Interview

Emilia Schüle im VOGUE-Interview: "Mit 30 fängt das Leben erst an, gut zu werden"

Anlässlich ihres neuen Films "Die Ironie des Lebens", in dem Emilia Schüle an der Seite von Uwe Ochsenknecht und Corinna Harfouch spielt, traf VOGUE die Schauspielerin in München zum Interview.
Emilia Schüle
© 2024 Warner Bros. Ent., Anne Wilk

Emilia Schüle: Darum geht es in ihrem neuen Film “Die Ironie des Lebens”

Auf den Tod kann man ausschließlich mit Trauer reagieren? "Die Ironie des Lebens" zeigt, dass es auch anders geht – und begegnet dem wahrscheinlich ernstesten Thema des Lebens mit einer erfrischenden Leichtigkeit, ohne dabei an Tiefe zu verlieren. Edgar, gespielt von Uwe Ochsenknecht, ist ein berühmter Comedian, dessen beste Jahre sich dem Ende zuneigen – ein Fakt, dem er versucht, mit Humor zu begegnen, indem er sich in seinen Auftritten über Themen des Älterwerdens lustig macht.

Eines Abends entdeckt er im Publikum seine Ex-Frau (gespielt von Corinna Harfouch), die er seit über zwanzig Jahren nicht gesehen hat. Sie ist gekommen, um ihm mitzuteilen, dass sie Krebs hat und ihr nur noch einige Monate bleiben. Statt einer Therapie mit geringen Erfolgsaussichten möchte sie die ihr verbleibende Zeit, so gut es geht genießen. Eine Entscheidung, die Edgar nicht nachvollziehen kann. Über den Versuch, sie doch noch umzustimmen, entsteht zwischen den beiden eine neue Beziehung und Edgar nimmt außerdem Kontakt zu seinen Kindern auf, die er seit der Trennung nicht mehr gesehen hat.

Seine Tochter Melli, gespielt von Emilia Schüle, will sich ebenfalls in der Comedywelt versuchen. Die Entscheidung ihrer Mutter unterstützt sie – und zeigt, wie wichtig es ist, vergeben zu können.

Emilia Schüle im VOGUE-Interview zu ihrem neuen Film "Die Ironie des Lebens"

"Die Ironie des Lebens" beschäftigt sich mit ernsten Themen wie Vergebung und Tod. Hat sich das in der Stimmung am Set bemerkbar gemacht?

Natürlich sind die Themen, die wir hier umfassen, sehr ernst zu nehmen und auch tragisch. Aber gleichzeitig spielt es ja auch in einer Comedy-Welt und deswegen ging das ein bisschen Hand in Hand. Egal, ob man eine Komödie oder einen ernsten Film dreht, man will immer versuchen, die Figuren ernst zu nehmen. Darüber kann sich dann eine situative Komik entwickeln. Deswegen würde ich sagen, dass es da keine riesigen Unterschiede [zu anderen Filmsets] gibt.

Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Ich habe mir ziemlich viel Comedy angeschaut, vor allem auch im Ausland. Ich habe gemerkt, dass mir das auf Englisch besonders viel Spaß macht, darüber bin ich wirklich in die Thematik gekommen und habe vor allem auch verstanden, dass Comedians, die herauskommen und sich auf die Bühne stellen, meistens Geschichten aus dem eigenen Leben erzählen. Da habe ich realisiert, dass das auch meine Aufgabe sein wird, wenn ich meinen eigenen Comedy-act spiele – dass ich einfach eine Geschichte aus meinem Leben erzähle. Anstatt zwingend zu versuchen, die Leute zum Lachen zu bringen, geht es eher darum, auf die Art und Weise, wie man die Situation beschreibt, über Pointen, die man setzt und Pausen, eine Komik zu erreichen.

Konnten Sie sich mit der Rolle und ihrer positiven Herangehensweise an ernste Lebensthemen identifizieren?

Es war auf jeden Fall ein Grund, warum ich diese Rolle sehr gerne gespielt habe. Melli ist definitiv die Sorte Mensch, die wir auf dieser Welt ganz dringend brauchen. Diese Fähigkeit, zu vergeben, und Menschen anzunehmen, statt sie zu verurteilen und wohlwollend zu sein – das ist ihre Superkraft. Ich habe ein bisschen gebraucht, um sie zu verstehen, weil ich finde, dass man nicht so viele Menschen in seinem Umfeld hat, die so sind. Aber das war eine Herausforderung, die ich gerne angenommen habe und das ist auch eine Botschaft, die ich sehr unterstütze.

