Zwerchfellhernien PDF
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Allgemein- und
Viszeralchirurgie II
Spezielle operative Techniken
3. Auflage
Inhaltsverzeichnis
I Endokrine Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 11 Divertikulose und Divertikulitis
Christoph T. Germer und Christian Jurowich . . . . . . 269
1 Schilddrüse
Peter E. Goretzki und Katharina Schwarz . . . . . . . . 3 12 Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen:
A Gutartige Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
B Schilddrüsenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Peter Kienle und Stefan Post . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
10 Gastrointestinale Stromatumoren
Alexander Beham und B. Michael Ghadimi . . . . . . 259
Die Symptomatik ist relativ unspezifisch und je nach Form Die Verlagerung der Bauchorgane in den Brustraum stellt
und Ausmaß der Organverlagerung von unterschiedlicher prinzipiell eine Operationsindikation dar. Die Dringlichkeit
Ausprägung. Bei einer relativ kleinen Bruchlücke können des Eingriffs richtet sich nach der Klinik.
Einklemmungsbeschwerden vorherrschen, ausgeprägte Or-
ganverlagerungen bedingen neben jeweils organspezifischen Hernienreposition und -reparation können elektiv geplant werden,
7 Beschwerden teilweise erhebliche kardiorespiratorische Pro- während Einklemmungserscheinungen und wesentliche kardiopul-
bleme. Bei der klinischen Untersuchung einschließlich der monale Symptome als Folge einer Verdrängung der Mediastinal-
Auskultation können eine gedämpfte thorakale Perkussion organe die sofortige Operation erfordern.
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Abb. 7.1 Typische hiatale und extrahiatale Bruchpforten und Lücken des Zwerchfells, Blick von abdominal. [L123]
Der Organprolaps ist meist Folge eines stumpfen Bauchtrau- bruchlücke. Meist gelingt der direkte Verschluss der Zwerch-
mas und stellt in der Regel ebenfalls eine Operationsindikati- felllücke. Falls nicht, muss der Defekt mit Fremdmaterial
on dar. Die Versorgung erfolgt je nach Symptomatik primär – z. B. einem Polypropylennetz – gedeckt werden. Als Naht-
oder zweizeitig nach stabilem Initialverlauf. material empfiehlt sich bevorzugt ein nichtresorbierbarer
Faden (z. B. 2/0 Prolenep oder Ethibondp der Stärke 0
oder 1/0 beim laparoskopischen Vorgehen).
7.1.4 Operative Therapie
7.2 Hiatushernien
Spezielle Operationstechnik
Ungefähr 70 % der Patienten bleiben asymptomatisch, morphologische und funktionelle Erkrankungen gibt. Sie er-
10 % entwickeln durch mechanische Reizung retrosterna- laubt ferner makroskopisch und histologisch die Präzisie-
le Schmerzen und Druckgefühl. rung und Differenzierung von Veränderungen wie z. B. bei
• Paraösophageale Hiatushernie (Typ II). Bei konstanter der Refluxkrankheit.
anatomischer Lage der Kardia unterhalb des Zwerchfells Im Falle einer paraösophagelen Hernie oder Mischhernie
sind Magenanteile, meist der Magenfundus, in den Medi- kann die CT mit oralem Kontrastmittel Aufschluss über das
astinalraum verlagert. Im Gegensatz zur axialen Hernie ist Ausmaß des Defekts, über den Inhalt und mögliche Kompli-
die paraösophageale Hernie komplett mit einem kationen wie Ileus oder Inkarzeration geben.
Bruchsack überzogen.
