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„Sind auf keinen grünen Zweig mehr gekommen“: Frankfurter Bücher-Waide gibt auf

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Ende Juni muss die Institution in Alt-Schwanheim nach 33 Jahren schließen. Der Verkauf lohne sich kaum noch, sagt Buchhändler Robert Simmelbauer.

Frankfurt – Die Buchhandlung in Alt Schwanheim sieht aus, wie man sich eine Stadtteilbuchhandlung vorstellt: In der Mitte des Ladens ein Holztisch mit dem jüngsten Bestsellern. Über einem Regal eine bunte Wimpelkette, darunter verraten Grolltroll, Knurrbär und Peter Pan auf den Einbänden, dass hier Kinderliteratur zu finden ist. In zwei Ecken laden Korbsessel mit Beistelltischchen zum Schmökern ein. Hinter der Theke steht Buchhändler Robert Simmelbauer, mit dunkelgrauem Hemd, schwarzer Weste und aufmerksamem Blick.

Was die Idylle von „Bücher Waide“ trübt, sind die Zettel im Schaufenster und an der Tür. „Geschäftsaufgabe“ steht da, darunter Worte des Abschieds. Nach 33 Jahren wird „Bücher-Waide“ am 30. Juni ein letztes Mal die Türe öffnen. Bis dahin können die Kunden wie gewohnt einkaufen, sich beraten lassen und bestellen.

Frankfurt: Krisen prägten die letzten Jahre für die Buchhandlung

Inhaber Simmelbauer hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. In den letzten Jahren hatte er mit der Buchhandlung bereits einige Krisen durchzustehen – zuletzt die Pandemie. Als zu Beginn viele Läden schließen mussten, zog Simmelbauer einen Lieferdienst auf. Kunden und Kundinnen konnten per Anruf oder Mail bestellen, die Bücher fuhr der gelernte Buchhändler mit dem Fahrrad aus. Trotz des dramatischen Hintergrundes sei ihm diese Zeit positiv in Erinnerung geblieben, sagt Simmelbauer.

Jetzt ist die nächste Krise da – und die lässt sich nicht mehr per Fahrrad bekämpfen. Angekündigt hätte sie sich schon im vorigen Jahr, als mit der Inflation alles teurer wurde. Der Verkauf von Büchern lohne sich kaum noch, die Reserven seien aufgebraucht. „Wir sind auf keinen grünen Zweig mehr gekommen“, sagt der Buchhandlungs-Chef. Weiter zu investieren sei riskant – und ein neuer Inhaber oder eine neue Inhaberin nicht in Sicht. Es hätten einige Herausforderungen angestanden, wie Sanierungsarbeiten, wofür der Laden für einige Zeit geschlossen hätte werden müssen. Keine gute Grundlage für eine Übernahme, so Simmelbauer.

Ende Juni macht Robert Simmelbauer sein Geschäft zu, dass er vor zehn Jahren übernommen hat.
Ende Juni macht Robert Simmelbauer sein Geschäft zu, dass er vor zehn Jahren übernommen hat. © Maik Reuß

Frankfurt: Buchhändler wollte Tradition erhalten – und erweitern

Schwanheimer Leser:innen seien traurig, dass sie ihre Buchhandlung verlieren, erzählt Simmelbauer: „Bei ein paar Kunden sind Tränen geflossen.“ Zwar seien die Buchhandlungen Bärsch sowie Erhard & Kotitschke in Höchst und Niederrad eine Alternative, aber für ältere Menschen, die nicht im Internet bestellten und nicht weit gehen könnten, sei Bücher Waide immer eine Institution gewesen.

Die Tradition des 1990 gegründeten Geschäftes zu erhalten sei sein Anspruch gewesen, als er 2013 die Leitung übernahm, in der er zuvor ausgeholfen hatte. Nachdem der Vorbesitzer Hans-Georg Waide das Geschäft aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fortführen konnte, fragte ihn Familie Waide, ob er sich eine Übernahme vorstellen könne. Das Konzept und den Namen wollte er unbedingt beibehalten. Das Sortiment blieb – und damit auch Urlaubskrimis und Romane über Frauenfiguren des 20. Jahrhunderts. Die lesen die Schwanheimer:innen am liebsten, weiß Simmelbauer.

Buchladen-Betreiber wechselt die Branche

Neben dem Erhalt von Tradition und der Pflege der Stammkundschaft gab es auch Neuerungen wie einen Internetauftritt mit Onlineshop. Ein Anliegen sei es für Simmelbauer gewesen „Kultur reinzubringen“: Vorstellungen von Neuerscheinungen, Krimiabende, Vorlesstunden für Kinder und Autorenlesungen.

Für Simmelbauer ist das Ende von Bücher Waide auch sein Austritt aus der Branche. Auf ihn wartet eine Stelle in der Verwaltung. „Das ist ein bisschen sicherer.“ Vermissen wird er die inspirierenden Gespräche und der Austausch über Literatur mit den Menschen vor Ort. (Beatrice May)

Während Bücher-Waide das Geschäft aufgibt, versucht in der ältesten Buchhandlung von Frankfurt ein neuer Inhaber das Geschäft am Leben zu halten.

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