Emilia Schüle als Melli in "Die Ironie des Lebens"

Luis Zeno Kuhn

Was haben Sie aus dem Film im Allgemeinen und auch aus der Rolle im Speziellen mitgenommen?

Definitiv, dass ich niemals Comedienne sein möchte – das habe ich mitgenommen und verstanden. (lacht) Das ist wirklich eine Kunst für sich. Ansonsten teile ich durchaus Mellis Ansatz, dass man die Entscheidung eines Menschen, wie er:sie die Zeit bis zum Ende seines:ihres Lebens verbringen möchte, respektieren muss. Das war für mich jetzt kein neues Learning. Aber ich würde sagen, Mellis Wesen ist etwas, das mich sehr inspiriert hat.

Was war denn Ihre Lieblingsszene?

Ich würde schon sagen, meine Lieblingsszene war am Ende der Comedy-Act, da ist viel Liebe und Zeit eingeflossen. Davor hatte ich schon ein bisschen Respekt, aber am Ende ist man da doch am stolzesten drauf.

Für mich war "Es ist nie zu spät" eine der wichtigsten Messages aus dem Film. Hatten Sie so einen Gedanken schonmal in Ihrem Leben?

Ich glaube, wir machen uns heutzutage extremen Druck und haben das Gefühl, unser Leben ist mit 30 vorbei. Ich weiß nicht, woher das kommt – dabei fängt es ja dann erst richtig an, gut zu werden. Gleichzeitig glaube ich, man hat dann oft die Angst, dass es zu spät ist, neue Dinge auszuprobieren – in eine andere Stadt zu ziehen, eine neue Sprache zu lernen oder sich umzuschulen. Dann blickt man schon mit so einer Melancholie zurück, so nach dem Motto, 'Hätte man mal, warum habe ich denn nicht'. Deswegen habe ich tatsächlich vor zwei Jahren ein Sabbatical-Jahr gemacht und ein Jahr lang nicht gedreht, weil ich mir einfach den Raum eröffnen und schauen wollte, was ich denn noch vom Leben will, außer immer nur am Filmset zu stehen. Darüber bin ich super froh, das war eines der schönsten Jahre meines Lebens und ich habe die Fotografie wieder für mich entdeckt. Ich habe nächste Woche eine Fotoausstellung in Berlin, die ich zusammen mit zwei anderen Fotograf:innen eröffne. Ich war auch in London an der Filmschule und bin für diese Erfahrung einfach wahnsinnig dankbar. Ich kann es nur jedem:r empfehlen und glaube, ich muss das einfach alle zehn Jahre wieder machen (lacht).

Sie haben ja vor Kurzem die internationale Serie "Marie Antoinette" gedreht: Gibt es zwischen der Arbeit an einer deutschen und einer internationalen Produktion eigentlich Unterschiede?

Ich würde sagen, die Herausforderungen an einem internationalen Set – ich habe jetzt eher Erfahrungen mit internationalen Seriensets – sind die gleichen: Man rennt immer gegen den Zeitdruck an. Das liegt auch an unserer Zeit und dem Serienwahnsinn, wo der:die Konsument:in einfach schnell Nachschub möchte. Da muss ich sagen, fühle ich mich an einem Set wie bei "Die Ironie des Lebens" fast wohler, mit einem Regisseur, den ich kenne, und wo ein anderes Vertrauensverhältnis herrscht und auch mehr Zeit dafür ist, die Magie rauszuholen. Das ist bei Seriendrehs ganz oft nicht gegeben, weil man wirklich schnell sein muss, und das ist das Gleiche bei internationalen Produktionen.

Können Sie denn schon etwas zu Ihren zukünftigen Projekten sagen?

Gerade stehen viele spannende Sachen an: Einmal meine erste Fotografieausstellung in Berlin unter dem Namen "Run Without A Sound" in der Hoto Gallery. Das ist super aufregend und eine ganz neue Welt für mich. Dann fange ich auch an, einen neuen Film zu drehen, er heißt "Der Heimatlose" von Kai Stänicke, ein Debütfilm und ein ganz besonderes Projekt. Das wird ein Arthouse-Film und da freue ich mich sehr darauf! Ansonsten ist noch nichts in Stein gemeißelt, aber viel in the making – es ist eine gute kreative Zeit.

"Die Ironie des Lebens" läuft ab sofort im Kino.

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