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Lucio Pungente ist die emotionale Kraft

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Küsst den Pokal: Lucio Pungente.
Küsst den Pokal: Lucio Pungente. © Tobias Wentzell

Die Hessenauswahl der ID-Fußballer ist zum dritten Mal Deutscher Meister geworden. Schlappekicker unterstützt das Team und die Nachwuchsfördercamps.

Wenn Lucio Pungente sich vorstellt, macht er das mit klaren Worten. Kurz und knackig, ehrlich, authentisch. „Ich kann nicht lesen und schreiben, aber ich rauche nicht, trinke nicht, kiffe nicht, bin lustig, immer gut gelaunt.“ Im Nachsatz noch eine Anmerkung über die Liebe, die er so liebt wie den Fußball. Lucio Pungente hat italienisches Blut in den Adern. Um Ausprägungen von Epilepsie in Zaum zu halten, muss er dreimal täglich Medikamente nehmen. Und Lucio spielt leidenschaftlich gerne Fußball, seit acht Jahren in der Hessenauswahl.

„Michael hat mich entdeckt“, das hat Lucio Pungente nicht vergessen. Er war 29 Jahre alt, damals hat er in Langen gekickt, in einem Team für Menschen mit Handicap. Gegen Rot-Weiss Frankfurt lagen sie 1:12 zurück, aber Lucio feuerte die Jungs an, „nicht aufgeben, habt Spaß“. Solche Typen, die mit Leib und Seele dabei sind, schätzt Michael Trippel besonders. Sie passen zur Idee und ins Konzept seiner Arbeit als sportlicher Leiter des Leistungszentrums und der Fußballschule des Hessischen Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbandes (HBRS) in Wetzlar. Ihn kann Lucio nachts anfunken, wenn ihm etwas auf die Seele drückt. Er ist wie „Papa“.

Zum dritten Mal in Folge nach 2019, 2022 in Cottbus und jetzt in Reutlingen ist das Team Hessen Deutscher Meister geworden. Ungeschlagen mit drei Siegen in der Vorrunde und einem 3:0-Erfolg im Finale gegen Schleswig-Holstein. Unvergessen, wie Lucio Pungente nach dem ersten Triumph damals 2019 in Saarbrücken zum Einlösen einer Wette als Flitzer über den Rasen gestürmt ist, also „noch mit Stutzen an den Beinen“, wie sein Trainer anmerkt. „Ohne Lui würde was fehlen. Er ist immer da, wenn nicht, dann fehlt er.“ Bruno Pasqualotto, der Coach, nennt ihn Lui.

In der Hessenauswahl Fußball ID spielen Sportler mit intellektueller Beeinträchtigung, übernommen wurde im Zusatz ID der englische Begriff „Intellectual disability“. Wenn Bruno Pasqualotto den Hessenkader einmal pro Monat zum Lehrgang nach Wetzlar einlädt, dann sorgt das Team der Betreuer für ein professionelles Umfeld. „Alles ist durchgetaktet“, so der Landestrainer, vom Einkleiden im gleichen Outfit über das gemeinsame Essen bis zu den zwei bis drei Trainingseinheiten „im Leistungsbereich“ mit einem Freundschaftsspiel gegen etwa eine Kreisliga-Mannschaft. Übernachtet wird in einem Hotel, auch das gehört dazu.

Pasqualotto fordert von seinen Jungs all das ein, was er von jeder Mannschaft fordern würde. Vor allem Respekt und Disziplin, untereinander und im gesamten Umfeld. Und Motivation bis in die Haarspitzen, auch wenn Lucio mal „obenrum blankgezogen“ hat und Glatze trägt wegen einer Wette und eines verlorenen Spiels auf der Playstation gegen einen Mannschaftskameraden, der aus Neapel stammt.

„Ich trage das Trikot mit dem Löwen mit Stolz, das Team gibt mir Liebe und Kraft, auch wenn ich mal nur auf der Bank sitze.“ Das kommt bei Lucio Pungente aus vollem Herzen. Auf dem Trikot waren vor Reutlingen schon zwei Sterne auf der Brust zu sehen, vor dem Turnier hat Bruno Pasqualotto jedem einzelnen bei einem gemeinsamen Termin in seinem Hotelzimmer ein Armbändchen mit klarer Botschaft überreicht: „Ein Team Ein Spiel Ein Ziel“.

Stolz in allen Gesichtern

Den dritten Stern sollten und wollten sie sich verdienen. Auf dem Mannschaftsfoto nach dem Sieg auf der Titelseite des HBRS-Verbandsmagazins für insgesamt 22 Sportarten in 600 Vereinen sieht man den Stolz über den Sieg in allen Gesichtern. Die Stadt Wetzlar hat ihnen die Sportehrenplakette verliehen. Prominente Botschafter des Teams sind die Ex-Eintachtler Alexander Schur und Uwe Bindewald sowie Weltmeisterin und Schlappekicker-Vorstandsmitglied Nia Künzer. Die Schlappekicker-Aktion hat das Team und zwei Herbst-Fördercamps der Fußballschule für behinderte Kinder mit 30 Kindern in diesem Jahr mit 3600 Euro unterstützt.

„Lui“ richtet schon den Blick nach vorne. Im kommenden Jahr wird die DM in Sand in Bayern ausgetragen, 2025 dann in der heimischen Wetzlar-Arena. Trainer Pasqualotto traut dem 37-Jährigen bei dessen Fitness-Programm mit Boxen, Krafttraining und Joggen noch „sieben bis acht Jahre auf hohem Niveau“ zu.

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