• Die Extremform ist der „Upside-down“-Magen. Hier
liegt der komplette Magen in einem großen, mediastina- 7.2.4 Indikation zur Operation
len Bruchsack. Im Ausnahmefall sind auch Netz, Milz
oder Darmanteile in den Mediastinalraum verlagert. Die Indikation zur Operation einer axialen Hiatushernie oh-
• Mischformen (Typ III): Die gemischte Hiatushernie ist ne begeleitende Refluxkrankheit wird nur im Ausnahmefall
weitaus häufiger anzutreffen als die rein paraösophageale gestellt. Sie wäre bei retrosternalen Schmerzen und Druckge-
Form und setzt sich aus einer axialen und paraösophagea- fühl im Oberbauch durch lokale Dehnung und Kompression
len Komponente zusammen. Dabei ist die Kardia mit in der umliegenden Strukturen (z. B. des Herzbeutels) gegeben.
den Brustraum verlagert. Die Symptomatik der paraöso- Ist die Hiatushernie mit einer schwergradigen Refluxeerkan-
phagealen Hernien und der Mischformen ist vielfältig und kung vergesellschaftet, ist die Operation (› Kap. 7.2.5.) eine
kann durch das symptomarme Bild der schleichenden Alternative zur medikamentösen Therapie.
Blutungsanämie, aber auch durch Passagestörungen mit Asymptomatische axiale Hiatushernien sind nicht be-
Völlegefühl und Dysphagie beherrscht werden. Selten lie- handlungsbedürftig. Ausschlaggebend für das chirurgische
gen Begleitulzera vor, die entsprechende Beschwerden Behandlungserfordernis sind die Ausbildung von Sympto-
hervorrufen können. Ausgeprägte Formen verursachen men und/oder der Nachweis einer Refluxkrankheit. Bei
durch Verdrängung kardiopulmonale Symptome, die sehr schwergradiger Refluxkrankheit ist die Operation eine Alter-
leicht verkannt werden. Durch gelegentliche Mitverlage- native zur langfristigen medikamentösen Therapie
rung von Darm oder Netzanteilen in den Brustraum sind (› Kap. 7.3, › Kap. 7.5).
Strangulationen und Inkarzerationen bis hin zum Voll-
bild des Ileus möglich (› Abb. 7.3). Paraösophageale Hernien und die häufigeren Mischformen stellen
jedoch wegen der Komplikationsgefahr (Einklemmung, Blutung,
Perforation) in Abhängigkeit von Ausmaß, Alter und Gesamtbefin-
7 den des Patienten eine Operationsindikation dar.
7.2.3 Diagnostik
• Reposition des Bruchinhalts, Bei fehlenden Refluxsymptomen kann zur Retention des
• Verkleinerung der Bruchlücke durch eine in der Regel Magens in den Bauchraum die alleinige Gastropexie durch-
hintere Hiatoplastik (Adaptation beider Zwerchfellschen- geführt werden [28], bei nachgewiesener Refluxkrankheit ist
kel), sie mit einer Antirefluxoperation, z. B. einer Fundoplikation,
• Kombination mit einer Antirefluxoperation oder zu kombinieren.
• Retention des Magens durch ein Pexieverfahren. Für die alleinige Gastropexie werden verschiedene Verfah-
ren angegeben:
• Fundophrenikopexie,
Operationsvorbereitung • Ösophagofundopexie (nach Lortat-Jacob).
Beide Verfahren rekonstruieren den His-Winkel, um somit
Es sind keine speziellen Vorbereitungen zur Operation not- einer Refluxentstehung vorzubeugen. In den meisten Fällen
wendig. Prinzipiell wird zunächst laparoskopiert und bei einer Operationsindikation wird allerdings präoperativ der
technischer Machbarkeit über insgesamt 4–5 Trokare der Nachweis einer Refluxkrankheit geführt und der Eingriff des-
Eingriff laparoskopisch durchgeführt (› Abb. 7.6) halb mit einer Fundoplikation (nach Nissen oder Toupet)
kombiniert (› Kap. 7.6.3). Obwohl die meisten Lehrbücher
alternativ eine Art der Gastropexie empfehlen, führen wir
Spezielle Operationstechnik diese Methode nicht durch, da die Wiederherstellung des
His-Winkels nachgewiesenermaßen kaum einen Einfluss auf
Die Prüfung des Hiatus gibt Aufschluss über Weite und Art die Vermeidung einer Refluxentstehung ausübt. Wir emp-
der Bruchpforte, über die Position der Kardia und damit
über die Form der Hiatushernie. Nach Streckung der distalen
Speiseröhre kann (optional) durch den Mund eine kräftige
Gummisonde (Durchmesser 50–60 F; 1 F = 0,33 mm) in den
Magen vorgeschoben werden. Diese hilft die Speiseröhre in-
traoperativ einfacher zu identifizieren und verhindert eine zu
enge Manschette. In der eigenen Klinik wird aber auf den
Einsatz der Sonde verzichtet, da sie einerseits zu Komplikati-
onen führen kann, andererseits die Hiatoplastik und die Bil-
dung der Fundusmanschette behindert. Der verlagerte Ma-
genanteil wird anschließend in den Bauchraum reponiert,
was meist mühelos gelingt. Zunächst werden beide Zwerch-
fellschenkel dargestellt und präpariert, anschließend der Ma- 7
gen und die Speiseröhre vom möglichen Bruchsack befreit.
