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Bauaufsicht greift durch: Abriss an Frankfurter Kult-Imbiss – „Ungenehmigte Errichtung“

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Das Dach der ehemaligen Würstchenbude im Frankfurter Stadtteil Schwanheim wird abgerissen. Die Imbissbude war jahrelang ein Treffpunkt für viele.

Frankfurt – Im Behördendeutsch des Frankfurter Planungsamtes heißt es: „Ungenehmigte Errichtung eines Imbissgebäudes mit eingehaustem Wintergarten“. So wird dort das Eckgrundstück in Alt-Schwanheim 38 beschrieben – wo bis Juli 2022 vier Jahrzehnte lang der Wurststand ein sozialer Mittelpunkt des Stadtteils war. Doch für viele Menschen aus Schwanheim ist der Imbissbuden-Umbau schlicht ein Schandfleck – und auch Naturschützern und -schützerinnen ein Dorn im Auge. Denn das Holzkonstrukt ummantelt die Stämme zweier mehr als 100 Jahre alter Kastanienbäume komplett.

Doch damit soll bald Schluss sein: Die Bauaufsicht der Stadt habe Anfang Januar verfügt, das Dach zurückbauen zu lassen, teilt Markus Radermacher, Sprecher des Planungsdezernats, auf Anfrage mit. „Zurückbauen“, das sagt man im Amtsdeutsch für „abreißen“.

Radermacher nennt auch den Grund dafür: „Der Bauherr hat bis heute keine konkrete Planung vorgelegt und auch keinen Bauantrag zur Legalisierung eingereicht.“ Wobei ein solcher Antrag ohnehin nicht ohne Weiteres genehmigt worden wäre, wie eine Kollegin Radermachers bereits im Juli 2023 erklärt hatte. Damals hatte sich die Bauaufsicht ein Bild von der Situation vor Ort gemacht, einen Baustopp beantragt sowie den Bauherren und den Architekten darüber informiert.

Die Wurstbude in Alt-Schwanheim war einst ein Treffpunkt für den Stadtteil.
Die Wurstbude in Alt-Schwanheim war einst ein Treffpunkt für den Stadtteil. © Maik Reuss

Frankfurter Bauaufsicht will Rückbau der Imbissbude in Schwanheim

Doch weil beide bis jetzt laut Dezernat untätig geblieben seien, ist nun eben auf Rückbau beschieden worden. Wann der beginne, kann Radermacher nicht sagen: Es gelte, rechtliche Fristen abzuwarten.

Ob mit der Abrissverfügung das ganze gastronomische Projekt an der Einkaufsmeile Alt-Schwanheim steht oder fällt, ist derzeit unklar. Über ein neues Lokal oder einen Imbiss an alter Stätte würden sich viele Bürger und Bürgerinnen freuen, ist sich der Schwanheimer SPD-Ortsbeirat Jürgen Storjohann sicher.

Für die Entscheidung des Dezernats, den Holzkasten zurückzubauen, habe er indes volles Verständnis. „Denn einfach loslegen, ohne Belange des Umweltschutzes einzuhalten – das geht nun mal nicht.“ Dennoch hofft Storjohann auf eine baldige Nachfolge mit neuem kulinarischen Angebot. Schließlich habe der Wurststand zum Stadtteil Schwanheim gehört wie das Wilhelm-Kobelt-Haus und das Traditionslokal „Seppche“.

Imbissbude in Frankfurt-Schwanheim stand rund vier Jahrzehnte

Seit etwa vier Jahrzehnten stand der Imbiss – geschützt von einem Holzdach und mit einer Terrasse mit Stehtischen davor – an der Lebensader des dörflichen Stadtteils. Lange betrieben ihn zwei Brüder; im September 2005 übernahm der gelernte Metzger Rainer Schleich, als einer der beiden Brüder in Rente ging.

Als auch der zweite der Brüder aus Altersgründen aufhörte, stieg Schleichs Frau Brigitte mit ein. Unter der Ägide der beiden wurde der Wurststand zum Kult, oder, wie es das Betreiber-Ehepaar ausdrückte, zum „Nabel der Welt“. Aus der Kundschaft wurden viele Menschen zu Freunden und Freundinnen. Denn sie kamen nicht nur wegen Wurst, Frikadellen, Rollbraten, Fleischkäse, Presskopp oder hausgemachter Suppe – sondern auch, weil sie bei den Schleichs immer ein offenes Ohr für ihre großen und kleinen Nöten fanden. Sogar einen eigenen Stammtisch – oder auch Fanclub – hatte der Imbiss.

Doch im Juli 2022 machte das Ehepaar dann seinen Kult-Imbiss schweren Herzens dicht: Erst schmiss eine langjährige Mitarbeiterin hin, dann ging Schleichs Lieblingslieferant, ein Metzger aus dem Vogelsberg, in Rente. Geschrumpfte Gewinnmargen und steigende Lebensmittelpreise zwangen das Ehepaar dann endgültig, ihren Wurststand zu schließen. Die Betroffenheit im Stadtteil war groß.

Im Oktober 2022 eröffnete zwar ein österreichischer Gastronom die Bude in Alt-Schwanheim neu. Doch seine Erweiterung des Sortiments um Spezialitäten wie Kärntner Kasnudeln traf wohl nicht ganz den Nerv seiner Kundschaft: Nach nur zehn Monaten strich der neue Besitzer wieder die Segel.

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