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Lihotzkys legendäre Laube lebt auf

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Architekt Stefan Kummer in der Gartenhütte, von der aktuell nur noch die Balken stehen. In dem zur Römerstadt blickenden Fenster war sogar noch die Original-Verglasung.
Architekt Stefan Kummer in der Gartenhütte, von der aktuell nur noch die Balken stehen. In dem zur Römerstadt blickenden Fenster war sogar noch die Original-Verglasung. © Unger

Restaurierung der historischen Gartenhütte der Gestalterin der Frankfurter Küche in der Römerstadt kostet 70 000 Euro. Die umfangreichen Arbeiten sollen im Juli abgeschlossen werden.

Nur noch ein Skelett. Wie die bleichen und abgenagten Rippen eines gestrandeten Babywals ragen die Hölzer der geschichtsträchtigen Gartenhütte in den Himmel. Die einst grünen Planken der Laube in der Kleingartenanlage unterhalb der Ringmauer liegen feinsäuberlich durchnummeriert unter einem weißen Zeltdach knapp daneben.

Entworfen wurde die Hütte von der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky in der Ära des Stadtplaners Ernst May im Zug des Bauprogramms Neues Frankfurt – 1925 bis 1930. Das ist bald 100 Jahre her. Fast ein Wunder, dass die Laube so lange überlebte, keines, dass sie jetzt dringend überholt werden muss. Im Auftrag der Ernst May-Gesellschaft (EMG), die den Schrebergarten seit zehn Jahren gepachtet hat. Und mit der finanziellen Unterstützung der Wüstenrot Stiftung, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dem Denkmalamt der Stadt.

Eine Aufgabe, die Stefan Kummer begleitet. Vor kurzem legte der Architekt den Stand der Dinge da. „Veranschlagt sind etwa 850 Arbeitsstunden. Kostenpunkt 70 000 Euro“, so der Experte, der bereits die Sanierung des May-Musterhauses im Burgfeld 136 leitete. Noch in diesem Jahr soll die Restaurierung der Hütte abgeschlossen werden. Geht es nach Christina Treutlein, Geschäftsführerin der EMG, sogar bis zum 27. Juli. Das wäre Mays 138. Geburtstag. „Das wird sportlich“, sagt auch Kummer. Denn bis dahin ist noch viel zu tun.

Zunächst muss die Unterlattung des Bretterbodens erneuert werden. 100 Jahre und Regen haben der Konstruktion arg zugesetzt. Darauf kommen dann wieder die Dielen. Gereinigt und geölt. Auf ihnen finden sich noch die Spuren einer Bank mit Staufach und Klappdeckel sowie eines schmalen Schranks. Beide Grundausstattung. Die Abdrücke bleiben erhalten. Dann wird das derzeit etwa fünf Zentimeter in der Luft schwebende Balkengerüst mit seinen Zapfen wieder abgesenkt und in Position gesetzt. Anschließend sollen die schindelartig-überlappenden Wandbretter wieder angebracht werden.

„Soweit es geht werden wir die alten Nägel verwenden“, sagt Kummer. Bis dahin füllen sie ein großes Einweckglas, das auf einem Tisch unterm Zelt steht. Eine Farbanalyse hat ergeben, dass die Laube ursprünglich türkis gestrichen war. Französisch Grün. So wird es wieder sein. Innen gibt es einen Anstrich in gebrochenem Weiß. Wie damals üblich, werden dazu Farben auf Leinöl-Basis eigens angemischt.

Die asymmetrische Doppeltür mit einem schmalen und einem etwas breiteren Flügel mit je fünf kleinen Fenstern ist derzeit in der Werkstatt. So wie das einzige Fenster mit Blick auf die Siedlung, in dem sogar das gewellte Originalglas überlebt hat.

Zum Schluss wird getreu den alten Plänen das pyramidenartige Dach mit seinen vier nur leicht geneigten Flächen aufgesetzt. Über 200 Teile des Riesenpuzzles sind dann verbaut.

Die Schrebergärten mit den Lauben, die von verschiedenen Tischlereien als Bausatz angeboten wurden, waren ursprünglich speziell für die Mieterinnen und Mieter der Mehrfamilienhäuser gedacht. In den rund 600 Reihenhäusern hatten die Erstbewohner:innen einen kleinen Garten zur Selbstversorgung. Architektin der Hütten war Margarethe Schütte-Lihotzky, die besser als Gestalterin der Frankfurter Küche bekannt ist. Deren Funktionalität wird noch heute gerühmt.

Doch die Grande Dame der kleinen Grundrisse entwarf auch Gartenhütten. Vier verschiedene Typen – zwischen vier und zehn Quadratmeter groß. Typisiert und standardisiert und deshalb günstig. Allein in der Römerstadt wurden 66 des Model II in den Gärten auf Betonfundamente gesetzt. Und das teilweise noch bevor die Reihenhäuschen fertig waren, wie Bilder aus der Ringmauer beweisen.

Von den einst gut fünf Dutzend Lauben sind aktuell noch 21 übrig geblieben. Stand 2017.

Ihre Zukunft ist ungewiss. Zumindest die Hütte der Ernst-May-Gesellschaft (Typ II rechts, was auf die Position der kleinen Fahrradgarage hinweist, in der man seinen Drahtesel platzsparend an einem Haken an der Decke aufhänge konnte) steht jetzt unter Denkmalschutz. Die nächsten 100 Jahre können kommen.

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