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80 Jahre Antifaschistische Aktion
80 Jahre Antifaschistische Aktion
Die Verffentlichung der Broschre erfolgt in Ko operation mit der Stiftung Leben & Umwelt Heinrich Bll Stiftung Niedersachsen, der Rosa LuxemburgStiftung, der RosaLuxemburgStiftung Niedersachsen und dem RosaLuxemburgClub Gttingen Die Verffentlichung dieser Broschre wird gefrdert durch die IGMetall SdniedersachsenHarz und den Spendentopf der deutschen Delegation der LINKEN im europischen Parlament.
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Dank an www.zersetzer.con |||| ||| freie grafik fr das Layout. Weitere Informationen: www.ali.antifa.de www.kunstundkampf.de
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FLUGSCHRIFT
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Es geht aber nicht nur um ein Symbol. Antifa beschreibt, zumindest in der Bundesrepublik, vor allem eine Haltung und existiert als radikale Bewegung von unten. All dies liegt in den speziellen historischen Gegebenheiten dieses Landes begrndet. Doch, wie passt das eigentlich zusammen? Vor 80 Jahren gab es weder Autonome noch eine Antifa im heutigen Verstndnis. Die KPD kmpfte einen ganz anderen Kampf. Trotzdem gibt es ein hnliches Emblem?
der Komintern1 und wandelte sich binnen weniger Jahrer zu einer stalinistischen Partei, die ideologisch, logistisch und finanziell abhngig von der Moskauer Zentrale war. Der Parteiapparat war hierarchisch organisiert, funktionierte auf der Grundlage von Befehl und Gehorsam. Hierfr stehen Namen wie Ernst Thlmann, Wilhelm Pieck, Erich Mielke, Walter Ulbricht, Erich Honecker und hnliche. Neben den Kadern, die alle politischen Vernderungen berstanden, war die restliche Parteibasis ziemlich heterogen und meist nur kurze Zeit in der Organisation. Im Schnitt betrug die KPD-Mitgliedschaft zwei Jahre. Die zwar interessante aber fr dieses Papier viel zu weit fhrende Untersuchung der nationalrevolutionren Strmungen in der Weimarer Zeit bzw. in der NS-Bewegung und die Versuche der KPD, auf diese Einfluss zu nehmen, knnen hier nicht analysiert werden. Viel mehr als eine Benennung ist nicht mglich, aber wesentlich. Denn diese Versuche stellten ein Charakteristikum der damaligen antifaschistischen Politik dar. hnlich verhlt es sich mit den antinationalsozialistischen Gruppen, welche aus der bndischen Jugend hervorgingen und militante bis hin zu bewaffneten Aktionen gegen den NS-Staat durchfhrten. Dieser Widerstand fute auf Gruppen wie dj. 1. 11, Sdlegion, Nerother Wandervogel, Die Eidgenossen usw., welche von der Gestapo unter dem Sammelbegriff Edelwei-Piraten2 verfolgt wurden. Genauso wenig kann auf die Organisationen eingegangen werden, die neben KPD und SPD bestanden und eine tatschliche Einheitsfront gegen den Faschismus initiieren wollten: der ISK (Internationaler Sozialistischer Kampfbund) oder die SAPD (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschland). Das Papier erzhlt nicht die allgemeine Geschichte des Antifaschismus, sondern die der Antifaschistischen Aktion. Ein Bruch erfolgte 1933 mit der groen Niederlage gegen die Nationalsozialisten und den daraus folgenden Zweiten Weltkrieg. Die Geschichte in Deutschland war daraufhin zweigeteilt. Da es in der DDR weder eine auerparlamentarische Bewegung noch eine Antifaschistische Aktion existierte, ist die staatstragende Funktion des Antifaschismus fr dieses System hier nur skizziert. Ebenso wie die Politik der VVN in der BRD und natrlich wirkten bei den verschiedenen antifaschistischen Aktivitten in der BRD noch mehr Strmungen mit, als nur die sptere Antifa. All dies ist aber nicht Thema dieses Textes. Er konzentriert sich auf die Gruppen, welche das Emblem der Antifaschistischen Aktion wieder zu ihrem machten und in ihm einen historischen Anknpfungspunkt sahen. Zu den grundstzlichen Unterschieden der zeitgenssischen Antifa zur Antifaschistischen Aktion zhlt, dass es sich um eine Bewegung ohne Anbindung an eine Parteipolitik handelt. Das heit zur Analyse stehen hier keine statistischen Erhebungen wie Wahlergebnisse, Mitgliederentwicklung u. . zur Verfgung. Es bleiben vor allem Demonstrationen, Anschlge und Kongresse, mit denen sich die Existenz und das Wirken der Antifa-Bewegung belegen lsst. Auch agiert die Antifa stets aus einer Minderheitenposition heraus. Demonstrationen mit mehr als 2000 Personen zhlen bereits zu groen Erfolgen. Solche und hhere Teilnehmerzahlen lassen sich nur in Bndniskonstellationen erreichen.
1 Die Kommunistische Internationale, kurz Komintern oder KI, stellte eine Art Weltrtekongress zur Durchfhrung der Weltrevolution dar. Seine Zentrale war Moskau und blieb in den Hnden der Bolschewiki. 2 Etwa ab 1934 wurde der Begriff Edelwei-Piraten von Gestapo und HJ fr diese Gruppen verwendet. Edelwei-Piraten war von der Wortbedeutung mit dem heute veralteten Begriff Halbstarke zu vergleichen. Das Edelwei ging auf das Freikorps Oberland zurck, welches sich viele Jugendliche ansteckten. Tatschlich hatten viele dieser Gruppen ihre Wurzeln in Freikorps bzw. deren Jugendorganisationen. Daneben wurden auch wilde Cliquen und kriminelle Banden absichtsvoll von den Nazis als Edelwei-Piraten bezeichnet. Nachdem in den 1980er Jahren erste Bcher ber die Edelwei-Piraten erschienen, bezogen sich neu entstandene Antifa-Gruppen auf diese Tradition. Bis Anfang der 1990er Jahre bestanden Zusammenhnge, die auch das Emblem des Edelwei wieder popularisierten.
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FLUGSCHRIFT
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dIE WENIGEN
In den 1980er Jahren beschreibt dieser Text mit der Koordination ein recht berschaubares Bild der AntifaBewegung. Auch wenn das Spektrum der Gruppen und Engagierten insgesamt grer gewesen sein mag, bildete diese Antifa-Koordination die wesentliche Grundlage fr die Entstehung der neuen Antifa. In den 1990er Jahren kommen wiederum neue Gruppen und Einflsse hinzu, doch bleibt auch hier der Kern der Entwicklung berschaubar. Diejenigen, welche Antifa zu ihrer Sache gemacht haben, waren und sind immer wenige. Auch wenn heute viel geschwafelt wird und sich der staatstragende Antifaschismus der DDR mit dem der alten BRD zu einer neuen Staatsdoktrin verbunden hat, wird weiterhin versucht den systemkritischen, linksradikalen Antifaschismus auszugrenzen. Seine Geschichte und Inhalte zu vermitteln, das mssen wir schon selber tun. Wobei wir beim Zweck dieses Textes wren. Er soll die Geschichte des Antifaschismus seit seiner Entstehung in den 1920er Jahren nachvollziehbar machen, indem er sie in groben Zgen nacherzhlt, also Daten und Ablufe in eine chronologische Reihenfolge stellt und die wesentlichen Entwicklungen benennt. Dabei richtet sich diese Flugschrift an alle Interessierten und bemht sich um Allgemeinverstndlichkeit. Aussagen sind mglichst mit Quellenangaben belegt. Das Papier soll als fundierte Diskussionsgrundlage dienen knnen.
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Im Unterschied dazu nannte sich in Deutschland keine rechte Organisation oder Partei faschistisch, dieser Begriff war den Italienern vorbehalten. Faschismus und Antifaschismus wurden von der KPD als undifferenzierte, polemische Kampfbegriffe ins politische Vokabular eingefhrt. Die Kommunisten verstanden unter Antifaschismus Antikapitalismus. Demnach waren fr die KPD alle anderen Parteien faschistisch, insbesondere die SPD.
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Der Plan der Bolschewiki sah vor, dass die KPD in ihren Hochburgen Sachsen und Thringen nun Regierungen mit der SPD bilden sollten, um Zugriff auf die Lnderpolizeien zu bekommen und die militrische Organisation der KPD, die Proletarischen Hundertschaften, zu bewaffnen.4 Da sich die linken Ministerprsidenten in Sachsen und Thringen seit langem um eine Koalition mit den Kommunisten bemhten, konnten die Verhandlungen zgig abgeschlossen werden. Was im brigen ein Beleg dafr ist, das eine Zusammenarbeit zwischen SPD und KPD sehr wohl mglich gewesen wre. Am 12. Oktober 1923 bernahm die KPD das Finanz- und das Wirtschaftsministerium in Sachsen unter Ministerprsident Erich Zeigner (SPD). Am 16. Oktober 1923 trat die KPD in die thringische Landesregierung unter August Frlich (SPD) ein. Doch gewarnt durch ihre Dienste und die Propaganda von Komintern und KPD, reagierte die Reichsregierung auf den drohenden kommunistischen Aufstand, indem sie die Reichsexekution5 gegen Sachsen und Thringen verkndete. Die Lnderregierungen wurden abgesetzt und am 21. Oktober 1923 marschierte die Reichswehr in Sachsen ein. Damit war der Aufstandsplan durchkreuzt, die Revolution wurde abgeblasen. Nur in Hamburg griffen KPD-Aktivisten, vermutlich aufgrund mangelhafter Kommunikation, am 23. Oktober 1923 zu den Waffen. Bereits nach 24 Stunden wurde diese isolierte Aktion von berlegenen Polizeikrften niedergeschlagen. Sie ging als Hamburger Aufstand in die Geschichte ein. Der Einmarsch der Reichswehr am 6. November 1923 in Thringen vollendete die Reichsexekution.
Unmittelbar nach den Zwangsmanahmen gegen Sachsen und Thringen wurde auch einer bedrohlichen Entwicklung, die sich in Bayern abzeichnete, der Garaus gemacht. Am 13. August 1923 hatte Gustav Stresenmann (DVP) mit einer groen Koalition von SPD/Zentrum/DDP/DVP das Amt des Reichskanzlers bernommen. Stresemann verkndete am 26. September 1923 den Abbruch des gescheiterten Widerstandes an der Ruhr, der 137 Menschen das Leben gekostet hatte. Aus Protest gegen den Abbruch des Ruhrkampfes ernannte die bayerische Staatsregierung am 26. September 1923 Gustav von Kahr zum Generalstaatskommisar mit diktatorischen Vollmachten. Kahr verhngte sogleich den Ausnahmezustand in Bayern, unterstellte die dort stationierten Reichswehreinheiten seinem Kommando und verbot eine sozialdemokratische Zeitung. Damit erkannte der Generalstaatskommisar die Befugnisse der Reichsregierung nicht mehr an, sondern verkndete die Ordnungszelle Bayern. Im zweitgrten Land des Deutschen Reiches wurden rechte Wehrverbnde versammelt und an der Grenze zum roten Thringen stationiert. Kahr drohte mit einen Marsch auf
3 Unabhngige Sozialdemokratische Partei Deutschlands, ging 1917 aus der Gruppe von SPD-Reichstagsabgeordneten hervor, die ab 1914 gegen die Untersttzung des I. Weltkriegs und die Burgfriedenspolitik durch die SPD opponierten. Im Dezember 1920 vereinigte sich der linke Flgel USPD (die Mehrheit) mit KPD. Der kleinere Teil fand 1922 seinen Weg zurck zur SPD. Die USPD existierte als unbedeutende Splitterpartei bis 1931 und lste sich dann in die SAP (Sozialistische Arbeiterpartei) auf.
4 Jede der Komintern angeschlossene Partei war verpflichtet, bewaffnete Kader aufzubauen, mit der sie im geeigneten Moment den Kampf um die Weltrevolution praktisch fhren konnte. In Preuen waren die Proletarischen Hundertschaften deshalb bereits am 12. Mai 1923 verboten worden. In Sachsen und Thringen blieben sie dagegen legal. 5 Die Reichsexekution war in der Weimarer Republik eine verfassungsrechtlich geregelte Manahme gegen einzelne Gliedstaaten zur Durchsetzung der staatlichen Einheit, analog zum heutigen Bundeszwang nach Art. 37 des Grundgesetzes.
