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Richard Quinn im VOGUE-Interview zu AI und warum es sich lohnt, zurückzublicken, wenn sich alles um uns herum vorwärtsbewegt

Das Thema AI eckt an. Modedesigner Richard Quinn inspirierte die künstliche Intelligenz dazu, mit Max&Co. eine Kollektion für neue Zeiten zu entwickeln.
Richard Quinn im VOGUEInterview zu AI und warum es sich lohnt zurückzublicken wenn sich alles um uns herum vorwärtsbewegt

Richard Quinn ist Printexperte – für "MAi" bereicherte auch AI seine besondere Stilistik

Vor 55 Jahren landeten Neil Armstrong und Buzz Aldrin mit Apollo 11 als erste Menschen überhaupt auf dem einzigen natürlichen Satelliten der Erde. Wenn 600 Millionen Menschen die Mondlandung live vor dem Fernseher verfolgen, reflektiert sich das auch auf direktem Weg in das Design. Die Weiß- und Silbertöne, artifizielle Bubble-Körper und die von Astronautenanzügen inspirierten Elemente wurden früher als ungreifbar futuristisch angesehen. Heute wirken sie fast putzig neben der Datendystopie von AI-Giganten wie Midjourney oder ChatGPT. Beide Ästhetiken teilen eine Gemeinsamkeit: Es geht darum, ein wichtiges technisches Momentum festzuhalten – inklusive menschlichen Gefühlschaos zwischen Euphorie und Ehrfurcht. Der britische Modedesigner Richard Quinn macht sich die aktuellen Neuerungen nun selbstbewusst zu eigen. Gemeinsam mit Max&Co. designe er gerade die "MAi"-Kollektion, deren Kampagne in einer spektakulären AI-Landschaft stattfindet. Wir verabredeten uns mit dem Designer zum bewährten Telefonat.

Richard Quinn x Max&Co.: Der Modedesigner im VOGUE-Interview

Muster sind die große Leidenschaft des Screen-Printing-Experten.

Manuel Vazquez/Getty Images

VOGUE: In Ihrer Kollektion für Max&Co. greifen Sie Schnitte und Elemente des Space Age der 1960er-Jahre auf – eine Epoche des technischen Fortschritts. Warum gerade jetzt?

Richard Quinn: Beim Besuch des Max-Mara-Archivs fielen mir besonders die Kollektionen der 50er- und 60er-Jahre auf. Einerseits besteht das Archiv aus Pieces von vergangenen Kollektionen, andererseits aus einem Bereich, der Stücke aus der ganzen Welt und aus unterschiedlichen De- kaden inkludiert. Das war ein besonderer Moment, denn es ist bestimmt eines der eindrucksvollsten, das ich bisher sehen durfte. Ich denke, es ist immer wahnsinnig bereichernd für Designer:innen, wenn sie Zugang zu einer solchen Zeitreise bekommen. Die 60er-Jahre-Mäntel der italienischen Marke, die 1951 gegründet wurde, haben mich sehr in der Zusammenarbeit beeinfusst. Das inspirierte mich, Space Age und seine extravaganten Prints zu nutzen, die damals schon einen besonderen Stellenwert hatten. Diese Idee habe ich dann mit einem modernen Twist versehen, sodass die verschiedenen Pieces quasi in ihrer eigenen Zeitzone weiterleben.

Wie wurde AI in der Kampagne eingesetzt?

In den 1960er-Jahren war man so begeistert von allen technischen Neuheiten und wollte diese unbedingt selbst erleben. Diesen Spirit wollten wir in der Kampagne aufgreifen. Die Models sowie die kunstvollen Hintergründe sind generiert, die Kleidung wurde jedoch real fotografiert. Ich mochte diesen Mix sehr und die Euphorie des Neuen in Verbindung mit dem Vertrauten.

Glauben Sie, dass die Menschen gern zurückblicken, wenn sich alles um sie herum unglaublich schnell vorwärtsbewegt?

Ja, ich glaube an diese Perspektive. Unsere Designgeschichte bietet viele Orientierungspunkte und Halt, was gerade jetzt wichtig ist. Es geht bei diesen ikonischen Produkten außerdem auch immer darum, die damalige Stimmung der Menschen, die von großer Euphorie geprägt war, aufzugreifen. Von dieser können wir uns etwas abschauen.

Karierter Mantel aus Technical Jersey-Stretch, aus der Zusammenarbeit von Max&Co. mit Richard Quinn, um 335 Euro.

Gerade die extravaganten 60s-Muster in Kaleidoskop-Optik oder die Blumen-Designs müssen Sie angesprochen haben. Denn Sie sind ein wahrer Printexperte: Ihren Abschluss haben Sie im Screen Printing an der Londoner Central St. Martins absolviert. Was reizt Sie so daran?

Ich liebe es, wie wir durch verschiedene Gewebe, Verzierungen und Stoffmanipulationen Silhouetten erschaffen können. Der richtige Druck, die Platzierung und die Farbe erwecken einen Entwurf dann zum Leben. Es ist toll zu sehen, wie Inspirationen aus der Vergangenheit in neuen Drucken weiterleben können; wie in der Zusammenarbeit beispielsweise in der Neuinterpretation des schwarz-weißen Karomusters mit den grünen Blumen. Natürlich haben es mir die Blumen besonders angetan. Jede Epoche hat ihren eigenen foralen Stil, der sich im Laufe der Zeit verändert – es gibt für jede:n eine Blume, egal ob 1950 oder 2024.

Wie sehen Sie den Einsatz von Prints in der Zukunft?

Ich schaue mir gern die traditionellen Druckmethoden an, aber auch die Vorteile neuer Technologien. Mir geht es aber vielmehr um Stoffinnovationen mitsamt ihren unterschiedlichen Materialqualitäten, die ich dann in meinem Stil bedrucke. Gerade begeistern mich vor allem Metallic-Finishes, mit denen ich zum letzten Mal in Unizeiten gearbeitet habe.

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