Deutsche Mode

Designer Johannes Boehl Cronau über seine Zusammenarbeit mit Kylie Jenners Label Khy: "Ich glaube, dass Menschen nur über Geschichten eine wirkliche Verbindung spüren"

Deutsches Design trifft amerikanische Y2K-Ästhetik: Das deutsche Label Ioannes launcht gemeinsam mit Khy eine Printkollektion, die den Zauber der US-Westküste zum Leben erweckt.
Designer Johannes Boehl Cronau über seine Zusammenarbeit mit Kylie Jenners Label Khy Ich glaube dass Menschen nur über...
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Johannes Boehl Cronau: Im VOGUE-Interview spricht der Designer vom Label Ioannes über die Vision seiner Marke und die Zusammenarbeit mit Kylie Jenner.

Nach seinem Abschluss an der renommierten Modeschule Central Saint Martins wollte Johannes Boehl Cronau zunächst eigentlich keine eigene Marke gründen, die Kunst schien ihm zu diesem Zeitpunkt spannender. Doch nach einer Performance-Ausstellung im Palais de Tokyo in Paris war das Interesse an seiner Arbeit schließlich schlichtweg zu groß – 2019 folgte logischerweise der Launch von Ioannes.

Mit Erfolg: Nicht nur der Online-Retailer Net-a-Porter, sondern auch Stars wie Rihanna oder Kylie Jenner waren von der Ästhetik, die der Designer selbst als "Elegance meets the drama" bezeichnet, begeistert.

Kylie Jenner sogar so sehr, dass sie Ioannes eine Zusammenarbeit mit ihrer Marke Khy vorschlug – ein Projekt, bei dem sich Komfort, Coolness und Print vereinen. Zehn Teile umfasst die Kollektion, neben Tube-Tops und Röcken in Pink und Schwarz auch Neckholder-Kleider in der aktuell begehrten Y2K-Ästhetik.

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Wie seine Marke entstanden ist und wie die Zusammenarbeit mit Khy ablief, erzählt der Designer im VOGUE-Interview.

Johannes Boehl Cronau im VOGUE-Interview über die Vision seiner Marke und die Zusammenarbeit mit Kylie Jenner

VOGUE: Wie sind Sie zum Design und der Gründung Ihrer Marke gekommen?

Johannes Boehl Cronau: Ich habe 2017 meinen Abschluss am Central Saint Martins gemacht und hatte eigentlich schon immer eine Vision für die Marke, aber wollte da nicht einfach Hals über Kopf reinspringen. Es gab einfach zu viel, das ich noch nicht wusste: Wie man ein Unternehmen leitet, die Finanzierung und außerdem hatte ich noch keine Kontakte. Ich bin dann von London nach Paris gezogen und habe an der Uni, an der ich auch meinen Bachelor gemacht habe, Soft Sculpture unterrichtet – das fand ich erstmal spannender als Mode.

Dieses Skulpturale war auch mein Fokus am Central Saint Martins. Ich hatte das Gefühl, dass ich nach meinem Studium nicht wirklich mit einem Portfolio an Kleidung rausgegangen bin, sondern eher mit einer Kollektion an Ideen. Dann ist das Palais de Tokyo auf mich zugekommen, weil sie meine Arbeiten spannend fanden. Sie haben mir die Möglichkeit gegeben, ein Video für eine Ausstellung zu drehen. Das kam gut an und daraus hat sich eine Performance entwickelt. Die Idee war, den Modekontext von Styling, Lookbook-Shoots und Fashion-Shows in den Museumskontext zu setzen. Wir haben also im Prinzip eine transparente Produktion gemacht, die Museumsbesucher:innen sich anschauen konnten. Da habe ich meine Eintrittskarte in eine Art intellektuellen Modediskurs gesehen, aber stattdessen wurde es eher als Start einer jungen Marke wahrgenommen.