Dabei wird dieser so weit wie möglich auch thorakal reseziert.
Der Hiatus wird nun in der Regel durch eine hintere Hia-
toplastik, d. h. eine Adaptation beider Zwerchfellschenkel
dorsal der Speiseröhre mit nichtresorbierbaren, polyfilen
Nähten, eingeengt. Diese Technik wird sowohl bei der axia-
len Hiatushernie als auch bei der paraösophagealen Hernie
angewendet (› Abb. 7.4, › Abb. 7.5).
Bei sehr großen Bruchlücken ist ggf. der Hiatus sowohl hin-
ter als auch vor der Speiseröhre einzuengen. In wenigen Aus-
nahmefällen, z. B. bei sehr großer paraösophagealer Bruchlü-
cke, kann die Einlage eines Fremdnetzes notwendig sein.
Hierfür wurden früher überwiegend Kunststoffnetze aus Po-
lypropylen eingesetzt. Wegen der starken Vernarbung und
der damit verbundenen relativ hohen Komplikationsrate Abb. 7.4 Operative Therapie der Hiatushernie.
verwenden wir heute beschichtete Netze oder Netze aus bio- a) Hiatorhaphie. [L123]
logischen Materialien [9], [38]. b) Direkte Naht paraösophageale Hernie. [T455]
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7.3.2 Pathogenese
7.3 Refluxkrankheit
Die Symptome der Refluxkrankheit entstehen durch einen
verlängerten Kontakt der Ösophagusschleimhaut mit Säure
Die gastroösophageale Refluxkrankheit ist fakultative Folge ei- und Pepsin. Hierfür muss das Regurgitat den ösophagogas-
nes unphysiologisch langen Kontaktes gastrointestinalen Se- tralen Übergang als Antirefluxbarriere überwinden. Mor-
krets mit der Ösophagusschleimhaut und äußert sich in Reflux- phologisch besteht diese vor allem aus dem unteren Ösopha-
beschwerden (Regurgitation und Sodbrennen), Funktionsstö- gussphinkter, aber auch den Zwerchfellschenkeln und dem 7
rungen der Speiseröhre (Spasmen, Schluckstörungen) und His-Winkel zwischen Speiseröhre und Magen. Für die ver-
Ausbildung einer Refluxösophagitis. Obwohl die Refluxkrank- mehrte Säureexposition der distalen Speiseröhre sind folgen-
heit nach heutigen Erkenntnissen auf einer komplexen Störung de Mechanismen verantwortlich:
des unteren Ösophagussphinkters beruht, ist neben der Um- • Eine insuffiziente Refluxbarriere durch den unteren Öso-
stellung der Lebens- und Essgewohnheiten die medikamentöse phagussphinkter
Therapie mit Säureblockern die Therapie der ersten Wahl [25]. – wegen zu geringen Drucks im unteren Ösophagus-
Mit Einführung des ersten Protonenpumpenhemmers konnten sphinkter
über 90-prozentige Abheilungsraten erzielt werden, was mitt- – wegen transienter Erschlaffung außerhalb des
lerweile schon historisch zu einer dramatischen Reduktion Schluckaktes
chirurgisch-therapeutischer Maßnahmen führte. Der primäre • Ösophagusmotilitätsstörungen
Therapieansatz zielt auf eine Änderung der Lebens- und Essge- • gestörte Magenentleerung
wohnheiten. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, schließt sich Inwieweit eine axiale Hiatushernie ursächlich eine Rolle spielt,
eine medikamentöse Therapie, i. d. R. mit säurehemmenden ist fraglich, da die Mehrzahl der Menschen mit einer Hiatus-
Medikamenten, an. Auch wenn viele Patienten unter Protonen- hernie kein Reflux beklagen. Adipositas mit hohem intraabdo-
pumpeninhibitoren nicht vollständig beschwerdefrei werden minalem Druck, große Mahlzeiten am Abend, Alkohol, Kaffee
oder der Reflux nach Absetzen der Medikamente rezidiviert, oder Nikotinkonsum sind negativ stimulierende Faktoren.