Berlin. Doch mit der Reichsexekution gegen Sachsen und Thringen war der Ordnungszelle der Wind aus den Segeln genommen worden, dennoch blieb die Situation kritisch. Reichsprsident Ebert bertrug deshalb am 8. November 1923 nach 486 der Weimarer Verfassung die Exekutivgewalt zur Sicherung des Reiches gegen innere Unruhen auf den Chef der Heeresleitung, General von Seeckt. Da sich die bayerische Polizei und Heereseinheiten dem Oberfehl von Seeckts unterstellten, waren Gustav von Kahr die Machtmittel genommen. Doch nun versuchte der bis dato kaum ber Sddeutschland hinaus bekannte Adolf Hitler, in Mnchen die Macht an sich zu reien. Am 9. November 1923 fhrte er einen dilettantischen Putschversuch mit knapp 1500 Bewaffneten7 an. In einem Feuergefecht mit der Polizei vor der Feldherrnhalle scheiterte das Unternehmen. 16 Putschisten und vier Polizisten zahlten das mit ihrem Leben. Hitler und andere fhrende Nazis wurden verhaftet. General von Seeckt behielt zunchst die Exekutivgewalt und verhngte am 23. November 1923 ein Verbot gegen KPD, NSDAP und DVFP (Deutsch-Vlkische Freiheitspartei).
Bei der adligen Offizierskaste der Reichswehr traf das Reichsbanner auf klare Abneigung. In altem Standesdnkel wollte man unter sich bleiben und hatte politische Vorurteile. Im Gegensatz dazu standen bei der Polizei die Tren offen. Ende der 1920er Jahre behaupteten fhrende sozialdemokratische Politiker, dass in Preuen 65 % der Polizeibeamten Mitglied der SPD bzw. des Reichsbanners seien.
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6 Notverordnung der Weimarer Verfassung in der Ausnahmezustand, Reichsexekution, usw. geregelt waren. 7 Hitler stiftete am 9. November 1933, dem zehnten Jahrestag des gescheiterten Putsches, fr die Teilnehmer den sogenannte Blutorden. Die erste Verleihungsrunde zhlte knapp 1500 Medaillen-Trger. In den folgenden Jahren wurde der Orden auch fr andere Aktivitten verliehen, so das schlielich 6000 Parteiveteranen bestckt waren. 8 entspricht heute in etwa dem Land Sachsen-Anhalt mit dem nrdlichen Thringen. 9 Auf der ersten Grndungsfeier im Februar 1925 gab der Bundesvorsitzende Otto Hrsing eine Mitgliederzahl von 3 Millionen an. Gegenber dieser Eigenangabe legen serise Berechnungen eine Zahl von einer Million Mitglieder nahe.
10 Exekutivkomitee der kommunistischen Internationale, hchstes Entscheidungsgremium der Weltorganisation. 11 General von Seeckt trat am 28. Februar 1924 von seinen Machtbefugnissen zurck. 12 Bericht ber die Verhandlungen des IX. Parteitages der KPD (7. - 10. April 1924), Berlin (1924), S. 387.
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Unter dem Eindruck des abgewrgten Revolutionsversuchs Ende Oktober und des gescheiterten Hitlerputsches am 9. November 1923 reifte in sozialdemokratischen Kreisen die Idee, eine eigene Kaderreserve fr Reichswehr und Polizei aufzubauen. Unter Federfhrung der SPD wurde am 22. Februar 1924 in Magdeburg das Reichsbanner SchwarzRot-Gold Bund deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner gegrndet. Die Mitglieder rekrutierten sich aus SPD, Zentrumspartei, Deutscher Demokratischer Partei und den Gewerkschaften. Extremisten waren von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Vorsitzender der Bundes wurde Otto Hrsing, der als Oberprsident der preuischen Provinz Sachsen8 die politische Verantwortung fr die Niederschlagung des Mitteldeutschen Aufstandes im Mrz 1921 getragen hatte. Mit dem Reichsbanner zog die SPD-Fhrung einen weiteren Trennungsstrich zur KPD und versuchte die ffnung zur politischen Mitte. Letzteres funktionierte nicht so wie gedacht, denn trotz aller Bemhungen kamen bis zu 90 % der Reichsbanner-Mitglieder aus der SPD. Bereits ein Jahr nach seiner Grndung war die Vereinigung mit einer Million Mitglieder9 der grte Wehrverband der Weimarer Republik. Allerdings trat er stets defensiv und im Einvernehmen mit der Polizei in Erscheinung. In einigen Fllen fungierten Polizisten sogar als Ausbilder fr ausgewhlte Einheiten. Dabei ging es um taktische Schulung und Selbstverteidigung. Eine Ausbildung an der Waffe fand nicht statt. So blieb es im Groen und Ganzen bei propagandistischen Veranstaltungen, die mittels Uniformen und Fahnen ein militrisches Geprge erhielten. berlegungen, den republikanischen Wehrverband als Polizeireserve einzusetzen, wurden nicht umgesetzt.
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den, vom nchsthheren Gremium besttigt werden mussten. Diese Praxis fhrte den Gedanken einer innerparteilichen Demokratie ad absurdum. Doch das war nur der Auftakt. Gleich nach dem Tod Lenins zerfiel das Triumvirat. In den folgenden Machtkmpfen gewann Stalin mehr und mehr an Einfluss und in der KPD setzte eine von Moskau angeordnete, rigorose Reorganisierung nach bolschewistischen Leitlinien ein.
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Offensichtlich gab es bei groen Teilen der Veteranen des I. Weltkrieges ein Bedrfnis nach militrhnlichen Kampfbnden. Der propagandistische Vorsprung, den die rechten Verbnde durch Aufmrsche von Stahlhelm13, Wehrwolf14 und anderen Formationen gegenber der KPD erreicht hatten, wurde indes immer grer. Insbesondere die SPD organisierte mit dem Reichsbanner genau das Potential, das die Kommunisten fr sich gewinnen wollten. Schon lngst verlangten Stimmen der Parteibasis nach einem ffentlichen, militanten Auftreten, auerdem blieb der bewaffnete Aufstand zur Erringung der Macht das erklrte Ziel der KPD, doch: Der Beschlu des Parteitages von Frankfurt am Main im Mrz 1924, weiterhin Proletarische Hundertschaften zu bilden, blieb auf dem Papier. Zahlreiche Mitglie der Proletarischer Hundertschaften in verschiedenen Teile Deutschlands kamen zwar weiterhin zusammen, aber da sie keine kon kreten Aufgaben hatten, wurde daraus eine Vereinsmeierei.15 Es lag also auf der Hand, dass die erste Einheitsfrontorganisation ein formal eigenstndiger, kommunistischer Kampfbund werden musste. Letztlich fehlte nur noch ein entsprechender Anlass fr die Grndung. Der fand sich mit dem 11. Mai 1924, fr den der Stahlhelm einen Deutschen Tag in Halle angekndigt hatte. Dieser Aufzug, der anlsslich der Wiederherstellung des durch einen Sprengstoffanschlag beschdigten Kaiser-Wilhelm-Denkmals16 geplant war, wurde von der gesamten Linken als Provokation aufgefasst. Denn seit Ende 1923 galt ein generelles Demonstrationsverbot im Deutschen Reich, das auch 1.-Mai-Umzge der Gewerkschaften einschloss. Staatssekretr Dr. Meister hatte den Aufmarsch der Rechtsverbnde in Halle im Alleingang gegen den preuischen Innenminister Carl Severin durchgesetzt. Fr den Deutschen Tag hatte sich politische Prominenz der Rechten angekndigt: der Seeteufel und Kriegsheld Graf Luckner, der Weltkriegsgeneral Erich Ludendorff, Prinz Oskar von Preuen sowie die Fhrer vom Stahlhelm und Wehrwolf. Auerdem bekannten sich der Oberbrgermeister und Stadtratsmitglieder zum Festakt. Die nationale Presse in Halle jubelte. Gegen die rechte Feierlichkeit rief die KPD seit dem 1. Mai 1924 zu einem natrlich verbotenen Arbeitertag am 11. Mai in Halle auf und mobilisierte dazu ihre militanten Kader von weit auerhalb. Bereits am 10.
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Mai 1924 zogen aus Berlin und anderen Stdten angereiste Gruppen durch Halle. Da nicht alle Auswrtigen Quartiere in der Stadt fanden, mussten etliche Trupps in den umliegenden Orten unterkommen. Am nchsten Morgen fanden die kommunistischen Demonstranten die Zugnge der Stadt fr sich verwehrt, whrend die Schupo17 die Mitglieder der vlkischen Verbnde passieren lie. Als eine Gruppe von 500 Kommunisten am Bllberg, drei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, die Saale passieren wollte, kam es zum Handgemenge mit der Polizei. Schsse fielen und Demonstranten rissen Polizisten Pistolen aus den Hnden. Es entwickelte sich ein Feuergefecht, das acht Tote und 16 Schwerverletzten forderte. Hinzu kamen eine nicht bekannte Zahl von Leichtverletzten und hunderte Festnahmen. In Halle selbst wurden die Teilnehmer der kommunistischen Gegendemonstration von starken Polizeikrften im Volkspark festgehalten. Noch am selben Tag tagte der Zentralausschuss der KPD und verkndete: Es gilt, den groen Erfolg des Arbeitertages in Halle propagandistisch auszunutzen.18 Unter der Parole: Arbeiter, schlagt die Faschisten wo ihr sie trefft! wurde zu einer offensiven Kampagne aufgerufen. Allerdings konnten Demonstrationen nur punktuelle Erfolge bringen, weshalb die Parteifhrung eine Sitzung in Berlin einberief, um die Grndung eines kommunistischen Wehrverbandes zu beraten. Der Ablauf dieser Versammlung zeigte einiges ber den inneren Zustand der KPD. Anwesend waren der Leiter des M-Apparates19, Karl Grhl (Kampfnahme: Karl Retzlaw), mit seinem Mitarbeiter Wolfgang von Wiskow, ferner Ernst Schneller und Ernst Thlmann in Begleitung von zwei sowjetischen Offizieren. Gleich zu Beginn des Treffens verkndete Ernst Thlmann, dass seine beiden Begleiter erfahrene Militrs seien, die den Aufbau einer neuen Organisation untersttzten. Der Name sollte Roter Frontkmpferbund (RFB) sein, der von Resten der proletarischen Hundertschaften in Halle geprgt worden war. Um das Selbstbewutsein der Mitglieder zu erhhen, soll der Bund ... uniformiert auftreten; Windjacken, Sturmmtzen und Koppel sollen getragen werden und Musikzge sollen allen Aufmrschen voran marschieren. Thlmann betonte, dass die Grndung des Bundes eine vom Zentralkomitee beschlossene Sache sei und dass jetzt nur ber technische Fragen und ber die Besetzung der leitenden Funktionen gesprochen werden sollte.20 Doch die Vertreter des M-Apparates hielten nichts von der Idee einer kommunistischen Kopie der rechten Kampfbnde. Sie argumentierten Revolutionre drfen sich nicht uniformieren, sie mssen alles vermeiden, was nach Nachahmung des Militarismus aussehen knnte. Jedes militrhnliche Brimborium mit Kriegervereinsgeschmack msse vermieden werden21 Bei der Abstimmung votierten die beiden Vertreter des M-Apparates gegen die Grndung des RFB und wurden daraufhin umgehend aus der Parteiarbeit entlassen.
13 Stahlhelm Bund der Frontsoldaten, am 13. November 1918 von monarchistischen Offizieren gegrndet. Anfang der 1920er Jahre einer der bedeutendsten militaristischen Verbnde mit Beziehungen zur Reichswehr. Bis 1933 zhlte er mehr als 500.000 Mitglieder. 1934 in NSDFB Stahlhelm (Nationalsozialistischer deutscher Frontkmpferbund) umbenannt und groteils in die SA berfhrt, 1935 endgltige Auflsung in NSOrganisationen. 14 Wehrwolf Bund deutscher Mnner und Frontkrieger. 1923 als Reaktion auf den Einmarsch franzsischer Truppen ins Rheinland in Halle/ Saale gegrndet. Da zu diesem Zeitpunkt in den Stahlhelm nur ehemalige Frontsoldaten eintreten konnten, war der Wehrwolf von vornherein auch fr jnger Jahrgnge geschaffen. Der Name lehnt sich an eine bekannte Erzhlung des Heidedichters Hermann Lns aus dem Jahre 1910 an. Am 25. August 1933 erfolgte die berfhrung der 30.000 Mitglieder des Wehrwolf in die SA.
