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ADHS: der Einfluss früher Interaktions- und Beziehungserfahrungen auf die

Verhaltens- und Aufmerksamkeitsregulation im Vorschulalter


N. v. Hofacker
Frühförderung FFB, 29. 1. 20
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Wie reift die Aufmerksamkeitsregulation?

Neugeborenenperiode
 subcorticale Organisation
 aufmerksame Wachzustände noch selten
 Aufmerksamkeitssteuerung in enger Verbindung mit
Erregungssteuerung und Zustandsregulation
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Entwicklungsschub 2./3. Lebensmonat


 Orientierungsreaktionen
 Hinteres Aufmerksamkeitssystem
 Rasche Orientierung, Habituierung bei wiederholter
Darbietung desselben Reizes.
 Schutz vor Reizüberflutung durch irrelevante Reize
(Kleidung etc.)
 Reizhabituation kann zur Entstehung von Reizhunger
führen
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Ab dem 9. Lebensmonat
 Länger anhaltende Aktivierung von Aufmerksamkeit und
Ausdauer durch Reifung und Entwicklung des präfrontalen
Aufmerksamkeitssystems (9. - 12. Monat)
Präfrontales Aufmerksamkeitssystem
 Inhibitorische Kontrollfunktion in Bezug auf Motorik
 Inhibition störender affektiver Impulse und interferierender
innerer und äußerer Ablenkungsreize
 Hemmung der Habituation zielrelevanter Reize und Ereignisse
 Blockade der Orientierungsreaktion auf irrelevante, vom Ziel
ablenkende Reize
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Aufmerksamkeitsregulation im 2./3. Lebensjahr


 Reifung weiterer innerer Motivations- und Belohnungssysteme
(„Mastery“)
 Reifung in engem Zusammenhang mit Reifung der sog. exekutiven
Funktionen, selbstinitiierten, absichtsvollen Handelns, der
Handlungsplanung etc.
 18. - 30. LM: Willentliche Hemmung unwiderstehlicher Impulse und
Handlungen, Bedürfnisaufschub
 Vom Primärprozess zum Sekundärprozess
 Spannungstoleranz, konstruktive Regulation von Reizarmut und
„Langeweile“
 Inhibition von Stimulussuche und -abhängigkeit
ADHS – Klassifikation (DC:0-5)

Aufmerksamkeitsstörung
 > 6 von 9 Symptomen
Hyperaktivität/Impulsivität-Cluster
 > 6 von 9 Symptomen
Alter > 36 Monate
Symptome sind für Alter/Entwicklung/kulturelle Normen
unangemessen
Mindestens 2 Bereiche, > 6 Monate Dauer
Beeinträchtigen kindliches und familiäres Funktionsniveau

Dr. med. Nikolaus von Hofacker ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie August-Exter-Straße 4, 81245 München
ADHS – Klassifikation (DC:0-5)

Unaufmerksamkeits-Cluster
Gewöhnlich unvorsichtig oder unaufmerksam gegenüber
Details in Spiel- oder sonstigen täglichen Aktivitäten
Kann schwer bei Aktivitäten oder beim Spiel dabei bleiben
Kommt verbalen Aufforderungen nicht nach, vor allem
wenn bei einer bevorzugten Aktivität
Schafft es nicht, Aufforderungen mit mehreren
Handlungsschritten auszuführen, kommt dann vom Plan ab
Kann sequentielle Aktivitäten oft schwer ausführen
(Anziehen etc.)