wird nur ein kleiner Anteil der Patienten einer chirurgischen Ein Teil der Patienten, die schlecht auf Protonenpumpen-
Therapie zugeführt. Hier hat sich in den letzten Jahrzehnten die inhibitoren ansprechen oder weiter persistierende Sympto-
Valvuloplastik als mechanische Unterstützung des unteren me aufweisen, leiden an einem schwach sauren oder alkali-
Ösophagussphinkters durchgesetzt [24], [42]. Anatomisch re- schen Reflux (pH > 4.0). Medikamentös lässt sich nur die
konstruktive Verfahren mit Wiederherstellung des His-Win- Azidität des Refluats, aber nicht der Reflux selbst beeinflus-
kels, wie z. B. die Fundophrenikopexie, oder auch die hochse- sen. Medikamentöses Therapieversagen ist zu über 50 % aber
auch durch ein funktionelles Sodbrennen bzw. durch eine Tab. 7.1 Symptome der Refluxkrankheit.
Hypersensitivität der Speiseröhre bedingt [14]. Typische und häufige Sym- Atypische Symptome
ptome
Bei Chronizität besteht die Gefahr der malignen Entartung. • Sodbrennen • Dysphagie
• Regurgitation • Pulmonale Symptome
• Schmerzen retrosternal – belegte Stimme
• Schmerzen hinter den Schul- – Heiserkeit
7.3.3 Epidemiologie terblättern – chronischer Husten
• Völlegefühl, Übelkeit, Erbre- – Räusperzwang
chen – Globusgefühl
Die Prävalenz der Refluxerkrankung in der westlichen Welt • Luftaufstoßen
liegt bei 10–20 %, in Asien unter 5 % [26]. Die Hiatushernie
als konditionierender Faktor ist wiederum häufig, sie wird
bei Patienten über 50 Jahre in bis zu 50 % gefunden. Unter
Sodbrennen leiden 9 % der Patienten mit einer Hiatushernie, 7.4.2 Laborparameter
nur 3 % zeigen endoskopische Veränderungen der Ösopha-
gusschleimhaut; Patienten mit einer endoskopisch verifizier- Laborparameter sind in der Diagnostik der Refluxkrankheit
ten Refluxkrankheit der Speiseröhre weisen umgekehrt na- unspezifisch.
hezu immer eine Hiatushernie auf.
7.4 Diagnostik Der radiologische Nachweis einer Hiatushernie ist kein Be-
weis für eine Refluxkrankheit, auch nicht der radiologisch
nachgewiesene Reflux nach Provokationstests (Kopftieflage,
Die Refluxkrankheit ist eine klinische, die Refluxösophagitis Valsalva-Pressversuch). Komplikationen der Refluxkrank-
eine endoskopische Diagnose. heit wie peptische Stenose oder Barrett-Ösophagus lassen
sich durch Kontrastmitteluntersuchung (Gastrografinp, Ba-
riumbreischluck) lokalisieren, wobei sich die peptische Ste-
7.4.1 Anamnese und klinische nose als segmentale Einengung des distalen Ösophagus, der
Untersuchung Barrett-Ösophagus als röhrenförmiges, mehrere Zentimeter
langes und starres, distales Speiseröhrensegment darstellt.