15 Karl Retzlaw, Spartakus Aufstieg und Niedergang Erinnerungen eines Parteiarbeiters, Verlag Neue Kritik, Frankfurt/Main, 1974, S. 299. 16 Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Halle war 1901 in der Nhe des Justizgebudes, am heutigen Hansering, aufgestellt worden. Es war eine groe Denkmalanlage aus Steinaufbauten mit Bronzefiguren, eine stellte den General Moltke dar. Am Silvesterabend 1922 explodierte eine Ladung Dynamit am Denkmal und zerstrte den Sockel. Die Moltke-Statue strzte kopfber in ein vorgelagertes Wasserbassin. 1924 wieder hergestellt, wurde die Anlage 1947 vollstndig abgetragen. 17 Schupo = Schutzpolizei 18 Rote Fahne Nr. 51, 14. Mai 1924.
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Mittels Schlgereien erwarb sich der Rote Frontkmpferbund bald Respekt und einen legendren Ruf. Die Gruformel des RFB, Rot Front und sein Abzeichen, die erhobene rechte Faust mit dem Ballen nach auen (Entwurf John Heartfield) wurden zur internationalen kommunistischen Symbolik. Eines seiner vorrangigen Ziele aber, Mitglieder aus dem Reichsbanner abzuwerben, blieb im Groen und Ganzen erfolglos.
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Die Frontstellung der Kommunisten gegenber der Sozialdemokratie war keine spezifisch deutsche Angelegenheit. 1924 war von Grigori Sinowjew die These vom Sozialfaschismus kreiert worden, nach der die Sozialdemokratie lediglich eine Variante des Faschismus darstellte. Dieser Grundsatz wurde auf dem VI. Weltkongress 1928 von allen der Komintern angeschlossenen kommunistischen Parteien verbindlich beschlossen. Fortan war es ihnen verboten, Bndnisse mit sozialdemokratischen Parteien und Organisationen einzugehen. Dies galt ohne Abstriche bis 1934. Dass die Sozialfaschismus-Politik zur weltweiten Richtschnur der Kommunisten wurde, hatte seine Grnde in der Sowjetunion. Dort hatte sich Josef Stalin 1927 endgltig als unumschrnkter Alleinherrscher durchgesetzt. Hinsichtlich Deutschlands hatte der Diktator aufgrund eines geheimen Rstungsabkommens ein besonderes Interesse. Die Reichswehr half, die Rote Armee aufzubauen. Im Gegenzug konnten sich deutsche Soldaten auf russischem Gebiet an Waffen ausbilden, die ihnen der Versailler Vertrag in Deutschland verbot. Dieses Geheimabkommen gefhrdete die SPD, denn sie propagierte einen gegen die Sowjetunion gerichteten Kurs und strebte eine Annherung mit Frankreich an. Bei der Analyse der Faktoren, welche KPD und SPD zu erbitterten Gegnern machte, darf nicht bersehen werden, dass nicht nur vordergrndig politische Grnde die beiden Parteien trennte. Dies zeigte sich bereits mit den Revolutionskmpfen zwischen 1918 1921 im Deutschen Reich, in denen die SPD zusammen mit Freikorps und Polizei gegen die Revolutionre vorgegangen war. Viele Tote, Verwundete und Verhaftete gingen auf das Konto der SPD, deren Politiker auch in den folgenden Jahren mageblich an Repressionsmanahmen gegen die KPD beteiligt blieben. Der Hass vieler Kommunisten auf die Sozialdemokraten basierte also durchaus auf konkreten Erfahrungen. Darber hinaus waren KPD- und SPD-Mitglieder durch ihren sozialen Status getrennt. Whrend sich in der KPD mit ihrer aggressiven Propaganda vor allem Arbeitslose und Verarmte wiederfanden, war die SPD die Partei der besser situierten Industriearbeiterschaft. Diese soziale Spaltung fhrte zu einer grundlegend unterschiedlichen politischen Ausrichtung. Deshalb stellten fr die KPD-Basis vor allem der Verrat der SPD an der Sache der Revolution und ihr Bonzentum die wesentlichen Trennungsstriche zur Sozialdemokratie dar. Die Sozialfaschismusthese hingegen blieb ein eher umstrittenes Konstrukt, was auch daran lag, dass Konfrontationen mit den Nazis zunahmen.
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19 M(ilitrapparat) der KPD, der verdeckt operierte. 20 Karl Retzlaw, Spartakus Aufstieg und Niedergang Erinnerungen eines Parteiarbeiters, Verlag Neue Kritik, Frankfurt/Main, 1974, S. 299 u. f. 21 ebenda, S. 300. 22 Nach Fritsch, W., Der Kampf des RFB ... in Thringen, S. 61, nach dem Bericht der Gauleitung bereits am 28. Juni 1924, S. 34. 23 Eine wissenschaftliche, serise Untersuchung findet sich bei: Schuster, Kurt G.P. Der Rote Frontkmpferbund 1924 1929, DrosteVerlag Dsseldorf, 1975, Anhang, Mitgliederstrke und soziale Zusammensetzung des RFB, S. 239f..
Dennoch htte all dies zusammen bestenfalls dazu gereicht, als Kuriositt in die deutsche Parteiengeschichte einzugehen. Bei den Wahlen zum 4. Reichstag am 20. Mai 1928 erhielt die NSDAP ganze 2,6% der Stimmen. Um nicht vllig unterzugehen, erging an die Parteigliederungen die Weisung, die Propaganda gegen die Juden zurckzunehmen, da der extreme Antisemitismus vor allem auf brgerliche Kreise abschreckend wirkte. Stattdessen setzte die NSDAP jetzt verstrkt auf auenpolitische Themen und den Kampf um die Strae.
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Nach ihrem VI. Weltkongress vom 17. Juli bis 1. September 1928, der gnzlich unter dem Einfluss Stalins stand, verschrfte die Komintern ihren Kurs gegen den Sozialfaschismus. Die Sozialdemokratie wurde zum Hauptfeind der kommunistischen Weltbewegung erklrt und eine aktive Politik zu deren Destabilisierung verkndet. Gleich nach dem VI. Weltkongress begann eine systematische Fraktionsarbeit der KPD im Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB). Am 14. Mrz 1929 beschloss das ZK der KPD, die aus der Gewerkschaft ausgeschlossenen KPD-Mitglieder zu registrieren. Alle im ADGB verbliebenen Parteimitglieder gingen zur prinzipiellen Opposition ber. Damit war die Keimzelle der Revolutionren-Gewerkschafts-Opposition (RGO) geschaffen. Whrenddessen kam es auf den Straen in immer grerem Mae zu gewaltttigen Konfrontationen zwischen den Nazis und ihren Gegnern, in erster Linie Kommunisten. Ende 1928 eskalierte die Situation, als bei Zusammensten in Berlin vier Menschen starben. Daraufhin erlie der sozialdemokratische Polizeiprsident Zrgiebel ein allgemeines Demonstrationsverbot, das Anfang 1929 auf das gesamte Land Preuen ausgeweitet wurde. Speziell fr den Roten Frontkmpferbund ergab sich daraus eine sehr ungnstige Situation, denn je lnger das Verbot whrte, umso mehr aktionistisch orientierte Mitglieder kehrten ihm den Rcken. Allein schon deshalb brannte der RFB darauf, wieder praktisch in Erscheinung zu treten. Diese Stunde kam mit dem 1. Mai 1929 in Berlin. Trotz des allgemeinen Demonstrationsverbotes rief die KPD in der Reichshauptstadt zu Kundgebungen am Maifeiertag auf. In den kommunistischen Hochburgen Wedding und Neuklln kam es daraufhin zur Konfrontation mit der Staatsmacht. Die Polizei ging uerst brutal gegen die Demonstrierenden vor, 33 Personen wurden gettet und viele verletzt. Es war die blutigste Maifeier in der deutschen Geschichte. Im Zuge der einsetzenden Repression wurde der RFB verboten. Der Blutmai lieferte eine wesentliche Argumentation fr die Sozialfaschismusthese und die gesteigerten Aktivitten der KPD gegen die SPD. Ab 1930 wurden die RGO als Rote Klassengewerkschaft propagiert und bertrittskampagnen initiiert. Allerdings war der Erfolg nur gering: die drei groen roten Verbnde organisierten in den Bereichen
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24 Erstmals war das Hakenkreuz einer breiten ffentlichkeit durch den Kapp-Putsch im Mrz 1920 bekannt geworden. Die Soldaten der Marinebrigade Ehrhardt hatten es sich bei ihrem Einmarsch in Berlin auf ihre Stahlhelme gemalt. Der Putsch scheiterte an einem Generalstreik.
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Metall, Bergbau und Bau nie mehr als 1% der Beschftigten. Mehr als die Hlfte der RGO-Mitglieder war zudem arbeitslos. Dazu verlor die KPD durch die Austritte ihrer Mitglieder ihren letzen Einfluss in den Gewerkschaften. Analog gestaltete sich die Entwicklung im Arbeitersport. Traditionell existierte seit 1893 der Arbeiter-Turnund Sportbund (ATSB). Von ihm spalteten sich 1930 die Kommunisten ab und bildeten die Kampfgemeinschaft fr Rote Sporteinheit (kurz Rotsport). Im Zusammenhang mit diesen verstrkten Einheitsfrontaktivitten entstand am 28. September1930 mit dem Kampfbund gegen den Faschismus (KgF) auch ein neue Kampforganisation. Der KgF konnte aber bei Weitem nicht an die Wirkung seines Vorlufers, des RFB, anknpfen. So grndete die KPD in allen Bereichen Einheitsfront-Organisationen unter ihrer Kontrolle, die im Wesentlichen aber nur aus ihren eigenen Mitgliedern bestanden. Zweifellos richtete sich die Einheitsfrontpolitik der KPD vor allem gegen die SPD und wirkte einer tatschlichen Einheit entgegen. Darber hinaus mischte sich die Moskauer Zentrale immer wieder direkt ein, wenn sie eine Chance sah, die deutsche Sozialdemokratie zu schwchen. So zum Beispiel 1931 beim angestrebten Volksentscheid zur Auflsung des preuischen Landtages, der der sozialdemokratisch-brgerlichen Koalitionsregierung von Otto Braun (SPD) unterstand. Ursprnglich ging die Initiative vom Stahlhelm aus und wurde zunchst von den Parteien der politischen Rechten und der NSDAP getragen. Auf Druck der Komintern und Stalins kndigte am 22. Juli, kurz vor Beginn des Volksentscheids, auch die KPD ihre Untersttzung an. Der Volksentscheid am 9. August 1931 scheiterte allerdings an zu geringer Teilnahme.
