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Messerangriff in Mannheim – „Müssen damit rechnen, dass das noch öfter passieren könnte“

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Nach dem Messerangriff in Mannheim suchen die Ermittler nach dem Motiv. Ein Extremismus-Experte warnt derweil vor einer Gefahr im Netz.

Mannheim – Die Tat geschah mitten am Tag auf dem Marktplatz: Ein Mann hat in Mannheim am Freitag mehrere Menschen mit einem Messer verletzt. Ein Video des Vorfalls kursierte kurz danach im Internet. Insgesamt sechs Menschen wurden teils schwer verletzt, darunter ein Polizeibeamter. Auch der Angreifer wurde verletzt, die Polizei schoss auf ihn.

Messerangriff in Mannheim: „Infostand von Pax Europa dürfte Provokation zu verstehen sein“

Nach Angaben der Stadt Mannheim war der Vorfall rund um einen Infostand von „Pax Europa“ passiert, einem rechtspopulistischen Verein mit Sitz in Krefeld, der als islamkritisch gilt. Auch das Pax-Europa-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger wurde verletzt. Der Politikwissenschaftler war in der Vergangenheit mehrfach auf Veranstaltungen der islamfeindlichen Pegida-Bewegung in Dresden aufgetreten.

Dass Stürzenberger jetzt ausgerechnet auf dem Mannheimer Marktplatz mit seinem Infostand war, sei wohl kein Zufall, sagt Extremismusexperte Hans-Jakob Schindler vom Counter Extremism Project (CEP), der aus Kaiserslautern stammt: „In Mannheim und Ludwigshafen gibt es eine große türkische muslimische Community. Eine Veranstaltung und ein Infostand von Pax Europa ausgerechnet an diesem Ort dürfte auch als bewusste Provokation verstanden werden.“ Er könne sich vorstellen, dass der Verein unschöne Szenen und möglichen Streitereien mit Passanten bewusst in Kauf nehmen wollte, um entsprechende Bilder zu erzeugen und Stimmung im Internet zu machen. „Selbstverständlich rechtfertigt das in keiner Weise einen Messerangriff“, so Schindler im Gespräch mit dieser Redaktion.   

Innenministerin nach Messerangriff in Mannheim: Ermittler prüfen islamistisches Motiv

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte unterdessen, die Ermittlungen konzentrierten sich jetzt auch auf den Hintergrund und die Motive des Täters: „Wenn die Ermittlungen ein islamistisches Motiv ergeben, dann wäre das eine erneute Bestätigung der großen Gefahr durch islamistische Gewalttaten, vor der wir gewarnt haben.“

Experte Schindler fürchtet: „In dieser angespannten Sicherheitslage und vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts muss man damit rechnen, dass solche Szenen noch öfter passieren könnten.“ Gerade auch im Vorfeld der Fußball-EM seien Einzeltäter und derartige Messerangriffe eine besondere Gefahr, die Sicherheitsbehörden im Auge hätten.  

Video von Mannheim-Angriff verbreitet sich bei X: „Das befeuert den Konflikt noch weiter“

Er sieht noch eine andere Gefahr: „Dass sich das brutale Video derart schnell bei X verbreitet hat und noch immer auffindbar ist, feuert die Debatten und Konflikte weiter an.“ Das könne sich auch auf die analoge Welt ausweiten, sagt Schindler, der die Anbieter großer Social-Media-Plattformen in der Pflicht sieht. „Es wäre leicht, das Video zu entfernen und zu verhindern, dass es wieder hochgeladen wird“, so Schindler.  „Die Technologie dazu, das sogenannte Robust Hashing, haben wir beim CEP zum Beispiel schon seit 2016, das ist kein Hexenwerk und sehr kostengünstig. Aber Plattformen wie X haben offenbar kein Interesse daran, obwohl sie nach dem furchtbaren rechtsextremen Terroranschlag in Christchurch, Neuseeland Anfang 2019 sich selbst öffentlich im Christchurch Call to Action verpflichtet haben, gerade die Verbreitung solcher Anschlagsvideos effektiv zu verhindern.“  

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