine wirtschaftsgeschichtliche Abhandlung in relativ verstndlicher Sprache schildert Gtz Aly, wie Hitler und seine Schergen die Deutschen bestochen haben, um sie in den Krieg zu fhren. Wirklicher Patriotismus wie etwa in den USA, der das deutsche Volk hinter einer Verbrecherbande htte zusammenschmieden knnen, war nmlich zunchst gar nicht vorhanden. Doch nicht nur Rassisten, die das deutsche Wesen gerne als zum Massenmord neigend beschreiben, wird mit diesem Buch der Wind aus den Segeln genommen. Vor allem wird nmlich die Theorie der Marktwirtschaft gleich Nationalsozialismus-Apologeten zu Grabe getragen. Abgesehen von Auslndern, Zwangsarbeitern und enteigneten Minderheiten waren es nmlich vor allem die wohlbetuchten deutschen Brger, welche zwei Drittel der laufenden Kriegskosten des Zweiten Weltkriegs bezahlen durften. Der kleine Mann wurde dennoch vorher nicht, und selbst im Krieg auch nur mit wenigen indirekten Steuern belastet. Er bezahlte ansonsten nur die Hlfte der Abgaben seiner besser verdienenden Volksgenossen. So detailliert es die Archivlage zulsst, schildert Aly, wie die Nazis in fremden Lndern eigene ungedeckte Whrungen in Umlauf brachten, sogenannte Reichskreditkassenscheine. Dafr mussten die dortigen Zentralbanken im Eintausch ihre harten Landeswhrungen hergeben, was die Inflation enorm anheizte. Die verantwortliche Reichsbank nutzte die Geldpolitik als Waffe, die die Taschen der Brger leert und die des Staates und seiner Klientel fllt. Die derart bei Laune gehaltenen Soldaten, welche das Ausland fr sich und ihre Familien mit dem RKK-Spielgeld ausplnderten, hinterlieen bittere Armut. Der einzige Ausweg fr die Nazi-Provinzen war es, Minderheiten wie Juden noch mehr als das eigene Volk bluten zu lassen, zunchst im wirtschaftlichen, dann im eigentlichen Sinne ganz wie es zuvor schon in Deutschland passiert war. Auch andere Methoden der deutschen Besatzungsmacht besttigen, dass Leid nicht nur von wenigen Mchtigen, sondern auch von vielen kleinen gierigen Menschen ermglicht wird, die Freiheit und Moral fr etwas Parfm und ein paar Zigarren eintauschen. Wie weit die soziale Gerechtigkeit des heutigen Durchschnittsbrgers wohl gehen wrde? (Simon Kromer fr ef/Capitalista)

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Dezember 2006 I Nr. 68 www.ef-magazin.de I 57

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Bcher-Bestseller-Liste Nr. 18
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Ayn Rand: Wer ist John Galt? 1.325 S., Pb., Best.-Nr.: 39325 64030, 24,00 Euro. Ayn Rand: Der Ursprung 1.200 S., Pb., Best.-Nr.: 39325 64367, 19,00 Euro. Roland Baader: Das Kapital am Pranger 304 S., brosch., Best.-Nr.: 39351 97454, 18,00 Euro. Hans-Hermann Hoppe: Demokratie 546 S., geb., Best.-Nr.: 39334 97868, 24,80 Euro. Reinhard Deutsch: Das Silberkomplott 320 S., Pb., Best.-Nr.: 39385 16267, 19,90 Euro. Ludwig von Mises: Liberalismus 224 S., Pb., Best.-Nr.: 38966 54281, 15,00 Euro. Milton Friedman: Kapitalismus und Freiheit 240 S., geb. im Schuber, Best.-Nr.: 38218 39600, 39,90 Euro. Murray N. Rothbard: Die Ethik der Freiheit 284 S., Pb., Best.-Nr.: 38966 50866, 19,50 Euro. NicolsGmez Dvila: Scholien zu einem inbegriffenen Text 600 S., geb., Best.-Nr.: 38541 81175, 37,90 Euro. Michael Crichton: Welt in Angst 602 S., geb., Best.-Nr.: 38966 7210X, 24,90 Euro. NicolsGmez Dvila: Notas 500 S., geb., Best.-Nr.: 38822 1855X, 34,90 Euro. Erik von Kuehnelt-Leddihn: Gleichheit oder Freiheit? 488 S., geb., Best.-Nr.: 38918 00037, 14,50 Euro. Stefan Blankertz: Die Therapie der Gesellschaft 266 S., brosch., Best.-Nr.: 38729 47818, 6,00 Euro. Ayn Rand: Hymne 111 S., Pb., Best.-Nr.: 39325 64626, 12,00 Euro. Erik von Kuehnelt-Leddihn: Weltweite Kirche 605 S., geb., Best.-Nr.: 37171 10470, 25,00 Euro. Gerd Habermann: Richtigstellung 171 S., geb., Best.-Nr.: 37892 81824, 19,90 Euro. Murray N. Rothbard: Das Schein-Geld-System 159 S., Pb., Best.-Nr.: 39300 39729, 14,32 Euro. Nicols Gmez Dvila: Auf verlorenem Posten 270 S., geb., Best.-Nr.: 38541 80535, 26,40 Euro. Hans-Hermann Hoppe: Sozialismus oder Kapitalismus? 275 S., brosch., Best.-Nr.: 32000 03928, 29,90 Euro. Hans-Hermann Hoppe: Eigentum, Anarchie und Staat 268 S., Pb., Best.-Nr.: 39378 01073, 22,80 Euro.

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58 I eigentmlich frei

Nr. 68 I Dezember 2006

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