fr diese erstaunliche Entwicklung bildete der uerst effiziente Parteiapparat und die Mitglieder, die sich im Sinne der Partei hingebungsvoll einsetzten. Die These, dass die NSDAP vor allem ein Instrument der Groindustrie und der Hochfinanz gewesen sei, wie auf der weithin bekannten Fotomontage Der Sinn des Hitlergrues: Millionen stehen hinter mir von John Heartfield kolportiert, lsst sich bei nherer Betrachtung nicht halten. Groindustrielle frderten lieber die DVP oder die DNVP die Nazis waren ihnen zu proletarisch und zu links, allein das sozialistisch im Namen schreckte ab. Natrlich gab es einige Ausnahmen wie Emil Kirdorf oder Fritz Thyssen, doch im Wesentlichen finanzierte sich die NSDAP durch Zuwendungen der mittelstndischen Industrie und durch ihre recht hohen Mitgliedsbeitrge. Fr den schnellen Aufstieg der Nazi-Partei spielte das Volksbegehren gegen den Young-Plan25 im Sommer 1929 eine Groe Rolle. Neben dem Stahlhelm, der DNVP und anderen war die NSDAP erstmals als gleichberechtigter Partner der relevanten Rechtsparteien an einer reichsweiten Kampagne beteiligte. Besonders die viel gelesenen Zeitungen des deutschnationalen Groverlegers Alfred Hugenberg machten Hitler in diesem Zusammenhang weithin bekannt. Das Scheitern des Volksbegehrens im Dezember 1929 war daher fr die Nazis nicht von Bedeutung. Im Gegenteil, es erwies sich als Glcksfall fr die NSDAP, dass genau in der Phase, in der sie in ihrer Propaganda die konomische Versklavung des Vaterlandes durch das Ausland anprangerte, die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf das Land durchschlugen. Gerade in groen Teilen der verunsicherten und radikalisierten Landbevlkerung verfing sich die Agitation der NSDAP. In Schleswig-Holstein erprobten die Nazis eine Taktik, mit der sie bald das Deutsche Reich berrollen sollten: Sie konzentrierten alle ihre Krfte auf eine Region, bis sie sich dort als dominierende Kraft durchgesetzt hatten. Bei den Landtagswahlen im Oktober 1929 in Baden erreichte die NSDAP mit dieser Methode 7% der Stimmen, im Dezember des gleichen Jahres bei den Landtagswahlen in Thringen 9,3% und im Juni 1930 in Sachsen 14,4%. Die Zahl der Ortsgruppen hatte sich zwischen Februar und August 1930 von 70 auf 200 erhht, whrend der Mitgliederstand bis September auf 130.000 gestiegen war. Der endgltige Durchbruch der Nazis erfolgte mit der Reichstagswahlen am 14. September 1931. Nach einem Wahlkampf der Nazis, der Mastbe setzte, erhielt die NSDAP 18,3% und war mit einem Schlag die zweitstrkste Partei im Parlament. Die Zahl der Mandate stieg von 12 auf 107. In ihrer Euphorie sprach die Nazi-Propaganda nicht mehr von der Partei, sondern nur noch von der Bewegung. Tatschlich gelang es der NSDAP, sich das Image einer neuen, unverbrauchten Kraft zu geben. Doch auch wenn die NSDAP ab September 1931 die zweitstrkste Partei im Deutschen Reich und die NaziBewegung ein Massenphnomen geworden waren, brauchte es noch eines Fanals, mit dem sie ihren totalen Machtanspruch deutlich machen konnte. Eine Art Durchbruchsschlacht musste her, in der die Nazi-Gegner eindrucksvoll geschlagen wurden und Hitler als Fhrer den Sieg davon trug. Diese Machtprobe wurde in Braunschweig geliefert.
25 dabei handelte es sich um den letzten Reparationsplan, der die Zahlungsverpflichtungen des Deutschen Reiches auf Grundlage des Versailler Vertrages regelte.
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Zunchst schien jedoch die KPD in Braunschweig die Initiative zu bestimmen. Der Volksentscheid wurde auf den 15. November 1931 terminiert. Diesen Erfolg im Rcken, konzentrierten die Kommunisten ihre Krfte auf den Freistaat und glaubten, hier einen politischen Sieg ber die Nazis und die Sozialdemokratie erringen zu knnen.
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ter Klagges Zettel verteilen lassen, in denen die SPD- und KPD-Viertel aufgelistet waren, angeblich, um die SA vor diesen gefhrlichen Stadtteilen zu warnen. In der Not standen KPD, SPD und Unorganisierte zusammen. Pflaster wurde aufgerissen und Straen mit Barrikaden versperrt. Es kam zu brgerkriegshnlichen Zusammensten, in denen auch Schsse fielen. Der parteilose Arbeiter Heinrich Fischer wurde von einem SA-Mann durch einen Stich ins Herz gettet. Der in KPD-Publikationen als Genosse bezeichnete Arbeiter Engelke erlitt einen Bauchschuss, an dem er wenig spter verstarb. Darber hinaus gab es 61 Schwerverletzte. Die Polizei sah all dem tatenlos zu. Am folgenden Sonntag, dem 18. Oktober 1931, traten die Nazi-Massen auf dem etwas auerhalb gelegenen Franzschen Feld an. Mit groen Pathos weihte Hitler zum letzten mal vor der Machtergreifung, wie er verkndete, einige Fahnen und Standarten. Abschlieend fand vor dem Braunschweiger Schloss ein sechsstndiger Vorbeimarsch von SA- und SS-Verbnden statt. Am Abend hielt Hitler eine Rede, in der die Nationale Front von Bad Harzburg mit keinem Wort Erwhnung fand. Dem Misstrauensvotum der Harzburger Front gegen die Regierung am 16. November 1931 schlossen sich noch DVP und KPD an. Es wurde jedoch mit den Stimmen der SPD verhindert. Ebenso scheiterte der Volksentscheid der KPD gegen die Regierung in Braunschweig. Der Marsch der 100.000 gehrte zu den entscheidenden Erfolgen der Nazis auf ihrem Weg zur Macht. Hitler spendierte allen Teilnehmer deshalb ein Abzeichen, das spter als offizieller Orden galt.
Unterdessen gewannen die Nazis immer mehr an Boden. Hitler wollte am 10. April 1932 bei der Wahl zum Reichsprsidenten gegen Paul von Hindenburg und Ernst Thlmann antreten, doch noch war er staatenlos. Die deutsche Staatsbrgerschaft beschaffte ihm die Braunschweiger Regierung, indem sie ihn am 25. Februar 1932 zum Regierungsrat in Berlin ernannte ein Posten, den Hitler im brigen nie antrat. Die Wahl zum Reichsprsidenten entschied jedoch der von der SPD untersttzte, deutschnationale Paul von Hindenburg fr sich.
Als Reaktion auf die Harzburger Front und den Marsch der 100.000 wurde von Reichsbanner, SPD, Allgemeinem Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB), Allgemeinem Angestelltenbund (Afa-Bund) und Arbeiter Turn- und Sportbund (ATSB) am 16. Dezember 1931 die Eiserne Front formiert. Ihr Symbol waren drei von rechts oben nach links unten weisende Pfeile, die jeweils eine Krone, ein Hakenkreuz und Hammer und Sichel zerschmettern. Die Eiserne Front verstand sich somit auch als antikommunistische Organisation. Eine Mitgliedschaft im eigentlichen Sinne gab es nicht. Vielmehr stellte die Eiserne Front den Versuch dar, eine Bewegung von republiktreuen Krften zu initiieren. Heute wrde man sie wohl als konzertierte Aktion demokratischer Organisationen gegen den Extremismus bezeichnen. Whrend der ersten Monate ihrer Existenz wurde die Eiserne Front mittels Groveranstaltungen populr gemacht. Es gab sogenannte Rstwochen, in denen sich Aktivisten in Eiserne Bcher eintragen konnten. Gewerkschafter bildeten Hammerschaften, um im Ernstfall auch militant agieren zu knnen. In ihrer Propaganda erschien die Eiserne Front als entschiedene Kraft zum Schutze der Republik. Tatschlich konzentrierten sich ihre Aktivitten auf ffentlichkeitswirksame Selbstdarstellungen.
27 Huserschutzstaffeln waren ursprnglich zum Schutz der Mieter vor behrdlichen Manahmen wie Zwangsrumungen gegrndet worden. Durch die Brutalisierung der politischen Kmpfe wurden Huserschutzstaffeln ab etwa 1930 wesentlich fr den antifaschistischen Kampf.
Die KPD reagierte auf diese Entwicklungen mit dem Aufruf zur Einheitsfront Aktion, die kurz darauf in Antifaschistische Aktion umbenannt wurde. Den Grund lieferte eine Schlgerei zwischen Angehrigen der Nazi-Partei und kommunistischen Abgeordneten am 25. Mai 1932 im preuischen Landtag, die acht Schwerverletzte zur Folge hatte. Am nchsten Tag titelte die Rote Fahne: Feiger berfall der Nazis im Landtag auf Kommunisten Antifaschistische Akti on Aufruf des Zentralkomitees der KPD an die deutsche Arbeiterklasse. In den nchsten Wochen fanden berall im Reich Bezirkskongresse der Antifaschistischen Aktion statt. Dies traf sich mit Entwicklungen an der Basis. Es waren die Nazis welche KPD, SPD und andere Linke quasi in eine Front prgelten. Auf der Strae stand man oft ohne Acht auf die Parteizugehrigkeit zusammen, einfach aus der Situation heraus. KPD-Mitglieder, die zum groen Teil arbeitslos waren, organisierten mit Huserschutzstaffeln27 antifaschistische Selbsthilfe, an der sich natrlich alle Betroffenen beteiligten. Die Praxis war also oft etwas anderes als die Parteilinie. Allerdings gehen die Annahmen, dass sich in der KPD der Druck der Basis durchgesetzt htte was dann mit zur Grndung der Antifaschistischen Aktion beigetragen haben soll an der Realitt vorbei. 1932 war die KPD eine durch und durch stalinistische Partei, eine Einflussnahme der Basis auf die Parteifhrung war ausgeschlossen. Die Entstehung der Antifaschistischen Aktion vollzog sich vielmehr im bekannten inhaltlich/strategischen Konzept der Einheitsfrontpolitik nach Vorgabe der Komintern und markierte keinen Bruch mit der antisozialdemokratischen Linie. Offensichtlich handelte es sich bei der Antifaschistischen Aktion um die kommunistische Gegengrndung zur Eisernen Front. Dies lsst sich unschwer mit den Proklamationen und Papieren der Antifaschistischen Aktion belegen. Erwhnenswert ist hier die Broschre Ernst Thlmanns Antwort auf 21 Fragen von SPD-Arbeitern, die in einer Massenauflage von der KPD verbreitet wurde und so etwas wie ein Grundlagenpapier fr die Antifaschistische Aktion darstellen sollte. Der Legende nach trafen sich am 8. Juli 1932 im Karl-Liebknecht-Haus in Berlin 20 Sozialdemokraten aus verschiedenen Bezirken mit Ernst Thlmann zum Gesprch. Wenig spter erschien das Frage- und Antwortspiel in dem benannten Heft. Inhaltlich besteht die Verffentlichung aus einer Aneinanderreihung von Phrasen, Man sucht vergeblich nach der
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konkreten Antwort auf nur eine einzige Frage. Als Beispiel sei hier Thlmanns Erwiderung darauf, ob die Antifaschistische Aktion etwa ein kommunistischer Parteiladen sei, wiedergegeben: Sie ist ein berparteiliches Sammelbecken fr alle zum rcksichtslosen Kampf gegen den Faschismus gewillten Ar beiter. Sie ist keine Organisation, sondern eine Massenbewegung. Sie ist der Strom, in den all die kmpferischen Krfte einmnden, die wirklich den Kampf, den Massenangriff gegen die jetzige Regierung, welche die unmittelbare Aufrichtung der faschistischen Diktatur betreiben, durchfhren wollen. Die Fhrung der besonderen Einheitsausschsse, die in den Betrieben, in den Straen an den Stempelstellen usw. gebildet werden, mu selbstverstndlich in den Hnden der kampfgewillten Arbeiter selbst liegen.28 Schlielich fhrt die Kampagne am 10. Juli 1932 zu einem Reichseinheitskongress in der Berliner Philharmonie. Nach KPD-Angaben waren 1550 Delegierten anwesend, davon 379 Kommunisten, 132 SPD-Mitglieder (darunter auch Angehrige des Reichsbanners) und 954 Parteilose. Wieweit diese Zahlen, insbesondere hinsichtlich der SPD-Mitglieder, der Realitt entsprachen, lsst sich im Einzelnen schwer verifizieren. Wie berhaupt alles, was mit der Antifaschistischen Aktion zu tun hat, denn es gab keine Mitgliedsausweise. Die Antifaschistische Aktion entstand aus der praktischen Beteiligung. Der Kongress beschloss ein Kampfgelbnis der Antifaschistischen Aktion und ein Manifest. Dieses Manifest hat die gleiche Diktion wie die Thlmann-Broschre. Zum Sinn der Antifaschistischen Aktion ist zu lesen: Die Antifaschistische Aktion will nicht dulden, da ber Deutschland die faschistische Diktatur errichtet wird, da die Klassenorganisationen des Proletariats zertrmmert und verboten, da alle Rechte der Arbeiterklasse mit Fen getreten, da die Sozialversicherungen und alle Errungenschaften der Arbeiterbewegung ausgerottet werden. Die Antifaschistische Aktion organisiert in breitester Einheitsfront den geschlossenen roten Massenselbstschutz der Arbeiter, Erwerbslosen und Werkttigen in ganz Deutschland. Die Antifaschistische Aktion will den Massenkampf aller klassenbewuten Arbeiter, aller antifaschistischen Freiheitskmpfer fr die vernichtende Niederlage des Hitlerfaschismus, fr die Zurckeroberung von Millionen von den National sozialisten betrogenen Werkttigen.29 Der hier genannte Rote Massenselbstschutz war analog zu den Hammerschaften der Eisernen Front ausgerufen worden. Die Kommunisten wollten mit der Antifaschistischen Aktion sowohl die Parteibasis der SPD als auch der NSDAP in ihre Politik gegen das System einbinden. In diesem Zusammenhang ist auch der gemeinsame BVG-Streik von RGO und NSBO (Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation) im November 1932 zu sehen. Es kam denn auch zu demonstrativen Auftritten und Redebeitrgen von Mitgliedern der SPD und des Reichsbanners, ab und wann traten SA-Leute aufs Podium und erklrten die Zusammenarbeit. Das Emblem mit den Doppelfahnen, die KPD und SPD (gemeint war natrlich immer nur die SPD-Basis, nicht die Partei als solche) in einem Rettungsring mit der Aufschrift Antifaschistische Aktion symbolisierten, tauchte ab diesem Zeitpunkt quasi auf allen KPD-Publikationen und -Demonstrationen auf. Der Entwurf stammte von
28 Ernst Thlmanns Antwort auf 21 Fragen von SPD-Arbeitern, Zit. in: Kampf dem Faschismus Thlmann 1929-1933, Urania-Verlag Leipzig Jena Berlin, 1986, S. 263. 29 Was will die Antifaschistische Aktion?, Broschre 1932, Zit. in: Kampf dem Faschismus Thlmann 1929-1933, Urania-Verlag Leipzig Jena Berlin, 1986, S. 263.