Dr. med. Nikolaus von Hofacker ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie August-Exter-Straße 4, 81245 München
ADHS – Klassifikation (DC:0-5)

Unaufmerksamkeits-Cluster
Vermeidet oder wehrt sich gegenüber Tätigkeiten, die
verlängerte Aufmerksamkeit erfordern
Verliert regelmäßig benutzte Gegenstände
Lässt sich häufig von akustischen oder visuellen Reizen
ablenken
Vergisst häufig bei Aktivitäten, was er tun soll, worum es
geht

Dr. med. Nikolaus von Hofacker ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie August-Exter-Straße 4, 81245 München
ADHS – Klassifikation (DC:0-5)

Hyperaktivität-Impulsivitäts-Cluster
Kann auch nicht für kurze Zeit nicht still sitzen, rutsch rum,
windet sich
Steht auf bei Aktivitäten, die Sitzen verlangen
Klettert auf Möbel oder ungeeignete Gegenstände
Macht oft Geräusche, kann nur schwer still spielen
Zeigt oft verstärkte/überschießende motorische Aktivität
und ungerichtete Energie („wie angetrieben“)

Dr. med. Nikolaus von Hofacker ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie August-Exter-Straße 4, 81245 München
ADHS – Klassifikation (DC:0-5)

Hyperaktivität-Impulsivitäts-Cluster
Spricht oft zuviel
Kann in Gesprächen oft nicht abwarten, bis er dran kommt,
oder unterbricht diese
Tut sich auch bei sonstigen Aktivitäten schwer, zu warten,
bis er dran ist, oder abzuwarten, bis die gerade notwendige
Aktion abgeschlossen ist
Ist in Spiel- oder anderen Aktivitäten oft bedrängend-
eingreifend

Dr. med. Nikolaus von Hofacker ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie August-Exter-Straße 4, 81245 München
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Häufigkeit
 in den ersten Lebensjahren keine verlässlichen
Daten
 Franke et al (2004): 7% in den ersten 5
Lebensjahren
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Entstehungsbedingungen
 Intrauterine Gedeihstörung
 Nikotin in der Schwangerschaft
 Sehr aktives Temperament
 Kindliche Traumatisierung mit Aktivierung des kindlichen
Stresssystems
 Mangelnde Strukturierung des kindlichen
Entwicklungsumfeldes
 Mangelnde elterliche Steuerung, elterliche psychische
Erkrankungen
 Widersprüchliche elterliche Erziehungsstrategien

Dr. med. Nikolaus von Hofacker ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie August-Exter-Straße 4, 81245 München
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Entstehungsbedingungen
Temperamentsfaktoren
 impulsives, irritierbares Verhalten
 Extremausprägungen bei Unruhe/ Schwierigkeit,
mangelnder Voraussagbarkeit, mangelnde
Anpassungsfähigkeit
Hyperaktivität + Aufmerksamkeitsstörung im 2. LJ insbesondere in
Kombination mit vermehrten Wutanfällen, Ungehorsam sind
Frühmanifestationen (Mannheimer Längsschnittstudie)
 deutet auf Probleme in der Emotions- und Selbstregulation hin
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Die Rolle früher Medienerfahrungen


Medien als „Babysitter“
Dysfunktionale Stimulation, Überreizung
Keine oder dysfunktionale Selbstwirksamkeitserfahrungen
Reagierendes vs. regulierendes Gegenüber
Keine elterliche Coregulation von Emotionen, keine „joint attention“
Oft weitere Abnahme ohnehin nur spärlich vorhandener kreativer
Spielsituationen
Ungünstige Auswirkungen auf neuronale Verschaltungen und Reifung
(Spitzer: „Digitale Demenz“)
Emotionale Regulation und Aufmerksamkeitsregulation

Wenn ein Kind mit


 Angst- und Stresserleben
 traurigen, verzweifelten Gefühlen, Gefühlen von
Wertlosigkeit, Sinnlosigkeit
 Gefühlen von Ärger und Wut, Frustration
beschäftigt ist, ist die Regulation von
 Aufmerksamkeit
 Konzentration
 Interesse und Neugier
mehr oder minder eingeschränkt

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ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Krankheitsmodell (insbesondere bei intrinsischem ADHS)


