Landgericht Braunschweig erklärt sich für „nicht zuständig“: Prozess gegen Maddie-Verdächtigen geplatzt

Christian Brückner wird verdächtigt, Maddie McCann (damals 3) getötet zu haben

Christian Brückner wird verdächtigt, Maddie McCann (damals 3) getötet zu haben

Foto: ROPI
Von: Kai Feldhaus und CORINNA PERREVOORT

Braunschweig – Ein möglicher Vergewaltigungs-Prozess gegen den Maddie-Verdächtigen Christian Brückner in Braunschweig ist geplatzt!

Das Landgericht Braunschweig habe sich „hinsichtlich der Anklage gegen Christian B. für unzuständig erklärt und den Haftbefehl gegen diesen aufgehoben“, erklärte Brückners Anwalt Friedrich Fülscher (38).

„Zwar war der Angeschuldigte ursprünglich im hiesigen Bezirk wohnhaft und auch gemeldet. Darauf kommt es nach Auffassung der Kammer allerdings nicht an, da der Angeschuldigte – wie auch von ihm selbst vorgetragen – einen neuen und damit letzten Wohnsitz in Sachsen-Anhalt begründet hat. Dafür sprach auch, dass er dort im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen war. Es befand sich zudem – neben diversen Fahrzeugen – auch persönliche Habe des Angeschuldigten auf diesem Grundstück. Zwei Monate später flüchtete er ins Ausland. Das Grundstück behielt er“, so das Landgericht in einer Stellungnahme

„Die Kammer ist nach umfassender Würdigung aller vorgetragener Argumente davon ausgegangen, dass der Angeschuldigte seinen Wohnsitz zuletzt außerhalb des hiesigen Bezirkes hatte und hat sich daher für unzuständig erklärt“

„Die Verteidigung hat bereits im Ermittlungsverfahren darauf hingewiesen, dass eine örtliche Zuständigkeit der Braunschweiger Justiz nicht bestehen dürfte“, so Fülscher weiter.

Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte gegen den Mann, der 2007 die kleine Maddie McCann (damals 3) entführt und getötet haben soll, Anklage erhoben. In diesem Jahr sollte ihm wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs von Kindern am Landgericht Braunschweig der Prozess gemacht werden. Die Anklage fußt auf Beweisen, die im Rahmen der Ermittlungen im Fall Maddie aufgetaucht sind.

Der Kieler Star-Anwalt Friedrich Fülscher (38) verteidigt den Verdächtigen

Der Kieler Star-Anwalt Friedrich Fülscher (38) verteidigt den Verdächtigen

Foto: privat

Doch die Verteidigung hatte angezweifelt, dass Braunschweig überhaupt zuständig ist: Die Staatsanwaltschaft leite die Zuständigkeit daraus ab, dass der Verdächtige seinen letzten in Deutschland gemeldeten Wohnsitz 2016 in Braunschweig hatte. Das, so Fülscher, reiche aber nicht.

„Durch den BGH ist längst entschieden, dass es zur Begründung eines Wohnsitzes nicht darauf ankommt, wo ein Beschuldigter gemeldet ist. Der Beschuldigte wohnte vor seiner Festnahme im Ausland zuletzt auf seinem Grundstück in Neuwegersleben“, sagt der Verteidiger zu BILD. In dem kleinen Ort in Sachsen-Anhalt besaß Brückner eine verfallene Lagerhalle. Somit wären Staatsanwaltschaft und Gericht in Magdeburg zuständig. Oder die Kollegen in Frankfurt (Main), wo Brückner nach seiner Festnahme in Italien den deutschen Behörden übergeben wurde.

Spektakuläre VerbrechenDer Fall Maddie McCann

Quelle: BILD

„Aus hier nicht nachvollziehbaren Gründen hat sich die Staatsanwaltschaft Braunschweig an ihre Zuständigkeit geklammert und damit im Falle einer Eröffnung eine Aufhebung durch den Bundesgerichtshof riskiert“, so der Verteidiger weiter. „Dies ist insbesondere aufgrund der Tatsache, dass eine Vielzahl von Zeugen im Falle einer Aufhebung zu sehr belastenden Themen eventuell erneut vor Gericht hätten erscheinen müssen, sehr fragwürdig.“

Dass der Haftbefehl aufgehoben wird, bedeutet nun trotzdem nicht, dass Brückner freikommt: Derzeit sitzt der Verdächtige eine siebenjährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung in der JVA Oldenburg ab.

Hans Christian Wolters zu BILD, Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, war von der Entscheidung überrascht. „Eigentlich müsste das Landgericht dem Verteidiger und uns den Beschluss zur gleichen Zeit zustellen. Das hat es aber nicht getan, entsprechend kann ich mich inhaltlich noch nicht äußern.“ Man müsse nach Durchsicht der Entscheidung diese „bewerten und überlegen, ob wir dagegen Rechtsmittel einlegen.“

Ob die Staatsanwaltschaften in Magdeburg oder Frankfurt die Beweislage ebenso gewichten wie die Kollegen in Braunschweig und Brückner anklagen, ist unklar.

Der Fall Maddie bleibt weiter ungeklärt.

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