den Grafikern Max Keilson und Max Gebhart, die Mitglieder im Bund revolutionrer bildender Knstler Deutschlands (BRBKD)30 waren. Die Propaganda der KPD lief ab diesem Zeitpunkt auf Hochtouren. Mit Plakaten, Zeitungen und Sonderbeilagen versuchte die Partei eine erfolgreiche Initiative darzustellen. Tatschlich gelang es, vor allem SPD-Mitglieder mit der Antifaschistischen Aktion anzusprechen. Insofern war die Politik der KPD erfolgreich, die sich in erster Linie weiterhin gegen die Sozialdemokratie richtete. Die SPD wiederum machte keinen Unterschied zwischen Nazis und Kommunisten, was bedeutete, dass sich jedes SPD-Mitglied, das sich an der Antifaschistischen Aktion beteiligen wollte, gegen seine eigene Partei stellen musste.
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30 Die Assoziation revolutionrer bildender Knstler Deutschlands, kurz Asso, abgekrzt ARBKD, war ein im Mrz 1928 gegrndeter Zusammenschluss kommunistischer Knstler. Auf ihrem Berliner Kongress im November 1931 wurde der Name in Bund revolutionrer bildender Knstler Deutschlands (BRBKD) gendert 1933 erfolgte das Verbot.
WAHL ERGEbNISSE
Mit der Antifaschistischen Aktion wollte die KPD nicht nur eine von ihr dominierte, parteibergreifende Sammlungsbewegung schaffen, sondern sie zielte auch konkret auf die Reichstagswahl am 31. Juli 1932. Das Kampfgelbnis der Antifaschistischen Aktion vom 10. Juli wurde z. B. von vornherein als flammender Wahlaufruf verfasst und als Plakat verbreitet. Der Wahlkampf fr die Juliwahl 1932 gilt als der gewaltttigste in der deutschen Geschichte. Insbesondere zwischen KPD- und NSDAP-Anhngern kam es zu massiven Auseinandersetzungen bis hin zu Schieereien. In der ersten Junihlfte 1932 starben dabei drei Menschen. Nach der Aufhebung des Uniformverbotes gegen die SA am 16. Juni starben weitere 17. Im Juli waren 86 Tote zu beklagen, 38 davon Anhnger der NSDAP, 30 gehrten der KPD an. Die Wahlbeteiligung zum 6. Reichstag war mit 84,1% die hchste bei einer Wahl in der Weimarer Republik berhaupt. Am Ende wurde die NSDAP mit 37,3% (und einem Stimmenzuwachs von 19%!) die mit Abstand strkste Partei im Reichstag, allerdings hatte sie nicht die Mehrheit. SPD (21,6%) und KPD (14,3%) blieben zusammengenommen relativ stabil. Adolf Hitler war nach diesem Ergebnis nicht mehr bereit, eine Minderheitenregierung zu untersttzen er wollte die Macht! Daher kam es bereits am 6. November 1932 zu Neuwahlen. Diese endeten jedoch mit Stimmenverlusten von 4,2% fr die NSDAP, die somit nur noch auf 33,1 % kam. Die KPD dagegen gewann etliche Stimmen hinzu, vor allem aus den Reihen der SPD. Insgesamt blieb aber der Anteil von SPD und KPD zusammen mit 37% wiederum etwa konstant. Es wre vermessen, die Stimmenverluste der NSDAP auf eine erfolgreiche antifaschistischen Politik der KPD zurckzufhren. Vielmehr war die Wahlbeteiligung um mehr als 1,4 Millionen Stimmberechtigte gesunken. Ganz profan lag das an einsetzender Wahlmdigkeit und traf vor allem die Nazis. Auerdem fielen viele Whler von der NSDAP wieder
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ab, weil diese zwar mit bombastischen Sprchen auftrat, erst mal aber kaum konkrete politische Vernderungen bewirkte. Mittelstndische und brgerliche Whler zeigten sich durch den revolutionren Habitus der Nazis zudem verunsichert. Demgegenber profitierte die KPD vom Polarisierungsprozess zum Ende der Weimarer Republik und gewann fr sich Whler der SPD. In der Summe blieb der Stimmenanteil beider Arbeiter-Parteien (mit der USPD ursprnglich dreier Parteien) in der Zeit von den 1920er Jahren bis 1932 konstant zwischen 33 und 40 %.31 In diesen Ergebnissen offenbart sich eine groe Schwche der linken Arbeiterparteien: Beamte, Selbstndige und andere, nicht zur Arbeiterklasse zhlende Schichten, die den gesellschaftlichen Wandel aktiv untersttzen wollten, konnten bei ihnen keine politische Heimat finden. SPD und KPD blieben ber all die Jahre bei ihrer, auf den Marxismus gesttzten Ideologie, in deren Folge sie Klientelpolitik betrieben. Mehr noch, insbesondere die KPD stand dem Kleinbrgertum misstrauisch gegenber und sah in ihm einen potentiellen Verrter an der Sache des Klassenkampfes.
und am 24. Mrz 1933 wurde das Ermchtigungsgesetz in Kraft gesetzt, mit dem sich Hitler zum Diktator aufschwang. Die linken Organisationen wurden zerschlagen und die brgerlichen Freiheitsrechte auer Kraft gesetzt. Doch selbst in dieser Situation hrte der Kampf von KPD und SPD untereinander nicht auf. Fr eingefleischte Sozialdemokraten blieben Kommunisten rot lackierte Nazis und die Komintern hielt unbeirrt an ihrer Sozialfaschismustheorie fest.
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Stimmenanteil SPD/USPD/KPD bei den Reichstagswahlen 1920 1932 6. Juni 1920, KPD 2,1 %, USPD 17,9 %, SPD 21,6 % zusammen: 41,6 % 4. Mai 1924, KPD 12,6 %, USPD 0,8 %, SPD 20,5 % zusammen: 33,9 % 7. Dezember 1924, KPD 9,0 %, USPD 0,3 %, SPD 26,0 % zusammen: 35,3 % 20. Mai 1928 KPD 10,6 %, USPD 0,1 %, SPD 29,8 % zusammen: 40,5 % 14. September 1930, KPD 13,1 %, USPD 0,03%, SPD 24,5 % zusammen: 37,6 % 31. Juli 1932, KPD 14,6 %, SPD 21,6 % zusammen: 36,2 % 6. November 1932, KPD 16,9 %, SPD 20,4 % zusammen: 37,3 %
32 Auch das berhmte Einheitsfrontlied (Und weil der Mensch ein Mensch ist) entstand erst im franzsischen Exil Ende 1934. Der Text stammte von Bertold Brecht, die Melodie von Hanns Eisler. Die Uraufhrung fand bei der 1. internationalen Musikolympiade 1935 in Straburg statt. Spter wurde es in der Interpretation von Ernst Busch das bekannteste Lied der marxistischen Arbeiterbewegung. 33 Am 15. Mai 1943 fasste das EKKI, auf Entscheidung Stalins, den Beschluss zur Auflsung der Komintern zum 10. Juni. Dieser Schritt gilt als ein Zugestndnis Stalins an die westlichen Alliierten, auf deren Untersttzung die Sowjetunion im Krieg gegen Hitler angewiesen war.
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Mit dem grten Verrat an der Sache des Antifaschismus, dem Hitler-Stalin-Pakt, verschwand das Begriffspaar Faschismus/Antifaschismus pltzlich aus dem Wortschatz der Komintern. Erst der berfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion 1941 brachte es zurck. Die Anti-Hitler-Koalition, in der sich die Kriegsgegner Deutschlands zusammenschlossen, fhrte zu einem Kriegsantifaschismus. In den von Deutschland besetzten oder dominierten Lndern verschmolz die Sache der nationalen Befreiung mit der des Antifaschismus. Antifaschismus wurde in diesem Zusammenhang als patriotischer Kampf gegen die deutsche Besatzung begriffen. Fr den Kriegsantifaschismus spielte der politische Kampf gegen den Kapitalismus bestenfalls noch eine Nebenrolle.
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kratischen Partei Deutschlands (NPD) 1964 und die Anfnge der Studentenbewegung prgten diese Zeit. Als Katalysator wirkte die groe Koalition von SPD und CDU unter Kurt Georg Kiesinger (CDU), die 1966 die Regierungsgeschicke bernahm. In der Folge machte sich Unmut gegen die herrschende Politik in breiten Bevlkerungskreisen bemerkbar, von dem vor allem die NPD profitierte. Bei Landtagswahlen erlangten die Rechtsradikalen Stimmenanteile von bis zu 10% und vieles deutete darauf hin, dass ihnen 1969 der Einzug in den Bundestag gelingen wrde. Spontan entstand eine Gegenbewegung, die von Vertretern etablierter politischer Organisationen ber die verfemten Kommunisten bis hin zur gerade entstehenden Auerparlamentarischen Opposition (APO) reichte. Zum ersten Mal zeigte sich ein neuer, kmpferischer Antifaschismus in der Bundesrepublik. Nachdem die NPD bei der Parlamentswahl 1969 knapp an der 5%-Hrde gescheitert war, ebbte diese antifaschistische Welle allerdings schnell wieder ab. Doch ihr Geist hielt sich weiterhin in der APO, die ihre Kampagnen zwar nicht gegen faschistische, sondern vor allem gegen antidemokratische Missstnde (Enteignet Springer) sowie den Radikalenerlass oder die Notstandsgesetze durchfhrte. Der Beginn der auerparlamentarisch-antifaschistischen Bewegung lsst sich also bereits in den 1960er Jahren nachweisen, und zwar deutlicher in ihrem undogmatischen Teil als in den hierarchisch organisierten kommunistischen Gruppen, die in den 1970er Jahren ebenfalls aus der APO entstanden. Denn welche Ziele auch vertreten wurden: den Kommunisten ging es in erster Linie darum, die Arbeiter in den Betrieben zu erreichen, um den Klassenkampf zu befrdern. Antifaschismus blieb fr sie lediglich ein Nebenschauplatz. Auch die bewaffneten Gruppen wie die Bewegung 2. Juni, die Rote Armee Fraktion (RAF) oder die Revolutionren Zellen (RZ) schieden als Ideengeber fr die Antifa aus. Keine dieser Gruppen hat je eine Aktion explizit gegen Nazis durchgefhrt.
