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Bewaffnete stürmen Club

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Bewaffnete stürmen einen Club und verletzen Menschen – doch die Opfer schweigen. Und die Polizei hat noch keine Erkenntnisse über die Hintergründe des anscheinend gut vorbereiteten Überfalls.

Eine Gruppe von zwölf mit Macheten und Schlagringen bewaffneten Männern stürmt eine Diskothek in der Offenbacher Innenstadt, Es fließt Blut, Türsteher und Gäste werden verletzt, die Polizei wird alarmiert und leitet eine Nahbereichsfahndung ein. Ein Vorfall, bei dem man sich kaum vorstellen kann, dass er vonstatten gehen kann, ohne dass die Öffentlichkeit ihn zur Kenntnis nimmt. Doch genau so ist es geschehen.

Oben geschildertes Szenario hat sich bereits am frühen Morgen des 14. September im Club Scala in der Bahnhofstraße zugetragen. Öffentlich gemacht hat den Überfall jedoch erst jetzt ein anonymer Zeuge, der sich mit einem Brief an das Polizeipräsidium und die Offenbach Post gewandt hat. Gegenüber der FR bestätigt der Pressesprecher des Polizeipräsidium, Henry Faltin, den Eingang eines solchen Schreibens: „Aus ermittlungstaktischen Gründen haben wir Informationen über diesen Vorfall bislang zurückgehalten.“

Ecke mit schwieriger Vergangenheit: Bahnhofstraße mit dem Club Scala.
Ecke mit schwieriger Vergangenheit: Bahnhofstraße mit dem Club Scala. © Rolf Oeser

Allzu viel zu berichten hätte das Präsidium allerdings wohl auch nicht. Denn noch gibt es keine Erkenntnisse über die Hintergründe des anscheinend gut vorbereiteten Überfalls. Fünf Menschen wurden verletzt, davon einer schwer, so viel steht fest. „Doch wir können bei keinem davon sagen, ob es sich um Angreifer oder Opfer handelt“, erklärt Faltin. Seit Beginn der Ermittlungen habe sich „eine Hülle des Schweigens über die Beteiligten gelegt.“ Zeugen würden nicht aussagen, Anzeigen nicht erstattet oder zurückgezogen. „Die Hintergründe sind gänzlich offen“, so Faltin.

Im Visier der Rocker-Kriminalität?

Der Verfasser des anonymen Schreibens indes deutet anscheinend an, dass der Club ins Visier der Rocker-Kriminalität geraten sein könnte. Konkret werden nach Schilderung des Polizeipräsidiums „türkische Hells Angels“ für den Überfall verantwortlich gemacht. Dem Schreiben sollen Fotos einiger Angreifer beiliegen.

Wie viel an diesen Vorwürfen dran ist, lässt sich derzeit nur schwer einschätzen. Tatsächlich wird der Club Scala hauptsächlich von türkischstämmigen Gästen besucht. Bei den fünf Verletzten handelt es ausschließlich um Männer mit türkischem beziehungsweise türkisch-irakischem Migrationshintergrund.

Die Rockerszene im Rhein-Main-Gebiet wird trotz des Verbots der beiden Hells Angel-Chapter „Westend“ und „Frankfurt“ nach wie vor von den sogenannten „Traditionalisten“ dominiert, die sich zumeist aus Deutschen zusammensetzen. In jüngster Zeit gab es jedoch Anzeichen dafür, dass Chapter aus Köln, die sich aus türkisch- und arabischstämmigen Rockern zusammensetzen, versuchen, ins Rhein-Main-Gebiet zu expandieren. Zu ihren klassischen Einnahmequellen gehört neben der Prostitution auch Schutzgelderpressung.

Ermittelt wird weiterhin in alle Richtungen

Die Polizei nimmt die Vorwürfe nach eigenem Bekunden sehr ernst. Ermittelt werde aber weiterhin in alle Richtungen, so Henry Faltin. „Für uns ist es derzeit sehr schwer zu eruieren, was da eigentlich geschehen ist.“ Der Besitzer des Clubs Scala war derweil bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der jüngste Vorfall weckt Erinnerung an die Vorgängerinstitution des Clubs Scala. Die vor allem von Serben besuchte Disko Madonna wurde mehrfach mit der sogenannten Serben-Mafia in Verbindung gebracht, die mindestens seit Ende der 80er-Jahre in Offenbach aktiv war.

Der Besitzer des Madonna wurde 2002 direkt neben seinem Club in einer Einfahrt mit Kopfschüssen regelrecht hingerichtet. Die Bluttat konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Zwei Jahre später musste die Umgebung des Klubs großflächig geräumt werden, weil in der Nähe des Clubs eine professionell gebastelte Bombe gefunden wurde.

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