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Mehr Zeit für Fortbildung und Menschen

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BGU-Pflegedirektorin Cynthia Wolf (r.) und Jana Wondra (l.) sind zufrieden mit den Entwicklungen.
BGU-Pflegedirektorin Cynthia Wolf (r.) und Jana Wondra (l.) sind zufrieden mit den Entwicklungen. © Rolf Oeser

Die Pflegedirektion der BGU in Frankfurt probiert zwei Arbeitszeitmodelle aus – und denkt auch über Homeoffice nach.

Das Thema Fachkräftegewinnung ist längst nicht mehr neu. Und doch treibt es so gut wie jedes Unternehmen im Rhein-Main-Gebiet um. Auch die Krankenhäuser der Region buhlen um gut ausgebildete Arbeitskräfte oder junge Menschen, die eine Ausbildung im Gesundheitswesen machen wollen. Besonders im Fokus sind dabei die Pflegekräfte.

„Wir brauchen unsere Pflegefachkräfte“, sagt Jana Wondra von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU) Frankfurt. Gemeinsam mit Cynthia Wolf verantwortet sie die Pflegedirektion des Hauses in Frankfurt-Seckbach. Da die Unfallklinik ihre Bettenanzahl erweitern möchte, braucht es mehr Personal – auch in der Pflege. „Grundlegend ist es im Rhein-Main-Gebiet schwierig, Pflegefachkräfte zu finden. Es gibt viele Krankenhäuser auf engem Raum“, sagt Wolf.

Um als Arbeitgeberin attraktiver zu werden, aber auch den oftmals als Nachteil aufgefassten Ausprägungen, wie Schichtarbeit oder Feiertagsdienste, entgegenzuwirken, hat der Pflegebereich der BGU verschiedene Arbeitszeitmodelle ausprobiert. „Wir wollen die Freude an unserem Beruf wieder wecken“, erklärt Wolf.

So testete die Pflegedirektion für die Dauer von drei Monaten zwei Ansätze: Die 35-Stundenwoche und die 9-Stunden-Arbeitszeit. Im ersten Fall gibt es kürzere Arbeitszeiten und mehr Erholungszeit zu Hause. Beim zweiten Modell gehen die Beschäftigten neun Stunden arbeiten und haben dadurch mehr Erholungszeiten am Stück zu Hause. Pro Monat erarbeitete man sich 2,5 bis 3 freie Tage mehr.

Anklang fand nur das zweite Modell. Die 35-Stundenwoche hatte ein großes Manko. „In kürzeren Arbeitszeiten wird es noch stressiger für eine Pflegekraft“, sagt Wolf. So sammelten sich im Testraum viel mehr Überstunden an und die Krankheitsrate stieg signifikant.

Anders verhielten sich die Kennziffern bei der 9-Stunden-Arbeitszeit. Weniger Überstunden und eine Halbierung der Krankheitsrate standen zu Buche. Dadurch sei der Dienstplan deutlich stabiler geworden. Da man zeitgleich am Dreischichtbetrieb festhielt, habe es Überschneidungen der Arbeitszeiten der jeweiligen Schichten gegeben. „Die Übergabezeiten waren dadurch deutlich länger und ließen auch Platz für Anleitungen oder Kurzfortbildungen“, berichtet Wolf. Das habe zu positiven Effekten geführt. Weniger Stress, mehr Zeit für den interdisziplinären Austausch oder für die Dokumentation, die dadurch auch sorgfältiger wurde. Und eben auch mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten.

Was die beiden Führungskräfte besonders freut: Die Stationen mit dem 9-Stunden-Modell hätten von sich aus einen Antrag gestellt, das Konzept ein ganzes Jahr zu erproben. Dieser Zeitraum sei nun zu Ende und jetzt werde das Modell dauerhaft weitergeführt. Die beiden Frauen glauben, dass sich das Konzept auch auf anderen Stationen durchsetzen werde. Verordnen wolle man es aber nicht. „Ich bin hundert Prozent davon überzeugt, dass sukzessiv eine Station nach der anderen dazukommt“, sagt Wondra. Die positiven Effekte würden sich unter den Kolleginnen und Kollegen herumsprechen.

Die Beschäftigten nutzen die freien Tage dabei nach den eigenen Bedürfnissen. Manche haben dadurch nur eine Vier-Tage-Woche. Andere sammeln die Mehrstunden für einen größeren Block an freien Tagen.

Für die Pflegeleitung ist bei dem Erreichten aber noch nicht Schluss. Beide Frauen haben schon Pläne, um weitere Möglichkeiten auszuloten. Ein Beispiel ist das Homeoffice. So könnte eine Pflegekraft ihren Dienst aufteilen. Zunächst am Bett bei den Patient:innen, dann mittags oder nachmittags sich um die Familie oder Ähnliches kümmern und dann am Abend noch mal ein paar Stunden im Homeoffice, um wissenschaftlich zu arbeiten oder administrative Dinge, wie Dienstpläne schreiben, zu erledigen. „Wir haben Ideen, aber sagen auch: eins nach dem anderen“, sagt Wondra, „wir müssen auch den Mitarbeiter bei den Ideen mit abholen und an solchen Projekten mitarbeiten lassen.“

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