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Nach über 100 Jahren: Konzern beendet Schmerzmittel-Produktion in Frankfurt – 90 Mitarbeitern droht Jobverlust

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In Frankfurt-Höchst wird das Schmerzmittel Novalgin künftig nicht mehr produziert. Der Pharmakonzern Euroapi stoppt die Herstellung im Industriepark.

Update von Freitag, 21. Juni, 13.04 Uhr: Pharmakonzern Euroapi will die Schmerzmittel-Produktion im Industriepark stoppen. Die Nachricht schlug hohe Wellen aufgrund der drohenden Abhängigkeit bei der Versorgung mit Medikamenten in Deutschland.

Markus Braun, Sprecher der Euroapi, einer Sanofi-Tochter, erklärte am Freitag auf Anfrage, dass Euroapi europaweit die Produktion von „13 Wirkstoffen mit niedrigen oder negativen Margen“ einstellen werde. „In der Konsequenz gibt es Planungen, zwei der sechs Produktionsbetriebe in Höchst in Betriebsruhe zu versetzen“, so Braun.

Auch Ralf Erkens, Bezirksleiter der IG BCE für Rhein-Main, bestätigte: „Die Anlagen werden nicht zurückgebaut – wie etwa früher bei den Antibiotika im Industriepark geschehen.“ Vielmehr werde „erstmal nur die Produktion ruhend gestellt“ – und könne, wenigstens theoretisch, in zwei oder drei Jahren wieder anlaufen. Der Betriebsrat verhandle gerade mit dem Hersteller Euroapi über einen Sozialplan für die etwa 90 Beschäftigten in Höchst. Ehe die nicht abgeschlossen seien, könne er noch nicht mehr sagen. 

Fest stehe aber, dass Novalgin derzeit nicht den Preis auf dem Markt erzielt, um kostenneutral zu produzieren: „Euroapi muss bei jeder Tonne, die sie verkaufen, dazubuttern.“

Auch Helmut Leuf, Betriebsratsvorsitzender der IG BCE Rhein-Main bestätigt, dass Euroapi Ende 2025 aus der Produktion aussteige, aber theoretisch 2026 wieder produzieren könne – „wenn die entsprechenden Entscheidungen getroffen werden“. So aber bestehe die Genehmigung des Regierungspräsidenten für die Produktion weiter – und damit die Hoffnung, dass  die Produktion innerhalb weniger Monate auch wieder hochgefahren werden könne, ohne allzu hohe Kosten.

Der Betriebsrat verhandle gerade mit dem Hersteller Euroapi über die Folgen für die etwa 90 Beschäftigten. Ehe die noch nicht abgeschlossen seien, könne er noch nicht mehr sagen. Fest stehe aber, dass Novalfin derzeit nicht den Preis auf dem Markt bekomme, um ihn kostenneutral zu verkaufen. „Euroapi muss bei jeder Tonne, die sie verkaufen, dazu buttern.“

Der Pharmakonzern Euroapi wird seine Schmerzmittel-Produktion künftig nicht mehr in Frankfurt-Höchst produzieren.
Der Pharmakonzern Euroapi wird seine Schmerzmittel-Produktion künftig nicht mehr in Frankfurt-Höchst produzieren. © Lesniewski/Imago

Metamizol nach Ibuprofen meist verordnetes Schmerzmittel in Deutschland

Erstmeldung von Freitag, 21. Juni, 9.06 Uhr: Das letzte Werk in Europa für die Produktion des Schmerzmittels Novalgin wird geschlossen. Euroapi beendet im Jahr 2025 die Herstellung in Frankfurt-Höchst nach über 100 Jahren. Damit wird die Produktion vollständig nach China verlagert. Das berichtet unter anderem der Spiegel.

Der Pharmakonzern Euroapi plant demnach, die Produktion des Wirkstoffs Metamizol – besser bekannt als Novalgin – zu beenden. Dies betrifft die einzige Produktionsstätte in Europa, die sich im Industriepark in Frankfurt-Höchst befindet. Metamizol ist nach Ibuprofen eines der meist verordneten Schmerzmittel in Deutschland. Nach der Schließung des Werks wird Europa vollständig auf Importe aus China angewiesen sein.

Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Verbandes Pro Generika, äußerte seine Besorgnis: „Deutschland hat zu lange zu billig eingekauft, hängt daher am Tropf von China – und das bei lebenswichtigen Arzneimitteln“.

Wirtschaftliche Hintergründe und Konsequenzen – 90 Mitarbeiter betroffen

Die Entscheidung, die Produktion nach China zu verlagern, basiert auf der Kostenstruktur. Eine Packung Novalgin kostet in der Apotheke offiziell zwölf Euro, wovon der Hersteller im Schnitt nur 29 Cent erhält. Euroapi produziert derzeit mit rund 90 Mitarbeitern Metamizol rund um die Uhr im Industriepark Höchst.

Riesiges Gelände

Der Industriepark Höchst ist das etwa vier Quadratkilometer große Werksgelände der ehemaligen Farbwerke Hoechst AG und einer der größten Industrieparks in Deutschland.

Nach der Schließung des Werks in Frankfurt-Höchst wird der Großteil des benötigten Metamizol-Wirkstoffs aus China importiert werden. Dies birgt Risiken durch mögliche Handelskonflikte oder Preissteigerungen seitens der chinesischen Produzenten. Bretthauer betonte weiter, dass Deutschland dabei sei, auch noch die letzte Produktionsstätte des wichtigsten Schmerzmittels zu verlieren.

Metamizol: 1922 von der Firma Hoechst als Novalgin auf den Markt gebracht

Metamizol wurde 1922 von der Firma Hoechst unter dem Handelsnamen Novalgin auf den deutschen Markt gebracht. Verschiedene Pharmafirmen bieten heute Metamizol in Deutschland an, jedoch stellt niemand den Wirkstoff selbst her.

Die Schließung des Werks in Frankfurt-Höchst markiert das Ende einer Ära und zeigt die zunehmende Abhängigkeit Deutschlands von asiatischen Herstellern. Diese Entwicklung könnte langfristige Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit lebenswichtiger Arzneimittel haben. (mfo/esa)

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