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Früh übt sich

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Lamine Yamal, hier im Spiel gegen Georgien.
Lamine Yamal, hier im Spiel gegen Georgien. © IMAGO/Nicolo Campo

Lamine Yamal wurde in dem Jahr geboren, in dem Toni Kroos beim FC Bayern seine ersten Spiele als Profi machte. Die Kolumne „Europalette“.

Jetzt, wo Sie das sagen“, muss Toni Kroos zugeben, „fühle ich mich alt“. Er ist 34 und wird demnächst seine Fußball-Karriere in bester körperlicher Verfassung und ohne Wehwehchen ausklingen lassen. Doch dass er gerade auf das Jahr 2007 hingewiesen wird und was da stattfand, das bringt ihn ins Sinnieren. 2007 machte Toni Kroos beim FC Bayern seine ersten Spiele im Profibereich, im Uefa-Cup entschied er als Einwechselspieler die Partie bei Roter Stern Belgrad mit einem Freistoß – und 2007 wurde Lamine Yamal geboren, der Flügelstürmer der spanischen Nationalmannschaft und am Freitag (18 Uhr) in Stuttgart Gegner um den Einzug ins EM-Halbfinale. „Wahnsinn“, meint Kroos, „ich dachte, schon bei mir ging es früh los.“ Mit 16 wurde er aus der A-Jugend gelegentlich ins Training der Bundesliga-Mannschaft hochgezogen, Trainer war Ottmar Hitzfeld, der zunächst nur seinen Vornamen kannte, aber leuchtende Augen bekam. Lamal aber ist noch ein paar Tage 16 und hat eine vollständige Saison hinter sich – „beim FC Barcelona, wo er der wirkungsvollste Mann war, und für Spanien – und beides sind keine Ausbildungsmannschaften“, staunt Kroos.

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Zwar bestritt Pelé mit 17 seine erste Weltmeisterschaft (1958 in Schweden) und debütierte Uwe Seeler mit 17 für Deutschland – doch das waren Ausnahmen in der früheren Fußballgeschichte. Im 21. Jahrhundert gab es Teenager-Karrieren wie die des Amerikaners Freddy Adu, der mit 12 in der U20 der USA spielte, mit 14 in der Major League Soccer und mit 16 in der A-Nationalmannschaft, doch bei ihm verliefen sich die Ambitionen in skurrilen unteren Ligen. Ihn hat Yamal schon überholt. Toni Kroos als Madrilene sagt: „Ich war diese Saison schon nahe dran an ihm, vor allem seine Konstanz ist beeindruckend.“ Auch die Bundesliga hat vermehrt Debüts mit 17 erlebt, das begann in den Nullerjahren.

David Raum ist der voraussichtliche Gegenspieler von Lamine Yamal. Mit 16 war er im Nachwuchsleistungszentrum des Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth und noch drei Jahre von seinem ersten Einsatz in der 2. Liga entfernt. Jetzt ist er 26 und ein ausgewachsener Kerl, der gerne seine Muskeln zeigt, weswegen er im Training gerne die Hose nach oben krempelt, um Blicke auf seine Pakete von Oberschenkeln zu gewähren. Er hat Tattoos, die den Hals hochkriechen, er ist ein Mann und soll gegen einen spielen, der 1,78 Meter groß und schlaksig ist – und genaugenommen noch ein Kind.

Hemmungen, voll zur Sache zu gehen, wird Raum nicht haben, versichert er. „Alter ist seit einiger Zeit kein großes Thema mehr im Fußball“, sagt er. Ab 16 darf man auch in Deutschland einen Profivertrag unterschreiben und in der Bundesliga spielen, das Dortmunder Sturmjuwel Youssoufa Moukoko, mit 14 top bei den A-Junioren, feierte den Einstand kurz nach dem 16. Geburtstag und fuhr, gerade 18 geworden, auch mit zur WM nach Katar. Derzeit stagniert seine Entwicklung.

Aus den Geschichten von Stars früherer Tage weiß man, dass junge Spieler im Training erst einmal hart rangenommen, aus den Schuhen geklopft und oft auch dem Zeugwart als Helfer zur Seite gestellt wurden – bei herausragenden Talenten entfällt diese Einführungs-Sonderbehandlung inzwischen, Vereine weisen junge Spieler als schützenswert aus, sie sind lebendes Kapital und eine Renditechance. Doch die gegnerische Mannschaft muss sich an das Gebot der Schonung nicht halten. Und so wird auch Lamine Yamal am Freitagabend mit der Welt der Erwachsenen konfrontiert werden. „Wir werden versuchen, ihn an der kurzen Leine zu halten und wenn möglich auch zu beackern“, kündigt Toni Kroos für seine Mitarbeiter im deutschen Nationalteam an. Ein Euphemismus für: Der junge Mann soll sich darauf gefasst machen, auch mal über die Seitenauslinie zu fliegen.

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