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An vielen Orten bildeten sich in dieser Zeit ideologisch und organisatorisch nicht eingebundene antifaschistische Arbeitskreise. Allerdings gestaltete sich die Zusammenarbeit schwierig. Da gab es den Kommunistische Bund (KB), der eine bundesweite Initiative unter seiner Leitung anstrebte. Demgegenber vertrat die VVN in Sachen Antifaschismus die Positionen der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) bzw. der SED, suchte den Schulterschluss mit Gewerkschaften und SPD, verteidigte den antifaschistischen Geist der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und war strikt gegen Militanz. Daneben versuchte die Volksfront die von der Kommunistischen Partei Deutschlands/ Marxisten Leninisten (KPD/ML) 1979 gegrndet worden war, dann aber vom Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) dominiert wurde und die Sozialistische Arbeitergruppe (SAG), eine trotzkistische Gruppe, Einfluss auf die sich entwickelnden Antifa-Zusammenhnge zu nehmen. Bei den meist jungen Antifa-Aktivist/innen, die konkret etwas gegen die Neonazis unternehmen wollten, trafen diese internen Machtspiele auf Unverstndnis. Da keine tatschliche, vertrauenswrdige Kooperation zwischen den Organisationen stattfand, begann der KB, eine Antifa-Kommission aufzubauen, um Personen und Zusammenhnge im neofaschistischen Lager auszuforschen und damit eine fundierte ffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Darber hinaus ging der KB von einer Faschisierung des parlamentarischen Systems aus, worunter der allmhliche Abbau der demokratischen Rechte und eine Umwandlung in einen Polizei- und berwachungsstaat verstanden wurde (eine Position, die spter auch von den Autonomen vertreten wurde, welche ebenso die Praxis der Recherche bernahmen). Doch trotz aller Bemhungen ging der Einfluss des KB in den kommenden Jahren zurck und Autonome und undogmatische Linke wurden bestimmend.
Im WINdSCHATTEN
Die sich quasi im Windschatten der groen politischen Themen Ende der 1970er Jahre wie Anti-AKW, Hausbesetzungen, Anti-Kriegsbewegung und dem bewaffneten Kampf etablierende Antifa-Strmung wurde zunchst kaum wahrgenommen. Der Beginn der berregionalen Antifa-Organisierung kann auf den 21. November 1981 datiert werden, als in Hannover ein Treffen von Norddeutschen und Fankfurter Antifa-Gruppen stattfand. Anwesende waren Hamburg, Frankfurt/Main, Hannover, Northeim, Gttingen, Bad Lauterberg, Emden, Oldenburg, sowie Vertreter von SAG und Volksfront. Politisch war alles vertreten was die linksradikale Szene zu bieten hatte bis auf typische Autonome. Das Treffen wurde in unregelmigen Abstnden alle paar Monate einberufen und stellte eine eigenstndige Instanz dar. Gruppen aus Frankfurt nahmen nur anfangs teil. Die Volksfront verlie das Treffen, etwas spter auch die SAG. Dafr stieen einige andere Gruppen aus dem norddeutschen Raum hinzu, weshalb sich die Koordination fortan Norddeutsches Antifa-Treffen nannte. Die Zusammensetzung dieser ersten Vernetzung zeigt, das es falsch ist, Antifa einfach unter dem Begriff Autonome einzuordnen, was letztlich mit den Ansichten vieler Antifa-Aktivist/innen korrespondierte, die sich
nicht unter dem Label Autonome subsumieren lassen wollten. Fr die autonome Bewegung an sich spielte Antifaschismus jedenfalls bis 1983 keine Rolle. Anfangs befasste sich lediglich ein recht berschaubarer Kreis mit dem Thema. Wobei diejenigen, die sich als Autonome Antifaschisten bezeichneten, den Kampf gegen die Neonazis aus einem antiimperialistischen Ansatz heraus fhrten. Antifa, Autonome und Autonome Antifaschisten stellten also zu Beginn der 1980er Jahre drei Kategorien dar. Heute sind diese nicht mehr existent, aber es bleibt festzuhalten, dass in der Antifa von vornherein zwei Hauptstrmungen existierten: Anti-Nazi-Aktivisten und Anti-Imperialisten, die das System zerschlagen wollten. Trotz vieler Unterschiede entstand mit dem Norddeutschen ein verbindlicher Zusammenhang, der in die sonstige Szene hineinwirkte. Diese Form der Organisierung war keinesfalls typisch autonom. Zum Emblem der Antifa wurde eine Neugestaltung des KPD-Symbols der Doppelflaggen im Kreis aus dem Jahr 1932. Bereits in den 70er Jahren hatten K-Gruppen das Symbol in seiner ursprnglichen Form verwandt. Nun wurden aus den beiden roten Fahnen eine rote und eine schwarze, letztere fr die anarchistischen Tendenzen innerhalb der Bewegung. Die ideologische Begrndung und knstlerische Umgestaltung lieferte Initiative Kunst und Kampf (KuK). Ab 1989 werden die Fahnen ausschlielich von links gegen rechts gewandt abgebildet, da die Antifa eine linke Bewegung ist, die gegen rechts vorgeht. Von vorn herein spielte es eine Rolle, dass man sich mit einem eigenen Symbol auch vom roten Dreieck der VVN absetzte. Als sich die ersten Antifa-Strukturen konstituierten, traten zu Beginn des Jahres 1983 die Neonazis verstrkt in Erscheinung. In Frankfurt/Main schlossen sich am 15. Januar 1983 die wichtigsten Kader zur ANS/NA (Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten) zusammen. Michael Khnen war mit provokanter Berechnung sehr darum bemht, eine Kopie der NSDAP zu schaffen, weshalb die ANS/NA in Parteiuniformen und mit entsprechenden Symbolen und Brimborium auftrat. Dieses und das klare Bekenntnis zum Nationalsozialismus stellten fr die Medien Sensationsmeldungen dar. So hatte diese Truppe zwar nur einige hundert Mitglieder, dafr aber eine ungeheure ffentliche Aufmerksamkeit. Am 21. Mai 1983 sollte in Bad Hersfeld ein SS-Veteranentreffen stattfinden, zu dem die ANS/NA parallel aufriefen. Die Neonazis suchten den Schulterschluss mit den ,alten Kameraden und wollten die ANS-Kameradschaft 8, Bad Hersfeld grnden. Diese Informationen trafen kurzfristig beim Norddeutschen ein. Da fr eine grere Mobilisierung nicht mehr genug Zeit zur Verfgung stand, machten sich lediglich ca. 50 Antifaschist/innen aus Gttingen auf den Weg, hinzu kamen knapp 100 Autonome aus dem Rhein/Main-Gebiet. Man traf sich vor Ort bei der groe Demonstration des DGB mit mehr als 6000 Teilnehmern. Am Rande der Veranstaltung kam es zum Aufeinandertreffen von Autonomen mit Neonazis und der Polizei. Der DGB forderte ber Lautsprecher dazu auf, sich von den Militanten zu distanzieren und DGB-Ordner bildeten eine Menschenkette, damit die Autonomen nicht in ihre Demonstration flchten konnten.
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Es ereigneten sich drastische Szenen. Ein Neonazi erlitt einen doppelten Schdelbasisbruch, einem militanten Antifaschisten wurde von einem Zivilpolizisten die gezogene Pistole an den Kopf gesetzt. Dem Beamten wurde von hinten ein Helm ber den Schdel gezogen, der Betroffene befreit. Insgesamt kam es zu sieben Festnahmen ausschlielich Antifaschisten. Aus diesen Erfahrungen zogen die Gruppen im Norddeutschen Konsequenzen. Gegen ein geplantes Stahl35 helm -Treffen in Celle am 16./17. Juni 1983 wurde erstmals gemeinsam vorgegangen. Entsprechend erfolgreich verlief die Aktion. Am 16 Juni kamen vor dem Veranstaltungslokal Wasserwerfer gegen die Antifas zum Einsatz und es gab mehrere Verletzte. Dennoch gelang es antifaschistischen Gruppen am folgenden Tag, das Lokal zu besetzen und der Stahlhelm war gezwungen, sein Treffen abzubrechen. Dieser Erfolg gab dem Norddeutschen Rckenwind. Als nchstes sollte der geplante NPD-Bundesparteitag in Fallingbostel am 1./2. Oktober 1983 gemeinsam verhindert werden.
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VIELE NAmEN
Whrend Antifaschismus 1983 bei den Autonomen in Nord- und Westdeutschland eine immer grere Bedeutung erlangte, hinkte der Sden dieser Entwicklung hinterher. Doch auch hier entwickelten sich Antifa-Gruppen
Die Aktivist/innen aus Hamburg und Bremen beschlossen, sich nicht durchsuchen zu lassen. Sie wollten durchbrechen, ohne zu ahnen, dass zu diesem Zeitpunkt der Gttinger/NRW-Konvoi von einem Motorradfahrer in ihre Richtung gelotst wurde. Gerade als die norddeutschen Militanten Helm an Helm auf der Strae gegen die Polizeiabsperrung Anlauf nahmen, kamen die Autos aus Gttingen und NRW ber eine Hgelkuppe und konnten die beeindruckende Szene nur aus Entfernung beobachten. So gingen mehrere hundert Militante des Nordkonvois allein die Absperrungen vor der Halle an. Es war ein Frontalangriff, Steinhagel trieben die Polizisten in Deckung und mit Bolzenschneidern wurden die Stacheldrahtabsperrungen durchschnitten. Es dauerte einige Momente, bis sich die Polizeikrfte gesammelt hatten, dann wurde die Attacke der Antifas mit Hilfe von Trnengas und SEK-Einheiten zurckgeschlagen. Erst in diesem Moment stieen die Aktivist/innen aus G/NRW hinzu. Die Polizei konnte zwar noch einmal abgewiesen werden, aber ein weiterer Versuch, zur Halle vorzudringen, war aussichtslos. Die Militanten wurden von der Polizei aus der Stadt gedrngt. Die Zeitungen in Nord- und Westdeutschland titelten am nchsten Tag: Auergewhnlich brutal griffen die Autonomen an und zeigten Fotos von den Auseinandersetzungen. Insgesamt hatten die Antifa-Zusammenhnge 2.500 Aktivist/innen nach Fallingbostel mobilisiert. Von mehr als 50 Verletzten und 33 Festnahmen war zu lesen. Nach einem Militanten wurde im gesamten norddeutschen Raum und NRW mit Foto in allen Zeitungen gefahndet, schlielich sogar bundesweit mit der Fernsehsendung Aktenzeichen XY ungelst. Mit Fallingbostel wurde Autonomer Antifaschismus zum Thema. Parallel zum Norddeutschen bildete sich ein NRW-Treffen, beide standen in intensiver Verbindung. In der Folge kam es auch zur finalen Auseinandersetzung mit dem KB. Besonders die Antifaschistische Aktion Hamburg, die eine fhrende Rolle im Norddeutschen spielte, wollte den Einfluss des KB ausschalten und eine von Autonomen dominierte Koordination erreichen. Den Vorwand lieferten Fotos von der Straenschlacht in Fallingbostel, welche der KB in seiner Zeitung Arbeiterkampf (AK) abdruckte. Da nach Militanten gefahndet wurde und nicht alle auf den Fotos vollstndig unkenntlich gemacht worden waren, behaupteten die Hamburger, der KB wrde sich quasi an der Fahndung beteiligen. Sie drangen in die Redaktionsrume des AK ein und nahmen wichtige Gerte und Unterlagen zur Produktion der Zeitung mit. Das Material sollte erst wieder zurckgegeben werden, wenn im AK eine Erklrung der Hamburger Autonomen Antifaschisten abgedruckt werden wrde. Am Ende diese Prozesses war der KB aus dem Norddeutschen verdrngt.