7 Bildgebende Verfahren sind in der Diagnostik der Refluxer-
Leitsymptom der Refluxkrankheit ist das Sodbrennen.
krankung von untergeordneter Bedeutung.
Grad IVa eine oder mehrere Ulzerationen, Striktur oder kann, wird heute kontrovers diskutiert und ist Gegenstand
Zylinderepithel im distalen Ösophagus großer klinischer Studien.
Grad IVb peptische Striktur ohne Erosionen oder Ulzera Prognostisch ist eine engmaschige (jährliche) endoskopi-
sche und bioptische Kontrolle entscheidend, um ein mögliches
Karzinom im Frühstadium zu erfassen. Patienten ohne in-
Los Angeles-Klassifikation: traepitheliale Neoplasie können nach zwei negativen Kontrol-
len im ersten Jahr alle drei Jahre (long segment) bzw. nach vier
Stadium A: Erosionen < 5 mm im Durchmesser Jahren (short segment) reendoskopiert und biopsiert werden.
Stadium B: wie A, aber Erosionen ≥ 5 mm Durchmesser Patienten mit einer Low-Grade-Neoplasie werden beim
Stadium C: konfluierende Erosionen bis ≤ 75 % der Zir- Barrett-Ösophagus (long segment und short segment) im Ab-
kumferenz stand von 6 Monaten zweimal, anschließen einmal jährlich
Stadium D: konfluierende Erosionen ≥ 75 % der Zirkum- kontrolliert. Indiziert ist eine endoskopische Mukosaresekti-
ferenz on oder eine lokale Radiofreqenzablation der Läsion. Im Fal-
le einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie ist eine en-
doskopische Mukosaresektion oder lokale Destruktion mit
Eine persistierende Refluxösophagitis kann zu Komplikatio- einer Radiofrequenzablation indiziert. Bei Infiltration der
nen führen. Hierzu rechnet man die Stenose, das peptische Submukosa durch ein invasives Karzinom muss der Patient
Geschwür (Barrett-Ulkus mit Perforation, Blutung oder einer chirurgischen Resektion zugeführt werden.
Striktur) und den erworbenen Endobrachyösophagus mit
dem Risiko der malignen Entartung.
pH-Metrie und Impedanzmessung
Endobrachyösophagus (Barrett-Ösophagus)
Ungefähr 10 % aller Patienten mit einer Refluxkrankheit ent- Die ambulante Langzeit-pH-Metrie ist die sensitivste Metho-
wickeln einen sog. Barrett-Ösophagus (Barrett 1957) oder En- de zur Objektivierung eines pathologischen gastroösophage-
dobrachyösophagus (griech.: von innen kurz). Der Barrett- alen Refluxes. Der pH-Wert der Speiseröhre wird mittels ei-
Ösophagus ist Folge eines chronischen Refluxes mit Defekthei- ner dünnen nasogastralen Sonde unter physiologischen Be-
lung des Plattenepithels im distalen Ösophagus durch Zylin- dingungen über 24 Stunden ambulant gemessen, d. h., der
derepithel. Dieser Umbau kann endoskopisch kurzstreckig Patient arbeitet, isst und schläft entsprechend seinen norma-
< 3 cm imponieren (short segment B.) oder langstreckig > 3 cm len Gewohnheiten. Gemessen werden der Reflux in aufrech-
(long segment B.) sein. Er ist somit nicht als Komplikation, ter und liegender Position, Refluxepisoden > 5 Minuten, die
sondern als Heilungsergebnis der Refluxösophagitis anzuse- längste Refluxphase und die Gesamtepisoden. Die gesamte
hen. Innerhalb der Zylinderepithelmanschette bzw. typischer- Refluxzeit liegt bei nicht Erkrankten unter 4,3 %. Angegeben 7
