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Ein Viertelfinale wie ein Thriller: Erst feiern, dann leiden in der Fan Zone Frankfurt

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Und mussten ein Wechselbad der Gefühle durchleben.
Und mussten ein Wechselbad der Gefühle durchleben. © Michael Schick

Das Viertelfinalspiel Deutschland gegen Spanien bietet Dramatik pur für die Fans am Mainufer– ohne glückliches Ende für die Anhänger der deutschen Mannschaft

Frankfurt – Auf eine Berg- und Talfahrt der Gefühle hat das EM-Viertelfinale der deutschen Mannschaft gegen das spanische Team die rund 30 000 Fußballanfans auf der Frankfurter Fanmeile geschickt. In einer hochdramatischen Begegnung siegten die Spanier erst mit einem Tor am Ende der Verlängerung und lösten damit bei dem Großteil der Fußballfans am Main kollektiven Katzenjammer aus. Richtig sauer mochte den deutschen Kickern am Ende aber keiner sein – denn Einstellung und Kampfkraft stimmten.

Eindrucksvolle Soundkulisse in der Fan Zone Frankfurt

Noch eine Stunde bis zum Anpfiff und in der Fanzone am Mainufer kontert Max Schlenger mal eben die alte Sepp-Herberger-Weisheit aus, wonach die Fans deshalb zum Fußballspiel kommen, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht. „3:2 für Deutschland“, kommt wie aus der Pistole geschossen der Tipp des Mainzer Studenten, der sich mit seinem Kumpel am Tischkicker vor dem Polizei-Stand warmschießt. Dann liefert er Details: „Erst Doppelpack Musiala, und in der 80. Minute netzt Andrich aus 18 Metern ein.“

Tausende Fans waren auf die Fanmeile am Frankfurter Mainufer gekommen.
Tausende Fans waren auf die Fanmeile am Frankfurter Mainufer gekommen. © Michael Schick

Dass die Deutschen den als leichte Favoriten gehandelten Spaniern die Paella gründlich versalzen können, glaubt zu diesem Zeitpunkt wohl die überwältigende Mehrheit am Mainufer. Aber nicht alle: „Spanien gewinnt 2:0“, sagt Mateo, ohne zu zögern. Gerade mal zwölf Jahre ist er und mit seiner Tante und dem sechsjährigen Cousin Aron eigens für die EM von Madrid nach Frankfurt geflogen. „Wir sind zu Gast bei unserer Großmutter, die hier lebt, und haben noch kein Spiel in der Fanmeile verpasst“, erzählt Mateo stolz. Seine Tante hat eine rot-gelbe Decke auf dem Rasen ausgerollt. Mateo trägt das spanische Nationaltrikot, und Aron ist gegen den kühler werdenden Abendwind in die iberische Landesflagge gehüllt. Inmitten einer schwarz-weißen See deutscher Schals und Flaggen bilden sie eine der wenigen spanischen Inseln.

Der Anpfiff in Stuttgart um 18 Uhr geht auf der Leinwand im ohrenbetäubenden Jubel unter. Und jede Szene der hartumkämpften, wechselvollen ersten Halbzeit erhält ihre eindrucksvolle Soundkulisse. Ob Großchance Havertz, Fehlpass Can, oder vom spanischen Keeper rausgefischte Kimmich-Flanke: Kollektive Schnappatmung oder enthemmtes Applaus-Stakkato – die EM-Fieberkurve in der Fanzone zeigt steil nach oben.

Gänsehaut und höchste Spannung in der Fan Zone

Und dann gibt’s auch noch die kleinen Gänsehautmomente jenseits des grünen Rasens. Etwa, als in der 41. Minute, die „Wappen von Frankfurt“ hinter der großen Leinwand vorbei schippert und alle Passagiere wie wild in Richtung Fanmeile winken. Die Fans in der ersten Reihe wenden für Sekunden den Blick vom Fußballgeschehen ab – und winken johlend den Schiffsgästen zurück. Halbzeit-Pfiff, keine Fußball-Feinkost, aber jede Menge Spannung. Vor allem: Alles noch offen und die Freizeit-Nagelsmänner haben wieder das Wort: „Das Mittelfeld ist gar nicht präsent, die Spanier können viel zu oft am Sechzehner abziehen“, kritisiert Marvin. Der Frankfurter ist mit seinen Freunden Paul und Jan Morten hier – „wir schauen uns alle deutschen Spiele an“, erzählt Marvin. Und Jan Morten ist zuversichtlich, dass dieses nicht das letzte sein wird: „Ehrgeiz und Kampf stimmen – hier geht definitiv noch was!“

Leider reichte es am Ende nicht für einen Sieg.
Leider reichte es am Ende nicht für einen Sieg. © Michael Schick

Ist das noch Fußball-Sachverstand oder doch schon Gebet an den Fußball-Gott? Zunächst scheint’s jedenfalls unerhört zu bleiben: Kurz nach Wiederanpfiff schickt Olmo die Fans mit seinem Führungstreffer für Spanien in Schockstarre. Doch kurze Zeit später hat sich Frankfurts Fanmeile daraus befreit. Die Fußballverückten vom Main bejubeln jetzt jeden Ballbesitz der deutschen Mannschaft beinahe wie einen Treffer, Thomas Müllers Einwechselung ebenso wie eine Ecke von Toni Kroos. Gerade so, als könnten sie ihr Team im 200 Kilometer entfernten Stuttgart damit beflügeln. Und dann fällt er tatsächlich; der so heiß erhoffte Ausgleich für das deutsche Team – durch Wirtz in der 88. Minute. Die Fanmeile steht Kopf.

Die spanischen Fans konnten nach Abpfiff jubeln.
Die spanischen Fans konnten nach Abpfiff jubeln. © Michael Schick

Und stürzt doch ausgerechnet am Ende der zweiten Halbzeit der Verlängerung in tiefe Trauer. „Das ist so bitter“, sagt Janina aus Bornheim mit Deutschland-Farben auf beiden Wangen – und wischt sich eine Träne aus den Augenwinkeln.

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