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36 Wer nichts ist als ein Antifaschist, ist kein Antifaschist!, Papier aus dem Jahr 1983, Verffentlicht in Antifa-Texte 2, November 1986, Auflage 1000 Exemplare, einzige authentische Broschre der Autonomen Antifaschisten.
und -Aktionen. Viel Aufsehen erregte z.B. die Straenschlacht mit der Polizei vor dem Hotel Krone in Nesselwangen in Bayern am 12. Mai 1985. Dort hatten sich 600 SS-Veteranen der Leibstandarte Adolf Hitler und Hitlerjugend versammelt. Vor dem Hotel ging die Polizei stundenlang mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor. 71 Antifaschist/ innen wurden verhaftet, viele verletzt. Dann kam der Abend des 28. September 1985. In Frankfurt/Main hatten autonome und andere Gruppen zu einer Demonstration gegen ein NPD-Treffen aufgerufen. Bei den folgenden Auseinandersetzungen wurde der 36-jhrige Gnter Sare von einem Wasserwerfer der Polizei berfahren und gettet. Noch am selben Abend kam es zu militanten Demonstrationen und Anschlgen, die sich in den folgenden Tagen bundesweit steigerten. Adressaten waren Banken, Kaufhuser und Polizeistationen. In Frankfurt geriet die Polizei vllig in die Defensive, die Zeil, die Haupt-Konsummeile in der City, ging mehrmals komplett zu Bruch. Zwei Wochen hielt die autonome Szene das Land in Atem. Es waren die unruhigsten Wochen, welche die Bundesrepublik bislang erlebte. Alle waren von der Wucht der Ereignisse berrascht, am meisten der Staatsschutz und die Polizei. Autonomer Antifaschismus war jetzt ,das Thema in den Medien, berall entstanden neue Verbindungen. Im Mai 1986 etablierte sich schlielich ein Sddeutsches Antifa-Treffen, das wie das Norddeutsche und das NRW-Treffen konzipiert war. Die drei Treffen standen im stndigen Austausch. Damit existierte eine bundesweite Koordination, welche die Nazistrukturen bis hin zur Braunzone der brgerlichen Organisationen auskundschaftete und eine entsprechende Archivarbeit aufbaute. Ziel dieser Informationsbeschaffung war es, direkte Verhinderungsaktionen und Demonstrationen gegen die Rechtsentwicklung in der BRD zu organisieren. Dies fhrte auch zur Entwicklung einer klandestinen Organisierung, die zum ersten Mal in der Geschichte dieses Landes Neonazis und andere Rechte mittels permanenten Anschlgen systematisch angriff. Eine Auswertung von Verfassungsschutzberichten ergibt im Zeitraum 1983 bis Sommer 1989 ber 50 Anschlge, darunter viele Sprengstoff- und Brandanschlge. Hinzu kamen noch diverse Sachbeschdigungen und militante Aktionen jeder Art, deren Zahl in die hunderte ging. Dahinter steckten die Autonomen Antifaschisten.
lichen Freiheiten einrumt, in anderen Gegenden der Welt Folterregime installiert. Die Nazis wurden nur als extremste Ausprgung des herrschenden Systems bekmpft. Eigentlich galt der Kampf dem faschistischen Imperialismus. Daraus leitete sich die Parole: Kampf dem Faschismus heit Kampf dem imperialistischen System! ab. Autonome Antifaschisten verstanden sich als Antiimperialisten, jedoch waren sie keine Antiimps in dem Sinne. Diesen Begriff verwandten die Anhnger der RAF fr sich, die der Strategie des bewaffneten Kampfes nahe standen. Deshalb grenzten sich Autonome vom Begriff Antiimperialismus ab. Autonome vertraten keine Konzepte. Es gab zwar eine Flut von Papieren zu Demonstrationen, Kongressen oder in der Szene gefhrten Diskussionen, aber nicht eines, das eine langfristig angelegte Politik beschreibt. Autonome lebten und agierten im hier und jetzt. Allein daraus ergab sich die besondere Stellung der Autonomen Antifaschisten bzw. der Antifa-Koordination.
AbSOLUT LINKSRAdIKAL
Ab 1982 entstanden einige programmatische Papiere, welche in radikalster Rhetorik die These vom faschistischen Imperialismus propagierten. Da heit es Antifaschismus ist antagonistisch. Wer nichts ist als ein Antifa schist, ist kein Antifaschist, denn er hat nicht begriffen, dass nicht besondere Kapitalinteressen, nicht besondere Herrschaftscliquen, nicht besondere Massenbewegungen faschistisch sind; faschistisch ist das System.36 Diese absolut linksradikale Einstellung geht von der Kontinuitt des Systems aus. Nachzulesen in dem Papier Antifaschismus ist undemokratisch oder staatstragend vom Juni 1986. Fr uns ist die Befreiung vom Faschismus nicht als ein Mythos ... Die demokratischen Spielregeln dieses Staates sind psychologische Kriegsfhrung zur Entwaffnung des Widerstands! Fr uns bedeutet die Entstehung und Entwicklung der BRD Kontinuitt des Staatsfaschismus. Wen wundert daher, dass der Kreis der Autonomen Antifaschisten klein blieb. Ihre Papiere verfolgten auch keine politische Strategie in dem Sinne, sondern lieferten Begrndungen fr militante Aktionen. Im Unterschied zur RAF und zu anderen bewaffneten Gruppen sah man sich aber nicht im Krieg mit dem System, sondern entwickelte ein eigenes, recht erfolgreiches militantes Konzept. Dazu gehrte, dass keine Mordanschlge begangen wurden und Schusswaffen und militrischer Sprengstoff als Mittel ausschieden. Alles sollte so organisiert sein, dass es jede/r nachmachen konnte. Bei Anschlgen wurde nie zweimal der gleiche Namen verwendet, Kommandostrukturen variiert, die technische Ausfhrung differierte. Jeder Anschein, dass eine klandestine, militante antifaschistische Struktur existierte, sollte so lange wie mglich vermieden werden. Um strategische berlegungen hinsichtlich einer Entwicklung und Einbettung der eigenen politischen Vorstellungen in breitere Kreise der Bevlkerung ging es nicht. In ihrem konsequenten Avantgardismus versuchten die
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Autonomen Antifaschisten sogar, eine ideologisch vereinheitlichte, militante Kaderorganisation zu schaffen. Ein Vorhaben, das jedoch bereits 1984 scheiterte. Verbunden blieb man nur mit den militanten Anti-Nazi-Aktivist/innen, die zwar eine andere politische Richtung vertraten, aber auf die man in der Praxis zhlen konnten. Diese Mischung ergab die Antifa.
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Schsse von Autonomen. Die folgende, massive Repressionswelle traf auch Aktivist/innen aus den Antifa-Zusammenhngen. Es kam zum schnellen Niedergang. Bereits 1988 war die Antifa-Koordination nicht mehr handlungsfhig. Entscheidende Aktivist/innen zogen sich zurck, der politische Ansatz hrte einfach auf zu existieren.
dIE bNdNISLSUNG
In Gttingen wurden derweil neue Wege gesucht. Hier setzte man auf ein Antifaschistisches Bndnis, in dem von Autonomen bis zu den Gewerkschaften verschiedene Gruppen und Parteien zusammenarbeiteten. Die erste groe Bndnisdemonstration, die weithin fr Aufsehen sorgte, fand am 7. Mai 1988 gegen ein Neonazizentrum in Mackenrode bei Gttingen statt. Doch bereits im September 1988 erklrte der DGB seinen Rckzug aus dem Antifaschistischen Bndnis, das sich wenig spter auflste. Der bislang nur schwelende Konflikt zwischen der Autonomen Antifa und dem Vertreter der neuen Politik eskalierte wenig spter in einer offenen Auseinandersetzung. In der Zusammenarbeit mit dem DGB witterten die Autonomen Verrat, die Bndnisposition wurde ausgegrenzt. Wie in der Szene blich, wurde der Zwist sowohl in persnlichen Angriffen als auch mit bundesweit verbreiteten Texten ausgetragen. In diesem Zusammenhang entstanden die ersten Papiere aus der autonomen Antifa, die eine taktische, politische Konzeptionen begrnden. Sie hieen Das Wort zum Sonntag37, und Von Strohfeuer und Strohfeuermythos38. Whrenddessen existierte das Norddeutsche nur noch als Treffen zum Informationsaustausch. Am 15. Juni 1989 kam es in Hamburg zu sechs Hausdurchsuchungen gegen Antifaschist/innen. Vier von ihnen wurden beschuldigt, eine terroristische Vereinigung gegrndet zu haben, die im gesamten norddeutschen Raum seit 1983 Brandanschlge auf das Eigentum ihrer politischen Gegner und solcher Personen und Vereinigungen verbt hat, die als Reprsen tanten des von ihr abgelehnten Staatswesens angesehen werden.39 Die Ermittlungen nach 129a liefen bereits seit Januar des Jahres. Das Norddeutsche, durch interne Konflikte blockiert, konnte diesem Staatsschutzangriff nicht geschlossen begegnen, es lste sich im zweiten Halbjahr 1989 endgltig auf. Einige Aktivist/innen trafen sich allerdings weiterhin, um sich durch die Kampagne Kunst als Widerstand mit den kriminalisierten und inhaftierten Antifaschist/innen aus dem Norddeutschen solidarisch zu zeigen. Die gleichnamige Wanderausstellung zeigte zum Teil verbotene Plakate und propagierte die sthetik des Widerstandes. Von 1990 bis 1992 zog die Ausstellung durch 15 Stdte, von denen die meisten zuvor an der Antifa-Organisierung beteiligt gewesen waren. Das zeigte, dass sich manche Aktivist/innen aus den aufgelsten Strukturen in neuen Gruppen einbrachten. Letztlich wurden alle Verfahren gegen Autonome Antifaschisten eingestellt, es gelang den Behrden nicht, die Struktur zu durchblicken. Es gab keinen Verrat, sie haben niemanden gekriegt.
37 Bundesweit verbreiteter Text, verffentlicht u. a. in der radikal oder auch in Gttinger Anschlge, Nr. 5, Februar 1988, beim Datum handelt es sich um einen Satzfehler, tatschlich Februar 1989. 38 Verffentlicht u. a. in Gttinger Anschlge, Nr. 6, Februar 1989. 39 Verffentlicht u. a. in Gttinger Anschlge, Nr. 6, Februar 1989.
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Dass ein Bedrfnis nach Strukturierung aber generell vorhanden war, zeigte sich daran, dass es hnliche Bemhungen auch von anderen Teilen der Szene gab. In Norddeutschland entstand z.B. das Avanti-Projekt undogmatische Linke, eine Organisation, die es bis heute gibt. Auch die Initiative der Autonomen Antifa (M) fand durchaus Zuspruch, vor allem bei der neuen Generation der Politaktivist/innen. In ersten Treffen mit anderen Gruppen zeigte sich jedoch bald ein altes Problem: Es gab Zusammenhnge, die in erster Linie die Neonazis bekmpfen wollten, whrend der Vorschlag der M darauf zielte, eine antiimperialistische Organisation zu schaffen. Der Begriff antiimperialistisch wurde wiederum von einigen Alt-Autonomen abgelehnt, genauso wie die Vorstellung von einer Organisationsstruktur. Demgegenber kristallisierten sich bald einige Gruppen heraus, die den Schritt mitgehen wollten. Zur Jahreswende 1991/92 mobilisierte die Autonome Antifa (M) nach Gttingen. Die Silvesterdemo stand unter dem Motto Gegen Faschismus und Polizeiterror Zusammen gehrt uns die Zukunft! Rund 800 Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet marschierten als behelmter Schwarzer Block durch die Stadt. Die Silvesterdemo war ein entschiedenes Signal fr die Organisierung, die von 11 Gruppen unter dem Namen Antifaschistisch Aktion/Bundesweite Organisation (AA/BO) am 25. Juli 1992 in Wuppertal aus der Taufe gehoben wurde. Um als Zusammenhang ffentlich wahrnehmbar zu sein, gaben sich die Gruppen ein einheitliches Logo. Die AA/BO verstand sich nicht als Neuauflage der alten Koordination. Es ging ausdrcklich nicht um eine im Untergrund agierende, militante Struktur, sondern um eine auf Breitenwirkung ausgerichtete, revolutionre Politik. Zu ihren Grundlagen fhrte die AA/BO aus: Loslsung von autonomer Ghettopolitik durch ffnung nach auen (Massenmedien, Bndnisse ...) Aus der von Unverbindlichkeit geprgten Szenestruktur hin zu einer von Verantwortlichkeit und Ansprechbarkeit gekennzeichneten Organisation Weg von abgehobenen Debatten auf der einen Seite und Aktionismus auf der anderen; hin zur kontinuierlichen Erarbeitung von Grundlagen, die eine praxisorientierte, berregionale Zusammenarbeit ermglichen.40 In ihrer Grndungsbroschre stellte die AA/BO umfangreichen berlegungen zum Organisationsmodell, ffentlichkeitsarbeit und vielem mehr an. Es fehlte aber eine fr alle Gruppen verbindliche Definition, was unter Antifaschismus verstanden wurde. Eine Klrung sollte erst in einer zuknftigen Diskussion stattfinden. Es blieb bei einem diffusen Antikapitalismus, der meist an kommunistische Erklrungsversuchen anknpfte. Diese inhaltliche Unschrfe hatte jedoch keinen Einfluss auf die Entwicklung der AA/BO.
