Gesunde Ernährung

Warum ausgerechnet Kartoffeln das Superfood sind, von dem ich nicht genug bekommen kann

Beauty-Chef Philipp Wehsack liebt Kartoffel-Gerichte. Weil sie schmecken und sehr gesund sind – wie eine Ärztin und zahlreiche Studien bestätigen.
Kartoffeln gesünder als gedacht
Mike Kemp

Sind Kartoffeln gesund? "Und wie", sagt eine Ärztin. Fünf Gründe, warum die Knollen viel besser sind, als ihr Ruf vermuten lässt.

In Kartoffelpüree könnte ich mich reinlegen. Haben Sie es mal getrüffelt probiert? Ein Traum! Eine leckere Ofenkartoffel ist mein Go-to-Lunch. Und gegen klassische Salzkartoffeln habe ich auch nie etwas einzuwenden. Ich liebe einfach Kartoffeln. Weil sie fantastisch schmecken. Das steht für mich außer Diskussion. Aber auch, weil sie ein total unterschätztes Superfood* sind.

Fünf Gründe, warum Kartoffeln gesünder sind, als ihr Ruf vermuten lässt

Das findet auch Christiane Mensching. Sie ist Fachärztin für Allgemeinmedizin, Geriatrie, Präventionsmedizin und Gesundheitsförderung. "Kartoffeln haben völlig zu Unrecht einen schlechten Ruf. Sie gelten als Dickmacher und grundsätzlich ungesund. Tatsächlich ist genau das Gegenteil der Fall", sagt sie und führt die Vorteile von Kartoffeln aus:

#1 Kartoffeln sind kalorienarm

"100 Gramm enthalten je nach Sorte zwischen 70 und 80 Kalorien. Pasta und Reis fahren dagegen mit 150 Kalorien auf." Der niedrige Kaloriengehalt ist laut der Ärztin auf den hohen Wasseranteil zurückzuführen: "Kartoffeln bestehen zu etwa 80 Prozent aus Wasser." Außerdem enthalten Kartoffeln der Expertin zufolge "richtig viele Nährstoffe". Sie strotzen nur so vor Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen wie Vitamin C, "das wichtig für das Immunsystem und die Hautgesundheit ist, und Vitamin B1 für unsere Nerven, Vitamin B3 für die Haut, Vitamin B6 für den Stoffwechsel und für die Bildung von Blutkörperchen." Auch Kalium und Magnesium stecken in Kartoffeln – "das ist superwichtig für das Herz, aber auch für die Knochen. Gerade Magnesium ist aber auch an allen Stoffwechselprozessen beteiligt".

#2 Kartoffeln sind reich an sekundären Pflanzenstoffen

"Kartoffeln enthalten zudem viele sekundäre Pflanzenstoffe, also Flavonoide und Anthocyane, die antioxidativ wirken", sagt Mensching und erklärt: "Das bedeutet, dass sie Oxidationsprozesse verlangsamen oder hemmen, die zum Beispiel für Entzündungsprozesse oder auch für die Entstehung von Krebs eine Rolle spielen".

#3 Kartoffeln enthalten Proteine, kaum Fett und viel Wasser

Auch die Makronährstoffe von Kartoffeln werden der Expertin zufolge völlig zu Unrecht unterschätzt. "Natürlich enthalten Kartoffeln Kohlenhydrate. Um genau zu sein, sind es 21 Gramm Kohlenhydrate pro 100 Gramm. Was viele nicht wissen, ist, dass Kartoffeln aber auch Proteine enthalten." Zwar sind es der Expertin zufolge nur 2,1 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm Kartoffeln, aber dieses könne vom Körper besonders gut aufgenommen werden. "Zudem enthalten Kartoffeln kein Fett", stellt Christiane Mensching fest und fügt noch hinzu: "Der Großteil ist einfach nur Wasser."

#4 Kartoffeln sind möglicherweise gut für den Blutdruck

"Was ich als Ärztin superspannend finde, ist, dass es wissenschaftliche Hinweise darauf gibt, dass sich Kartoffeln positiv auf unseren Blutdruck auswirken können. Eines der in Deutschland am häufigsten verschriebenen Medikamente sind sogenannte ACE-Hemmer. Sie hemmen das Angiotensin-Converting-Enzym, das bei Bluthochdruck eine entscheidende Rolle spielt. Und in Kartoffeln sind Peptidkonzentrate enthalten, die dieses Enzym angeblich ebenfalls hemmen können. Noch ist das aber nicht final bestätigt." Bei zu niedrigem Blutdruck müssen Sie im Umkehrschluss übrigens keine Scheu haben, zu viele Kartoffeln zu essen. "Denn Sie nehmen dann schließlich auch viel Flüssigkeit auf, die in einem solchen Fall den Blutdruck anheben kann", so Christiane Mensching.