weise im Übergangsbereich zum Plattenepithel können Ulzera wird das Resultat als sog. DeMeester-Score (nl < 14,7). Das
entstehen, die in bis zu 15 % zu einem Adenokarzinom (Bar- Verfahren der pH-Metrie wird heute durch die intraluminale
rett-Karzinom) mit schlechter Prognose entarten. Der Barrett- Messung des elektrischen Widerstandes („Impedanz“) er-
Ösophagus ist damit als Präkanzerose definiert. Leitsympto- gänzt. Dieses Verfahren ermöglicht es auch, den Rückfluss
me des Barrett-Ösophagus sind Dysphagie, krampfartige re- von nichtsaurem Mageninhalt in den Ösophagus zu detektie-
trosternale Schmerzen, Sodbrennen und okkulte Blutungen. ren. Bei einer Reihe von Patienten mit einer Refluxkrankheit
Die Röntgenuntersuchung zeigt in 90 % eine röhrenförmige, führt eine medikamentöse Behandlung nicht zur erwünsch-
mehrere Zentimeter lange, starre Stenose. Diagnostisch ist al- ten Linderung der Symptome. Da Protonenpumpeninhibito-
lein die Endoskopie mit Biopsie für das Barrett-Syndrom be- ren nicht den Reflux verhindern, sondern nur die Azidität
weisend. der Refluates reduzieren, liegt bei einem Teil dieser Patienten
Differenzialdiagnostisch sind vom Barrett-Syndrom zu ein alkalischer Volumenreflux zugrunde. Diese können mit
unterscheiden: der Impedanzmessung identifiziert werden [14].
• Achalasie,
• Kardiakarzinom,
• Ösophaguskarzinom, Manometrie
• Sklerodermie,
• Kompression des Ösophagus von außen, Durch die Ösophagusmanometrie lässt sich die mechanische
• Stenose oder Ulkus bei Morbus Crohn (selten). und dynamische Kompetenz des unteren Ösophagussphinkters
Ob durch eine medikamentöse Therapie mit Protonenpum- nachweisen. Andererseits kann die Untersuchung auch Motili-
peninhibitoren oder auch durch die chirurgische Kontrolle tätsstörungen der Speiseröhre nachweisen. Ob diese Einfluss
des Refluxes mittels Fundoplikation letztlich die Progression auf das Operationsverfahren haben, ist Gegenstand vieler Stu-
der Dysplasien hin zum Adenokarzinom verhindert werden dien und kann zum heutigen Zeitpunkt nicht abschließend be-
urteilt werden. In einer aktuellen Studie konnte der Reflux bei erheblich eingeschränkte Lebensqualität der Patienten bereits
Patienten mit Ösophagusmotilitätsstörungen durch eine lapa- innerhalb weniger Tage. Die medikamentöse Therapie bei
roskopische Nissen-Fundoplikation effektiv und komplika- nachgewiesener Refluxkrankheit soll mindestens 3–6 Monate
tionsarm korrigiert werden [12]. Wesentliche Bedeutung hat durchgeführt werden. Für eine Dauertherapie bei milder Re-
die Manometrie bei der differenzialdiagnostischen Abgrenzung fluxkrankheit kommen auch H2-Blocker in Betracht.
zu Krankheitsbildern wie der Achalasie, Sklerodermie, dem
Nussknackerösophagus und dem diffusen Ösophagusspasmus.
7.5.3 Rezidivprophylaxe
a b
7
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e f
a b
verlängerter OP Zeit an. Eine Evidenz für die routinemäßige Postoperative Komplikationen,
Durchtrennung der Vasa gastricae breves gibt es deshalb persistierender Reflux, Refluxrezidiv
nicht.