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sttzt. Ein Wohnhaus wurde bei den Krawallen vom Mob angezndet. Im November 1992 kam es zu einem Brandanschlag auf zwei von trkischen Familien bewohnte Huser in Mlln, der drei Todesopfer forderte. Am 29. Mai 1993 wurde in Solingen ein rassistisch motivierter Brandanschlag verbt, fnf Menschen starben. Und dies waren nur die ,spektakulrsten Ereignisse. Die Berichte in den Medien und die internationale Kritik an den Zustnden in der Bundesrepublik fhrten dazu, dass betroffene Brger am 6. Dezember 1992 in Mnchen eine Lichterkette organisierten, um ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus und Gewalt zu setzen. Diese Protestform wurde in vielen Stdten aufgegriffen. Insgesamt nahmen fast 1 Million Demonstranten an Lichterkettendemonstrationen teil. Antifaschismus, verstanden als Kampf gegen Neonazis, entwickelte sich zu einem gesamtgesellschaftlichen Thema. Vielerorts entwickelte sich eine Zusammenarbeit zwischen brgerlichen Krften und neu entstehenden Antifa-Gruppen. Bald kam die Parole Bunt statt braun auf, welche dieses Zusammenwirken umschrieb. In diesem gesellschaftlichen Kontext entstand die AA/BO, die nicht lang allein blieb. Denn 1993 wurde das Bundesweite Antifa Treffen (B.A.T.) geschaffen. Es verstand sich als Koordination zur Verhinderung von Nazi-Treffen, ferner betrieb es Recherche und Archivarbeit, also den klassischen Fahndungsantifaschismus. Tatschlich unterschieden sich beide Anstze zwar durch ihre inhaltliche Ausrichtung, nicht aber prinzipiell. Sicher war die AA/BO straffer aufgestellt als das B.A.T., aber beide fassten Organisationen zusammen waren also antifaschistische Koordinationen. Der AA/BO konnte man nur als aktive Gruppe beitreten, nicht aber als Person. Um als Mitgliedsgruppe zu gelten, musste eine kontinuierliche Arbeit vorgewiesen werden. Fr die Aktivist/innen hie das: in der Regel mindestens ein Gruppentreffen und ein Arbeitsgruppentreffen ihrer regionalen Gruppe pro Woche und diverse Termine, die das politische Alltagsgeschft mit sich bringt. Zu diesem Engagement kam dann noch die AA/BO, deren Treffen aller paar Monate zwischen Passau und Berlin stattfanden, auerdem waren Kampagnen vorzubereiten und Schulungswochenenden zu absolvieren. Die hohen Ansprche an die Mitgliedsgruppen der AA/BO brachten es mit sich, dass an der Grndung der AA/BO mit Schwarzer AST Sdthringen nur eine Gruppe aus der ehemaligen DDR beteiligt war. Spter kam noch die Antifaschistischen Aktion Plauen hinzu bzw. ersetzte den Schwarzen AST nach dessen Auflsung. Am B.A.T. hingegen beteiligten sich mehr Zusammenhnge aus dem Ostteil der Republik. Das war eine logische Folge aus ihrer Entwicklung. Zumeist waren die Gruppen in der ehemaligen DDR in der direkten Konfrontation mit den Neonazis entstanden und blieben vor allem an direkten Aktionen zur Verhinderung von Neonazi-Aktivitten interessiert. An einer antikapitalistischen Organisierung bestand ein nicht so ausgeprgtes Interesse. Auerdem hatten die Ost-Antifas gerade einen Staat hinter sich gelassen, der von fest gefgten Gliederungen mit roten Fahnen und groen antiimperialistischen Parolen geprgt gewesen war.
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GESUNd SCHRUmpFEN
Im Verfassungsschutzbericht von 1996 war ber die AA/BO zu lesen: Zum Jahresende haben der Organisa tion elf Gruppen aus acht Stdten/Regionen angehrt (Ende 1995: 17 Gruppen). Zu den einflussreichsten zhlen die Antifa schistische Aktion Berlin (AAB), die Unabhngige Antifa Bielefeld, die Antifa Bonn/RheinSieg sowie die weiterhin dominie rende Autonome Antifa (M).41 Whrend sich die AA/BO gesund schrumpfte, konnte die Autonome Antifa (M) im Sommer 1996 einen Erfolg fr sich verbuchen. Nach ber zwei Jahren juristischen Hickhacks wurde das Verfahren gegen die 17 Angeklagten wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung kurz vor dem Prozessbeginn eingestellt. Die Antifaschist/innen mussten allerdings ber ihre Anwlte erklren, in Zukunft das Versammlungsrecht zu beachten und insgesamt 56.000 DM an die KZ-Gedenksttte Mittelbau Dora zu zahlen. Jubeln konnte darber niemand so richtig, der offizielle Kommentar der Gruppe lautete dann auch 1:1 fr die Autonome Antifa (M). Doch es war klar, dass es ab diesem Zeitpunkt keine
41 Verfassungsschutzbericht 1996, Bundesministerium des Innern, Mai 1997, S.41.
42 Einsatz! Nr. 42, Zeitung fr autonome Politik, Gttingen, Dezember 1999, S.4. 43 Ebenda, S.4.
Rudolf Hess hatte als letzter Gefangener im Kriegsverbrechergefngnis in Spandau 1987 Selbstmord begangen und war auf dem Friedhof in Wunsiedel beigesetzt worden. Das Grab hatte sich seitdem zur alljhrlichen Wallfahrtssttte fr Neonazis entwickelt und bundesweite Bedeutung erhalten. 1994 sollte dem ein Ende gesetzt, und bereits die Abfahrt der Neonazis aus ihren Wohnorten verhindert werden. Es gab Demonstrationen und Blockaden in Frankfurt/ Main und dem gesamten Rhein-Main-Gebiet, in Aschaffenburg, Bonn, Dsseldorf, Berlin, Bremen, Hamburg, Leipzig, Oldenburg, Wernigerode, Bielefeld, Northeim und Nrnberg. Tatschlich gelang es, den Aufmarsch der Neonazis zu verhindern. Doch solche Erfolge konnten nicht ber die sich wandelnden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hinweghelfen. Die wilden Jahre nach der Wiedervereinigung waren vorbei, die Eigentumsverhltnisse wieder hergestellt und der Staatsapparat ging nun selbst verstrkt gegen Neonazis vor. Allein zwischen 1992 und 1995 gab es mehr als 10 Verbote von rechtsextremen Parteien und Organisationen, zustzlich initiierte der Staatsapparat Aussteigerprogramme. Zweifellos wurden die Neonazis durch die staatlichen Manahmen und den auerparlamentarischen Widerstand stark behindert und zurckgedrngt. Groe Gewaltexzesse, wie die von 1992/93, gehrten der Vergangenheit an. Analog verschwand die Betroffenheit von weiten Kreise der Bevlkerung. Ein paar Neonazis gehrten nun zur Normalitt und wurden hingenommen. In der Folge lsten sich mehr und mehr antifaschistische Gruppen auf, die Bewegung war quasi auf erfolgreicher Talfahrt. Hinzu kam, dass die Hausbesetzerbewegung in der ehemaligen DDR binnen kurzer Zeit abgerumt und befriedet wurde. Viele subkulturelle Freirume der linken Szene verschwanden.
Demonstrationen mit Schwarzem Block in Gttingen mehr geben wrde. Auch in dieser Stadt war die Untersttzung der brgerlichen Krfte zusammengeschmolzen. Probleme hatte auch das B.A.T. Im Herbst 1996 brachte es in hoher Auflage die Sonderzeitung Tuu Matsch Nazis heraus und leitete damit eine Kampagne gegen die NPD/JN ein. Ein Jahr spter bilanzierte das B.A.T., dass seine Anziehungskraft offensichtlich nachgelassen htte und die Zusammenknfte langsam zu ,Familientreffen wrden. In dieser Situation kam es zu einer weiteren Annherung von AA/BO und B.A.T. Am 9. August 1997 riefen beide Zusammenhnge sowie die Autonome Antifa (M) nach Quedlinburg im Harz zu einer Demonstration unter dem Motto Organisiert den antifaschistischen Widerstand! Gegen den Rudolf-HessMarsch vorgehen auf. Die Polizei sprach von 400, die Veranstalter von 600 Demonstrierenden. Das war kein Vergleich zu frheren Zahlen, die Mobilisierungsfhigkeit nahm deutlich ab. Immerhin war eine Kooperation gelungen, was in der folgenden Zeit zur weiteren Zusammenarbeit von AA/BO und B.A.T. fhrte.
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grundstzlich politisch weitergehen konnte Ein neuer Ansatz wurde gesucht. Schlielich kam es zum Antifa-Kongress vom 20. bis 22. April 2001 in Gttingen unter dem Motto Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen.44 Ausrichter waren die Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB), die Autonomen Antifa (M) und das Bndnis gegen Rechts Leipzig (BgR). Der Kongress stie auf groes Interesse ber 600 Menschen waren gekommen schlielich sollte es um die Neuorganisierung der linksradikalen Antifa-Szene gehen. Um dem nicht im Wege zu stehen, gab die AA/BO auf dem Kongress ihre Auflsung bekannt. Vom angekndigten Grndungsprozess blieb aber nur eine neue Zeitschrift, die Phase 2. Statt zu einer erneuten Organisierung kam es zum weiteren Zerfall. Die antideutsche Diskussion dominierte und spaltete die Szene. Betroffen war davon auch die Autonome Antifa (M), die im April 2004 ihr Ende bekannt gab.
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ren. Ziel der IL ist es, linke Politik in der Bundesrepublik wieder zu Relevanz zu verhelfen und praktisch in politische Auseinandersetzungen einzugreifen. Des weiteren organisierten sich Ende 2006 autonome und antifaschistische Gruppen im antinationalen Bndnis Ums Ganze!, dem sich auch eine Gruppe in Wien zurechnet. Beide bundesweiten Zusammenhnge mobilisierten gemeinsam mit weiteren Gruppen gegen den G8-Gipfel vom 6. 8. Juni 2007 in Heiligendamm. An der Auftaktdemonstration am 2. Juni in Rostock nahmen 50.000 Leute teil, darunter auch ein Schwarzer Block von 2.000 Menschen, der sich Auseinandersetzungen mit der Polizei lieferte. Die vielfltigen Protestaktionen gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm bildeten aber bereits den Endpunkt dieser Bewegungswelle. Ganz einfach deshalb, weil die Gipfel von da ab an abgelegene Orte verlegt wurden. In den folgenden Jahren kam es zu einer Reihe weiterer Kampagnen, in welche sich die beiden linken Koordinationen einbrachten. Auch wenn sich IL und Ums Ganze nicht explizit als antifaschistisch verstehen und den Kampf gegen Nazis nicht zum Schwerpunkt haben, bringen sie sich in die Antifa-Bewegung ein. So war Ums Ganze! im September 2008 an den Protesten gegen die geplante Anti-Islamkonferenz der Partei Pro-Kln beteiligt, die schlielich abgebrochen wurde. Die IL brachte sich in den Widerstand gegen den jhrlichen Aufmarsch von Nazis zum Jahrestag der Bombardierung von Dresden ein. Dieser Aufmarsch entwickelte sich binnen weniger Jahre zu einem Ereignis von internationaler Bedeutung. Am Aufmarsch der Rechtsradikalen beteiligten sich im Februar 2008 knapp 4000 Personen, 2009 wurden 6000 gezhlt. Whrend die Polizei 2009 den Aufmarsch noch gegen Blockadeaktionen von antifaschistischen Krften durchsetzte, gelang es 2010 den Aufmarsch zu verhindern. Damit war der rechten Mobilisierung die Spitze genommen. Trotz teilweiser massiver Kriminalisierung des antifaschistischen Protestes wurde der Nazi-Aufmarsch auch in den folgenden Jahren durch Blockaden unmglich gemacht. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die beiden existierenden bundesweiten Koordinationen zwar ihren Anteil an entsprechenden Widerstandsaktionen leisten, die weitaus meisten Gruppen sich ihnen aber nicht zugehrig fhlen. Insbesondere trifft dies auf Antifa-Gruppen zu, die zumeist regional vernetzt sind. Es gibt diverse Antifa-Ratschlge oder andere Treffen die Aktivist/innen kennen sich. So bleibt die Mobilisierungsfhigkeit der Antifa auf einem hohen Niveau gegeben, auch wenn sich gerade keine neue Bewegungswelle abzeichnet. Und das ist das groartige an der linksradikalen Fundamentalopposition in der BRD: wo sich auch immer in diesem Land Faschisten zusammenrotten oder andere Schweinereien sichtbar werden, materialisiert sich in krzester Frist Widerstand.
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