 Reizhunger, reizoffene Kinder, sensation-seeking,
aber gleichzeitig rasch dysphorisch, wenn nicht
ständig neue Reize
 Habituation  erneute Unruhe, wenn nicht neue
Reize. Medien bedienen den Reizhunger.
 Eltern durch Erfolg neuer Reize bestärkt (positives
Feedback)  dysfunktionales
Kommunikationsmuster
 Erziehungsbedingungen: Unsicherheit in der
Grenzsetzung, Inkonsistenz
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Diagnostik
 Entwicklungsorientierte Anamnese
 Reifung der Aufmerksamkeits- und
Konzentrationsregulation
 Temperament
 Emotionsregulation
 Psychologische Leistungsdiagnostik
 Familiär-psychosoziale Belastungen und Ressourcen
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Therapeutische Ansätze
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Neuere Entwicklungen
Ritalinverordnung hat sich in den letzten 15 Jahren in
Deutschland verzehnfacht, zunehmend auch im
Vorschulalter!
Indikationsstellung inzwischen durch „genervte Lehrer
oder Erzieher“
Nimmt die Toleranz für „normale“ motorische Aktivität
von Kleinkindern ab ?
Eine einfache Lösung für ein komplexes Problem ?
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Auswege aus dem sich aufschaukelnden interaktionellen


Teufelskreis:
Erarbeiten des Bedingungsgefüges, Aufzeigen von
interaktiven Teufelskreisen (Videofeedback)
Spielzeit installieren für positive Interaktionen
Aussteigen aus problematischen Interaktionen
Bewegungsmöglichkeiten schaffen
Entspannen und Auftanken
Strukturierung des Tagesablaufes
Zentrale Familienregeln, klare elterliche Erziehungsstrategien
erarbeiten
Positive und negative Konsequenzen und Feedback
Dr. med. Nikolaus von Hofacker ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie August-Exter-Straße 4, 81245 München
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Therapiebausteine
 Watch, wait and wonder
 Elterliche Bedürfnis und Spannungsregulation vs. kindlicher
Emotionsregulation
 Die Rolle des Spiels
 Medienkontrolle!
 Elemente aus PEP/THOP (Döpfner)
 PEP: Präventivprogramm für expansives Problemverhalten
 THOP: Therapieprogramm für oppositionelles Problemverhalten
 Ggflls. Außerfamiliäre Beziehungs- und Interaktionsmodelle als
Verdünner von Beziehungspathologie
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Watch, wait and wonder – „Beobachte, warte ab und frage


staunend nach ….“
Beobachten: volle elterliche emotionale Verfügbarkeit, sich
selbst zurücknehmen, vom Kind leiten lassen …..
Abwarten: nicht gleich jedem Handlungsimpuls folgen, Raum
lassen für kindliche Initiativen, kindliche Spannungsregulation
Staunend nachfragen („wonder“): was passiert hier gerade, was
will mein Kind, was braucht mein Kind, gedankliches
Experimentieren und „Spielen“ statt fertiger Lösungen
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Die zentrale Bedeutung des kindlichen Spiels


Was fördert das Alleinspiel
 Selbstregulation
 Exploration
 Aufmerksamkeitsregulation
 Experimentieren
 Selbstwirksamkeit
 Aber cave: kulturellen Kontext beachten!
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Die zentrale Bedeutung des kindlichen Spiels


Gemeinsames Spiel
 Gemeinsame Aufmerksamkeitsfokussierung
 Coregulatorische Aufmerksamkeitslenkung
 Spiegelung
 Affektive Co-Regulation
 Spielerisches Erproben von Grenzsetzung
 Spiegelnde, gelingende emotionale Coregulation als
Voraussetzung für erfolgreiche Aufmerksamkeits-
regulation
ADHS im Kleinkind- und Vorschulalter

Die frühe Eltern-Kind-Kommunikation ist von


zentraler Bedeutung für die Entwicklung und
Reifung der Emotions-, Aufmerksamkeits- und
Konzentrationsregulation
VIELEN DANK!

Dr. med. Nikolaus von Hofacker

ae4 Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und


Psychotherapie
August-Exter-Straße 4,
81245 München
089 1893 987 22
[email protected]

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