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Knut Kircher setzt Leitplanken

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Immer mal für einen Spaß zu haben: Schiedsrichterchef Knut Kircher bei einer Jux-Begegnung mit Bastian Schweinsteiger.
Immer mal für einen Spaß zu haben: Schiedsrichterchef Knut Kircher bei einer Jux-Begegnung mit Bastian Schweinsteiger. © IMAGO/Ulrich Wagner

Der neue Schiedsrichterchef des Deutschen Fußball-Bunds wird von Eintracht Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche gelobt und kündigt ein paar strengere Regelauslegungen an.

Irgendwann ist der neue deutsche Schiedsrichterchef bei seiner Vorstellung im Frankfurter DFB-Campus gefragt worden, was er vom nicht gegebenen Strafstoß beim deutschen EM-Aus gegen Spanien gehalten habe. Knut Kircher redete nicht groß um den Aufreger des Jahres drumherum. Beim Handspiel von Marc Cucurella hätten „die Indizien“ dafür gesprochen, einen Elfmeter zu geben. Wäre das also geklärt.

Es herrschte ohnehin reger Klärungsbedarf für den 55-jährigen ehemaligen Fifa-Schiedsrichter. Etwa darüber, ob er gewillt sein könnte, das zerstörte Verhältnis des Deutschen Fußball-Bundes zum im Zwist geschiedenen Ex-Referee Manuel Gräfe zu befrieden. Der 50-Jährige gehört zu den Fundamentalkritikern der DFB-Schiedsrichter-GmbH und einigen seiner Spitzenreferees. So rüffelte Gräfe zuletzt die deutsche Doppelbesetzung bei der Europameisterschaft durch Daniel Siebert und Felix Zwayer mit den Worten: „Leistungsgedanke Fehlanzeige“,

Wird Kircher jetzt auf Gräfe zugehen? Nun ja, ganz so ist es nicht, er sei „immer lösungsorientiert“, habe aber gerade andere Themen zu bearbeiten, wie dem auch sei: „Manuel kennt meine Telefonnummer.“ Klingt verdächtig so, als müsse Gräfe sich einen Ruck geben und zum Handy greifen.

Man wird sehen, was passiert, vielleicht besteht ja die Chance auf einen Neustart der Beziehung, die auch deshalb so belastet ist, weil der DFB den darob verärgerten Gräfe mit Verweis auf die Altersgrenze in den Ruhestand geschickt hatte - eine Altersgrenze, die nicht mehr existiert, weshalb Felix Brych nach ausgeheiltem Kreuzbandriss auch mit 49 wieder Bundesligaspiele pfeifen darf. Gräfe blieb das vor drei Jahren im Alter von 47 verwehrt. Er klagte und bekam wegen Altersdiskriminierung 48 500 Euro zugesprochen.

Ingenieur Kircher ist ein Pragmatiker, das wurde am Dienstag im Gespräch deutlich. Er hat sich bereits bei den in der Kommission Fußball organisierten Managern der Bundesliga vorgestellt und einen Top-Eindruck hinterlassen. Das bestätigte Markus Krösche ausdrücklich: „Wir sind in einem sehr, sehr guten Austausch.“. Der Sportvorstand von Eintracht Frankfurt sieht vor allem die neue, bei der EM erfolgreich eingeführte Kapitänsregelung positiv, die „leidige Rudelbildungen“ (Krösche) verhindern soll, weil nur noch der Mannschaftsführer in angemessenem Ton Beschwerde beim Referee führen darf, nicht mehr jeder dahergelaufene Außenverteidiger. Krösche ist sich mit Kircher einig: Das dürfte zu einem „flüssigeren, besseren und attraktiverem Spiel“ führen, die Nettospielzeit (von derzeit knapp einer Stunde) zu erhöhen und die Nachspielzeit zu verkürzen.

Dazu soll auch beitragen, dass die Elite-Schiedsrichter der ersten und zweiten Liga, die gerade ihr Vorbereitungscamp in Herzogenaurach beendet haben, künftig den Torhütern mehr auf die Finger schauen sollen. Denn es hat sich eingeschlichen, dass die Keeper den Ball viel zu oft viel länger als die erlaubten sechs Sekunden in den Händen halten. Kircher rät, dass die Unparteiischen „präventiv und proaktiv“ schon vor den Spielen die Torwarte aufsuchen und sie auf die künftige strengere Interpretation ausdrücklich wiederholt hinweisen. Es sei, sowohl, was Kapitänsregelung als auch Torwartspiel angehe, „ein bisschen so wie bei der Kindererziehung“, so der dreifache Vater, „wenn du Leitplanken aufstellt, gibst du klare Orientierung.“

Dazu passt: Auch auf die Einwürfe, die bei der EM auffällig oft nicht regelkonform durchgeführt wurden, will man verstärkt ein Auge legen. „Die einbeinige Standwaage wird nicht mehr akzeptiert“, macht der neue deutsche Schiri-Boss plakativ deutlich.

Weniger VAR ist mehr

Auch, was den Einsatz der Videoassistenten (VAR) angeht, sind Eintracht-Manager Krösche und Kircher sich im Grundsatz einig: „Weniger ist mehr.“ In der kommenden Woche wird ein Bundesliga-Referee Eintracht Frankfurt zur Regelschung aufsuchen. Krösche stellte im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau klar, dass dies eine Pflichtveranstaltung für alle Profis sein wird. Er unterstütze die „offene Kommunikation mit den Schiedsrichtern“ ausdrücklich.

Schon am 13. August treffen sich Krösche und Kircher wieder. Dann soll darüber gesprochen werden, ob die bei der EM und in den europäischen Wettbewerben verlässlich präzise arbeitende halbautomatische Abseitserkennung auch in der Bundesliga eingeführt wird. Kircher ist dafür: „Ich würde die Bundesliga schon ganz gerne vorne sehen, was Technik angeht,“ Krösche und Kollegen müssen entscheiden, ob die Klubs die zusätzliche Millioneninvestition stemmen mögen.

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