Prinzipiell ist bei postoperativen Problemen, einem erneuten
Auftreten von Reflux oder einem persistierendem Reflux ei-
7.6.4 Komplikationen ne erneute Abklärung analog zur ursprünglichen Diagnostik
durchzuführen. Hinsichtlich des Refluxes sollte differenziert
Intraoperative Komplikationen werden, ob es sich um ein Rezidiv, also ein erneutes Auftre-
ten einer zunächst erfolgreich operativ behandelten Reflux-
Die Morbidität der laparoskopischen Antirefluxoperationen krankheit handelt oder ob die Symptome in gleicher oder
ist insgesamt gering, der Erfolg der Operation hängt maß- abgeschwächter Form persistieren [23]. In vielen dieser Fälle
geblich von der Erfahrung der Chirurgen ab. Eine Blutung des persistierenden Refluxes sind die Symptome deutlich
aus der großen Magenkurvatur oder Milz ist trotz der engen gebessert, aber nicht verschwunden. Hier wäre die erste
Lagebeziehung selten. Eine Ausnahme stellt die Verletzung Empfehlung zunächst eine symptomatische Therapie mit
der distalen Speiseröhre oder des Magenfundus dar. Die De- Antazida oder auch eine geringe Dosis von Protonenpum-
ckung der Naht geschieht am besten durch eine 360-Grad- peninhibitoren. Unabhängig vom Nachweis eines persistie-
Manschette. renden oder verminderten Refluxes normalisierte sich in
a b c
unserem Patientenkollektiv die Lebensqualität auch dieser Bei einer falsch angelegten Manschette bzw. beim sog. Te-
Patienten auf Werte eines gesunden Vergleichskollektivs leskopphänomen ist eine operative Korrektur aber meist un-
[33]. Somit muss man die Operationsindikation für o. g. Pa- umgänglich.
tienten auch bei objektivierbarem pathologischem Reflux
hinterfragen.
Bei einem echten Rezidiv oder postoperativ neu aufgetre-
tenen Beschwerden sollte eine konsequente Ursachenfor- 7.7 Postoperative Behandlung
schung erfolgen.
Zu den postoperativen Komplikationen zählen passagere
Schluckbeschwerden (bis zu 50 %), Dysphagie > 3 Monate (ca. 7.7.1 Früh-postoperative Überwachung 7
5 %), Völlegefühl oder das sog. Gas-Bloat-Syndrom (bis zu und Pflege
20 %) und eine Minderung oder Steigerung der Magen-Darm-
Tätigkeit (bis zu 20 %). Eine postoperative Dysphagie kann bei Eine spezielle postoperative Behandlung ist für Patienten
einer relativ zu engen Manschette in Abhängigkeit vom nach dieser Operation nicht notwendig. Die Magensonde
Schweregrad zunächst konservativ, ggf. mit pneumatischer wird am Ende der Operation entfernt, der Patient kann noch
Dilatation, behandelt werden. Kommt es auch nach mehrfa- am gleichen Tag (meist flüssige) Kost zu sich nehmen.
cher Dilatation nicht zu einer Besserung, ist eine Revision in-
diziert.
Das sog. Gas-Bloat-Syndrom beschreibt ein Völlegefühl 7.7.2 Nachsorge
und Schmerzen im Oberbauch mit Stase von Luft und ggf.
Flüssigkeit im Magen. Die Ursache ist komplex. Sie kann Die Patientenzufriedenheit nach laparoskopischen Antire-
aber durch eine Verletzung von Fasern des N. vagus bei der fluxoperationen liegt bei > 80 %.
Präparation des unteren Ösophagus bedingt sein [16]. Postoperativ sollten die Symptome innerhalb weniger Ta-
Problematisch ist eine postoperativ dislozierte Magen- ge verschwinden und die Lebensqualität als wichtigstes Ziel-
manschette (› Abb. 7.12). Die Beschwerden reichen vom kriterium wiederhergestellt sein. Beim präoperativen Nach-
Refluxrezidiv bis hin zur Dysphagie. Im Fall einer der o. g. weis einer Refluxösophagitis sollte 3 Monate nach Operation
Komplikationen ist nach eingehendem Gespräch mit dem eine Kontrollendoskopie erfolgen. Beim Vorliegen eines
Patienten eine Revision zu diskutieren. Hierzu gibt es keine Barrett-Ösophagus wird eine lebenslange (› Kap. 7.4.4)
generelle Empfehlung. Kontrolle empfohlen.