Dann ging alles ein bisschen schneller als gedacht: Diverse Online-Retailer sind auf mich zugekommen und haben mir erklärt, welche Voraussetzungen ich erfüllen muss, um dort gestockt zu werden. Dann habe ich in Zusammenarbeit mit einem kleinen Atelier in Paris an meiner ersten Kollektion gearbeitet, in der Nacht, nachdem ich mit dem Unterrichten fertig war. So ist meine erste Kollektion entstanden, die Net-a-Porter gekauft hat. Damit war dann auch für mich klar, dass die Leute Interesse haben, die Sachen zu kaufen, und es nicht nur Presse ist.

Von Paris sind Sie dann nach Berlin gegangen – wie war die Umstellung für Sie?

Die ersten drei Jahre waren wahnsinnig schwierig für mich. Berlin kann sehr düster sein, im Winter regelrecht dystopisch. Ich bin sehr sensibel, was das betrifft, und auch eine neue Familie in einer Stadt zu finden, ist eine Herausforderung. Ich bin jemand, der fast eremitisch ist – ich habe mein Studio wieder zurück in meine Wohnung geholt und bin sehr froh, dass ich einen Ort gefunden habe, an dem ich meine Donald-Judd-Fantasie wahr werden lassen kann: Leben und gleichzeitig an der Männerkollektion arbeiten, die bald kommen wird.

Wie würden Sie den Stil Ihrer Marke Ioannes beschreiben?

Was mir in meinen Designs wichtig ist, ist eine gewisse Spannung zwischen Minimalismus und Dekadenz, sodass ein kuratierter Kleiderschrank entsteht, der ganz unterschiedliche Stücke vereinen kann. Generell geht es um Komfort und Leichtigkeit, auch um eine gewisse Verspieltheit. Kleidung zu tragen, und es nicht so wichtig zu nehmen. Ein bisschen nach dem Motto "Elegance flirting with the drama". Kylie Jenner hat dieses ikonische, grün bedruckte Kleid von mir getragen, das ein sehr gutes Beispiel dafür ist, wie ich arbeite: Es ist aus einem knitterfreien Lingerie-Stoff gemacht und wird anschließend bedruckt, sodass jedes Stück individuell ist. Dieses Kleid markiert auch ein bisschen den Start unserer Beziehung.

ioannes, Herbst/Winter 2024

Look von Ioannes, Herbst/Winter 2024

Wie war es denn für Sie als recht junge Marke zu realisieren, dass immer mehr Prominente die eigenen Kreationen tragen? Löst das einen Hype aus, der vielleicht auch überfordernd sein kann?

Bei mir war bisher immer alles sehr konstant. Ich bin keine Marke, die plötzlich unglaublich inflationär war und die jede:r kannte – ich habe das Gefühl, ich habe mir immer eine gewisse Nischigkeit bewahrt. Auch wenn mich das zeitweise frustriert hat, bin ich im Nachhinein eher dankbar dafür. Ich kenne viele andere zeitgenössische Beispiele, die sehr schnell gekommen und auch sehr schnell wieder gegangen sind. Mit Kylie und auch Rihanna waren das für mich immer Momente, die total überraschend waren. Dass Rihanna meine Designs trägt, habe ich über ein Fan-Video an einer Tankstelle auf Barbados herausgefunden. (lacht)

Oder auch Rosalía, die mein Kleid zu Weihnachten mit ihrer Familie getragen hat. Das ist genau das, was mich freut: Dass wir Kleidung machen, die Leute wirklich tragen wollen. Wir bekommen auch sehr oft das Feedback von Stylist:innen, dass die Leute die Sachen gerne behalten wollen, weil sie sich darin so wohlfühlen. Wir sind nicht (nur) das Outfit für die Welttournee oder das Albumcover, sondern der Sweet Spot zwischen kreativ und persönlich, wo es mehr um Komfort statt um Darstellung geht. Wohlfühlen ist eine Priorität – da ist mir die Welttournee auch egal (lacht).

Wie ist denn die Zusammenarbeit mit Khy abgelaufen? Waren Sie überrascht, als Sie die Anfrage bekommen haben?