#5 Kartoffeln halten lange satt

"Studien zur Diät-Intervention, bei denen die Proband:innen über Wochen täglich Kartoffeln als Kohlenhydrat-Quellen gegessen haben, haben außerdem gezeigt, dass diese Personen signifikant mehr abgenommen haben als diejenigen, die auf andere Kohlenhydrat-Quellen gesetzt haben", so Christiane Mensching. Das führen die Wissenschaffenden auf den sogenannten "Kartoffelproteaseinhibitor" zurück, der dafür sorgt, dass Kartoffeln uns sehr lange satt halten: "Studien zufolge sogar bis zu siebenmal länger als die vergleichbare Kalorienmenge von Weißbrot", sagt Christiane Mensching und ergänzt: "Es gibt auch Studien, die belegen, dass Kartoffelproteaseinhibitoren antikanzerogen sind, sich also auf die Entstehung von Tumorzellen negativ auswirken".

Kartoffeln gesund zubereiten:

"Am besten kocht und verzehrt man Kartoffeln mit Schale – da stecken die meisten Nährstoffe und Ballaststoffe drin. Im Kochtopf sollte außerdem nicht zu viel Wasser sein, so bleibt der Großteil der positiven Inhaltsstoffe in der Knolle und wird nicht ausgekocht", so Mensching. Noch besser, als Kartoffeln im klassischen Kochtopf zu kochen, sei aber die Zubereitung im Schnellkochtopf. "Das läuft über Dampf, und damit gehen wirklich fast keine Nährstoffe verloren. Auch eine Ofenkartoffel mit Schale ist super, um die Nährstoffe zu erhalten."

Eher abzuraten ist – und das ahnen Sie bestimmt schon – von Pommes frites, Chips & Co. "Transfette, Zusatzstoffe & Co. rationalisieren die positiven Eigenschaften weg", so Christiane Mensching.

Gut zu wissen: Wenn Sie die Kartoffeln nach dem Kochen 12–24 Stunden abkühlen lassen, entsteht sogenannte "resistente Stärke". Christiane Mensching erklärt: "Die Stärke kann dann im Dünndarm nicht mehr abgebaut werden. Dadurch werden weniger Kalorien aufgenommen. Allerdings marginal. Der entscheidende Effekt ist aber, dass resistente Stärke Futter für unsere guten Darmbakterien ist. Vor allem Milchsäurebakterien ernähren sich davon. Wenn sie die resistente Stärke verdauen, entsteht Buttersäure, die essenziell für unsere Darmschleimhaut und Darmflora ist und auch einen positiven Einfluss auf chronisch-entzündliche Erkrankungen hat. Außerdem ist Buttersäure positiv für unser Immunsystem und wirkt sich positiv auf unseren Blutzuckerspiegel aus, der dadurch reduziert und ausgeglichen wird. Darüber hinaus senkt Buttersäure auch unseren gesamten Blutfettspiegel, also den Cholesterin-Spiegel, und hilft auch beim Abnehmen."

Fazit: Kartoffeln sind viel gesünder, als die meisten Menschen denken. Bei mir gibt es jetzt öfter einen Kartoffelsalat. Die Kartoffeln dafür koche ich am Vorabend vor. So verteile ich die Arbeit – und profitiere von der resistenten Stärke. Win-win.

*Superfood ist eigentlich ein Begriff, den ich nicht mag. Viele verstehen ihn falsch und glauben, dass der sporadische Verzehr eines Superfoods wie Açaí, Quinoa oder Kurkuma eine schlechte Ernährung oder einen ungesunden Lebensstil ausgleichen kann. Tatsächlich belegen aber zahlreiche Studien, dass es so einfach leider nicht ist. Stattdessen empfehlen Ernährungswissenschaftler:innen, langfristig auf eine abwechslungsreiche Ernährung zu achten. Eine ausschließliche Ernährung mit Superfoods kann sogar zu einem Mangel an anderen wichtigen Nährstoffen führen.

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