Ich bin mit den Stylist:innen von Kylie Jenner schon sehr lange im Dialog. Wenn ihr ein Kleid gefällt, kauft sie auch oft mehrere Farben, die wir dann extra anfertigen. Als die Anfrage kam, habe ich erstmal den Dialog gesucht und wollte verstehen, was das Ziel der Marke ist. Ihren Ansatz, dass sie ihren eigenen Geschmack zu einem erschwinglichen Preis für ihre Fans zugänglich machen will, finde ich sehr schön. Die Beziehung, die wir zu ihrem Team haben, wollte ich durch die Zusammenarbeit sichtbar machen, weil ich glaube, dass Menschen nur über Geschichten wirklich eine Verbindung spüren. Ich hätte nicht erwartet, dass sie da so extrem unterstützend ist. Sie hat jetzt eine Woche lang jeden Tag gepostet und auch sehr schöne Captions geschrieben. Dann war sie noch auf meinem Event, dass ich in L.A. mit H. Lorenzo veranstaltet habe, das ist ein Shop, mit dem ich schon lange zusammenarbeite. Plötzlich war extrem viel Security da und ich habe mich sehr gefreut, dass sie sich in meine Welt begeben und sich die Zeit genommen hat.

War es leicht, für die Kollektion einen gemeinsamen Stil zu finden?

Auch das habe ich sehr dialoghaft gehalten. Am Anfang habe ich alle Archivdrucke gesammelt, die noch nie zum Einsatz gekommen sind. Die habe ich an Kylie geschickt und sie hat etwas ausgesucht – so haben wir uns schnell auf eine Richtung geeinigt. Dazu kommt, dass wir unsere gemeinsame Liebe für die Pfingstrose entdeckt haben. Ich hatte im Sommer 2023 einen Druck, der aber nur die Silhouette der Blume war. Den haben wir quasi gewonnen und mit Tiefe und Details gefüllt. Das Design der Silhouetten lag bei Khy, aber auch hier konnte ich eigene Gedanken und Feedback einbringen.

Wie profitiert man als junges Label von so einer Zusammenarbeit?

Wenn man mit bekannten Persönlichkeiten arbeitet, die so eine große Reichweite haben, ist das auf der einen Seite super, weil das Produkt meistens schnell ausverkauft ist. Aber es ist eben genau das: die Follower:innen der Person, die dann genau diesen Schuh oder diese Tasche wollen, die der Promi getragen hat. Das heißt, die Leute springen schnell auf das Produkt an, werden aber oft nicht über die Marke aufgeklärt. Deswegen war es mir wichtig, auch nach außen zu tragen, was ich mit meiner Marke mache.

Lange Zeit wurde die Modewelt mit Kooperationen geflutet. Wann machen diese in Ihren Augen am meisten Sinn?

Als kleine Marke ist eine Kooperation ein sehr dankbares Projekt, wenn sie Sinn macht – Khy hat für mich absolut Sinn gemacht, weil es da eine Beziehung gab, auf die wir uns berufen konnten. Dieser ganze Prozess hat sich leicht angefühlt, weil einfach dieser Austausch und diese Nähe da war. Sonst finde ich Kooperationen vor allem auf ein Produkt spezialisiert sinnvoll und nicht, wenn nur ein erzwungener Hype entstehen soll. Gerade wenn es um eine gewisse Expertise geht, die man als junge Marke vielleicht noch nicht hat. Wir haben zum Beispiel bedruckte Strumpfhosen, die auch in der Kollektion mit Khy zu sehen sind. Bisher haben wir die immer selbst gemacht, aber hier könnte ich mir eine Zusammenarbeit gut vorstellen – am liebsten mit Wolford (lacht). Genauso bei Schuhen und Taschen: Beides verkaufen wir wahnsinnig gut, scheitern aber oft an den Mindestmengen der Produktion. Wenn man also ein besseres Produkt kreiert und auch mehr Leute erreicht, finde ich es absolut sinnvoll.

Können Sie schon etwas zu zukünftigen Projekten verraten?

Tatsächlich arbeiten wir gerade wieder an einer Zusammenarbeit, diesmal im Schuhbereich – mehr kann ich dazu aber leider noch nicht sagen.

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